Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → GESCHICHTEN

GUTE-NACHT/3439: Knopf und Knöpfchen fassen einen Entschluß (SB)




K N O P F   &   K N Ö P F C H E N

fassen einen Entschluß


Die beiden Freunde aus der Knopfkiste - na klar, das sind Knopf und Knöpfchen - warteten schon gespannt auf die nächste Geschichte des "Auges". Wie es überhaupt hier in die Kiste gekommen war, das wollte es heute erzählen.

"Ihr wißt ja, eigentlich bin ich das fehlende Auge eines Teddybären und zwar sein linkes. Allerdings bin ich schon so lange hier in der Kiste, daß ich nicht weiß, ob der Teddy von Maria-Luisa überhaupt noch am Leben ist. Es ist schon so lange her. Abends schliefen der Teddy und ich immer in Maria-Luisas Bett. Es war ein Übereinanderbett, wie sie es nannte. Maria-Luisa und ihre große Schwester Eveline schliefen eben übereinander. So wurde aus dem Etagenbett ein Übereinanderbett. Manchmal kam der Onkel der beiden Mädchen zu Besuch. Doch es war kein stattlicher älterer Herr, der jedesmal eine Tafel Schokolade mitbrachte, so wie ihre Tante Gitte. Nein, der Onkel war noch ein Junge, nur wenig älter als Eveline. Es war ein gräßlicher Onkel. Immer neckte er seine Nichten. Einmal trieb er es sogar so bunt, daß er sich den Teddy schnappte und meinte: "Den nehme ich jetzt mit!" Maria-Luisa liebte ihren Teddybär und wollte natürlich nicht, daß ihr Onkel den Teddy fortnahm. So hielt sie ihn fest. Aber der Onkel hielt genauso fest und zog sogar an dem Teddy ..."

Die Knöpfe waren empört. Einige von ihnen wußten wie es ist, wenn an einem herumgezogen wird. Auf diese Weise waren ein paar der Knöpfe auch hier in die Kiste gelangt. Sie hingen nichts ahnend an einer Jacke, dann hörten sie Geschimpfe hin und her, und schon wurde nach ihnen gegriffen, gedreht und gezogen bis bei so manch einem Knopf buchstäblich nicht nur der Geduldsfaden, sondern auch der wirkliche Faden riß, mit dem der Knopf an dem Kleidungsstück befestigt war.

Das Auge berichtete weiter: "Vielleicht kennt ihr die Geschichte vom Kreidekreis, wahrscheinlich aber eher nicht. Auch Maria-Luisa kannte die Geschichte nicht und so ahnte sie ebensowenig, daß ihrem Teddy ein Leid geschehen werde, sollte sie ihn nicht endlich loslassen. Der arme Teddy wurde hin und her gezogen, am Arm gerissen und der Kopf wurde ihm verdreht. Maria-Luisa weinte und konnte vor lauter Tränen schon gar nichts mehr erkennen. Aber sie hielt ihren Teddy fest, damit er nicht verloren gehen sollte. Dann ein unangenehmes Geräusch. Der Kopf des Teddybären war halb abgerissen. Onkel und Maria-Luisa erschraken. Bei dem Anblick des Teddybären weinte Maria-Luisa noch mehr. Der Onkel versuchte die Kleine zu beruhigen: "Den nähe ich dir wieder an! Nun hör schon auf zu heulen!"

Doch Maria-Luisa weinte weiter. Das ärgerte den Onkel und er schimpfte: "Wenn du nicht still bist oder mich verpetzt, reiße ich dem Teddy auch noch ein Auge aus!" Maria-Luisa war sofort stumm vor Sorge um ihren Teddy. "Nun hol schon Nadel und Faden. Dann nähe ich den Kopf wieder an", befahl der Onkel. Maria-Luisa schlich an das Nähkästchen ihrer Schwester. Eigentlich durfte sie nicht darin herumkramen. Doch sie holte besagte Nadel und einen Faden und ließ dem Teddy wieder den Kopf befestigen ..."

"Oh, Mann! Warum hat sie sich denn keine Hilfe geholt?", fragte Knöpfchen seinen Freund. "Aus Angst um den Teddy. Angst ist meistens stärker als alles andere."

Das Auge fuhr fort: "Der Kopf war wieder angenäht. Doch vor dem Streit der beiden Kinder, konnte der Kopf gedreht werden, und ich konnte nach allen Seiten Ausschau halten. Jetzt war der Kopf starr am Körper angenäht. "Verpetz mich ja nicht, sonst hol ich mir ein Auge!", drohte der Onkel und machte sich schleunigst auf den Heimweg ..."

"Wie kam es, daß der Teddy dich Auge dann doch noch verloren hat?", unterbrach der Major.

"Es dauerte einige Zeit bis Maria-Luisas Mutter beim Bettenmachen bemerkte, daß irgendetwas mit Teddys Kopf nicht in Ordnung war. Gerade das Drehen des Kopfes hatte ihr so gut gefallen. Sie rief ihre Tochter herbei und fragte, wie das passiert sei. Maria-Luisa druckste herum, versuchte sich eine Ausrede einfallen zu lassen. Doch ihre Mutter kannte sie zu gut, um ihr dieses Märchen zu glauben. Schließlich erzählte Maria-Luisa, wie sich alles zugetragen hatte. Mutter fand das überhaupt nicht in Ordnung. Sie beschwerte sich sofort bei ihrer Schwiegermutter und sorgte dafür, daß der Bruder ihres Mannes zur Rede gestellt wurde und eine Strafe erhielt. Das war allerdings mein Pech. Denn der Onkel war sehr nachtragend und riß mich bei der nächsten Gelegenheit vom Teddykopf ab. Was weiter geschah, weiß ich leider nicht, denn nun wurde ich ersteinmal wochenlang als Trophäe in der Hosentasche des Jungen herumgetragen. Einige Male zeigte er mich auch bei seinen Kumpels her. Er wollte sie wohl einschüchtern, denn jedesmal erzählte er von seinem Kampf um den Teddy. Doch er sagte nie, daß er mit einem kleinen Mädchen um den Teddy gerungen hatte."

Die Knöpfe schüttelten mal wieder ihre Knopflöcher. Diese Geschichte war ja wirklich schrecklich gemein. Einige der Knöpfe überlegten, wie das Mädchen den Verlauf der Geschichte hätte ändern können. Sie fragten sich auch, ob Strafe immer das beste Mittel ist. Wäre der Onkel nicht bestraft worden, hätte der Teddy vielleicht noch immer seine beiden Augen.

"Und was geschah dann?", wollte Knöpfchen jetzt unbedingt wissen, "wie bist du aus der Hosentasche hier in die Knopfkiste gelangt?"

"Tja, eines Tages sollte die Hose mal wieder gewaschen werden. Der Onkel lag noch im Bett. Da nahm seine Mutter die Hose und leerte beide Taschen aus. Ich kam zum Vorschein. Onkelchens Mutter wunderte sich über mich. "Was bist du denn für einer?", fragte sie mich. Zwar versuchte ich ihr zu antworten, doch sie verstand mich nicht. Sie nahm mich und legte mich hier in die Kiste."

Still wurde es in der Kiste. Aber allmählich begannen die Knöpfe auch wieder miteinander zu sprechen. Knopf hatte sich wie viele andere Knöpfe so seine Gedanken gemacht und besprach diese nun mit Knöpfchen. "Was hältst du davon, wenn wir versuchen Auge zu helfen! Es könnte doch möglich sein, daß der Teddy noch am Leben ist und sein Auge gerne zurück hätte." - "Das ist eine prima Idee!", fand Knöpfchen, "laß uns sofort losziehen!" Knopf lächelte seit langem einmal wieder und sagte: "So schnell geht das nicht. Wir brauchen einen Plan und wir müssen uns mit Auge beraten. Schließlich geht es um ihn und um seine Rückkehr nach Hause!" - "Zu Teddy", flüsterte Knöpfchen. Knöpfchen war froh. Nicht nur, weil er mit Knopf und Auge vielleicht bald ein großes Abenteuer erleben würde, sondern auch darüber, daß Knopf nicht mehr so traurig war. Auch würden sie beide nicht mehr tatenlos ihre Tage verbringen. Deshalb hatten sich die Knöpfe ja überhaupt erst in den letzten Tagen ihre Geschichten erzählt. Und die letzte hatte nun gewirkt. Stolz und sehr froh wünschte Knöpfchen allen Mitbewohnern der Kiste eine: "Gute Nacht."

Knopf und Knöpfchen - Buntstiftzeichnung: © 2011 by Schattenblick

zum 27. Juli 2011