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MELDUNG/021: Bildgebende Massenspektrometrie zur Untersuchung von Kunstwerken (idw)


Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. - 19.05.2010

Verräterische Siegel-Massen

Bildgebende Massenspektrometrie zur Untersuchung von Kunstwerken


Kunstwerke sind wertvoll und dazu meist sehr empfindlich. Für ihre Restaurierung und Konservierung, aber auch Datierung und Authentifizierung müssen ausgefeilte technische Methoden an den Start gebracht werden. Ein Team um Sichun Zhang von der Tsinghua Universität in Peking hat nun ein neues bildgebendes massenspektrometrisches Verfahren entwickelt, mit dem sich Gemälde und Kalligraphien identifizieren lassen, ohne die Kunstgegenstände zu beschädigen. Wie die Wissenschaftler in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, liegt das Erfolgsgeheimnis in einer speziellen Niedertemperatur-Plasmasonde, die Moleküle besonders schonend von der Oberfläche der Kunstwerke abträgt.

Bei der Massenspektrometrie (MS) wird die zu untersuchende Substanz in die Gasphase überführt, ionisiert (elektrisch geladen) und die ionisierten Teilchen durch ein elektrisches Feld beschleunigt. Im Analysator wird der Teilchenstrahl entsprechend der Masse und der Ladung der Teilchen aufgetrennt. Inzwischen wurden auch bildgebende massenspektrometrische Verfahren entwickelt. Dazu muss die Oberfläche einer Probe abgerastert und an jedem einzelnen Bildpunkt ein Massenspektrum aufgenommen werden. Voraussetzung waren spezielle Ionisierungsmethoden, die eine direkte Untersuchung der Probe erlauben. Allerdings arbeiten die meisten bisherigen bildgebenden massenspektrometrischen Verfahren unter Vakuum, was die Größe der analysierbaren Proben beschränkt. Mit einer so geannten Elektrospray-Technik tragen dabei Lösungsmittelmoleküle Analytmoleküle von der Oberfläche der Probe ab und ionisieren sie.

Empfindliche Kunstwerke wie Gemälde können durch die Lösungsmittel allerdings kontaminiert und beschädigt werden. Die chinesischen Wissenschaftler stellen nun eine neue Variante der bildgebenden MS vor. Sie arbeitet mit einer Niedertemperaturplasma-Sonde. Im Prinzip besteht diese Sonde aus einer aufgeschmolzenen Kapillare und zwei Elektroden aus Aluminiumfolie, an die eine sehr starke Wechselspannung angelegt wird. In der Kapillare befindet sich Heliumgas. Die hohe elektrische Spannung erzeugt eine so genannte stille elektrische Entladung im Helium. Das bedeutet, dass das Gas in Form von Ionen, Elektronen und angeregten Atomen vorliegt, ein Zustand, den man Plasma nennt. Dieses Plasma hat eine Temperatur von lediglich 30 °C. Das aus der Kapillare austretende Heliumplasma schießt Moleküle aus der Probenoberfläche und ionisiert sie. Wertvoller Kunstwerke werden dabei nicht beschädigt.

Die Wissenschaftler haben Siegel mit der neuen Methode analysiert. Es handelt sich dabei um Stempelabdrücke, die bei Malereien und Kalligraphien der chinesischen Kunst als Signatur und Mittel der Legitimation dienen. Es ist dem Team gelungen, mit der neuen Mikroplasma-Sonde Unterschiede in der Zusammensetzung der Tinte einzelner Siegel aufzuzeigen und so Original-Siegel von unechten zu unterscheiden.

Autor: Sichun Zhang, Tsinghua University, Beijing (China)
http://chem.tsinghua.edu.cn/zhangxr/xrzhang.htm

Angewandte Chemie, Permalink to the article:

http://dx.doi.org/10.1002/ange.200906975

Angewandte Chemie
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V., Dr. Renate Hoer, 19.05.2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2010