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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/373: Iran-Report Nr. 12 - Dezember 2016


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 12 - Dezember 2016
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Abschluss des Atomabkommens und der Aufhebung der Sanktionen erwartet das Volk einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch eine Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung. Doch über den neuen Kurs, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Haftbefehl gegen einen Parlamentsabgeordneten
• Redeverbot für den Abgeordneten Motahari
• Haft statt Todesstrafe für Drogendelikte
• Terroranschlag in Teheran verhindert


HAFTBEFEHL GEGEN EINEN PARLAMENTSABGEORDNETEN

Ein Haftbefehl gegen den Parlamentsabgeordneten Mahmud Sadeghi sorgte sowohl im Parlament als auch in den Medien für heftige Auseinandersetzungen zwischen Konservativen und Gemäßigten bzw. Reformern.

Sadeghi hatte während einer Plenarsitzung am 14. November Justizchef Sadegh Laridschani aufgefordert, zu den Gerüchten über seine privaten Bankkonten Stellung zu nehmen. Er bezog sich dabei auf einen im Nachrichtendienst "Amad News" veröffentlichten Bericht über 63 Privatkonten des Justizchefs, auf die "jährlich illegal eine Summe von 250 Milliarden Tuman (7,8 Milliarden Euro) überwiesen werde. Der Bericht wurde im Internet weit verbreitet.

Wirtschafts- und Finanzminister Ali Tayebnia dementierte am 8. November den Bericht. Es handele sich um Gelder, die seit zwanzig Jahren in Koordination mit der Zentralbank auf die Konten überwiesen worden seien. Die Justiz habe nur die Zinsen für bestimmte Ausgaben verwendet. Die ganze Angelegenheit sei völlig legal gewesen.

Der Abgeordnete Sadeghi sagte, der Justizchef solle für Klarheit sorgen, denn der Fall könnte von ausländischen Feinden als Propaganda gegen die Islamische Republik missbraucht werden und dem Ansehen der Justiz und des Staates insgesamt schaden. Er fragte auch den Wirtschaftminister, was er unter legal verstehe und welche Gesetze dem Justizchef erlauben würden, solche Transaktionen zu tätigen.

Am 25. November teilte Sadeghi auf Twitter mit, dass er von der Staatsanwaltschaft vorgeladen worden sei. "Heute hat mir ein Mitglied des Parlamentspräsidiums mitgeteilt, dass ich mich bei der Staatsanwaltschaft melden soll". Die Agentur Fars hatte zuvor berichtet, dass der Abgeordnete Dschawad Sadatinejad eine Anzeige gegen Sadeghi wegen Verbreitung von Unwahrheiten und Unruhestiftung erstattet habe. Auch Justizchef Laridschani äußerte sich über Sadeghi. Ohne seinen Namen zu nennen sagte er: "Ist es nicht beschämend, dass ein Abgeordneter, Mitglied der Fraktion Omid (Fraktion der Gemäßigten und Reformer) sich mit aller Unverschämtheit erlaubt, öffentlich der Justiz zu unterstellen, 1.000 Milliarden Tuman auf private Konten überwiesen zu haben?" Er kritisierte den Parlamentspräsidenten Ali Laridschani (seinen Bruder) ebenso wie Präsident Rohani dafür, dass diese zu den unbegründeten Vorwürfen nicht Stellung bezogen hätten.

Auch der Teheraner Staatsanwalt Abbas Dschafari Dolatabadi meldete sich zu Wort. Er sagte, "die Konten wurden vor Jahren gegründet, schon bevor Laridschani Justizchef wurde. Das haben auch die führenden Verantwortlichen des Staates gewusst." Wer die Gerüchte unterstütze, werde gerichtlich verfolgt.

Am 27. November wurde bekannt, dass am Vorabend Sicherheitsbeamte versucht hatten, Sadeghi vor seinem Haus zu verhaften. Sadeghi habe sich jedoch trotz Haftbefehls geweigert, den Beamten zu folgen und sei in sein Haus geflüchtet. Binnen kurzer Zeit sammelten sich Nachbarn und Bekannte vor seinem Haus, so dass die Beamten nicht hineinkonnten.

Sadeghi veröffentlichte eine Erklärung im Internet, in der er mit Hinweis auf seine Immunität als Abgeordneter gegen den Haftbefehl protestierte. Er werde seinerseits gegen die Justiz Anzeige erstatten, hieß es in der Erklärung. Zudem betonte er, dass er als Abgeordneter das Recht habe, Fragen zu stellen und Untersuchungen zu verlangen. Der Justizchef und der Wirtschafts- und Finanzminister hätten "unaufgeregt" die Fragen beantworten und Klarheit schaffen können. Er könne nicht nachvollziehen, weshalb der Justizchef so wütend reagiert habe.

Der Haftbefehl gegen Sadeghi rief auch Proteste im Parlament hervor. Vizepräsident des Parlaments, Masud Peseschgian, sagte am 28. November, der Haftbefehl und der Versuch, einen Abgeordneten zu verhaften, stellten eine Missachtung und Beleidigung des Parlaments und seiner Wähler dar. "Wir werden diesem Verhalten nachgehen und die Würde des Parlaments verteidigen."

Am 29. erklärte Staatsanwalt Dolatabadi, der Haftbefehl gegen Sadeghi sei rechtlich zulässig. Er bestehe nach wie vor. Der Haftbefehl bedeute jedoch nicht unbedingt, dass der Betreffende in Haft geschickt werde. Es sei durchaus möglich, dass der Beschuldigte den Staatsanwalt von seiner Unschuld überzeugen könne und nach dem Verhör entlassen werde, wurde Dolatabadi in den Medien zitiert.

Sadeghi twitterte, er werde sich dem Druck nicht beugen. Inzwischen haben sich viele Anwälte und Abgeordnete mit Sadeghi solidarisiert. Er gehört der Fraktion Omid (Hoffnung) an. Er hat Jura studiert, wurde danach Dozent an der Pädagogischen Hochschule und ist zugleich als Anwalt tätig. Sein Vater war Abgeordneter im ersten Parlament nach der Gründung der Islamischen Republik. Vor der Revolution gehörte der Vater zu den Schülern von Ayatollah Chomeini. Wenige Monate nach Ende seiner Abgeordnetentätigkeit fiel er jedoch einem Attentat zum Opfer, bei dem zahlreiche führende Politiker des neu gegründeten islamischen Staates ums Leben kamen.

Sadeghi ist durch seine kritischen und mutigen Fragen und Stellungnahmen im Parlament populär geworden. Er betont immer wieder, dass er das Ziel habe, "Verderben, Korruption, Unrecht und Machtmissbrauch" aufzudecken und öffentlich zu machen.

Ali Motahari, Vizepräsident des Parlaments, sagte zu dem Fall Sadeghi: "Das Problem ist, dass die Justiz sich niemandem gegenüber verantwortlich fühlt. (...) Wenn es so weitergeht, wird sich das Parlament in eine nutzlose Institution verwandeln, dessen Mitglieder in ständiger Angst vor Verhaftung leben müssen."


REDEVERBOT FÜR DEN ABGEORDNETEN MOTAHARI

Je näher die Präsidentschaftswahl im Mai 2017 rückt, desto mehr spitzen sich die Auseinandersetzungen zwischen dem Lager der Konservativen und Radikalen einerseits und dem der Reformer und Gemäßigten andererseits zu. Neben dem oben geschilderten Fall des Abgeordneten Sadeghi sorgte auch das Redeverbot für den Vizepräsidenten des Parlaments, Ali Motahari, in der Stadt Maschad für Aufruhr.

Medienberichten zufolge wurde am 20. November eine angekündigte Veranstaltung in Maschad, auf der Motahari als Redner auftreten sollte, kurz vor Beginn auf Anordnung des dortigen Staatsanwalts abgesagt. Die am Veranstaltungsort Versammelten wurden von Ordnungskräften gebeten, nach Haus zu gehen.

Wenige Stunden danach schickte Motahari ein Schreiben an Rohani, in dem er ihm die Frage stellte, wer in Maschad das Sagen habe, "der Provinzgouverneur, der Staatsanwalt oder der Freitagsprediger". Die Absage der Veranstaltung verglich er mit einem Befehl, der vom IS (Islamischer Staat) stammen könnte. "Bitte überlegen Sie, wie Sie die Provinz Chorasan von solchen Diktaturen befreien können", schrieb Motahari und warnte: "Sollten Sie nichts unternehmen, wird das Parlament von seinem eigenen Recht Gebrauch machen." Er äußerte die Vermutung, dass nicht nur der Staatsanwalt, sondern auch der einflussreiche Freitagsprediger von Maschad, Ahmad Alamalhadi, bei der Absage eine wichtige Rolle gespielt habe. Der Prediger dementierte und drohte, gegen Motahari Anzeige zu erstatten.

Innenminister Abdolresa Rahmani Fazli sagte, für die Veranstaltung seien die erforderlichen Genehmigungen erteilt worden. Er sei dabei, ein Schreiben an den Justizchef zu schicken. Das Ministerium erklärte, es habe vergeblich versucht, die Staatsanwaltschaft von Maschad zu kontaktieren.

Der Prediger Alamalhadi hatte bereits zuvor ein Verbot für Konzertveranstaltungen in der heiligen Stadt Maschad verordnet. Ungeachtet dessen, was die Regierung Rohani nun unternehmen möchte, stellt sich die Frage, ob sie überhaupt die Macht besitzt, um gegen die Justiz beziehungsweise die Geistlichkeit vorzugehen. Denn die Freitagsprediger handeln im Auftrag des Revolutionsführers.

Weder die Justiz noch die Freitagsprediger müssen sich vor der Regierung verantworten. Auch das Parlament hat lediglich die Möglichkeit, den Justizminister zu befragen. Selbst der Justizminister hat keinen Einfluss auf die Vorgehensweisen und Entscheidungen der Justiz, deren Chef vom Revolutionsführer ernannt wird. Die Aufgabe des Ministeriums besteht lediglich darin, zwischen der Regierung und der Justiz zu vermitteln. Daher haben Regierung und Parlament überhaupt keinen Einfluss auf die Freitagsprediger, die direkt dem Revolutionsführer unterstehen.

Am 21. November kritisierte der Geistliche Mohammad Ali Mowaheddi Kermani, Vorsitzender der Organisation "Kämpfende Geistlichkeit" und Vizevorsitzender des Expertenrats, den Abgeordneten Motahari und sagte: "Motahari hätte zunächst seine Ansichten denen des Revolutionsführers anpassen müssen. (...) Wir wollen keinem den Mund verbieten, aber dem Revolutionsführer und Gott zuliebe müssen wir es tun."

Demgegenüber sagte Präsident Rohani, das Redeverbot für Motahari sei "beschämend". Und Parlamentspräsident Ali Laridschani sagte, die Absage der Veranstaltung, die so viele Diskussionen nach sich gezogen hätte, sei "bedauerlich".

Indes haben laut Medienberichten vom 29. November zehn Abgeordnete des Parlaments eine Beschwerde gegen den Staatsanwalt von Maschad beim Ausschuss für Beschwerden eingereicht. Der Ausschuss wurde gemäß Artikel 90 der Verfassung eingerichtet. Er ist zuständig für Beschwerden gegen die Exekutive oder Legislative. Das Parlament ist verpflichtet, sich mit den Beschwerden zu befassen und das Ergebnis der Öffentlichkeit mitzuteilen.


HAFT STATT TODESSTRAFE FÜR DROGENDELIKTE

Das Parlament in Teheran hat laut Medienberichten am 23. November ein Gesetz verabschiedet, das für Drogendealer langjährige Gefängnisstrafen vorsieht, statt wie bisher die Todesstrafe. 167 Abgeordnete stimmten für und 21 gegen das Gesetz. Vier Abgeordnete enthielten sich.

Studien der iranischen Justiz im vergangenen Jahr hatten ergeben, dass trotz der zahlreichen Hinrichtungen sowohl die Zahl der Dealer als auch die Menge der geschmuggelten Drogen weiter zugenommen hätten. Das hatte das Argument jener widerlegt, die der Meinung waren, durch die abschreckende Wirkung der Todesstrafe werde man dem enormen Drogenkonsum, der nicht zuletzt immer mehr Jugendliche in den Tod treibt, Einhalt gebieten können.

Dem neuen Gesetz zufolge sollen Personen, die vom Gericht nicht als "Verderber auf Erden" (zum Tode Verurteilte) beschuldigt, aber wegen Drogenschmuggels verurteilt werden, nicht mit dem Tode, sondern stattdessen mit 25 bis 30 Jahren Gefängnis bestraft werden. Zum Tode verurteilt werden aber weiterhin Personen, die bewaffnet Drogen schmuggeln. Das Gesetz muss noch von einem besonderen Ausschuss überprüft und noch einmal vom Plenum verabschiedet werden.

Laut Angaben des Parlamentsabgeordneten Hassan Nowrusi befinden sich in den Gefängnissen des Landes zurzeit mehr als 5.000 Drogenschmuggler im Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren, die auf die Vollstreckung ihres Todesurteils warten. Mehr als neunzig Prozent dieser Personen hätten zum ersten Mal Drogen geschmuggelt, sagte Nowrusi. Mit dem Tod würden zumeist kleinere Dealer bestraft, während die großen Drahtzieher selten für ihre Verbrechen büßen müssten.

Der Abgeordnete Mehrdad Lahuti, der sich gegen das Gesetz aussprach, sagte: "Meiner Meinung nach wird mit diesem Gesetz den Drogenschmugglern die Botschaft gesendet: die Todesstrafe ist abgeschafft."

Die Entscheidung, die kleinen Dealer nicht mehr mit dem Tode zu bestrafen, könnte auch darauf zurückgeführt werden, dass Iran als das Land mit der höchsten Hinrichtungsquote in der Welt immer wieder sowohl von der UNO als auch von Menschenrechtsorganisationen kritisiert wird. Laut Amnesty International lag die Zahl der Hinrichtungen in Iran 2015 bei 977. In diesem Jahr wurden bereits mehr als 700 Personen hingerichtet. Die Reduzierung der Zahl der Hinrichtungen könnte das Ansehen Irans im Ausland verbessern, was im Sinne der Regierung Rohanis wäre, die eine Öffnung nach außen anstrebt.

Justizchef Sadegh Laridschani hatte sich bereits zuvor gegen die Abschaffung der Todesstrafe ausgesprochen. "Wenn es die Hinrichtungen und das harte Vorgehen der Justiz gegen die Drogenschmuggler nicht gegeben hätte, würde es heute in jedem Krämerladen Drogen zu kaufen geben."


TERRORANSCHLAG IN TEHERAN VERHINDERT

Einem Bericht der dpa vom 29. November zufolge wurde in Teheran ein IS-Selbstmordanschlag verhindert. "Wir haben die Terrorgruppe rechtzeitig identifiziert, liquidiert, den für den Anschlag vorbereiteten Sprengstoff beschlagnahmt und damit den Anschlag vereitelt", zitiert die Agentur den Geheimdienstchef Mahmud Alawi.

Den Angaben Alawis zufolge wurde im Zusammenhang mit dem Anschlag "ein hohes IS-Mitglied" mit dem Namen Ab-Ajescheh Kordi in einem Grenzgebiet getötet. Einzelheiten zu diesem Fall wollte Alawi nicht bekannt geben.

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KULTUR

• Filmemacher Karimi ins Gefängnis gebracht
• "Der Verkäufer" von Farhadi in den USA ausgezeichnet
• Ausstellung der Teheraner Sammlung in Berlin verschoben
• Pressemesse in Teheran
• Rohani auf der Pressemesse
• Fast ein Viertel der Bevölkerung besitzt Parabolantennen


FILMEMACHER KARIMI INS GEFÄNGNIS GEBRACHT

Laut iranischen Medien wurde der 30-jährige Filmemacher Keywan Karimi am 23. November ins Teheraner Evin-Gefängnis gebracht. Er war zunächst im Oktober 2015 wegen eines Dokumentarfilms über Graffitis in Teheran in der ersten Instanz zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Doch das Revisionsgericht reduzierte das Urteil auf ein Jahr Gefängnis plus fünf Jahre auf Bewährung und 223 Peitschenschläge. Ihm wird Beleidigung islamischer Heiligtümer und Propaganda gegen die islamische Staatsordnung vorgeworfen.

Karimi ist 30 Jahre alt und stammt aus der vorwiegend von Kurden bewohnten Provinz Kurdistan. Sein Film mit dem Titel "Writing on the City" umfasst politische Graffitis auf den Stadtmauern von Teheran in der Zeit von vor der Revolution bis zu den Protesten 2009 gegen die Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad.

Die Festnahme und Verurteilung Karimis hatte international zu Protesten geführt. Im November vergangenen Jahres hatten 137 iranische Filmproduzenten in einem Schreiben an die Justiz die Freilassung Karimis gefordert.


"DER VERKÄUFER" VON FARHADI IN DEN USA AUSGEZEICHNET

Der Film "Foruschandeh" (Der Verkäufer) von Asghar Farhadi wurde am 30. November von der National Society of Film Critics Award als bester ausländischer Film ausgezeichnet. Der Filmpreis gehört zu den Bedeutendsten, der in den USA vergeben wird. Mit diesem Preis ist der Weg für weitere Preise geebnet. Manche Filmkritiker äußerten die Ansicht, dass der Film sogar einen Oscar bekommen könnte.

Bereits vor fünf Jahren hat Farhadi mit seinem Film "Nader und Simin - eine Trennung" mehrere Preise bekommen, darunter einen Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film.


AUSSTELLUNG DER TEHERANER SAMMLUNG IN BERLIN VERSCHOBEN

Laut Angaben der Stiftung Preußischer Kulturbesitz hätten die jüngsten personellen Veränderungen im Teheraner Kulturministerium zu Verzögerungen der geplanten Ausstellung der sogenannten "Teheraner Sammlung" geführt, die ursprünglich am 4. Dezember in Berlin eröffnet werden sollte. Die Stiftung rechne aber fest damit, dass sie ab Januar 2017 in der Berliner Gemäldegalerie stattfinden werde, hieß es in einer Pressemitteilung vom 30. November.

In Teheran hatte es einen Wechsel an der Spitze des Kulturministeriums gegeben. Die Ausstellung war während des Besuchs des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier in Teheran mit dem damaligen Kulturminister Ali Dschannati vereinbart worden.

Bei den Kunstwerken, die ausgestellt werden sollen, handelt es sich um eine zu Schahzeit zusammengestellte Sammlung von modernen Gemälden aus dem Westen. Die Sammlung zählt weltweit zu den wertvollsten westlichen Kunstsammlungen. Zu der Sammlung gehören Werke berühmter Künstler wie Jackson Pollock, Mark Rothko und Francis Bacon. Die Bilder waren nach der Revolution über längere Jahre im Keller des Teheraner Museums für zeitgenössische Kunst versteckt. Erst vor wenigen Jahren wurden sie herausgeholt. Bei der Ausstellung sollen auch Werke moderner iranischer Künstler gezeigt werden.

Gerüchte besagen, dass die Verzögerungen, die möglicherweise sogar zu einer endgültigen Absage führen könnten, darauf zurückzuführen seien, dass man in Iran befürchte, die Familie des Schahs oder genauer die ehemalige Kaiserin Farah, die die Sammlung damals initiiert hatte, Besitzansprüche auf die Kunstwerke erheben könnte. Ein bekannter Gallerist sagte: "Einige Werke sind beschlagnahmt. Sie gehören der Pahlawi-Familie oder deren Nachkommen, die falls die Stücke außer Landes gebracht werden, gerichtlich erwirken können, dass sie wieder in ihren Besitz übergehen." Die Gerüchte erhielten noch mehr Nahrung als Farah den Wunsch äußerte, zu der Ausstellung nach Berlin zu reisen. "Es wäre mir eine Freude, diese großartige Kunst nach 37 langen Jahren wieder zu sehen", sagte sie dem Kunstmagazin "Monopol" am 16. November.


PRESSEMESSE IN TEHERAN

Auf der 22. Pressemesse, die in diesem Jahr zwischen dem 4. und 11. November in Teheran stattfand, waren 900 Zeitungen mit 620 Ständen vertreten. Bei der Eröffnung anwesend waren der Kulturminister und der Chef der Kanzlei des Präsidenten. Neben iranischen Zeitungen waren auch zwanzig ausländische Zeitungen aus Asien, Afrika, Europa und Amerika vertreten. Vertreten waren auch verschiedene Verbände der Presse, darunter zwei neu gegründete, nämlich die "Pioniere der Presse" und der "Verein der Teheraner Journalisten".

Es gab viele Diskussionsrunden, von denen eine besonders für Aufruhr sorgte. Beteiligt daran war unter anderem Mohammad Resa Chatami, der Bruder des ehemaligen Präsidenten, der zu den profilierten Reformern gehört. Seine Äußerung: "Wenn ihr einen Gedanken verbietet, bedeutet dies, dass ihr ihn fürchtet", hat dazu geführt, dass Sicherheitsbeamte ihn aufforderten, die Messe zu verlassen.

Bei einer Diskussionsrunde beklagte sich der Journalist Ahmad Tawakoli, der sich auch als Verleger auf Bücher über Medien-Themen spezialisiert hat, darüber, dass zu wenig über die Probleme der Medien, Autoren und Journalisten informiert werde. In den vergangenen 20 Monaten seien 25 Bücher über dieses Thema veröffentlicht worden, 19 davon seien aber nur Neuauflagen bereits erschienener Bücher gewesen, sagte er. Bis vor fünf Jahren hätten die von ihm veröffentlichten Bücher eine Auflage von 3.000 Exemplaren gehabt, in diesem Jahr habe er sich mit einer Auflage von 50 bis 200 begnügen müssen, was natürlich nicht annähernd ausreiche, um die Kosten zu decken.

Zu den Besuchern der Messe gehörte auch der Medienberater des Präsidenten, Hessameddin Aschna, der bei einer anderen Diskussionsrunde auf ein neu erschienenes Buch über Pressegesetze zu sprechen kam und sagte, dieses Buch sollte man an den Justizchef schicken. Denn der Justizchef sei immer noch der Meinung, dass man die Untersuchung von Pressevergehen nicht einem Presserat überlassen könne. Dafür sei die Justiz zuständig. Das Buch zeige, dass Iran bereits vor hundert Jahren ein Pressegesetz hatte. An die Justiz gerichtet sagte Aschna: "Wenn es zutrifft, dass die Mediengesellschaft die nötige Reife erreicht hat, dann ist es nicht einzusehen, warum sie nicht selbst journalistische Vergehen prüfen kann. Das würde doch auch die Arbeit der Justiz erleichtern."


ROHANI AUF DER PRESSEMESSE

Präsident Rohani, der am 5. November die Pressemesse besuchte, forderte bei seiner Rede dort mehr Pressefreiheit und mehr Sicherheit für Journalisten. "Journalisten unter absurden Vorwürfen die Schreibfedern zu brechen und den Mund zu verbieten, werde zu nichts führen", sagte er. "Wenn Journalisten in einem Land keine Sicherheit haben, kann auch das Land keine Sicherheit haben. Glaubt ja nicht, dass man allein mit Gewehren die Sicherheit herstellen kann. Wir brauchen Gewehre. Das ist unbestritten. Aber was ist mit den Schreibfedern? Mit der Kultur? Grundlage unserer Revolution ist die Kultur." Chomeini habe niemals in der Zeit des Widerstands gegen die Schah-Diktatur den bewaffneten Kampf befürwortet. Er habe einen kulturellen Aufstand initiiert, mit Reden und Tonbändern den Wandel herbeigeführt. Mit seinen Reden, Schriften und Schülern sowie der Mobilisierung der Massen habe er die größte Militärmacht der Region in die Knie gezwungen, sagte Rohani. Die Regierung arbeite an einem neuen Pressegesetz, das demnächst dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden solle. Seiner Meinung nach sollten künftig Pressevergehen von einer unabhängigen Kommission untersucht werden. Es sei nicht nötig, jedes angebliche Vergehen vor ein Gericht zu bringen.

Rohani kritisierte Zeitungen, die sich als "revolutionär" bezeichneten, aber "Lügen und Denunzierungen" verbreiteten. Zu kritisieren sei auch, dass bestimmte Zeitungen "Informationsrenten" bekämen. Es sei erstaunlich, dass diese Zeitungen oft schneller über Vorgänge informiert würden, als die dafür zuständigen Verantwortlichen.

Die Äußerungen Rohanis forderten den Unmut des Justizchefs, Sadegh Laridschani, heraus. Die Behauptungen des Präsidenten seien unwahr und beleidigend, sagte er und bezeichnete Rohani als "scheinheilig". "Mein lieber Bruder", sagte er an den Regierungschef gerichtet, "Sie selbst haben uns oft schriftlich oder mündlich, direkt oder indirekt aufgefordert, gegen diese oder jene Zeitung oder einen Internetdienst vorzugehen. Oder Sie haben sich beim verehrten Revolutionsführer über bestimmte Zeitungen beschwert, weil die Justiz gegen bestimmte Presseorgane untätig bleibe. Aber in Anwesenheit der Vertreter der Presse rufen Sie nach der Freiheit der Presse", sagte der Justizchef. "Wir werden uns nicht um solche Äußerungen kümmern und werden unseren eigenen Weg fortsetzen", sagte Laridschani.

Es sei erstaunlich, fuhr Laridschani fort, dass manche Leute ständig die Justiz denunzierten und beleidigten und zugleich Moral und Islam predigten. "Wie lassen sich solche Beleidigungen und Lügen mit dem Islam und der Moral in Einklang bringen? Wem nutzt es, wenn die Justiz geschwächt wird?"

Regierungssprecher Mohammad Bagher Nobacht reagierte am 8. November auf die Äußerungen Laridschanis. Die Kritik der Regierung bestehe darin, dass "manche sich sicher fühlen und sich gestatten, andere zu beleidigen und zu beschimpfen und jenseits von Gesetzen handeln."

Zugleich schrieb Rohani auf Twitter: "Der Präsident werde alle seine Kraft einsetzen, um die Verfassung durchzusetzen, selbst dann, wenn manchen dies nicht gefallen sollte." Laut Verfassung ist der Präsident für die Umsetzung und Einhaltung der Verfassung verantwortlich. Darin ist auch von der Freiheit der Presse und dem Verbot von Zensur die Rede.


FAST EIN VIERTEL DER BEVÖLKERUNG BESITZT PARABOLANTENNEN

Der jüngste Bericht des Amtes für Statistik weist darauf hin, dass 5,7 Millionen Familien in Iran Parabolantennen besitzen. Im vergangenen Jahr hatten mehr als 88 Prozent der 24,3 Millionen Familien - das sind rund 21,4 Millionen Familien - Zugang zum Hörfunk und 99 Prozent Zugang zum Fernsehen. Das bedeutet, dass lediglich 134.000 Familien in Iran keinen Zugang zum Fernsehen hatten.

Die meisten Familien, die eine Parabolantenne benutzten, wohnen in den Städten. Aber immerhin besitzen auch 1,7 Millionen Familien auf dem Land ebenfalls eine Parabolantenne. Offiziell sind Parabolantennen verboten. Sie werden immer wieder von Ordnungskräften eingesammelt. Trotzdem hat die Anzahl der Antennen in den letzten Jahren zugenommen. Genaue Statistiken über die tatsächlichen Besitzer von Parabolantennen gibt es nicht. Einige Beobachter gehen davon aus, dass die Hälfte der Iraner inzwischen Parabolantennen habe. Für das Regime ist die Kenntnis über die Nutzung der Antennen deshalb so wichtig, weil die Antennen dafür benutzt werden können, um ausländische Sender zu empfangen. Die hohe Zahl der Parabolantennen-Besitzer deutet darauf hin, dass die Iraner ihre Informationen, auch über die Vorgänge im eigenen Land, zunehmend aus ausländischen Medien empfangen, und dass das einheimische Fernsehen offenbar nicht besonders interessant und unterhaltsam ist. Rundfunk und Fernsehen sind in Iran staatlich organisiert. Alle bisherigen Versuche, private Sender einzurichten, sind bislang gescheitert.

Das Amt für Statistik ist seit geraumer Zeit bemüht, verlässliche Statistiken über die Nutzung moderner Kommunikationsmittel zu erstellen. Die jüngsten Statistiken besagen, dass 99 Prozent der iranischen Familien über ein Telefon (Festnetz oder mobil oder beides) verfügen. Die Nutzung von Computern ist hingegen nicht ganz so hoch. Den Statistiken zufolge besitzen von den 24,3 Millionen Familien nur 13,9 Millionen einen Computer. Davon wiederum besitzen 8,7 Millionen Familien ein normales Gerät, 4,1 Million Familien einen Laptop und 5,1 Million Familien ein Tablet.

Der Zugang zum Internet hat in den letzten Jahren trotz der staatlichen Filterungen und Einschränkungen stark zugenommen. Den neuesten Statistiken zufolge haben 13,5 Millionen Familien, das sind mehr als 55 Prozent, Zugang zum Internet. 21 Millionen Iraner gehen täglich mindestens einmal ins Internet.

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WIRTSCHAFT

• Atomabkommen gefährdet
• US-Abgeordnete für Verlängerung der Sanktionen gegen Iran
• USA erlauben Verkauf von Airbus an Iran
• USA üben Druck auf deutsche Unternehmen wegen Iran-Geschäften aus
• Iran darf seine Ölfördermenge steigern
• Widersprüchliche Berichte über Waffenkäufe aus Russland


ATOMABKOMMEN GEFÄHRDET

Bereits während des Wahlkampfs in den USA erzeugten die Äußerungen von Donald Trump die Befürchtung, dass das so mühsam errungene Atomabkommen zwischen Iran und der 5+1-Gruppe erneut zur Diskussion gestellt oder gar gänzlich annulliert werden könnte. Auch der Vorwurf Irans gegen die USA, sie würden ihren im Abkommen vereinbarten Verpflichtungen nicht nachkommen, sorgte nicht nur in Iran, sondern auch in der EU für Unsicherheit.

Aus Iran wurden aus Kreisen der Radikalen, die ohnehin mit dem Abkommen nicht zufrieden waren, Drohungen laut. "Falls die Amerikaner ihren Verpflichtungen im Atomabkommen nicht nachkommen, schicken wir das Abkommen ins Museum", sagte der Vize-Kommandeur der Revolutionsgarden Hossein Salami am 3. Oktober. In diesem Fall würde Iran sein ursprüngliches Atomprogramm wiederaufnehmen.

Nach Trumps Sieg bei den US-Präsidentschaftswahlen nahm Iran eine abwartende Haltung ein. "Das Abkommen ist de facto eine UN-Resolution und kann daher nicht durch Regierungen annulliert werden", sagte Präsident Rohani am 9. November.

Am selben Tag warf die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) Iran vor, die Bestimmungen des Abkommens nicht korrekt einzuhalten. Die Islamische Republik habe weiterhin 100 Kilogramm mehr Schwerwasser als erlaubt. IAEA-Direktor Yukiya Amano zeigte sich besorgt, obwohl er dem Land bestätigte, alle anderen Vorschriften bisher korrekt befolgt zu haben. Zu dem Bericht nahm Behrus Kamalwandi, der Sprecher der iranischen Atomorganisation, am 20. November Stellung. Das zusätzliche Schwerwasser sei zum Verkauf an andere Staaten nach Oman gebracht worden, sagte er einem Bericht der Agentur ISNA zufolge. Bald werde die Behörde noch mehr davon nach Oman schicken.

Am 9. November sagte Außenminister Mohammad Dschawad Sarif während seines Besuchs in Rumänien, wichtig sei, dass der neue US-Präsident die von seinem Land eingegangenen Vereinbarungen akzeptiere. Gleichgültig welche politischen Ansichten Trump vertrete, als US-Präsident müsse er "die Realitäten der heutigen Welt" zur Kenntnis nehmen, warnte Sarif. Und Präsident Rohani sagte, "es war klug von uns, das Atomabkommen nicht mit einem einzelnen Land zu vereinbaren". An dem Abkommen seien mehrere Staaten beteiligt, zudem sei es vom UN-Sicherheitsrat bestätigt worden.

Am 11. November zeigte sich auch das US-Außenministerium um die Zukunft des Abkommens mit Iran besorgt. Einem Bericht der afp zufolge sagte Außenamtssprecher Mark Toner, es sei "im Interesse der Welt", dass alle Parteien sich an das Abkommen hielten. Gefragt, ob Iran im Falle eines Scheiterns des Abkommens sein Atomprogramm wiederaufnehmen könnte, sagte Toner: "Ja, das ist die Realität." Er vertrat im Gegensatz zu Rohani die Ansicht, dass ein Ausstieg eines einzelnen Vertragspartners aus dem Abkommen rechtlich durchaus möglich sei. "Dies hätte jedoch weitreichende Folgen für die Integrität des Abkommen", fügte er hinzu.

Am 11. November wurde aus dem engeren Kreis um Trump bekannt, dass er das Atomabkommen nicht, wie im Wahlkampf erklärt, zerreißen wolle, sondern die Absicht habe, die Verhandlungen wiederaufzunehmen, um einige Änderungen durchzusetzen.

Der Sprecher der iranischen Atomorganisation, Behrus Kamalwandi, erklärte laut der Agentur ISNA am 14. November, Iran sei auf alle möglichen Szenarien vorbereitet. Für Iran sei es leicht, sein ursprüngliches Atomprogramm rasch wiederaufzunehmen. "In einem Jahr hätten wir das Anreicherungslevel von vor dem Abkommen, oder sogar darüber hinaus, erreicht."

Am 15. November äußerte Präsident Barack Obama die Hoffnung, dass Trump und seine republikanischen Verbündeten "die Realitäten des Atomabkommens" berücksichtigen werden. Es werde schwer sein, das Abkommen zu kippen, denn es habe verhindert, dass Iran sich nuklear bewaffnet. Die Alternative wäre, Iran freie Hand zu lassen, sagte Obama. Zudem müssten die USA, wenn sie das Abkommen kündigen würden, die anderen Partner, also die Europäer, Russland und China, mit Sanktionen belegen, sollten sie an dem Abkommen festhalten wollen. Das Hauptargument gegen das Abkommen sei die Befürchtung gewesen, dass Iran sich nicht an seine Verpflichtungen halten werde. Aber nun sei ein Jahr vergangen und es habe sich gezeigt, dass Iran seinen Verpflichtungen nachgekommen sei. "Das sage ich nicht allein. Selbst Geheimdienste und Militärs die für eine Regierung arbeiten, die zu Anfang gegen den Deal waren, geben das nun zu." (Gemeint sind vermutlich israelische Geheimdienste und Militärs)

Auch die Außenbeauftragte der EU, Frederica Mogherini, verteidigte nach einer informellen Sitzung der EU-Außenminister am 14. November das Atomabkommen. Der Erhalt und die Umsetzung des Abkommens gehörten zu den Prioritäten der EU. Die Europäische Union stehe zu dem Abkommen, das auch von dem UN-Sicherheitsrat bestätigt worden sei, betonte Mogherini.

Am 15. November erklärte der Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats in Iran, Ali Schamchani, sollten die USA die Sanktionen gegen Iran verlängern, bedeute dies die Kündigung des Atomabkommens.

Indes erklärte Frankreichs Präsident Francois Hollande am 16. November im französischen Fernsehen, er glaube nicht, dass Trump das Abkommen kündigen werde. "Das Abkommen bringt uns allen Sicherheit. (...) Können die USA unter der Führung von Trump das Abkommen infrage stellen? Das glaube ich nicht." Das Abkommen liefere Garantien, ohne die es große Probleme gebe, sagte Hollande.

Auch die deutsche Bundesregierung erklärte am 16. November, unter allen Umständen an dem Abkommen festhalten zu wollen. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes Martin Schäfer sagte, Deutschland sei stark am Erhalt des Abkommens interessiert. Daher werde die Bundesregierung versuchen, den künftigen US-Präsidenten von ihrem Standpunkt zu überzeugen. Das Abkommen sei ein "politischer Erfolg" gewesen. Das könne man auch nach nun einem Jahr sagen.

Irans Vizeaußenminister Madschid Tachtrawantschi sagte am 22. November in einem Interview mit der Tageszeitung "Etemad": "Das bereits ratifizierte Abkommen ist nicht erneut verhandelbar." Auch der Chef der iranischen Atomorganisation Ali Akbar Salehi lehnte erneute Verhandlungen ab. Zudem drohte er mit Gegenmaßnahmen, sollten die USA die Sanktionen gegen Iran verlängern. Was Iran geplant habe, bleibe geheim, sagte Salehi den Journalisten am Rande einer Kabinettssitzung in Teheran.

Am 30. November warnte der scheidende Chef des US-Geheimdienstes CIA, John Brennan, eindringlich davor, das Abkommen zu annullieren. Das wäre "katastrophal", sagte er in einem Interview mit der BBC. "Ich glaube es wäre der Gipfel des Irrsinns, wenn die nächste Regierung ein Abkommen zerschlagen würde, das die vorherige geschlossen hat. Das wäre katastrophal, wirklich."

Eine Aufkündigung des Abkommens hätte ein Wettrüsten im Nahen und Mittleren Osten zufolge, fuhr Brennan fort. Sie "könnte zu einem Waffenprogramm in Iran führen, das andere Staaten in der Region dazu verleiten könnte, mit ihren eigenen Programmen zu beginnen", was wiederum zu militärischen Auseinandersetzungen führen könnte. Zudem würde eine Kündigung des Abkommens die Radikalen in Iran stärken. Das Abkommen sei im Interesse der Vereinigten Staaten. Es diene auch der Stabilität und dem Frieden in der Region.


US-ABGEORDNETE FÜR VERLÄNGERUNG DER SANKTIONEN GEGEN IRAN

Der Fraktionsvorsitzende der Republikaner im US-Senat, Senator Mitch McConnell, teilte am 29. November mit, dass der Senat bis Ende des Monats über die Verlängerung der Sanktionen gegen Iran abstimmen werde. Zwei Wochen zuvor hatte bereits das Repräsentantenhaus dem Gesetzentwurf mit 419 Stimmen zugestimmt. Nur ein Abgeordneter stimmte dagegen. Bei dem Gesetz geht es um die Verlängerung von Sanktionen, die 1996 unter Präsident Bill Clinton für zehn Jahre gegen Iran verhängt wurden und bereits einmal verlängert wurden. Die Frist läuft Ende diesen Jahres aus. Zu den Sanktionen gehört u.a. das Verbot von Investitionen in die iranische Öl- und Gasindustrie.

Das Gesetz kann nur in Kraft treten, wenn es vom US-Präsidenten unterzeichnet wird. Josh Earnest, Sprecher des Weißen Hauses, sagte am 30. November der Presse: "Wir werden sehen, was der Kongress beschließt. Sollte er zustimmen, werden wir bekannt geben, ob der Präsident das Gesetz unterzeichnet oder nicht." Präsident Obama habe weitreichende Befugnisse, um Sanktionen gegen Iran zu beschließen. Er sei auf die Unterstützung des Kongresses nicht angewiesen.

Das Atomabkommen mit Iran sieht die Aufhebung von Sanktionen vor, die wegen des Atomprogramms gegen das Land verhängt wurden. Sanktionen, die wegen des iranischen Raketenprogramms, der Verletzung der Menschenrechte und der Unterstützung des Terrorismus beschlossen wurden, fallen jedoch nicht darunter.

Earnest warf Iran Verletzungen der Menschenrechte, Unterstützung terroristischer Organisationen und die Missachtung des Beschlusses des UN-Sicherheitsrats zum iranischen Raketenprogramm vor. "Wir haben klare Beweise über die Unterstützungen, die Iran terroristischen Organisationen gewährt", sagte er.

Iran lehnt die Vorwürfe ab. Revolutionsführer Chamenei warnte, sollte die Verlängerung von Sanktionen beschlossen werden, würde Iran entsprechend reagieren.

Am 1. Dezember stimmte der US-Senat der Verlängerung der Sanktionen gegen Iran einstimmig zu. Wie aus dem Weißen Haus verlautete, wird nun wohl auch Präsident Obama den Beschluss bestätigen. Ein Veto wäre nur möglich, wenn weniger als Zweidrittel der Abgeordneten dem Gesetz zugestimmt hätten. Da das Gesetz jedoch einstimmig beschlossen wurde, kann der Präsident nichts dagegen unternehmen. Allerdings wird sich das Weiße Haus einem Bericht der BBC zufolge dafür einsetzen, dass alle Sanktionen, die wegen des Atomprogramms gegen Iran verhängt wurden, von dem Beschluss ausgenommen werden.

Aus iranischer Sicht stellt die Verlängerung trotzdem einen Bruch des Atomabkommens dar. Das Teheraner Außenministerium erklärte, die US-Regierung sei verpflichtet, das Abkommen einzuhalten. "Die inneramerikanischen Entwicklungen und das Verhältnis zwischen der Exekutive und Legislative in den Vereinigten Staaten sind für uns ohne Belang", sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi.

Wie zuletzt bekannt wurde, hat eine Gruppe von Abgeordneten im iranischen Parlament dem Präsidium eine Beschlussvorlage unterbreitet, in der die Regierung aufgefordert wird, das Abkommen zu kündigen und das ursprüngliche Atomprogramm wiederaufzunehmen.

Indes meldete die Agentur Reuters am 2. Dezember unter Hinweis auf einen Bericht der Financial Times, dass der designierte US-Präsident Donald Trump im Kongress habe prüfen lassen, ob und welche weiteren Sanktionen gegen Iran noch zusätzlich verhängt werden könnten.


USA ERLAUBEN VERKAUF VON AIRBUS AN IRAN

Das US- Finanzministerium hat den Flugzeughersteller Airbus die Erlaubnis erteilt, 106 Passagiermaschinen an die iranische Fluggesellschaft Iran Air zu verkaufen, berichtete die Agentur Reuters am 22. November unter Berufung auf "eine mit der Angelegenheit vertraute Person", deren Name nicht genannt wurde. Auch zwei Politiker aus Regierungskreisen haben dies bei einem Gespräch mit der AP bestätigt. Obwohl es sich bei Airbus um ein europäisches Unternehmen handelt, ist die Genehmigung durch die US-Behörden erforderlich, weil mindesten zehn Prozent der Teile der Airbus-Maschinen aus den USA stammen.

Die Freigabe des Verkaufs war überraschend, nachdem das US-Repräsentantenhaus eine Woche zuvor gegen den Verkauf von Passagiermaschinen an Iran gestimmt hatte. Zugleich hatten der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, der Fraktionsführer der Republikaner und der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses in einem Schreiben an Präsident Barack Obama die Bitte geäußert, alle Schritte zu unterlassen, die Auslandsinvestitionen in Iran ermöglichten, berichtete BBC.

Asghar Fachrieh Kaschan, Vizeminister für Verkehr und Städtebau gab bekannt, dass der Kauf eines Teils der Airbus-Maschinen durch Kreditaufnahmen von einem internationalen Leasingunternehmen getätigt werde. Den Namen des Unternehmens nannte er nicht.

Der Kauf von Passagiermaschinen durch Iran wurde im Rahmen des Atomabkommens vereinbart. Die iranische Regierung hatte Anfang diesen Jahres erklärt, dass sie die Absicht habe, 118 Airbusmaschinen im Wert von 27 Milliarden Dollar zu kaufen. Der Kauf verzögerte sich, weil die Genehmigung aus den USA nicht vorlag.

Iran hatte ebenso die Absicht bekundet, von der Firma Boing mehr als hundert Passagiermaschinen zu kaufen. Doch dazu ist ebenfalls eine Genehmigung der US-Behörden nötig, die vermutlich in Anbetracht der Position des designierten US-Präsidenten vorerst nicht erteilt werden wird.


USA ÜBEN DRUCK AUF DEUTSCHE UNTERNEHMEN WEGEN IRAN-GESCHÄFTEN AUS

Laut einem bei FAZ-Online am 1. Dezember erschienen Artikel üben die USA auf deutsche Unternehmen Druck aus, um Geschäfte mit Iran zu verhindern. Der Artikel stützt sich auf gemeinsame Recherchen der Zeitung mit dem Fernseh-Magazin "Panorama". Die Recherche kommt zu dem Ergebnis, dass die USA mithilfe von Druck versuchen, ihr eigenes Recht in Deutschland bei deutschen Unternehmen durchsetzen, obwohl diese Unternehmen nach deutschem Recht völlig legal handeln. Das gehe sogar soweit, dass deutsche Unternehmen gezwungen würden, eigene Mitarbeiter zu entlassen. "So haben das Arbeitsgericht Frankfurt und das Hessische Landesarbeitsgericht bestätigt, dass die Commerzbank ihrem Angestellten Lars Christiansen wegen Drucks der Vereinigten Staaten gekündigt habe. Öffentlich hatte die Commerzbank von einem 'Fehlverhalten' des Angestellten gesprochen. Grund der amerikanischen Intervention war die Abwicklung des Zahlungsverkehrs für eine iranische Reederei.

Die Entlassung des Angestellten reichte jedoch nicht aus. Die Commerzbank müsse sich nun von amerikanischen Wirtschaftsprüfern bis 2018 auf eigene Kosten überwachen lassen, schreibt die Zeitung. Sie berichtet über einen zweiten Fall, bei dem die USA die Deutsche Forfait AG gezwungen haben, ihr Vorstandsmitglied Ulrich Wippermann zu entlassen.

Angesichts dieser Fälle zögern deutsche Banken, neue Geschäfte mit iranischen Partnern aufzunehmen, schreibt die Zeitung. Das gilt auch für andere Banken in Europa. Darüber beklagte sich auch Irans Vizeaußenminister Madschid Tachtrawantschi in einem Interview mit der Tageszeitung Etemad am 22. November. "Das mit den Banken ist weiterhin die größte Herausforderung für uns." Den europäischen Banken mache er keinen Vorwurf, es seien die USA, die sich nicht an das Atomabkommen hielten.

Iran versucht, durch Verhandlungen mit Vertretern der Europäischen Zentralbank (EZB) in Brüssel eine Lösung für das Problem zu finden. Der Druck, den die USA vor allem auf Großbanken ausübten, verhindere bislang den von der Regierung Rohani angekündigten wirtschaftlichen Aufschwung. Das Verhalten der USA könnte, sollte keine Lösung gefunden werden, in letzter Konsequenz sogar das 2015 vereinbarte Atomabkommen gefährden.


IRAN DARF SEINE ÖLFÖRDERMENGE STEIGERN

Während die OPEC-Staaten am 1. November beschlossen haben, die Ölfördermengen zu drosseln, wurde Iran ausnahmsweise zugestanden, seine Produktion zu erhöhen. Ab 1. Januar sollen von der OPEC einem Bericht der AFP zufolge täglich insgesamt 32,5 Millionen Barrel Öl, also 1,2 Millionen Barrel weniger als bisher gefördert werden. Als einziges Land darf Iran seine Produktion im ersten Halbjahr 2017 um täglich 90.000 Barrel steigern. Damit kann Iran seine Produktion auf 3,9 Millionen Barrel pro Tag erhöhen. Im Oktober lag die Fördermenge bei 3,76 Millionen Barrel.


WIDERSPRÜCHLICHE BERICHTE ÜBER WAFFENKÄUFE AUS RUSSLAND

Aus militärischen Kreisen drangen in den letzten Wochen widersprüchliche Informationen über neue Waffenkäufe aus Russland. Während Verteidigungsminister Hossein Dehghan von Plänen über den Kauf von russischen Kampffliegern des Typs Suchoi 30 sprach, erklärte die Pressestelle des Verteidigungsministeriums der Kauf solcher Maschinen stehe nicht zur Debatte.

Medienberichten vom 25. November zufolge sagte Dehghan, Russland habe gemeinsame Investitionen mit Iran in diesem Projekt akzeptiert. "Jede Zusammenarbeit mit Waffenverkäufern setzt voraus, dass auch die Technologie vermittelt und gemeinsam investiert wird. Wir haben bei Verhandlungen mit Russland diese Bedingungen vorgebracht. Die Russen haben sie akzeptiert."

Doch wenig später veröffentlichte das Verteidigungsministerium eine Erklärung, in der die Äußerungen Dehghans dementiert wurden. Der Minister habe lediglich über die "Verstärkung der Luftwaffe und ihren Bedarf an Waffen" gesprochen. Um den Bedarf zu decken, werde Iran zu wem auch immer Kontakt aufnehmen. Der Kauf müsse von der Zusammenarbeit bei Planung, Produktion und Marktforschung begleitet werden. Zudem müsste die Technologie den Iranern vermittelt werden. "Der ausländische Verkäufer soll uns nicht als Käufer und sich als Verkäufer betrachten", hieß es in der Erklärung. Käufer und Verkäufer investierten gemeinsam.

Die militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und Iran ist in den letzten Jahren, insbesondere nach dem militärischen Engagement Russlands in Syrien, intensiviert worden. Russland hat nach Jahre langer Verzögerung mit der Lieferung von S-300 Raketen begonnen. Teheran erlaubte Russland sogar für einige Wochen einen iranischen Luftwaffenstützpunkt für Operationen in Syrien zu nutzen. Irans Verteidigungsminister Dehghan sagte am 25. November, falls nötig, werde seine Regierung Russland wieder den Stützpunkt zur Verfügung stellen.

Zwei Wochen zuvor hatten russische Medien unter Berufung auf Äußerungen des Senators Viktor Oserow, dem Vorsitzendenden des Ausschusses für Verteidigung und Sicherheit im russischen Föderationsrat, berichtet, dass Iran und Russland über ein Waffengeschäft im Wert von zehn Milliarden Dollar verhandelten. Dabei gehe es um den Kauf von T-90-Panzern, Artillerie-Systemen, Hubschraubern und Kampfflugzeugen.

Um eine Stellungnahme zu diesen Berichten gebeten, sagte Dehghan, dazu sollten sich die Russen äußern. "Grundsätzlich sind wir bereit, mit jedem Land - die USA und das zionistische Regime ausgenommen - Geschäfte zu machen, um unseren Bedarf zu decken." Iran werde auch mit China über Waffenlieferungen verhandeln.

Das iranische Fernsehen berichtete am 14. November über gemeinsame Militärübungen zwischen China und Iran. Dem Bericht zufolge hätten beide Staaten vereinbart, gemeinsam gegen den Terrorismus zu kämpfen. Dehghan und sein chinesischer Kollege Chang Wanquan hätten ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet.

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AUSSENPOLITIK

• Trump und Iran
• Bagheri: Wir sind bereit Hunderttausende Basidschis nach Syrien zu schicken
• Elf arabische Staaten verurteilen Iran
• Iran und der Krieg in Syrien
• Israel wirft Iran Waffenlieferungen an die Hisbollah vor
• Mehr als 75 iranische Pilger im Irak getötet
• Barzani empfiehlt Gespräche zwischen iranischen Kurden und Regierung
• Menschenrechtsdialog mit Europa
• Plan zur Gründung einer diplomatischen Vertretung der EU in Teheran bestätigt
• Castro gewürdigt


TRUMP UND IRAN

Bereits vor der Wahl Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten demonstrierte die iranische Führung Gleichgültigkeit. Der Wahlkampf in den USA zeige, auf welch eine niedrige Stufe das Land moralisch gesunken sei, sagte Revolutionsführer Ali Chamenei vor einer Versammlung vor Schülern und Studenten am 2. November. Er lehnte kategorisch alle Verhandlungen und eine mögliche Versöhnung mit den USA ab. Es sei ein großer Fehler, zu glauben, die Probleme der Islamischen Republik ließen sich durch Verhandlungen oder gar Versöhnung mit den USA lösen, betonte Chamenei. Er erinnerte daran, dass Ayatollah Chomeini die Besetzung der US-Botschaft in Teheran und die Geiselnahme amerikanischer Diplomaten (im November 1979) als "zweite Revolution" in Iran bezeichnet habe. Damals habe die "revolutionäre Jugend" eine Verschwörung der USA gegen die neu gegründete Islamische Republik vereitelt. Chamenei kritisierte, dass die in der US-Botschaft gefundenen Geheimdokumente noch nicht in die Geschichtsbücher für Schüler und Studenten Eingang gefunden hätten. Das müsse unbedingt geschehen, befahl er.

Man könne den Amerikanern niemals trauen, sagte Chamenei weiter. Das zeige am besten das Atomabkommen. "Die Amerikaner verbreiten Lügen und begehen Wortbruch."

Zu den Kandidaten Clinton und Trump sagte Chamenei, er lehne beide ab. "Diese beiden Kandidaten zeigen die katastrophale Wirklichkeit, die sogar über das hinausgeht, was wir sagen." Beide seien imstande, den Ruf der Vereinigten Staaten endgültig zu ruinieren. "Das Herumtrampeln auf menschlichen Werten und Menschenrechten, rassistische Diskriminierung und Rassismus" seien Merkmale der USA. Etwaige Verhandlungen mit den USA über die Lage in Syrien, Irak, Jemen und Afghanistan seien völlig sinnlos. Denn man könne sich auf Vereinbarungen mit Washington nicht verlassen. Die Debatten zwischen den beiden Kandidaten wurden jedoch auch im staatlichen iranischen Fernsehen live gesendet.

Auch das Teheraner Außenministerium demonstrierte Gleichgültigkeit. "Wen die Amerikaner wählen, ist ihre Sache", sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi am 7. November. An den Beziehungen zwischen Teheran und Washington werde sich nichts ändern.

Trump hatte im Wahlkampf das Atomabkommen zwischen Iran und der 5+1-Gruppe als "katastrophal" und als eine der schlechtesten Vereinbarungen in der Geschichte der Vereinigten Staaten bezeichnet. Sollte er Präsident werden, werde er das Abkommen sofort kündigen und Iran mit noch stärkeren Sanktionen zu einem neuen Abkommen zwingen, das nicht "so lächerlich" sein werde, wie das Gegenwärtige. Die militärische Rolle der USA im Irak habe Irans Position nicht nur in dem Land, sondern in der gesamten Region erheblich gestärkt.

Nach der Wahl Trumps erklärte der Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats Ali Schamchani, das Wahlergebnis mache deutlich, wie groß das Misstrauen in der Bevölkerung der Vereinigten Staaten gegenüber herrschenden Strukturen sei. Das Wahlergebnis werde weder politisch noch wirtschaftlich, und auch nicht sicherheitspolitisch eine Wirkung auf die Lage in Iran haben. Im Gegensatz zu den Staaten am Persischen Golf, stütze sich die Islamische Republik auf keine fremde Macht, sondern einzig und allein auf das eigene Volk und die eigene Führung. "Weder Ost noch West" sei schon immer die Parole der Islamischen Republik gewesen.

Auch Präsident Rohani betonte auf einer Kabinettssitzung am 11. November, das Ergebnis der US-Wahlen werde keinen Einfluss auf die Lage in Iran haben. Die internationale Position der USA sei aufgrund gravierender Fehler erheblich geschwächt. Die zu erwartende Spaltung zwischen den USA und Europa sowie zwischen den USA und der Weltgemeinschaft insgesamt werde die Position der Vereinigten Staaten noch mehr schwächen. Rohani sagte weiter, "heute sind die USA nicht mehr in der Lage, durch die Propagierung der Iran-Phobie gegen Iran zu agieren". Die Kooperationsbereitschaft Irans und die Aufhebung der Sanktionen gegen das Land hätten eine Normalisierung der Beziehungen zu allen Staaten der Welt zufolge gehabt, die unumkehrbar sei.

Der Teheraner Freitagsprediger Ahmad Chatami, der zu den Hardlinern gehört, forderte Trump auf, sich wegen seinen Äußerungen über Iran "respektvoll bei der Nation zu entschuldigen". Trump hatte die Iraner unter anderem als Terroristen bezeichnet. Trump sollte seine Feindseligkeiten gegen Iran unterlassen, er sollte nicht versuchen, "mit dem Schwanz des Löwen zu spielen", sagte der Prediger weiter. Denn auch während seiner Präsidentschaft würden Iran und die Iraner gegen die USA "bis zum letzten Atemzug" Widerstand leisten.

In einer ersten Stellungnahme nach der Wahl Trumps sagte Chamenei am 16. November, "manche trauern über das Wahlergebnis, manche sind darüber glücklich. Wir trauern nicht, sind auch nicht glücklich." "Ich habe keine Meinung über das Wahlergebnis." Beide Parteien in den USA (Demokraten und Republikaner) hätten stets, wenn sie an der Macht waren, Konflikte erzeugt. "Die eine Partei hat gegen uns Sanktionen verhängt, die andere hat ein Passagierflugzeug abgeschossen (...) Wir sind nicht besorgt, wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet."

Auch die Revolutionsgarden nahmen zur US-Wahl Stellung. Die Wochenzeitschrift Sobhe Sadegh, das Organ der Garden, veröffentlichte einige Artikel zu der Wahl. In einem Leitartikel heißt es, selbstverständlich werde die Wahl Trumps, allgemein betrachtet, keinen Einfluss auf die Lage in Iran haben. Aber im Detail könnten zwei Bereiche davon betroffen werden: das Atomabkommen und die Präsidentschaftswahl. Im Hinblick auf die Äußerungen Trumps, schreibt der Autor, sei davon auszugehen, dass mit der Amtsübernahme Trumps wohl kaum etwas von dem Abkommen übrigbleiben werde. Damit werde sich die Außenpolitik der Rohani-Regierung, insbesondere das Atomabkommen, das bei den kommenden Präsidentschaftswahlen als Trumpf eingesetzt werden soll, zu einer Achillesferse der Regierung werden.

Ein anderer Artikel stellt die Frage, warum die Gemäßigten und Reformer einen Sieg der Demokraten begrüßt hätten. Dafür gäbe es drei Gründe. Erstens sei ihnen klar gewesen, dass bei einem Sieg der Demokraten, Hillary Clinton das Abkommen nicht angetastet hätte, während Trump es nun in Frage stellen werde. Zweitens sei es der Regierung noch nicht gelungen, den angekündigten Wirtschaftsaufschwung herbeizuführen. Die Hoffnung, es in den noch verbliebenen Monaten bis Mai nächsten Jahres doch noch zu schaffen, sei mit der Wahl Trumps nun gänzlich zunichtegemacht worden. Denn Trump werde vermutlich weit härter mit Iran umgehen als Clinton. Und drittens schließlich werde Trumps Regierung die Konflikte in der Welt, besonders in der Region, weiter verschärfen und damit die Radikalen und Extremisten stärken, was auch in Iran den Hardlinern zugutekäme.

Es ist stark anzunehmen, dass Konservative und Radikale in Iran über den Ausgang der Wahlen in den USA hoch erfreut sind. Zu den bereits genannten Gründen käme noch ein weiterer wichtiger Grund hinzu. Die Radikalen gehen davon aus, dass Trump im Gegensatz zu den Demokraten, die möglicherweise versucht hätten, durch politische und kulturelle Unterwanderung und Einflussnahme einen Wandel in Iran herbeizuführen, eher durch Sanktionen und militärische Drohungen seine Ziele durchzusetzen versuchen wird. Damit wäre die Gefahr einer kulturellen Unterwanderung und einer "samtenen Revolution" gebannt. Zudem würden Drohungen und Gewalt die Basis der Radikalen stark begünstigen.

Der Sprecher des Außenministerium Ghassemi versuchte die Gemüter im Land zu beruhigen. Trump werde sich "schon mäßigen, je mehr er sich dem Weißen Haus nähert", sagte er am 21. November.

Demgegenüber drohte Revolutionsführer Chamenei mit Vergeltung. "Die amerikanische Regierung hat sich bis jetzt in Bezug auf das Atomabkommen mehrere Fehltritte erlaubt, der jüngste ist die Drohung mit der zehnjährigen Verlängerung der Sanktionen. Sollte dies tatsächlich passieren, wird die Islamische Republik ganz sicher darauf reagieren", sagte er.


BAGHERI: WIR SIND BEREIT HUNDERTTAUSENDE BASIDSCHIS NACH SYRIEN ZU SCHICKEN

General Mohammad Bagheri, Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte, sagte bei einer Festveranstaltung der Basidsch-Milizen am 24. November, "wenn der Revolutionsführer (Ali Chamenei) es erlauben würde, wären Hunderttausende junge Männer bereit, an dem Krieg in Syrien teilzunehmen." Bereits jetzt, wo nur wenige die Erlaubnis erhalten hätten, den Widerstand in Syrien zu unterstützen, hätten die Mitglieder der Basidsch-Milizen gezeigt, dass sie die besten Kämpfer seien.

Die Organisation der Basidsch-Milizen, die im Zuge des iranisch-irakischen Kriegs (1980-1988) zum Wiederaufbau des Landes gegründet wurde, hat nach Angaben von Bagheri zurzeit 25 Millionen Mitglieder. Wenn dies tatsächlich zutrifft, würde es bedeuten, dass jeder dritte Iraner zu den Mitgliedern der Milizenorganisation zählt, was jedoch kaum vorstellbar ist. Die ursprüngliche Aufgabe der Organisation rückte bald zugunsten des Einsatzes für Sicherheit und Ordnung weit in den Hintergrund. Heute gelten die Basidsch-Milizen als verlängerter Arm der Revolutionsgarden, denen sie inzwischen auch organisatorisch unterstellt sind.

Auch der Oberbefehlshaber der Revolutionsgarden, General Mohammad Ali Dschafari, der auf derselben Veranstaltung eine Rede hielt, sagte: "Die jungen Menschen haben große Lust, an der Front des Widerstands (Kriegsfront in Syrien) teilzunehmen. Aber ihnen sind die Wege versperrt." Es sei schon möglich, dass diese Menschen einen Weg fänden, um an die Front zu gelangen. Sie sollten sich aber gedulden, "bis die Zeit den Einsatz erfordert".

Teheran behauptet offiziell, dass Iran nur beratend in Syrien tätig sei. Doch die Märtyrer-Stiftung erklärte am 24. November, dass mehr als tausend Iraner im Syrien-Krieg gefallen seien. Die USA behaupten, Iran sei mit mehr als 2.000 Soldaten und Offizieren am Krieg in Syrien beteiligt.

Iranische Militärs betonen immer wieder, wenn Iran nicht im Irak und Syrien gegen Terroristen vorgehen würde, müsste man den Kampf gegen sie im eigenen Land führen.

Bagheri hatte am 10. November Agenturberichten zufolge bekannt gegeben, dass Iran "in den vergangenen Jahren in der Region Aleppo Industrieeinrichtungen zur Herstellung von Raketen gebaut" habe. Die Raketen seien im Krieg zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah eingesetzt worden. Der General sagte jedoch nicht, was angesichts der gegenwärtigen Lage in Aleppo aus dem Raketenbau geworden ist und ob die Fertigung nun an einem anderen Ort fortgesetzt wird.

Bagheri sagte, Iran habe keinerlei Besitzansprüche an andere Staaten, sei jedoch bereit, "unter Einhaltung aller (internationalen) Grundsätze die Entrechteten gegen Terroristen und gegen die Arroganz zu unterstützen und ist stolz darauf, der Hisbollah im Raketen-Bereich sowie in anderen Bereichen zu helfen. Wir haben gesehen, wie gerade diese Hisbollah, die Iran unterstützt hat, Israel erniedrigt und gedemütigt hat."


ELF ARABISCHE STAATEN VERURTEILEN IRAN

Elf arabische Staaten im Nahen Osten und Nordafrika haben Iran am 15. November wegen Unterstützung des Terrorismus und Einmischung in die Angelegenheiten anderer Länder verurteilt. In einem Schreiben, das in der UN-Vollversammlung verteilt wurde, warfen sie Iran vor, der Instabilität in der Region Vorschub zu leisten. Dabei erwähnten sie u.a. die Unterstützung, die Iran den Huthis in Jemen und der Hisbollah im Krieg in Syrien gewährt. Iran unterstütze die Huthis militärisch und finanziell, bilde die Rebellen aus und schicke ihnen Waffen und Munition, heißt es in dem Schreiben, das von den Arabischen Emiraten entworfen und von den Vertretern von Bahrain, Ägypten, Jordanien, Kuwait, Marokko, Oman, Katar, Saudi-Arabien, Sudan und Jemen unterzeichnet wurde.

Weiter wird Iran vorgeworfen, terroristische Organisationen in Bahrain, Irak, Saudi-Arabien, Kuwait und anderen Staaten zu unterstützen. Zudem versuche die Islamische Republik durch Geistliche die islamische Revolution in andere Länder zu exportieren und den Extremismus zu propagieren. Diese Aktivitäten gefährdeten die Stabilität und Sicherheit der gesamten Region, heißt es weiter.

Iran lehnt alle diese Vorwürfe ab und wirft seinerseits Saudi-Arabien und dessen Verbündeten Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Jemen vor. Gemeint sind die Luftangriffe, die Saudi-Arabien und die mit ihm koalierenden Mächte seit geraumer Zeit in Jemen durchführen, bei denen zahlreiche Zivilisten ums Leben gekommen sind. Zudem wirft Iran den Saudis und ihren Verbündeten vor, Terroristen im Irak, in Syrien und anderen Staaten finanziell und militärisch zu unterstützen. Diese Staaten seien für Kriege und die Verbreitung des Terrorismus in Syrien, Jemen, Bahrain, Irak und Libyen verantwortlich, heißt es in einer Erklärung, die der iranische Diplomat Abbas Yasdani beim Abschluss der UN-Vollversammlung im September in New York veröffentlichte. Offenbar ist das Schreiben der elf arabischen Staaten eine Reaktion auf diese Erklärung Irans.


IRAN UND DER KRIEG IN SYRIEN

Nach offiziellen Angaben sind mehr als tausend Kämpfer aus Iran in Syrien ums Leben gekommen. "Die Zahl der Märtyrer aus unserem Land ist auf über tausend gestiegen", sagte Mohammad Ali Schahidi, Leiter der iranischen Stiftung für Märtyrer- und Veteranenangelegenheiten laut AFP vom 22. November.

Über die Herkunft der gefallenen Kämpfer äußerte sich Schahidi nicht. Es ist jedoch in Iran allgemein bekannt, dass viele "Kämpfer" die aus Iran nach Syrien geschickt werden, afghanischer Herkunft sind. Auch Pakistanis sollen unter ihnen sein.

Die Aussage Schahidis steht im Widerspruch zu der ständigen Behauptung Teherans, nur beratend in Syrien tätig zu sein. Doch vieles deutet daraufhin, dass Iran sich immer stärker in Syrien engagiert, besonders nachdem Russland mit Luftangriffen die syrischen Truppen unterstützt. Ein Indiz für die enge Zusammenarbeit zwischen Teheran und Moskau ist die Erlaubnis, die Iran der russischen Luftwaffe erteilt hat, einen iranischen Militärstützpunkt für Luftangriffe in Syrien zu benutzen. Diese Erlaubnis wurde im September erteilt, was in der iranischen Bevölkerung und auch im Parlament heftige Proteste auslöste. Dennoch erklärte Verteidigungsminister Hussein Dehghan am 26. November, nötigenfalls "können die Russen unsere Basis für militärische Operationen weiterhin nutzen".

Indes sagte Mohammad Hossein Bagheri, Oberkommandierender der Streitkräfte, laut der Agentur Tasnim, Iran werde möglicherweise in Syrien und Jemen Marinestützpunkte errichten. Stützpunkte in entfernten Gebieten seien "nicht weniger wirksam als Atomkraft. Es ist zehn Mal wichtiger und schafft Abschreckung." Diese Maßnahme sei erforderlich, weil zwei Drittel der Weltbevölkerung in der Nähe von Küsten lebten und die Weltwirtschaft vom Meer abhänge, zitierte AP den General.

Ganz anders lauten die Appelle Präsident Rohanis. Er meinte laut einer Meldung der dpa vom 26. November, das Flüchtlingsproblem lasse sich nicht lösen, solange in den Ländern, aus denen die Flüchtlinge kämen, Chaos und Krieg herrsche. "Daher müssen wir für Frieden sorgen, damit die Flüchtlinge nach Hause gehen können", sagte er bei einem Treffen mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu in Teheran. Um die Lage in der Region zu normalisieren, müssten sich die Regionalmächte aktiver für den Frieden einsetzen. Besonders die Türkei und Iran sollten in diesem Bereich enger zusammenarbeiten. "Iran und die Türkei haben den notwendigen Einfluss, um gemeinsam, auch ohne die westlichen Mächte, die Probleme zu lösen", sagte der Präsident.


ISRAEL WIRFT IRAN WAFFENLIEFERUNGEN AN DIE HISBOLLAH VOR

Israel beschuldigt die Revolutionsgarden, mit den Transportmaschinen der Fluggesellschaft Mahan Waffen an die libanesische Hisbollah geliefert zu haben. Dies geht aus einem Schreiben vor, das der israelische Botschafter bei der UN, Danny Danon, am 23. November an den UN-Sicherheitsrat geschickt hat.

Bereits zuvor hatten die USA der Fluggesellschaft vorgeworfen, im Dienste von Al Kuds, der Abteilung der Revolutionsgarden für Auslandseinsätze, zu stehen und unter anderem Waffen an die Hisbollah geliefert zu haben. Als Reaktion haben die USA die Fluggesellschaft mit Sanktionen belegt.

Die Waffen würden in Koffern versteckt nach Damaskus oder Beirut gebracht und von dort aus auf dem Landweg zu den Stützpunkten der Hisbollah transportiert, heißt es in dem Schreiben Danons. Es sei offensichtlich, dass Iran weiterhin die Hisbollah mit Waffen versorge unter Missachtung der einschlägigen UN-Resolutionen. Dies müsse verurteilt werden. Der Agentur Reuters zufolge, hat der Botschafter dem Schreiben, das an die fünfzehn Mitglieder des UN-Sicherheitsrats geschickt wurde, keine Belege für die Vorwürfe beigefügt.

Mahan ist die zweitgrößte Fluggesellschaft Irans. Sie wurde 2011 von den USA verurteilt und mit Sanktionen belegt wegen dem "Transport von Waren, Geld und Personen im Dienst der Revolutionsgarden, dem Transport von Waffen nach Syrien für syrische Militärs und für die libanesische Hisbollah". Zwar wurde diese Position der USA von anderen Staaten berücksichtigt, doch schon wenige Wochen vor der Unterzeichnung des Atomabkommens im vergangenen Jahr nahm Mahan seine Flüge von Teheran nach München wieder auf und flog danach auch fünfzehn weitere Länder wie u.a. Frankreich, Italien, Russland und China an.

Iran wies die Anschuldigungen Israels entschieden zurück. In einem Schreiben an den UN-Generalsekretär und den UN-Sicherheitsrat schrieb Irans Botschaft bei der UNO, Gholamhossein Dehghani, die Behauptungen des israelischen Botschafters seien ohne Grundlage. Daher habe Israel auch keine Belege und Beweise liefern können. Er warf seinerseits Israel vor, fremde Gebiete zu besetzen, die Rechte der Palästinenser zu missachten und "in weiten Teilen der Welt terroristische Aktivitäten zu organisieren". Israel versuche von Zeit zu Zeit Iran Rechtsbruch zu unterstellen.


MEHR ALS 75 IRANISCHE PILGER IM IRAK GETÖTET

Nach Angaben des Leiters des iranischen Roten Halbmonds, Ali Asghar Ahmadi, waren die Personen, die dem IS-Terroranschlag in der Nähe der irakischen Stadt Al-Hilla, etwas 120 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Bagdad, zum Opfer fielen, zumeist iranische Pilger. Doch die Leichen seien derart verbrannt, dass eine Identifizierung nicht so rasch erfolgen könne, sagte er. Für den Anschlag vom 24. November, bei dem mehr als achtzig Personen getötet wurden, hat der sogenannte Islamische Staat (IS) die Verantwortung übernommen. Die Anhänger dieser Terrororganisation betrachten alle Schiiten als Feinde.

Masud Hosseinian, iranischer Generalkonsul in Bagdad, sagte am 15. November der Presse, die Leichen der Opfer seien nach Iran gebracht worden. Es wird vermutet, dass sich unter den 75 Opfern auch einige afghanische Bürger befinden, die sich in Iran aufgehalten haben. Die 30 Verletzten würden in irakischen Krankenhäusern behandelt, sagte Hosseinian.

Das Teheraner Außenministerium verurteilte den Anschlag auf das Schärfste. Iran solidarisiere sich mit der irakischen Regierung, dem irakischen Volk und den Opfern dieses "entsetzlichen, fürchterlichen" Anschlags, sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi. Dieser barbarische Anschlag sei "eine verzweifelte Reaktion des IS auf die jüngsten Niederlagen".

Auch Präsident Rohani schickte eine Beileidsbotschaft an die irakische Regierung und forderte diese auf, " die dunkelherzigen Initiatoren solcher unmenschlichen Aktivitäten entschiedener zu bekämpfen". Er fügte hinzu, Teheran sei nach wie vor entschlossen, den Kampf gegen Terroristen und Extremisten fortzusetzen. In einer Presseerklärung, die Rohani am 25. November veröffentlichte, betonte er: "Dieser mörderische Angriff zeigt, wie verzweifelt die Terroristen sind und wie aussichtslos ihre Lage geworden ist." Er sei sich sicher, dass der "endgültige Sieg" über die Terroristen und das Ende des Islamischen Staates bald erreicht sein werde.

Jährlich reisen Millionen Iraner zu den heiligen Stätten der Schiiten Karbela und Nadschaf im Irak. Laut Angaben der Regierung befanden sich zur Zeit des Anschlags rund zwei Millionen Iraner in dem Nachbarland.


BARZANI EMPFIEHLT GESPRÄCHE ZWISCHEN IRANISCHEN KURDEN UND REGIERUNG

Masud Barzani, Präsident der autonomen Kurden-Region im Irak, sagte in einem Interview mit dem persischsprachigen Programm der BBC am 24. November, die Konflikte zwischen der iranischen Führung und den iranischen Kurden könnten nicht mit Waffen gelöst werden, sondern nur durch einen friedlichen Dialog.

Barzani bedankte sich für die Unterstützung, die die Islamische Republik den Kurden gewährt habe, und sagte: "Wir Kurden wollen normale Beziehungen zu Iran haben".

In den vergangenen Monaten hat es in den Grenzgebieten zwischen Iran und Irak immer wieder militärische Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und bewaffneten kurdischen Gruppen gegeben. Dabei bombardierten iranische Kampfflugzeuge mehrmals auch die autonomen Gebiete der irakischen Kurden.

Barzani sagte weiter, er und seine Regierung seien nicht für das Verhalten aller kurdischen Gruppen verantwortlich. "Wir können diesen Gruppen nicht unsere Meinung diktieren." Mit Blick auf die Anwesenheit kurdischer Gruppen aus der Türkei und aus Iran im irakischen Kurdistan erklärte Barzani, er sei entschlossen, jede bewaffnete Auseinandersetzung zwischen kurdischen Organisationen zu vermeiden.

Über die Zukunft Iraks meinte der Präsident, "Irak kann nicht mehr in die Vergangenheit zurückgehen". Die Zeit einer starken Zentralregierung sei endgültig vorbei. Er bekräftigte sein Vorhaben, über die Selbständigkeit eines kurdischen Staates ein Referendum durchführen zu wollen und fügte hinzu: "Faktisch besteht der Irak heute aus mehreren Teilen und das ist nicht meine Schuld. Wir können mit der irakischen Regierung ein brüderliches Verhältnis haben, aber unsere Häuser müssen wir trennen."

Barzani äußerte sich auch zu dem IS und sagte, das Problem IS werde auch nach der Eroberung von Mosul nicht zu Ende sein. "Solche Kräfte werden auch in Zukunft in einer anderen Farbe und unter einem anderen Namen weiterexistieren."

Zuvor hatte der militärische Berater des Revolutionsführers Ali Chamenei, General Yahya Rahim Safawi, die irakischen Kurden vor der Gründung eines selbständigen kurdischen Staates gewarnt. Die Kurden hätten "arische Wurzeln", ihre Sprache sei Persisch und ihre Führer sollten sich darüber bewusst sein, dass sie "ihre Position Iran verdanken", sagte er am 7. November bei einer Rede in Teheran. Er kritisierte den Kurdenführer Masud Barzani dafür, dass dieser Saudi-Arabien erlaubt habe, "konterrevolutionären" iranischen Kurden Waffen zur Verfügung zu stellen.

Tatsächlich genoss die Familie Barzani während der Diktatur Saddam Husseins im Irak iranischen Schutz. Die Barzanis hielten sich in Iran auf und führten von dort aus den Kampf gegen die Saddam-Diktatur. Auch jetzt haben die Barzanis enge Beziehungen zur iranischen Führung.

Rahim Safawi erinnerte an die Rolle Irans bei der Verteidigung der Stadt Erbil, die zu den wichtigsten Städten der autonomen Kurden-Region Iraks gehört. "Die Terroristen des Islamischen Staates standen kurz vor Erbil, die Kurden haben uns um Hilfe gebeten. Wir haben die Stadt gerettet", sagte der General. "Nun sind wir besorgt, dass die Region Kurdistan sich von der Zentralregierung in Bagdad trennen könnte. Eine Trennung gefällt uns nicht."

Es sei kaum denkbar, dass die Kurden ohne die Hilfe aus Iran Erfolg haben könnten. Sie sollten keine Risiken eingehen. Es wäre für sie schädlich, wenn sie sich politisch von Iran entfernen würden, so Safawi weiter.


MENSCHENRECHTSDIALOG MIT EUROPA

Vizeaußenminister Madschid Tachtrawantschi gab bekannt, dass er dabei sei, die organisatorischen Schritte für den Beginn des Dialogs mit der Europäischen Union über Menschenrechte einzuleiten. Begleitet von einer Delegation traf er sich mit Vertretern der EU, unter anderem mit der EU-Außenbeauftragten Frederica Mogherini.

In einem Interview mit der Agentur ILNA sagte er: "Bei der Debatte handelt es sich nicht um eine Angelegenheit, die heute beginnt und morgen aufhört. Die Gespräche brauchen viel Zeit, damit man sich gegenseitig versteht. Was am Ende herauskommen wird, hängt von dem Verlauf der Gespräche ab." Wie lange das ganze dauern werde, könne er nicht sagen. "Es kann sein, dass die Gespräche zwei, drei oder vier Jahre lang dauern werden. Aber das Ergebnis wird zufriedenstellend sein."

Die EU und Iran haben im Sommer diesen Jahres mit der Vorbereitung der Gespräche begonnen. Die iranische Delegation besteht den Angaben Tachtrawantschis zufolge aus Diplomaten und Vertretern der Justiz. Dabei bildeten Fragen wie die Todesstrafe aus iranischer Sicht jedoch eine rote Linie, betonte der Vizeaußenminister. Das sei auch den Vertretern der EU bekannt. "Die Gespräche müssen sachlich sein, nicht politisch." "Auf dieser Grundlage haben wir viel zu sagen, zum Beispiel wollen wir wissen, warum in Jemen so viele Verbrechen begangen werden. Auch die Jemeniten sind Menschen und sie haben Rechte. Wir wollen wissen, warum die Staatengemeinschaft darüber schweigt. Wir werden fragen, was die EU in Bezug auf Jemen tut. Auch werden wir über die Islamphobie zu reden haben", sagte Tachtrawantschi.


PLAN ZUR GRÜNDUNG EINER DIPLOMATISCHEN VERTRETUNG DER EU IN TEHERAN BESTÄTIGT

Außenamtssprecher Bahram Ghassemi bestätigte am 7. November Pläne zu Gründung einer diplomatischen Vertretung der EU in Teheran, betonte jedoch, dass er nicht sagen könne, wann dies geschehen werde.

Der Plan ist in Iran umstritten, Konservative und Radikale stehen ihm äußerst kritisch gegenüber. Zwei Wochen zuvor hatte der Menschenrechtsbeauftragte der Justiz, Mohammad Dschawad Laridschani (Bruder des Justizchefs Sadegh Laridschani und des Parlamentspräsidenten Ali Laridschani), scharfe Kritik an dem Vorhaben geübt und bezeichnete das geplante EU-Büro als "Höhle des Verderbens". Er sagte, die EU wolle mit der Gründung des Büros mit Menschenrechtsaktivisten und regierungsunabhängigen Organisationen enge Kontakte knüpfen. Das werde die Justiz niemals erlauben.

Die Erlaubnis zur Gründung einer ausländischen Vertretung bzw. Büros wird dem Gesetz nach von der Regierung erteilt. Ghassemi sagte, der Plan, ein Büro der EU in Teheran zu gründen, sei alt. Auch sei seit langen Jahren eine Vertretung Irans bei der EU in Brüssel im Gespräch. Schließlich hätten auch die Mitgliedsstaaten der EU in Teheran Vertretungen, die auch die Anliegen der EU verträten.

Am Vortag hatte Vizeaußenminister Tachtrawantschi angekündigt, das EU-Büro werde demnächst eröffnet. Zurzeit habe die EU zwei Vertreter, die bei der niederländischen Botschaft untergebracht seien. Der Grund für die geringe Zahl der EU-Diplomaten seien die eingeschränkten Beziehungen zwischen Iran und der EU gewesen.

Nach der Aufhebung der Sanktionen gegen Iran reisten mehrere EU-Delegationen nach Iran mit der Absicht, die Beziehungen zu Iran auszubauen.

Die ultrarechte Tageszeitung Kayhan, die als Sprachrohr des Revolutionsführers gilt, schrieb einen langen kritischen Artikel über den Plan, aus dem wir hier Auszüge zitieren.

"Während die Regierung die Gründung eines EU-Büros plant, sind viele davon überzeugt, dass das Büro als ein Spionagezentrum und eine Organisation fungieren wird, die sich in innere Angelegenheiten unseres Landes einmischt. (...) Nach der Unterzeichnung des Atomabkommens hat die Medienkette, die die Regierung unterstützt, über das geplante Büro und die damit verbundenen Vorzüge gejubelt. Die Zeitung Schargh schrieb zum Beispiel: 'Die Regierung Rohani hat nur noch wenige Monate Zeit, um ihre diplomatischen Tabubrüche fortzusetzen. Der neueste Tabubruch ist die Gründung eines EU-Büros in Teheran.'"

Die Regierung Rohani habe im ersten Schritt ihrer "Tabubrüche" bilaterale Gespräche mit den USA aufgenommen, Rohani habe mit Obama telefoniert, dann kam im zweiten Schritt das Atomabkommen. Die EU habe eine Resolution verabschiedet, in der die EU-Delegationen, die Iran besuchten, aufgefordert werden, mit Regime-Kritikern, Menschenrechtsaktivisten, politischen Gefangenen (also mit Verschwörern) Kontakt aufzunehmen. Die Verfassung der Islamischen Republik dürfe nicht als ein Hindernis für eine gemeinsame Verständigung über Menschenrechte und Demokratie betrachtet werden, heißt es weiter in der Resolution, schreibt Kayhan und fügt hinzu: "Das bedeutet, dass die Verfassung der Islamischen Republik und der islamische Staat im Widerspruch stehen zu Menschenrechten und Demokratie."

Der Autor zählte einige Gründe auf, die die EU dazu bewogen hätten, sich Iran anzunähern. Es seien wirtschaftliche, politische und geostrategische Interessen, zu deren Durchsetzung auch das Büro gegründet werden solle. Die EU sei auch stark daran interessiert, dass Rohani im nächsten Jahr wiedergewählt werde. Die Botschafter der wichtigsten Staaten der EU, wie die Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs, seien hochrangige Beamte der Nachrichtendienste ihrer Länder. Zum Beispiel der neue deutsche Botschafter, Michael Klor-Berchtold, sei zuvor Vizepräsident des BND gewesen. Die Zeitung warnt vor den Folgen der Gründung eines EU-Büros, das ihrer Meinung nach alle Errungenschaft der Islamischen Republik Schritt für Schritt zunichtemachen werde.


CASTRO GEWÜRDIGT

Präsident Rohani schickte nach dem Tod von Fidel Castro ein Schreiben an den kubanischen Präsidenten und Bruder des Verstorbenen Raul Castro, in dem er den früheren Staatsmann und Revolutionsführer als "unermüdlichen Krieger" würdigte. Castros Tod habe in der Bevölkerung Irans "große Schmerzen und Trauer" hervorgerufen. Castro habe sich als "freier Mensch und Krieger" ein Leben lang für die Rechte der Erniedrigten und Entrechteten eingesetzt.

Rohani hatte zuletzt auf seiner Reise durch Lateinamerika im September diesen Jahres Fidel und Raul Castro getroffen. Seit der Gründung der islamischen Republik bestehen zwischen Teheran und Havanna trotz unterschiedlicher ideologischer Ausrichtung freundschaftliche Beziehungen. Kuba gehörte zu den ersten Staaten, die die neu gegründete Islamische Republik anerkannten. Beide Staaten verurteilten die von den USA verhängte Blockade gegen Kuba und die Sanktionen gegen Iran.

Auch Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif sprach sein Beileid zu Castros Tod aus. Bei einem Treffen mit dem kubanischen Botschafter in Teheran sagte er: "Wir sind davon überzeugt, dass der Name Fidel Castros als Führer der Befreiungsbewegung ewig erhalten bleiben wird." Sarif hatte ebenfalls in Begleitung Rohanis im September Fidel Castro in Havanna getroffen.

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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Dezember 2016

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