Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FIAN

LATEINAMERIKA/068: Honduras - Blutiges Palmöl aus dem Bajo Aguán (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 2/2011
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Blutiges Palmöl aus dem Bajo Aguán
Die Situation in Honduras zeigt, dass Menschenrechte beim Klimaschutz berücksichtigt werden müssen

von Anton Pieper


Seit dem von Eliten und Militär durchgeführten Putsch am 28. Juni 2009 ist die Menschenrechtslage in Honduras besorgniserregend. Auch in ländlichen Gebieten hat die Gewalt staatlicher und privater Sicherheitskräfte gegen Mitglieder von Bauernorganisationen zugenommen. Die Respektierung und der Schutz international anerkannter Menschenrechte sind nicht gewährleistet, das Rechtssystem ist nicht funktionstüchtig, Straflosigkeit ist die Regel.

Nach Erkenntnissen nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen wurden allein in der Region Bajo Aguán, einem der fruchtbarsten Agrargebiete Zentralamerikas, zwischen Januar 2010 und Juni 2011 32 Mitglieder der lokalen Bauernorganisationen ermordet.

Seit den 90er Jahren ist in der Region eine neoliberale Umstrukturierung des ländlichen Raumes zu beobachten, was vor allem dazu führte, dass GroßgrundbesitzerInnen vor dem Hintergrund von Armutsbekämpfung und Strukturanpassungsmaßnahmen nun große Ölpalmenplantagen betreiben. Im Kontext internationaler Klimaschutzpolitik wird in den ausgedehnten Monokulturen unter anderem Biomasse für die Agrartreibstoffproduktion hergestellt. Da das Palmöl eine bessere CO2-Bilanz aufweist als fossile Brennstoffe, kann bei seinem Anbau die Reduktion von Treibhausgasemissionen geltend gemacht werden. Das Palmöl-Unternehmen Dinant soll daher Gelder aus dem Clean-Development-Mechanism (CDM) erhalten, dem Instrument zum Handel von Emissionsrechten unter dem Kyoto-Protokoll. Der in den vergangenen eineinhalb Jahren eskalierte Konflikt im Bajo Aguán ist somit ein besonders frappierendes Beispiel für Menschenrechtsverletzungen im Zuge von Klimaschutzmaßnahmen.

Eine von FIAN geleitete Untersuchungsreise verschiedener internationaler Netzwerke und Menschenrechtsorganisationen im März 2011 kam zu dem Schluss, dass private Sicherheitskräfte im Dienst der Dinant-Gruppe gemeinsam mit Militär und Polizei an den brutalen Übergriffen gegen die bäuerlichen Gemeinden beteiligt sind. Neben den Morden, Einschüchterungen und Entführungen ist es auch zu gewaltsamen Vertreibungen gekommen, in denen die Rechte auf Nahrung und Wohnen verletzt wurden. Nach dem Bericht der internationalen Untersuchungsmission geben zahlreiche Opfer und ZeugInnen der Gewalttaten an, dass der Inhaber der Dinant-Gruppe, Miguel Facussé, einer der Hauptverantwortlichen für die Repression und Gewalt in der Region sei. Im Fall der fünf Bauern, die am 15. November 2010 im Fall El Tumbador erschossen wurden, bestreitet die Dinant-Gruppe nicht, dass die tödlichen Schüsse von ihren Sicherheitskräften ausgelöst wurden. Stattdessen behaupten sie, dass diese in Notwehr gehandelt hätten. Allerdings sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft Verletzte und Tote nur auf der Seite der Bauern und Bäuerinnen zu beklagen. Bis Mitte Juni 2011 ist es in keinem der 32 Mordfälle zu ernsthaften Untersuchungen gekommen, wie die honduranische Sonderstaatsanwaltschaft für Menschenrechte in einem Schreiben an FIAN mitteilte.

Nach Berichten über die schwerwiegenden Menschenrechtsverstöße im Bajo Aguán entschloss sich die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) dazu, ein mit dem Eigentümer der Dinant-Gruppe eingegangenes Vertragsverhältnis nicht fortzusetzen und die Auszahlung des entsprechenden Darlehens zu stoppen. Der nun ehemalige Geschäftspartner Facussé hatte in der honduranischen Presse die Höhe des DEG-Darlehens mit 20 Millionen US-Dollar beziffert. FIAN begrüßte diese Entscheidung der DEG, da sie die ihr vorgelegten Menschenrechtsberichte geprüft und daraus Konsequenzen gezogen hatte.

Am 17. Juni 2011 unterzeichnete Facussé zusammen mit Regierungs- und BauernvertreterInnen ein Abkommen, das zumindest eine Teillösung für 4.000 Hektar Land vorsieht. Da bereits im April 2010 ein Abkommen über 11.000 Hektar abgeschlossen worden war, das nicht umgesetzt wurde, ist auch im Blick auf das neue Abkommen Vorsicht geboten. Dennoch zeigt es, dass der internationale Druck Einfluss haben kann.

Dem Beispiel der DEG könnten nun auch andere Kreditgeber und Investoren folgen. Darüber hinaus müssen Mechanismen wie der CDM reformiert und menschenrechtskonform ausgestaltet werden. Die internationale Klimaschutzpolitik muss endlich in Einklang mit den Menschenrechten gebracht werden. Sowohl bei sogenannten Klimaschutzprojekten zur Minderung des CO2-Ausstoßes im Rahmen des CDM als auch bei Maßnahmen, die in Zukunft über den neuen Klimafonds finanziert werden sollen, müssen Menschenrechte besser geschützt werden. Klimapolitik darf nicht zur Verletzung von Menschenrechten führen.


Anton Pieper ist FIAN-Referent für Klimawandel und Menschenrechte.


*


Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 2/2011, August 2011, S. 13
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro
Abonnementpreis: Standardabo 15,- Euro,
Förderabo 30,- Euro (Ausland zzgl. 10,- Euro)


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. November 2011