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ITALIEN/211: Antifaschisten wollen Sieg der faschistisch-rassistischen Allianz verhindern (Gerhard Feldbauer)


Antifaschisten Italiens wollen Sieg der faschistisch-rassistischen Allianz am 4. März verhindern

150 Demonstrationen in ganz Italien

von Gerhard Feldbauer, 13. Februar 2018


Italiens Antifaschisten besinnen sich auf ihre Kraft. Am Sonnabend gingen Zehntausende auf die Strasse, um der Welle rassistischer Gewalt gegen Immigranten und des offenen schwarzen Terrors ein entschiedenes Halt entgegenzusetzen. Sie wollen einen Sieg der faschistisch-rassistischen Allianz des Führers der Forza Italia (FI) Berlusconi und des Lega-Chefs Salvini zu den Parlamentswahlen am 4. März verhindern. Wie die römische La Repubblica berichtete, fanden von Mailand und Turin über Rom bis Palermo rund 150 Manifestationen statt. 30.000 waren aus vielen Landesteilen in das Macerata in den Marken gekommen, 20.000 waren es in Mailand. In Macerata hatte eine Woche vorher ein Terrorist der Lega zwei Stunden lang auf Migranten gefeuert und sechs afrikanischer Herkunft verletzt, bevor er nach einer Verfolgungsjagd von der Polizei gestellt wurde. Er hatte bei seiner Festnahme den "Führergruß" gezeigt und geschrienen "Italien den Italienern". Zum Vorwand hatte der Attentäter genommen, dass kurz vorher die Leiche einer 18jährigen Frau gefunden worden war und ein aus Nigeria stammender Migrant der Tat verdächtigt wurde. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ist er nicht der Täter.

Die Initiative ging von einem militanten Netzwerk "Antifaschistische Aktion" und Sozialzentren aus, der sich Mitglieder des Partisanenverbandes ANPI, der kulturellen Vereinigung ARCI, die Antimafia-Organisation Libera, Gewerkschafter, die Radikale Partei, Kommunisten und weitere Linke anschlossen. Der Führer der Linken "Freie und Gleiche" (LeU), Senatspräsident Piero Grasso, rief zur "Einheit aller antifaschistischen Kräfte" auf, "um gemeinsam die Werte der Demokratie zu verteidigen". Damit ist "eine Antwort auf die rassistischen Überfälle erfolgt", die bisher von Mitte Links fehlte, schreibt La Repubblica am Montag und erinnert daran, dass offizielle Vertreter des regierenden Partito Democratico (PD) der Kundgebung fernblieben, aber seine sozialdemokratische Basis stark vertreten war. Ein starkes Polizeiaufgebot verhinderte, dass es zu Zusammenstößen mit Faschisten der Forza Nova (FN) kam, die gegen die Demonstranten in Macerata vorgehen wollten.

Der Bürgermeister der Stadt, Romano Carancini (PD), hatte von der Kundgebung abgeraten, weil damit "nur Öl ins Feuer gegossen werde". Auch PD-Innenminister Marco Minitti hatte die Demonstration zunächst nicht genehmigen wollen, sie dann aber in letzter Minute am Freitag zugelassen. Die Demonstranten kritisierten das scharf. Das linke Fatto quotidiano schrieb, damit "mache der PD das Spiel der Rechten". Die linke Präsidentin der Abgeordnetenkammer, Laura Boldrini, verurteilte PD-Chef Matteo Renzi, der aufgerufen hatte, dass Thema "aus dem Wahlkampf rauszuhalten". Der Fraktionschef der PD im Senat, Luigi Zander distanzierte sich von dieser Haltung und warnte, die faschistisch-rassistische Gefahr nicht zu unterschätzen. Die Demonstration in Macerata zeugte von einer lange nicht gekannten kämpferischen Atmosphäre. Aus den bunt zusammengekommenen Reihen erklang das legendäre Partisanenlied "Bella Ciao", wurde auf Losungen und in Sprechchören gefordert "stoppt den rassistischen Terror", "versperrt den Faschisten den Weg" und immer wieder "Solidarität mit den Immigranten".

In der Woche nach dem Gewaltakt in Macerata hatte, wie La Repubblica schrieb, der Krypto-Faschismus der Lega, die den Attentäter als Helden feiert und ihm Glückwünsche ins Gefängnis übermittelt, mit Aufrufen zu neuen Gewaltakten eine neue Stufe erreicht. Während sowohl FI-Chef Berlusconi als auch Lega-Führer Salvini sich demagogisch von der Gewalttat distanzierten, machten sie gleichzeitig die Migranten dafür verantwortlich. Berlusconi nannte "illegale Einwanderer" eine "soziale Bombe" und forderte ihre Rückführung in die Heimatländer. Sein Familienblatt Libero forderte, "die Grenzen zu schließen", sonst werde das "erst der Anfang sein". Salvini verkündete, er werde als Premier auf der Basis "Italiener zuerst" ein "ruhigeres und sichereres Italien schaffen". Der in früheren Prozessen wegen schwerer faschistischer Attentate verurteilte Terrorist, FN-Führer Roberto Fiore, nannte den Terroristen von Macerata "ein Opfer der ungehemmten Immigration".

ANPI, ARCI und die CGIL-Gewerkschaft rufen am letzten Wochenende vor den Wahlen, dem 24. Februar, zu weiteren landesweiten nationalen Kundgebungen gegen Faschismus und rassistische Gewalt auf. Der PD-Vorstand hat nun zu Teilnahme an der Manifestation aufgerufen.

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Quelle:
© 2018 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2018

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