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GUTE-NACHT/3266: Der kleine Nachtwächter entdeckt einen Schmetterling (SB)


Gute Nacht Geschichten

Dem kleinen Nachtwächter knurrt der Magen. "Ach, ist das schön, nach der Runde durch die Stadt und dem Rundgang auf der Stadtmauer, mich auf meine Tonne setzen und eine Brotschnitte essen zu können", freut sich der kleine Nachtwächter. Er stellt seine Laterne auf den Boden vor der Tonne ab und will hinaufklettern. Der Schein der Laterne fällt auf die Kante der Tonne und beleuchtet sie von unten.

"Was klebt denn da für ein Dreckklumpen an meiner Tonne?", wundert sich der kleine Nachtwächter. Er will ihn gerade mit seiner Hand fortwischen, zuckt aber schnell zurück. Denn der Dreckklumpen entpuppt sich als ein zusammengefalteter Schmetterling. "Oh, da hast du aber noch einmal Glück gehabt und ich gleich mit", stellt der kleine Nachtwächter fest. Es hätte ihm nämlich sehr leid getan, wenn er den Schmetterling verletzt hätte. Schmetterlingsflügel und auch die von Faltern sind sehr empfindlich. Das weiß der kleine Nachtwächter.

"Mhm, da habe ich mich wirklich erschreckt. Dem Schmetterling scheint das aber entgangen zu sein. Schläft er denn so tief und fest oder ist er gar tot?", fragt sich der kleine Nachtwächter und findet, daß es schon recht kalt in dieser Nacht ist.

"Kann ein kleiner Fuchs denn nicht einmal einen vernünftigen Winterschlaf halten!", kommt es jetzt vom Rand der Tonne. "Ah, das ist schön, du lebst ja noch." - "Ja, aber ich möchte schlafen. Bei dieser Kälte wollen meine Flügel sich nicht entfalten und schon gar nicht fliegen. Darum ziehen sich viele Schmetterlinge den Winter über zurück und kommen mit den ersten Frühlingstagen wieder hervor", erklärt der Schmetterling. "Nunja, da ist aber so ein Rand einer Tonne wohl nicht der richtige Platz zum Überwintern. Hier kommen viele Menschen vorbei. Sie könnten dich genau wie ich für etwas halten, das du gar nicht bist. Einen Schmetterling, der fliegt, erkennt man sofort und freut sich darüber. Einen zusammengefalteten Schmetterling erkennt man nicht sogleich ." - "Das ist auch gut so!", meint der kleine Fuchs, "sonst würde ja jeder nach uns greifen."

Der kleine Nachtwächter überlegt, dann schlägt er dem kleinen Fuchs folgendes vor: "Ich drehe jetzt noch einmal meine Runden. Wenn ich dann zu mir nach Hause gehe, kann ich dich mitnehmen und dir einen nicht zu warmen und ruhig gelegenen Platz zum Überwintern geben." Der Schmetterling antwortet nicht. Er scheint schon wieder eingeschlafen zu sein. "Na, da komme ich später einfach noch einmal wieder." Damit läßt der kleine Nachtwächter den Schmetterling allein im Dunklen zurück. Das Brot in seiner Tasche hat er ganz vergessen.

Als er später noch einmal nach dem kleinen Fuchs sieht, ist dieser auf und davon. Der kleine Nachtwächter sucht die ganze Tonne nach dem Schmetterling ab. Aber er kann ihn nicht finden. "Sicher hat der kleine Fuchs einen geeigneteren Platz zum Überwindern entdeckt", denkt der kleine Nachtwächter wehmütig.


4. Oktober 2010

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