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ATTAC/867: Weltwasserforum Istanbul - Meinungsvielfalt unerwünscht


Attac Deutschland / Bündnis SuKo - Pressemitteilung vom 18. März 2009

* Meinungsvielfalt bleibt bei Weltwasserforum in Istanbul außen vor

* Polizei weist Kritiker aus / Veranstalter billigen Vorgehen der Behörden


Mit scharfem Protest haben das globalisierungkritische Netzwerk Attac und das SuKo-Bündnis gegen Wasserprivatisierung in der Türkei auf das Vorgehen der türkischen Polizei gegen Kritiker des 5. Weltwasserforums (WWF) in Istanbul reagiert und den Veranstaltern des Forums vorgeworfen, das unverhältnismäßige Vorgehen der türkischen Behörden zu unterstützen. "Die heuchlerische Fassade des Weltwasserforums ist endgültig gefallen. Trotz aller Beteuerungen der Veranstalter, es handle sich um ein offenes Forum, zeigt sich nun klar: Kritiker müssen draußen bleiben, Meinungsvielfalt ist unerwünscht", sagte Dorothea Härlin, die für Attac derzeit am Alternativen Weltwasserforum in Istanbul teilnimmt, der Gegenveranstaltung zum WWF.

Die türkische Polizei nahm am Montag zwei Umweltaktivisten fest, weil sie während der Eröffnung des WWF im Saal ein Transparent mit der Aufschrift "No risky dams" entrollt hatten. Ann-Kathrin Schneider von der Kampagne Gegenströmung in Deutschland, die dem SuKo-Bündnis angehört, und der Klimaaktivist Payal Parekh aus den USA wurden 24 Stunden in Polizeigewahrsam festgehalten und anschließend am Dienstag in ihre Heimatländer ausgewiesen. Zur Begründung hieß es, die Aktion sei darauf angelegt gewesen, "die öffentliche Meinung zu beeinflussen". Laut türkischen Anwälten hätten den Aktivisten Freiheitsstrafen von einem Jahr und mehr gedroht, hätten sie ihrer Ausweisung nicht zugestimmt.

Ebenfalls am Montag nahm die Polizei vor dem Konferenzgebäude 26 - hauptsächlich türkische - Teilnehmer einer friedlichen Kundgebung unter dem Motto "Wasser ist Menschenrecht und keine Ware" fest. Insgesamt hatten sich etwa 300 Menschen an der Demonstration beteiligt, darunter internationale Aktivisten aus Umwelt- und Wasserbewegungen, Gewerkschaften und linken Parteien. "Die Polizei ging mit Gewalt gegen die friedlichen Demonstranten vor, viele wurden verletzt", berichtete Dorothea Härlin. Dennoch lehnte der Direktor des WWF, Gerd Berkamp, es auf Nachfrage ausdrücklich ab, die Gewalt der Polizei gegen Kritiker des Forums zu verurteilen.

"Diese Haltung zeigt, was das Weltwasserforum tatsächlich ist: eine große Lobbyveranstaltung der Wasser- und Energiewirtschaft, die von den Interessen der großen Konzerne bestimmt wird. Der Weltwasserrat vertritt mitnichten die Interessen der Mehrheit der Weltbevölkerung", sagte Dorothea Härlin. So seien die meisten Gruppen der zivilen Wasser- und Umweltbewegungen vom WWF schon deswegen ausgeschlossen, weil sie die hohen Eintrittspreise nicht zahlen können. Vor allem Organisationen und Bewegungen aus dem Süden hätten keine Möglichkeit teilzunehmen.

Die Weltwasserforen werden von den großen globalen Wasserunternehmen organisiert und dienen vor allem als Kontaktbörse zwischen Regierungen und Großunternehmen wie Suez oder Veolia. Es steht zu befürchten, dass die Wasserkonzerne und die türkische Regierung das Weltwasserforum in Istanbul dazu nutzen, die Privatisierung türkischer Gewässer im großen Stil einzuleiten. So will die türkische Regierung unter anderem die Nutzungsrechte an den Flüssen Euphrat und Tigris verkaufen.

Attac und das SuKo-Bündnis forderten den Weltwasserrat, die deutschen Regierungsvertreter sowie die deutschen Teilnehmer des Forums auf, sich für Meinungsfreiheit beim WWF einzusetzen und das undemokratische Vorgehen der Polizei in Istanbul deutlich zu verurteilen.

* Suko-Seite:
www.wer-ist-wim.de/

* Programm und Informationen zu WWF-Gegenaktivitäten in Istanbul:
www.alternatifsuforumu.org
www.suplatformu.net
http://peopleswaterforum.foodandwaterwatch.org/


Zu SuKo (Türkisch für "Wasserkoordinierung") gehören Attac, Verdi, der BUND, die Rosa-Luxemburg-Stiftung, die Gegenströmung - Ilisu-Kampagne Deutschland, der Berliner Wassertisch und viele engagierte Einzelpersonen. Unter dem Motto "Wasser ist Menschenrecht" setzt sich das Bündnis gegen den Ausverkauf der Gewässer in der Türkei, in Deutschland und weltweit ein.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 18.03.2009
Pressesprecherin Attac Deutschland
Frauke Distelrath
Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069/900 281-42; Fax: 069/900 281-99
E-Mail: presse@attac.de
Internet: www.attac.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2009