Schattenblick →INFOPOOL →GEISTESWISSENSCHAFTEN → GESCHICHTE

MITTELALTER/017: Gründung der Mark Brandenburg (Portal - Uni Potsdam)


Portal - Die Potsdamer Universitätszeitung 7-9/2007

Als sich der "Bär" seine Burg zurückholte
Das Jahr 1157 gilt als das Gründungsjahr der Mark Brandenburg

Von Lutz Partenheimer, Historisches Institut


Am 11. Juni 1157 konnte Albrecht der Bär in blutigen Kämpfen die Macht in der Burg Brandenburg endgültig zurückerobern, Jaxa von Köpenick vertreiben und eine neue Landesherrschaft auf slawischem Boden begründen. Mit einer entsprechenden Urkunde nannte er sich dann auch selbst Markgraf von Brandenburg. Doch die Geschichte der Mark reicht noch 600 Jahre weiter zurück in die Vergangenheit.


*


Nachdem das Gebiet zwischen Elbe und Oder im 5. und 6. Jahrhundert im Zuge der Völkerwanderung weitgehend von germanischen Stämmen frei war, rückten im 7. und 8. Jahrhundert aus dem heutigen Polen und aus dem böhmischen Raum Slawen nach. Sie wurden damit Nachbarn der von Karl dem Großen um 800 in das Frankenreich einbezogenen Sachsen. Diese besiedelten etwa das heutige Niedersachsen, Westfalen, Holstein, die Altmark und die Gegend um den Harz. 919 wurde der wohl mächtigste sächsische Adlige, Heinrich, König des 843 entstandenen Ostfrankenreiches. Wahrscheinlich im Winter 928/29 griff Heinrich I. die Heveller (Havelslawen) an und nahm ihre Fürstenresidenz ein, die Brandenburg. Von der Anlage auf der heutigen Brandenburger Dominsel gibt es keine oberirdischen Reste mehr.

Heinrichs Sohn Otto I. wollte die Slawen stärker ins Reich einbeziehen. Dazu ernannte er Markgrafen (Grenzgrafen) und bildete schließlich für unseren Raum die Nordmark. Für diesen Bereich entstanden wahrscheinlich 965 zur Christianisierung der Slawen auch die Bistümer Havelberg und Brandenburg, deren Gründung man bisher im Jahr 948 vermutet hat.

983 beseitigte ein großer Aufstand die Herrschaft des sich langsam zum deutschen Staat wandelnden Ostfrankenreichs. Dabei wurden die Bischofssitze Havelberg und Brandenburg zerstört Im Zusammenhang mit den um 1000 aufgegebenen Rückeroberungsversuchen erscheint 993 erstmals Potsdam in den Quellen. Am Anspruch auf das Gebiet zwischen Elbe und Oder hielt das deutsche Königreich jedoch fest, was unter anderem durch die Weiterbesetzung der entsprechenden Markgrafen- und Bischofsämter geschah.

Ab etwa 1100 begannen die Magdeburger Erzbischöfe und ostsächsischen Fürsten erneut, in die slawischen Gebiete einzudringen. Auch Graf Otto von Ballenstedt wurde in diesem Sinne aktiv. Er entstammte dem nach Aschersleben benannten Geschlecht der Askanier. Otto schob wohl seinen Einfluss um 1110 über die Elbe in Richtung auf die Hevellergrenze bei Görzke vor. Der Sohn Adalbert setzte diese Politik fort. Nach seinem ihm schon von Zeitgenossen gegebenen Beinamen ist er als "Albrecht der Bär" in die Geschichte eingegangen. Um 1123/25 brachte er Pribislaw-Heinrich, einen getauften Angehörigen der Hevellerdynastie dazu, ihm die Nachfolge im Brandenburger Slawenfürstentum zuzusichern und Otto, dem ältesten Sohn des Askaniers, als Taufpate die Zauche, den südlich der Havel zwischen Brandenburg und Potsdam gelegenen Landstrich, zu schenken. Aber erst 1127 oder noch später konnte Pribislaw-Heinrich - vielleicht von Albrecht unterstützt - die Herrschaft auf der Brandenburg antreten.

1134 belehnte der deutsche König den Askanier mit der Nordmark. 1150 starb Fürst Pribislaw-Heinrich, und Albrecht der Bär übernahm die Brandenburg. Trotzdem legte er sich den für ihn schon zwischen wohl 1140 und 1152 manchmal in der königlichen Kanzlei benutzten Titel "Brandenburgischer Markgraf" auch jetzt nicht zu, denn mit diesem Titel wollte der König vielleicht ausdrücken, dass Albrecht das Brandenburger Erbe nur im Auftrag der Krone zu verwalten habe.

Wahrscheinlich im Frühjahr 1157 konnte ein gewisser, angeblich mit Pribislaw-Heinrich verwandter Jaxa die Brandenburg Albrecht dem Bären durch Bestechung der askanischen Besatzung entreißen. Er war nach den Quellen ein polnischer Fürst und saß wohl unter polnischer Oberhoheit als Herr der Spreeslawen auf der Burg Köpenick. Daraufhin belagerte der Markgraf die Brandenburg und zwang sie zur Kapitulation. Am 11. Juni 1157 zog Albrecht der Bär in die alte Hevellerfeste ein. Nachdem der Askanier auf diese Weise gezwungen worden war, seine Brandenburg zurückzuerobern, nannte er sich erstmals selbst am 3. Oktober 1157 "Markgraf von Brandenburg".

Als Albrecht 1170 starb, übernahm der älteste Sohn Otto I. die Mark Brandenburg, die sich nun deutlich aus der Gesamtheit aller askanischen Güter heraushob, da Ottos Brüdern die außerhalb der Mark gelegenen Besitzungen ihres Vaters zufielen. Ab 1172 bezeichnete ihn auch die königliche Kanzlei, nun stets, als "Brandenburgischen Markgrafen". Die Mark war als neues Fürstentum innerhalb des deutschen Königtums anerkannt.


*


Quelle:
Portal - Die Potsdamer Universitätszeitung Nr. 7-9/2007, Seite 16-17
Herausgeber:
Referat für Presse-, Öffentlichkeits- und Kulturarbeit (PÖK)
im Auftrag des Rektors der Universität Potsdam
Redaktion: Am Neuen Palais 10, 14469 Potsdam
Tel.: 0331/977-1675, -1474, -1496
Fax: 0331/977-1145, -1130
E-Mail: presse@uni-potsdam.de
Online-Ausgabe: www.uni-potsdam.de/portal


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2007