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GUTE-NACHT/3547: Eine außergewöhnliche Bande - Teil 22 (SB)


Gute-Nacht-Geschichten

Eine außergewöhnliche Bande



Der Tag hatte der außergewöhnlichen Bande freundliches Wetter beschert. Es war nicht zu heiß und es hatte nicht geregnet. So waren Willi, Erna, Paule und Hugo ein gutes Stück vorangekommen auf ihrem Weg nach Italien.

Langsam jedoch wird es Abend und die vier Kumpane halten Ausschau nach einer Bleibe für die Nacht. "Ward ihr schon einmal in einem Motel?", fragt Erna. "Hotel meinst du wohl", korrigiert Paule. "Nein, ich meine ein Motel. Das ist irgendwie kleiner und etwas anders wie ein Hotel!", betont Erna. Willi weiß, daß es hier in der Gegend weder ein Motel noch ein Hotel gibt: "Aber es gibt einen Heuboden. Dort kommt kein Bauer in der Nacht hin. Da können wir uns ausruhen und am Morgen weiterziehen."

Die anderen drei sind einverstanden, und auch ihren Schuhen an den Füßen ist es recht. Sie waren schon seit Monaten nicht mehr so lange an einem Stück unterwegs. Zum Heuschuppen ist es dann doch noch weiter, als Willi es angenommen hat. Deshalb flucht er: "Haben die denn die Straße umgelegt oder sonst irgendwas verändert, daß ich das nicht mehr wiedererkenne?"

Die Weggenossen trotten hinterher, und weil Willi schon selber sauer genug auf sich ist, sagt von den anderen keiner ein Wort dazu. Dann aber erreichen sie doch noch den herbeigesehnten Heuschuppen. Das wurde aber auch Zeit, sonst hätte der gute Paule sich glatt in den Straßengraben zum Schlafen niedergelegt. Zumindest hatte er den anderen schon seinen Vorschlag unterbreitet. "Da ist doch nichts dabei", meint Paule, "wenn kein Wasser im Graben ist, schläft es sich da recht gut." Erna zieht es vor, dann schon unter einer Brücke zu schlafen: "Manchmal findet man da sogar eine Matratze, auf die sich unsereiner niederlegen kann." Hugo sagt nichts. Er ist sowieso immer recht ruhig. "Er ist eben ein schweigsamer Typ", hatte Erna mal von ihm behauptet.

"Es geht doch nichts über ein Bett im Heu", findet Willi, "da kann der olle Drewes noch so von einem Bett im Kornfeld schwärmen, ich ziehe den Heuboden vor." Erna lacht lauthals. Sie kennt Willis Abneigung gegen den benannten Sänger und irgendwie geht es ihr genauso. Sie sucht sich ein Plätzchen im Heu und breitet ihren Mantel darauf aus. Dann setzt sie sich und will sich ihr aufgehobenes Stückchen Brot von heute morgen aus dem Obdachlosenheim schmecken lassen. Sie holt es aus ihrem Rucksack. Da fallen ihr auch die Badelatschen und die goldenen Damenschuhen entgegen.

Erna zieht die Wanderschuhe aus und schlüpft in die goldenen Damenschuhe. Willi, der es bemerkt, fängt an, Erna zu necken: "Na Erna Goldkind, bist du die schöne Müllerin, die uns aus Heu Gold spinnen kann?" Erna protestiert: "Den gestiefelten Kater kannst du dir an den Hut stecken. Außerdem hat die Müllerstochter nicht aus Heu Gold gesponnen, sondern es war Stroh, das ihr das Rumpelstilzchen in Gold verwandelt hat." - "Du weißt aber gut Bescheid", mischt sich jetzt auch Paule ein. Erna will nicht weiter über Märchen reden, so schneidet sie ein ganz anderes Thema an: "Ihr solltet auch mal eure Schuhe ausziehen. Die Kühe wollen sicher nicht euren Dreck mitfressen." Paule, Willi und selbst Hugo lachen. Erna ist sauer. Sie zieht ihre goldenen Schuhe wieder aus und legt sie neben sich auf ihren Mantel, so daß sie die Schuhe vor dem Einschlafen anschauen kann. Jetzt kann sie einfach von all dem träumen, was sie sich schon immer gewünscht hat. An diesem Abend sagt sie Paule, Willi und Hugo keine

Guten Nacht.



zum 23. März 2012