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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/246: Iran-Report Nr. 9 - September 2010


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 9 - September 2010


Der von der Heinrich-Böll-Stiftung seit 2002 publizierte, monatlich erscheinende Iran-Report des Autors Bahman Nirumand bietet einen Überblick über die innenpolitische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Iran und die iranische Außenpolitik.

Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


Innenpolitik
Karrubi: Das Volk muss entscheiden, wie der Staat sein soll
Chamenei: Keine Verhandlungen mit den USA
Schwere Kämpfe zwischen Revolutionsgarden und Kurdenrebellen
Oppositioneller verklagt Siemens
Justizchef kritisiert Staatspräsidenten
Hohe Justizbeamte wegen Tod von Dissidenten suspendiert
Langjährige Haftstrafe für Bahai-Führung
Das ungewisse Schicksal von Sakineh Mohammadi-Aschtiani
Hungerstreik von 17 politischen Häftlingen
Iran: USA versprachen Opposition Geld
Kritische Filme "schlimmer als Spionage"
Erneutes Verbot einer Zeitung und Entzug der Lizenz zweier Publikationen
Angeblicher Anschlag auf Ahmadinedschad
Baby-Bankkonto für mehr Geburten
Roger Waters unterstützt Coverversion von "Another Brick in the Wall"

Wirtschaft
Erstes Atomkraftwerk eröffnet
US-Regierung: Iran mindestens ein Jahr von Atombombe entfernt
Bau von dritter Urananreicherungsanlage angekündigt
Iran rüstet rasch auf
Iran will Dollar- und Euroreserven loswerden
China investiert in Energiesektor
Russland kritisiert EU-Sanktionen
"Spiegel": Zoll stoppt Siemens-Teile für Reaktor
Lukoil-Tochter: Keine Lieferung nach Iran
Dänische Firma zahlt Strafe wegen Verstoßes gegen US-Embargo
Irak stimmt Durchleitung von iranischem Gas zu
ARD: Deutsche Firma soll gegen Sanktionen verstoßen haben

Außenpolitik
US-Topmilitär: Schlag gegen Iran bleibt Option
Ahmadinedschad rechnet mit baldigem Angriff in Nahost
Israel erwägt Alleingang gegen Iran
Allawi befürchtet Krieg um Irans Atomprogramm, Castro warnt vor Atomkrieg
Iran warnt vor Angriffen auf Atomanlage
USA wollen Patriot-Raketen an Kuwait liefern
Iran ruft Nachbarn zum Schulterschluss gegen die Nato auf
Ahmadinedschad will "von Mann zu Mann" mit Obama sprechen, Obama lehnt ab
Weißes Haus dementiert Obama-Warnung an Türkei
Vier Iraner im Irak getötet
Obama fordert Freilassung von US-Wanderern

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Innenpolitik

Karrubi: Das Volk muss entscheiden, ob der Staat religiös oder laizistisch sein soll

Der Oppositionspolitiker Mehdi Karrubi sagte am 19. August in einem Interview mit dem Internetdienst "Saham News", die Entscheidung über das künftige Staatssystem liege beim iranischen Volk. Auf die Frage, ob er mit einem säkularen Staat und der Trennung der Religion vom Staat einverstanden sei oder wie Chomeini und Chamenei der Meinung sei, dass Religion und Politik identisch seien, antwortete Karrubi, er persönlich befürworte einen religiösen Staat, der sich nach dem Willen des Volkes richte. Er fügte hinzu: "Die Entscheidung über die künftige Staatsordnung liegt beim Volk. Es stehe ihm frei, sich für dieses oder jenes System zu entscheiden." Da jedoch die Mehrheit der Bevölkerung religiös sei, glaube er, dass das Volk sich für eine Staatsordnung entscheiden werde, in der die Richtlinien und Gesetze des Glaubens akzeptiert würden. Er selbst lehne andere Staatsformen nicht ab und werde die Entscheidung der Mehrheit akzeptieren.

Gleichzeitig betonte Karrubi, dass der gegenwärtig in Iran herrschende Staat weder religiös noch republikanisch sei. Derzeit herrsche in Iran leider eine Führung, die alle Machtinstrument für sich monopolisiert habe und sich nicht um den Willen des Volks schere: "Das ist nicht die Staatsordnung, für die sich die Menschen vor 31 Jahren entschieden haben."

Karrubi forderte die strikte Einhaltung der Verfassung und sagte, man könne auf der Basis dieser Verfassung alle politischen Strömungen zufrieden stellen. Zugleich betonte er, dass sich jedes Gesetz, das von Menschen geschrieben sei, später als unzulänglich oder gar fehlerhaft erweisen könne. In einer freien Gesellschaft mit freien Medien könnten Gesetze diskutiert bzw. revidiert werden.

Karrubi warf den Machthabern vor, die Verfassung zu missachten. "Die wichtigsten Teile der Verfassung, in denen die Rechte des Volkes erläutert sind, werden von der herrschende Macht ignoriert", sagte er. Es müssten Verhältnisse geschaffen werden, in denen alle Bürger, auch die Anhänger der gegenwärtigen Machtmonopolisten, frei ihre Meinung äußern können.

Karrubi kritisierte die Justiz und das Parlament. "Wenn wir ein pflichtbewusstes Parlament hätten, würde die Regierung sich nicht erlauben können, öffentlich zu sagen, sie werde Gesetze, die sie für falsch halte, nicht umsetzen. Ein pflichtbewusstes Parlament würde auch nicht dulden, dass Jugendliche in den Gefängnissen gequält und gefoltert werden", sagte der Oppositionspolitiker.

Kritik übte Karrubi auch am Wächterrat. Der Wächterrat habe der Verfassung nach lediglich eine Beobachterfunktion. In Wirklichkeit habe er sich in eine Instanz der Macht verwandelt und seine Kompetenzen weit überschritten.

Man könne durch öffentlichen Druck die Regierung dazu zwingen, die Gesetze zu achten. "Druck, nicht aggressive Handlungen", betonte Karrubi. Aufklärungsarbeit und friedliche Protestversammlungen würden früher oder später zum Ziel führen. Irgendwann müsse das Land richtig regiert und verwaltet werden. "Man kann sich nicht ewig mit den Öleinnahmen über Wasser halten. Wenn eine Regierung nicht mit der allgemeinen Entwicklung in der Welt Schritt hält, wird sie von den Massen nicht unterstützt. Wir sollten keinen schnellen Sieg erwarten. Siege, die allzu rasch errungen werden, können sich schnell in Niederlagen verwandeln oder in Vergessenheit geraten."

Karrubi forderte die Bevölkerung auf, nicht zuzulassen, dass die Machthaber den Al-Kuds-Tag zu ihren Gunsten missbrauchen. Al-Kuds-Tag ist der letzte Tag des Fastenmonats, der in diesem Jahr auf den 9. September fällt. Er wurde von Ayatollah Chomeini zum Tag der Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand erklärt. Jedes Jahr finden an diesem Tag große Demonstrationen und Kundgebungen statt. Im vergangenen Jahr nahm die Opposition diesen Tag zum Anlass für Protestkundgebungen gegen die durch Wahlbetrug zustande gekommene Wiederwahl Präsident Ahmadinedschads.

"Wir werden auch in diesem Jahr am Al-Kuds-Tag demonstrieren", sagte Karrubi. Der Plan werde zurzeit von "Kerngruppen" beraten und ausgearbeitet. Er selbst werde an der Demonstration teilnehmen. Denn er wolle ein Recht verteidigen, das dem Volk geraubt worden sei. Er appellierte an die Teilnehmer, keine Parolen zu rufen, die von den Machthabern als Vorwand zur Gewaltanwendung dienen könnten. Es sei möglich, dass die Machthaber Provokateure in die Reihen der Oppositionellen schickten, die die Ordnungskräfte provozierten. Man solle Ruhe bewahren und die Provokateure isolieren.


Chamenei: keine Verhandlungen mit den USA

Revolutionsführer Ali Chamenei hat Verhandlungen mit den USA zum gegenwärtigen Zeitpunkt kategorisch ausgeschlossen. Erst müssen die Drohungen und Sanktionen gegen Iran aufgehoben werden, sagte Chamenei am 19. August in einer im Fernsehen übertragenen Rede. Iran sei zwar zu Gesprächen bereit, aber nicht mit den USA. Die Regierung in Washington verhandle nicht aufrichtig, sagte Chamenei zur Begründung.

Präsident Ahmadinedschad hatte zuletzt binnen weniger Wochen Verhandlungen mit der Sechser-Gruppe aus den USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland in Aussicht gestellt. Es blieb unklar, ob Chamenei Gespräche mit der Sechser-Gruppe ausschloss oder sich in seiner Ablehnung auf bilaterale Gespräche mit den USA bezog. US-iranische Gespräche wären jedoch ohnehin unwahrscheinlich, weil die beiden Erzfeinde keine diplomatischen Beziehungen unterhalten.

Die USA und Israel akzeptierten die Islamische Republik nicht, sagte Chamenei. Iran lehne Gespräche ab, weil Verhandlungen unter Drohungen und Druck keine richtigen Verhandlungen seien. "Die Amerikaner sind der Meinung, dass wir unser Verhalten ändern sollten, und wir halten die kolonialistische und imperialistische Politik der USA für verwerflich und lehnen sie ab. Zwar haben wir über zwei Themen, über den Irak und ein anderes Thema, das sie (die Amerikaner) als geheim einstuften, mit den USA verhandelt. Aber diese Erfahrungen zeigen, dass sie bei Verhandlungen gebieterisch vorgehen und wenn sie keine Argumente mehr haben, mit Gewalt drohen und einseitig die Verhandlungen abbrechen."

Chamenei betonte abermals, das Iran trotz des Drucks seitens der USA seinen Weg fortsetzen werde.


Schwere Kämpfe zwischen Revolutionsgarden und
Kurdenrebellen

Bei Kämpfen mit kurdischen Rebellen wurde ein Kommandant der Revolutionsgarden getötet. Auch zwei Mitglieder der regierungstreuen Basidschi-Miliz seien dabei ums Leben gekommen, berichtete die Tageszeitung "Schargh" am 14. August. Die Zusammenstöße mit Anhängern der kurdischen Partei für Freies Leben in Kurdistan (PEJAK) ereigneten sich demnach nahe der Stadt Urumieh im Nordwesten des Landes nahe der Grenze zur Türkei und zum Irak.

Die PEJAK ist mit der in der Türkei und im Westen als Terroristenorganisation verbotene Arbeiterpartei Kurdistans PKK verbündet. Sie kämpft im Nordwesten Irans, wo viele Kurden leben, gegen die iranischen Sicherheitskräfte. Bei den Revolutionsgarden handelt es sich um eine Elitetruppe, die eine der zentralen Stützen der Islamischen Republik ist.


Oppositioneller verklagt Siemens wegen Abhör-Technologie

Ein iranischer Oppositioneller hat Nokia Siemens Networks wegen der mutmaßlichen Lieferung von Abhörtechnologie an die Regierung in Teheran vor einem US-Gericht verklagt. In der am 17. August von seinen Anwälten eingereichten Klageschrift wirft der in Iran in Haft sitzende Journalist Isa Saharkhis dem deutsch-finnischen Technologieunternehmen Beihilfe zu Menschenrechtverletzungen vor.

Siemens wollte die Klage nicht kommentieren. In der Vergangenheit hatte das Gemeinschaftsunternehmen Nokia Siemens Networks Berichte über die Lieferung von Abhörtechnologie an Teheran bestritten.

Die Anwälte von Saharkhis teilten im Zusammenhang mit der bei einem Bundesgericht im US-Bundesstaat Virginia eingereichten Klage mit, die iranischen Behörden hätten mit der vom Unternehmen gelieferten Technologie das Handy des Dissidenten überwacht und ihn daraufhin festgenommen.

Saharkhis wurde im Zusammenhang mit den Protesten nach der umstrittenen Wiederwahl von Ahmadinedschad im vergangenen Jahr festgenommen und sitzt seitdem im Gefängnis. Nach Angaben seiner US-Anwälte wurde er in der Haft gefoltert. Sein Gesundheitszustand habe sich zuletzt weiter verschlechtert, weil die iranischen Behörden ihm die medizinische Behandlung verweigerten.

Die Klage richtete sich gegen Siemens Nokia Networks sowie gegen die Mutterfirmen, den deutschen Technologieriesen Siemens und den finnischen Nokia-Konzern. Die Unternehmen werden darin aufgefordert, ihre Verbindungen zur iranischen Regierung zur Freilassung von Saharkhis zu nutzen und "die unrechtmäßige Unterstützung von Abhörzentren" im Land einzustellen. Außerdem machen Saharkhis' Anwälte Schadenersatz geltend.


Justizchef kritisiert Staatspräsidenten

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat mit kritischen Bemerkungen zu einem Gerichtsurteil den Zorn des obersten Chefs der Justizbehörden auf sich gezogen. Die öffentlichen Äußerungen Ahmadinedschads seien "nicht zu rechtfertigen", sagte Justizchef Ayatollah Sadegh Laridschani am 9. August laut der Tageszeitung "Schargh". Der Präsident hatte am 8. August bei einem Treffen eine siebenmonatige Bewährungsstrafe für seinen Vertrauten Mohammad Dschafar Behdad in vulgären Worten kritisiert.

Ahmadinedschad müsse sich einer Sprache bedienen, die "würdig" und "fair" sei, sagte Laridschani. Niemand dürfe andere beleidigen oder beschuldigen. Die Kritik des Justizchefs am Präsidenten wurde von zahlreichen iranischen Medien verbreitet.

Worum geht es im Fall Behdad? Der stellvertretende Leiter von Ahmadinedschads Büro und frühere Chef der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA wurde verurteilt, weil er in einem Artikel beleidigend und mit falschen Angaben Parlamentspräsident Ali Laridschani - den Bruder des Justizchefs - kritisiert haben soll. Ahmadinedschad beanstandete, dass das Urteil vom Richter gesprochen worden sei, obwohl die Geschworenen für einen Freispruch gestimmt hätten.

In dem Artikel warf Behdad dem Parlamentspräsidenten vor, nach der umstrittenen Präsidentenwahl im vergangenen Jahr dem oppositionellen Reformpolitiker Mir Hossein Mussavi zum Wahlsieg über den konservativen Amtsinhaber Ahmadinedschad telefonisch gratuliert zu haben, bevor der Präsident offiziell wieder zum Sieger erklärt wurde. Ali Laridschani, der in der Vergangenheit Ahmadinedschads Wirtschaftspolitik wiederholt kritisiert hatte, weist Behdads Vorwurf zurück.

Ahmadinedschads vulgäre Wortwahl bei seinen häufigen Reden ist mittlerweile zum Gespött der Leute geworden. Zahlreiche Witze sind im Umlauf. Wenn sein Vater wüsste, dass er eines Tages Staatspräsident werden würde, hätte er ihn wenigsten die Volksschule besuchen lassen, wird zum Beispiel gewitzelt.


Hohe Justizbeamte wegen Tod von Dissidenten suspendiert

Ein iranisches Disziplinargericht hat wegen des Todes von drei Oppositionellen in einem Teheraner Gefängnis drei ranghohe Justizbeamte suspendiert. Iranische Zeitungen berichteten am 23. August, damit sei der Weg für einen Prozess geebnet. Nach iranischem Recht genießen Richter und Staatsanwälte Immunität. Erst mit einer Suspendierung können sie selbst vor Gericht gestellt werden.

Es geht um den Tod von drei Männern, die an den Massenprotesten nach der Wiederwahl Ahmadinedschads im vergangenen Jahr teilgenommen hatten. Einer von ihnen, der 24-jährige Mohsen Ruhalamini, war der Sohn einer einflussreichen konservativen Persönlichkeit. Sein Tod löste selbst in Kreisen von Regierungsanhängern Empörung aus.

Bereits im August vergangenen Jahres verurteilten einflussreiche Kreise der klerikalen Hierarchie die Misshandlung von Inhaftierten. Die Behörden dementierten zunächst, dass es Gewalt gegen Gefangene gegeben habe, und warfen der Opposition die Verbreitung von Lügen vor. Doch dann ordnete Revolutionsführer Ali Chamenei die Schließung des Gefängnisses Kahrisak und Ermittlungen gegen dessen Beamte an.

Im Januar gab es in dem Fall eine parlamentarische Untersuchung gegen den früheren Teheraner Staatsanwalt Said Mortazawi. Er soll für Foltermorde in Kahrisak verantwortlich sein. Statt ihn zu bestrafen, übertrug ihm Ahmadinedschad die Leitung der Zollfahndungsabteilung gegen Schmuggel. Mortazawi gehörte sowohl als Richter als auch als Staatsanwalt zu den brutalsten Justizbeamten der Islamischen Republik. Zahlreiche Folterungen in den Gefängnissen, Verhaftungen von Journalisten und Verbote von mehr als hundert unabhängigen Zeitungen gehen auf sein Konto. Seine Suspendierung ist ein Zugeständnis an die Opposition. Ob er nun eine verdiente Strafe erhalten wird, ist mehr als ungewiss.


Langjährige Haftstrafen für Bahai-Führung

Einem Bericht der BBC zufolge wurden am Sonntag, den 8. August, die Mitglieder der siebenköpfigen Führung der iranischen Bahai-Gemeinde jeweils zu 20 Jahren Haft verurteilt. Die zwei Frauen und fünf Männer befinden sich seit mehr als zwei Jahren im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis. Sechs von ihnen wurden am 14. Mai 2008 und eine der Frauen einige Monate davor festgenommen.

"Wenn sich die Berichte bestätigen sollten, ist die Verurteilung dieser völlig unschuldigen und unverfänglichen Menschen absolut schockierend", sagte Bani Dugal, Sprecherin der internationalen Bahai-Gemeinde bei den Vereinten Nationen in New York. "Unseren Informationen zufolge ist das Urteil den Inhaftierten bereits mitgeteilt worden. Ihre Anwälte werden dagegen Einspruch erheben", sagte sie.

Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi, die neben anderen Anwälten die Rechte der Verurteilten vertritt, sagte der BBC, das Urteil sei "eindeutig politisch", sie werde dagegen Einspruch einlegen und die Freilassung der Häftlinge fordern.

Der Prozess gegen die sieben Bahai begann am 12. Januar nachdem die Inhaftierten zwanzig Monate ohne Anklage in Haft waren. Ihnen wurden Spionage, Propagandaaktivitäten gegen die Staatsordnung und der Aufbau einer illegalen Organisation vorgeworfen. Die Bahais bilden mit rund 300.000 Mitgliedern die größte religiöse Minderheit im Iran. Ihnen wurde jedoch 1983 verboten, sich in einer Gemeinde zu organisieren. Im Vergleich zu anderen religiösen Minderheiten genießen die Bahais am wenigsten das Recht zur Ausübung ihres Glaubens. Denn aus Sicht der herrschenden schiitischen Kleriker sind sie Abtrünnige.

Die Bahai-Religion stammt zwar vom schiitischen Islam ab, beruft sich jedoch auf den 1819 in der südiranischen Stadt Schiraz geborenen Baha Ullah. Im Gegensatz zu den Schiiten, die Mohammed als den letzten Propheten betrachten, vertrat Baha Ullah die Auffassung, die Offenbarung sei ein fortschreitender Prozess, der nie enden werde. Demnach müsse sich die Religion ständig weiterentwickeln, um sich den Veränderungen in der Welt anzupassen. Die Menschheit müsse ihre neu gewonnen Erkenntnisse einsetzen, um Gott, der sich in Zyklen offenbare, zu begreifen und ihm näher zu kommen. Friede, Humanismus und Nächstenliebe gehören zu den zentralen Grundsätzen des Bahai-Glaubens. Eine Religion, die zu Zwietracht führe, verfehle ihren Zweck. Daher sei es besser, ohne sie zu leben, lehrte Baha Ullah.

Inzwischen gibt es weltweit über fünf Millionen Bahais. Ihr spirituelles Zentrum liegt in der israelischen Stadt Haifa. Gerade dieser Umstand liefert den Richtern den Vorwand für den Spionagevorwurf. Dabei wurde das Zentrum lange vor der Gründung des Staates Israel in Haifa angesiedelt.

Die Bahais wurden im Iran schon seit der Gründung ihrer Gemeinde verfolgt. Es gab aber immer wieder Phasen der Beruhigung und Duldung. Mit der Gründung der Islamischen Republik 1979 verstärkte sich die Verfolgung. Es kam zu zahlreichen Hinrichtungen, viele Bahais wurden enteignet, ihre bürgerlichen Rechte eingeschränkt. Tausende flüchteten ins Ausland. In den Neuzigerjahren gab es eine relative Beruhigung. Mit der Amtsübernahme von Präsident Mahmud Ahmadinedschad setzte erneut eine massive Verfolgung ein.


Das ungewisse Schicksal von Sakineh Mohammadi-Aschtiani

Der Fall der 43-jährigen Sakineh Mohammadi-Aschtiani erregte international Aufsehen. Die zweifache Mutter war nach Angaben ihres Anwalts und der Menschenrechtsorganisation Amnesty International im Mai 2006 zu 99 Peitschenhieben wegen Ehebruchs verurteilt worden. In einem weiteren Prozess wurde sie dann wegen Beteiligung an der Ermordung ihres Mannes zum Tode durch Steinigung verurteilt. Das Urteil stieß international auf heftige Kritik. Der Chef der iranischen Justizbehörden, Sadegh Laridschani, setzte die Steinigung daraufhin Mitte Juli vorerst ab.

Doch die Proteste setzten sich fort, weil befürchtet wurde, dass die Justiz möglicherweise nach der Beruhigung der Gemüter das Urteil doch vollstrecken werde. Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva bot am 1. August an, der Verurteilten Asyl zu gewähren. Er rufe Staatschef Mahmud Ahmadinedschad als seinen "Freund" sowie Revolutionsführer Ali Chamenei und die iranische Regierung auf, Brasilien die Frau aufnehmen zu lassen, sagte Lula der Nachrichtenagentur Estado zufolge in der südbrasilianischen Stadt Curitiba. Er müsse die Gesetze anderer Länder respektieren, aber Brasilien sei zur Aufnahme der Gefangenen bereit.

Am 2. August forderten die USA Iran auf, das brasilianische Asylangebot anzunehmen. "Steinigung im 21. Jahrhundert ist ein barbarischer Akt und sollte verboten werden", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip J. Crowley, in Washington. "Wir hoffen, dass Iran dem Gehör schenkt" und das Angebot annimmt, fügte Crowley hinzu.

Die Kinder der Verurteilten bestreiten, dass ihre Mutter sich überhaupt einer Straftat schuldig gemacht habe. Es gebe auch keinerlei Beweise für den angeblichen Ehebruch, das Urteil sei willkürlich gefällt worden.

Iran lehnte das Asylangebot Brasiliens am 3. August ab. Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast sagte, sobald der brasilianische Präsident informiert sei, werde sich seine Anfrage von selbst erledigen. "Herr Lula ist jemand, der großen Wert auf humanitäre Angelegenheiten legt, aber in diesem Fall ist definitiv ein Verbrechen begangen worden, das die Justiz ahndet." Am 13. August sagte der iranische Botschafter in Brasilien, Mohsen Schatersadeh, der Nachrichtenagentur Agencia Brasil, Iran habe keine offizielle schriftliche Anfrage aus Brasilien erhalten. "Der Prozess betrifft Iraner, warum sollten andere Länder daran beteiligt sein?" Die iranische Regierung sei sich sicher, dass Lula sich nicht in iranische Angelegenheiten einmischen wolle. "Er handelt aus menschenfreundlichen Beweggründen." Es gebe jedoch Vergehen, die im Einklang mit iranischen Gesetzen und den moralischen und kulturellen Vorstellungen des Landes behandelt würden.

Indes meldeten oppositionelle Internetseiten, der Anwalt Aschtianis, Mohammad Mostafai, sei seit dem 24. Juli spurlos verschwunden. Polizisten hätten versucht, ihn festzunehmen, er sei jedoch an seinem Wohnsitz nicht aufzufinden gewesen. Erst nach zwei Wochen kam die Nachricht, der Anwalt sei beim Versuch, von der Türkei nach Norwegen auszureisen, festgenommen worden. Erst der Druck von außen veranlasste die türkische Justiz den Anwalt ausreisen zu lassen. Am 8. August traf er in Oslo ein.

Am 7. August veröffentlichte die britische Zeitung "Guardian" ein heimlich aufgenommenes Interview mit Aschtiani, die schwere Vorwürfe gegen die iranische Justiz erhob. Sie sei wegen Ehebruchs und Verschwörung zur Ermordung ihres Mannes verurteilt worden, doch der wahre Mörder sei verurteilt und sitze im Gefängnis, sagte sie. Diesem Mann drohe im Gegensatz zu ihr nicht die Todesstrafe. "In diesem Land denken sie, sie könnten mit Frauen alles machen." Zu der Aussetzung der Steinigung sagte sie: "Sie lügen. Die internationale Aufmerksamkeit in meinem Fall ist ihnen peinlich. Sie versuchen die Medien abzulenken, um mich dann in aller Stille töten zu können." Sie habe das Urteil erst gar nicht verstanden, weil sie den juristischen Begriff dafür nicht gekannt habe, fuhr sie fort. Erst als sie in ihre Zelle zurückgekommen sei, hätten ihr Mitgefangene berichtet, dass sie gesteinigt werden sollte. Bei der Nachricht sei sie in Ohnmacht gefallen.

Am 11. August wurde in einer Sendung des staatlichen Fernsehens eine als Aschtiani ausgegebene Frau vorgeführt, die gestand, ihr Liebhaber habe ihr vorgeschlagen, ihren Ehemann zu töten. Sie sei beim Mord selbst dabei gewesen. Die Frau, die sich in Aseri - einer Turksprache - äußerte, war nicht zu erkennen. Ihr schwarzer Tschador ließ nur ihre Nase und ein Auge frei. Aschtianis Anwalt sagte anschließend, seine Mandantin sei zwei Tage lang "schwer geschlagen und gefoltert" worden, um sie zu dem Geständnis vor laufender Kamera zu zwingen.

Am 17. August forderte die iranische Regierung den Westen auf, sich nicht in den Fall einzumischen. "Unabhängige Nationen können nicht akzeptieren, dass andere Länder in ihre richterlichen Entscheidungen eingreifen", sagte Außenamtssprecher Mehmanparast. Seinen Angaben zufolge dauern die Ermittlungen zu dem Fall immer noch an.


17 politische Häftlinge im Hungerstreik

Eine Gruppe politischer Häftlinge in Iran trat nach Angaben regierungskritischer Websites Ende Juli gegen die Haftbedingungen in Hungerstreik. Beteiligt waren insbesondere Journalisten und Studentenführer. Mindestens fünf Teilnehmer seien ins Krankenhaus gebracht worden, berichtete die Website kalameh.com, die dem Oppositionspolitiker Mir Hossein Mussavi gehört. Auch der Zustand der übrigen Teilnehmer habe sich verschlechtert.

Zu der Gruppe gehörten die reformorientierten Journalisten Bahman Ahmadi und Keiwan Samimi sowie die Studentenführer Abdollah Momeni und Madschid Tawakoli. Mit dem Streik protestierten die Häftlinge gegen ihre Verlegung in Isolationszellen sowie gegen "Beschimpfungen und Erniedrigungen" durch das Wachpersonal, berichtete kalameh.com. Die oppositionelle Website Rahesabz.net schrieb, der Hungerstreik hatte nach einem Streit zwischen Häftlingen und Wachpersonal über den Umgang mit Angehörigen der Inhaftierten bei Besuchen begonnen.

Die Hungerstreikenden waren im Zuge der Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Ahmadinedschad im Juni 2009 festgenommen worden. Mit ihnen wurden hunderte weitere Demonstranten ins Gefängnis geworfen.

In einem Appell vom 6. August forderte Oppositionspolitiker Mir Hossein Mussavi die Häftlinge zum Abbruch ihres Streiks auf. "Eure Botschaft ist im In- und Ausland angekommen. Die Menschen machen sich Sorgen um Eure Gesundheit und wir wollen, dass Ihr Euren Streik beendet", schrieb Mussavi auf kalameh.com. Er rief die Behörden auf, "die Rechte der Häftlinge zu respektieren und das Land in den Augen anderer Staaten nicht noch weiter abzuwerten". Ähnlich äußerte sich der Oppositionspolitiker Mehdi Karrubi.

Nach fünfzehn Tagen wurde der Streik aufgrund einiger Zugeständnisse der Gefängnisführung beendet.


Iran: USA versprachen Opposition Geld

Iran hat die USA beschuldigt, der Opposition Milliardensummen für einen Sturz der Regierung in Teheran angeboten zu haben. Der Wächterrat, der die Wahlen in Iran überwacht, warf Washington vor, der Oppositionsbewegung insgesamt 50 Milliarden Dollar versprochen zu haben, wie die iranische Nachrichtenagentur ILNA am 28. Juli berichtete. Von dem Geld seien eine Milliarde Dollar bereits an die Führer der Opposition während der gewaltsam unterdrückten Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl Präsident Ahmadinedschads im Juni 2009 gezahlt worden.

Dokumente belegten, dass die Gelder über saudische Mittelsmänner geflossen seien, sagte der Vorsitzende der Verfassungshüter, Ayatollah Ahmad Dschannati, ILNA zufolge. Die für Washington tätigen Saudis hätten den Oppositionsführern auch 50 Milliarden Dollar zugesagt, wenn sie "die geltende Staatsordnung stürzen". Damit sei offenbar, dass "die Führer des Aufruhrs die Unruhen mit Hilfe der Amerikaner organisiert" hätten.

Der Wächterrat hatte unter dem Vorsitz von Dschannati die Wiederwahl Ahmadinedschads bestätigt. Oppositionspolitiker Mir Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi hatte damals der Regierung Wahlbetrug vorgeworfen. Über Monate kam es daraufhin in mehreren Städte zu Massendemonstrationen, bei denen mehrere Menschen starben und hunderte verletzt wurden. Tausende wurden damals und in den darauf folgenden Monaten verhaftet.

Die beiden Politiker Mussavi und Karrubi und andere führende Oppositionelle bestritten entschieden die Vorwürfe. Sie wollen gegen Dschannati klagen.

Indes erklärte Geheimdienstminister Heydar Moslehi am 25. August, der Vorwurf Dschannatis habe sich bestätigt. Einige führende Oppositionelle im Gefängnis hätten gestanden, mit ausländischen Geheimdiensten zusammengearbeitet zu haben. "Wir haben jetzt mehr Zeit, schrittweise nachzuweisen, wie die Oppositionsführer vom Ausland unterstützt wurden." Moslehi erwähnte in diesem Zusammenhang den Namen von Hossein Mussavian. Demnach soll Mussavian, ehemaliger Verhandlungsführer im Atomstreit, der auch eine zeitlang iranischer Botschafter in Berlin gewesen war, jahrelang als Spion im Dienste ausländischer Geheimdienste tätig gewesen sein. Die Beweisunterlagen seien an die Justiz weitergeleitet worden, sagte Moslehi. Mussavi steht Ex-Staatspräsident Haschemi Rafsandschani nahe.

Der Minister ging bei seiner Machtdemonstration gegen den Ex-Staatspräsidenten einen wesentlichen Schritt weiter und erklärte, zur Festnahme von Rafsandschanis Sohn Mehdi Haschemi, der zurzeit im Ausland weilt, sei die Einschaltung von Interpol nicht nötig. Für das Geheimdienstministerium gebe es auch andere Wege, um ihn festzunehmen. Haschemi wird Korruption und Veruntreuung von Staatsgeldern vorgeworfen. Moslehi hatte kürzlich gesagt, gegen Haschemi liege ein Haftbefehl vor, der zu gegebener Zeit umgesetzt werde.


Kritische Filme "schlimmer als Spionage"

Für den stellvertretenden Kultusminister Irans sind kritische Filme schlimmer als Spionage. "Manche iranische Filmemacher zeigen nur die Schattenseiten in Iran und übertreiben es sogar, um bei internationalen Festspielen Preise abzusahnen", sagte Dschawad Schamghadri bei einem Treffen mit Kulturbeauftragten in der westiranischen Stadt Hamedan. "Diese Filmemacher haben noch nicht begriffen, dass dies kultureller Verrat und sogar schlimmer als Spionage ist", wurde der Politiker von der Nachrichtenagentur ISNA am 6. August zitiert. Spionage passiere nur einmal, aber die Eindrücke aus diesen Filmen blieben lange Zeit in den Köpfen der Zuschauer haften.

Seit Ahmadinedschad Präsident wurde und besonders nach seiner Wiederwahl, die von Wahlbetrugsvorwürfen und Straßenprotesten überschattet wurde, sind sowohl Künstler als auch Journalisten in ihrer Arbeit stark eingeschränkt. Viele iranische Künstler sprechen von einem "drastischen Abfall der Toleranzgrenze im Kultusministerium". Das Ministerium vergibt die Dreherlaubnis und muss auch das Drehbuch genehmigen. Dabei haben kritische Filmemacher kaum eine Chance. Viele renommierte Filmemacher sind daher entweder ins Ausland gegangen oder haben sich eine andere Arbeit gesucht.

"Die Auswirkung der Bilder war einer der Hauptgründe für das demütigende Scheitern der Amerikaner im Vietnamkrieg", sagte der Vizeminister. "Nun benutzen die Amerikaner das Kino, um die Welt (zu ihren Gunsten) zu verändern und anderen ihre Kultur aufzudrängen", sagte Schamghadri. Er forderte die Filmemacher im eigenen Land auf, sich dem iranische System ideologisch zu verpflichten. Früher seien in US-Filmen die Indianer als Wilde und Sowjets als Bösewichte dargestellt worden. Nun bekämen Palästinenser und Iraner die Rolle der Terroristen. "Obgleich die Amerikaner immer behaupten, nicht alle Muslime wären Terroristen, ist (in ihren Filmen) jeder Terrorist ein Muslim", sagte der Vizeminister.


Erneutes Verbot einer Zeitung und Entzug der Lizenz zweier Publikationen

Das Gremium zur Kontrolle der Presse hat am 18. August die Tageszeitung "Asia" verboten und Lizenz von zwei Periodika, "Sepidar" und "Parastu", eingezogen.

In seiner Sitzung am 16. August begründete das Gremium das Verbot von Asia damit, dass die Zeitung gegen die Moral verstoßenden Fotos und Bildmaterial veröffentlicht, für Konsum und Verschwendung geworben und trotz Ermahnung die Verstöße fortgesetzt habe.

Die Zeitung Asia ist eine Wirtschaftszeitung. Chefredakteur ist der renommierte Journalist Iraj Dschamschidi. Das Blatt wird von seiner Frau Saghi Bagheri herausgegeben. Die Zeitung erscheint seit neun Jahren. Sie wurde bislang mehrmals vorübergehend verboten.

2006 wurde Dschamschidi gemeinsam mit anderen Mitarbeitern der Zeitung wegen "Propaganda gegen die Staatsordnung", "Interviews mit ausländischen Sendern", "Verstoß gegen die nationale Sicherheit" und "Veröffentlichung staatsfeindlicher Artikel" in Haft genommen, jedoch gegen eine Kaution in Höhe von 650.000 Euro freigelassen. Seinen Angaben zufolge war dies die bis dahin höchste Kaution, die je ein Häftling hinterlegen musste.

Vor drei Jahren wurde Asia erneut verboten. Grund war die Veröffentlichung eines Artikels über den Gründer der Zeitschrift "Burda".

Das Kontrollgremium entzog auch die Lizenz der beiden Periodika "Sepidar" und "Parastu" wegen angeblicher Veröffentlichung von unmoralischen Fotos und Missachtung der "Mission der Presse".

Seit der Amtsübernahme des für die Presse zuständigen Staatssekretärs im Kultusministerium, Mohammad Ali Ramin, vor einem Jahr ist der Druck auf die kritische Presse erheblich gestiegen. Nahezu sämtliche den Reformern nahe stehenden Zeitungen wurden entweder verboten oder ihnen sind erhebliche Einschränkungen auferlegt worden. Das Komitee zur Unterstützung von Journalisten hatte in einem Bericht, der im Februar veröffentlicht wurde, erklärt, mindestens 47 Journalisten befänden sich in Haft.


Angeblicher Anschlag auf Ahmadinedschad

Am 4. August meldete das Büro Ahmadinedschads, der Präsident sei Ziel eines Anschlags geworden. Auf die Autokolonne des Präsidenten sei ein selbst gebauter Sprengsatz geworfen worden, sagte ein Vertreter des Präsidentenamts der Nachrichtenagentur Reuters. Ahmadinedschad sei nichts passiert, andere Menschen seien bei dem Angriff in der westlich gelegenen Stadt Hamedan jedoch verletzt worden.

Die staatliche Nachrichtenagentur IRNA dementierte, dass es einen Anschlag gegeben habe. Ein "aufgeregter junger Mann aus Hamedan zündete einen Feuerwerkskörper, um zu zeigen, wie glücklich er war", hieß es in einem Bericht der Agentur. In der Menge sei es zu keinen Störungen gekommen. Der Präsident sei herzlich empfangen worden.

"Einige ausländische Medien haben versucht, dieses Ereignis für ihre Absichten auszunutzen", schrieb IRNA weiter, ohne den Vorwurf zu erläutern. Ähnlich äußerte sich Irans stellvertretender Polizeichef Ahmadresa Radan. Die Berichte über einen Anschlag seien "eine große Lüge", wurde er von der halbamtlichen Agentur Fars zitiert.

Aus Ahmadinedschads Büro war hingegen zu vernehmen, der Sprengsatz sei am Morgen in der Nähe eines Minibusses explodiert, in dem sich Journalisten befanden, die den Präsidenten vom Flughafen zu einem Stadion begleiteten. Ahmadinedschads Fahrzeug sei nicht zu Schaden gekommen. Eine Person sei festgenommen worden. Die Ermittlungen dauerten an, um herauszufinden, wer hinter dem Angriff stecke.

Der Fernsehsender AL Arabia mit Sitz in Dubai hatte zuvor berichtet, auf Ahmadinedschads Konvoi sei eine Bombe geworfen worden. In einer später geänderten Version des Berichts hieß es jedoch wie in der IRNA-Meldung, ein Mann habe einen Feuerwerkskörper gezündet, weil er so begeistert gewesen sei, den Präsidenten zu sehen. Der englischsprachige Sender Press TV dementierte, dass es einen Angriff gegeben habe. Ahmadinedschad erwähnte den angeblichen Anschlag bei seiner live aus der Arena von Hamedan im Fernsehen übertragenen Rede nicht. Es ging ihm offensichtlich gut.

Erstaunlich waren nicht nur die Widersprüche zwischen den Meldungen aus dem Präsidentenbüro und denen der Agenturen, es war auch verwunderlich, dass der Präsident zwei Tage davor öffentlich den Verdacht geäußert hatte, Israel plane ein Attentat auf ihn!


Baby-Bankkonto für mehr Geburten

Mit einem Bankguthaben für jedes Neugeborene will die iranische Regierung die Geburtenrate in die Höhe treiben. Ahmadinedschad kündigte Ende Juli an, jedes im kommenden Kalenderjahr geborene Kind bekomme auf ein staatliches Bankkonto einmalig umgerechnet 730 Euro eingezahlt, bis zum 18. Geburtstag sollen jährlich 73 Euro dazu kommen. Die jahrzehntelang von Teheran verfolgte Familienplanung geißelte Ahmadinedschad als gottlosen Import aus dem Westen.

Mit seiner Familienpolitik hat Teheran das Bevölkerungswachstum von 3,9 Prozent im Jahr 1986 auf 1,6 Prozent im Jahr 2006 gedrückt. Iran könne jedoch insgesamt 150 Millionen Einwohner versorgen, erklärte Ahmadinedschad kürzlich - das wären etwa doppelt so viele wie derzeit. Bereits kurz nach seiner Wahl 2005 appellierte er an Ehepaare, mehr Kinder zu bekommen, zwei seien nicht genug. Schätzungsweise zehn Millionen Iraner leben unter der Armutsgrenze, die offizielle Arbeitslosenquote liegt bei zehn Prozent. Die Angabe ist nach Meinung von Experten weit untertrieben. Unter den Jugendlichen liegt die Quote bei 27 Prozent.

Das von Ahmadinedschad vorgestellte Programm sieht vor, dass die Eltern in das staatliche Bankkonto ihres Nachwuchses ähnlich hohe Beiträge einzahlen. Über das Guthaben können Kinder dann ab ihrem 20. Geburtstag verfügen. Die Pläne dürften vor allem für Geringverdiener interessant sein, die Ahmadinedschad bei den Präsidentenwahlen 2005 und 2009 unterstützt hatten.


Roger Waters unterstützt Coverversion von "Another Brick in the Wall"

Pink-Floyd-Gründungsmitglied Roger Waters hat keine Probleme damit, dass eine Nachwuchsband den Klassiker "Another Brick in the Wall" zur Protesthymne für iranische Jugendliche umgeschrieben hat. Er ermutige Künstler, den Song zum Widerstand gegen jegliche Form der Unterdrückung zu benutzen, sagte Waters.

Die Adaption stammt von zwei iranischen Brüdern, Sänger der kanadischen Band Blurred Vision, die das als Lehrer- und Bildungsschelte gedachte Lied unter dem Titel "Hey, Ayatolla, leave those kids allone!" ("Hey, Ayatollah, lass diese Kinder in Ruhe") darbieten.

Er habe den Widerstand von Schulkindern in Südafrika und palästinensischer Kinder im Gazastreifen und im Westjordanland unterstützt, erklärte Waters. Die kanadische Rockband spiele nun eine wichtige Rolle beim Widerstand gegen das Regime in Teheran.

Mit der Cover-Version des aus dem Album "The Wall" stammenden Songs soll der Unmut junger Menschen über die politische Lage in Iran ausgedrückt werden, wo das Spielen von Rockmusik unter Strafe steht. Das Video von "Hey, Ayatollah" ist auf dem Online-Portal You Tube zu sehen und wurde bislang von mehr als 160.000 Menschen gesehen.


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Wirtschaft

Erstes Atomkraftwerk eröffnet

Das erste iranische Atomkraftwerk wurde am 21. August in der Hafenstadt Bushehr feierlich eröffnet. Der mit russischer Hilfe erbaute Leichtwasserreaktor wird eine Maximalleistung von 1 000 Megawatt erreichen und soll im November ans Netz gehen.

Für die Führung in Teheran ist der Start des Kraftwerks, dessen Bau vor dreißig Jahren mit deutscher Hilf begonnen wurde, inmitten des Streits um das Atomprogramm des Landes ein wichtiges politisches Signal. An der feierlichen Eröffnung nahmen der iranische Atomchef Ali Akbar Salehi und der Chef der russischen Atomkonzerns Rosatom, Sergej Kirienko, teil.

Der Reaktor soll zunächst mit Brennstäben bestückt werden. Die aus Russland gelieferten Brennstäbe waren bereits vor Ort, aber versiegelt. Sie wurden bei der Eröffnung von Inspektoren der Internationalen Atombehörde IAEA freigegeben. Sie werden in einem "Brennstoffbecken" in einer Halle gelagert, die unter IAEA-Aufsicht steht. Von dort wird der Reaktor nach und nach bestückt. Erst im November soll das Kraftwerk ans Netz gehen, dann wird es noch sechs bis sieben Monate dauern, bis die volle Leistung von 1000 Megawatt erreicht ist.

Kritiker werfen Iran vor, das Spaltmaterial von Bushehr auch zu militärischen Zwecken nutzen zu wollen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow bestritt dies. "Die Überwachung durch die IAEA schließt eine Manipulation an den (von Russlands Atomkonzern Rosatom gelieferten) Brennstäben aus", sagte Lawrow am 20. August.

1974 hatten vor allem deutsche Ingenieure mit dem Bau der Anlage begonnen. Nach der Gründung der Islamischen Republik 1979 verweigerte der Westen der neuen Führung in Teheran die Zusammenarbeit. Iran einigte sich mit Russland, das in den 1990er Jahren den Weiterbau des Blocks übernahm.

Nach Angaben der russischen Firma Rosatom bietet die Anlage in Bushehr keinen Grund zur Sorge. Moskau will den gesamte Brennstoff für den Leichtwasser-Reaktor liefern und den Atommüll komplett zurücknehmen.

Zwei Tage vor der Eröffnung des neuen Reaktors bekräftigte Salehi den Kurs Irans im Atomstreit. Sein Land habe keine andere Wahl, als sich in dieser Frage den Weltmächten zu widersetzen, sagte er am 18. August der Agentur ISNA. "Wenn wir weiterhin Widerstand leisten, wird die Ablehnung unseres Nuklearprogramms bröckeln." Schon aus rein wirtschaftlichen Gründen müsse Iran seine Ziele weiter verfolgen. Es sei deutlich günstiger, Strom aus Atomkraft zu erzeugen als mit Kraftwerken, die Gas oder Öl umwandeln.

Israel hat massive Kritik an der Inbetriebnahme des ersten Atomkraftwerks in Iran geübt. Es sei völlig inakzeptabel, dass ein Land, das so offensichtlich internationale Vereinbarungen verletze, in den Genuss der Atomenergie kommen solle, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am 22. August in Jerusalem.


US-Regierung: Iran mindestens ein Jahr von der Atombombe entfernt

Die Regierung der USA ist davon überzeugt, dass Iran mindestens ein Jahr von einer Atombombe entfernt ist. Die Islamische Republik benötige ein Jahr oder länger, um mit ihrer derzeitigen Ausrüstung und aus ihren Beständen an niedrig angereichertem Uran waffenfähiges Material zu machen, wurde der Atomberater von US-Präsident Barack Obama, Gary Samore, am 20. August in der Online-Ausgabe der "New York Times" zitiert. Das Erreichen dieses Stadiums wird in den USA als "breakout" (Durchbruch) bezeichnet.

Internationale Inspektoren würden einen Schritt Irans zum "breakout" binnen Wochen bemerken, führte Samore aus. Damit hätten die USA und Israel genügend Zeit, sich eine geeignete Reaktion zu überlegen. Samores Äußerung zufolge ist die US-Regierung also weniger über das iranische Atomprogramm beunruhigt als Israel. Die israelische Regierung geht davon aus, dass Iran nur noch einige Monate von einer Atombombe entfernt ist und hatte wiederholt angedroht, iranische Atomanlagen anzugreifen.

Samore stützte sich laut "NYT" bei seiner Einschätzung auf Geheimdiensterkenntnisse der vergangenen Monate. Demnach ist allerdings nicht klar, welche Faktoren Iran bei der Anreicherung seines Urans Probleme bereiten. Es könnte an leistungsschwachen Zentrifugen, Schwierigkeiten bei der Beschaffung notwendiger Bauteile oder den verstärkten Bemühungen des Westens, das iranische Atomprogramm durch Sanktionen zu behindern, liegen, hieß es dem Bericht zufolge.


Bau von dritter Urananreicherungsanlage angekündigt

Iran geht im Streit um sein Atomprogramm weiter auf Konfrontationskurs. Ungeachtet der jüngsten UN-Sanktionsrunde kündigte die Regierung in Teheran am 16. August den Bau einer dritten Anlage zur Urananreicherung an. Baubeginn solle 2011 sein, wurde der Chef der iranischen Atombehörde, Ali Akbar Salehi, auf der Internetseite des Staatsfernsehens zitiert. Bislang hat Iran eine Anreicherungsanlage in Natans in Betrieb. Eine zweite Anlage wird derzeit innerhalb eines Berges in Fordo südlich von Teheran gebaut.

Insgesamt seien zehn Standorte für neue Urananreicherungsanlagen gefunden worden, sagte Salehi. Eine der Anlagen solle ab der ersten Hälfte des kommenden Jahres errichtet werden. Wo sie entstehen soll, sagte Salehi nicht.

Nach Erkenntnissen der Internationalen Atombehörde IAEA hat Iran damit begonnen, den Prozess der Urananreicherung mit zusätzlichen Anlagen effektiver zu gestalten. Dazu nutze das Land in seiner Anlage Natans eine zweite Kaskade von Zentrifugen, teilte IAEA am 9. August in Wien mit. Ziel ist es nach iranischer Darstellung, das Uran auf 20 Prozent anzureichern, um es in einem medizinischen Forschungsreaktor einzusetzen.

Niedrig angereichertes Uran wird in Iran schon länger hergestellt. Die höhere Anreicherung nährt im Westen den Verdacht, dass sich Iran die Technologie zum Bau von Atomwaffen beschaffen will.


Iran rüstet rasch auf

Medienberichten zufolge hat Iran in den letzten Wochen seine militärische Schlagkraft erheblich gestärkt. Am 4. August meldeten Agenturen, dass Iran trotz Russlands Absage eines vor zwei Jahren vereinbarten Rüstungsgeschäfts in den Besitz von vier Flugabwehrraketen des Typs S-300 gelangt sein soll. Zwei Raketen habe Iran von Weißrussland erhalten, zwei weitere stammten von unbekannten Lieferanten, meldete die halbamtliche Nachrichtenagentur Fars. Der Bericht wurde von offizieller Seite weder bestätigt noch dementiert.

Mit dem Besitz der S-300 würden sich die militärischen Möglichkeiten Irans erheblich erweitern, was in Israel wegen einer möglichen Verschiebung der militärischen Kräfteverhältnisse in der Region mit Sorge betrachtet wird. Israel hat Teheran im Falle eines Konflikts mit Luftangriffen gedroht.

Am 8. August meldete die Agentur Fars, die iranische Kriegsmarine könne sich jetzt auf vier neue leichte U-Boote stützen. Die Schiffe der "Kadir"-Klasse seien vollständig im Inland hergestellt worden. Sie sollen unter Wasser Torpedos und Raketen abfeuern können und werden dieselelektrisch angetrieben.

Am 22. August, einen Tag nach der Eröffnung des Atomkraftwerks in Bushehr, präsentierte Iran erstmals eine Drohne aus eigener Produktion. Der unbemannte Flugkörper mit dem Namen "Karar" (Angreifer) sei vier Meter lang und könne mit einer "größeren Menge Sprengstoff" sein Ziel ansteuern, berichtete die Agentur Fars.

"Diese Drohne kann ein Botschafter des Todes für die Feinde der Menschheit sein. Zugleich kann sie aber auch ein Bote der Rettung, des Friedens und der Freundschaft sein", sagte Präsident Ahmadinedschad bei einer Feierstunde zum Tag der nationalen Rüstungsindustrie. Die iranischen Streitkräfte wollten nicht als Aggressor auftreten, "aber sie sollen so stark sein, dass jedem Aggressor die Hand abgehackt werden kann, noch bevor dieser in Aktion tritt", zitierte die Nachrichtenagentur Mehr den Präsidenten. Die Fortschritte der iranischen Waffenindustrie müssen dazu führen, dass "alle Waffen unserer Feinde", die gegen Iran gerichtet seien, unschädlich gemacht werden könnten, sagte Ahmadinedschad.

Drohnen gehören in vielen Ländern zum Arsenal der Streitkräfte. Die so genannten unbemannten Fluggeräte sind mit modernster Elektronik ausgestattet und können unterschiedliche militärische Aufgaben übernehmen. Das Spektrum reicht von der Überwachung von Konfliktgebieten über die taktische Aufklärung bis zur Erfassung und Zerstörung gegnerischer Ziele. So gibt es regelmäßig Berichte über US-Drohnenangriffe gegen Stellungen von Aufständischen in Pakistan mit Toten und Verletzten.

Am 23. August begann Iran nach eigenen Angaben mit der Serienfertigung von zwei neuen schnellen Kampfbooten. Verteidigungsminister Ahmad Wahidi weihte die Fertigungslinien der beiden Bootsmodelle "Seradsch" und "Solfaghar" ein, wie die Nachrichtenagentur IRNA meldete. Gebaut werden die Schiffe auf Werften des Verteidigungsministeriums. Bei beiden Schiffstypen handelt es sich IRNA zufolge um mit Raketenwerfern ausgerüstete Schnellboote, die sowohl für Patrouillen als auch für Angriffsmanöver geeignet sind.

Wahidi sagte, die neuen Schnellboote würden die Verteidigungsfähigkeit Irans verbessern. Die iranische Armee und die Revolutionsgarden des Landes könnten inzwischen die Sicherheit im Persischen Golf, im Golf von Oman und in der Meerenge von Hormos garantieren - jenen Wasserstraßen, durch die fast 40 Prozent des weltweit geförderten Erdöls transportiert werden. Zugleich warnte er Gegner Irans, "nicht mit dem Feuer zu spielen". Die Antwort Irans auf einen Angriff sei "nicht vorhersehbar" und werde sich nicht auf eine Region beschränken.

Die Islamische Republik ist eine hochgerüstete Regionalmacht. Mit zusammen 523.000 Mann bei der regulären Armee und der Revolutionsgarden unterhält Iran die zahlenmäßig größte Streitmacht im Nahen und Mittleren Osten. Im Kriegsfall können bis zu einer Million Kämpfer der Volksmiliz mobilisiert werden. Darüber hinaus verfügt das Regime über eine ganze Reihe paramilitärischer Organisationen, die der Öffentlichkeit nicht bekannt sind und im Geheimen im In- und Ausland operieren.


Iran will Dollar- und Euroreserven loswerden

Iran sollte nach den Worten von Vizepräsident Mohammad Resa Rahimi als Antwort auf die UN-Sanktionen seine "dreckigen Dollar- und Euro-Reserven" loswerden. Iran werde seine Geschäfte nur in Rial und den Landeswährungen seiner Handelspartner abwickeln, sagte Rahimi am 9. August.

Iran hat nach eigenen Angaben sämtliche iranische Bankkonten in Europa aufgelöst. Die Zentralbank habe die Guthaben iranischer Banken von Konten in Europa abgezogen, sagte Zentralbankchef Mahmud Bahmani laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Fars am 27. August. Daher gebe es kein Problem mit dem Einfrieren iranischer Konten durch die Europäische Union. Bahmani nannte keine Summe und sagte auch nicht, wann genau das Geld aus Europa abgezogen wurde. "Wir werden während der Sanktionen den Bedarf unseres Volkes decken", sagte er. "Die Zentralbank hat mit dieser Situation bereits vor sechs Monaten gerechnet."


China investiert 40 Milliarden Dollar in Energiesektor

Iran und China bauen ihre Wirtschaftsbeziehungen weiter aus. Die Volksrepublik hat iranischen Angaben zufolge fast 40 Milliarden Dollar in den Öl- und Gassektor des Landes investiert. Der iranische Vize-Ölminister, Hossein Noghrehkar Schirasi, sagte der Nachrichtenagentur Mehr zufolge am 31. Juli, dass China mit einer Summe von 29 Milliarden Dollar an Projekten beteiligt sei und Verträge über weitere Investitionen in Höhe von 10 Milliarden Dollar für den Bau petrochemischer Anlagen und Raffinerien mit Peking unterzeichnet worden seien. China habe zudem angeboten, sich am Bau von sieben neuen Raffinerien zu beteiligen, sagte Schirasi.

2009 hatte China Deutschland als wichtigsten Handelspartner Irans entthront. Das Handelsvolumen zwischen China und Iran belief sich im vergangenen Jahr auf 21,2 Milliarden Dollar. Die Europäische Union hatte im Atomstreit mit Iran ihre Sanktionen zuletzt deutlich verschärft. Europäische Firmen dürfen Iran keine Schlüsseltechnologien mehr verkaufen oder zur Verfügung stellen.

Nach dem Lieferboykott, den große europäische Benzinunternehmen über Iran verhängt haben, ist China in diesem Jahr auch zu einem der größten Benzinlieferanten Irans geworden. Peking lehnt die Ende Juli von der EU beschlossenen Sanktionen gegen die Islamische Republik ab. Der Konflikt um das iranische Atomprogramm werde am besten im Dialog und mit diplomatischen Mittel gelöst, teilte das chinesische Außenministerium am 30. Juli auf seiner Website in einer Stellungnahme mit.

Als ständiges Mitglied des Sicherheitsrates habe China stets die UN-Resolutionen befolgt, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums, Jiang Yu, der Zeitung "China Daily" am 5. August. Der US-Sonderberater für Rüstungskontrolle, Robert Einhorn, hatte China kürzlich dazu aufgefordert, die Iran-Sanktionen des Weltsicherheitsrats einzuhalten.

"Chinas Handel mit Iran ist eine normale Geschäftsbeziehung, die die Interessen anderer Staaten und des UN-Sicherheitsrats nicht berührt", sagte Jiang dem Blatt.


Russland kritisiert EU-Sanktionen

Neben China hat auch Russland die von der Europäischen Union beschlossenen schärferen Sanktionen gegen Iran als "unannehmbar" kritisiert. "Diese Maßnahmen untergraben unsere gemeinsamen Bemühungen, im Atomstreit mit der Führung in Teheran eine politische und diplomatische Lösung zu finden", teilte das Außenministerium in Moskau am 27. Juni mit. Die am Vortag von der EU beschlossenen Sanktionen seien eine "Geringschätzung der behutsam koordinierten Bestimmungen" der UN-Resolutionen. Die Außenminister der 27 EU-Staaten hatten die bisher umfangreichsten Sanktionen gegen Iran beschlossen. Sie gehen über die im Juni vom Weltsicherheitsrat vereinbarten Maßnahmen gegen Teheran weit hinaus.

Die USA haben die geplante Inbetriebnahme des mit russischer Hilfe gebauten iranischen Kernkraftwerks in Bushehr kritisiert. Bevor Teheran nicht die friedlichen Absichten seines Atomprogramms nachweise, sei es "verfrüht", Projekte mit Iran voranzutreiben, hatte Außenministerin Hillary Clinton im Frühjahr bei einem Besuch in Moskau gesagt. Moskau hingegen billigt der Führung in Teheran das Recht auf zivile Nutzung der Atomenergie zu.


"Spiegel": Zoll stoppt Siemens-Teile für Reaktor im Iran

Der Zoll am Flughafen Frankfurt am Main hat nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" die Lieferung von Siemens-Ausrüstung nach Iran verhindert. Die Schalter, Schaltkomponenten und Rechenmodule seien angeblich für den Atomreaktor im iranischen Bushehr bestimmt gewesen, hieß es in dem Bericht vom 9. August. Sie hätten über Moskau gehen sollen.

Die Siemens AG erklärte dazu auf Anfrage, sie halte an ihrem im Januar verkündeten Rückzug aus dem Neugeschäft in Iran fest. Es gebe im Unternehmen keinerlei Anhaltspunkte, "dass gegen Bestimmungen verstoßen wurde und dass es sich um eine direkte Lieferung von Siemens handelt", betonte der für das Irangeschäft zuständige Siemens-Vorstand Siegfried Russwurm.

Laut Spiegel sollten die Teile zunächst an eine Tochter der russischen Nuklearfirma Atomstroyexport gehen, die die Anlage derzeit fertig stellte, und dann weiter in Richtung Bushehr transportiert werden. Da die Weiterleitung der Sendung nach Auffassung der deutschen Behörden gegen das strenge EU-Iran-Embargo verstoßen hätte, untersagte der Zoll die Abfertigung. Eine Atomstroyexport-Sprecherin habe das bestätigt, den Fall aber nicht weiter kommentiert.

Der deutsche Zoll hat dem Bericht zufolge seit Ende vergangenen Jahres rund ein halbes Dutzend Lieferungen unterschiedlicher Herkunft, die größtenteils über Russland nach Iran befördert werden sollten, in Frankfurt aufgehalten. Staatsanwälte in Frankfurt und Nordrhein-Westfalen ermittelten inzwischen gegen drei deutsche Firmen wegen des Verdachts, gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben. Siemens zähle nicht dazu.

Siemens-Manager Russwurm erklärte dazu, die mittlerweile verschärften Embargobedingungen bei Lieferungen von Gütern nach Iran würden selbstverständlich strikt eingehalten. "Seit Mitte des Jahres nehmen wir keine neuen Geschäfte mehr an. Dass wir uns an sämtliche Ausfuhrbestimmungen halten, steht außer Frage."


Lukoil-Tochter: Keine Lieferung nach Iran

Die im Handel tätige Tochter des russischen Ölkonzerns Lukoil hat Berichten widersprochen, sie habe die im April ausgesetzten Benzinlieferungen nach Iran wieder aufgenommen. "Wir liefern kein Benzin nach Iran. Wir haben keine aktuellen Verträge und wir haben auch keine Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen oder anderen Firmen, um Benzin zu liefern", sagte der Chef der Lukoil-Tochter Litasco, Sergej Tschaplygin, am 12. August der Nachrichtenagentur Reuters.

Händler hatten am Vortag berichtet, Litasco habe zusammen mit einer chinesischen Firma vor einigen Tagen 250.000 Barrel Benzin nach Iran geliefert. Eine zweite Lieferung von Litasco sei noch für die kommenden Tage geplant. Ein Lukoil-Sprecher sagte, einmalige Lieferungen stünden im Zusammenhang mit früheren Verträgen.


Dänische Firma zahlt Strafe wegen Verstoßes gegen US-Embargo

Das dänische Unternehmen Moeller-Maersk hat nach eigenen Angaben eine Millionenstrafe an die USA gezahlt, weil der Logistik-Konzern gegen das von den USA gegen Iran und den Sudan erlassene Handelsembargo verstoßen hat. Wie der Konzern am 2. August in Kopenhagen mitteilte, zahlte das Unternehmen wegen der Verstöße 3,1 Millionen Dollar. Die US-Behörden hatten dem dänischen Konzern vorgeworfen, zwischen Januar 2003 und Oktober 2007 für den Transport von 4714 Lieferungen in den Sudan oder nach Iran in den USA registrierte Schiffe benutzt zu haben.

"Wir erkennen Verpflichtungen an, die Handelssanktionen und Gesetze der Länder, in denen wir im Einsatz sind, zu respektieren", sagte Unternehmenssprecher Kevin Speers der Nachrichtenagentur AFP. "Wir bedauern die Verstöße." Seinen Angaben zufolge enthielten die Lieferungen lediglich "Handelsgüter".

Gegen den Sudan hatten die USA im Jahr 1997 ein Handelsembargo erlassen. Washington warf dem afrikanischen Land die Unterstützung internationaler Terroristen sowie die Verletzung von Menschenrechten vor. Das US-Embargo gegen Iran wurde im Jahr 1987 unter der Regierung von Präsident Ronald Reagan verschärft, nachdem der Handel mit der Islamischen Republik bereits in den Jahren 1979 und 1984 eingeschränkt worden war.


Irak stimmt Durchleitung von iranischem Gas zu

Irak stimmte der Durchleitung von iranischem Gas durch sein Territorium zu. Damit werde in Zukunft Erdgas von Iran über den Irak nach Syrien und ans Mittelmeer fließen können, teilte der irakische Erdölminister Hussein al-Schahristani am 12. August in einer Presseerklärung in Bagdad mit. Zuvor hatte sich eine Delegation des iranischen Ölministeriums in Bagdad aufgehalten, wo eine diesbezügliche Vereinbarung getroffen worden sei.

Demnach sollen bis zu 110 Millionen Kubikmeter Erdgas pro Tag durch Irak geleitet werden. Damit könnte auch der Gasbedarf des Zweistromlands gedeckt werden, der mit 10 Millionen Kubikmeter pro Tag beziffert wird. Wann mit der Durchleitung begonnen wird und in welchem Ausmaß dazu bestehende und erst zu bauende Pipelines genutzt werden sollen, war zunächst nicht bekannt.

Iran verfügt nach Russland über die größten Erdgasreserven der Welt. Das Land tut sich allerdings schwer, diese für den Export zu nutzen, weil es durch Sanktionen der UNO und des Westens beim Aufbau der entsprechenden Infrastruktur behindert wird.


ARD: Deutsche Firma soll gegen Iran-Sanktionen verstoßen haben

Ein deutscher Flugmotorhersteller steht einem Magazinbericht zufolge im Verdacht, gegen das Exportverbot nach Iran verstoßen zu haben. Die Bundesanwaltschaft ermittle deshalb gegen die Firma, meldete das ARD-Magazin "Panorama" am 12. August vorab. Das Unternehmen werde verdächtigt, illegal Flugmotoren in die Islamische Republik geliefert zu haben, die auch für militärische Zwecke nutzbar seien.

Die Bundesanwaltschaft wollte sich zu dem Bericht nicht äußern. Das Kölner Zollkriminalamt (ZKA) bestätigte, dass bestimmte Flugmotoren für Kampfdrohnen verwendet werden können. Das ZKA überwacht die Einhaltung des Ausfuhrverbots. In der Vergangenheit habe es bereits Bemühungen Irans gegeben, Güter dieser Art zu beschaffen, sagte ZKA-Sprecher Rüdiger Hagen der Nachrichtenagentur Reuters. Weitere Einzelheiten habe das ZKA nicht nennen wollen.


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Aussenpolitik

US-Topmilitär: Schlag gegen Iran bleibt Option

Ein Militärschlag gegen Iran bleibt nach den Worten von Generalstabchef Mike Mullen für die USA "eine Option", sollte Teheran Atomwaffen entwickeln. Der Admiral machte in einem Interview des Senders NBC am 2. August aber zugleich klar, dass die USA wegen der enormen Konsequenzen alles tun würden, um einen solchen Schritt zu vermeiden.

Mullen sprach von einer Art Gratwanderung zwischen den destabilisierenden Folgen eines iranischen Atomwaffenbesitzes und denen eines Militärschlags in einem ohnehin "unglaublich instabilen" Teil der Welt. "Ich bin äußerst besorgt über die möglichen Folgen in beiden Fällen", sagte Mullen. Er hoffe, dass Diplomatie, die jüngsten verschärften Sanktionen gegen Teheran und der internationale Druck auf die iranische Führung Wirkung zeigten.

Dennoch, so bekräftigte der Admiral, blieben Militäraktionen als Möglichkeit auf dem Tisch und die USA hätten auch einen entsprechenden Plan parat. "Es ist sicherlich eine Option, die der Präsident hat. (...) Ich hoffe, dass es nicht dazu kommt", sagte Mullen.


Ahmadinedschad rechnet mit baldigem US-Angriff in Nahost

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad rechnet nach seinen eigenen Worten in den nächsten drei Monaten mit einem Militärschlag der USA im Nahen Osten. Der Schlag werde gegen mindestens zwei Länder geführt, sagte Ahmadinedschad in einem am 27. Juli vom staatlichen Sender Press TV ausgestrahlten Interview. Ob Iran Ziel eines solchen Angriffs sein werde, ließ der Präsident ebenso offen, wie die Frage, woher diese Informationen stammen. Die USA und Israel haben in der Vergangenheit einen Militärschlag gegen das iranische Atomprogramm nicht ausgeschlossen.

Israel, das keine Auskunft über die Existenz eigener Atomwaffen gibt, hat bereits früher solche Präventivschläge ausgeführt. 1981 zerstörte es den einzigen Atomreaktor des Irak, 2007 bombardierte es eine angebliche Nuklearanlage in Syrien. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Aussicht auf einen atomar bewaffneten Iran als "äußerste terroristische Bedrohung" bezeichnet.

Am 2. August erklärte Ahmadinedschad, das andauernde Säbelrasseln der USA zeige, dass die Führung in Washington mit ihrem Latein am Ende sei. "Wie viele Sanktionen habt Ihr jetzt verhängt? Vier?", fragte er in Anspielung auf die vier bisher vom Weltsicherheitsrat gegen Iran verabschiedeten Sanktionen. "Ihr könnt 4000 Resolutionen verabschieden. Das alles zeigt doch bloß, dass die US-Regierung nicht weiter weiß."

Indes warnte Teheran die USA vor einem Militärschlag und drohte mit einem Gegenangriff. Das islamische Land werde seine territoriale Integrität und Interessen verteidigen, sagte der Vize-Chef der paramilitärischen Revolutionsgarden, General Jadollah Dschawani, am 2. August laut der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA. Er sprach von "psychologischer Kriegsführung" der USA. Damit wolle die US-Regierung Iran dazu bringen, klein beizugeben.

Dschawani zeigte sich überzeugt, dass weder die USA noch Israel es wagen würden, sein Land anzugreifen. "Wir würden auf jeden Angriff entschlossen reagieren. Und die USA sind sich darüber im Klaren, dass der Persische Golf eine strategisch wichtige Region ist. Die Sicherheit dieser Region zu gefährden, würde gleichzeitig eine Gefährdung der amerikanischen Interessen bedeuten", sagte er.

Iran hat bereits wiederholt gewarnt, er werde im Falle eines Angriffs auch die Ölwaffe einsetzen und zum Beispiel die für den internationalen Tankerverkehr wichtige Straße von Hormos sperren.


Israel erwägt Alleingang gegen Iran

Israel könnte nach Einschätzung eines US-Magazins Iran bereits innerhalb der nächsten zwölf Monate im Alleingang angreifen und dabei auf "grünes Licht" der US-Regierung verzichten. Zu diesem Ergebnis kommt der Journalist Jeffrey Goldberg in einem Beitrag für die September-Ausgabe des Magazins "The Atlantic".

Goldberg beruft sich auf Gespräche mit 40 früheren und derzeitigen "Entscheidungsträgern" in Israel sowie vielen amerikanischen und arabischen Regierungsmitarbeitern. Nach deren Einschätzung liegt die Wahrscheinlichkeit eines Militärschlages derzeit bereits bei 50 Prozent.

Israel gehe davon aus, dass Iran nur noch ein bis drei Jahre benötige, um Atomwaffen herzustellen, heißt es weiter. Ein Angriff könne das iranische Atomprogramm um drei bis fünf Jahre zurückwerfen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lehne eine Diskussion in Israel über die Möglichkeit eines Militärschlags oder einen Zeitplan ab, schreibt Goldberg weiter. Aus Gesprächen mit anderen israelischen Politikern habe er jedoch den Eindruck gewonnen, dass Netanjahu bis Dezember warten wolle, ob die "nicht militärischen Methoden" des Westens das iranische Atomprogramm stoppen.

"Wenn die Israelis zu dem sicheren Ergebnis kommen, dass (US-Präsident Barack) Obama unter keinen Umständen einen Militärschlag gegen Iran ausführt, dann beginnt der Countdown für einen israelischen Angriff", schreibt Goldberg unter Berufung auf einen israelischen Regierungsmitarbeiter.

"Eines Tages im kommenden Frühjahr könnten der nationale Sicherheitsberater in Israel, Uzi Arad, und der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak gleichzeitig ihre Partner im Weißen Haus und im Pentagon anrufen und ihnen mitteilen, dass Netanjahu gerade rund 100 (Kampfflugzeuge vom Typ) F-15ES, F16IS sowie anderen Flugzeugen der israelischen Luftwaffe den Befehl gegeben habe, westlich in Richtung Iran zu fliegen", beschreibt Goldberg ein mögliches Szenario. Die israelischen Kampfflugzeuge würden aller Wahrscheinlichkeit nach über den Irak sowie - mit stillschweigender Duldung des Königshauses - über Saudi-Arabien fliegen.

Goldberg listet auch mögliche Folgen eines israelischen Militärschlags auf. Der könnte tödliche Gegenangriffe oder sogar einen Krieg in der ganzen Region auslösen, dem tausende Iraner, Israelis und US-Bürger zum Opfer fallen könnten. Die Erdölpreise könnten katastrophal in die Höhe schnellen. Darüber hinaus würden die Beziehungen Israels zum wichtigsten Verbündeten, den USA, schwer beschädigt. Sollte Iran als Vergeltung US-Truppen im Irak oder Afghanistan angreifen, wären die Konsequenzen für Israels Verhältnis zur US-Militärführung katastrophal, schreibt Goldberg.

"Der einzige Grund, warum Bibi (Netanjahu) die Beziehungen Israels zu den USA total gefährden würde, ist, dass er glaubt, Iran stellt eine Gefahr wie der Holocaust dar", zitiert der Autor einen israelischen Regierungsmitarbeiter.

Israel betrachte einen atomar aufgerüsteten Iran unter anderem deshalb als Gefahr, weil Juden dann in Israel keine sichere Heimstätte mehr hätten, zitiert Goldberg den israelische Ex-General Ephraim Sneh. "Damit wird die Daseinsberechtigung Israels untergraben."


Allawi befürchtet Krieg um Irans Atomprogramm, Castro warnt vor Atomkrieg

Iraks ehemaliger Ministerpräsident Ijad Allawi erwartet mit "sehr hoher Wahrscheinlichkeit" einen Krieg um Irans Nuklearprogramm. "Überall in der Region herrscht Angst, auch in Amerika, auch in Iran", sagte Allawi in einem Interview des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" in der Ausgabe vom 29. August. "Wir steuern auf eine Lage zu, die beinahe der Kuba-Krise von 1962 gleicht", meinte er. Die internationale Staatengemeinschaft dürfe den Gesprächsfaden mit Teheran aber nicht abreißen lassen, sondern müsse versuchen, "zu sehen und zu spüren, wo Irans Ängste liegen".

Allawi, der 2004 bis 2005 irakischer Ministerpräsident war, ging aus der Parlamentswahl im März als knapper Sieger hervor, konnte bislang aber keine Regierung bilden. Nach dem offiziellen Ende des US-Kampfeinsatzes im Irak fürchtet Allawi einen Rückfall in die blutigen Jahre 2006 und 2007. "In den sieben Jahren, in denen sie (die US-Truppen) hier waren, haben wir für uns selbst nichts erreicht."

Auch Kubas Ex-Präsident Fidel Castro hat in seiner ersten Rede vor dem Parlament seit seinem Machtverzicht vor vier Jahren vor einem Atomkrieg gegen Iran gewarnt. Sollte es zu solch einem Krieg kommen, "würde die bestehende Weltordnung nicht überleben", sagte Castro am 8. August bei einer außerordentlichen Sitzung in Havanna. Er hatte eigens zur Erörterung dieses Themas die Sitzung einberufen lassen.


Iran warnt vor Angriffen auf Bushehr

Iran hat den Westen vor möglichen Angriffen auf seine Atomanlage in Bushehr gewarnt. "Jegliche Aggression" werde einen "ernsten Gegenschlag" nach sich ziehen, sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, am 17. August in Teheran. Ein Angriff auf Bushehr würde ein "internationales Verbrechen" darstellen, fügte der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, laut IRNA hinzu.

Zuvor hatte der frühere US-Gesandte bei der UNO, John Bolton, erneut die Möglichkeit einer israelischen Attacke ins Spiel gebracht. Israel blieben noch acht Tage für einen Luftangriff auf Bushehr, um das Hochfahren des Atomkraftwerks zu verhindern, sagte Bolton am 16. August dem Fernsehsender Fox. Wenn das Atomkraftwerk einmal in Betrieb sei, werde es wegen der Gefahr einer radioaktiven Verseuchung für einen Angriff zu spät sein. Zugleich äußerte sich Bolton skeptisch über die Wahrscheinlichkeit einer solchen Attacke. Er fürchte, dass die Gelegenheit bereits verstrichen sei.


USA wollen Patriot-Raketen an Kuwait liefern

Die USA wollen Abwehrraketen des Typs Patriot für 900 Millionen Dollar an ihren arabischen Verbündeten Kuwait liefern. Das Emirat benötige die Waffen gegen "derzeitige und künftige Bedrohungen durch Feinde", teilte das US-Verteidigungsministerium am 11. August in Washington mit. Kuwait hatte Washington um das Rüstungsgeschäft gebeten. Das Land am Persischen Golf bemüht sich derzeit um die Aufrüstung seiner Streitkräfte gegen mögliche Bedrohungen durch Iran.

Das geplante Waffengeschäft nütze der "Außen- und Sicherheitspolitik der USA", teilte das Verteidigungsministerium weiter mit. Wie vorgeschrieben sei der US-Kongress über den geplanten Raketenverkauf informiert worden. US-Presseberichten zufolge prüft die US-Regierung derzeit auch den Verkauf von Kampfjets des Typs F-15 an Saudi-Arabien, das sich als regionales Gegengewicht zu Iran in der Golfregion sieht. Der Wert der Waffenlieferung beläuft sich nach Berechnung des Wall Street Journal (in der Ausgabe 9. August) auf 30 Milliarden US-Dollar.

Die Aufrüstung der Golfstaaten gehört zu einer Strategie der USA, die bereits unter Ex-Präsident George W. Bush gegen Iran eingeleitet wurde. Ziel dieser Strategie ist die Bildung einer arabisch-sunnitischen Front, die im Ernstfall gegen mögliche Großmachtambitionen der Islamischen Republik eingesetzt werden soll. Sie ist eine Ergänzung zu der militärischen Konzentration der USA am Persischen Golf, der größten Konzentration an Kriegsschiffen, Waffengängen und Stützpunkten seit dem Einmarsch in den Irak.


Iran ruft Nachbarn zum Schulterschluss gegen die Nato auf

Iran hat die persischsprachigen Nachbarländer Afghanistan und Tadschikistan zum Schulterschluss gegen die Nato in Asien aufgerufen. "Die europäischen Nato-Länder wollen Druck auf China, Russland und Indien ausüben. Und wenn sie auf drei unabhängige und gestärkte Länder treffen, dann ist das ein Hindernis", sagte Präsident Mahmud Ahmadinedschad am 6. August bei einem Gipfeltreffen mit seinen Amtskollegen aus Afghanistan und Tadschikistan. Die drei Länder sollten ihre wirtschaftlichen und politischen Beziehungen stärken und von Großmächten unabhängig sein.

Iran versucht derzeit seinen Einfluss in der Region zu verstärken. Ahmadinedschad forderte den Abzug ausländischer Truppen, damit Iran, Afghanistan und Tadschikistan enger zusammenarbeiten können. Der afghanische Staatschef Hamid Karsai ist auf der Suche nach Verbündeten für die Zeit nach dem Abzug der Nato-Truppen.

Indes hat der US-Kommandeur der US-Truppen im Irak, Ray Odierno, Iran vorgeworfen, mit Hilfe radikalislamischer Gruppen die Entwicklung einer stabilen Demokratie im Nachbarland verhindern zu wollen. "Ich denke, sie wollen nicht, dass der Irak ein starkes demokratisches Land wird", sagte Odierno am 22. August dem US-Nachrichtensender CNN. Die Führung in Teheran wolle vielmehr eine schwache irakische Regierung, die ihr keine Probleme mache.

Deshalb finanziere und bilde Iran schiitische Extremisten im Irak aus, um die Aufständischen zu stärken, sagte der General weiter. Dabei seien Angriffe auf US-Truppen nur ein Ziel. Ein weiteres Ziel der iranischen Führung sei es, "sicherzustellen, dass jeder ihren Einfluss im Nachbarland begreift". Iran wolle mit aller Macht beeinflussen, dass sich im Irak nur ein "ganz bestimmter Typus von Regierung" bilde.


Ahmadinedschad will "von Mann zu Mann" mit Obama sprechen, Obama lehnt ab

Präsident Ahmadinedschad hat seinem US-Amtskollegen Barack Obama einen Dialog "von Mann zu Mann" über "die Fragen der Welt" vorgeschlagen. Er werde im September zur UN-Vollversammlung nach New York reisen, sagte Ahmadinedschad am 2. August in einer im staatlichen Fernsehen übertragenen Ansprache. Dann sei er bereit, sich "von Angesicht zu Angesicht und von Mann zu Mann" mit Obama zusammenzusetzen und öffentlich über die großen Fragen der Welt zu diskutieren. Dabei werde sich herausstellen, wessen Lösungen die besseren seien, sagte der iranische Präsident.

Das Weiße Haus in Washington hat das Gesprächsangebot am 3. August zurückgewiesen. Iran verweigere sich nach wie vor einem ernsthaften Dialog über sein Atomprogramm, sagte Obamas Sprecher Robert Gibbs in Washington. Die US-Regierung habe immer gesagt, sie sei zu Gesprächen über das iranische Atomprogramm bereit, "wenn Iran das Thema ernst nimmt".


Weißes Haus dementiert Obama-Warnung an Türkei

Das Weiße Haus hat einen Bericht dementiert, demzufolge US-Präsident Barack Obama die Bündnistreue der Türkei angezweifelt und Waffengeschäfte mit dem Land in Frage gestellt habe. Obama habe nie geplante Waffenverkäufe an die Türkei mit einer Forderung an das Land nach einer Änderung seiner Politik gegenüber Iran und Israel verknüpft, sagte sein Sprecher Robert Gibbs am 16. August in Milwaukee. Er habe keine Ahnung, wie es zu einem entsprechenden Bericht der "Financial Times" gekommen sei, fügte Gibbs hinzu. Obama und der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hätten vor zehn Tagen telefoniert, dabei habe Obama aber keine derartige Warnung ausgesprochen.

Dem Bericht der Financial Times zufolge hatte Obama Erdogan zu einem härteren Kurs gegen Iran und mehr Verständnis für Israel aufgefordert. Obama habe Erdogan gesagt, dass einige Aktivitäten der Türkei im US-Kongress Fragen aufgeworfen hätten, berichtete das Blatt. Dies könne es erschweren, den Verkauf von Waffen an die Türkei durch den Kongress absegnen zu lassen.

Die türkische Tageszeitung "Cumhuriyet" berichtete am 20. August, die USA wollten türkische Firmen notfalls mit Sanktionen am florierenden Geschäft mit Iran hindern. US-Regierungsvertreter hätten bei Gesprächen in Ankara gedroht, türkische Energieunternehmen und Banken auf eine schwarze Liste zu setzen, wenn diese ihre Geschäftsbeziehungen zu Iran ungeachtet des internationalen Streits um das iranische Atomprogramm fortsetzten. Washington habe die Warnung von einer Delegation aus Mitarbeitern des Außen- und Finanzministeriums überbringen lassen.

Die türkische Regierung will den Handel mit Iran trotz des Atomstreits kräftig ausbauen. Im kommenden Jahr sei ein Handelsvolumen von 20 Milliarden US-Dollar beabsichtigt, hatte Staatsminister Hayati Yazici erklärt. Dazu solle die Zahl der Zollübergänge an der gemeinsamen Grenze auf vier verdoppelt werden. Das Handelsvolumen der beiden Staaten hatte im Jahr 2008 rund 10 Milliarden US-Dollar betragen, war dann aber im vergangenen Jahr auf rund 5,5 Milliarden Dollar gesunken.

Die Türkei nimmt seit geraumer Zeit einen grundsätzlichen Kurswechsel in ihrer Außenpolitik vor. Am 23. August berichteten türkische Medien, dass die Türkei den sicherheitspolitischen Blick auf ihre unmittelbare Nachbarschaft verändert und Griechenland und Iran nicht mehr als Gefahrenquellen einstufen will. Auch Russland und der Irak sollten im neuen Weißbuch zur sicherheitspolitischen Lage nicht mehr als Bedrohung auftauchen, meldeten mehrere Zeitungen übereinstimmend. Das neue Weißbuch solle im Rahmen einer alle fünf Jahre fälligen Revision im Dezember von Regierung und Armee im Nationalen Sicherheitsrat abgesegnet werden.


Vier Iraner im Irak getötet

Bei einem Bombenanschlag sind am 16. August im östlichen Irak vier iranische Touristen und ein irakischer Polizist getötet worden. Neun weitere Iraner wurden verletzt, als in der Ortschaft Muktadija, 110 Kilometer nordöstlich von Bagdad, eine Autobombe explodierte, berichtete die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak. Der Anschlag sei gezielt auf die Touristengruppe verübt worden, hieß es.

Seit dem Sturz der Saddam-Diktatur durch die US-Invasion im Jahr 2003 pilgern Iraner in großer Zahl zu den schiitischen Heiligtümern im Irak. Muktaija in der Provinz Dijals liegt nicht weit von der iranischen Grenze entfernt.


Obama fordert Freilassung von US-Wanderern

Ein Jahr nach der Festnahme von drei amerikanischen Wanderern in Iran hat US-Präsident Barack Obama ihre Freilassung gefordert. Obama erklärte am 31. Juli, die drei hätten sich nichts zuschulden kommen lassen. Sie hätten nie für die US-Regierung gearbeitet. "Ihre ungerechte Haft hat nichts mit den Themen zu tun, die weiterhin die Vereinigten Staaten und die internationale Gemeinschaft von der iranischen Regierung trennen", erklärte Obama in einer Stellungnahme. Die drei Amerikaner werden laut Anklage der Spionage verdächtigt, weil sie illegal die Grenze vom Irak nach Iran übertreten haben. Demgegenüber erklärte das Außenministerium, Hauptanklagepunkt sei der illegale Grenzübertritt, die Spionagevorwürfe hätten sich bislang nicht bestätigt.

Indes kündigte der iranische Geheimdienstminister Heydar Moslehi am 28. August in Teheran an, das Urteil gegen die drei Wanderer werde in Kürze gesprochen. "Die Ermittlungen stehen kurz vor dem Abschluss, und das Urteil wird demnächst verkündet" sagte der Minister der iranischen Nachrichtenagentur ISNA.

Die Rucksacktouristen Shane Bauer, Sahra Shourd und Josh Fattal, bei denen es sich nach iranischen Angaben um Nachwuchsjournalisten handeln soll, waren im Juli 2009 an der irakischen Grenze vom iranischen Militär festgenommen worden. In Iran ist es ausländischen Journalisten streng verboten, ohne vorherige Akkreditierung journalistisch zu arbeiten.


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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
9. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 9/2010 - September / 9. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2010