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GUTE-NACHT/3427: Der kleine Nachtwächter erhält Besuch (SB)


Gute Nacht Geschichten vom kleinen Nachtwächter


Es klingelt an der Wohnungstür. Der kleine Nachtwächter unternimmt nichts, dem Klingeln ein Ende zu bereiten. Vielleicht stehen ja wieder der Bürgermeister und einige der Stadtbewohner vor der Tür und wollen ihm von weiteren Diebstählen berichten.

Das Klingeln verstummt, aber jetzt wird an die Tür gepocht. Und als das auch nichts hilft, ist eine Stimme zu hören: "Kleiner Nachtwächter, ich weiß, daß du da bist. Ich bin es, Anton, dein Freund. Und ich gehe nicht eher wieder fort, bis du mit mir gesprochen hast."

"Anton?", aber klar, seinen Freund läßt der kleine Nachtwächter eintreten. Rebell begrüßt ihn ebenfalls wie einen alten Freund. "Ich habe die Gemeinheiten mitbekommen, die sie über dich verbreiten. Da müssen wir gegen vorgehen!", schimpft Anton, "sie können dir doch nicht einfach deine Arbeit wegnehmen! Aber nun erzähl erst einmal, was überhaupt wirklich los war."

Der kleine Nachtwächter berichtet seinem Freund, daß er in der vorletzten Nacht einfach durchgeschlafen hatte und so niemand in der Stadt Wache gehalten hat. Dann kam ein Dieb oder mehrere und haben viel Schaden angerichtet. "Und ich habe es nicht einmal mitbekommen. Ich habe einen ganzen Tag und eine ganze Nacht verschlafen, ohne daß ich es bemerkt habe", der kleine Nachtwächter kann dies einfach nicht fassen.

"Glaubst du etwa, daß dies reiner Zufall war", meint Anton, "bestimmt nicht, denn wo hätte der Bürgermeister so schnell einen neuen Nachtwächter her bekommen. Ich glaube, da stimmt etwas nicht."

Doch dem kleinen Nachtwächter gibt das keinen neuen Antrieb, gegen die Gemeinheiten vorzugehen. "Egal, wie es war, ich werde die Stadt verlassen. Ich hole mir morgen meinen Lohn und dann wandere ich fort."

"Aber wohin?", möchte Anton wissen, "und außerdem, läßt man einen Freund einfach so im Stich?"

"Wenn ich eine neue Arbeit gefunden habe, lasse ich es dich wissen. Vielleicht kannst du mich dort ja einmal besuchen kommen", versucht er Anton zu trösten, "wenn du magst, kannst du aber auch wieder hier in meine Wohnung einziehen. Ich verlasse die Stadt auf jeden Fall. Es ist schön wieder weiterzuziehen."

Anton ist da anderer Ansicht. Er hat lange die Vorzüge und die Nachteile des Straßenlebens erlebt - viel zu lange -, und es war oft schwer, besonders wenn es regnete und kalt war. Auf die Straße möchte er nie mehr zurück.

"Also, es ist abgemacht, ich schreibe dir, wenn ich wieder ein neues Zuhause und eine neue Arbeit habe und dann kommst du mich besuchen!", schlägt der kleine Nachtwächter vor.

Anton willigt ein. Dann holt er einen Kuchen aus der Tasche und stellt ihn auf den Tisch. "Wir wollen uns noch einen gemütlichen Abend bereiten", sagt er und er fordert den kleinen Nachtwächter auf, "hol bitte noch deine Laterne herbei und zünde sie an, damit wir eine richtig schöne Feier zu zweit haben ..."

Rebell bellt einmal laut.

"... ich meine natürlich zu dritt."

Buntstiftzeichnung: © 2011 by Schattenblick

zum 14. Juli 2011