Schattenblick →INFOPOOL →EUROPOOL → POLITIK

ITALIEN/050: Gedenken an die Opfer des faschistischen Massakers vor 34 Jahren in Bologna (Gerhard Feldbauer)


Italien gedachte der Opfer faschistischen Massakers vor 34 Jahren in Bologna

von Gerhard Feldbauer, 3. August 2014



Im Geiste antifaschistischer Traditionen gedachte Italien am Sonnabend des faschistischen Massakers auf dem Hauptbahnhof von Bologna am 2. August 1980. Eine im Wartesaal versteckte 30-Kilo-Zeitzünderbombe mit einem Gemisch aus TNT und T4, die um 10.27 Uhr explodierte, während der Adria-Express in den Bahnhof einfuhr, tötete 85 Menschen und verletzte über 200. "La Repubblica" berichtete, dass sich vor dem Bahnhof eine große Menschenansammlung versammelte, darunter die in einem Bund der Hinterbliebenen und Opfer organisierten Angehörigen, Agnese Moro, Tochter des 1978 einem faschistischen Komplott zum Opfer gefallenen Führers der Democrazia Cristiana (DC), Aldo Moro, Minister der Regierung, der Bürgermeister der Mitte Links Koalition der Stadt, Virginio Merola (Demokratische Partei - PD), Vertreter der kommunistischen Parteien PRC und PdCI, weiterer demokratischer Parteien und der Gewerkschaften. Die Gedenkkundgebung erhielt Grußbotschaften des Staatspräsidenten, Giorgio Napolitano, und des Ministerpräsidenten, Matteo Renzi. Nach einer Schweigeminute im Senat und der Abgeordnetenkammer erinnerten die Präsidenten Pietro Grassi und Laura Boldrini daran, dass diese Opfer faschistischen Terrors "unvergessen" seien. Sie gehörten zur "Kultur der Erinnerung".

Auf der Kundgebung in Bologna wurde appelliert, die antifaschistischen Grundsätze der Verfassung zu wahren. Vertreter der Partisanenorganisation ANPI und sozialer Zentren prangerten die derzeitigen israelischen Angriffe auf Gaza als Akte des Terrors und "eine Schande" an und verlangten ihre sofortige Einstellung. Die Forderung des Präsidenten des Verbandes der Hinterbliebenen, Paolo Bolognesi, den Angehörigen der Opfer endlich Entschädigungen zu zahlen, verdeutlichte, dass die Regierungen, auch der Mitte Links-Koalitionen, in den vergangenen 34 Jahren dazu nichts getan haben.


Höhepunkt der CIA-Spannungsstrategie

Das Attentat im roten Bologna war Höhepunkt der 1969 mit dem Anschlag auf die Landwirtschaftsbank in Mailand (16 Tote, fast 100 Verletzte), begonnenen Spannungsstrategie, die einem faschistischen Putsch den Weg bereiten sollte, den ein Jahr später der verurteilte, aber begnadigte Kriegsverbrecher und MSI-Führer Valerio Borghese auslösen wollte. Wie schon 1969 in Mailand stand hinter dem Anschlag von Bologna die von dem Chef der faschistischen Terrorbanden, Pino Rauti, geführte "Neue Ordnung" (Wahlspruch der SS: Unsere Ehre heißt Treue"). Die von der CIA mit ihren italienischen Partnerdiensten entfesselte Spannungsstrategie hatte seit 1969 zu etwa 2.400 Terrorakten geführt, die allein in der roten Emilia mit der Regionalhautstadt Bologna 140 Todesopfer zählten, weshalb auch von den Anni di Piombe (Bleiernen Jahren) gesprochen wurde. Zu den Drahtziehern des Anschlags in Bologna gehörte der Chef der im März 1981 aufgedeckten faschistischen Putschloge P2, Licio Gelli, ein früherer Geheimagent Mussolinis, der mit der CIA, italienischen Geheimdienstlern und MSI-Faschisten im Mai 1978 die Ermordung Aldo Moros, der ein Regierungsabkommen mit der IKP geschlossen hatte, inszeniert hatte. Der Anschlag in Bologna sollte den faschistischen Druck auf eine Rechtsentwicklung verstärken. Gelli verhinderte jahrelang mit Geheimdienstoffizieren des SISMI die Aufdeckung des Massakers von Bologna. Erst 1995 wurden zwei Faschisten des Netzes der Terrorbanden, des links getarnten Nuclei Armati Rivolutionari (NAR), als Täter zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Geli und zwei SISMI-Offiziere erhielten wegen Verhinderung bzw. Irreführung der Ermittlungen mehrjährige Haftstrafen.


Warnung an Ex-Premier Berlusconi

In Rom fiel auf, dass das diesjährige hochrangige Gedenken an die Opfer von Bologna offensichtlich eine Warnung an die derartigen faschistischen Praktiken verhafteten Personen darstellt. An ihrer Spitze steht Ex-Premier Berlusconi, der eben neben Gelli im Dreierdirektorium der P2 saß und seit seiner Verurteilung 2011 mehrfach drohte, diese blutige Spannungsstrategie wiederzubeleben, um mit seiner faschistoiden Forza Italia das Land "in einer Eskalation der Gewalt in Flammen aufgehen zu lassen".

*

Quelle:
© 2014 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. August 2014