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CORREOS/103: Wahlen in Kolumbien - Mehr vom gleichen


Correos des las Américas - Nr. 162, 16. Juli 2010

KOLUMBIEN
Wahlen: Mehr vom gleichen

Am 20. Juni 2010 gewann der offizialistische Präsidentschaftskandidat die Wahlen in der 2. Runde. Ein Blick auf eine oft nur schwer verständliche Realität.

Von Yumaira Gil und Pedro Sandoval


Wahlen widerspiegeln in der Politik die Wirklichkeit nur fragmentarisch, weshalb man sich für ihr Verständnis auf eine Vielzahl von Aspekten beziehen muss, die sie bedingen und erklären. Kolumbien ist ein Land mit einer ausgeprägten politischen und sozialen Dynamik, gekennzeichnet überdies durch eine anhaltende Kriegssituation, Bekanntlich konfrontiert sich hier ein Staat,der verschiedene Sektoren mit grosser politischer und ökonomischer Macht und eindeutig rechter (oder ultrarechter) Philosophie vertritt, mit einer (klar marxistisch inspirierten) Guerilla, die ihrerseits die Unzufriedenheit einer Pluralität von wirtschaftlich und politisch unterprivilegierten gesellschaftlichen Sektoren ausdrückt. Die Gewalt, la Violencia, beschränkt sich zwar nicht auf Kolumbien, ist hier aber speziell ausgeprägt. Sie dient als wichtigstes Mittel der Machtausübung.

Vor diesem seit Jahrzehnten grundsätzlich unveränderten Hintergrund kam es zu den vergangenen Wahlen. Es wäre aber falsch, gewisse temporäre Tendenzen, die das politische Geschehen beeinflussen, nicht wahrzunehmen und richtig zu verorten. Tendenzen, welche letztlich die Massenmedien verbreiten und die eine nicht der Realität entsprechende Meinung erzeugen.

Wie in dieser Zeitschrift schon dargelegt, übernahm im Jahr 2002 die mafiöse Komponente des Machtblocks in Kolumbien die politische Macht. Dies mit Zustimmung anderer oligarchischer Sektoren und der USA. Die Machtergreifung dieses von Präsident Álvaro Uribe Vélez vertretenen mafiösen Sektors sollte mehrere symbiotische Ziele erreichen. Uribes persönliches Ressentiment gegen die Linke und seine ausgewiesene rechte und neoliberale Haltung sollten benutzt werden, um: das Land auf den geforderten Stand der wirtschaftlichen Internationalisierung zu bringen; die Möglichkeit eines Friedensabkommens mit dem bewaffneten Aufstand zu schmälern; Kolumbien zur Plattform für die Behinderung von und den Angriff auf Unabhängigkeitsströmungen zu benutzen, die im Lateinamerika entstanden waren. Dafür sollten im Gegenzug das Narkokapital legalisiert und seine Söldner von jeder Verantwortung für die Verbrechen frei gesprochen werden, die die sie zur Verteidigung des «Establishments» begangen haben.

Die Basis dieser Strategie bestand in der «Politik der demokratischen Sicherheit», einer politisch-publizistischen Kreatur, die drakonische rechtliche und ausserrechtliche Repressionsmassnahmen verband und gleichzeitig Kolumbien als Investorenparadies präsentierte, ohne grössere soziale und politische Probleme, abgesehen von den Überresten einiger Gruppen von «Terroristen mit privaten Interessen», die gerade besiegt würden.


Realität versus PR

Da es hier nicht darum geht, den Charakter der abtretenden Regierung zu analysieren, beschränken wir uns auf ein paar nötige Hinweise auf ein paar Realitäten, die mit Sicherheit andauern werden. Denn die neue Regierung vertritt nur die Fortführung des bisherigen Modells, jetzt in den Händen des traditionell-oligarchischen Sektors des Machtblocks mit dem neuen Präsidenten Juan Manuel Santos an der Spitze. Wie sein Vorgänger steht Santos rechts. Wirtschaftlich vertritt er seine Interessen, nämlich die der zweitgrössten Kapitalgruppe des Landes, die etwa das wichtigste Massenmedium, die Interamerikanische Pressegesellschaft (SIP) oder Rüstungsindustrien kontrolliert und Vertrauenspartner des Pentagons ist. Der neue, Santos, war als Verteidigungsminister die Nummer 2 im Kabinett des alten Präsidenten, zuständig für die Umsetzung der Politik der «demokratischen Sicherheit». Ihm haben die KolumbianerInnen Folgendes zu «verdanken»:

Das Abkommen mit den USA über 7 Militärbasen in Kolumbien.
Den Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Ecuador, nachdem Santos die Verletzung des ecuadorianischen Luftraumes und Militäroperationen im Nachbarland angeordnet hat.
Die schlechten Beziehungen mit Venezuela, seit unter seinem Befehl Entführungen, Militäroperationen und paramilitärische Aktionen auf venezolanischem Gebiet stattfinden.
Die Ermordung von über 280 GewerkschafterInnen, die Vertreibung von mehr als 2.1 Millionen KolumbianerInnen, die Inhaftierung von mehr als 30.000 AktivistInnen der sozialen Bewegungen unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung, von denen viele hätten freikommen sollen, nachdem sich ihre Unschuld erwiesen hatte.
Vor allem wird Santos in Kolumbien als der Minister im Gedächtnis bleiben, unter dem die Streitkräfte die Politik der «falsos positivos», der falschen Erfolgsmeldungen, eingeführt haben: Scheinrekrutierung für Arbeitseinsätze von mittellosen Personen und ihre Ermordung, um sie als im Kampf gefallene Guerilleros präsentieren zu können. In der Sprache der UNO heisst das aussergerichtliche und summarische Hinrichtung. Die kolumbianische Justiz ermittelt gegen Armeeangehörige in 1811 solcher Fälle.

Kurz: Die zentrale Achse der Politik der abtretenden Regierung ist personalisiert durch jene Person, welche die angehende Regierung präsidieren wird.


Das autoritäre Projekt als Auslaufmodell

Erinnern wir uns: Das autoritäre Projekt wurde 2002 mittels eines nachgewiesenen Wahlbetrugs aufgegleist. 2006 wurde es um weitere vier Jahre verlängert. Erneut mit einem Wahlbetrug, wo das (zu 40 Prozent von den Drogen- und paramilitärischen Mafias kontrollierte) Parlament sich mit der Exekutive verband, um mit allen - auch kriminellen Mitteln - zu die Justiz daran zu hindern, Respekt für demokratische Rechte und Garantien durchzusetzen.

Die unverhüllbare Beziehung zwischen der Regierung und offizialistischen Abgeordneten mit den Mafias des Drogenhandels, des Paramilitarismus und der Staatsverbrechen führten zu einer Konfrontation zwischen den öffentlichen Gewalten. Dies bewirkte nach und nach, dass diese zum «wirksamen Mythos» erhobene Figur des autoritären Präsidialismus abgenutzt wurde. Als dann derVerschleiss des autoritären Projekts begann, wirtschaftliche Konsequenzen zu zeitigen und Ansätze zu einer Legitimitätskrise aufzuweisen, war die Notwendigkeit für den herrschen Block gekommen, den Übergang zu einem sauberen Kontinuismus einzuleiten. Ein, neues, freundlicheres Gesicht musste her, um strukturellere Transformationen zu vermeiden. Für diesen Uribismus ohne Uribe brachte das Uribismus genannte herrschende Projekt jetzt mehrere «Bauern» ins Spiel.


Verwirrung um vermeintliche Vielfalt der Kandidaturen

Auch wenn es in der ersten Wahlphase 10 Kandidaturen gegeben hat, lassen sie sich auf drei Varianten zurückführen:

1. Die der Kontinuität des Uribismus. VertretendurcheinenoffiziellenKandidaten, Juan Manuel Santos, früher in der Liberalen Partei, danach Gründer der Partei der «U» (zur Unterstützung von Uribe gegründet). Germán Vargas Lleras, Ex-Liberale Partei, Gründer der Partei Cambio Radical (zur Unterstützung von Uribe gegründet). Nohemi Sanin von der wichtigsten uribisten Partei, der Konservativen, ehemalige Ministerin von Uribe. Nach den zuvor erfolgten Parlamentswahlen konnte sich diese Tendenz mit der Unterstützung der Partei PIN stärken, die früher Convergencia Ciudadana hiess und von der Justiz wegen ihrer Beziehungen zum Paramilitarismus demontiert wurde (die meisten ihrer früheren Abgeordneten sitzen im Gefängnis). Zu diesen vier Formationen, die alle das Erbe des Noch-Präsidenten Uribe beanspruchen, gehören 96 Prozent der 71 wegen Paramilitarismus und Drogenhandel prozessierten Abgeordneten.

2. Eine zweite Variante haben wir mit den Sektoren der Liberalen Partei, welche die Kandidatur des bis vor drei Jahren harten Uribisten Rafael Pardo Rueda unterstützt haben. Dazu gehören die Senatorin Piedad Córdova, der Ex-Präsident Ernesto Samper und einige progressive Sektoren, die für eine Verhandlungslösung im bewaffneten Konflikt eintreten. Dennoch bekannte sich der Kandidat Pardo zur militaristischen Politik der Regierung Uribe Vélez.

In dieser zweiten Tendenz ist auch der Kandidat Antanas Mockus zuhause, eine komische Persönlichkeit mit konfusem Diskurs und ehemaliger Bürgermeister von Bogotá, der sich als Kandidat der Grünen präsentierte, ohne je einen ökologischen Gedanken formuliert zu haben. Es handelte sich dabei um eine konjunkturelle Operation von drei ehemaligen Bürgermeister der Hauptstadt, die sich die Franchise einer juristisch, aber nicht real existierenden «grünen Partei» angeeignet haben. Mockus entlarvte sich Schritt um Schritt als Mann des Establishments, mit einer autoritären Rhetorik zu Pädagogik, blindem Gesetzesgehorsam und permanenter Kritik an der Linken, um so für eine günstige Haltung der Rechten zu sorgen.

Mockus ist ein Intellektueller, der nicht weiss, dass die Ursachen der Gewalt in der Ungerechtigkeit, der Klassenunterdrückung und der sozialen Ungleichheit liegen. Wer sagt, um Frieden zu erreichen, seien grundsätzliche Reformen nötig, betreibt für ihn nur die Apologie von Gewalt. Gefährlich ist seine Aussage: «Auch eine Kugel kann pädagogisch sein».

3. Drittens haben wir die vom Polo Democrático repräsentierte «Linke». Beim Polo handelt es sich um eine Kombination von fortschrittlichen und linken Sektoren und Einzelpersonen mit Profis des Opportunismus. Bei den Wahlen 2006 wurde der Polo mit seinem Kandidaten Carlos Gaviria hinter dem Uribismus zweitstärkste Partei. Doch die internen Wahlen des Polo vom September 2009 gewann Gustavo Petro, ohne Zweifel mithilfe der Rechten. Petro, ein beschämender Ex-Guerillero, Ex-Leitungsmitglied der Guerilla des M-19, die 1991 ihre Waffen und KombattantInnen gegen ein paar Regierungsposten für einige ihrer Anführer tauschte.

Als Kandidat weigerte sich Gustavo Petro, sich klar von der Politik von «Sicherheit und Krieg» abzugrenzen. Er negierte, dass die tiefe Krise des Landes nur gelöst werden könne, wenn die Ungleichheit angegangen werde, der Hunger, die Demokratiefeindlichkeit, die Repression und die die nicht mehr nur politische, sondern auch militärische Unterwerfung unter die USA. Um Stimmen im vermeintlichen Uribe-Enthusiasmus zu fischen, endete Petro als konfuser, nicht definierbarer und unberechenbarer Kandidat. Wie Uribe verneinte er die Existenz eines Konfliktes. Seine Wahlkampagne endete er mit der vielleicht einzigen klaren Aussage: «Ich bin kein Sozialist, ich bin ein progressiver Liberaler».


Die vorgetäuschte Polarisierung

Nach dem Wahlgang vom 30. Mai 2010 blieben die beiden Kandidaten Juan Manuel Santos mit 47 Prozent und Antanas Mockus mit 22 Prozent für die Stichwahl übrig, die notwenig geworden war, da niemand 50 Prozent aller Stimmen machte.

Der Uribismus begann schon 2007, mehrere KandidatInnen zu lancieren, um seine Kontinuität zu garantieren, während er auch auf die Möglichkeit einer dritten Wiederwahl von Uribe setzte. Schliesslich entschieden die Obersten Gerichtshöfe im April 2010, dass eine dritte Wiederwahl nicht möglich sei. Der Uribismus versuchte nun, alle eigenen Kandidaturen um Santos zu bündeln, doch die individuellen Machtgelüste waren dafür schon zu weit gediehen. Um dies dennoch hinzukriegen, zauberten sie einen Joker aus ihrem Hut, Antanas Mockus. Sie manipulierten die Umfragen zugunsten von Mockus, um alle Uribistas schon im ersten Wahlgang dazu zu zwingen, ihre Stimmen für Santos abzugeben.

Kolumbien weist eine der höchsten Dichten an Meinungsumfrageinstituten auf, die zudem mit dem der Familie Santos gehörenden Medienunternehmen El Tiempo verbunden sind. Diese Familie stellt nicht nur den antretenden Präsidenten, sondern auch den abtretenden Vizepräsidenten. 69 Prozent der Printmedien gehören der Santos-Gruppe. So gelang es ihnen, mit Propaganda und «Umfrageergebnissen» glaubhaft zu machen, dass Mockus und Santos gleichauf lägen. Damit erreichten sie zwei Ziele: die stimmen der Rechten auf Santos zu konzentrieren und die Linke glauben lassen, dass eine Stimme für den Polo «verschenkt» sei und sie besser für Mockus stimme.

Trotz ihrer Medienmacht scheute die siegreiche Kandidatur nicht vor mehreren und nachgewiesenen Betrugsmanövern zurück. Überdies ist der gewählte Präsident Juan Manuel Santos ein Hauptaktionär in dem mit der Wahllogistik beauftragten Unternehmen und die Gewerkschaft in der Registraduría Nacional, der mit der Durchführung und Verwaltung der Wahlen beauftragten Institution, ist stark beeinflusst von Angelino Garzón, einem ehemaligen Mitglied des Polo Democrático, der jetzt der gewählte Vizepräsident des Landes ist.

Kurz: Die Macht schaffte es, korrumpierte Elemente der Linken und vor allem die «Grünen» zu instrumentalisieren.


Wahlkampagne: das Hauptthema ausklammern

Nun liegen die klare Resultate vor: 70%für dem Kandidaten des Regimes (Santos) und 27% für einen Joker (Mockus), welchen das Regime aus aktuellem Anlass schuf.

Das wichtigste Problem in Kolumbien ist nach wie vor die Violencia und ihr erstes Resultat, der Krieg. Das wichtigste Anliegen ist folglich der Frieden. Doch genau dieses Thema fehlte in der Wahlkampagne. Der Krieg setzte sich gegen den Frieden durch.

Ausnahmslos alle KandidatInnen, von den rechten bis zu jenem der Linken, betrieben eine an der Möglichkeit eines militärischen Sieges über den bewaffneten Aufstand orientierte Kampagne. Der herrschende Triumphalismus nach den unbestreitbaren, aber konfusen Erfolgen des Staates gegen die aufständischen Kräfte verleiteten die KandidatInnen zur Übernahme der falschen Haltung, dass die Lösung des bewaffneten Aufstandes eine militärische sein werde.

Tatsache ist aber, dass die in den letzten 8 Jahren von den USA und vom kolumbianischen Staatshaushalt bereitgestellten Mittel von $ 29 Milliarden zu keinem irgendwie gearteten Frieden, sondern zu 160.000 Toten geführt haben. Geblendet von den der Guerilla versetzten Schlägen optierten die KandidatInnen dafür, den Krieg zu verstärken, ohne sich über seine Kosten und Nutzlosigkeit Rechenschaft abzulegen. Sie verkündeten «ruhige» Wahlen, ohne zu reflektieren, dass nur schon eine Stunde nach Eröffnung der Wahllokale die Toten gezählt wurden (12 Polizisten, 1 Guerillero, 3 ZivilistInnen).

Es ist sinnlos, auf der Idee einer militärischen Niederlage der Guerilla zu beharren, es ist sinnlos zu meinen, der Krieg sei die Lösung, und es ist naiv, das «Ende des Endes» der Guerilla zu beschwören. Es ist sinnlos, wie Álvaro Uribe und Juan Manuel Santos an eine «Mutter aller Schlachten» zu denken, um damit die Rebellion definitiv zu beenden.Denn die Rebellion ist das legitime Kind der Erfahrung von Ungerechtigkeit, la violencia nährt sie und sie findet im Krieg ihre unvermeidliche Ausdrucksform.


GewinnerInnen und VerliererInnen

Es gewann der Kontinuismus, das alte Projekt der kontinentalen Herrschaft in neuem Gewand; es gewannen die grossen kolumbianischen Wirtschaftsgruppen; es gewannen die Militärs, die sich weiter am Krieg bereichern können; es gewannen die USA, die über einen vom Makel des Drogenhändlers befreiten treuen Diener verfügen; es gewann das Kapital, abgestützt auf seine rechte politische Ausrichtung. Es gewann der Krieg.

Es verloren die Bevölkerung, die Armen, das Volk, alle, die den Frieden wollen.

Es gewann die Stimmenthaltung, 56 Prozent, anders gesagt, die Skepsis. Natürlich, die Linke rief (für die Stichwahl) zur Enthaltung auf, wie das auch die bewaffnete Linke tat. Was bleibt, ist die Frage: Ging die Bevölkerung wegen des Aufrufs der Linken nicht stimmen oder einfach aus Indifferenz und wegen mangelnder Zuversicht in die Zukunft? Auch bei Letzterem gewinnt die Rechte.

Auch wenn die Situation für die, die Gerechtigkeit, Wohlergehen und Frieden wollen, wenig Hoffnung birgt, so kann der Regierungswechsel doch eine neue Möglichkeit für eine politische Lösung mittels Dialog mit den Aufständischen eröffnen. Unter der Voraussetzung allerdings, dass die herrschende Klasse begreift, dass der Weg dahin nicht in einer «harten Linie der demokratischen Sicherheit» liegt,sondern in einer Annäherung an die Guerilla, im Aufgeben der Vorstellung, dass Gewalt und Krieg über den politischen, sozialen und ökonomischen Lösungen stehen, die für einen wirklichen Frieden unabdingbar sind.


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(dd) Aus der Erklärung des Internationalen Gewerkschaftsbundes vom 9. Juni 2010:

Die jährliche Übersicht des IGB über die Gewerkschaftsrechte dokumentiert eine dramatische Zunahme der an Gewerkschaftern verübten Morde im Jahre 2009. Die Zahl der Getöteten ist auf 101 gestiegen - eine Zunahme um 30% gegenüber dem Vorjahr. Die heute veröffentliche Übersicht offenbart auch einen wachsenden Druck auf grundlegende Arbeitnehmerrechte in aller Welt infolge der Auswirkungen der internationalen Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt. Von den 101 Morden geschahen 48 in Kolumbien, 16 in Guatemala, 12 in Honduras, sechs in Mexiko, sechs in Bangladesch, vier in Brasilien, drei in der Dominikanischen Republik, drei auf den Philippinen, einer in Indien, einer im Irak und einer in Nigeria. Zweiundzwanzig der getöteten kolumbianischen Gewerkschafter waren hochrangige Gewerkschaftsführer, fünf davon Frauen, womit die Anschlagsserie des Vorjahres unvermindert anhielt. Die Zunahme der Gewalt in Guatemala und Honduras folgte ebenfalls dem Trend der vergangenen Jahre.

«Kolumbien war erneut das Land, in dem der Einsatz für grundlegende Arbeitnehmerrechte mehr als anderswo einem Todesurteil gleichkommen kann, trotz der PR-Kampagne der kolumbianischen Regierung, die das Gegenteil zu suggerieren versuchte. Die Verschlechterung der Situation in Guatemala, Honduras und einigen anderen Ländern ist ebenfalls Anlass zu äußerster Besorgnis» so IGB-Generalsekretär Guy Ryder.


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Quelle:
Correos de Centroamérica Nr. 162, 16. Juli 2010, S. 25-27
Herausgeber: Zentralamerika-Sekretariat, Zürich
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. August 2010