Schattenblick →INFOPOOL →MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE

AUFBAU/242: Uni Zürich - Eine unglaubliche Dynamik


aufbau Nr. 59, Dezember/Januar 2010
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Uni Zürich: Eine unglaubliche Dynamik

ZÜRICH - Auch bei uns regt sich was an der Universität. Nun wäre der Schritt von der spontanen Bewegung zur kontinuierlichen Organisierung sinnvoll.


(agkk) Auch in Zürich hat sich eine Vollversammlung der Studierenden am internationalen Tag der Studierendenproteste (17. November) dazu entschlossen, den grössten Hörsaal der Uni Zürich zu besetzen und sich damit der globalen Bewegung "Our education is not for sale" anzuschliessen. Der Entschluss fiel spontan und wurde vor allem von Studierenden getragen, die vorher noch nicht politisch aktiv in Erscheinung getreten waren. Eine unglaubliche Dynamik entwickelte sich. Leute, die bisher eher als Konkurrenten denn als Verbündete nebeneinander im Hörsaal sassen, fanden zusammen und diskutierten über die Zukunft der Bildung und darüber hinaus, bastelten Flyer und Transpis oder kochten in der Gemeinschaftsküche. Auch die Solidarität aus der Bevölkerung, von Organisationen und Gewerkschaften und auch von einer ganzen Reihe Lehrender war beeindruckend.

Auch wenn es bis Redaktionsschluss (26. Nov.) nicht so aussieht, als dass die Bewegung ihre Ziele (Bologna kippen, keine Studiengebühren, freie Lehre und Forschung usw.) kurzfristig durchsetzen kann, ist sie doch ein grosser Erfolg. Vor allem durch die Wirkung gegen innen. Die Studierenden haben sich nach einem langen politischen "Dornröschenschlaf" energisch wieder zu Wort gemeldet und gemeinsam die Erfahrung gemacht, dass man nicht jede "Reform" einfach so hinnehmen muss, sondern sich auch wehren kann. Die Aktion hat das politische Bewusstsein von sehr vielen Studis geweckt und in der ganzen Gesellschaft eine Diskussion angestossen. Eine Diskussion über den aktuellen Umbau der Hochschulen, aber auch darüber, ob es möglich bzw. legitim ist, sich zu wehren gegen Kürzungen und Rationalisierungen. Dass sich die Studierendenbewegung auch für die Arbeitsbedingungen der Angestellten der Uni engagierten und sich den Protesten gegen den WTO-Gipfel in Genf angeschlossen haben, zeigt auch, dass der Blick der beteiligten Studis über den universitären "Elfenbeinturm" hinaus reicht.


Von der Dynamik zur Organisierung

Später wird sich die Bewegung aber auch daran messen müssen, was von ihr übrig bleibt. Der Umbau der Universitäten und der gesamten öffentlichen Einrichtungen geht weiter, und es werden neue Angriffe kommen. Der just während der Besetzung bekannt gewordene Vorschlag einiger Parteien zur Erhöhung der Studiengebühren im Kanton Zürich ist ein gutes Beispiel dafür. Es gilt nun Strukturen aufzubauen, die über die Besetzung hinaus aktiv und vernetzt bleiben, damit die Erfahrungen aus dieser Bewegung weitergegeben werden können. Auch muss die aufgebaute internationale Vernetzung aufrecht erhalten werden. Auf die Euphorie der Bewegung darf nicht der "Kater danach" folgen, den Constantin Seibt im Tagesanzeiger (20. Nov.) prognostiziert und den er bei der "Unitopie"-Bewegung 1989 am eigenen Leib erfahren hat. In dieser Hinsicht ist Zuversicht erlaubt. Auch wenn sich die Studis unter dem steigenden Druck durch die Unileitung nicht einig sind, ob sie die Stärke haben, unbefristet weiter zu besetzen, so sind sich doch alle einig, dass die Arbeit in den verschiedenen Arbeitsgruppen weitergeführt werden muss. Was die spontane Bewegung schon jetzt in den Köpfen bewirkt hat, kommt am besten mit den Worten einer Aktivistin zum Ausdruck, die in einer Diskussion sagte: "In der letzten Woche habe ich hier mehr gelernt als in meinem ganzen bisherigen Studium."


*


Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Bern (rab), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafb), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkb), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Arbeitsgruppe Winterthur (agw), Rote Hilfe - AG Anti-Rep (rh-ar), Kulturredaktion (kur)


*


Quelle:
aufbau Nr. 59, Dezember/Januar 2010, Seite 10
HerausgeberInnen:
Revolutionärer Aufbau Zürich, Postfach 8663, 8036 Zürich
Revolutionärer Aufbau Basel, Postfach 348, 4007 Basel
Revolutionärer Aufbau Bern, Postfach 87, 3174 Thörishaus
Revolutionärer Aufbau Winterthur, winterthur@aufbau.ch
Redaktion und Vertrieb Schweiz
aufbau, Postfach 8663, 8036 Zürich, Fax 0041-(0)44/240 17 96
E-Mail: info@aufbau.org
Internet: www.aufbau.org

aufbau erscheint fünfmal pro Jahr.
Einzelpreis: 2 Euro/3 SFr
aufbau-Jahresabo: 30 Franken, Förderabo ab 50 Franken


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Januar 2010