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PFLANZEN/041: Getreide auf gräsernen Füßen ... (SB)



Foto: © 2018 by Schattenblick

Gräser im Garten
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Ist der Rasen einmal längere Zeit nicht gemäht, wächst das Gras in die Höhe und kann sogar Samen ausbilden. Wenn ihr euch diese Grassamen genauer anschaut, vielleicht nehmt ihr auch eine Lupe zur Hilfe, dann könnt ihr eine Ähnlichkeit mit den bekannten Getreidesorten erkennen wie beispielsweise Weizen, Roggen oder Hafer. Natürlich sind die Grassamen sehr viel kleiner und doch waren sie es, die die Menschen einst gegessen haben. Das Getreide, das heute auf unseren Feldern wächst, ist seit Jahrtausenden keine natürliche Pflanze mehr, sondern durch Zuchtverfahren verändertes Gras.


In einer Zeichnung sind verschiedene Samenanordnungen bei Gräsern dargestellt - Grafik: © 2018 by Schattenblick

Drei Grassorten mit Samen
Grafik: © 2018 by Schattenblick

Gräser gehörten mit zu den ersten Pflanzen, die sich nach dem Ende der Eiszeit, in der sogenannten Jungsteinzeit vor ca. 11.000 Jahren, auf dem Land ansiedeln und verbreiten konnten. Zunächst haben die Menschen Gräser (Süßgräser) gesammelt und die Samen mit Steinen zerrieben, dann etwas Wasser hinzu gegeben und das ganze zu einem Brei verrührt, den sie auf den heißen Steinplatten einer Feuerstelle trockneten. Daraus wurde Fladenbrot geformt, das noch heute in einigen Ländern gebacken und warm verspeist wird.


Wie aus Gräsern Getreide wurde

Man kann sich also gut vorstellen, dass ein großes Interesse daran bestand, Gräser zu züchten, die viele, möglichst große Samen trugen. Es wurden fortan nicht alle gesammelten Grassamen verarbeitet, sondern die größten und jene, die eine große Anzahl Samen aufwiesen, wurden zurückbehalten, um ausgesät zu werden. Wieder und wieder wählte man die besten Grassamen aus. Durch dieses Auswahlverfahren kam es, dass die nächste Generation von heranwachsenden Gräsern schon viel häufiger große oder viel mehr Samen trugen. Auch musste irgendwann darauf geachtet werden, dass die Stängel von kräftigem Wuchs waren, damit sie die schwereren Samen auch tragen konnten. Die ältesten Gerste- und Weizensorten sind über 10.000 Jahre alt. Es gab mit Sicherheit noch eine Vielzahl von Merkmalen, die ausgewählt wurden, um die Qualität und den Ertrag zu verbessern. Schließlich entstanden die sechs Getreidearten, von denen sich die Menschen seit vielen tausend Jahren hauptsächlich ernähren: Weizen, Hafer, Hirse, Gerste, Reis und später kam auch noch der Roggen hinzu.


Unterschiede in der Ährenform und Kornanordnung sind in vier Zeichnungen dargestellt - Grafik: © 2018 by Schattenblick

Weizen, Roggen, Gerste, Hafer
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Erst mit der Entdeckung Amerikas (1592) wurden die Getreide um den dort wachsenden Mais ergänzt. In den verschiedenen Ländern der Erde wurden unterschiedliche Getreidesorten gezüchtet und angebaut, jeweils den dort vorherrschenden klimatischen Bedingungen und Bodenbeschaffenheiten und -qualitäten angepasst: beispielsweise Reis in Asien, Mais in Amerika, Hirse in Afrika, Weizen in Mittel- und Südeuropa, Gerste und Roggen in den nordischen Regionen. Diese Getreidearten hatten noch einen ganz wesentlichen Vorteil. Sie ließen sich gut lagern, beispielsweise in Tongefäßen, wo das Korn trocken und sicher aufbewahrt wurde bis es zu Mehl gemahlen und zu Brot gebacken wurde.


Vom Grassamenbrei zum Brotteig

Bei dem Fladenbrot verwendete man noch einfachen ungesäuerten Teig. Der angerührte Samenbrei wurde sofort verarbeitet. Erst vor ca. 2.000 Jahren entdeckten die Ägypter durch Zufall das gesäuerte Brot. Und das kam so: irgendwann einmal blieb ein Stück Teig, aus dem Fladenbrot gebacken werden sollte, übrig und einfach liegen. Zu dieser Zeit wurden allerdings schon lange keine Grassamen mehr verwendet, sondern die oben genannten Getreidesorten, wie beispielsweise Weizen, Gerste oder Roggen. Nach einiger Zeit setzten sich Hefen, die überall in der Luft vorkommen und Milchsäurebakterien auf diesem Teig ab und begannen den Zucker, der aus den Getreidekörnern stammte, zu "essen", also zu zersetzen. Bei diesem Vorgang wird Kohlendioxid frei, das das Aufgehen des Teigs bewirkt. Kohlendioxid bildet kleine Bläschen, wie die beispielsweise in der Selters Flasche und das hatte zur Folge, dass der Fladenteig dicker und fluffiger wurde. Er sah merkwürdig und unförmig aus, wurde aber trotzdem gebacken. Erstaunlicherweise war dieses Brot weicher, leichter zu kauen und sehr bekömmlich. Neben dem Kohlendioxid entsteht auch noch Alkohol. Durch bestimmte Hefen wird die sogenannte alkoholische Gärung ausgelöst. Man spricht dann davon, dass der Teig vergoren ist oder anders, dass er sauer ist - und damit war der Sauerteig entdeckt. Um immer die gleiche Qualität zu erhalten, wurde von dem Sauerteig ein wenig zurückbehalten, um es dem nächsten Getreidebrei beizumischen. Dort wurden abermals die Hefen aktiv und so setzte sich dieser spezielle Gärvorgang fort, der den bekömmlichen Brotteig erzeugte. Natürlich spielte bei der Entwicklung der Brotbackkunst auch die Erfindung von Backöfen eine Rolle, die erheblich zum Gelingen eines Brotes beitrug.[1]

Die Vorfahren unseres heutigen Getreides sind also die einstigen Gräser und eine jahrtausendelange Züchtung führte schließlich zu den uns bekannten Sorten. Kaum jemand denkt heute daran, wenn er über den kurz gemähten Rasen tollt, der kaum noch etwas mit den wild wachsenden Gräsern gemein hat, was wir dem Gras zu verdanken haben.


Anmerkung:

[1] siehe: Schattenblick → INFOPOOL → KINDERBLICK → NATURKUNDE → FUNGI/002:Pilze - Nahrungsträger



Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.medienwerkstatt-online.de/lws_wissen/vorlagen/showcard.php?id=10695&edit=0

https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/lebensmittel/getreide/index.html

http://www.zeitreise-bb.de/wuerm/geschichte/nutzung/allgemein/getreide_content.html


18. Juni 2018


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