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TIERE/095: Alles für die Bienen - die Milbenfront ... (SB)


Varroamilbe - der gefährlichste natürliche Feind der Bienen


Die Bienenvölker haben mit vielen Problemen zu kämpfen. Die Artenvielfalt unter den Blütenpflanzen wird immer geringer, was zu einer einseitigen Ernährung führt. Dazu tragen auch die Monokulturen bei wie Raps- oder Maisfelder. In weiten Gebieten ist die Blütenpflanzenzahl so weit zurückgedrängt, dass es zu Hungerzeiten für die Insekten kommen kann. Zu all dem leiden sie auch unter den versprühten Pflanzenschutzmitteln (Insektiziden), die sie schädigen oder töten. Und als sei das noch nicht genug, macht ihnen auch noch ein sehr gefährlicher, natürlicher Feind den Garaus: die Varroa-Milbe.

Seit Jahren vermehrt sich diese blutsaugende Milbenart in den Bienenstöcken auf der ganzen Welt. Zwar gibt es auch noch eine Menge anderer Peiniger, von denen diese Insekten angegriffen werden, wie Bakterien oder Pilze. Doch derartige Angriffe kann ein gesundes, wohl genährtes Bienenvolk, wenn auch nicht ohne Verluste, aber doch überleben. Dringen allerdings Varroa-Milben ein, dann kann das zum Sterben des gesamten Stocks führen. Die Varroa-Milbenweibchen legen ihre Eier in die Brutzellen-Waben, in denen sich die Bienen-Arbeiterinnen-Puppen befinden. Dort wachsen sie und schlüpfen beinahe gleichzeitig mit den Arbeiterinnen. Die erwachsenen Milben greifen die Bienen an, beißen sich an ihnen fest und saugen ihnen Blut aus. Dabei geschieht es oft, dass sie die Tiere zusätzlich mit Krankheitserregern infizieren. Die Varroa-Milben vermehren sich rasant, ihre Anzahl verdoppelt sich ungefähr pro Monat.



Auf dem Hinterleib einer fliegenden Biene hat sich eine Varroamilbe festgesaugt - Foto: 2007, by Harry meschke dy sahib (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Foto: 2007, by Harry meschke dy sahib (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Für einen Imker bedeutet der Tod eines Bienenvolkes einen großen Honigverlust. Für die Bienen selbst geht es um das nackte Überleben. Es war dringend erforderlich geworden, gegen die Varroa-Milben ein Bekämpfungsmittel zu finden. Zum einen versucht man es mit chemischen Mitteln. Oxalsäure, Ameisensäure oder Milchsäure werden auf eine ganz bestimmte Weise im Bienenstock verteilt, wodurch auch eine große Anzahl der Milben sterben. Leider erleiden aber oft auch viele Bienen dabei Verletzungen. Das kann zu einer starken Schwächung des Volkes führen.

Der Erfolg dieser Bekämpfungsmethode ist nicht so groß wie erhofft. Eine weitere Methode ist, die gesamte Brut aus dem Stock zu entfernen, weil sich die meisten Varroa-Milben samt deren Eiern in den Brutzellen befinden. Doch dabei werden die Bienenbrut und die Milben gemeinsam vernichtet. Die Königin muss danach erst wieder Eier ablegen, die dann in den von den Bienenarbeiterinnen neu gebauten Brutzellen ausgebrütet werden und so die nächste Generation Arbeiterinnen ausschlüpfen kann. Doch die Gefahr, dass noch Milben in den Bienen selbst überlebt haben und nun von Neuem in die frischen Brutzellen eindringen, ist keinesfalls vollständig beseitigt. Bei den genannten Methoden gibt es dann noch verschiedene abgewandelte Verfahrensweisen, um den Effekt der Milbenvernichtung zu erhöhen.


Eine vergessene Methode neu durchdacht?

Es wurde weiter geforscht und man besann sich auf eine alte Methode, die in Vergessenheit geraten war. In der DDR und in Russland gab es Geräte, die leider noch so riesig und nur mit Gabelstaplern oder Treckern zu bewegen waren, aber schon mit dem Prinzip der Hyperthermie arbeiteten, um die Varroa-Milben in Bienenstöcken abzutöten. Eigentlich wird dieser Begriff in der Medizin benutzt und bedeutet, grob umschrieben, eine Wärmestauung im Körper. Im Zusammenhang mit der Varroa-Bekämpfung steht hinter dem Wort "Hyperthermie", dass mittels Wärme die weiblichen Milben vernichtet werden, die in die Brutzellen eingedrungen sind, um ihre Eier dort abzulegen. Diese Methode wurde mit Hilfe moderner Technik weiterentwickelt, so dass die heutigen Geräte mit etwa Kühlschrankgröße die sogenannten "Varroa-Controller" leichter zu transportieren sind. Dennoch erfordert es viel Aufmerksamkeit des Imkers, denn er muss das Gerät zur rechten Zeit einsetzen und jede Brutzellenwabe aus dem Stock nehmen, um sie für ca. 2 Stunden in den Varroa-Controller einzusetzen. Dort wird eine Wärme von 42° C erzeugt. Danach sollen 80 bis 90 Prozent der Milben abgetötet worden sein. Man behandelt also nicht das ganze Bienenvolk, sondern nur die Brutzellen, in denen sich die allermeisten Vorroamilben befinden.

Seit 2011 werden Erfahrungen mit dieser Methode gesammelt. Der Wissenschaftler, der sich jahrelang mit der Hypterthermie befasst hatte, beriet auch die Erfinder des Varroa-Controllers und ist überzeugt davon, dass das genau die richtige Methode ist.



Milben auf einer Bienenpuppe - Foto: 2013, by public domain, via Wikimedia Commons

Foto: 2013, by public domain, via Wikimedia Commons


Ist bequemer auch besser - und für wen?

Doch einigen Forschern war dieses Verfahren noch zu umständlich. So wurde weiter überlegt. Schließlich erfand man die sogenannte "Bienensauna". Bei dieser Methode werden sowohl die Bienen als auch ihre Brut in die Sauna geschickt. Auf diese Weise sollen noch mehr Milben vernichtet werden, also auch die, die sich noch an oder unter den Bienen befinden. Dieses Gerät basiert auf der unterschiedlichen Wärmeempfindlichkeit von Bienen und Milben. Dabei gehen die Bienensauna-Erfinder davon aus, dass Bienen eine Temperatur von bis zu 45 ° vertragen können, Milben aber nicht, sie gehen bei knapp 40° zugrunde. Das Gerät erzeugt deshalb für die Behandlungszeit von ca. 2 ½ Stunden eine regelmäßige Wärme von 42° C.

Das hört sich gut an, lässt aber auch Bedenken bei Bienenforschern aufkommen. Denn sie wissen, dass Bienen in ihrem Stock für eine konstante Temperatur von 30 bis 35 Grad Celsius sorgen. Sollte es wärmer werden, holen die Bienen Wasser in den Stock, geben sie auf die Waben und fangen an, durch wildes Flügelschlagen die Temperatur im Bienenstock wieder herunterzukühlen (Verdunstungskühle: das Wasser erwärmt sich, verdunstet, die Umgebung kühlt ab). Sollte dieses Flügelschlagen über längere Zeit erforderlich werden, können die Bienen vor lauter Anstrengung selbst zu warm werden, was im schlimmsten Fall dann doch zu einer Überhitzung führen würde, in deren Folge das Bienenvolk zugrunde gehen könnte.

Die Bienensauna-Erfinder behaupten dagegen, dass die Bienen während einer Vorbereitungszeit kurz vor der Saunabehandlung bei einer Temperatur von 39° ganz ruhig werden. Das allerdings würde ihrer natürlichen Verhaltensweise bei einer Temperaturerhöhung widersprechen. Wie dem auch sei. Die Erfindung ist mit ca. 2 Jahren noch jung und sicher werden noch einige Erfahrungen damit gemacht werden.

Doch! Eine Frage wird nicht gestellt: Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass sich die Varroa-Milbe so stark vermehren konnte? Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Bauweise der kastenförmigen Bienenstöcke, wie sie heute fast nur noch verwendet werden, viele Nachteile hat und sogar den natürlichen Feind der Varroa-Milbe, den Bücherskorpion, vertrieben hat. Sind also die Varroa-Bekämpfungsmethoden erst durch diese Bauweise nötig geworden? Ist es ein von Menschen gemachtes Problem, das nun schnell wieder beseitigt werden muss? Diesen und anderen Fragen wird im nächsten Teil nachgegangen.

Fortsetzung folgt ...


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article138892860/Bienensauna-soll-Bienen-von-Vorroa-Milbe-befreien.html

http://www.varroahyperthermie.ch/hyperthermie.html

http://www.imkerpate.de/brutentnahme/

http://www.bienenaktuell.com/forum/produkteinfuehrung-varroa-controller

http://www.bee-careful.com/de/initiative/bienensauna/


19. Oktober 2016


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