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GUTE-NACHT/2618: Felix wartet noch immer (SB)


Wenn der Tiger eine Reise macht

Als ich erwachte, war es völlig dunkel um mich. Ich lag noch immer auf dem Beifahrersitz unseres Autos, doch es fuhr nicht mehr. Verwundert stellte ich mich hoch und blickte aus dem Fenster. Keine Straßenlaterne brannte hier, nur ein Licht aus einem Fenster schien zu mir herüber. Daran erkannte ich, wo wir parkten. Wir waren zuhause auf unserem Hof angelangt. Warum hatte mich Vater Gustav nicht mit hineingenommen? Wieso holte mich Luisa nicht wenigstens ins Haus? Diese Fragen gingen mir eine Weile durch den Kopf.

Ich kam zu dem Schluß, wohl erst morgen früh aus dem Auto geholt zu werden. Alle hatten mich vergessen. Das lag sicher daran, daß Luisa schon schlief, als wir hier mit dem Auto ankamen. Das wäre allerdings sehr ungewöhnlich. Denn sie geht immer erst spät ins Bett, und bisher ist sie nie ohne mich eingeschlafen.

Während ich so herumgrübelte und mich gerade dazu entschloß, einfach bis morgen früh die Augen zu schließen, ging im Haus noch ein weiteres Licht an und die Eingangstür öffnete sich. Vater Gustav kam zum Auto, geradewegs auf die Beifahrertür zu. "Ja, es geht ihm gut. Dort lege ich ihn hin. Laßt es euch gutgehen", so sprach Vater Gustav in sein Handy. Dann öffnete er die Autotür und nahm mich heraus.

Hurra! Er holte mich ins Haus. Bestimmt würde ich gleich mit Luisa kuscheln. Vielleicht würde uns ihre Mutter weiter von Jim Knopf vorlesen. Schade! Bestimmt hatte Vater Gustav Luisa schon die Karten für das Treffen mit Jim Knopf in Lübeck gegeben und auch das Marzipan. Ich wäre gern dabei gewesen und hätte in ihr staunendes Gesicht geschaut. Sicher war Luisa gerade dabei, die Karten auszupacken und hatte deshalb keine Zeit mich selbst aus dem Auto zu holen.

Vater Gustav brachte mich in das Kinderzimmer. Er knipste das Licht an. Ach, war ich enttäuscht, Luisa war nicht hier. Auf ihr Bett legte mich Vater Gustav nieder und gab mir die Geschenke, das Marzipan und einen Briefumschlag, in meine Pfoten. Im Briefumschlag steckten bestimmt die Jim-Knopf-Karten. Zwar war ich traurig, daß Luisa noch nicht zuhause war. Doch würde ich sie jetzt gleich doppelt überraschen, wenn sie kam. Vater Gustav erklärte mir, daß sie noch mit ihrer Mutter unterwegs sei. Wo sie wohl steckten, so spät am Abend? Das würde sie mir später sicher noch berichten.

An diesem Tag hatte ich genug erlebt, aber auch eine Menge geschlafen. Ihr wißt ja, Kuschel-Tiger schlafen gern. Doch jetzt wollte ich nicht wieder einschlafen, damit ich nicht den Augenblick verpaßte, wenn Luisa ihre Geschenke auspackte. Deshalb bewachte ich die beiden Geschenke in meinen Pfoten. Kein zufällig einbrechender Dieb sollte sie mir entwenden. Es dauerte noch eine ganze Zeit, bis ich auf dem Flur Luisas Schritte hörte.

Doch wollten wir jetzt so lange warten, wärt ihr sicher bald eingeschlafen, noch bevor ich euch das Ende der Geschichte überhaupt erzählen könnte. Deshalb wünsche ich euch lieber jetzt: "Schöne Träume!"


Erstveröffentlichung am 19. Oktober 2001

30. April 2008

Gute Nacht