Universität Leipzig - 06.07.2018
Neue geoarchäologische Studie zum Karlsgraben zeigt: Karolinger hatten ausgezeichnete Geländekenntnisse
Geographen und Archäologen der Universitäten Leipzig und Jena ist es mittels geoarchäologischer Erkundung und computergestützter Geländemodelle gelungen, eine alte Frage zum Karlsgraben zu beantworten. Bisher war nicht geklärt, warum der Kanal einen auffällig s-förmigen Verlauf hat. In der Vergangenheit haben Forscher darüber spekuliert, dass Wechsel des geologischen Untergrunds diesen Verlauf bedingen. Das Ergebnis der aktuellen Studie zeigt jedoch eine eindeutige Abhängigkeit des Kanalverlaufs von der Topographie. Mit dem s-förmigen Verlauf des Kanals konnte das notwendige Aushubvolumen minimiert werden.
Vergleich des nachgewiesenen und modellierten Verlaufes des
Karlsgrabens
Bild: © Schmidt et al. 2018, PLOS ONE
Der Karlsgraben (Mittelfranken/Bayern) ist eines der bedeutendsten Infrastrukturprojekte des Mittelalters. 792/793 n. Chr. versuchte Karl der Große mit dem Kanal eine schiffbare Verbindung zwischen Rhein und Donau zu schaffen. "Wir wollten nun die topographischen Bedingungen zur Bauzeit zu rekonstruieren und haben digitale, lasergestützte Höhenmodelle mit aktuellen Landnutzungsdaten und historischen Karten verschnitten", beschreibt Johannes Schmidt vom Institut für Geographie der Universität Leipzig das Vorgehen der Untersuchung. Ein neu entwickeltes Verfahren ermöglichte es, anthropogene, also vom Menschen verursachte Veränderungen des Reliefs wie Straßen und Aufschüttungen aus diesen Höhenmodellen zu entfernen.
Auf Basis dieses bereinigten Reliefs konnte derjenige Verlauf des Kanals modelliert werden, bei dem von den Arbeitern das geringste Erdvolumen bewegt werden musste. "Wir konnten feststellen, dass dieser nach modernen Kriterien bestmögliche Trassenverlauf tatsächlich dem von den frühmittelalterlichen Baumeistern gewählten, s-förmigen Verlauf des Kanals entspricht", fasst Prof. Dr. Christoph Zielhofer vom Institut für Geographie der Universität Leipzig die Ergebnisse zusammen. Einige kleinere Abweichungen haben wahrscheinlich hydrologische Ursachen. An kritischen Stellen nahmen die Baumeister ein etwas größeres Erdvolumen in Kauf, um besonders feuchte und statisch problematische Bereiche zu vermeiden und die Stabilität der Böschungen zu gewährleisten.
Luftbildaufnahme des Karlsgrabens im Winter. Die Pfeile zeigen den
s-förmigen Verlauf des Karlsgrabens
Bild: © O. Braasch, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege. Luftbildarchiv,
Archivnummer 7130_027, Filmnummer 3840B, Bild 12, Aufnahme 19_02_1985
Die von den Autoren Johannes Schmidt und Prof. Dr. Christoph Zielhofer vom Institut für Geographie der Universität Leipzig sowie Dr. Lukas Werther, Archäologe der Friedrich-Schiller-Universität Jena, im renommierten Fachmagazin PLOS ONE publizierte Studie belegt also: Der Trassenverlauf des Karlsgrabens folgt einem idealen Kompromiss aus minimalen Aushubvolumen und Vermeidung kritischer Feuchtezonen. Diese Ingenieurs- und Planungsleistung war ihrer Zeit weit voraus.
Fachveröffentlichung:
Schmidt, J., Werther, L., Zielhofer, C. (2018):
Shaping pre-modern digital terrain models: the former topography at
Charlemagne's summit canal.
PLOS ONE, 5.7.2018,
DOI: 10.1371/journal.pone.0200167
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution232
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Leipzig, 06.07.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juli 2018
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang