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GUTE-NACHT/3230: Der kleine Nachtwächter braucht eine Abkühlung (SB)


Gute Nacht Geschichten

Gleich nach der ersten Runde durch die Stadt und der zweiten auf der Stadtmauer zieht es den kleinen Nachtwächter zu dem Garten von Otto und Johannes. Doch wie laut er auch ruft, die beiden Zwerge erscheinen nicht. Der kleine Nachtwächter wischt sich den Schweiß von der Stirn. Obwohl es bereits spät am Abend ist, hat sich die Wärme des Tages noch immer nicht abgekühlt.

"Wahrscheinlich verstecken sich die beiden, einfach weil es ihnen zu heiß ist. Auch mir ist es viel zu heiß. Aber auf meinem Rundgang durch die Stadt, kann ich mir vielleicht noch ein Eis kaufen", überlegt der kleine Nachtwächter.

Leider wird er enttäuscht. Zwar hat der Eisladen von allen immer am längsten auf, doch die Kinder haben heute das ganze Eis aufgegessen und so hat Pedro an diesem Abend viel früher den Laden geschlossen.

"Ach, mir ist ja so heiß", stöhnt der kleine Nachtwächter. Da fliegt ihm eine Fledermaus ganz dicht über den Kopf und kichert. "Mach dich bloß nicht lustig über mich!", schimpft der kleine Nachtwächter ihr hinterher.

Aber plötzlich hat der kleine Nachtwächter eine Idee. Die Fledermaus hat ihn darauf gebracht. Sie und die anderen Fledermäuse wohnen oben im Turm der Wassermühle. Das Mühlrad der Mühle dreht sich, weil das Wasser des Baches das Wasserrad in Bewegung setzt. Und fließendes Wasser ist meist kühl.

So begibt sich der kleine Nachtwächter hinunter zur Wassermühle. Der Weg ist weit. Als er endlich fast angekommen ist, ist die Enttäuschung groß. Hat der kleine Nachtwächter doch tatsächlich vergessen, daß die Tore der Stadt ja am Abend geschlossen sind. Und der Bach fließt schließlich um die Mauern der Stadt herum.

"Wie konnte ich das nur vergessen", denkt der kleine Nachtwächter, "das liegt bestimmt an der Hitze, daß ich nicht mehr klar denken kann. Ich werde jetzt einfach wieder an meine Arbeit gehen und die Hitze vergessen. In diesem Moment geht plötzlich in einem der Häuser ein Fenster auf und ein Schwall kalten Wassers wird aus einer Schüssel herausgeschüttet. Das kalte Naß findet seinen Weg und landet genau auf dem kleinen Nachtwächter.

"Puh!", der schüttelt sich. Aber die Erfrischung tut ihm gut. "Naja", denkt er bei sich, "ich will mir gar nicht ausmalen, woher das Wasser gerade gekommen ist, welche Füße darin gesteckt haben oder wer davon getrunken hat. Denn erfrischend war es allemal. Und zum Glück leben wir ja nicht mehr in der Zeit, da die Menschen jeden Unrat einfach durch das Fenster auf die Straße kippten und obendrein auch noch ihren Nachtopf auf diese Weise ausleerten."


9. Juli 2010

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