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AUFRUF/015: Green Cross - Aufruf zu einer Welt ohne Chemiewaffen (GCI)


Green Cross International - Pressemitteilung vom 22. April 2015

Green Cross: Aufruf zu einer Welt ohne Chemiewaffen

Green Cross gedenkt dem 100. Jahrestag von Chemiewaffenangriffen im 1. Weltkrieg: Aufruf zu einer Welt ohne Chemiewaffen


Genf, 22. April 2015 - Vor einhundert Jahren, um 17:00 am 22. April 1915, unternahm das Deutsche Kaiserreich den ersten grossen Angriff mit Giftgas. 5.700 Flaschen mit Chlorgas wurden geöffnet, ein "gelb-grünlicher, höllischer Dunst" trieb auf die französischen, algerischen, kanadischen und britischen allierten Truppen zu in den Schlachtfeldern Flanderns. Über Tausend Soldaten wurden an diesem tragischen Tag getötet, nahe den belgischen Städten Ypern und Langemark-Poelkapelle. Bald wurden von allen Kriegsparteien viel tödlichere Substanzen entwickelt - Senfgas, Lewisit und Phosgen. Diese töteten bis zum Ende des 1. Weltkriegs ungefähr 90'000 Soldaten und verletzten eine Million.

Der Horror der unmenschlichen und willkürlichen chemischen Kriegsführung mündete 1925 in der Unterzeichnung des Genfer Protokolls, welches den Gebrauch von biologischen und chemischen Kampfstoffen verbietet. Das Chemiewaffenübereinkommen von 1993, welchem heute 190 Staaten beigetreten sind, verbietet nicht nur den Gebrauch, sondern auch Entwicklung, Testen, Herstellung und Lagerung von Chemiewaffen. Weiter verlangt es von allen Mitgliedsstaaten die Deklaration ihrer Chemiewaffenbestände sowie deren sichere und unumkehrbare Vernichtung. (Biologische Waffen sind durch ein separates Übereinkommen verboten, welches 1972 unterzeichnet wurde.)

Dr. Paul Walker, Programmdirektor bei Green Cross International und seit 2013 Träger des Right Livelihood Award, sagt "der 22. April ist ein ernster Tag, an dem wir nicht nur den Tausenden, die durch chemische Kriegsführung getötet wurden, gedenken sollen, es ist auch ein Tag, um unseren Einsatz für das Chemiewaffenübereinkommen weiter zu verstärken, um endlich das Ziel einer chemiewaffenfreien Welt zu erreichen."

Seit Inkrafttreten des Chemiewaffenübereinkommens 1997 hat die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag die Vernichtung von 63'600 Tonnen chemischer Kampstoffe verifiziert, oder 87 % der deklarierten Mengen durch acht Länder: Albanien, Indien, Irak, Lybien, Russland, Südkorea, Syrien und die USA. Nur Russland und die USA haben noch Chemiewaffenlager, welche zerstört werden müssen (5.200 resp. 2.800 Tonnen). Kleine Lager mit giftigen Industriechemikalien aus vergangenen Waffenprogrammen werden zur Zeit zerstört in Syrien (19 Tonnen) und Lybien (850 Tonnen). Pläne, unbrauchbare Überresten chemischer Waffen in Irak zu zerstören, werden zur Zeit finalisiert.

Gemäss Dr. Alexander Likhotal, Präsident von Green Cross International, "sind das Chemiewaffenübereinkommen und die OPCW ein sehr gutes Beispiel, wie eine ganze Klasse von Massenvernichtungswaffen geächtet und danach vernichtet werden kann auf eine pragmatische, flexible, nicht-diskriminierende und kooperative Art, basierend auf den Prinzipien von unverminderter Sicherheit und effektiver, internationaler Verifikation und mit besonderer Aufmerksamkeit für den Schutz von Umwelt und Gesundheit".

"Fast 20 Jahre Umsetzung des Chemiewaffenübereinkommens und OPCW-Arbeit sind ein beachtenswerter Erfolg", betont Likhotal. "Aber um weiterhin höchsten Ansprüchen zu genügen, sollte die OPCW entschlossen die Umsetzung seiner ursprünglichen Aufgaben beschleunigen, von denen einige überfällig sind, sowie auf neue Herausforderungen reagieren."

Green Cross International mahnt die folgenden drei, voneinander abhängige Schritte an:

(1) Vollständige, sichere, unumkehrbare und verifizierbare Vernichtung der verbleibenden Chemiewaffenbestände in Russland, den USA, Irak, Syrien und Lybien.

(2) Förderung des Beitritts der übrigbleibenden sieben Nicht-Mitgliedsstaaten - Angola, Nordkorea, Ägypten, Israel, Myanmar, Palästina, und Südsudan - zum Chemiewaffenübereinkommen, wodurch dieses im wahrsten Sinne des Wortes "universell" wird.

(3) Stärkung des Chemiewaffenübereinkommens und der OPCW. Dies umfasst die Aufwertung und Modernisierung der Verifikationsinstrumente, die Entwicklung weiterer Projekte für Kooperation und Unterstützung, die Verstärkung von Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung auch in der Zivilgesellschaft, und die Förderung des friedlichen Gebrauchs der Chemie. Die OPCW sollte auch neue Strategien entwickeln und umsetzen, um das Risiko einer Umgehung des Chemiewaffenübereinkommens zu verhindern als Folge der Entwicklungen in Wissenschaft und Technologie - speziell in den Bereichen des Zusammenwachsens von Chemie und Biologie, und um Barrieren zu errichten gegen die militärische Verwendung von nichttödlichen Waffen und Reizstoffen sowie den Gebrauch von giftigen Industriechemikalien wie Chlorgas durch staatliche und nicht-staatliche Akteure. Nur eine starke und effiziente OPCW wird das Wiedererscheinen von Chemiewaffen verhindern helfen.

Weitere Informationen:
http://www.gcint.org

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Quelle:
Pressemitteilung vom 22. April 2015
Green Cross International (GCI)
Internet: http://www.gcint.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. April 2015

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