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TIERE/124: Der Landschwimmer ... (SB)



Der Aal ist ein besonderer, ein geheimnisvoller Fisch, der Wissenschaftlern bis heute Rätsel aufgibt. Seine Lebensgewohnheiten wurden soweit es bisher möglich war, genau beobachtet und erforscht, wobei phänomenale Fähigkeiten und körperliche Besonderheiten dieses Tieres entdeckt wurden.


Der europäische Aal - ein Fisch voller Geheimnisse

Schon vor vielen Jahrhunderten bemühten sich Wissenschaftler, das Geheimnis um die Entwicklung eines Aals zu lüften. Doch wusste man zu wenig, um ein schlüssiges Bild zu entwerfen. So nahm Aristoteles, ein griechischer Gelehrter des Altertums, an, dass Aale entweder spontan im Schlamm entstehen würden, aus Staub gebildet oder gar von Erdwürmern geboren werden. Über lange Zeit des Mittelalters galt, dass der Aal kein Fisch sei, sondern eher den Schlangentieren zuzuordnen sei. Ende des 19. Jahrhunderts erkannte man, dass die durchsichtigen Wiedenblattlarven, die zunächst als kleine Fischlein angesehen wurden, eine Larvenform des Aals sind. Es dauerte dann noch eine lange Zeit, bis die weitere Entwicklung von der Larvenform bis hin zum ausgewachsenen Aal aufgezeigt werden konnte. Und bis heute ist es Wissenschaftlern beispielsweise nicht gelungen, den Paarungsvorgang dieser Fische in freier Wildbahn zu beobachten, wie auch der Laichplatz der Aale der afrikanischen, japanischen und anderen asiatischen Arten, bislang noch nicht bekannt ist.

Im folgenden werfen wir einen Blick auf dieses sonderbare Lebewesen, das eigentlich eher einer Schlange ähnelt als einem typischen Fisch und doch zu den echten Knochenfischen gehört. Dieses unscheinbare Tier, dass in Flüssen und Seen lebt, also im Süßwasser, sucht nach einer bestimmten Lebenszeit das Salzwasser des Ozeans auf, um dort an einem ganz bestimmten Ort zu laichen.


Ein großer Aal liegt auf einem Fischernetz - Foto: 2008, by Viridiflavus [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by- sa/3.0)], from Wikimedia Commons

Gut zu erkennen: der durchgehende Flossensaum auf dem Aalrücken
Foto: 2008, by Viridiflavus [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia Commons



Die vielen Wandlungen eines Aals

Also, der Reihe nach: fangen wir mit dem Ablaichen an. Das Aalweibchen entläßt ihre befruchteten Eier, den sogenannten Rogen, in das Gewässer der Sargassosee, die sich in der Nähe der Bahamas befindet. Man nimmt an, dass das Weibchen in Wasserschichten von 3000 bis 5000 Metern Tiefe abtaucht, um ihre ca. 20 Millionen Eier in relativ geschützten Regionen zu entlassen, doch sind diese Angaben bisher nicht sicher bewiesen worden. Menschen können nicht einfach in so große Tiefen tauchen, dazu bedarf es einer ganz speziellen Tauchausrüstung, und zählen kann man die Fischeier auch nicht, nur schätzen. Aus den Fischeiern entwickeln sich die Larven, die aufgrund ihrer typischen Form Weidenblattlarven genannt werden.


Eine filigrane, durchsichtige und länglich geformte Larvenform schlängelt sich im Wasser - Foto: 2003, by Kils at the English language Wikipedia [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], from wikimedia commons

Eine Weidenblattlarve
Foto: 2003, by Kils at the English language Wikipedia [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], from wikimedia commons


Sie sind durchsichtig und benötigen ca. 3 Jahre, um in europäische Küstengewässer zu gelangen. Dabei nutzen sie Meeresströmungen, schwimmen aber auch selbst aktiv. Während ihrer langen Reise, auf der sie bis zu 5000 Kilometer zurücklegen, ernähren sich die Larven von Plankton. An den Küsten angelangt vollendet sich die Umwandlung des Tieres, die bereits in ca. 100 Kilometer Entfernung begonnen hat. Aus den Weidenblattlarven entwickeln sich Glasaale mit einer Größe von ca. 7 Zentimetern. Sie sind zwar immer noch beinahe durchsichtig, haben aber bereits die Körperform eines Aals, nur viel kleiner.

Im Frühjahr schwimmen sie in großer Zahl von den Küsten flussaufwärts in die Binnengewässer, in Flüsse, Bäche und Seen eines Landes. Während dieser Phase verändern sie sich, wachsen weiter und werden Steigaale oder auch, aufgrund ihrer Bauchfärbung, Gelbaale genannt. Sie haben sich in dieser Zeit von Salzwasserbewohnern zu Süßwasserfischen entwickelt. In den nächsten Jahren erreichen sie dann ihre volle Größe. Die Weibchen können es auf bis zu 150 Zentimeter und 6 Kilogramm Gewicht bringen, die Männchen sind deutlich kleiner und werden nur um die 60 Zentimeter lang. Erst nach 12 bis 15 Jahren werden die weiblichen Aale geschlechtsreif, die männlichen nach 6 bis 9 Jahren. Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen die Aale in diesen Binnengewässern und erst nach 20 manchmal erst nach 50 Jahren begeben sie sich auf den Weg zurück zu ihrem Geburtsort, der Sargassosee.


Die Grafik zeigt im Slazwasser: Blankaal, Paarung, Laich/(Rogen),Weidenblattlarveim Süßwasser: Glasaal, Gelbaal/Steigaal in verschiedener Größe - Foto: Eel-life-circle1.svg: 2009, by Salvor Gissurardottirderivative work: Carl Steinbeißer [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Stationen der Aal-Entwicklung in Salz- und Süßwasser
Foto: Eel-life-circle1.svg: 2009, by Salvor Gissurardottirderivative work: Carl Steinbeißer [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons


Um diesen weiten Weg von ungefähr 5000 Kilometern zu schaffen, findet abermals eine Umwandlung des Fisches statt. Aus den Gelbaalen werden Silberaale, das heißt, ihre Färbung hat sich verändert, statt einer gelben Bauchseite, schimmert sie nun silbern. Man nimmt an, dass dies geschieht, weil diese schimmernde silberne Farbe im Meerwasser kaum auffällt und somit zu einer Art Tarnfarbe wird.


Auf dem Weg zu seinem Geburtsort durchlebt der Aal tiefgreifende körperliche Veränderungen

Mittels neuer Forschungsmethoden und Satellitenüberwachung ist es möglich geworden, die Aale auf dem Rückweg zur Sargassosee zu beobachten. Sie schwimmen teilweise gegen die Golfströmung an, suchen tagsüber die kühleren Meerestiefen zwischen 200 und 1000 Metern auf und nachts die wärmeren Regionen dicht unter der Wasseroberfläche. Später nutzen sie andere Meeresströmungen, die es ihnen möglich machen diese sehr lange Strecke innerhalb eines Jahres zurücklegen. Während dieser Zeit nehmen sie wenig bis schließlich gar keine Nahrung mehr auf. Das hat einen bestimmten Grund. Wichtige Körperfunktionen werden eingestellt. Äußerlich ist zu erkennen, dass der After des Tieres sich einzieht und die Augen größer werden - der Aal wird nun zum sogenannten Blankaal. Bis diese Umwandlung vollendet ist, dauert es ca. 4 Wochen.

Währenddessen wird die Nahrungsaufnahme weiter und weiter eingeschränkt und schließlich ganz eingestellt. Sie fressen gar nichts mehr und sie könnten es auch nicht, denn ihr Verdauungsapparat hat sich komplett zurückgebildet. An seiner statt haben sich die Geschlechtsorgane entwickelt, die schließlich die gesamte Leibeshöhle einnehmen. Für diese körperliche Umwandlung wird sehr viel Energie benötigt. Woher nimmt er sie, wenn er nicht frisst und wie kommt es, dass der Aal nicht verhungert? Während der körperlichen Umbauphase auf seiner letzten Reise zu seinem Geburtsort, der Sargassosee, zehrt er ausschließlich von seinen Fettreserven, die er sich während seiner Lebenszeit als Binnenwasserfisch zugelegt hat und die bis zu 30% seines Körpergewichtes ausmachen. Auch wenn er harmlos aussieht, kann er gut als Raubfisch bezeichnet werden. Er jagt und verspeist, je nach Art, überwiegend kleine Krebse und andere Wirbellose oder vorzugsweise kleinere Fische, was ihm das Anlegen von enormen Fettreserven ermöglicht. Nach dieser letzten Umwandlung kommt es zur Paarung und zum Ablaichen, danach sterben die Aale. Sie könnten ohne Verdauungstrakt und Ausscheidungsorgan nicht weiterleben. Nun beginnt ein neuer Entwicklungszyklus von Fischlaich, Weidenblattlarven, Glasaalen, Gelbaalen, Silberaalen bis zu den Blankaalen.


Es scheint als schwimme dieser Aal dicht über dem Boden in einem flachen Gewässer - Foto: 2004, by GerardM [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Olivgrüner Aal schlängelt sich durchs Wasser
Foto: 2004, by GerardM [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons



Der europäische Aal zählt zu den stark vom Aussterben bedrohten Tieren

Schon die vielen Weidenblattlarven dienen anderen Meeresbewohnern als Futter und die Zeit, die die Aale in den europäischen Gewässern als Glasaale oder Gelbaale verbringen, ist besonders gefährlich, denn hier werden sie gefangen, getötet, verkauft und gegessen. Der Entwicklungsverlauf, der zur Fortpflanzung und Vermehrung dieser Fische unumgänglich ist, wird auf grobe Weise unterbrochen. Immer weniger Aale werden sich auf die Rückreise zur Sargassosee machen können, um dort ihren Laich abzulegen. Für diesen sehr speziellen Verlauf der Arterhaltung gibt es keine Alternative. Deshalb können Aale nicht wie andere Fische in Fischfarmen gezüchtet werden. Den Aalen machen weiterhin die mit Giftstoffen verschmutzten Flüsse und Seen zu schaffen, wie auch der Schwimmblasenwurm und die Verbauung der Gewässer mit Staumauern, die den Aalen ihre Wanderwege versperren und die vielen Kraftwerke, in deren Turbinen sie den Tod finden. Leider gilt der Aal vielen als Delikatesse und er wird weiterhin gefangen und gegessen. Obgleich man besser im eigenen Interesse diesen Fisch nicht essen sollte, denn die Giftstoffe, die für den Aal schädlich sind, lagern sich in seinem Fettgewebe an und ist somit bestimmt auch für uns Menschen nicht gesund.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://meeresbuerger.de/meer-schuetzen/nachhaltigkeit/fisch/aal/aal-wanderung.html

https://www.bund.sh.de/tiere-pflanzen/aale/

http://www.medienwerkstatt-online.de/lws_wissen/vorlagen/showcard.php?id=2270

https://www.nationalgeographic.de/tiere/der-aal-frisst-kein-aas


5. Dezember 2018


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