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ABENTEUER/003: Sommerferien an der Nordsee. Vom Nutzen der Wettervorhersage (SB)

© Schattenblick 2010
Sommerferien an der Nordsee

Mit Anhang: Vom Nutzen der Wettervorhersage


Endlich - da war das Meer und dort der Leuchtturm. Nach fünf Kilometern Fußmarsch in der prallen Sommersonne standen die drei vor ihrem Ziel und atmeten die würzige Seeluft, die nach Muscheln, Salz und Seetang schmeckte. In ihren Sandalen knirschte der Sand und auf ihre erhitzten, schweißnassen Gesichter legte sich der feine trockene Sandstaub, den der Wind herantrug, wie eine trockene, salzige Kruste. Wahrhaftig, sie fühlten sich, als hätten sie die Wüste Sahara durchquert und der frische Seewind, der jetzt ihre Wangen kühlte, war wie ein erlösendes Versprechen auf mehr. Nur einmal ganz eintauchen dürfen in die kalte, nasse, erfrischende Flut ...

Den Leuchtturm hatten sie natürlich sofort entdeckt, als sie in dem kleinen dänischen Dorf aus dem Bahnhofshäuschen getreten waren. Wen sie jedoch erwartet hatten und nirgends entdecken konnten, war Opa, aber das war eigentlich mal wieder typisch. Nicht nur, daß man in den Ferien in so ein elendes Kaff abgeschoben wurde, in dem man die anderen Feriengäste, die zur Urlaubszeit den Zug verließen, an einer Hand abzählen konnte. Weit und breit keine Menschenseele, die sich um sie gekümmert hätte und natürlich niemand, der auch nur eine entfernte Ähnlichkeit mit Opa hatte. Aber konnte man von einem 71jährigen Greis schon etwas anderes erwarten? Wahrscheinlich hatte er ganz einfach die Ankunftszeiten vertüttelt und hielt in seinem Leuchtturmwärterstübchen seelenruhig seinen Mittagsschlaf. Verdammt, was blieb ihnen anderes übrig, als sich selbst und zu Fuß auf den Weg zu machen, wohin, das wußten sie ja.

Nachdem Malte, mit zwölf Jahren der älteste von ihnen, ihr Gepäck sicher im Bahnhof untergebracht wußte (Opa hatte ihnen per Fax mitgeteilt, daß er es mit seinem Landrover abholen würde) und Ole, neun Jahre alt, inzwischen mit der kleinen siebenjährigen Kerstin in der Rekordzeit von 5 Minuten die Umgebung erkundet hatte, machten sie sich auf den Weg.

Überhaupt, die Umgebung! Diese "nächstgrößere Ortschaft", wie sie Opa in seinem Fax genannt hatte, paßte wohl noch in Kerstins alte und inzwischen eingelaufene Strampelanzugtasche. "Voll öde", dachte Ole, denn Abwechslungen, die einem Stadtkind vertraut gewesen wären, gab es hier nicht. Die wenigen, geduckten Häuser entlang der einzigen Dorfstraße, fand Ole, dem sich die kleine Schwester wie eine Klette an die Fersen heftete, irgendwie unheimlich, wie aus einem dieser ätzenden, uralten Kinderbilderbücher, für die seine Mutter eine unerklärliche Vorliebe gehabt hatte, und in denen die Kinder immer artig ihren Eltern halfen und die Großmütter immer einen Dutt hatten und Geschichten erzählen konnten. Mit ihren schilf- bzw. reetgedeckten Dächern wirkten die Häuser auf ihn wie fremde Wesen - keinesfalls aber wie gemütliche Heimstätten wirklicher Menschen oder gar Kinder. Auch der Rest war reichlich trostlos: Kein Spielplatz, kein Supermarkt, kein Kino, keine Videothek, kein Straßenlärm ... "Und wo sind die Kinder?", fragte Kerstin.

Das fragte er sich auch. Er beschloß, sich bei nächster Gelegenheit diesem Problem intensiver zu widmen und sich etwas weitläufiger umzutun, wenn er nur irgendwo ein Fahrrad aufgabeln könnte ... Denn außer diesem kleinen Flecken hier gab es offensichtlich nichts, was nach einer menschlichen Siedlung oder Behausung aussah - abgesehen von Opas Leuchtturm vielleicht -, nichts als Weiden, Äcker, Dünen, Sonne und Sand, viel Sand; weshalb sie schließlich auch länger bis zu Opas Leuchtturm brauchten, als es sich die drei vorgestellt hatten.

"Geschafft", stöhnte Ole jetzt, "ich dachte schon, der Leuchtturm rückt nie näher, obwohl es mir im Sonnenlicht anfangs gar nicht so weit vorkam". - "Kann ich nun endlich auf Klo gehen?", Kerstin nervte schon den ganzen weiten Weg über. "Vielleicht macht das die Luftspiegelung, daß alles viel näher scheint, als es ist", meinte Malte und legte die Hand abschirmend vor die Augen, um besser sehen zu können. Als Ältester fühlte er sich auch für ungestellte Fragen verantwortlich, ignorierte jedoch lieber die seiner kleinen Schwester. "Ich will aber keine Luftspiegelung, ich platz' gleich." So klein sie auch war, wußte sie sich doch durchzusetzen.

Hauptsächlich hatte sie irgendwann einfach keine Lust mehr gehabt, auch nur einen Schritt weiter zu gehen, und es war nur ihrem Respekt vor dem älteren Malte zu verdanken - und einer Unmenge von Versprechungen, die sie nun mit Sicherheit der Reihe nach einfordern würde -, daß alle drei jetzt vor der verschlossenen Tür des leuchtend roten, runden Gebäudes standen.

"Wo ist Opa denn nun?", Kerstin hatte unbestritten ein Talent, immer genau die Frage zu stellen, die alle beschäftigte und die man tunlichst für sich behielt. Denn die einzige Antwort, daß man nämlich selbst keine hatte, hätte die ohnehin ausweglose Situation nur noch hoffnungsloser und so entsetzlich endgültig erscheinen lassen.

"Nun hör' mal auf zu quengeln", Malte beschloß im stillen eine Ablenkungsstrategie, damit er Zeit gewann, sich heimlich umzusehen. "Seht euch diese Brandung an! Was haltet ihr davon, wenn wir erst einmal baden gehen? Eine kleine Abkühlung könnte euch jedenfalls nicht schaden!" - "Wirklich mal 'ne gute Idee von dir, großer Bruder, hätte glatt von mir sein können". Sein Vorschlag rief uneingeschränkte Begeisterung hervor und als sie sich auskleideten, verschwand Kerstin einfach ohne weitere Umstände hinter der nächsten Düne. Warum nicht gleich so.

Immer noch hatten sie keine Menschenseele gesehen. Die Stille hier auf der Landzunge, die am weitesten von der Küste ins Meer hineinragte und auf der deshalb der Leuchtturm stand, kam Malte ein wenig unheimlich vor. Nur das Rauschen der Brandung und hin und wieder der alles durchdringende Schrei einer Möwe riefen elementare Ängste in ihm wach. Er ahnte ja nicht, daß sie von verschiedensten Augenpaaren scharf beobachtet wurden ...

Nackt und ohne sich weiter umzusehen liefen die drei laut johlend die Dünen hinunter, über den einsamen, unendlich breiten, weißen Sandstrand und warfen sich mit Vollkaracho in die schäumende Gischt.

"Hee!! Seid ihr nicht ganz bei Trost?", dröhnte plötzlich eine tiefe, scheppernde Baßstimme in ihre Ohren. Vor Schreck erstarrt blieben alle drei noch im flachen Wasser stehen. Jetzt spürten sie die gewaltige Strömung, die an ihren Füßen riß und die sie im nächsten Augenblick wie Treibholzstücke mit ins Meer hinausgezogen haben könnte, wenn nicht ...

Langsam drehten sie sich in die Richtung, aus der sie so unfreundlich angebrüllt worden waren. Am Ufer stand ein hochgewachsener, stattlicher Mann, dessen weiße Mähne ebenso wie der rotgetupfte Schal im Wind flatterten. Er hatte das Megafon, mit dem er sie angesprochen hatte, wieder gesenkt. In der anderen Hand hielt er eine Pfeife, die dünn vor sich hinqualmte. Mit einer ruhigen Geste, die keinen Widerspruch duldete, deutete er damit in Richtung Strand.

"Das hab' ich mir doch gedacht", knurrte er ihnen entgegen, als sie sich endlich an Land gekämpft hatten, "dumme Landratten, dusselige, eingebildete Städter, von Tuten und Blasen keine Ahnung, latschen die Dünen runter und gleich rein ins Tiefe, in die offene See. Das wäre ja noch schöner, wenn ich hier einen auf Kindermädchen machen und euch auf Schritt und Tritt überwachen muß, damit ihr nicht vor lauter Ahnungslosigkeit vergeßt, Luft zu holen, was? Das kommt gar nicht in die Tüte! Also erste Regel, wenn ihr hier bei mir wirklich fünf lange Ferienwochen bleiben und überleben wollt, ohne euch vor Heimweh gleich ins Hemd zu machen: Sperrt eure Ohren auf und befolgt, was ich euch sage! Sonst geht's postwendend mit dem nächsten Zug nach Hause."

Seltsam, das klang so ernst und trotzdem schien er nicht wirklich böse oder wütend zu sein. Die wettergegerbten Furchen in seinem Gesicht, vor allem die Lachfältchen um seine Augen, und sein Schmunzeln straften seine strengen Worte Lügen. Ehrfürchtig, ein wenig betreten und mit einem gehörigen Sicherheitsabstand, standen die drei vor ihm.

"Opa?", schrie Kerstin als erste und rannte auf ihn zu. Da warf er das Megafon in den Sand, breitete seine Arme aus und fing sie auf. Sie vergrub ihr Gesicht in seinem dichten Vollbart und schluchzte noch einmal auf, um die Erinnerung an die Gefahr loszuwerden, die sie so hautnah im Wasser gespürt hatte. An Opa angeschmiegt fühlte sie sich endlich geborgen. Er roch so gut nach Tabak und Seife, und wenn er auch furchterregend schimpfen konnte, so kam er ihr jetzt riesengroß vor, von vertrauenerweckender Standhaftigkeit, der Schutz vor allen drohenden Gefahren bot.

Nachdem Kerstin die offensichtlich doch nicht so feindliche Festung genommen hatte, trauten sich auch die beiden Jungen näher heran und Opa Fritz zog ihnen ein wenig an den Ohren und gab ihnen dann auch einen freundschaftlichen Klaps zwischen die Schulterblätter. Erleichtert und ein wenig beschämt ließen sie die vertrauliche Begrüßung über sich ergehen, die sie sonst nur unter Protest erduldet hätten, schließlich waren sie dem Babyalter schon entwachsen.

Es war schon zu lange her, daß sie ihn zuletzt gesehen hatten. Sie konnten sich kaum noch richtig an ihn erinnern. Doch diese Art, einen freundschaftlich in den Schwitzkasten zu nehmen, und noch einen Nasenstüber hinterherzuschieben, das war Opa. Sie hatten es nur vergessen, auch wie sehr seine Erscheinung Respekt und auch Vertrauen jedem einflößte. Von wegen tüttelig! Mit seinen 71 Jahren war Opa ein gesunder, kräftiger Mann, der mitten im Leben stand, auch wenn ihn der eine oder andere Sommerfrischler, der sich zum Leuchtturm verirrte, in der bequemen, wetterfesten Kleidung als urige Erscheinung charakterisiert hätte.

"Kommt mal mit, ich zeig euch 'was, damit ihr für's erste nicht noch mehr kopflose Entscheidungen trefft", wies Opa an und stapfte etwas breitbeinig in seiner ausgebeulten, wasserfesten Twillhose auf die höchste Düne weit und breit, nicht weit von ihrem Badeplatz entfernt. "Nutzt diesen Sonnenschein und die klare Sicht, um über den Strand und das Meer zu sehen. Dieser Blick erzählt euch einiges, was für den Alltag hier von unschätzbarem Nutzen ist und zwar jeden Tag von Neuem. Na, was seht ihr?"

"Ähm, schönes Wetter, das heißt blauen Himmel und braunes Wasser." Malte fühlte sich als Ältester verpflichtet zu antworten, obwohl ihm seine Antwort ziemlich hilflos vorkam. "Und einen riesig breiten Strand", freute sich Kerstin, "da können wir Ball spielen." Die Jungen sahen sich augenrollend an. Damit würde sie ihnen bestimmt die meiste Zeit auf den Geist gehen.

"Ihr braucht euch nicht zu sträuben", lachte Opa, als hätte er ihre Gedanken gelesen, "auch wenn der Streifen vor dem Wasser naß und matschig aussieht, ist der Boden dort schön hart. Außerdem, so oft am Tag kommt ihr gar nicht in die Verlegenheit, den nassen Sand zu nutzen. Den gibt es nämlich nur, wie jetzt gerade bei Ebbe, das heißt bei ablaufendem Wasser. Dann wird der Strand hier an der offenen See erheblich viel breiter. Wir haben an dieser Stelle einen Gezeitenunterschied, so nennt man das, von ungefähr 40 Metern. Bei Hochflut spült das Wasser bis nahe an die Dünen."

Die Kinder sahen sich betroffen an: ach ja, Ebbe und Flut ... Sie hatten ganz vergessen, daß sie vor dem gefährlichen Sog der Ebbe ins Meer hinaus gewarnt worden waren.

"Ihr könnt aber - mit ein wenig Übung und wenn ihr noch mehr darüber wißt - nicht nur erkennen, ob gerade Ebbe oder Flut ist, sondern mit einem Blick auf die Wasserfärbung auch schon von hier die Strömungen vor der Küste erkennen, in die ihr auf keinen Fall geraten dürft, weil sie euch durch die Priele, eine Art Gräben, hinaus aufs Meer ziehen würden. Bei dieser Brandung heute könnt ihr sie aber schlecht erkennen."

Malte schauerte zusammen, als er daran dachte, wie leichtsinnig sie gewesen waren. Opa hatte recht gehabt, er hatte sich wie eine blinde Landratte verhalten, und leichtsinnig ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Nun dämmerte ihm langsam, daß er noch viel mehr wissen mußte, um sich hier an der Küste ähnlich sicher wie zuhause im Stadtverkehr verhalten zu können. Wie zur Bestätigung fuhr Opa Fritz nun fort: "Würdet ihr schon länger hier leben und jeden Tag aufmerksam Meer und Himmel beobachten, dann könntet ihr an dem von Malte zitierten blauen Himmel und dem braunen Wasser auch das Wetter ablesen, das uns in den nächsten Stunden erwartet, und ihr würdet bei längeren Unternehmungen im Freien nicht mehr davon überrascht werden. Das ist für das Landleben, zum Beispiel für die Bauern hier ringsum, äußerst wichtig, um rechtzeitig Vorkehrungen treffen zu können. Diese dunkle, aufgewühlte See zeigt mir zum Beispiel trotz Sonnenschein schon, daß uns demnächst ein Sturm erreichen wird, der von Westen kommt. Und wenn ihr ganz genau hinseht, müßt ihr zugeben, daß der Himmel am Horizont etwas diesig, beinahe blaugrau ist. Auch diese Erscheinung deutet auf den Sturm hin."

Die drei wurden jetzt ganz aufgeregt. "Sturm", rief Ole, "aber Opa, wir campen doch vor dem Turm und haben unsere Zelte noch nicht einmal hier", rief Ole.

Opa grinste und zündete sich bedächtig seine Pfeife an. "Habt ihr denn heute noch nicht die Wettervorhersage im Radio gehört?", fragte er und musterte seine Enkelkinder nun zum ersten Mal der Reihe nach besonders gründlich.

"Oh nein, wir hassen Wettervorhersagen", stöhnte Ole, "wenn die Durchsagen zuhause im Radio laufen, müssen wir immer ganz leise sein, sonst schimpft Mama, daß sie nichts versteht. Aber ich verstehe nicht, wieso man sich diesen Unsinn überhaupt anhört. Das stimmt ja doch nie, was die vorhersagen."

"Dann hörst du nicht genau hin", korrigierte Opa, "denn in jeder Ansage werden - in etwas verschlüsselter Sprache zwar - sehr präzise Angaben gemacht. Heute zum Beispiel sagt der deutsche Wetterdienst, daß an der Küste, also hier, ein frischer Wind aufkommen wird. Das Wort 'frisch' bedeutet für den Wetterkundler 'Windstärke 5', und Windstärke 5 sagt uns, daß die Wellen so ausgeprägte Schaumkronen haben werden wie die Brandung, die euch ins Wasser gelockt hat. Windstärke 5 kann euren Zelten noch nichts anhaben. Es wird bestenfalls etwas zugig darin und ihr kuschelt euch besser schon gegen Abend in die Schlafsäcke."

"Können wir denn von dir lernen, wie man hier am Leuchtturm sicher lebt?", fragte Malte und erinnerte sich daran, daß Opa ja richtig Meteorologie studiert hatte und wegen der Datenübermittlung von seiner kleinen Wetterstation hier am Leuchtturm mit der Deutschen Wetterzentrale in Offenbach in Verbindung stand. 'Ein klasse Mann, dieser Opa Fritz', dachte er bei sich. Auch Ole gefiel er immer besser und Kerstin hatte sich ohnehin geschworen, ihm nicht mehr von der Seite zu weichen.

"Das wird aber ein hartes Stück Arbeit bei solchen Blindfischen wie ihr es seid", meinte Opa schmunzelnd. "Dann kommt man erstmal mit rauf in die gute Leuchtturmstube, ein kleiner Imbiß kann euch jetzt bestimmt nicht schaden." Alles in allem schienen das ja doch noch ganz spannende Ferien zu werden ...

Raute

ANHANG: Die Wettervorhersage

Falls Du Dich nach diesem Abenteuer für die Deutsche Wettervorhersage interessierst, kannst Du Dich im folgenden etwas informieren:

In der heutigen Zeit wird unter Einsatz modernster Großrechenanlagen versucht, das zukünftige Wetter zu berechnen. Zur Beobachtung der Atmosphäre hat die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ein weltumspannendes Netz von Satellitenverbindungen, Wetterstationen und Radarnetzen aufgebaut.

Über 10.000 feste Bodenbeobachtungs-Stationen, 7.000 Stationen auf Schiffen und Bohrinseln und auf den Meeren schwimmende automatische Wetterbojen messen stündlich Luftdruck, Temperatur, Windstärke und Regenmenge, zur besseren Vergleichbarkeit überall zur selben Uhrzeit. Zusätzlich steigen zweimal täglich an etwa 800 Orten der Erde Wetterballons auf, um die Änderung des Wetters bis in 30 Kilometer Höhe zu messen. Dazu kommen mehrere tausend Verkehrsflugzeuge, die weitere Daten aus der Atmosphäre liefern. Radarantennen spüren im Umkreis von etwa 100 Kilometern jede Regenwolke auf und messen die Intensität des Niederschlags. Blitzortungsgeräte registrieren die Orte von Blitzeinschlägen auf 100 Meter genau. Und nicht zu vergessen: Fünf geostationäre Wettersatelliten stehen in rund 36.000 Kilometer Höhe über dem Äquator, die rund um die Uhr die Entstehung und Bewegung der Wolken verfolgen und alle 30 Minuten ein aktuelles Wetterbild von Europa, Afrika und dem Atlantik zur Erde funken (Meteosat). Vier weitere Satelliten umkreisen auf polaren Bahnen alle zwei Stunden die Erde. Sie liefern besonders genaue Aufnahmen von Wolken und Nebelfeldern und messen die Temperaturverteilung in der Atmosphäre.

Alle Meßdaten werden an Rechenzentren in der ganzen Welt übermittelt. Die Computer errechnen dann die Wetterabläufe mit dem Ziel, immer genauere Vorhersagen treffen zu können und immer längerfristigere Vorhersagen zu machen. Während die Ansage für den nächsten Tag noch mit über 90 Prozent eintrifft, sinkt die Verläßlichkeit nach fünf Tagen auf 65 Prozent. (Insofern ist Oles Einwand nicht ganz von der Hand zu weisen!)

Meteorologen teilen die Zukunft in vier Abschnitte ein:
* Kürzestfristvorhersage: 0 bis 12 Stunden
* Kurzfristvorhersage: 12 Stunden bis 3 Tage
* Mittelfristvorhersage: 3 bis 10 Tage
* Langfristvorhersage: mehr als 10 Tage

Für die verschiedensten Berufsgruppen ist der Wetterdienst von Nutzen, zum Beispiel für die Seefahrt (das Seewetteramt), den Flugverkehr, die Landwirtschaft, den Tourismus. Meteorologen sollen u.a. durch ihre Arbeit Leben retten und Schäden vermeiden helfen, indem sie Katastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen und Flutkatastrophen vorausberechnen.

Leider kann heute (außer einem studierten Meteorologen) aus den unbestimmten Formulierungen eines Wetterberichtes kaum einer herauslesen, wie das Wetter morgen wird. Die Bedeutung der Begriffe wie "heiter bis wolkig" oder "Schauerniederschlag" kennt kaum einer. Dabei haben die scheinbar unverbindlichen Floskeln genau festgelegte Bedeutungen: "Heiter bis wolkig" heißt, daß der Himmel zwischen zwei und sechs Achtel bedeckt ist, allerdings acht Achtel dünne Schleierbewölkung aufweisen darf, durch die die Sonne scheinen kann, aber lediglich aus zwei Achtel mittelhohen Schäfchen- oder sechs Achtel Haufenwolken bestehen darf usw.

Aber um eine Verwirrung gar nicht erst aufkommen zu lassen, raten die Autoren, diese Serie im Kinderblick weiterzulesen. Bis hin zu Tabellen findest Du alles, was Du über das Wetter wissen möchtest.

Fortsetzung folgt


Erstveröffentlichung im Schattenblick 20. August 1999

22. Juli 2010