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MELDUNG/072: Massive Verschlechterung der Situation vergewaltigter Frauen


Terre des Femmes - Pressemitteilung vom 17. April 2014

Neue Erkenntnisse zur Strafverfolgung bei Vergewaltigung:

Dramatischer Rückgang der Verurteilungsquote der Täter belegt massive Verschlechterung der Situation vergewaltigter Frauen



Berlin, 17.04.2014. Die Erhebung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) kommt zu erschreckenden Erkenntnissen: Die Verurteilungsquote der polizeilich registrierten Vergewaltigungen sank von 22 Prozent in 1994 auf 8,4 Prozent in 2012. Zudem gibt es gravierende regionale Unterschiede bei der Verurteilungsquote der Tatverdächtigen: Je nach Bundesland variiert diese zwischen 5,4 und 26,8 Prozent. "Die Zahlen belegen, dass sich die Strafverfolgung bei Vergewaltigungen in den letzten 20 Jahren massiv verschlechtert hat", erläutert Sibylle Schreiber, Fachbereichsleiterin von TERRE DES FEMMES.

"Unsere Erkenntnisse sind für einen Rechtsstaat höchst problematisch", erläutert Prof. Dr. Christian Pfeiffer, Direktor des KFN. "Es kann nicht sein, dass in einem Bundesland nur nach jeder 25. polizeilich registrierten Vergewaltigung ein Täter verurteilt wird, während das in einem anderen Bundesland in jedem vierten Fall geschieht".

Die Situation für Betroffene von sexualisierter Gewalt ist desaströs - darauf weist TERRE DES FEMMES seit Jahren hin. "Kaum ein Verbrechen in Deutschland wird so selten bestraft wie eine Vergewaltigung, obwohl es eine der häufigsten Formen von Gewalt an Frauen ist. Ein Grund liegt in den gravierenden Lücken des Gesetzes zu Vergewaltigung (§ 177 StGB)", so Schreiber. Die meisten angezeigten Vergewaltigungen finden innerhalb einer Partnerschaft statt, doch sind diese Taten schwer nachzuweisen: Wendet der Täter keine Gewalt an und droht der Frau nicht mit "gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben", liegt im (derzeitigen) Rechtssinn keine Vergewaltigung vor. Auch benötigen die Betroffenen eine bessere Unterstützung beim Gerichtsverfahren sowie eine psychosoziale Prozessbegleitung.

Seit November 2013 fordert TERRE DES FEMMES mit einer Unterschriftenaktion die Reform des Sexualstrafrechts konkret des Paragrafen 177 StGB. Über 27.500 Menschen unterstützen die Petition. Erstunterzeichnerinnnen sind Manuela Schwesig, Bundesfamilienministerin und Nina Hoss, Schauspielerin und TERRE DES FEMMES-Botschafterin. Am 7. Mai 2014 werden die Unterschriften dem Justizministerium übergeben.


TERRE DES FEMMES ist eine gemeinnützige Menschenrechtsorganisation für Mädchen und Frauen, die durch Aktionen, Öffentlichkeitsarbeit, persönliche Beratung, Förderung von Projekten und internationale Vernetzung von Gewalt betroffene Mädchen und Frauen unterstützt. TERRE DES FEMMES klärt auf, wo Mythen und Traditionen Frauen das Leben schwer machen, protestiert, wenn Rechte beschnitten werden und fordert eine lebenswerte Welt für alle Mädchen und Frauen - gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei! Unsere Schwerpunktthemen sind Häusliche und sexualisierte Gewalt, Zwangsheirat und Ehrverbrechen, weibliche Genitalverstümmelung, Frauenhandel und Zwangsprostitution. Der Verein wurde 1981 gegründet, die Bundesgeschäftsstelle befindet sich in Berlin.

Weitere Informationen unter:
www.frauenrechte.de

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Quelle:
Pressemitteilung vom 17. April 2014
Bundesgeschäftsstelle TERRE DES FEMMES e. V.
Brunnenstr. 128, 13355 Berlin
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E-Mail: info@frauenrechte.de
Internet: www.frauenrechte.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2014