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GRENZEN/048: Bootsflüchtlinge nicht zurück in die libysche Hölle schicken! (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 6. August 2013

Öl darf nach Malta - Flüchtlinge sollen zurück in die libysche Hölle

PRO ASYL fordert Aufnahme in Europa - Ende der Gleichgültigkeit



Das Drama um die Bootsflüchtlinge auf der MT Salamis geht weiter. Geht es nach dem Willen der maltesischen und italienischen Behörden, sollen die Flüchtlinge zurück in die libysche Hölle, das Öl an Bord des Tankers darf dann - wie vorgesehen - nach Malta. PRO ASYL fordert die EU auf, die Aufnahme der geretteten Bootsflüchtlinge in einem sicheren Hafen in Europa zu gewährleisten.

Erneut wird auf dem Rücken von aus Seenot geretteten Flüchtlingen ein zynischer europäischer Machtkonflikt ausgetragen, bei dem die Menschlichkeit gegenüber 102 schutzbedürftigen Männern, Frauen und Kindern auf der Strecke bleibt. Ihr Leben, ihre körperliche Unversehrtheit spielen bei dieser militärischen Blockade in den internationalen Gewässern vor Malta keine Rolle.

PRO ASYL stellt fest: Es gibt keinen "sicheren Hafen" für Flüchtlinge in Libyen. Auch nach der Gaddafi- Ära sind Schutzsuchende dort schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Sollten europäische Staaten den Tanker zur Rückkehr nach Libyen zwingen, werden die Menschen- und Flüchtlingsrechte der Geretteten verletzt.

Der harsche Umgang mit dem Schiff und der Crew der Salamis soll eine abschreckende Wirkung erzielen. In diesem Seegebiet sind in den letzten beiden Jahren circa 3000 Bootsflüchtlinge ertrunken. In zahlreichen dokumentierten Fällen, weil Polizei-, Militär- und kommerzielle Schiffe die Seenotrettung verweigert hatten. Das militärische Drohszenario gegenüber des Tankers Salamis sendet erneut eine fatale Botschaft an andere Schiffsbesetzungen aus: Schaut weg, fahrt weiter und erspart Euch die Probleme im Umgang mit Schiffsbrüchigen.

Ein Ende der europäischen Gleichgültigkeit gegenüber dem tausendfachen Sterben würde in einem ersten Schritt bedeuten, eine gemeinsame Aufnahmepolitik für Bootsflüchtlinge zu entwickeln und der völkerrechtswidrigen Zurückweisungspolitik nach Libyen eine klare Absage zu erteilen.


Hintergrund:

In der Nacht von Sonntag auf Montag rettete die Crew der "Salamis" 102 Flüchtlinge aus Seenot. Die italienischen Seenotrettungsbehörden hatten das Schiff über den Aufenthaltsort der Schiffbrüchigen informiert und um deren Rettung angesucht. Während die italienischen Behörden das Schiff anwiesen, die Flüchtlinge "in einen sicheren Hafen" in Libyen zurückzubringen, nahm der Tanker Kurs auf Malta, wird vom maltesischen Militär jedoch an der Einfahrt in maltesische Gewässer gehindert. Die Schiffbrüchigen, darunter 20 Frauen und ein Baby, sitzen auf dem Tankschiff fest, das nach Angaben der Reederei die Flüchtlinge nicht länger versorgen kann.

Das Internationale Übereinkommen von 1979 über den Such- und Rettungsdienst auf See (SAR) verpflichtet Schiffcrews, gerettete Flüchtlinge "an einen sicheren Ort" zu bringen. Im Annex der Konvention heißt es, der nächste sichere Hafen könne nicht allein geografisch bestimmt werden. Gerettete Asylsuchende und Flüchtlinge dürften nicht an einen Ort gebracht werden, an dem ihr Leben und ihre Freiheit in Gefahr seien. Die Internationale Meeresorganisation (IMO) betont ausdrücklich: Bei der Suche nach einem sicheren Ort muss berücksichtigt werden, ob den Geretteten dort Gefahren für Leib und Leben drohen, weil sie von Verfolgung bedroht sind (Maritime Safety Committee, Resolution MSC.167(78), 6.17. In Libyen drohen Flüchtlingen schwere Menschenrechtsverletzungen, ein funktionierendes Asylsystem, das Flüchtlingen Schutz bietet, existiert nicht.

Die Anweisung der italienischen Behörden, das Schiff solle die Schutzsuchenden nach Libyen zurückbringen, kommt angesichts der Situation von Flüchtlingen in Libyen einem Versuch gleich, die Schutzsuchenden unter Missachtung des sogenannten Refoulement-Verbots von einem Handelsschiff völkerrechtswidrig zurückzuschieben zu lassen. Nach Informationen von Malta Today wurden bereits Flüchtlinge, die in derselben Nacht von einem türkischen Schiff gerettet worden waren, von diesem auf Anweisung Italiens nach Tripolis zurückgeschoben.

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 6. August 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. August 2013