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GLEICHHEIT/2898: Politische Auseinandersetzungen in Sri Lanka und die Rivalität zwischen USA und China


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Die politischen Auseinandersetzungen in Sri Lanka und die Rivalität zwischen USA und China

Von Peter Symonds
30. Januar 2010
aus dem Englischen (29. Januar 2010)


Nach den Präsidentschaftswahlen in Sri Lanka verwandelte sich Colombo in einen Hexenkessel, in dem Gerüchte und Intrigen brodelten. Die beiden Fraktionen der herrschenden Elite, die Anhänger des Siegers Mahinda Rajapakses und des Verlierers General Sarath Fonsekas manövrieren und bringen sich für ihren Politkrieg in Stellung. Statt die Auseinandersetzungen zu beenden, haben die Wahlen dazu beigetragen, die politische Instabilität zu verstärken.

Während der außerordentlichen Ereignisse der letzten drei Tage wurden schwer bewaffnete Truppen um das Hotel von Fonseka postiert und die Regierung beschuldigt ihn einen Staatsstreich zu planen. Fonseka dagegen wirft der Regierung vor, dass sie ihn verhaften oder ermorden wolle, und verlangt, die Wahlen für ungültig zu erklären. Beide Seiten drohen mit juristischen Schritten.

Was steckt hinter diesen scharfen Auseinandersetzungen? Die beiden Politiker haben innenpolitisch im Wesentlichen das gleiche Programm. General Fonseka war auf der Seite von Präsident Rajapakse und seinen innenpolitischen Intrigen, solange er rücksichtslos den rassistischen Krieg gegen die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) führte, der im Mai mit der Niederlage der LTTE endete. Fonseka fordert jetzt eine Erneuerung der Demokratie in Sri Lanka, aber er ist genau wie Rajapakse verantwortlich für Kriegsverbrechen und schwere Verletzungen der demokratischen Rechte. Wenn er jetzt fürchtet, ermordet zu werden, dann, weil er höchst vertraut ist mit den Praktiken der Todesschwadronen der Regierung, die in den letzten vier Jahren Hunderte von Politikern, Journalisten und einfachen Menschen umgebracht haben.

Das Wirtschaftsprogramm der beiden Rivalen ist identisch. Beide versprachen im Wahlkampf das Blaue vom Himmel herunter, von dem sie wussten, dass sie es nicht würden einhalten können. Rajapakse versprach, die Insel in das "Wunder von Asien" zu verwandeln und das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner innerhalb von sechs Jahren zu verdoppeln. Fonseka erklärte demagogisch, er könne alle Probleme des Landes lösen, indem er "Verschwendung und Korruption" bekämpfe - als wenn die Lasten aus 26 Jahren Bürgerkrieg und den gegenwärtigen Turbulenzen auf dem Weltmarkt einfach zu überwinden seien, indem die korrupten Machenschaften der Brüder Rajapakse beendet würden. In Wirklichkeit sind Rajapakse und Fonseka entschlossen, die gesamte Last der sich immer mehr verschlimmernden Wirtschaftslage den arbeitenden Menschen aufzuhalsen und dabei den Apparat des Polizeistaats zu nutzen, der während des Krieges aufgebaut wurde, um jegliche Opposition zu unterdrücken.

Der Hauptgrund für die politischen Grabenkämpfe findet sich nicht in Colombo. Seit der Niederlage der LTTE wurde das Land in den Strudel der Auseinandersetzung zwischen den rivalisierenden Großmächten hineingezogen. Sri Lankas strategische Position in Südasien und seine Lage entlang der Seewege vom Nahen Osten und Afrika nach Nordostasien und zum Pazifik hat das Land zum Brennpunkt wachsender Aufmerksamkeit der Großmächte werden lassen. China, das versucht, seine Seehandelsrouten zu sichern, nutzte den Krieg, um seine Position in Colombo zu stärken. Es lieferte Waffen und gab diplomatische Rückendeckung und erhielt im Gegenzug wirtschaftliche und strategische Konzessionen, vor allem einen neuen Seehafen in Hambantota. Auch Indien und Pakistan sowie die europäischen Mächte konkurrieren um Einfluss in Sri Lanka.

Der wichtigste Faktor für die Instabilität jedoch sind die Vereinigten Staaten, die entschlossen sind, sich Chinas wachsendem Einfluss in Asien und international, einschließlich Sri Lankas, entgegenzustellen. Nach der Niederlage der LTTE zog die Obama-Regierung, die Rajapakses Krieg unterstützt hatte, zynisch die Karte der "Menschenrechte". Zusammen mit den Europäern befürwortete Washington eine Resolution des UN-Rats für Menschrechte, die eine beschränkte Untersuchung der Kriegsverbrechen forderte. Damit sollte Druck auf die Regierung Rajapakse ausgeübt werden. China ließ jedoch seine diplomatischen Muskeln spielen, blockierte die Bemühungen Europas und der USA und unterstützte die Resolution, der srilankischen Regierung, in der sie ihren Sieg im "Krieg gegen den Terror" feierte.

Anfang Dezember änderten die US ihren Kurs. In einem umfassenden Bericht mit dem Titel "Sri Lanka: Neuausrichtung der US-Strategie nach dem Krieg", den der Außenpolitische Ausschuss des US Senats herausgab, wurde die Gefahr beleuchtet, die den strategischen Interessen der USA durch Chinas wachsenden Einfluss in Colombo drohen. Darin wurde rund heraus erklärt, dass die USA es "sich nicht leisten können, Sri Lanka zu 'verlieren'." Vorgeschlagen wurde "eine andere Herangehensweise, um den Einfluss der USA auf Sri Lanka" durch wirtschaftliche, Handels- und Sicherheitsanreize "zu stärken." Was die "Menschrechte" angehe, die zwar weiterhin wichtig seien, stellte der Bericht fest: "Die Politik der USA gegenüber Sri Lanka darf nicht von einem einzigen Thema beherrscht werden. Das ist kein wirksamer Weg, um Reformen zu erreichen, und die geostrategischen Interessen der USA in der Region würden dadurch beeinträchtigt."

Rajapakse ist sich voll bewusst, dass er nicht riskieren kann, die Vereinigten Staaten vor den Kopf zu stoßen. Im Verlauf der Präsidentschaftswahlen rühmte er sich, der "internationalen Verschwörung" entgegengetreten zu sein, die die LTTE retten und die Armee mit dem Vorwurf von Kriegsverbrechen in den Schmutz zerren wollte. Aber sein anti-westliches Gebaren und die Verteidigung des "kleinen Sri Lanka" hatten immer ihre Grenzen. Wenn er auf die Kriegsverbrechen der USA in Afghanistan hinwies, so nur zur Rechtfertigung seiner eigenen. Er war immer so vorsichtig, niemals Namen zu nennen und sendet nun alle möglichen Signale aus, dass er die Verbindungen zu den "Verschwörern" - den USA und Europa - zu verbessern wünsche.

Fonsekas eigene Beziehungen zu Washington sind außerordentlich zweifelhaft. Er kam Ende Oktober in die USA, angeblich um seine Greencard zu erneuern und Verwandte zu besuchen. Er wurde gefragt, ob er sich freiwillig einer Befragung des Heimatschutzministeriums unterziehen wolle, um, so wird berichtet, Fragen zu Kriegsverbrechen zu beantworten, mit denen Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapakse in Verbindung gebracht wird. Colombo protestierte wütend gegen das Interview, das offenbar auch nicht stattfand. So bleiben die Beziehungen zwischen den US-Behörden und Fonseka geheimnisumwittert. Kurz nach der Rückkehr nach Colombo quittierte er seinen Dienst bei der Armee und begann aktiv gegen Rajapakses anti-westliche Linie Kampagne zu machen.

Wie sich die Beziehungen zwischen Washington und dem Rajapakse-Regime entwickeln werden, ist keineswegs klar. Was aber deutlich ist, ist die Rivalität zwischen den Großmächten, insbesondere zwischen China und den USA, die ein zusätzlicher explosiver Faktor in dem instabilen Hin und Her der Politik in Sri Lanka ist. Wie auch immer die Fraktionskämpfe der herrschenden Eliten ausgehen, sie werden die Wirtschaftskrise des Landes verschärfen und, ganz gleich, wer die Oberhand gewinnt, zu brutalen Angriffen auf die soziale Lage der Arbeiterklasse führen.

Siehe auch:
Wahl in Sri Lanka bereitet Boden für tiefe
politische Krise (28. Januar 2010)


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Quelle:
World Socialist Web Site, 30.01.2010
Israel droht der Hisbollah und dem Libanon
http://wsws.org/de/2010/jan2010/sril-j30.shtml
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Februar 2010