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MELDUNG/014: Kritik am EU-Treffen mit dem usbekischen Präsidente Karimow (ROG)


Reporter ohne Grenzen e.V.
Deutsche Sektion von Reporters sans frontières
Pressemitteilung vom 21. Januar 2011

Unangenehme Fragen sollen in Brüssel vermieden werden

ROG kritisiert EU-Treffen mit dem usbekischen Präsidenten Karimow


Reporter ohne Grenzen (ROG) zeigt sich besorgt, dass der usbekische Präsident Islam Karimow am 24. Januar zum ersten Mal seit der Aufhebung der Sanktionen gegen sein Land in Brüssel zu Gast ist. Er wird dort unter anderem mit dem EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso zusammentreffen.

Es ist schwer zu verstehen, warum einem so brutalen Diktator diese Ehre zuteil wird, obwohl es seit dem Massaker von Andischan im Mai 2005 kaum Verbesserungen bei der Menschenrechtslage gegeben hat. Es ist zudem ein herber Rückschlag, dass, dem Besuchsprogramm nach zu urteilen, die dramatische Situation der Menschenrechte und die schwierige Lage der Medien in dem zentralasiatischen Staat nicht zur Sprache kommen werden. "Dass offenbar noch nicht einmal eine Pressekonferenz geplant ist, unterstreicht den Eindruck, dass die EU-Politiker Karimow während seines Brüssel-Besuchs unangenehme Fragen ersparen wollen", sagt ROG-Geschäftsführer Christian Rickerts. "Wir sind enttäuscht über diese Gefälligkeit."

Der Entschluss der EU, Karimow auf höchster Ebene zu empfangen, passt zu ihrer früheren Entscheidung, die 2005 nach dem Massaker von Andischan verhängten Sanktionen schrittweise wieder aufzuheben. Dabei sollte eigentlich eine unabhängige Kommission damit beauftragt werden, das Blutbad im Osten Usbekistans zu untersuchen, bei dem Regierungstruppen im Mai 2005 rund tausend Demonstranten erschossen haben.

In Usbekistan sind bis heute elf Journalisten inhaftiert. Unter ihnen ist auch der Journalist Salidschon Abdurachmanow, den Richter 2008 wegen angeblichen Drogenbesitzes zu zehn Jahren Haft verurteilt haben. Nach Einschätzung von ROG handelt es sich um eine manipulierte Anklage, die einen mutigen Journalisten mundtot machen sollte.

Zahlreiche andere Kollegen mussten das Land verlassen, um der Unterdrückung durch das Regime zu entgehen. Journalisten in Usbekistan müssen die Willkür der Behörden fürchten. Die Medien werden gegängelt, teilweise im Namen des Gesetzes und zum Teil durch Zynismus und Gewalt. Die deutsche ROG-Sektion hat wiederholt usbekische Journalisten vor Gericht gegen fadenscheinige Anklagen unterstützt.

ROG fordert die umgehende Freilassung aller in Usbekistan inhaftierten Medienmitarbeiter: Die gegen sie erhobenen Anschuldigungen sind absurd, sie sind lediglich der Erfüllung ihrer Berichts- und Informationspflicht nachgekommen. Dies sollte aus Sicht der Organisation zur Verteidigung der Pressefreiheit eines der wichtigsten Themen der EU-Gespräche mit Karimow sein.

Wir sind enttäuscht, dass die EU, auf die Menschenrechtsaktivisten weltweit große Hoffnungen setzen, darin versagt, Hüter demokratischer Werte zu sein.


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Quelle:
Pressemitteilung, 21.01.2011
Deutsche Sektion von Reporters sans frontières
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2011