Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → GESCHICHTEN

GUTE-NACHT/2928: Unterstützung für die Nacht (SB)


Gute Nacht Geschichten


Am nächsten Tag bekommt George gleich zweimal Besuch. Es ist sein Freund Gunnar, der gerade an der Wohnungstür klingelt. Er fühlt sich für die ganze Mäusemisere seines Freundes verantwortlich. Im Zimmer sitzt bereits der andere Besuch. Es ist Nina. Sie wollte sich einfach noch einmal die kleinen Mäusebabys anschauen. "Die sind so niedlich." George sagt: "Bald werden sie auch sehen und richtig herumlaufen können."

"Ich verstehe gar nicht, wie das kommen konnte", überlegt Gunnar, "ich habe doch keine Mäuse in meiner Wohnung." - "Wie steht es dann mit dem Garten?", fragt Nina, "hast du den Käfig in den Garten gestellt, und da hat das Mäuschen mal kurz Besuch gehabt?" Gunnar überlegt: "Ja, der Käfig war im Garten." Doch George wendet ein: "Das Fell der Kleinen deutet auf eine Hausmaus hin und nicht auf irgendeine dieser Gartenmäuse, die haben alle ein bräunliches Fell, nur die Hausmaus hat graues Fell."

"War die Maus vielleicht noch an irgendeinem anderen Ort?", gibt Nina zu bedenken. Da fällt Gunnar der Besuch bei der Tierärztin ein: "Dort könnte es geschehen sein." Doch George findet: "Irgendwie ist da etwas ganz oberfaul. Mir kommt es gar nicht so vor, daß sich jetzt nur entpuppt hat, das mein Mäuserich eine Maus und Mutter ist, sondern ich habe den Eindruck - nachdem sich diese Maus auch sehr seltsam verhält -, daß sie vielleicht vertauscht wurde. Das gibt es doch sogar bei Menschen." - "Ja", sagt Nina, "das hört man von Zeit zu Zeit, daß Babys zum Beispiel im Krankenhaus vertauscht worden sind." Gunnar zögert: "Das glaube ich nicht, das hätte ich doch sonst am Käfig gemerkt. Schließlich holen sie doch nicht zwei Tiere gleichzeitig aus den Käfigen. Ich weiß auch gar nicht, ob überhaupt eine zweite Maus in dieser Nacht in der Praxis war." George macht große Augen: "Du hast mir gar nicht erzählt, daß Sokrates, nun ja Sokratine, eine ganze Nacht allein in der Praxis verbracht hat. Vielleicht ist sie deshalb so verstört. Wer weiß, was sie dort für Ängste hat ausstehen müssen?"

Nina hat einen Gedankenblitz und sagt zu George: "Schau dir doch mal den Käfig genau an. Ist das wirklich deiner?" - "Kann ich nicht sagen", entgegnet George. "Wieso?", fragt Nina. Da erklärt Gunnar, daß der Käfig von ihm sei. "Sokrates hat deshalb darin gewohnt, weil ich nicht den ganzen schwarzen Mäuseschrank in meine Wohnung stellen wollte", damit deutet Gunnar auf den schwarz lackierten Schrank im Zimmer. Bei diesem Anblick sagt Nina: "Klar!" Sie hat sich sowieso schon gewundert, was so ein alter Schrank hier in dieser Wohnung macht. Er paßte gar nicht zu den anderen Möbeln. Außerdem findet sie es wirklich fraglich, ob eine Maus in einem Schrank leben sollte. Darum sagt sie: "Ob nun eine Maus da hinein gehört, können wir ein anderes Mal überlegen." Nina schlägt vor, daß wenn nicht George dann soll sich eben Gunnar den Käfig betrachtet, ob es seiner ist. "Nun, der Käfig stand lange auf dem Dachboden. Ich bin nicht ganz sicher", erklärt der. Dann aber zählt er die Feststeller, die das Drahtgeflecht an der unteren Plastikschale festhalten. "Mein Käfig hatte nur drei von diesen Haltern. Es steht also fest, daß es ein anderer Käfig sein muß!" - "Bist du dir da ganz sicher?", fragt Nina. "Ich denke schon." - "Dann hat George auch eine andere Maus. Das ist der Beweis!", ist sich nun Nina sicher.

George meint: "Das läßt sich doch leicht überprüfen. Wir brauchen nur bei dem Tierarzt anzurufen und danach zu fragen, ob in der besagten Nacht noch eine zweite Maus in der Praxis war." - "Ja, tolle Idee", findet Gunnar. Als George nach dem Telefonhörer greift, denkt Gunnar, daß sein Freund in dieser Angelegenheit nun bei der Ärztin anrufen will. Doch George reicht Gunnar den Hörer. "Also bekomm es heraus!", sagt er nur.

Zuerst einmal will die Sprechstundenhilfe keine Auskunft geben: "Das fällt unter Datenschutz. Ich kann über unsere Patienten doch keine Auskunft erteilen." - "Dann geben sie mir doch bitte die Frau Doktor. Es handelt sich um einen Notfall, ja sogar um einen Fall von Kindesentführung." Die Sprechstundenhilfe meint, daß sie da einer auf den Arm nehmen will und legt auf. Gunnar drückt die Wahlwiederholungstaste und hat die Sprechstundenhilfe erneut an der Strippe. "Es ist wirklich wichtig. Verbinden sie mich bitte mit der Tierärztin, sonst werde ich ihnen einmal von meinen Rechten berichten." Diese sind ihm im Moment nicht eingefallen, aber das weiß die Sprechstundenhilfe ja nicht. Sie stellt nun zur Tierärztin durch. Die Ärztin hört sich an, was Gunnar zu sagen hat. Sofort erinnert sie, daß noch ein zweiter Mäusekäfig in dieser Nacht im Patientenraum war. "Die Maus war zur Beobachtung da. Leider habe ich beide Käfige nicht selber an ihre Besitzer zurückgegeben. Es tut mir unendlich leid, wenn sie wirklich vertauscht wurden. Aber bevor sie jetzt hier erscheinen, werde ich dieser Sache erst einmal nachgehen und meine andere Kundin von ihrem Verdacht in Kenntnis setzen. Ich melde mich, sobald ich diese erreicht und etwas erfahren habe. Es kann sein, daß ich mich erst morgen wieder melde. Aber ich rufe so schnell es geht und auf jeden Fall zurück."

Damit legt die Ärztin auf. An diesem Abend ruft sie nicht mehr an. Es wird auch kein Anruf verpaßt, denn Gunnar und Nina bleiben zur Unterstützung bei George und Sokratine über Nacht.

8. Mai 2009

Gute Nacht