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STANDPUNKT/115: Atomteststoppvertrag muss endgültig in Kraft treten (IPPNW)


IPPNW-Pressemitteilung vom 28. August 2015
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland

IPPNW: Atomteststoppvertrag muss endgültig in Kraft treten

Internationaler Tag gegen Atomtests am 29. August


Die deutsche Sektion der IPPNW unterstützt die Bemühungen von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, die acht Staaten, die den Atomteststoppvertrag bisher nicht unterzeichnet haben, zur Ratifizierung zu drängen. Vor allem müsse Steinmeier jedoch die USA in die Pflicht nehmen, dem Vertrag im US-Kongress zuzustimmen. Der damalige US-Präsident Bill Clinton hatte den Atomteststoppvertrag 1996 unterschrieben. Seitdem weigert sich der US-Kongress aber, den Vertrag zu ratifizieren. Sollte der Vertrag in den USA in Kraft treten, könnten auch China, Indien, Israel, Nordkorea und Pakistan folgen, die bisher ebenfalls noch nicht ratifiziert haben. Auch Iran und Ägypten müssen noch zustimmen, bevor der Vertrag in Kraft treten kann. Die Parlamente der anderen Atomwaffenstaaten in Russland, Großbritannien und Frankreich haben dem Vertrag bereits zugestimmt.

Die IPPNW Deutschland unterstützt den Aufruf des UN-Generalsekretärs, den Atomteststopp-Vertrag mehr als zwanzig Jahre nach seinem Abschluss endlich in Kraft treten zu lassen. Das kasachische ATOM-Projekt hat für den internationalen Tag des Atomtests um 11.05 Uhr zu einer weltweiten Schweigeminute aufgerufen.

In den 70 Jahren seit dem ersten von den USA durchgeführten Atomtest am 16. Juli 1945 wurden mehr als 2.000 Atomwaffen zur Explosion gebracht. Die Gesamtzahl der Sprengkraft der oberirdischen Atomtests beträgt 428 Megatonnen (TNT-Äquivalent), fast 30.000 "Hiroshimas". Die Radioaktivität dieser Atomexplosionen wurde über den Globus verteilt. Der Nachweis von Strontium 90 in der Muttermilch und in den Milchzähnen von Kindern führte in den 1960er Jahre zu derart großen Protesten, dass die Atomtests 1963 in der Atmosphäre und unter Wasser verboten wurden.

Die Menschen in der Pazifik-Region haben besonders unter den Auswirkungen der radioaktiven Verseuchung gelitten: Sie wurden vertrieben und über mehrere Generationen durch die Tests von drei Atomwaffenstaaten (USA, Großbritannien und Frankreich) geschädigt. Die Sowjetunion und China belasteten große Teile Zentralasiens und insbesondere Kasachstan mit ihren Atomtests. In den USA selbst sind zahlreiche Menschen direkte Opfer ("Downwinders") der vielen Atomtests in Nevada. Über die genauen Auswirkungen der Atomtests an all diesen und weiteren Orten gibt die IPPNW-Ausstellung "Hibakusha weltweit" [1] detailliert Auskunft.

Die genaue Ziffer der Krebsfälle weltweit, die gesundheitliche Folge der Atomtests sind, kann nur schwer berechnet werden. Die internationale IPPNW schätzte 1991 die weltweite Zahl tödlicher Krebsfälle durch oberirdische Atomtests bis zum Jahr 2000 auf 430.000. Bis zu 2,4 Millionen würden letztendlich aufgrund der Tests an Krebs sterben. Der Strahlenbiologe Prof. Roland Scholz von der Universität München ging 1997 von einer höheren Opferzahl aus. Nach seinen Berechnungen werde allein die äußere Strahlenbelastung durch Fallout bis zum Jahr 2000 zu 3 Millionen zusätzlichen Krebstoten führen. Die radioaktiven Isotope, die in großen Mengen über die Stratosphäre weltweit freigesetzt wurden, sind u.a.: Americum-241, Jod-131, Caesium-137, Strontium-90, und Plutonium-239, Tritium. Alle diese Isotopen sind Krebserreger. Je nach betroffenem Organ oder Körperteil kann es dann zu Leukämie, Schilddrüsen-, Knochen-, Lungen- oder Leberkrebs kommen.

Anmerkung:
[1] http://www.hibakusha-weltweit.de/


Mehr Informationen zur Geschichte von Atomtests sind auf Atomwaffen A-Z zu finden:
http://www.atomwaffena-z.info/geschichte/atomwaffentests/auflistung-aller-tests.html

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Quelle:
Pressemitteilung vom 28. August 2015
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Tel. 030/69 80 74-0, Fax: 030/69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. August 2015

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