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GUTE-NACHT/3477: Der kleine Nachtwächter in ungewöhnlichem Aufzug (SB)


Gute Nacht Geschichten vom kleinen Nachtwächter

Der kleine Nachtwächter in ungewöhnlichem Aufzug



Hungrig wacht der kleine Nachtwächter auf. Sofort ist Rebell zur Stelle und wedelt vor Freude mit seinem buschigen Schwanz. "Laß mich erst einmal aus dem Bett steigen", sagt der kleine Nachtwächter und streckt die Beine unter der Bettdecke hervor. Seine nackten Füße berühren die kalten Fliesen auf dem Boden und zucken zurück. Schnell zieht er die Beine wieder hoch und blickt zu Boden.

Wo sind bloß seine Filzpantoffeln geblieben? Die hatte er doch direkt vor dem Bett ausgezogen, als er heute morgen in dasselbe hinein geschlüpft war.

"Ach, natürlich", denkt der kleine Nachtwächter, und er spannt Rebell für seine Zwecke ein, "hol mir bitte meine Pantoffeln." Rebell läuft um das Bett herum, bringt aber keinen einzigen Pantoffel. "Nun mal los!", fordert der kleine Nachtwächter Rebell erneut auf.

Rebell schnüffelt unter dem Bett und zieht etwas darunter hervor. Ein Pantoffel ist es aber nicht, sondern ein Knochen. "Ja, Hunger habe ich auch. Aber nicht auf deinen Knochen. Und außerdem brauche ich zuerst einmal meine Pantoffeln. Such noch einmal unter dem Bett, bitte."

Das Bett ist aus stabilem Holz gezimmert und hat schon viele Jahre auf dem Buckel. Es steht auf hohen Beinen, sodaß Rebell ohne Schwierigkeiten darunter kriechen und sich dort auch verstecken kann.

"Wo bleibst du denn?", fragt der kleine Nachtwächter und glaubt, Rebell stecke irgendwie fest. Vor lauter Schreck springt er aus den Federn, kniet sich auf sein Nachthemd nieder und zieht Rebell an dessen Läufen hervor. Rebell läßt sich das ohne Murren gefallen.

Schon einmal hier unten, lugt der kleine Nachtwächter selber unter das Bett. Aber seine Pantoffeln entdeckt er nicht. Also steht er vom Boden auf. "Puh! Die Fliesen sind noch immer kalt", schimpft er und hüpft von einem Fuß auf den anderen hinüber zur Tür, wo seine Stiefel stehen. Schnell schlüpft er in die warmen Treter hinein. In Nachthemd und Stiefeln sucht er erneut nach den Pantoffeln, aber ohne Erfolg.

Wieder meldet sich das Hungergefühl, und der kleine Nachtwächter steigt zielstrebig die Stufen des Turmzimmers hinunter, wagt sich - noch immer im Nachthemd - über den Mauerrundgang hinüber zum nächsten Turm und steigt von dort zur Küche hinunter. Hier schneidet er sich eine dicke Scheibe Brot ab und bestreicht sie mit Pflaumenmus. "Mhm", schmeckt das lecker. Das scheint auch Rebell zu denken, der seinem Herrchen in die Küche gefolgt ist und jetzt mit tropfenden Lefzen vor ihm sitzt.

Das Brot aufgegessen, wischt der kleine Nachtwächter sich die Hände am Nachthemd ab. Auf dem Küchentisch entdeckt er jetzt seine Laterne. "Wie kommst du denn hierher?", fragt er und wundert sich. "Nunja", flüstert er und nickt in Rebells Richtung, "dann können wir ja von hier aus unsere Runden starten."

Er greift sich die Laterne, zündet sie an und es geht los. Rebell folgt. Oben auf dem Burgrundgang fröstelt der kleine Nachtwächter leicht. Doch erst als ein kräftiger Windstoß unter sein Nachthemd fährt, wird ihm bewußt, daß er sich ja noch gar nicht angezogen hat. Schnell läuft er, die Laterne schwenkend, zum Turmzimmer und holt dies nach.

"Was für ein Glück, daß wir hier in der Burg ganz alleine leben!", lacht der kleine Nachtwächter in sich hinein.

Laterne leuchtet im Turmfenster - Buntstiftzeichnung: © 2011 by Schattenblick

zum 5. Oktober 2011