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GUTE-NACHT/2775: Olga und Teddy auf dem Friedhof (SB)


"Das war heute aber richtig gruselig hinter der Kirche, nicht wahr?", stellt Paula die Frage an ihre Puppe Olga und ihren Teddybären. "Schade, daß Mama nicht noch länger Unkraut gerupft hat. Dann hätten wir bestimmt das verwilderte Grab auch völlig von Unkraut befreit. Mama hat gesagt, daß sich keiner um das Grab mehr kümmert. Auch gibt es keinen Grabstein darauf. So wissen wir nicht, wer darin liegt. Das ist doch gruselig."

Olga scheint mit den Augen zu klimpern und zuzustimmen. Teddy dagegen lacht Paula wohl eher aus. Er hat keine Angst im Dunklen und mag düstere Dachböden und alte Gemäuer besonders gern. Wenn Paula ihre Oma auf dem Friedhof besucht, dann möchte er am liebsten immer bei Vollmond hingehen. Aber das erlaubt Mama nicht. Nur am Tag gehen Mama und Paula auf den Friedhof. Dann sitzen Olga und Teddy in dem Puppenwagen und Paula schiebt.

Auf dem Friedhof dürfen Teddy und Olga aus dem Wagen heraus. Teddy spielt am liebsten Verstecken. Aber Mama schimpft, wenn Paula hinter großen Grabsteinen entlang läuft. "Die können umkippen und auf dich drauffallen", mahnt sie, "das hat es schon einige Male gegeben und das ist nicht gut ausgegangen."

Den Teil des Friedhofs mit den sehr alten Gräbern besucht Paula am liebsten. Dort sitzen Engel auf den dunklen, aus Marmor gehauenen Säulen. Doch dahin darf sie nicht alleine. In dem modernen Teil des Friedhofs gibt es nur flache Grabsteine, die nicht umfallen können. Da darf Paula mit ihrem Puppenwagen auf dem Weg fahren, aber nur so weit, daß Mama sie noch sehen kann. "Bis zur Bank", sagt Mama immer.

Heute schob Paula den Puppenwagen auch bis zur Bank. Dann legte sie dort eine kleine Rast ein. Teddy und Olga wollten unbedingt neben ihr auf der Bank sitzen. Dabei entdeckte Teddy das verwilderte Grab. Er hüpfte sofort hinein und wollte gar nicht mehr aus dem Efeu, das das Grab überwucherte, heraus. Doch nicht nur Efeu wächst auf dem Grab ohne Namen. Auch Löwenzahn, Disteln und Brennesseln ließen es sich hier gutgehen. Paula, die eine leidenschaftliche Gärtnerin sein kann, zupfte sofort alles heraus, was sich zwischen die Efeublätter drängte. Als dann Mama die drei zurück beorderte, waren sie leider noch nicht mit dem ganzen Grab fertig. Aber Paula beruhigte Olga, daß sie ja in den nächsten Tagen wiederkommen werden. Teddy hingegen war froh, daß es wieder los ging. Unkraut jäten ist nicht so sein Ding. Wenn er gegen die Stengel mit einem Schwert kämpfen könnte, ja dann würde er gerne Unkraut bekämpfen. Aber das erlaubt Paula nicht. "Scharfe Gegenstände oder Waffen sind nichts für Puppen und Kuscheltiere", findet sie. Teddy glaubt, daß sie das nur sagt, weil sie selber von Mama aus, keine scharfen Werkzeuge benutzen darf. Selbst beim Besteck hat Paula ihr eigenes Kindermesser und zum Basteln eine Kinderschere.

"Besuchen wir Oma morgen wieder?", hat Paula ihre Mama gefragt. "Morgen wohl nicht, aber in den nächsten Tagen", hat Mama geantwortet und noch angefügt, "ich will einen Kranz auf Omas Grab legen. Aber der ist noch nicht bestellt." Auf das fremde Grab möchten Paula, Olga und Teddy auch einen Kranz legen. So ein Kranz ist aber bestimmt mächtig teuer. Deshalb wollte Teddy gleich Paulas Sparschwein dafür schlachten. Aber Olga fand, daß es viel netter sei, selber einen Kranz zu binden.

Am Abend überlegen die drei, woraus sie nun am nächsten Tag einen Kranz herstellen könnten. Paula kramt ein paar getrocknete Halme unter ihrem Bett hervor und Olga legt ihre Haarschleife dazu. Teddy sitzt mit leeren Händen daneben. Aber bis morgen wird ihm sicher noch etwas einfallen, das er zu dem Kranz beisteuern kann. Eigentlich weiß er sogar schon etwas. Aber Paula wird wie immer etwas dagegen haben. Deshalb verrät er es erst morgen.

4. November 2008

Gute Nacht