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GUTE-NACHT/3311: Der einsame Pantoffel noch immer auf Abwegen (SB)


Gute Nacht Geschichten vom einsamen Pantoffel


In der Küche von Oma Erna riecht es schon besonders gut. Die ersten Plätzchen hat sie gerade aus dem Ofen gezogen. Aus dem Radio erklingt das Lied: "In der Weihnachtsbäckerei ..." Oma Erna summt mit.

Der durch die Wohnung ziehende Duft lockt einen kleinen Kerl mit seinem roten kuscheligen Pantoffel in die Küche. Oma Erna lacht. Neuerdings ist Mops Bello nicht mehr ohne diesen Pantoffel anzutreffen. Wo er auch liegt, der linke Pantoffel ist stets dabei. Oma Erna denkt an sein Gegenstück. Während der Linke hier Bello als Kuschelkissen dient, hat der Rechte eine wichtige Rolle als Krippe in der Weihnachtsgeschichte übernommen.

Der Anblick von Bello entlockt Oma einen Singsang: "Ein Mops kam in die Küche und stahl dem Koch ein Ei ..." Den Kochlöffel schwingend sagt Oma Erna: "Aber laß dich nicht erwischen, mir noch etwas zu mopsen! Denn eigentlich gehört dir der Pantoffel ja nicht."

Bello muß verstanden haben, was Oma sagte, denn schnell ist er mit seinem Pantoffel wieder aus der Küche verschwunden. Nach einer Weile jedoch kehrt er zurück und legt sich neben die Holzkiste, in der Oma Feuerholz und Kohlen aufbewahrt. Neugierig beobachtet er alles, was Oma Erna in der Küche unternimmt.

Da klingelt es an der Wohnungstür. "Das wird Annette sein!", ruft Oma Erna in die Stube hinein. Beim Öffnen fragt Tochter Annette gleich statt einer Begrüßung: "Mit wem hast du geredet?"

"Mit niemandem", sagt Oma Erna schnell, "ich hab nur Bello beruhigt und gesagt, daß du es bist." Annette will den Fonduetopf abholen. Dann hat sie noch eine Bitte: "Ich hab mit meinen Geschwistern gesprochen. Sie wollen alle deiner Einladung folgen. Aber könntest du vielleicht noch einmal darüber nachdenken, dein Essen einen Tag später zu kochen? Wir haben alle am Heilig Abend schon etwas vor und auch am ersten Weihnachtstag. Uns ist es erst am zweiten möglich. Das paßt dir doch bestimmt auch. Du fährst ja nie fort." Oma Erna ist sprachlos.

Annette nimmt den Topf und geht gleich wieder. Nicht einmal für eine Tasse Kaffee hatte sie Zeit. Sie will noch alles einkaufen, was sie für das Fondue-Essen braucht. Und dieses Essen soll am ersten Weihnachtstag stattfinden. Nunja, etwas traurig ist Oma Erna schon, daß ihre Kinder nie Zeit für sie haben, nicht einmal an Heilig Abend. "Am liebsten würden sie wohl alle gar nicht kommen", denkt Oma Erna und schneuzt sich in ihr Taschentuch.

"Wenn keiner kommt, machen wir es uns eben gemütlich, nicht wahr Bello. Ein Stück Braten wirst du sicher nicht verschmähen", bei dem Gedanken kann Oma Erna schon wieder lächeln und stürzt sich erneut auf ihre vielen Backvorhaben, die sie bis tief in die Nacht geschäftigt halten! Als sie dann endlich im Bett liegt mit Bello und dem Pantoffel zu ihren Füßen, nimmt sie sich fest vor: "Dieses Weihnachten wird mein allerschönstes Fest."



Advent 2010

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