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GLEICHHEIT/2986: Streik bei British Airways - Wo bleibt die versprochene Solidarität?


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Streik bei British Airways: Wo bleibt die versprochene Solidarität?

Von Julie Hyland
27. März 2010
aus dem Englischen (24. März 2010)


Wer verstehen will, wie Unternehmen und Regierungen Arbeitsplatzabbau, Lohnsenkungen und andere Sparmaßnahmen durchsetzen können, obwohl die große Mehrheit dagegen ist, soll sich den Konflikt bei British Airways (BA) anschauen.

Die Flugbegleiter von BA sind in mehrere Streiks gegen die Versuche der Airline verwickelt, die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. BA schließt sich mit der spanischen Fluglinie Iberia zusammen, um so ihre Marktposition zu konsolidieren. In diesem Zusammenhang versucht BA, achtzig Millionen Pfund an Kürzungen durchzusetzen und Tausende Arbeitsplätze zu streichen. Die Airline kündigte im November an, sie werde die Zahl der Flugbegleiter auf Langstreckenflügen reduzieren. BA strebt auch einen zweijährigen Lohnstopp und die Einführung von neuen Arbeitsverträgen für Neueinstellungen mit geringerem Gehalt an.

Ein Flugbegleiter, der seit dreißig Jahren für die Airline arbeitet, sagte in einem Interview mit der BBC: "Wenn jemand aus der vorhandenen Belegschaft befördert werden will, muss er den neuen Verrag akzeptieren, der nur eine Pauschale von 2,60 Pfund pro Flugstunde bringt. Es werden keine Zulagen mehr für Verpflegung, Überstunden oder Langstrecken gezahlt."

Die Labour Regierung unterstützt die Offensive des Managements. Premierminister Brown hat den Streik als "ungerechtfertigt" verurteilt, während Außenminister David Miliband sagte, die Regierung "bedauere" den Arbeitskampf. Natürlich haben sich auch die Liberaldemokraten und die Tories gegen den Streik ausgesprochen. Tory-Führer David Cameron fordert, Streikbrechern politische Rückendeckung zu gewähren.

Auch die Medien giften überwiegend gegen den Streik. Obwohl zwei Urabstimmungen eine überwältigende Unterstützung für den Streik erbrachten, werden die Flugbegleiter regelmäßig beschuldigt, die Firma zu erpressen. Ein Kommentator setzte den Streik mit Terrorismus gleich.

Wichtiger ist für BA, dass sie mit der Unterstützung ihrer Geschäftspartner kalkulieren kann. Bei dem dreitägigen Streik vom vergangenen Wochenende gab die Airline Millionen Pfund für eine Streikbruchoperation aus. BA mietete 25 Flugzeuge von anderen Fluggesellschaften und Charterfliegern an, inklusive Piloten und Flugbegleiter, um einige ihrer Kurzstreckenverbindungen von Heathrow aus bedienen zu können.

Der Billigflieger Ryanair ist eine der Firmen, die mit Flugzeugen, Besatzungen, Wartung und Versicherung aushilft. Ähnliche Arrangements wurden mit anderen Billigflugesellschaften wie Jet2, Astraeus, Titan, Euro Atlantic, Transavia, Viking and Arkefly geschlossen. Iberia übernahm die Abwicklung der Flüge zwischen Heathrow und Madrid.

Vergleichen wir damit die Reaktion der Gewerkschaften in der globalen Luftfahrtindustrie.

Zumindest auf dem Papier hat die britische Gewerkschaft Unite, die das Flugpersonal vertritt, viel breitere internationale Kontakte als BA. Diese Verbindungen repräsentieren potentiell eine viel größere Kraft, als BA-Chef Willie Walsh für sich auch nur erträumen könnte. Da sie genau die Leute vertreten, die den ganzen Fluglinien ermöglichen, tagtäglich effizient und sicher zu fliegen, könnten die Gewerkschaften die gesamte Industrie zum Stillstand bringen und die schönsten Pläne von BA und anderen Airlines scheitern lassen.

Das wäre besonders in einer Zeit wichtig, in der die Beschäftigten in der Luftfahrtindustrie überall angegriffen werden und ihre Arbeitsplätze und -bedigungen bedroht sind. Beschäftigte der Fluggesellschaften in Frankreich, Deutschland und Italien waren vor kurzem in Streikaktionen gegen ähnlich gelagerte Angriffe involviert, wie sie bei BA durchgesetzt werden. In Irland sind Hunderte Flugbegleiter bei Aer Lingus einfach entlassen worden.

Unite informierte seine Partner in Übersee schon im November über den Konflikt mit BA. Das war vier Tage vor der ersten Urabstimmung des Kabinenpersonals, die eine überwältigende Mehrheit für Streik erbrachte. Im November fand sogar eine Konferenz der International Transport Workers Federation (ITF) statt, an der 751 Gewerkschaften teilnahmen, die in ihren Ländern zusammen fast fünf Millionen Mitglieder vertreten. Weitere Gespräche gab es auf europäischer Ebene bei der Konferenz der European Transport Workers Federation (ETF) im Dezember in Spanien und noch einmal bei einer Konferenz der Sektion des Kabinenpersonals der ETF im Februar in Belgien.

Zahllose Versprechen für "Solidaritätsaktionen" mit den BA-Beschäftigten wurden gegeben und "Sympathie" für ihre Sache wurde bekundet. Zusätzlich zu ITF und ETF übermittelten auch die australischen Transportarbeitergewerkschaft und die deutsche Ver.di sowie andere Gewerkschaften in Europa, Nordamerika und Asien ihre besten Grüße.

Nur Tage vor Beginn des ersten Streiks bei BA flog Steve Turner, der im Vorstand für die Luftfahrt verantwortlich ist, in die USA, um sich mit Funktionären der Teamsters zu beraten. Die Teamsters sagten in einer Erklärung zu, "solidarisch an der Seite unserer Brüder und Schwestern von Unite zu stehen, die für einen fairen Tarifvertrag mit British Airways kämpfen". Und weiter: "ITF-Mitglieder in aller Welt mobilisieren Unterstützung für die Beschäftigten bei British Airways in ihrem Kampf für die Sicherheit der Passagiere und für Respekt für die Beschäftigten."

Die britischen Kollegen genießen zweifellos große Sympathie bei den Beschäftigten der internationalen Fluggesellschaften, die sie unterstützen möchten. Das ist sicher auch ein wichtiger Faktor dafür, dass die diversen Gewerkschaften entsprechende Zusagen abgeben. Aber was immer zwischen Unite und den Teamsters, bzw. den anderen Gewerkschaften abgesprochen war, Solidaritätsaktionen gehörten jedenfalls nicht dazu. Während das BA-Management europaweit und weltweit Streikbruch organisierte, sorgten die Gewerkschaften dafür, dass es keine koordinierte Reaktion ihrer Mitglieder gab.

Mit den üblichen Verrenkungen versprach ITF-Luftfahrtkoordinator Gabriel Mocho, dass Mitgliedsgewerkschaften "Unterstützung für die Streikenden bei BA mobilisieren" würden.

"Das bedeutet Solidarität, soweit es in ihrer Macht steht und mit den Gesetzen konform geht, die in ihren jeweiligen Ländern gelten. Das Kabinenpersonal wird dabei von allen unterstützt, von Fluglotsen bis zu Tankwarten, vom Boden- bis zum Flugpersonal. Und sie wollen wirklich tun, was sie können, um ihre Kollegen bei BA zu unterstützen."

Die Erwähnung der "Gesetze des Landes" ist der Trick bei der Sache. Das bedeutet einfach, dass British Airways ungestraft einen demokratisch beschlossenen Streik brechen darf, und die Gewerkschaften schauen zu.

BA konnte in einer Erklärung am Wochenende damit prahlen, dass die Streikbruchoperation "weltweit gut läuft". Es gebe "keinerlei Hinweise auf Streikaktionen gegen Flüge von British Airways auf Flughäfen im Ausland".

Anfang der Woche wurde in den britischen Medien berichtet, Beschäftigte von Air France wollten im Laufe der Woche in Solidarität mit der BA-Belegschaft in Streik treten. In Wirklichkeit sorgen die beteiligten Gewerkschaften, zu denen auch die stalinistisch geführte CGT gehört, dafür, dass jeder Ausstand strikt von den Aktionen in Großbritannien getrennt und peinlichst genau auf so genannt "französische" Fragen beschränkt bleibt. Zweifellos setzt die Gewerkschaftsbürokratie auf das Interesse, das Air France zum eigenen Vorteil an dem Konflikt bei BA hat, um ein Abkommen mit der Fluglinie zu treffen.

So sieht die Politik der Gewerkschaftsbürokratie weltweit aus. Sie versucht überall, den Widerstand der Arbeiterklasse zu unterdrücken und zu sabotieren. Die objektiv notwendige internationale Offensive der Arbeiterklasse gegen die Angriffe des globalen Kapitals kann nur zustande kommen, wenn die Arbeiter politisch und organisatorisch gegen die Gewerkschaften rebellieren.

Siehe auch: Streik bei der britischen Post: Socialist Party verteidigt Kapitulation der Gewerkschaft (27. November 2009) http://www.wsws.org/de/2009/nov2009/post-n27.shtml


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Quelle:
World Socialist Web Site, 27.03.2010
Streik bei British Airways: Wo bleibt die versprochene Solidarität?
http://wsws.org/de/2010/mar2010/ba-m27.shtml
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. März 2010