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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/222: Iran-Report Nr. 9 - September 2008


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 9 - September 2008


Mit dem iran-report stellt die Heinrich-Böll-Stiftung der interessierten Öffentlichkeit eine Zusammenfassung ihrer kontinuierlichen Beobachtung relevanter Ereignisse in Iran zur Verfügung.

Nach der von der Heinrich-Böll-Stiftung im April 2000 veranstalteten Berlin-Konferenz und verstärkt infolge der Anschläge am 11. September stellen die Entwicklungen in Iran und der Region einen zentralen Arbeitsschwerpunkt der Stiftung dar.

Der iran-report erscheint monatlich (Nr. 10/2008 Anfang Oktober) und wird einem breiteren InteressentInnenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, im September 2008


I. Innenpolitik
Chamenei stellt sich überraschend deutlich hinter Ahmadinedschad
Rafsandschani: Wir haben zu lange Ahmadinedschad geduldet
Drei neue Minister vom Parlament bestätigt
Steinigung soll abgeschafft werden
Zur Tatzeit Minderjähriger hingerichtet
Vier Jahre Haft für eine Frauenrechtlerin
Repressionen gegen Bahais - Ebadi unter Beschuss
Drei regimekritische Studenten frei gelassen
Schauspielerin an Ausreise nach Hollywood gehindert
Wochenzeitschrift Hamschahri Djawan verboten
Darf Chris de Burgh nach Iran reisen oder nicht?

II. Wirtschaft
Jeder fünfte Iraner lebt unterhalb der Armutsgrenze
Iran will mehrere Atomkraftwerke bauen
Türkei und Iran setzen Verhandlungen über Erdgasvorkommen fort
IWF: Sanktionen schaden der iranischen Wirtschaft
Iran: mehr Öl an Indien und China
OPEC könnte Ölproduzenten bei Treffen im September zur Ordnung rufen
Werbung um Geschäfte mit deutschen Konzernen
Iran weist Vorwürfe der illegalen Aktionen seiner Banken zurück
USA verhängen weitere Sanktionen
Verkauf von Anteilen an Telekom-Staatskonzern gestartet
Iran und Algerien wollen Gas-Kartell
StatoilHydro stoppt nach US-Druck Investitionen in Iran

III. Außenpolitik
Neue Runde im Atomstreit
Bereitschaft zum Dialog
Heinonen innerhalb von zehn Tagen zweimal in Teheran
Reichweite von Kampfflugzeugen verbessert
Testsatelliten ins All geschossen
Ex-Mossad-Chef nennt Ahmadinedschad größtes Geschenk für Israel
Iran und Türkei: mehr Zusammenarbeit
US-Militär: Iraner bilden Iraker für Todesschwadronen aus
USA warnen Israel vor Angriff auf den Iran
Hisbollah: Iran wird Angriff Israels mit 11 000 Raketen erwidern
Verbalattacken zwischen Teheran und den Golfstaaten
USA wird vor Einmischung in Kaukasus-Krise gewarnt
Algeriens Staatspräsident in Teheran
Syrischer Präsident in Teheran
Ghaddafi warnt Iran

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I. Innenpolitik

Chamenei stellt sich überraschend deutlich hinter Ahmadinedschad

Der vom Amts wegen mächtigste Mann in Iran, Revolutionsführer Ali Chamenei, hat bei einem Empfang der Mitglieder der Regierung am 23. August deutlicher als je zuvor dem radikalislamistischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad seine Unterstützung zugesichert. Er empfahl der Regierung, "im letzten Jahr ihrer Amtszeit mit demselben Engagement zu arbeiten, wie im ersten Jahr". "Denkt nicht, dass es das letzte Jahr wäre", fuhr er fort. "Arbeitet so, als hättet ihr noch weitere fünf Jahre vor euch, das heißt das nächste Jahre und vier Jahre danach."

Der Revolutionsführer lobte die Regierung für ihre "hervorragenden Leistungen". Leute, die die Fehler kritisierten und die guten Leistungen der Regierung ignorierten, hätten nur "Zerstörung" im Sinn. Der Präsident habe sich erfolgreich gegen eine "Verwestlichung" Irans gestellt und die Werte der islamischen Revolution aus dem Jahr 1979 verteidigt, sagte Chamenei. Ahmadinedschad habe sich dem Willen gewisser Länder stetig widersetzt und die Interessen des iranischen Volkes vertreten.

Es ist das erste Mal, dass Chamenei, der im islamischen Gottesstaat das letzte Wort hat, so offen für Ahmadinedschad Partei ergreift und schon ein Jahr vor der Wahl seine Wiederwahl unterstützt. Er habe schon immer die Regierungen unterstützt, aber diese Regierung unterstütze er von "ganzem Herzen", sagte Chamenei.

Merkwürdig ist nur, dass gerade die Passage, in der sich Chamenei für eine Wiederwahl Ahmadinedschads ausspricht, in der schriftlichen Fassung seiner Rede zur Weitergabe an die Presse von seinem Büro zensiert wurde, so dass in den Zeitungen, die pflichtgemäß die Rede im Wortlaut veröffentlicht hatten, diese wichtige Passage fehlte.

Dass Chamenei sich so offen für die Wiederwahl Ahmadinedschads einsetzt, könnte damit erklärt werden, dass die Kritik am Regierungschef in den letzten Wochen an Schärfe gewonnen hat. Warum aber sein Büro diese wichtige Passage zensiert hat, darüber kann nur spekuliert werden. Ein Grund könnte darin liegen, dass jede Alternative zu Ahmadinedschad einen erheblichen Machtverlust für Chamenei bedeuten würde. Denn egal, ob der Nachfolger Ahmadinedschads Rafsandschani, Chatami, Ghalibaf, Karrubi oder Kadivar heißen wird: Chamenei müsste zu den Radikalen Abstand nehmen und würde damit einen wichtigen Teil seiner Basis verlieren. Zudem würde jeder der möglichen Nachfolger mehr Vollmachten verlangen, was einer Einschränkung der Macht des Revolutionsführers gleichkäme. Ein weiterer Grund könnte darin bestehen, dass Chamenei, der selbst zu den Radikalislamisten zählt, davon ausgeht, dass jede Aufweichung und Reformierung des Gottesstaates den Anfang vom Ende der Islamischen Republik bedeuten würde. Wieweit nun die Rivalen und Gegner Ahmadinedschads diese Parteinahme des Revolutionsführers und die offene Einmischung in Angelegenheiten der Wahl hinnehmen werden, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.


Rafsandschani: Wir haben zu lange Ahmadinedschad geduldet

Es ist kein Geheimnis, dass Ex Staatspräsident Haschemi Rafsandschani unter den Konservativen zu den schärfsten Kritikern Ahmadinedschads gehört. Doch während er bisher sich mehr oder weniger mit Seitenhieben begnügte und seine Kritik versteckt oder verallgemeinernd vorbrachte, scheint er nun die Geduld verloren zu haben und zum offenen Kampf bereit zu sein. Einen Tag nachdem Ahmadinedschad, ohne den Schlichtungsrat zu konsultieren, dem Rafsandschani vorsitzt, "die politischen Grundlagen des fünften Fünfjahresplans" vorgelegt hatte, startete Rafsandschani einen massiven Angriff auf den Staatspräsidenten. Er warf der Regierung vor, den noch laufenden vierten Fünfjahresplan missachtet und darüber einen falschen Bericht vorgelegt zu haben. "Wir haben zu lange Ahmadinedschad geduldet", sagte er. Es sei schon zu Beginn der Amtszeit von Ahmadinedschad klar gewesen, dass sich "die Regierung nicht im Rahmen der Richtlinien des Fünfjahresplans bewegt. Dennoch haben wir sie drei Jahre lang geduldet", sagte Rafsandschani, der auch der Expertenversammlung vorsitzt.

Die Angriffe Rafsandschanis erfolgen zu einem Zeitpunk, an dem die Regierung Ahmadinedschad wegen ihrer katastrophalen Wirtschaftspolitik immer stärker, auch seitens der Konservativen, kritisiert wird.

Der Schlichtungsrat, der unter anderem als Beratungsgremium des Revolutionsführers fungiert, befasst sich hauptsächlich mit strategischen und das Gesamtsystem betreffenden Fragen. Dazu gehört auch die Festlegung der Richtlinien für die jeweiligen Fünfjahrespläne, die dann jeweils vom Revolutionsführer verkündet werden. Dass Ahmadinedschad nun sich erlaubt hat, ohne den Schlichtungsrat zu konsultieren, eigenmächtig die Richtlinien des Fünfjahresplans festzulegen, scheint Rafsandschani als Provokation empfunden zu haben, was für ihn das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Er warf der Regierung vor, die im 4. Fünfjahresplan vorgesehene Privatisierung staatlicher Unternehmen versäumt zu haben.

"Was jetzt unter Privatisierung läuft, hat mit dem Plan nichts zu tun", sagte er. Diese Regierung verstehe unter Privatisierung die Gründung von quasi-staatlichen Unternehmen. "Inzwischen hat sich der Staat in ein mächtiges Unternehmen verwandelt, das sich sogar zu unerlaubten Bereichen der Wirtschaft Zugang verschafft hat." Diese Politik habe schier unüberwindbare Probleme geschaffen. "Wenn wir die Privatisierung vorangetrieben hätten, stünden uns heute enorme Devisenreserven zur Verfügung, die zur Unterstützung der Privatindustrie eingesetzt und in Aufbauprojekte investiert werden könnten. Damit hätten wir die Entwicklung des Landes rasch vorantreiben können."

Rafsandschani warf der Regierung Planlosigkeit und Vergeudung der Staatseinnahmen vor und kritisierte die massiven Ausgaben für Propaganda und Wahlkämpfe.

Der konservative Abgeordnete Ali Asgari bekräftigte die Kritik Rafsandschanis. "Die Kritik Rafsandschanis erfolgt aus Sorge um die Zukunft des Landes", sagte er der Internet-Zeitung "Eslahat". "Ich bin davon überzeugt, dass die Politik der Regierung zu kritisieren war und immer noch ist. Ahmadinedschad ist vielleicht ein guter Läufer, aber zu klaren Entscheidungen ist er nicht fähig." Der Präsident wolle alleine Entscheidungen treffen, was bislang zu zahlreichen Entlassungen seiner Minister und Mitarbeiter geführt habe. Er sei auch nicht bereit, die Ratschläge anderer Organe zu hören. Sobald ihn einer kritisiere, werde er in der regierungshörigen Presse verunglimpft.

Ein anderer Abgeordneter, Reza Akrami, der zugleich führendes Mitglied der "Kämpfenden Geistlichkeit" ist, sagte derselben Internet-Zeitung, "je mehr wir voranschreiten, umso mehr stellen wir fest, dass die Lage sich nicht nur nicht verbessert, sie verschlechtert sich ständig. Unsere Wirtschaft stagniert, es werden keine Investitionen getätigt." Für die Menschen im Land sei vieles unerträglich geworden. Die Stromversorgung zum Beispiel sei miserabel. Das bringe für die Privathaushalte ebenso wie für die Industrie große Probleme. Auf die Frage, ob seiner Einschätzung nach Ahmadinedschad wiedergewählt werde, sagte Akrami, das hänge davon ab, ob es der Regierung gelingen werde, die wirtschaftliche Lage zu verbessern. "Andernfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass die Menschen ihn wieder wählen würden."


Drei neue Minister vom Parlament bestätigt

Am 5. August wurden drei neue, von Präsident Ahmadinedschad vorgeschlagene Minister vom Parlament bestätigt. Demnach haben im letzten Amtsjahr der Regierung Seyd Schaseddin Hosseine das Wirtschafts- und Finanzministerium, Hamid Behbahani das Straßen- und Verkehrsministerium und Ali Kordan das Innenministerium übernommen. Keiner der drei neuen Minister hat bisher ein Ministerium geleitet.

Die fünfstündige Debatte im Parlament war von Turbulenzen begleitet. Der Abgeordnete Ruhollah Hosseinian, der selbst als möglicher Nachfolger des abgesetzten Innenministers im Gespräch war, äußerte scharfe Kritik an Ahmadinedschad, obwohl er bislang zu den entschiedenen Anhängern des Staatschefs zählte. Er sagte, er habe acht Jahre lang (gemeint ist die Regierungszeit von Mohammad Chatami) auf eine akzeptable Regierung gehofft, aber "allmählich verwandeln sich meine Hoffnungen in Resignation". Dann erzählte er, er habe einmal im Hause eines Freundes Ali Kordan getroffen. Dabei sei Kordan nach seiner Promotion gefragt worden, die er nach eigenen Angaben an der Universität Oxford im Fach Verfassungsrecht erhalten haben soll. Gordan habe geantwortet, er habe eine Dissertation über Erziehung und Bildung im Islam geschrieben. "Wir haben nicht verstanden, was dieses Thema mit Verfassungsrecht zu tun haben soll, sagte Hosseinian. Er warf Kordan vor, die Promotionsurkunde gefälscht und Jahre lang während seiner Tätigkeit als stellvertretender Leiter des staatlichen Rundfunks und Fernsehens als Promovierter Gehalt bezogen zu haben.

Auch andere Abgeordnete äußerten Kritik, insbesondere an Kordan. Als eine Ablehnung der vorgeschlagenen Minister drohte, ergriff Ahmadinedschad das Wort und berief sich auf den Revolutionsführer Ali Chamenei und sagte, er habe für seine Vorschläge die Zustimmung des Revolutionsführers eingeholt. Nun dürfe im Parlament nicht etwas beschlossen werden, was dem Willen jener "höchsten Instanz widerspricht, von der die gesamte Staatsordnung und das ganze Volk abhängen", fügte er hinzu. Nach dieser Intervention stimmte die Mehrheit der Abgeordneten für die neuen Minister. Doch die Geschichte mit Kordans Promotion hatte noch ein Nachspiel. Bei einer Anfrage der BBC erklärte die Universität Oxford, Ali Kordan habe noch nie ein Dokument von dieser Universität erhalten. Zudem seien zwar die drei Professoren, die die Promotionsurkunde unterzeichnet haben sollen, in Oxford tätig gewesen, doch keiner von ihnen sei je im Fach Jura tätig gewesen. Die Kritik, die daraufhin in der Presse und selbst in konservativen Kreisen laut wurde, zwang offensichtlich Parlamentspräsident Ali Laridschani dazu, den Ausschuss für Lehre und Forschung zu beauftragen, dem Vorwurf der Fälschung nachzugehen. Das Ergebnis der Untersuchung liegt bislang nicht vor. Vermutlich wird man aufgrund der Staatsräson recht lange auf ein Ergebnis warten müssen.


Steinigung soll abgeschafft werden

Irans Justizsprecher Alireza Dschamschidi gab in einer Pressekonferenz am 5. August in Teheran bekannt, dass die Vollstreckung sämtlicher Urteile zur Steinigung von Straftätern ausgesetzt worden sei. Auch das Abhacken der Hand von Dieben soll aus dem Strafregister getilgt werden. Über eine entsprechende Gesetzesvorlage werde das Parlament demnächst entscheiden.

Sollte das Parlament der Vorlage zustimmen, bedarf es noch einer Zustimmung des Wächterrats, eines zwölfköpfigen Gremiums, in dem sechs Geistliche und sechs Justizsachverständige sitzen. Es wird angenommen, dass sowohl der Wächterrat, der als verlängerter Arm des Revolutionsführers Ali Chamenei gilt, als auch das Parlament die Vorlage absegnen werden. Denn Chamenei hatte eine Woche zuvor vier zur Steinigung Verurteilte begnadigt. Die Strafen wurden bei zwei Häftlingen in zehn Jahre Gefängnis verwandelt. Die anderen zwei sollen mit Peitschenschlägen bestraft werden.

Steinigungen gehören seit der Gründung der Islamischen Republik Iran zum Strafregister des Gottesstaates. Sie werden vorwiegend bei Frauen wegen Ehebruch oder Prostitution, aber auch bei Männern wegen Vergewaltigung angewandt. Dem Gesetz nach können Angeklagte nur dann zur Steinigung verurteilt werden, wenn vier Zeugen die Tat bestätigen oder wenn die Angeklagten selbst viermal hintereinander ein Geständnis ablegen. In der Praxis wird jedoch diese Voraussetzung selten erfüllt. Es wird wohl auch kaum vorkommen, dass derartige Straftaten in Anwesenheit von Zeugen stattfinden.

Steinigungen werden in einigen islamischen Ländern praktiziert, doch der Koran schreibt diese Strafe nicht vor. Im Gegenteil, an sechs Stellen, in denen der Begriff vorkommt, wird er immer nur im Zusammenhang mit Untaten von Feinden und Ungläubigen erwähnt. In der Islamischen Republik Iran wurden Steinigungen im Laufe der Jahre immer seltener, aber noch häufig genug, um Proteste aus dem In- und Ausland herauszufordern. Selbst nachdem Justizchef Mahmud Haschemi Schahrudi 2002 in einem internen Schreiben alle Gerichte des Landes angewiesen hatte, niemanden mehr mit Steinigung zu bestrafen und bestehende Urteile nicht zu vollstrecken, ließen sich einige geistliche Richter nicht davon abhalten. Die bislang letzte, offiziell bekannt gewordene Steinigung fand im Juli 2007 nahe der Stadt Ghazwin, 150 Kilometer von Teheran entfernt, statt. Die Justiz distanzierte sich von dem Urteil, der Justizchef von Ghazwin wurde nach Teheran zitiert. Er erklärte, dass der zuständige Richter will kürlich gehandelt habe.

Schon damals hatten sich im Iran eine von Menschenrechtsaktivisten initiierte Kampagne zur Abschaffung von Steinigungen an den Justizchef gewandt und ihn aufgefordert, endlich dafür zu sorgen, dass seine Anweisung von den Richtern befolgt und die Steinigung aus dem Strafregister verbannt werde. Auch im Ausland hatten internationale Menschenrechtsorganisationen den Verzicht auf Steinigungen im Iran gefordert. Zuletzt hatte das Europäische Parlament die iranische Justiz aufgefordert, die anstehenden Urteile nicht zu vollstrecken und Steinigung als Strafe endgültig abzuschaffen.

Zurzeit befinden sich nach offiziellen Angaben elf Menschen in den Gefängnissen, die zur Steinigung verurteilt worden sind. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass die Urteile noch vor der Verabschiedung der Gesetzesvorlage im Parlament vollstreckt werden.


Zur Tatzeit Minderjähriger hingerichtet

Laut einem Pressebericht wurde ein 20-jähriger Mann, der als Minderjähriger einen Mord verübt hatte, hingerichtet. Der Verurteilte Reza Hejazi sei am 20. August im Gefängnis von Isfahan gehängt worden, berichtete die Tageszeitung Etemad. Er hatte vor fünf Jahren einen anderen Jugendlichen bei einer Prügelei in einem Park erstochen. Dem Bericht zufolge hatte Hejazis Anwalt einen Aufschub der Strafvollstreckung gefordert, um durch eine Einigung mit der Familie des Mordopfers die Hinrichtung zu verhindern. Die Behörden hätten den Antrag zunächst zugelassen. Vier Stunden nachdem der Anwalt das Gefängnis verlassen habe, sei der Verurteilte jedoch gehängt worden.

Einen Tag vor der Hinrichtung des Zwanzigjährigen waren Todesurteile gegen weitere zwei Männer bekannt geworden, die zur Tatzeit minderjährig waren. Iran hatte 1976 den UN-Zivilpakt und 1994 die Kinderrechtskonvention unterzeichnet und sich damit verpflichtet, keine zum Tatzeitpunkt Minderjährigen hinzurichten. Das Europaparlament hatte im Juni die Hinrichtung Minderjähriger in Iran in einer Entschließung scharf verurteilt. Die europäische Volksvertretung wies dabei auch auf Berichte hin, nach denen in Iran mehr als hundert Häftlinge mit der Hinrichtung für Vergehen rechnen müssten, die sie als Minderjährige begangen hatten. Seit Jahresbeginn wurden in Iran mehr als 172 Menschen hingerichtet.


Drei kurdische Rebellen getötet

Bei einem Feuergefecht zwischen den iranischen Streitkräften und kurdischen Rebellen sind nach Berichten des staatlichen iranischen Rundfunks drei Kurden und ein Soldat getötet worden. Der Kampf habe sich am Abend des 13. August in einer Bergregion im Westen des Landes nahe der Grenze zum Irak zugetragen, meldete der Sender am 14. August weiter. Drei weitere Separatisten seien verwundet worden. Die Rebellen sollen der Kurdischen Demokratischen Partei in Iran angehören.

Die iranische Armee kämpft auch gegen kurdische Rebellen der PEJAK (Partei für ein freies Leben in Kurdistan). Die PEJAK ist nach offiziellen Angaben Flügel der Kurdischen Arbeiterpartei PKK, die für eine kurdische Autonomie im Südosten der Türkei kämpft. Manche Kommentatoren in Iran sind der Ansicht, dass die PEJAK zur Schwächung des Regimes in Teheran von den USA unterstützt werde.


Vier Jahre Haft für eine Frauenrechtlerin

Das Revisionsgericht in der Provinz Aserbaidschan im Nordwesten Irans hat das Urteil gegen die 26-jährige Frauenrechtlerin Zainab Bayazid zu vier Jahren Gefängnis und Verbannung in die Provinz Sandschan bestätigt. Bayazid, die der kurdischen Minderheit in Iran angehört, ist bei der "Kampagne eine Million Unterschriften" zur Herstellung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern aktiv. Sie wurde im Juli dieses Jahres in der Stadt Mahabad nach einem langen Verhör durch den örtlichen Geheimdienst in Haft genommen. Das Gericht warf ihr vor, gegen die nationale Sicherheit der Islamischen Republik verstoßen zu haben. Nach Angaben ihrer Familie war Bayazid vor ihrer Verhaftung von der Polizei gewarnt worden, weil sie ihrem Geschäft, in dem sie Frauenkleidung verkaufte, einen kurdischen Namen gegeben hatte, der auch von der kurdischen Rebellenorganisation PEJAK benutzt werde.

Bayazids Anwalt, Mehdi Hodatti, sagte zu diesem Vorwurf, der Name des Geschäfts, Zailan, sei ein ganz gewöhnlicher kurdischer Name, der auch beim Registeramt eingetragen sei. Der Anwalt zeigte sich von der Bestätigung des harten Urteils überrascht und bezeichnete den Vorgang als "höchst ungewöhnlich".


Repressionen gegen Bahais - Ebadi unter Beschuss

Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi hat die staatliche Nachrichtenagentur IRNA wegen Verleumdung und Verbreitung denunzierender Berichte verklagt. Die von Konservativen gelenkte Agentur hatte am 8. August in einem längeren Beitrag ohne Angaben von Quellen behauptet, Ebadis Tochter, Narges Tawassolian, die ebenso wie die Mutter als Anwältin tätig ist, sei vor einem Jahr zur verbotenen Bahai-Religion konvertiert. Über die Mutter behauptete die Agentur, sie sei "im Netz der Bahais gefangen" und werde von israelischen und amerikanischen Geheimdiensten zur Durchsetzung einer "sanften Revolution" im Iran "instrumentalisiert". Ähnliche Berichte wurden in den letzten Tagen von der rechtsgerichteten Tageszeitung Kayhan veröffentlicht.

Ebadi bezeichnete die Behauptungen als "Lüge" und erklärte, sie und ihre Tochter seien stolz Musliminnen zu sein. Die Juristin, die sich für Dissidenten einsetzt, hatte 2003 für ihre Verdienste um die Menschenrechte im Iran den Friedensnobelpreis erhalten. Seitdem ist sie zunehmenden Anfeindungen seitens der Radikalislamisten ausgesetzt. Die rechte Presse wirft ihr vor, "unter dem Vorwand der Verteidigung der Menschenrechte, die verbotene Bahai-Religion unterstützt, sich für die Rechte von Homosexuellen eingesetzt, physische Strafmaßnahmen im Islam kritisiert und die islamischen Kleidungsvorschriften missachtet" zu haben. Nach Meinung radikalislamischer Kommentatoren benutzten der Westen und seine "einheimische Lakaien wie Ebadi" die Menschenrechte als Vorwand, um nichtwestliche Kulturen zu zersetzen. Die Pressekampagne der letzten Wochen hat dazu geführt, dass Ebadi nach eigenen Angaben mehrere Morddrohungen erhielt.

Anlass für die neue Pressekampagne gegen Ebadi lieferte ihre Bereitschaft zur Verteidigung von sieben führenden Mitglieder der Bahai-Gemeinde, die im Mai dieses Jahres unter dem Vorwurf der Kollaboration mit dem Westen und dem Staat Israel festgenommen worden waren. Laut Angaben des Geistigen Rats der Bahais in Deutschland seien die Frauen und Männer mit Kenntnis der iranischen Regierung mit der Aufgabe befasst gewesen, eine Art "Notverwaltung" der über 300000 iranischen Bahais zu ermöglichen. Dies sei erforderlich geworden, nachdem der gewählte Nationale Geistige Rat 1980 und wiederholt 1981 spurlos verschleppt und schließlich hingerichtet worden sei.

Seit der Machtübernahme der Islamisten im Iran 1979 werden die Bahais brutal verfolgt. Über 200 Hinrichtungen, Enteignungen und Massenflucht waren die bisherigen Folgen. Während in der achtjährigen Amtszeit von Präsident Mohammad Chatami die Verfolgung etwas nachließ, wurde sie seit der Regierungsübernahme von Mahmud Ahmadinedschad (2005) zunehmend verstärkt. Die mystisch geprägte Religion, die Elemente asiatischer und islamischer Spiritualität verbindet, hat weitweit rund 7 Millionen Anhänger. Der Sitz des neunköpfigen obersten Leitungsgremiums, des "Universalen Hauses der Gerechtigkeit" befindet sich in Haifa.

Ebadi gehört unter anderem zum Vorstand des Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte im Iran, den sie gemeinsam mit anderen Menschenrechtsaktivsten 2003 gegründet hatte. Der Verein hat sich insbesondere zur Aufgabe gemacht, die Rechte der politisch Verfolgten, ethnischen und religiösen Minderheiten, wozu auch die Bahais gehören, zu verteidigen. Der Verein ist Teil der iranischen Zivilgesellschaft, die sich zurzeit im Visier des Teheraner Regimes befindet. Die massive Verfolgung und Denunzierung der Aktivisten kann damit begründet werde, dass nach Meinung der iranischen Staatsführung die USA und Israel zwar ihre Pläne für einen militärischen Angriff gegen den Iran vorläufig beiseite gelegt hätten, sie versuchten jedoch durch die Unterstützung der Zivilgesellschaft einen sanften Umsturz herbeizuführen.


Drei regierungskritische Studenten freigelassen

Nach fünfzehnmonatiger Untersuchungshaft wurden drei wegen regierungskritischer Aktivitäten festgenommene Studenten unter Auflagen freigelassen. Wie einer der Väter am 14. August mitteilte, erfolgte die Freilassung der jungen Männer am Vorabend. Sie sollen nicht weiter juristisch verfolgt werden und können ihr Studium fortsetzen. Die Festnahme der Studenten von der Amir-Kabir-Universität war im Mai 2007 erfolgt, im Oktober wurden sie zu Gefängnisstrafen zwischen 22 und 30 Monaten verurteilt.

Die Amir-Kabir-Universität gilt als Hort von Kritikern des Regimes. Präsident Ahmadinedschad war bei einem Auftritt an der Hochschule ausgepfiffen worden. Die Haftstrafen gegen die drei Studenten waren nach Auskunft ihrer Anwälte mit "Beleidigung der heiligen Werte und der politischen Führer des Landes" begründet worden. Die jungen Männer mussten sich wegen der Veröffentlichung von Zeitungen und Artikeln verantworten. Doch in Wahrheit waren die Studentenzeitungen und die darin enthaltenen Karikaturen und Beiträge eindeutige Fälschungen. Wer immer sie auch verfasst und an den Universitäten verteilt hatte, die Studenten waren es nicht. Offenbar sollten die gefälschten Zeitungen den Behörden eine Handhabe liefern, um unliebsame kritische Studenten festzunehmen und zusätzliche Repressionen an den Hochschulen zu legitimieren.


Schauspielerin an Ausreise nach Hollywood gehindert

Iranische Behörden haben die Schauspielerin Golschifteh Farahani an der Ausreise nach Hollywood gehindert. Farahani habe dort über ein Angebot für einen Hollywoodfilm verhandeln wollen, berichtete IRNA am 20. August. Die 25-jährige Schauspielerin habe nach ihrer Rolle in "Der Mann, der niemals lebte" neben Leonardo DiCaprio und Russell Crowe ein Angebot für eine Rolle in einem weiteren Hollywoodfilm erhalten. Deshalb habe sie zu Verhandlungen in die USA reisen wollen. Laut IRNA dürfen iranische Schauspieler nur mit Sondergenehmigung des Kultusministeriums in ausländischen Filmen mitspielen.

Die konservative Internet-Zeitung Tabnak hatte Frahani am 19. August für ihre Rolle in "Der Mann, der niemals lebte" kritisiert und die Behörden aufgefordert, etwas zu unternehmen. Farahani hatte vor Beginn ihrer Hollywood-Karriere in einigen iranischen Produktionen mitgewirkt.


Wochenzeitschrift Hamschahri Djawan verboten

Einer Meldung der Internet-Zeitung Tabnak zufolge, wurde die wöchentlich in Teheran erscheinende Zeitschrift Hamschahhri Djawan auf Anordnung des Ministeriums für Kultur und islamische Führung verboten. Grund für das Verbot sei ein Beitrag gewesen unter dem Titel: "Eigennutz in der modernen Liebe", der vor anderthalb Monaten in der Zeitschrift erschienen war.

Faridodin Hadad Adel, Chefredakteur der Zeitschrift, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur IRNA, er habe inoffiziell von der Verbotsanordnung erfahren, ihm liege jedoch bislang keine schriftliche Mitteilung vor. Wie ihm berichtet worden sei, werde dem Magazin moralisches Vergehen vorgeworfen.

Hamschahri Djawan (Junge Mitbürger) ist, wie der Name schon sagt, eine Zeitschrift für Jugendliche, die große Popularität genießt. Die Zeitschrift mit einer relativ hohen Auflage hatte gerade ihre 178. Nummer veröffentlicht.


Darf Chris de Burgh nach Iran reisen oder nicht?

Die iranische Nachrichtenagentur IRNA berichtete am 16. August, dass entgegen anderslautender Meldungen in den vergangenen Monaten Chris de Burgh doch nicht als erster westlicher Popstar in der Islamischen Republik auftreten dürfe. Dem Ministerium für Kultur und islamische Führung liege gar kein offizieller Genehmigungsantrag vor. Das Ministerium wird von der ultra-konservativen Regierung Ahmadinedschads dominiert.

Im vergangenen Monat hatte der iranische Musikproduzent Majid Rogani angekündigt, de Burgh werde im November zusammen mit der iranischen Band Arian in Teheran auftreten. Der Ire hat bereits mehrere Titel mit der Band aufgenommen. Er war im Mai in die iranische Hauptstadt gereist, um sich die technischen Möglichkeiten des Auftrittsorts anzusehen.

Chris de Burgh ist einer der beliebtesten westlichen Sänger in Iran. Obwohl westliche Popmusik mit Gesang in dem islamischen Land verboten ist, können CDs von de Burgh gekauft werden. Arian ist die erfolgreichste iranische Popband und auch bei ExilIranern beliebt.

Trotz der von IRNA gemeldeten Absage hält de Burgh an seinem Plan fest, in Iran aufzutreten. Der Ire widersprach Meldungen aus dem Iran, er habe beim Ministerium für Kultur und islamische Führung gar keinen Genehmigungsantrag eingereicht. "Richtig ist, dass wir einen Antrag gestellt haben. Wir arbeiten seit Jahren daran, warten weiter auf eine Antwort des iranischen Kulturministeriums", sagte er der Leipziger Volkszeitung vom 20. August. Westliche Musik, auch seine Musik sei in Iran sehr populär. "Ende Mai war ich in Teheran, fragte an wie viele Leute zu einem Konzert kommen würden, wenn es dafür Tickets zu kaufen gäbe. Man sagte uns: ungefähr eine Million", erzählte der 59-jährige.

Das Konzert, das er mit der iranischen Band Arian plane, sei keine politische, sondern eine menschliche Angelegenheit. "Wir sind alle gleich auf diesem Planeten. Und ich respektiere die Kultur dieses Landes. Die Musik ist eine internationale Sprache", sagte de Burgh.


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II. Wirtschaft

Jeder fünfte Iraner lebt unterhalb der Armutsgrenze

In Iran ist die Zahl der in Armut lebenden Menschen stark angestiegen. Die reformierte Wirtschaftszeitung "Sarmajeh" berichtete am 4. August unter Berufung auf Statistiken der Zentralbank, dass in dem Land mindestens 14 Millionen der insgesamt 70 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze leben. Im September 2007 hatte Sozialminister Abdolrezs Mesri noch von rund 9,2 Millionen armen Iranern gesprochen; rund 10,5 Prozent der städtischen und 11 Prozent der ländlichen Bevölkerung leben demnach in Armut. Legt man die Angaben Mesris zugrunde, hat sich der prozentuale Anteil der Armen an der Gesamtbevölkerung auf etwa 20 Prozent verdoppelt. Dies stimmt umso bedenklicher, als die Öleinnahmen seit einem Jahr rapide gestiegen sind.

Experten führen die wirtschaftliche Misere und die hohe Inflationsrate, die inzwischen bei rund 30 Prozent liegt, auf die falsche und dilettantische Wirtschaftspolitik der Regierung Ahmadinedschad zurück.

Die iranische Bevölkerung leidet seit einem Jahr unter massiven Preissteigerungen. Laut offiziellen Angaben lag im Juni die Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahresmonat bei 26 Prozent. Im Juli und August hat sich der Trend fortgesetzt.

Die Misere zeigt sich auch in der iranischen Außenwirtschaft. Nach Angaben des iranischen Zollamts hat in den vergangenen vier Monaten der Import von Industriegütern im Vergleich zu Konsum- und Luxusartikeln kontinuierlich abgenommen. Während der Import von industriellen Produktionsgütern ständig abnahm, stieg die Einfuhr von Personenwagen, Kühlschränken, vollautomatischen Waschmaschinen, elektronischen Geräten und Nahrungsmitteln.

Demnach steigerte sich zum Beispiel die Einfuhr von ausländischen Fahrzeugen um 90 Prozent. Während noch vor vier Monaten 11000 Fahrzeuge eingeführt wurden, lag die Zahl im letzten Monat bei 21000 Fahrzeugen. Der Preis für einen Personenwagen liegt im Durchschnitt bei 20000 US-Dollar. Die Zahl der eingeführten Kühlschränke stieg um 30 Prozent und die von Waschmaschinen um 50 Prozent. In der gleichen Zeit importierte Iran im monatlichen Durchschnitt für 18 Millionen Dollar Bananen und für 17 Millionen Dollar Butter.


Iran will mehrere Atomkraftwerke bauen

Iran will ungeachtet des Streits um seine Atompolitik mehrere neue Kernkraftwerke bauen. Sechs iranische Firmen seien beauftragt worden, innerhalb der nächsten dreizehn Monate geeignete Standorte für sechs weitere Atomkraftwerke zu finden, sagte der stellvertretende Leiter der iranischen Atombehörde, Ahmad Fayasbakhsh, am 19. August der Nachrichtenagentur IRNA. Iran hat bisher keinen Atommeiler im Betrieb. In Buschehr im Süden des Landes wird mit russischer Unterstützung an einem Atomkraftwerk gebaut, das nach achtjähriger Verzögerung dieses Jahr fertig gestellt werden soll.

Geplant sind neun Kraftwerke, die bis 2021 in Betrieb genommen werden sollen. Dafür hat Iran nach eigenen Angaben im Forschungszentrum Natans bereits die umstrittene Urananreicherung aufgenommen. An der Ausschreibung hätten auch Firmen aus Kanada, Russland und der Schweiz teilgenommen. Den Zuschlag hätten letztlich einheimische Unternehmen bekommen, hieß es.


Türkei und Iran setzen Verhandlungen über Ergasabkommen fort

Nach dem Besuch von Präsident Ahmadinedschad in Istanbul wollen die Türkei und Iran ihre Verhandlungen über ein umfangreiches Gasabkommen schnell fortsetzen. Dazu wollen Außenminister Ali Babacan und Energieminister Hilmi Güler Anfang September zu weiteren Gesprächen nach Teheran fliegen. Wie türkische Fernsehsender am 19. August berichteten, wies Güler zugleich Berichte zurück, wonach das Abkommen beim Besuch Ahmadinedschads wegen Drucks aus den USA nicht unterzeichnet worden sei. "Wir sind ein unabhängiges Land. Es geht hier um die Interessen unseres Landes", sagte der türkische Energieminister. Er hoffe, dass es binnen eines Monats Ergebnisse gebe.

Teheran und Ankara hatten 2007 eine Absichtserklärung unterzeichnet, die auch den Transport von Gas aus Iran über die Türkei nach Europa vorsieht. Eine Einigung ist bislang wegen Meinungsverschiedenheiten über die Verteilung von Erlösen und die Bedingungen für Investitionen in Iran nicht zustande gekommen. "Ich hoffe, dass wir bald soweit sind", hatte Ahmadinedschad am 15. August in Istanbul erklärt. "Für den Transport von iranischem Gas nach Europa ist die Türkei das wichtigste Land."

Die USA sind wegen des Atomstreits mit Teheran gegen das Geschäft und drohen mit Strafmaßnahmen.


IWF: Sanktionen schaden der iranischen Wirtschaft

Die iranische Wirtschaft leidet dem IWF zufolge unter den internationalen Strafmaßnahmen gegen das Land. Ausländische Investoren würden von den im Zuge des Atomstreits verhängten Sanktionen abgeschreckt, hieß es in einem am 15. August veröffentlichten Bericht des Internationalen Währungsfond (IWF). Zudem seien die Handelsfinanzierungen und der Zahlungsverkehr schwieriger geworden. Die Gewinne der staatseigenen Banken seien von den Sanktionen so stark betroffen, dass die Regierung zur Rekapitalisierung von drei Instituten gezwungen gewesen sei. Insgesamt seien die kurzfristigen Konjunkturaussichten für Iran wegen der hohen Ölpreise jedoch gut.

Der UN-Sicherheitsrat hat bereits drei Mal Sanktionen gegen Iran verhängt. Das US-Finanzministerium hat zudem Geschäfte mit mehreren iranischen Banken verboten und damit viele Unternehmen gezwungen, sich aus Iran zurückzuziehen.


Mehr Öl an Indien und China

Iran will mehr Öl an die Wachstumsländer China und Indien liefern und im Gegenzug seine Exporte an andere Abnehmer möglicherweise reduzieren. "China und Indien sind wachsende Länder. Es ist für alle offensichtlich, dass sie mehr Energie brauchen", sagte der Verantwortliche für internationale Beziehungen der staatlichen Ölfirma NIOC, Ali Asghar Arasschi, am 14. August in einem Reuters-Interview. Der steigende Bedarf in China und Indien mache die geringere Nachfrage aus den USA wett.

Im Streit um den Ausbau der Urananreicherung in Iran streben die Vereinigten Staaten eine Isolierung Irans an. Staatliche Firmen asiatischer Länder lassen sich vom US-Druck aber kaum beeindrucken und spielen deshalb eine immer größere Rolle für den iranischen Energiesektor.

Dem Vizepräsidenten des NIOC-Bereichs Investitionen, Hodschatollah Ghanimifard, zufolge könnten asiatische Länder auch die nötigen Finanzmittel zur Förderung der Öl- und Gasreserven in Iran - der weltweit zweitgrößten - zur Verfügung stellen. "Die Finanzwelt ist nicht auf die westliche Hemisphäre beschränkt", sagte er Reuters. Neben seit mehr als einem Jahrzehnt bestehenden Sanktionen der USA gegen den iranischen Öl- und Gassektor haben die USA in letzter Zeit auch den Druck auf internationale Banken erhöht, Geschäfte in Iran nicht mehr zu finanzieren. "Diese Art von Druck aus den USA ist nicht neu", sagte Ghanimifard. ""Nur die Taktik hat sich geändert."

Derzeit liefert Iran von insgesamt 2,5 Millionen Barrel 450.000 Barrel täglich nach China und 380.000 Barrel nach Indien. Zahlen zur möglichen Umverteilung der Liefermengen nannte Araschi nicht.


OPEC könnte Ölproduzenten bei Treffen im September zur Ordnung rufen

Die OPEC könnte ihre Mitglieder nach Einschätzung Irans bei einem weiteren Ölpreisrückgang zur Erhaltung der vereinbarten Fördermengen aufrufen. Bei einem anhaltenden Preisverfall müssten die Länder, die die Produktion erhöht hätten, "ihre Förderungen unter Kontrolle bringen", zitierte IRNA am 2. August den iranischen Ölminister Gholamhossein Nosari. Die Einhaltung der Förderquoten könnte ein wichtiges Thema beim OPEC-Treffen im September werden. Nosari bezog sich nicht ausdrücklich auf einzelne OPEC-Mitglieder. Saudi Arabien fördert derzeit über seiner offiziell vereinbarten Quote. OPEC-Präsident Chakib Chelil hatte Ende Juli gesagt, dass das Öl-Kartell auch bei sinkenden Preisen eine ausreichende Versorgung gewährleisten werde. Nach monatelanger Rekordjagd hatte sich Rohöl in den vergangenen Wochen deutlich verbilligt. Experten erklärten den sinkenden Ölpreis mit der globalen Konjunkturabkühlung und der Erwartung einer rückläufigen Nachfrage.


Iran bietet muslimischen Ländern Satelliten-Transport an

Nach dem erfolgreichen Test einer Trägerrakete hat Iran anderen muslimischen Ländern den Transport von Satelliten ins Weltall angeboten. Die islamische Republik wolle befreundete Staaten bei der Verwirklichung von Weltraumprojekten unterstützen, sagte der Chef des Raketenprogramms, Resa Taghipur, am 18. August. Nach Angaben der Regierung war Präsident Ahmadinedschad beim Start der Rakete anwesend. Der Staatschef habe den Countdown persönlich angesagt.


Werbung um Geschäfte mit deutschen Konzernen

Iran wirbt einem Zeitungsbericht zufolge weiter um Investitionen aus Deutschland und verspricht Unternehmen Sicherheiten für ihre Geschäfte. Es werde Garantien für derartige Investitionen geben, sagte Irans Vize-Außenminister Mehdi Safari der "Financial Times Deutschland" vom 18. August. "Wir sind für alle Geschäfte offen." Das Angebot richte sich vor allem an kleine und mittelständische Unternehmen, die ihre Investitionen im Gegensatz zu großen Konzernen nicht selbst finanziell absichern könnten. Safari sagte nicht, wie genau die versprochenen iranischen Garantien für Firmen aussehen könnten.

Anfang August hatte der Fall des Siegener Unternehmens Steiner für Aufsehen gesorgt, das drei Gasflüssigkeitsanlagen an Iran verkaufen will. Obwohl es nicht gegen bestehende Sanktionen verstößt und einen Bescheid des Bundesamtes für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle (BEFA) erhielt, gab es vor allem aus den USA und Israel heftige Kritik an dem geplanten Geschäft. Wirtschaftsvertreter kritisierten die Bundesregierung hingegen dafür, dass sie die Interessen der deutschen Unternehmen nicht ausreichend schütze. Safari, der im iranischen Außenministerium für Beziehungen zu Europa zuständig ist, forderte Unternehmen auf, deutsch-iranische Geschäfte möglichst fernab der Öffentlichkeit auszuhandeln. "Ich muss ihnen nicht zeigen, wie das geht", sagte Safari. Er wolle innerhalb der kommenden zwei Monate nach Deutschland reisen.


Iran weist Vorwürfe der illegalen Aktionen seiner Banken zurück

Iran hat sich im UN-Sicherheitsrat gegen Vorwürfe der USA, Frankreich und Großbritannien verwahrt, seine Banken seien in illegale Atomaktivitäten und die Finanzierung von Terrorismus verwickelt. Es gebe keine rechtswidrigen Aktivitäten im atomaren Bereich einfach aus dem Grund, weil es keine nicht friedlichen atomaren Bestrebungen Irans gebe, schrieb der stellvertretende UN-Botschafter Mehdi Danesch-Jasdi in einem Brief, der am 16. August beim Sicherheitsrat in New York einging. Vorwürfe, Iran würde Terror finanzieren, seien "absurd und grundlos".


USA verhängen weitere Sanktionen

Die USA haben im Zusammenhang mit dem Streit um Teherans Atomprogramm Sanktionen gegen fünf iranische Unternehmen verhängt. Jegliche Guthaben der Firmen würden eingefroren und amerikanische Bürger oder Unternehmen dürften keine Geschäfte mehr mit ihnen machen, kündigte das Finanzministerium am 12. August in Washington an. Die Firmen stehen im Verdacht, Iran beim Ausbau seines Atomprogramms zu helfen. Die fünf Unternehmen sind das Nuklearforschungszentrum für Landwirtschaft und das für Medizin, das Produktions- und Forschungszentrum für nuklearen Brennstoff Isfahan, Dschabber Ibn Hajan und die Industriegruppe Dschosa.


Verkauf von Anteilen an Telekom-Staatskonzern gestartet

Iran bietet seit dem 9. August fünf Prozent des staatlichen Telekommunikationskonzerns ITC an der Börse an. Die Anteilscheine seien mit 1500 Rial (rund 0,11 Euro) bewertet worden, sagte ein Vertreter des Börsenvorstands der Nachrichtenagentur Reuters. Damit würde der angebotene Konzernanteil umgerechnet rund 226 Millionen Euro entsprechen. Es war zunächst unklar, ob bereits am 9. August alle Aktien verkauft wurden.

ITC betreibt das gesamte Festnetz in Iran und konkurriert im Mobilfunk mit der MTN Group aus Südafrika. Die Teilprivatisierung gehört zu einem größeren Programm der Regierung in Teheran, das die heimische Wirtschaft in Schwung bringen soll.


Iran und Algerien wollen Gas-Kartell

Iran und Algerien wollen einem Bericht zufolge über die Gründung eines Gas-Kartells nach dem Vorbild der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) beraten. Dies kündigte der iranische Botschafter in Algerien, Hosswein Abdi Abjanah, vor dem Besuch des algerischen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika in Teheran in einem Interview mit einer staatlichen iranischen Zeitung am 10. August an.

Iran will aus dem wenig einflussreichen Forum der Gas exportierenden Länder (GECF) eine mächtige Organisation nach dem Vorbild der OPEC machen. Bouteflika hatte in einem Interview vergangenes Jahr angekündigt, dieses Vorhaben zu unterstützen. Russland will sich im November mit einer Neustrukturierung der GECF befassen. Europa und die USA haben sich gegen ein Gas-Kartell ausgesprochen, weil es in ihren Augen Preise manipulieren und die globale Energieversorgung gefährden könnte.

Algerien ist einer der größten Gaslieferanten für Europa, Iran exportiert Gas vor allem in die Türkei. Beide Länder sind Mitglieder in GECF und OPEC.


StatoilHydro stoppt nach US-Druck Investitionen in Iran

Der norwegische Energiekonzern StatoilHydro plant wegen des politischen Drucks aus den USA vorerst keine Neuinvestitionen in Iran. Das Unternehmen steht nach eigenen Angaben im Dialog mit den amerikanischen und europäischen Behörden wegen seines Engagements am Golf, wo es an der Erschließung des großen Gasfelds South Pars beteiligt ist. Die Gespräche mit der iranischen Regierung über die Teilentwicklung des Ölfelds Azar seien schon unterbrochen worden, sagte Konzernchef Helge Lund am 1. August nach Vorlage der Quartalzahlen.

"Wenn dieses Unternehmen das Projekt nicht entwickeln will, wird Iran es mit heimischen Mitteln zu Ende bringen", wurde der iranische Öl-Minister Gholamhossein Nosari am 2. August auf der Internetseite des Ministeriums zitiert.


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III. Außenpolitik

Neue Runde im Atomstreit

Der Streit um das iranische Atomprogramm findet kein Ende. Zwar haben die fünf UN-Vetomächte und Deutschland am 6. August bei einer Telefonkonferenz beschlossen, den Dialog mit Teheran aufrechtzuerhalten und zugleich mit neuen Sanktionen zu drohen. Doch nachdem der Iran auf die ultimative Forderung, seine Urananreicherung auszusetzen, keine eindeutige Antwort gegeben hatte, drängen vor allem die USA auf schärfere Strafmaßnahmen. Zwar hatte der iranische Verhandlungsführer Said Dschalili nach einem Treffen am 19. Juli in Genf, an dem auch zum ersten Mal die USA teilgenommen hatten, eine klare Stellungnahme Teherans angekündigt. Doch in dem an den EU-Außenbeauftragten Javier Solana gerichteten Schreiben, das am 22. Juli in Brüssel eintraf, wurde die Frage der Urananreicherung überhaupt nicht erwähnt. Stattdessen erklärte die iranische Regierung, sie sei nur dann zu einer "klaren Antwort" auf das Angebot der sechs Staaten bereit, wenn auch diese "klare Antworten" auf iranische Fragen gäben. Solche gegenseitigen Klarstellungen könnten ohne Zweifel den Weg für einen "zügigen und transparenten Verhandlungsprozess" freimachen und für die Grundlage einer Zusammenarbeit sorgen, hieß es in dem Schreiben. Neue Verhandlungen könnten so früh wie möglich beginnen, falls es dafür Bereitschaft auf beiden Seiten gebe.

Die Verhandlungspartner hatten Iran bei einem Verzicht auf Urananreicherung enge wirtschaftliche Zusammenarbeit, unter anderem auch bei der friedlichen Nutzung der Atomenergie angeboten. Demgegenüber hatte Teheran immer wieder erklärt, auf sein international verbrieftes Recht zur Herstellung des atomaren Brennstoffs im eigenen Land nicht verzichten zu wollen. "Wir werden kein Jota von unseren nuklearen Rechten abweichen", sagte Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad am 2. August. "An welchen Verhandlungen wir teilnehmen und um welche Fragen es dabei auch immer gehen wird: Unser Hauptziel ist die Bestätigung unserer nuklearen Rechte."

Washington reagierte auf Dschalilis Schreiben mit der Forderung nach schärferen Sanktionen. Präsidentensprecherin Dana Perino sagte am 3. August, da Teheran nicht positiv auf das "großzügige Angebot" der Sechsergruppe reagiert habe, hätten die Verbündeten "keine andere Wahl", als weitere Strafmaßnahmen zu ergreifen. Auch US-Medien berichteten, dass die Stellungnahme aus Teheran für die Regierung nicht akzeptabel sei. Washington Post zitierte den Sprecher der US- Mission bei den Vereinten Nationen, Ric Grenell: "Unser Angebot ist klar, und deren Antwort ist es nicht." Die iranische Regierung müsse "in einer ganz klaren Weise auf das großzügige Angebot der internationalen Gemeinschaft antworten". Teheran kündigte zwar "zum bald möglichen Zeitpunkt" eine neue Antwort an. Doch es ist kaum damit zu rechnen, dass diese für den Westen zufriedenstellend ausfällt.

Indes werden aus den USA und Israel immer mehr Stimmen laut, die neben harten Sanktionen auch eine Bombardierung iranischer Atomanlagen nicht ausschließen. Israels Vize-Regierungschef Schaul Mofas hatte kürzlich eindeutig eine militärische "Lösung" in Erwägung gezogen. Am 1. August betonte er, dass eine Nuklearmacht Iran für Israel unakzeptabel sei. Und Israels Außenministerin Zipi Livni sagte am 3. August, der Iran lege jegliches Zögern der internationalen Gemeinschaft als Zeichen der Schwäche aus. Es sei notwendig, "heute zu handeln" und klar zu machen, dass "alle Optionen auf dem Tisch" lägen.

Auch Teheran scheint sich auf eine mögliche militärische Intervention vorzubereiten. Nach einem Test von Raketen mit einer Reichweite von 2000 Kilometern gab der Oberbefehlshaber der Revolutionsgarden, Mohammad Ali Dschafari, am 3. August den erfolgreichen Test einer Anti-Schiffs-Rakete bekannt, die "einzigartig in der Welt" sein soll. Sie könne jedes "feindliche Schiff" im Umkreis von 300 Kilometern treffen. So sei auch der gesamte Öltransport im Persischen Golf sowie durch die Straße von Hormos unter iranischer Kontrolle.


Bereitschaft zum Dialog

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat bei einem Besuch in der Türkei seine Bereitschaft zu einem Dialog über das umstrittene Atomprogramm seines Landes betont. "Wir sind offen für den Dialog", sagte er am 14. August nach einem Treffen mit dem türkischen Staatschef Abdullah Gül in Istanbul. Iran habe aber ein Recht auf die Nutzung von Atomkraft. Zugleich verwies Ahmadinedschad auf den positiven Verlauf der Gespräche in Genf. Bei den Beratungen sei "eine positive Richtung" gefunden worden. Die Überschneidungen bei den Vorschlägen Teherans und dem Angebotspaket der sechs Nationen müssten nun erörtert werden, um einen Kompromiss zu finden.

Gül lobte das Angebot an Iran als "bedeutende" Gelegenheit für eine friedliche Beilegung des Atomstreits. Er hoffe, dass die Verhandlungen von allen Seiten mit gutem Willen weitergeführt und "in kurzer Zeit zu einem positiven Ergebnis" führen würden. Vor seiner Reise nach Istanbul hatte Ahmadinedschad gesagt, der Türkei komme im Atomstreit nicht die Rolle eines Vermittlers zu. Politische Beobachter hatten vor dem Türkei-Besuch die Vermutung geäußert, die Türkei könnte seitens des Westens um Vermittlung im iranischen Atomstreit gebeten worden sein.


Heinonen innerhalb von zehn Tagen zweimal in Teheran

Der Vize-Chef der Internationalen Atombehörde (IAEA), Olli Heinonen besuchte am 20. August zum zweiten Mal in diesem Monat Iran. Über das dreitägige Treffen äußerte sich der Vize-Chef der iranischen Atombehörde, Mohammad Saidi, zufrieden. Die Gespräche mit Heinonen seien in einer konstruktiven und positiven Atmosphäre verlaufen, sagte Saidi einer Meldung der Nachrichtenagentur IRNA zufolge. Dabei sei es um Fragen im Zusammenhang mit den IAEA-Inspektionen iranischer Anlagen und die Verbesserung der Zusammenarbeit gegangen.

Im Mai hatte sich die Internationale Atombehörde besorgt über Berichte geäußert, denen zufolge die iranische Forschung an Atom-Sprengköpfen arbeite. Der nächste IAEA-Bericht über das iranische Atomprogramm steht Mitte September an.


Reichweite von Kampfflugzeugen verbessert

Die iranische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben die Reichweite ihrer Kampfflugzeuge weiter verbessert. General Ahmad Mighani sagte am 17. August dem staatlichen Fernsehen zufolge, die Flugzeuge könnten 3.000 Kilometer ohne Auftanken zurücklegen. Um welche Kampfflugzeuge es sich handelte und wie dies erreicht wurde, sagte der General nicht. Nach Einschätzung von Experten könnte die längere Reichweite durch Zusatztanks ermöglicht werden, die an den Tragflächen oder dem Rumpf befestigt und die abgeworfen werden, wenn sie leer sind.

Iran hat nach einem Bericht des staatlichen Fernsehens auch erfolgreich eine zweistufige Rakete getestet, die einen Forschungssatelliten ins All bringen soll. Wie das Fernsehen meldete, soll die Rakete mit dem Namen Safir (Botschafter) einen Satelliten ins All bringen, der atmosphärische Daten sammeln soll. Iran hatte erstmals im Februar von der Einweihung eines Raumfahrtzentrums berichtet und erklärt, dass es demnächst selbst einen Satelliten ins All bringen will. Im Westen wurde die Nachricht mit Argwohn betrachtet, da die gleiche Technik, mit der Satelliten ins All geschossen werden, auch dafür genutzt werden kann, Sprengköpfe über weite Entfernungen zu transportieren. Die USA sprachen von einer besorgniserregenden Entwicklung.


Testsatelliten im All - Reaktionen

Iran hat am 17. August überraschend auch den Test einer im eigenen Land produzierten Trägerrakete für Satelliten bekannt gegeben. Die Rakete habe einen Testsatelliten ins All gebracht, sagte der Chef der Weltraumorganisation, Reza Taghipur, im Staatsfernsehen. Dadurch sei es nun möglich, eigene Telekommunikationssatelliten ins All zu schicken. Die US-Regierung zeigte sich beunruhigt. "Die Entwicklung und der Test von Raketen durch Iran ist eine Quelle der Beunruhigung und wirft neue Fragen über die Absichten auf", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Gordon Johndroe. Er wies darauf hin, dass die Rakete auch als Langstreckenrakete benutzt werden könne, was den UN-Forderungen widerspreche.

Iranische Staatsmedien hatten zunächst berichtet, dass bereits ein richtiger Telekommunikationssatellit im All platziert worden sei. Später sagte ein Regierungsvertreter, die örtlichen Medien hätten sich "geirrt". Präsident Mahmud Ahmadinedschad hatte bei seinem Besuch in der Türkei Mitte August den baldigen Start eines eigenen in Iran hergestellten Telekommunikationssatelliten angekündigt.

In der israelischen Öffentlichkeit hat der Start der Trägerrakete ins All gemischte Reaktionen von Besorgnis bis zum Herunterspielen möglicher Gefahren ausgelöst. Während einige israelische Experten ihre Landsleute vor Angstmache und Panik warnten, ist aus Sicht von Kommentatoren ein weiterer Teil der strategischen Bedrohung Israels durch Iran sichtbar geworden. Nach den Worten von Regierungssprecher Mark Regev werde die israelische Regierung den Test derzeit nicht kommentieren. Der israelische Rundfunk zitierte einen Regierungsbeamten, wonach der erfolgreiche Test der weiterentwickelten Trägerrakete vom Typ "Safir Omid" (Hoffnungsbote) kein Grund zur Panik bedeute. Der Test sei eher eine Warnung für Europa als für Israel, das sich bislang schon in Reichweite iranischer ballistischer Raketen befunden habe. "Wer einen Satelliten ins All schicken kann, kann auch schwere Last an sehr weit entfernte Orte bringen", wird der Experte zitiert.

Der Abgeordnete der Kadima-Partei und ehemaliger Direktor der israelischen Raumfahrtbehörde, Jizhak Ben-Israel, sagte dem Rundfunk, dass Iran sowohl die USA als auch Israel von einem Angriff auf die eigenen Atomanlagen abhalten wolle. Deshalb spiele "die übertriebene Angst" in der israelischen Öffentlichkeit in die Hände der Führung in Teheran. Die Tageszeitung "Maariv" zitierte Raumfahrtexperten, wonach es sich bei dem Raketenstart um eine Raumfahrtshow handele und Iran noch weit davon entfernt sei, einen Satelliten zu bauen und ins All zu schießen.

Israelische Experten beunruhige am meisten, dass wieder ein Stück aus einem riesigen Puzzle der strategischen Bedrohung sichtbar geworden sei, kommentierte die Tageszeitung "Jediot Achronot". Jeder, der noch daran glaube, mit ein oder zwei Luftschlägen die iranische Infrastruktur zerschlagen zu können, mache sich Illusionen.

Derweil erklärte der iranische Verteidigungsminister Mostafa Mohammad Nadschar, der Raketenstart diene rein wissenschaftlichen Zwecken. Er warf den "Feinden Irans" vor, "die wissenschaftlichen Errungenschaften" seines Landes als militärische Schritte zu verunglimpfen.


USA: Satellitentest fehlgeschlagen

Nach US-Angaben ist der Satellitentest vom 17. August fehlgeschlagen. Der Versuch sei nicht erfolgreich gewesen, sagte ein US-Regierungsvertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte, meldete AFP am 19. August. Die Trägerrakete habe das All nicht erreicht. Nach Angaben eines US-Geheimdienstvertreters versagte die Rakete schon kurz nach dem Start. Sie habe sich nicht weit vom Boden entfernt und ihr Ziel definitiv nicht erreicht. "Es war eher eine trostlose Vorstellung", fügte er hinzu.

Dazu erklärte der iranische Außenamtssprecher Hassan Ghaschghawi: "Das iranische Volk ist über solche Stellungnahmen der Verantwortlichen in den USA nicht verwundert. Erstaunt hätte man sein müssen, wenn die Amerikaner die wissenschaftlichen Fortschritte des iranischen Volkes begrüßt und seinen Stolz auf die neuen Errungenschaften akzeptiert hätten." Es sei bekannt, dass die technischen und wissenschaftlichen Fortschritte Irans seitens der Amerikaner stets in Zweifel gezogen worden seien. Doch solche Reaktionen würden die jungen Wissenschaftler Irans in ihrem Willen bestärken, ihren Weg fortzusetzen, der "Iran in Freiheit und Unabhängigkeit führen" werde.


Ex-Mossad-Chef nennt Ahmadinedschad größtes Geschenk für Israel

Ein ehemaliger Direktor des israelischen Geheimdienstes Mossad hat den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad als "größtes Geschenk für Israel" bezeichnet. Ahmadinedschad habe es geschafft, die ganze Welt gegen Iran zu vereinen, sagte Ephraim Halevi dem arabischen Fernsehsender Al-Hurra. Der Mossad selbst hatte keine bessere Option ausführen können, als einen Mann wie Ahmadinedschad in Iran an die Macht zu bringen.

Die "extremistischen" Erklärungen des iranischen Präsidenten hätten jedermann gezeigt, dass Iran von heute ein Land sei, mit dem man unmöglich zusammenleben könne, zitierte die israelische Tageszeitung "Haarez" am 20. August aus dem Interview. Israel sieht Iran als größte strategische Bedrohung für die eigene Sicherheit an.


Iran und Türkei: mehr Zusammenarbeit

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat bei seinem umstrittenen zweitägigen Besuch in der Türkei am 14. August einen Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Nachbarland vereinbart. Beide Staaten wollten beim Schutz der Grenzen, dem Kampf gegen Terrorismus und Drogenschmuggel und in der Infrastruktur enger zusammenarbeiten, sagten Ahmadinedschad und sein türkischer Amtskollege Abdullah Gül in Istanbul. Das Handelsvolumen beider Staaten soll in den kommenden vier Jahren auf 20 Milliarden Dollar verdoppelt werden. Bei dem ersten bilateralen Besuch Ahmadinedschads in einem Nato-Land wurde auch das Thema Atomstreit behandelt.

Die USA und Israel warnten, eine verstärkte Zusammenarbeit mit Iran könne den Druck im Atomstreit verringern. Iran, das über große Erdgasvorkommen verfügt, will einen Ausbau der Kooperation im Energiesektor. Über ein geplantes Erdgasabkommen beider Staaten sei bei dem Besuch keine Einigung erzielt worden, berichteten türkische Medien.

Die Reise in die Türkei war nach Berichten aus Ankara zu einem Arbeitsbesuch herabgestuft worden, weil Ahmadinedschad nicht das Mausoleum des Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk besuchen wollte.

Zwischen den Nachbarstaaten Iran und der Türkei bestanden schon immer gute Beziehungen, sowohl in der Schah-Zeit als auch nach der islamischen Revolution in Iran. Dennoch hatte Ankara seit der Amtsübernahme Ahmadinedschads darauf verzichtet, den iranischen Staatspräsidenten offiziell einzuladen. Grund dafür ist einerseits der Druck seitens der USA und Israel auf die Türkei, vor allem die wirtschaftlichen Beziehungen der Türkei zu Iran in Grenzen zu halten und andererseits die Weigerung Ahmadinedschads, am Mausoleum des Laizisten Atatürk einen Kranz niederzulegen. Diese Weigerung brachte ihm den Beifall der Radikalislamisten in Iran und Proteste der Laizisten in der Türkei. Aber da der iranische Präsident unbedingt den Wunsch hatte, vor Ablauf seiner Amtszeit in einem Jahr in die Türkei zu reisen, einigte man sich darauf, den Staatsbesuch zu einem Arbeitsbesuch herabzustufen, und zwar nicht in der Hauptstadt Ankara, sondern in Istanbul. Dieser Ausweg rief in Iran heftige Kritik hervor. Mohsen Aminzadeh, Vize-Außenminister in der Ära Chatami, übte in einem Beitrag für die Zeitschrift "Schahrwand Emruz" ungewöhnlich scharfe Kritik an der Außenpolitik Ahmadinedschads und forderte ihn auf, von "solchen erniedrigenden Reisen, die einer nationalen Beleidigung gleichkommen", abzusehen. Es sei eine "Schande", dass seit der Amtsübernahme Ahmadinedschads, trotz der Bemühungen des Außenministeriums weder die Türkei noch Indien und Pakistan den Präsidenten zu einem Staatsbesuch eingeladen hätten. Nun habe sich er sich mit dieser erniedrigenden Reise begnügt.


US-Militär: Iraner bilden Iraker für Todesschwadronen aus

Ein US-Militärvertreter hat Iran vorgeworfen, Todesschwadronen für den Irak auszubilden. Sämtliche Extremisten aus dem Irak würden von einer Eliteeinheit der iranischen Revolutionswächter und der libanesischen Hisbollah-Miliz in Teheran, Ghom, Maschad und Ahwas geschult, sagte ein Armeevertreter, der anonym bleiben wollte, am 15. August der AFP. Es gebe Berichte, die belegten, dass die von Iran ausgebildeten "Spezialkräfte" in den Irak zurückkehren wollten und dort vor allem die US-geführten Koalitionstruppen, aber auch irakische Sicherheitskräfte und Zivilisten angreifen sollten. Die Informationen seien bereits an die irakische Regierung weitergegeben worden.

Die Rebellen lernten laut Militärvertreter in Iran den Umgang mit leichten Waffen und Bomben. Außerdem würden sie taktisch geschult, sagte der US-Vertreter weiter. Die USA haben Iran wiederholt vorgeworfen, irakische Aufständische auf seinem Territorium auszubilden und sie im Irak mit Waffen zu beliefern. Teheran weist die Vorwürfe entschieden zurück.


USA warnen Israel vor Angriff auf Iran

Die US-Regierung hat einem Zeitungsbericht zufolge Israel vor einem Angriff auf Iran gewarnt. Ein solcher Angriff würde die Interessen der USA verletzen, hieß es in der Tageszeitung "Haaretz" vom 13. August. Die US-Regierung habe außerdem die Bitte Israels nach Lieferung von militärischer Ausrüstung abgelehnt, die für einen Angriff auf iranische Atomanlagen genutzt werden könnte.

Die USA wollen den Angaben zufolge Israel auch wegen des Widerstands der Führung in Bagdad keine Überflugrechte über irakisches Territorium gewähren. Sollte sich Israel trotz aller Warnungen zu einem Alleingang entscheiden, habe die US-Regierung verlangt, informiert zu werden.

Hochrangige israelische Regierungsvertreter haben nach Angaben des Blattes vergeblich gehofft, dass US-Präsident George W. Bush die iranischen Atomanlagen angreifen lasse, bevor er im Januar kommenden Jahres aus dem Amt scheidet. Jetzt seien sie zu der Überzeugung gelangt, dass Bush weiterhin an einer Verschärfung des diplomatischen Drucks auf die iranische Führung festhalten wolle.

Auch der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak wurde in israelische Medien mit den Worten zitiert: "Die USA sind nicht bereit, uns einen Angriff auf Iran zu erlauben. Wir vertreten den Standpunkt, dass keine Option ausgeschlossen werden soll.

Gleichzeitig setzen wir auf den Erfolg diplomatischen Drucks." So betrachtet bestehe zwischen den USA und Israel einhellige Meinung. Barak wollte jedoch in einem Interview des militärischen Rundfunks den Bericht von Haaretz weder bestätigen noch zurückweisen. Er begnügte sich lediglich mit der Bemerkung, solche Berichte solle man besser unterlassen.


Hisbollah: Iran wird Angriff Israels mit 11000 Raketen erwidern

Iran würde nach Angaben der libanesischen Hisbollah mit einem massiven Vergeltungsschlag auf einen israelischen Angriff reagieren. Der erste Schuss Israels auf die Islamische Republik werde "mit 11000 Raketen" beantwortet, sagte der Fraktionschef der Hisbollah im libanesischen Parlament, Mohammad Raad, am 24. August der Nachrichtenagentur National News Agency zufolge. Dies hätten ihm hochrangige iranische Militärs bestätigt. Über die Reaktion der Hisbollah machte Raad hingegen keine Angaben.

Die Hisbollah wird von der Regierung in Teheran unterstützt. Experten zufolge ist die Hisbollah im Falle eines Konflikts zwischen Iran und Israel von besonderer Bedeutung für die Islamische Republik.


Verbalattacken zwischen Teheran und Golfstaaten

Bezugnehmend auf die Äußerungen des Staatssekretärs im iranischen Außenministerium, Manutschehr Mohammadi, sagte der Generalsekretär des Golfkooperationsrats (GCC), Abdelrahman Al-Attiyah am 8. August: "Solche Unfrieden stiftenden Äußerungen schaffen kein Vertrauen zwischen den Staaten der Region. Sie schüren das Feuer des Streits und stoßen die Region in gefährliche Krisen."

Mohammadi hatte zuvor bei einer Versammlung von Lehrkräften der Basidjis (Milizenorganisation für den Aufbau) mit Hinweis auf den letzten Krieg im Libanon die Ansicht geäußert, dass die Konflikte in der Region sich in Zukunft verschärfen würden. Und er fügte hinzu: "die nächste Krise wird einen großen Teil der Gebiete am Persischen Golf heimsuchen und die Legitimation der Königreiche in Frage stellen, die überaltert und nicht mehr zeitgemäß sind." Mohammadi äußerte die Hoffnung, dass Iran in naher Zukunft eine noch größere Rolle spielen werde als heute. "Leute, die glauben, die gegenwärtige Lage werde ihnen die Möglichkeit verschaffen, über die Region Kontrolle auszuüben, befinden sich im Irrtum", sagte Al-Attiyah. Die Staaten des Golfkooperationsrats seien über solche "unverantwortlichen Äußerungen" zutiefst besorgt und "erwarten eine unverzügliche Richtigstellung durch das Teheraner Außenministerium".

Auch das Außenministerium in Kuwait übte scharfe Kritik an Teheran. Die Drohung Teherans, im Falle eines Angriffs gegen Iran die Straße von Hormos zu schließen, sei gleichbedeutend mit einer Strafmaßnahme gegen arabische Golfstaaten, sagte Außenminister Mohammad Salem Al-Sabah am 10. August. An den Rechten der Golfregion seien alle Anrainerstaaten beteiligt. Er forderte Teheran auf, den Atomkonflikt friedlich beizulegen.

Teheran reagierte gelassen auf die Proteste. Der Sprecher des Außenministeriums, Hassan Ghaschghawi, sagte am 12. August: "Wir benennen die Tatsachen und verkünden unsere Positionen, und es gibt keinen Grund, sie zu verschweigen oder Überflüssiges hinzuzufügen. Es gibt zwar weltweit eine diplomatische Sprache. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir auf harte Positionen verzichten."

Ein größerer Konflikt bahnt sich zwischen Iran und den Golfstaaten um die Hoheitsrechte über die drei Inseln Abu Musa, Kleine und Große Tunb. Diese Rechte beanspruchen sowohl Iran als auch die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Inseln am Persischen Golf haben vor allem strategischen Wert, weil von hier aus die Straße von Hormos blockiert werden kann. Iran hat in jüngster Zeit mehrere Verwaltungseinrichtungen auf Abu Musa eröffnet und damit den seit Jahren schwelenden Streit neu entflammt. Der GCC protestierte gegen diese Maßnahme und erklärte, die Insel sei "untrennbarer Bestandteil der Vereinigten Arabischen Emirate". Das Außenministerium der VAR überreichte dem iranischen Botschafter am 14. August eine Note, in der Iran aufgefordert wurde, die Büros unverzüglich zu schließen.


Warnung an USA vor Einmischung in Kaukasus-Krise

Iran hat die USA vor Einmischung in die Krise im Kaukasus gewarnt. "Die Mächte von außerhalb des Kaukasus sollten keine Ausreden für Spannungen und Instabilität in dem Krisengebiet suchen", sagte Außenminister Manuchehr Mottaki am 25. August in Teheran. Mit Blick auf die Präsenz der US-Kräfte im Irak und in Afghanistan sagte er ihnen ein "ähnliches Schicksal" und "Dilemma" im Kaukasus voraus.

Zudem äußerte Mottaki nach Angaben der Agentur ISNA die Befürchtung, dass die Krise in Südossetien zum Ausbruch einer neuen Phase des Kalten Krieges führen könnte. "Der Konflikt zwischen den Weltmächten gibt tatsächlich Anlass zur Besorgnis."

In dem Konflikt zwischen Russland und Georgien hat sich Iran auf die Seite Russlands gestellt und die georgische Regierung kritisiert. Die Parteinahme erfolgte nicht ohne Eigennutz. Als Gegenleistung erwartet Teheran, dass Moskau sich vor allem im Atomkonflikt auf die Seite Irans stellt, den Atomreaktor in Buschehr endlich fertig stellt und insgesamt die Politik Irans im Nahen und Mittleren Osten unterstützt. Wie weit diese Erwartungen erfüllt werden, wird die Zukunft zeigen. Fest steht jedenfalls, dass Russland bisher alle drei UN-Resolutionen gegen Iran mitgetragen und schon seit Jahren die Fertigstellung des Atomreaktors in Buschehr verzögert.


Algeriens Staatspräsident in Teheran

Der algerische Präsident Abdolaziz Boteflika traf am 10. August zum zweiten Mal seit seiner Amtsübernahme zu einem Staatsbesuch in Teheran ein. Vor einem Jahr hatte Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad Algerien besucht. Ziel der Reise Boteflikas waren die Verstärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern sowie der Meinungsaustausch über aktuelle politische Fragen.

Die Beziehungen zwischen Iran und Algerien, die Jahre lang abgebrochen waren, weil Algier Iran vorwarf, terroristische Aktivitäten in Algerien unterstützt zu haben, wurden bei einem Treffen Boteflikas mit dem damaligen iranischen Staatspräsidenten Mohammad Chatami am Rande der UN-Versammlung in New York wieder aufgenommen. Inzwischen bestehen zwischen den beiden Ländern volle diplomatische Beziehungen.

Bei seinem Besuch wurde Boteflika von mehreren Ministern, unter anderem vom Außenminister, dem Energieminister sowie Kultus- und Gesundheitsminister begleitet.

Algerien und namentlich Boteflika hatten in den 1970er Jahren bei den Grenzstreitigkeiten zwischen Iran und dem Irak vermittelt. Der 1975 zustande gekommene Vertrag zwischen Iran und dem Irak trägt auch die Unterschrift des damaligen algerischen Parlamentspräsidenten Boteflika. Algerien spielte auch bei der Freilassung der amerikanischen Geiseln in Teheran (1980) eine wichtige Rolle. Die Geiseln wurden aufgrund einer Vereinbarung zwischen den USA und Iran, die als "Vereinbarung von Algerien" bezeichnet wird, nach 444 Tagen freigelassen. Die Vereinbarung bildet nach nun 28 Jahren immer noch die Grundlagen der juristischen Beziehungen zwischen Iran und den USA.

Seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Teheran und Algier sind die politischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten zunehmend enger und die wirtschaftlichen Beziehungen intensiver geworden. Im vergangenen Jahr eröffnete Iran eine Autofabrik in Algerien. Beide Staaten planen die Gründung eines Gas-Kartells nach dem Vorbild von OPEC.


Gespräche des Präsidenten Syriens in Teheran

Zum Auftakt seines Besuchs in Teheran hat der syrische Präsident Bascher el Assad am 2. August mit seinem iranischen Kollegen Mahmud Ahmadinedschad nach amtlichen Angaben die Zusammenarbeit beider Staaten im Hinblick auf "Frieden und Sicherheit in der Region" erörtert. Ein weiteres Thema bei Assads zweitägigem Besuch war das umstrittene iranische Atomprogramm. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hatte Assad während dessen Besuch in Paris am 14. Juli aufgefordert, im Streit um das iranische Atomprogramm Druck auf die Führung in Teheran auszuüben. Doch Assad erklärte nach seiner Ankunft in Teheran, dass er keinerlei Botschaften aus dem Westen im Gepäck habe.

In der gemeinsamen Abschlusserklärung der beiden Präsidenten Assad und Ahmadinedschad, die am 3. August von der Agentur Fars veröffentlicht wurde, wurden Folgendes bekannt gegeben: Beide Staaten verurteilen die Fortsetzung der Besetzung palästinensischer Gebiete, die israelische Siedlungspolitik und die permanente Missachtung der Rechte der Palästinenser. Iran unterstützt uneingeschränkt die Forderung Syriens an Israel, die Golanhöhen vollständig an Syrien zurückzugeben. Beide Staaten unterstützen alle Bemühungen zur Herstellung der Einheit der Palästinenser, die die unabdingbare Voraussetzung zur Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates bilde. Beide Seiten unterstützen die Aktivitäten zur Herstellung der Sicherheit und Stabilität Iraks. Sie betonen die Notwendigkeit der Einheit des irakischen Volkes und des Abzugs fremder Truppen als unabdingbare Voraussetzung zur Herstellung des Friedens und der Unabhängigkeit Iraks. Die Präsidenten begrüßen die jüngste Entwicklung im Libanon und betonen ihre Bereitschaft, die Bemühungen um die nationale Einheit Libanons und den Widerstand des libanesischen Volkes gegen die sich wiederholenden Aggressionen des "zionistischen" Staates zu unterstützen. Sie fordern die Staatengemeinschaft auf, die israelischen Aggressionen gegen Libanon zu unterbinden und sich für die Rückgabe der durch Israel besetzten libanesischen Gebiete einzusetzen. Bezüglich des iranischen Atomkonflikts betonen beide Staaten, dass die Konflikte nur diplomatisch und durch Verhandlungen gelöst werden könnten, wobei das Recht Irans auf friedliche Nutzung der Atomenergie gewahrt werden müsse. Schließlich betonen beide Staatsmänner die Notwendigkeit, das gesamte Gebiet des Nahen und Mittleren Ostens zu einer atomfreien Zone zu erklären. Sie fordern die internationale Staatengemeinschaft dazu auf, die Gefahren, die von israelischen Atomwaffen für die gesamte Region ausgehen, zu bannen.


Ghaddafi warnt Iran

Libyens Staatschef Muammar Ghaddafi bezeichnete das Verhalten Irans gegenüber dem Westen als "dreist" und warnte mit dem Hinweis auf das Schicksal Saddam Husseins. Iran besitze nicht die Fähigkeit, größerem Druck des Westens standzuhalten, sagte Ghaddafi.

Ghaddafi, der nach dem Krieg gegen den Irak und dem Sturz Saddam Husseins sich bereit erklärte, alle Geheimnisse des libyschen Atomprogramms offen zu legen, um den Weg zur Normalisierung der Beziehungen zu den westlichen Staaten zu ebnen, hatte bislang auf Stellungnahmen zum iranischen Atomstreit verzichtet. Doch nun scheint er sich genötigt zu sehen, am Verhalten Teherans scharfe Kritik zu üben. Er warnte das Regime in Teheran, "den Weg zu beschreiten, den bereits Saddam Hussein gegangen ist" und dabei Schiffbruch erlitten hatte. Die undiplomatischen, emotional vorgetragenen Äußerungen des libyschen Staatschefs deuten nach Meinung politischer Beobachter darauf hin, dass er die Befürchtung hegt, die radikale Haltung Irans gegenüber dem Westen könnte seine versöhnlerische Politik in den arabisch-islamischen Ländern als duckmäuserisch erscheinen lassen. Hatte er sich doch während der gesamten Zeit des Kalten Kriegs und danach als radikalen Führer präsentiert, der den Mut aufbrachte, dem Westen und Israel die Stirn zu bieten. Nun scheint Ahmadinedschad ihm diesen Ruf streitig zu machen.


Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
www.boell.de

Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
7. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 9/2008 - September / 7. Jahrgang
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2008