Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → NATURKUNDE

VORSICHT/003: Eine Öl-Katastrophe und die Folgen (SB)


Eine Öl-Katastrophe und die Folgen

... für Meer, Tiere und Menschen



Wenn eine riesige Menge Öl ins Meer gelangt, stellt das eine Bedrohung für Leben und Gesundheit der Meerestiere und der Vögel dar. Selbstverständlich nehmen auch Menschen Schaden, die auf Booten auf dem Meer fahren. Je nach Windrichtung und -geschwindigkeit treibt das Öl, das wie ein Teppich auf der Wasseroberfläche schwimmt, an die Küsten. Dort verunreinigt es den Strand. Der Sand verklumpt. Vögel und Enten, die dicht am Wasser leben, geraten entweder am Strand in das Öl oder während sie im Meer nach Fischen tauchen. Ihr Gefieder wird vom Öl verklebt. Die Vögel und Enten versuchen so schnell sie können, ihre Federn zu säubern. Dabei gerät die giftige Substanz auch in ihren Körper. Je nach Menge des aufgenommenen Öls und der Körpergröße, erkranken oder sterben die Tiere. Die Versuche, sich zu reinigen, schlagen fehl, zu sehr sind die Federn verklebt. Das Gefieder der Vögel dient normalerweise dem Wärmeschutz. Wenn sie sich aufplustern, bringen sie Luft in ihr Federkleid und dadurch wird ihr Körper warm gehalten. Nun aber kann in das verklebte Federkleid keine Luft gelangen, ihr Wärmeschutz geht verloren und sie können an Unterkühlung sterben.

Die Menschen, die in einer Öl-Katastrophenregion leben oder an den umfassenden Aufräumarbeiten beteiligt waren, berichten, dass sie unter Kopfschmerzen, Benommenheit, Übelkeit und Erbrechen litten. Sie klagen über Appetitlosigkeit, Abmagerung oder Husten und Atemwegserkrankungen. Es kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Tiere, die in diesen Gebieten leben, in ähnlicher Weise leiden.

Der Ölteppich, der seinerzeit nach dem Untergang der "Deepwater Horizon" entstand, wurde durch das Aufsprühen von Dispergatoren aufgelöst und war bald nicht mehr zu sehen. Doch das schnell verschwundene Öl ist kein Grund zur Erleichterung. Es sollte zu denken geben!


Was wäre geschehen, wenn keine Chemikalien auf den Ölteppich gesprüht worden wären?

Öl zersetzt sich durchaus auch ohne Dispergatoren. Denn Wind, Luft, Sonnenlicht und Wärme sorgen dafür, dass flüchtige Bestandteile aus dem Öl entweichen können. Windbewegung begünstigt das Abdampfen, so dass auf diese Weise fast bis zu 60% des Öls von der Wasseroberfläche verschwinden und sich anders verteilen kann. Hinzu kommt noch die Wirkung der Sonneneinstrahlung. Ein Teil des auf dem Wasser treibenden Öls wird photochemisch oxidiert. Das heißt, durch die Einwirkung des Sonnenlichts wird ein chemischer Prozess in Gang gesetzt, der das Öl allmählich immer zähflüssiger werden lässt, bis schließlich kleine teerartige Klumpen übrig bleiben. Das sind die ekligen Placken, die man später am Strand wiederfindet.

Das, was wir Roh- oder Erdöl nennen, besteht aus vielen Inhaltsstoffen und ist deshalb so gefährlich, weil es nicht nur durch das Einatmen oder mit Wasser und Nahrung in den Körper gelangt. Es reicht schon der Kontakt mit der Haut. Auch auf diesem Wege können Rohölbestandteile in die Blutbahn gelangen, ebenso durch Zellwände dringen und Organe schädigen. Alle im Wasser lebenden Organismen in einem ölverseuchten Gebiet sind davon betroffen.

Es ist also ratsam, bevor das Öl auf natürliche Weise zu "altern" beginnt, es von der Wasseroberfläche in Spezialtanker abzupumpen. Nach einer Ölkatastrophe sollte sofort mit dem Aufsaugen begonnen werden.

Es ist keine Alternative, den nach einer Katastrophe entstandenen Ölteppich einfach sich selbst zu überlassen und auf den natürlichen Abbau zu hoffen. Denn erstens werden die schädlichen, flüchtigen Substanzen von Mensch und Tier eingeatmet, auch noch in großer Entfernung, und zweitens bleiben das Öl und seine Bestandteile im Meer und kann weiterhin schädlich für die dort lebenden Tiere und Pflanzen sein.


Was passiert bei dem Aufbringen von Dispergatoren auf den Ölteppich?

Bei den Dispergatoren handelt es sich neben dem Öl um ein weiteres Gift, das ins Meer geschüttet wird. Es verstärkt die schädliche Wirkung des Öls und ist selbst hochgradig giftig. Außerdem lässt sich nicht mehr abschätzen, wie viel Öl überhaupt noch im Meer verbleibt, absinkt oder in die Atmosphäre abdampft. Wind und Wellenbewegung sorgen für eine weite Verbreitung in Luft und Meer. Es können nicht nur typische flüchtige Stoffe, sondern auch ganze Öltröpfchen in der Meeresluft mitgeschleppt und dann von Mensch und Tier eingeatmet werden. Wie schädlich diese Luft ist, hängt davon ab, wie lange sie eingeatmet wird. Durch die Verwendung von Dispergatoren wird das Öl in ungewöhnlich feine Tröpfchen zerteilt. In dieser feinen Verteilung kann es sich in weite Bereiche des Meeres ausbreiten, in denen es bei natürlichem Altern (Zerfall) nicht zu finden gewesen wäre!

Über das Mittel, das bei der Deepwater Horizon-Katastrophe verwendet wurde, wird berichtet, dass es die roten Blutkörperchen zersetzt, was zu inneren Blutungen führt. Um das zu bewirken, reicht es aus, es auf die Haut zu bekommen. Menschen, die sich längere Zeit in den betroffenen Gebieten der Ölkatastrophe aufhielten, weil sie an den Reinigungsarbeiten teilnahmen, Tiere retten wollten oder Forschungen betrieben, beschrieben ihre Beschwerden. Sie erlitten einen starken Brechreiz, ein Brennen in den Augen, die heftig tränten. Ihr Hals war entzündet, sie wurden heiser und ihnen wurde übel und schwindlig.

Im Rohöl sind an sich schon an die 500 verschiedene mehr oder weniger giftige Inhaltsstoffe enthalten. In welcher Menge sie dort vorkommen ist immer etwas unterschiedlich. Das ist nur verständlich, denn es handelt sich um einen Naturstoff, der vor mindestens 1,5 Millionen Jahren von anorganischen Bakterien unter hohem Druck aus den Überresten verschiedenster abgestorbener Pflanzen und Tiere hergestellt wurde.

Jede Form von Rohöl kann alle möglichen Giftstoffe enthalten, die für jeden Organismus, für jedes Organsystem (Atmungstrakt, Nerven, Gehirn, Leber, Nieren, Blut, Muskeln etc.) giftig wirken und zu Schädigungen und Erkrankungen führen können. Wird Benzin (ein Bestandteil des Rohöls) über längere Zeit eingeatmet, können sich dauerhafte Schäden einstellen, die auch die Lunge betreffen. Es können Nervenschädigungen auftreten, die beispielsweise zu seelischen Störungen (Depression) oder Problemen mit dem Gedächtnis führen. Die gefährlichste Komponente der Öldämpfe, die sich in der Golfregion ausgebreitet hatte, war das Benzol. Es wirkt narkotisierend (einschläfernd, führt zu Kontrollverlust über den Körper). Außerdem wird vermutet, dass das Benzol Blutkrebs verursacht.

Eine Öl-Katastrophe ist also keinesfalls harmlos. Sie lässt sich auch nicht schnell aus der Welt schaffen, obgleich dieser Eindruck erweckt werden sollte, als man nach der Deepwater Horizon-Katastrophe Dispergatoren einsetzte. Mag sein, dass die Auswirkungen auf die Menschen nicht so schwerwiegend sind, weil sie sich medizinisch behandeln lassen können. Außerdem sind Menschen in der Lage, die Gefahren abzuschätzen und sich entsprechend zu verhalten. Die Meerestiere, die Kleinstlebewesen, die Vögel und die Pflanzen sind den giftigen Stoffen aber hilflos ausgeliefert.

Pelikane, die in das Öl geraten sind. Ihr Gefieder ist total verklebt - Foto: 2010 International Bird Rescue Research Center, freigegeben via Flickr als CC-BY-2.0 Generic Lizenz

Foto: 2010 International Bird Rescue Research Center, freigegeben via Flickr als CC-BY-2.0 Generic Lizenz



21. September 2013