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BERICHT/244: Das Thema Frieden auf dem evangelischen Kirchentag (Forum Pazisfismus)


Forum Pazifismus Nr. 22 - II/2009
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Gewaltfreiheit

Kooperation und Konfrontation?
Das Thema Frieden auf dem evangelischen Kirchentag

Von Ute Finckh-Krämer und Jan Gildemeister


Wer sich friedenspolitisch engagiert und öffentliche Veranstaltungen zu Rüstung und plant und vorbereitet, hat i.d.R. die Wahl zwischen zwei Grundkonzeptionen:

Entweder sollen Rüstung und Militär grundlegend skandalisiert und die eigene Position in dieser Frage kompetent und vielleicht aus mehreren Blickwinkeln dargestellt werden, oder die eigene Position soll in einem kontroversen Diskurs vermittelt und eine Auseinandersetzung geführt werden, in der beide Seiten ihre Argumente ernsthaft zur Debatte stellen.

Für den 32. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Bremen vom 20. bis 24. Mai war unter Beteiligung der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) ein Veranstaltungsvorschlag eingereicht worden, der an die Tradition zahlreicher Kirchentagsveranstaltungen seit den siebziger Jahren anknüpft, in denen grundlegende friedenspolitische Positionen dargestellt, vertieft, weiterentwickelt wurden. Das entsprach also dem ersten Grundkonzept. Der Arbeitstitel für diese Veranstaltung lautete: "Wohlstand und Waffen abrüsten - Leben gewinnen". Im Fokus sollten die Kritik am erweiterten Sicherheitsbegriff der Europäischen Sicherheitsstrategie bzw. des Weißbuches 2006 und an der Zunahme von Rüstungsproduktion und Rüstungsexporten stehen. Aus dem Bereich der Evangelischen Seelsorge in der Bundeswehr(1) war (natürlich unabhängig davon) ein Veranstaltungsvorschlag zur Friedensdenkschrift der EKD eingereicht worden, der vorsah, den in der Denkschrift vertretenen Paradigmenwechsel vom Gedanken des "gerechten Krieges" zum Ansatz des "gerechten Friedens" auf dem Hintergrund der sicherheitspolitischen Lage und der Einbindung der deutschen Streitkräfte in internationale Friedensmissionen zu diskutieren.

Das Präsidium des 32. DEKT war der Ansicht, dass in Bremen friedenspolitische Themen keine ernsthafte Rolle spielen sollten (2). Das schlug sich im Programm entsprechend nieder(3). Erst nach Festlegung des "Kernprogramms" beschloss das Präsidium unter maßgeblicher Beteiligung des Friedensbeauftragten des Rates der EKD und Schriftführers der gastgebenden Bremischen Kirche, Renke Brahms, die beiden vorschlagenden Organisationen aufzufordern, eine gemeinsame Veranstaltung zu konzipieren und eigenständig durchzuführen, weil die Vorschläge nach Ansicht des Präsidiums "inhaltlich in eine ähnliche Richtung" gingen. Nach kurzer Bedenkzeit ließen sich beide Seiten darauf ein, unter der Prämisse, dass bei so unterschiedlichen Grundpositionen zu Militär und Rüstung, wie sie zwischen AGDF und Evangelischer Seelsorge in der Bundeswehr bestehen, nur ein kontroverser Diskurs, also eine Veranstaltung nach dem zweiten Grundkonzept möglich sein würde. Die Alternative wäre gewesen, dass die "Leerstelle" im Kirchentagsprogramm noch größer gewesen wäre. Es wurde eine Vorbereitungsgruppe mit dem AGDF-Vorsitzenden Horst Scheffler, dem AGDF-Geschäftsführer Jan Gildemeister, Ute Finckh-Krämer (als Autorin des Militärkapitels des von der AGDF herausgegebenen Buches "Gewaltfrei streiten für einen gerechten Frieden"), dem leitenden Militärdekan Armin Wenzel (Militärdekanat Kiel) und dem Militärdekan der Führungsakademie der Bundeswehr Hartwig von Schubert gebildet.

Beim ersten Treffen der Gruppe bestand Einigkeit darüber, dass die Vorstellung des Präsidiums des DEKT, die beiden Veranstaltungsvorschläge gingen inhaltlich in eine ähnliche Richtung, aus Sicht aller Beteiligten eher abwegig war, wir also weder das eine noch das andere Veranstaltungskonzept zu Grunde legen konnten, sondern ein völlig neues entwickeln mussten. Angesichts der weit auseinander liegenden Grundpositionen der Beteiligten wurde entschieden, für das Podium ein oder zwei konkrete Konfliktregionen auszuwählen und einerseits Sachinformationen dazu, andererseits Kommentare aus friedenspolitischer, militärischer und politischer Sicht vorzusehen. Die Rüstungs- und Militärkritik, die der AGDF wichtig war, sollte am konkreten Beispiel erfolgen können, die Bezugnahme auf die Friedensdenkschrift, die den Vertretern der Evangelischen Seelsorge in der Bundeswehr am Herzen lag, sollte durch die Auswahl der Kommentatoren und die Bitte an selbige, die Grundsätze der Friedensdenkschrift bei ihrem Votum zu berücksichtigen, gewährleistet werden.

Schnell bestätigte sich, dass unsere die einzige Diskussionsveranstaltung auf dem ganzen Kirchentag sein würde, auf der Auslandseinsätze der Bundeswehr thematisiert würden, und damit auch der einzige Ort, an dem Kritik an und wenigstens ansatzweise Alternativen zu militärischem Eingreifen zur Sprache kommen könnten.(4) Unter diesen Umständen war klar, dass Afghanistan als konkrete Konfliktregion diskutiert werden musste. Aber Afghanistan taugt weder für eine Debatte über die in der Friedensdenkschrift genannten Kriterien rechtserhaltender Gewalt (sie werden ganz offensichtlich sowohl durch OEF als auch durch Isaf verletzt) noch für eine Debatte darüber, welchen Anteil die deutsche Politik an der Eskalation oder Deeskalation von Konflikten hat, die aktuell nicht gewalttätig ausgetragen werden (die Beteiligung an Isaf und OEF erfolgte zu einem Zeitpunkt, wo in Afghanistan schon jahrelang Krieg und Bürgerkrieg herrschte). Also wurde beschlossen, mit Georgien ein zweites konkretes Beispiel zu wählen, an dem diese beiden Aspekte herausgearbeitet werden könnten. Damit gerieten wir aber in ein zeitliches Dilemma, das dazu führte, dass sowohl der zunächst als Moderator vorgesehene Arndt Henze als auch Andreas Zumach als friedenspolitischer Kommentator, die zunächst eine halbe Zusage gegeben hatten, wieder absagten, weil wir ihrer Einschätzung nach zu viel in eine knapp zweistündige Debatte packen wollten. Die Vorbereitungsgruppe prüfte deshalb, ob das mühsam erarbeitete Grundkonzept, das aus den ursprünglichen Veranstaltungsvorschlägen jeweils wenigstens einen Aspekt herübergerettet hatte, über den Haufen geworfen werden sollte. Angesichts der bereits ausgesprochenen Einladungen und eines massiven Zeitdrucks, weil das Kirchentagsprogramm bereits in Druck war und der Redaktionsschluss für das gedruckte Heftchen mit den Änderungen unmittelbar bevorstand, entschieden wir uns dagegen.

Das Podium bestand dann aus dem Afghanistan-Experten Jan Koehler von der FU Berlin, der Georgienexpertin Caroline Kruckow vom Evangelischen Entwicklungsdienst, dem Oberstleutnant i.G. Hubert Saur von der Führungsakademie der Bundeswehr, dem friedenspolitischen Experten Dr. Reinhard J. Voß (bis 2008 Generalsekretär von Pax Christi), dem Staatsminister im Auswärtigen Amt Gernot Erler und als Moderator dem EKD-Friedensbeauftragten Renke Brahms. Die Rolle der AnwältInnen des Publikums übernahmen Jan Gildemeister, Ute Finckh-Krämer und Armin Wenzel aus der Vorbereitungsgruppe. Da die Veranstaltung zeitgleich mit dem "Feierabendmahl" in den Bremer Kirchengemeinden stattfand, hielten wir zusätzliche Werbung für notwendig, um dem Saal, der mit etwa 450 Plätzen bestuhlt werden sollte, zu füllen. Wir erstellten also einen Ankündigungsflyer, der vor dem Kirchentag per Email und gedruckt in Umlauf gebracht und im "Markt der Möglichkeiten" an einer ganzen Reihe von Ständen ausgelegt wurde. In diesem Flyer fassten wir das Anliegen der Veranstaltung folgendermaßen zusammen:

"Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen. Unter diesem Titel ist im November 2007 die Friedensdenkschrift der EKD erschienen. An zwei konkreten Beispielen, dem Krieg in Afghanistan und dem Georgienkonflikt, soll untersucht werden, ob und ggf. wie sich aus der Friedensdenkschrift konkrete Maßstäbe für politisches Handeln ableiten lassen. Zunächst werden die beiden Konflikte kurz dargestellt: Worum geht es den Akteuren, was sind ihre Ziele, was haben sie bisher riskiert, was erreicht, was verloren, was können sie realistisch gewinnen? Welche Interessen haben Dritte? Welche Aktivitäten Außenstehender haben sich als konflikteskalierend, welche als Beiträge zur Deeskalation ausgewirkt? Anschließend werden ein Politiker und jeweils ein Konfliktfachmann aus dem friedenspolitischen und aus dem militärischen Bereich die dargestellten Fakten unter dem Aspekt der Grundprinzipien der Friedensdenkschrift bewerten. Zentrale Frage wird dabei sein: Entspricht die von Deutschland mit getragene Politik der Nato in beiden Konfliktregionen dem in der Friedensdenkschrift formulierten Leitbild des gerechten Friedens?"

Ob es das offizielle Programm oder der zusätzliche Flyer war: Obwohl der Saal sogar etwas dichter bestuhlt war als ursprünglich gedacht und damit 480 Sitzplätze zur Verfügung standen, waren kurz vor Veranstaltungsbeginn alle Plätze besetzt, die Kirchentagsordner standen mit ihren Schildern "Veranstaltung überfüllt" vor der Tür und wiesen zu spät Kommende ab.

In der Vorbereitung hatten wir versucht, die drei Kommentatoren mit unserem Veranstaltungskonzept vertraut zu machen und hatten insbesondere darum gebeten, dass Oberstleutnant Saur und Staatsminister Erler sich auf die Konfliktanalysen beziehen und nicht sattsam bekannte offizielle "Parolen" verkünden. Der Verlauf der Veranstaltung zeigte aber, dass sie diese (von der gesamten Vorbereitungsgruppe getragene) Bitte ignoriert haben. Das führte sowohl zu einer Fülle kritischer Fragen, die die AnwältInnen des Publikums erhielten und angesichts der knappen Zeit nur zu einem kleinen Teil an das Podium weitergeben konnten, als auch dazu, dass Reinhard Voß für sein Statement mit Abstand am meisten Beifall erhielt, obwohl ein guter Teil der Anwesenden aus dem Umfeld der Militärseelsorge stammte. Gespräche der Vorbereitungsgruppe nach der Veranstaltung bestätigten, dass eine ganze Reihe von TeilnehmerInnen aus dem Bereich der Militärseelsorge von Reinhard Voß positiv überrascht, von Saur und Erler dagegen enttäuscht waren. Andererseits waren eine ganze Reihe von Anwesenden aus der Friedensbewegung frustriert, dass offizielle Parolen und Schönfärbereien so viel Raum einnehmen konnten und die für viele besonders brennende Frage nach einer Exit-Strategie für Afghanistan von Erler und Saur nicht beantwortet wurde und vermuteten, dass dies dem Einfluss der Vertreter der Evangelischen Seelsorge in der Bundeswehr zuzuschreiben war; was aus ihrer Sicht plausibel war, aber nicht zutraf.

Der Kirchentag in Bremen bot für die kirchliche Friedensbewegung weniger, für Bundeswehr und Militärseelsorge mehr Raum als frühere Kirchentage. Dies wurde deutlich durch den Auftritt der Big Band der Bundeswehr beim Abend der Begegnung auf dem besten Platz der Stadt, die damit verbundene direkte und indirekte Imagewerbung und die intensive Präsenz der Evangelischen Seelsorge in der Bundeswehr, die nicht nur wie auf früheren Kirchentagen einen großen Stand auf dem Markt der Möglichkeiten hatte, sondern auch mit einem Zelt direkt neben der Bühne, auf der die Big Band der Bundeswehr spielte, und mehreren Gottesdiensten im Programm vertreten war.


Wie weiter?

Wir stehen jetzt vor folgender Situation: Der zum 1.10.2008 ernannte EKD-Friedensbeauftragte, der zugleich auch Vorsitzender des Beirats der ev. Militärseelsorge ist, erwartet von den in der (ebenfalls neu geschaffenen) Konferenz für Friedensarbeit im Raum der EKD vertretenen Kirchen und Organisationen, dass sie - entsprechend ihrer inhaltlichen Anliegen - konstruktiv zusammenarbeiten und kann diese Position innerhalb der EKD im Zweifelsfall durchsetzen (wie sich am Beispiel des Kirchentagspräsidiums gezeigt hat). Das gilt insbesondere für die Zusammenarbeit mit der Militärseelsorge, die in der Konferenz für Friedensarbeit vertreten ist. Dass die AGDF sich auf die gemeinsame Veranstaltung eingelassen hat, stärkt daher ihre Glaubwürdigkeit gegenüber dem Friedensbeauftragten und der EKD. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu betrachten, dass die neue Struktur der Friedensarbeit im Raum der EKD - Beauftragter, Konferenz und eine gemeinsam von AGDF und Ev. Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung von Kriegsdienstverweigerer (EAK) getragene Arbeitsstelle die Chance bietet, die Friedensarbeit im Bereich der Kirche zu stärken und den Einfluss der Kirche auf die Politik im Sinne eines "Vorrangs für Gewaltfreiheit" auszubauen. Dies ließe sieh letztlich aber nur bedingt gegen einen grundsätzlichen Widerstand der Militärseelsorge umsetzen.

Wenn sich die AGDF auf eine Fortsetzung eines kritischen Diskursprozesses zu Bundeswehreinsätzen einlässt, muss sie allerdings auch die Tatsache berücksichtigen, dass es ein erhebliches Ressourcenungleichgewicht zwischen der Evangelischen Seelsorge in der Bundeswehr und der kirchlichen Friedensarbeit (zugunsten der ersten) gibt. Dieses Ungleichgewicht äußert sich z.B. darin, dass "JS - Die Evangelische Zeitschrift für junge Soldaten" aus dem Etat der Militärseelsorge auf absehbare Zeit ohne Probleme weiter finanziert werden kann, während die Zukunft der "Zivil", die von der EAK herausgegeben wird und sich an evangelische Zivildienstleistende und ihre Einsatzstellen richtet, nach den drastischen Kürzungen des EAK-Etats im letzten Jahr zeitweise mehr als fraglich war und erhebliche Proteste notwendig waren, um sie wenigstens vorläufig abzusichern.(5) Wir müssen also darauf achten, dass wir dieses Ungleichgewicht weiterhin offen benennen und uns durch eventuelle weitere Kooperationsprojekte nicht zu unangebrachter Rücksichtnahme bewegen lassen. Schließlich wird auch der Haushalt der AGDF zu Zweidrittel von der EKD finanziert und wir haben im Bereich der Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen oft genug erlebt, dass finanzielle Abhängigkeiten mit einer sinkenden Bereitschaft zur Kritik einhergehen.

Wir sollten auch darüber nachdenken, welche Eigeninteressen die Evangelische Seelsorge in der Bundeswehr im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der AGDF haben könnte. Will sie in erster Linie ihre Position innerhalb der EKD stärken, Kritik an ihrer Arbeit und an ihrer oft geringen Distanz zu offiziellen Bundeswehrpositionen reduzieren, die überfällige Kritik am Ressourcenungleichgewicht zwischen Militärseelsorge und kirchlicher Friedensarbeit im Vorfeld abfangen? Oder sucht sie in einer Situation, in der die unrealistischen Erwartungen der Regierenden, was Auslandseinsätze der Bundeswehr bewirken können, zu großer Unzufriedenheit innerhalb der Bundeswehr führen, nach Verbündeten, die die offizielle Politik fachkundig und offen kritisieren können und wollen? Wenn letzteres eine ernsthafte Rolle spielt, können und sollten wir uns auf eine weitere Zusammenarbeit einlassen. Es liegt ganz offensichtlich in unserem Interesse, uns in den öffentlichen Diskurs um die Auslandseinsätze der Bundeswehr, um steigende Rüstungsexporte, um die Problematik der zivilmilitärischen Zusammenarbeit oder das vergleichsweise dürftige Engagement der Bundesregierung in der zivilen Krisenprävention und der gewaltfreien Konflikttransformation einzumischen. Wir dürfen uns nicht damit begnügen, diese Themen im friedenspolitischen Umfeld zu diskutieren, sondern sollten jede Möglichkeit nutzen, unsere Argumente außerhalb des eigenen Umfelds zu Gehör zu bringen. Die neue kirchliche Friedensstruktur bietet hierzu interessante Chancen. Wir werden dabei vielleicht feststellen, dass die Argumente, die uns selbst am überzeugendsten erscheinen, für Bundeswehrangehörige, Abgeordnete der großen Koalition oder VertreterInnen des Auswärtigen Amts keineswegs plausibel wirken, dass aber andere Argumente, die wir selber vielleicht eher als ergänzend betrachten, erhebliche Nachdenklichkeit erzeugen. Wenn der ehemalige CDU-Minister Christian Schwarz-Schilling auf Grund seiner Erfahrung als Hoher Repräsentant und EU-Sonderbeauftragter für Bosnien-Herzegowina erklärt, dass. Friedensprozesse mit der Unterzeichnung eines Friedensvertrages nicht enden, sondern im Gegenteil erst beginnen, ruft das bei uns ein müdes "aber das haben wir doch schon immer gesagt!" hervor. Aber die meisten Abgeordneten des Deutschen Bundestages nehmen eine uns längst bekannte Tatsache erst wahr, wenn sie von jemandem aus der etablierten Politik formuliert werden. Wenn wir "local ownership" in Bezug zur Bedeutung der Kommunalpolitik in unserem eigenen Land setzen, wird dieses Konzept für SPD-PolitikerInnen viel leichter verständlich.

Sowohl Skandalisierung und Aufklärung als auch der Diskurs mit politisch Andersdenkenden sind für die friedenspolitische Arbeit unabdingbar. Einen Diskurs gemeinsam mit der Militärseelsorge zu organisieren erscheint in der augenblicklichen Situation sinnvoll, wenn Interessengegensätze und inhaltliche Differenzen offen benannt werden. Dabei gilt es zugleich sensibel für Versuche politischer Instrumentalisierung zu sein, auch angesichts der erheblich größeren Ressourcen der Militärseelsorge und kirchlichen Tendenzen, "zivil" und "militärisch" als Einheitsbrei zusammenfügen zu wollen. Für den Ökumenischen Kirchentag 2010 in München und den Evangelischen Kirchentag 2011 in Dresden, auf denen nach Auskunft von Renke Brahms Friedensthemen wieder stärker thematisiert bzw. einen Schwerpunkt bilden sollen, müssen wir beides vorbereiten und einfordern: Eigene Schwerpunktveranstaltungen, in denen z.B. Themen wie Rüstungsexporte, zivil-militärische Zusammenarbeit und Werbekampagnen der Bundeswehr aus unserer Perspektive analysiert werden und Diskursveranstaltungen, auf denen unterschiedliche Positionen aufeinander treffen.


Jan Gildemeister ist Geschäftsführer der AGDF, Ute Finckh-Krämer ist Vorsitzende des BSV und Forum Pazifismus-Redakteurin.


Anmerkungen

1) Im Folgenden auch: Militärseelsorge

2) Von einer Vertreterin der Geschäftsstelle war dies bei einem überregionalen Treffen des "Offenen Forums DOV" bereits im Vorfeld angedeutet worden. Das Friedensthema soll hingegen beim Ökumenischen Kirchentag 2010 in München und - wie wir später erfuhren - beim DEKT in Dresden 2011 wieder eine größere Rolle spielen bzw. ein Schwerpunkt werden. Für Bremen hatte das Präsidium die Schwerpunkte Welthandel, Wirtschaft und Bildung festgelegt.

3) So gab es nur eine Veranstaltung zum Thema Rüstungsexporte und einige Gottesdienste und Kulturveranstaltungen zum Thema Krieg und Frieden.

4) Selbst im Zentrum "Gewaltfrei Leben und Handeln" des Versöhnungsbundes, das aus Anlass des Kirchentags durchgeführt wurde, gab es keine Veranstaltung explizit zu dem Thema. In dem Zusammenhang zu erwähnen ist noch die - schlecht besuchte - Demonstration "für eine andere deutsche Friedenspolitik" am 23. Mai in Bremen, zu der die AGDF mit aufgerufen hat.

5) Im Juni wird die Vorentscheidung fallen, ob die Zeitschrift in modifizierter Konzeption (u.a. mit der zusätzlichen Zielgruppe der Freiwilligen) mittelfristig erhalten bleibt.


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Quelle:
Forum Pazifismus - Zeitschrift für Theorie und Praxis
der Gewaltfreiheit Nr. 22, II/2009, S. 19 - 22
Herausgeber: Internationaler Versöhnungsbund - deutscher Zweig,
DFG-VK (Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen) mit der Bertha-von-Suttner-Stiftung der
DFG-VK, Bund für Soziale Verteidigung (BSV) und Werkstatt für
Pazifismus, Friedenspädagogik und Völkerverständigung PAX AN
Redaktion: Postfach 90 08 43, 21048 Hamburg
Tel.: 040/18 05 82 83, Fax: 03212-10 28 255
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Internet: www.forum-pazifismus.de

Erscheinungsweise: in der Regel vierteljährlich
in der zweiten Quartalshälfte.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2009