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AUFBAU/328: In Südamerika wächst der Unmut der Bevölkerung


aufbau Nr. 70, sept/okt 2012
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Nachhaltig zurückhaltend

BERGBAU In Südamerika wächst der Unmut der Bevölkerung und der Arbeiterinnen gegenüber den Bergbaukonzernen. Besonders in Peru haben sich die Konflikte in den letzten Monaten zugespitzt.



(raw) Würde man bloss die Nachhaltigkeits-Berichte aus der PR-Abteilung des Schweizer Bergbaukonzerns Xstrata zu seinen Minenprojekten lesen, könnte man auf den Gedanken kommen, es handle sich eher um eine karitative NGO denn um einen milliardenschweren Konzern. Vorbildlich sowohl im Umgang mit den natürlichen Ressourcen und der Umwelt als auch bezüglich Arbeitsbedingungen und Investitionen in der Region, hat Xstrata am diesjährigen WEF sogar eine Auszeichnung als nachhaltigster Konzern seiner Branche gewonnen. Eine Studie der Investmentfirma SAM und des Beratungsunternehmen KPMG hatte über 400 Unternehmen bezüglich Umwelt, Soziales und "guter Unternehmensführung" bewertet. In der Realität des Tagebaus in Südamerika ist allerdings einmal mehr nicht alles Gold was glänzt. Xstrata sieht sich wegen mehrerer Kupfer- und Goldbergwerke und Bergwerkprojekte mit Protesten konfrontiert.

In der peruanischen Provinz Espinar hatten Sicherheitskräfte mindestens 4 Menschen getötet und Dutzende zum Teil schwer verletzt, die gegen die Kupfermine "Xstrata Tintaya" protestierten. Die Protestierenden forderten unabhängige Untersuchungen über Umwelt- und Wasserverschmutzungen und eine höhere prozentuale Abgabe des Firmengewinnes zugunsten der Entwicklung der Region.

In der Provinz Cajamarca reichten die Forderungen eines Generalstreiks noch weiter als in Tintaya: "Conga no va!" stand auf den Transparenten, "Conga geht nicht!". Gemeint war das gigantische Ausbauprojekt der schon bisher grössten Goldmine Südamerikas, Yanacocha, unter dem Namen "Minas Conga". Die Bevölkerung befürchtet, dass die US-amerikanische Newmont Mining Corporation mit der Trockenlegung von fünf Bergseen die Lebensgrundlage von tausenden Menschen zerstört und verlangt keine Zugeständnisse sondern die vollständige Beerdigung des Projektes. Angesichts der Proteste verhängte die peruanische Regierung unter Präsident Ollanta Humala den Ausnahmezustand über die Region und liess das Militär Präsenz markieren. Auch in Cajamarca kam es zu Toten und Dutzenden Verletzten, die Proteste gingen allerdings trotz des Ausnahmezustands weiter.

Dass die Befürchtungen der Bevölkerung bezüglich der Umweltverschmutzung durch die Minen sehr wohl berechtigt sind, lässt sich an zahlreichen Beispielen der letzten Jahre aufzeigen, in Peru zuletzt Ende Juli. Durch eine undichte Pipeline der Minera Antamina - die zu 33.75% Xstrata gehört - trat Blei und Zink aus und vergiftete mehr als 80 DorfbewohnerInnen.


Ein Milliardengeschäft

Protestiert und gestreikt wird im peruanischen Bergbau allerdings nicht nur aus Gründen des Umweltschutzes, sondern auch für bessere Arbeitsbedingungen. Ende Juni streikten rund 1.800 ArbeiterInnen der Mine Casapalca für eine bessere Bezahlung der temporär Angestellten und drohten mit einer Autobahnblockade. Die Mine gehört dem zweiten bekannten Schweizer Rohstoffunternehmen, Glencore, das dieses Jahr noch den Bergbaukonzern Xstrata übernehmen will. Durch die Fusion würde Glencore-Xstrata zum weltgrössten Rohstoffkonzern.

Die peruanische Regierung hat sich in allen Konflikten nicht zurückgehalten, Stellung zu beziehen, allerdings immer zu Gunsten der Konzerne. In seinem Wahlkampf hatte Präsident Ollanta Humala noch versprochen, die Bergbaukonzerne an eine kürzere Leine zu nehmen und unter anderem das Projekt "Minas Conga" zu stoppen. Davon ist keine Rede mehr und angesichts der zunehmenden sozialen Konflikte im Land beschloss er im Juli, spezielle Polizeitruppen für den Einsatz gegen Proteste und Demonstrationen ins Leben zu rufen.

Lohnen würden sich solche Einheiten auf jeden Fall für die beiden Schweizer Konzerne. Das Geschäft mit Metallen läuft, Xstrata als weltweit viertgrösster Bergbaukonzern konnte 2011 satte 11,7 Milliarden Betriebsgewinn verbuchen. Angesichts dieser Beträge übt man sich am Firmenhauptsitz in Zug in Zurückhaltung bei der Medienpräsenz. Gerade auch vor dem Hintergrund der geplanten Fusion zwischen Glencore und Xstrata kommen die Proteste - die nicht nur in Peru, sondern in der ganzen Andenregion stattfinden - den Konzernen reichlich ungelegen. Nur selten wird mal eine Ausnahme gemacht: Auf die Verstaatlichung einer Zinn- und Zinkmine nach Blockaden und Besetzung in Bolivien im Juni reagierte die Besitzerin Glencore jedenfalls prompt mit einer empörten Medienmitteilung.


(Interview mit einem Genossen aus Cusco (Provinz
Espinar) gibt es auf der
aufbau-Website.

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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Bern (rab), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafbs), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkbs), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Frauenkollektiv (fk), Rote Hilfe International (rhi), Kulturredaktion (kur), Arbeitsgruppe Jugend Zürich (agj)

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Quelle:
aufbau Nr. 70, sept/okt 2012, Seite 5
HerausgeberInnen:
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Revolutionärer Aufbau Basel, Postfach 348, 4007 Basel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Oktober 2012