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GUTE-NACHT/2672: Auf Beobachtungsposten (SB)


Auf Beobachtungsposten

Im hintersten Winkel der Baumhöhle, in einer winzigen Ecke, in die die Eule nicht mit ihren Krallen hineingeraten kann, hockt das Glühwürmchen. Gerade ist es erwacht und gähnt. Sein erster Blick aus der Ecke ist ein Spähen in Richtung Eule. "Oh!", entfährt es dem Glühwürmchen, "die Eule schläft ja noch." Das wundert das Glühwürmchen sehr. Bisher hatte es die Eule noch immer wachen gesehen.

"Ob die Speise gestern vergiftet war? Wollten die Menschen mit ihrem Geschimpfe die Eule nur warnen?", viele Fragen gehen dem Glühwürmchen durch den Kopf. Gerade jetzt in dem von der Eule unbeobachteten Moment, wäre es ein guter Zeitpunkt, die Eule zu verlassen ohne gefressen zu werden. Aber das Glühwürmchen hat Mitleid mit diesem Raubvogel. "Wenn die Eule wirklich vergiftet wurde, sollte ich da nicht Hilfe holen?", fragt es sich. Doch wen kann es schon herbeiholen? Wer würde ihm folgen? "Irgendwie ist die Eule doch ganz nett. Sie hat mich bisher nicht gefressen, so wie sie es versprochen hat", grübelt das Glühwürmchen.

Plötzlich zuckt die Eule. Da zuckt auch das Glühwürmchen zusammen. Dann aber liegt die Eule wieder ganz still. Das Glühwürmchen ist neugierig, atmet die Eule überhaupt noch? Vorsichtig kommt das Glühwürmchen aus seinem Winkel herausgeflogen, läßt sein Licht leuchten und fliegt näher an die Eule heran. Das grünliche Schimmerlicht reicht aus, um zu sehen, daß die Eule noch atmet. Die ganze nächste Zeit möchte das Glühwürmchen nicht um die Eule herumfliegen. Deshalb setzt es sich vorsichtig auf die Schulter der Eule. So spürt es jeden Atemzug dieser durch ein leichtes Auf und Ab.

"Ich werde die Eule jetzt nicht im Stich lassen", beschließt das Glühwürmchen. Es horcht auf den Atem der Eule, es verfolgt jede Bewegung des Körpers mit, und durch dieses leichte Schwingen wird das Glühwürmchen bald selber wieder in den Schlaf gewiegt.

1. Juli 2008

Gute Nacht