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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/315: Report zu polnisch-tschechisch-deutschem Energiedialog vorgestellt


Heinrich-Böll-Stiftung - 19. März 2014

Greening the Heartlands of Coal in Europe-Einblicke in einen polnisch-tschechisch-deutschen Dialog zu Energiefragen



Berlin, 19. März 2014: Im Vorfeld des EU-Klimagipfels, der am kommenden Donnerstag in Brüssel beginnt, stellt die Heinrich-Böll-Stiftung den Report "Greening the Heartlands of Coal in Europe - Einblicke in einen polnisch-tschechisch-deutschen Dialog zu Energiefragen" vor. Die drei Länder haben energiepolitisch eines gemein: Ihre Abhängigkeit von der Kohle. Allerdings verfolgen sie sehr unterschiedliche Strategien im Umgang mit dieser Abhängigkeit.

"Während wir uns in Deutschland intensiv mit der Energiewende beschäftigen, werden die Auswirkungen auf unsere europäischen Nachbarn weitgehend ausgeblendet", kritisiert Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. Je höher der Anteil der erneuerbaren Energien in der Bundesrepublik, desto deutlicher sind derzeit die Auswirkungen auf unsere Nachbarn, insbesondere deren Stromsysteme. "Eine engere Koordination und Kooperation ist deshalb unausweichlich." Polen und Tschechien sehen in der Energiewende ein hoch riskantes Projekt. Jüngst warnte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk vor dem Hintergrund der Krise in der Ukraine vor einer wachsenden Abhängigkeit von russischem Erdgas. Die polnische Regierung sieht in der Förderung von heimischem Schiefergas und einem Einstieg in die Atomkraft einen Ausweg aus dieser Importabhängigkeit. Polen setzt auch in Zukunft auf Kohle; die Steinkohleimporte nehmen zu. Tschechien plant den Ausbau der Atomkraft.

Diese unterschiedlichen Strategien erschweren eine Einigung auf europäischer Ebene. Sie führen zu Misshelligkeiten zwischen den Ländern, wenn es um die mit der Energiewende verbundenen Herausforderungen geht. Der Bericht liefert Hintergründe und Analysen, warum die Debatten in den jeweiligen Ländern so unterschiedlich verlaufen.

Mit einem Set von Empfehlungen plädieren die Autor/innen bei allen Unterschieden für eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit und einen intensiveren Dialog, um den energie- und klimapolitischen Herausforderungen gemeinsam begegnen zu können: "Obwohl nur ein gutes Viertel der EU-Bevölkerung in den drei Ländern lebt, fördern sie EU-weit fast 80 Prozent der Steinkohle sowie 68 Prozent der Braunkohle und erzeugen 55 Prozent des Kohlestroms", so Raffaele Piria, Autor des Reports. "Die Frage nach dem Übergang in eine klimafreundlichere Energiegewinnung und dem Ausstieg aus der Kohle mit all seinen ökologischen und sozialen Fragen wird sich früher oder später in allen drei Ländern stellen - die Zusammenarbeit und der Erfahrungsaustausch vor allem in Bezug auf Energieeffizienz und erneuerbaren Energien könnten sich hier als sehr nützlich erweisen", so Piria.


Hintergrund

Der Report ist das Resultat einer trilateralen Expertengruppe, die sich im vergangenen Jahr auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Ecologic Institut regelmäßig traf, um die Auswirkungen der deutschen Energiewende auf Deutschlands Nachbarländer Polen und Tschechien zu diskutieren. Die Autorengruppe beschäftigt sich mit der Wahrnehmung der deutschen Energiewende in den drei Ländern, untersucht deren Auswirkungen auf grenzüberschreitende Stromflüsse und erklärt die unterschiedlichen Fördermechanismen für erneuerbare Energien.

Wussten Sie beispielsweise schon, dass

  • der CO2- Ausstoß pro Kopf in Deutschland höher ist als in Polen? Siehe S. 14 und 15
  • Polen 2012 Nettoeinfuhrland von Steinkohle wurde und der größte polnische Kohleproduzent
  • Kompania Weglova kurz vor der Insolvenz steht? Siehe S. 22
  • 89 Prozent der polnischen Bürger und Bürgerinnen mehr erneuerbare Energien haben wollen? Siehe S. 29
  • der Investor der zwei geplanten neuen Reaktoren im Atomkraftwerk Temelin in Tschechien eine Einspeisevergütung für Atomstrom fordert - deutlich höher als die Vergütung für neue Solar- und Windanlagen in Deutschland seit Anfang 2014? Siehe S. 20
  • nur zwei Prozent des europäischen Uranium-Bedarfes aus der EU kommen? Siehe S. 17


Greening the Heartlands of Coal in Europe - Insights from a Czech-German-Polish Dialogue on Energy Issues
Autor: Raffaele Piria / Ko-Autor/innen: Aleksandra Arcipowska, Camilla Bausch, Paul Hockenos, Sascha Müller-Kraenner, Jan Ondřich
http://www.boell.de/en/2014/03/18/greening-heartlands-coal-europe

Der Report erscheint auf Englisch, die Kurzfassung und Empfehlungen liegen auch in deutscher Übersetzung vor:
http://www.boell.de/sites/default/files/uploads/2014/03/kurzfassung_deutsch_greening_the_heartlands_of_coal.pdf

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Quelle:
Heinrich-Böll-Stiftung
Schumannstr. 8, 10117 Berlin
Ramona Simon, Pressesprecherin
Telefon: 030-28534-202
E-Mail: simon@boell.de
Internet: www.boell.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2014