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GLEICHHEIT/3681: UN-Bericht warnt vor "Zusammenbruch" des Dollars


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

UN-Bericht warnt vor "Zusammenbruch" des Dollars

Von Andre Damon
3. Juni 2011


Über der Weltwirtschaft "schwebt die Gefahr eines Zusammenbruchs des Dollars". Weitere Gefahren sind die steigenden Warenpreise, eine weiterhin hohe Arbeitslosigkeit und drohende Staatsbankrotte. Das geht aus einem Bericht der Vereinten Nationen hervor, der vergangene Woche veröffentlicht wurde.

Der Bericht ist eine Aktualisierung der 200-seitigen Übersicht über die Lage der Weltwirtschaft vom Anfang des Jahres. Er bezeichnet den rasanten Fall des Dollars seit Beginn des Jahrtausends als Gefahr für die Stabilität und als eine "Vertrauenskrise" in die Weltwährung.

Das Risiko eines Dollar-Zusammenbruchs ist nur einer der ökonomischen Fallstricke, auf die der Bericht hinweist. Die in der Überschrift ausgedrückte positive Bewertung des Wirtschaftswachstums, das leicht über den Erwartungen liegt, wird von den Risiken überlagert, die der Bericht in allen Aspekten der Weltwirtschaft ausmacht, von steigenden Nahrungsmittelpreisen, sinkendem Lebensstandard, drohenden Staatsbankrotten bis hin zur Destabilisierung des Währungssystems.

Die Autoren warnen auch davor, dass besonders die hohe Jugendarbeitslosigkeit leicht zu politischen Unruhen wie in Ägypten und Tunesien führen könnte. Sie halten fest, dass Ende 2009 "schätzungsweise 81 Millionen junge Menschen arbeitslos waren und die Rate der Jugendarbeitslosigkeit bei dreizehn Prozent steht, d.h. um 0,9 Prozent höher liegt als 2008."

Weiter heißt es: "Von 2007 bis Ende 2009 gingen infolge der globalen Finanzkrise weltweit mindestens dreißig Millionen Arbeitsplätze verloren. Die Weltwirtschaft muss also noch mindestens 22 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen, um die Beschäftigung wieder auf das Vorkrisenniveau zu bringen. Angesichts des aktuellen Tempos der Erholung würde das noch mindestens fünf Jahre dauern."

Lebensmittel und Energiepreise stiegen deutlich schneller, als von der UN in ihrem vorherigen Bericht erwartet. Die Lebensmittelpreise schossen im vergangenen Jahr um 36 Prozent in die Höhe. Die Benzinpreise stiegen allein in den letzten sechs Monaten um sechzig Prozent.

Der Bericht erklärt, dass steigende Lebensmittel- und Energiepreise die Realeinkommen der Armen dieser Welt deutlich beschnitten haben. Wenn die Preise weiter in diesem Tempo stiegen, würden "64 Millionen Menschen unter die Armutsgrenze von 1,25 Dollar am Tag fallen".

Auch die Wirtschaftsaktivität würde durch ein Steigen der Lebensmittel- und Energiepreise im gegenwärtigen Tempo deutlich beeinträchtigt. Wenn die Preise weiter so schnell steigen, und die Regierungen ihre Maßnahmen zur Inflationsdämpfung fortsetzen, dann würde im Jahr 2011 dies das Wachstum um 0,7 Prozent und 2012 um ein Prozent vermindern.

Der UN-Bericht malt ein schwarzes Bild für die Wachstumsaussichten in den entwickelten Ländern. Er erklärt, die Erholung sei "weiterhin schwach" und werde sich wahrscheinlich "noch abschwächen". Es heißt dort: "Das Produktionswachstum ist in vielen entwickelten Ländern schwach", besonders in denen, die wie Spanien, Griechenland und Portugal unter dem Druck der Krise der Staatsverschuldung mit einer strikten Sparpolitik zu kämpfen haben.

Die Staatsausgaben erhöhten sich dem Bericht zufolge in der industrialisierten Welt 2010 um etwa ein Prozent oder halb so stark wie das Wirtschaftswachstum dieser Länder. Dieses Jahr wird die Sparpolitik noch strikter sein und sich nachteilig auf das globale Wirtschaftswachstum auswirken.

In den letzten zehn Jahren hat der Dollar 27 Prozent seines Wertes gegen andere Währungen eingebüßt, obwohl dieser Prozess durch die globale Finanzkrise unterbrochen wurde. Investoren flohen in der Krise in den Dollar, weil er noch als relativ sicher gilt. Seit Mitte 2009 hat der Dollar aber wieder 23 Prozent seines Wertes verloren und steht jetzt sogar niedriger als vor dem Finanzcrash. Tatsächlich steht der Dollar im Moment auf seinem tiefsten Stand seit den 1970er Jahren.

Im Anschluss an diese ernste Warnung fordert der Bericht "tiefgehende Reformen des globalen Währungssystems", welche "die Abhängigkeit vom Dollar als wichtigster Reservewährung" verringern sollten. Dafür "muss die Rolle der Sonderziehungsrechte (SZR) beim Internationalen Währungsfond als internationale Liquidität gestärkt werden. Der Währungskorb der Sonderziehungsrechte sollte erweitert werden, in erster Linie durch Währungen wichtiger aufstrebender Länder." Hiermit fordern die UN praktisch ein Abrücken vom US-Dollar. Das würde große internationale Konflikte über die Rolle des Dollars als globaler Reservewährung heraufbeschwören.

Der Bericht unterstreicht den räuberischen und destruktiven Charakter der Wechselkurspolitik der amerikanischen herrschenden Klasse, die im Interesse ihrer Finanzoligarchie begründet ist. Mit einer laxen Geldpolitik über zehn Jahre hin schaffte es die Regierung der Vereinigten Staaten nicht nur, eine katastrophale Finanzblase zu schaffen, welche die Welt in eine Rezession warf, sondern wertete den Dollar auch ständig gegen andere Währungen ab. Dieser Prozess hat sich seit der Krise beschleunigt, weil die Obama-Regierung die amerikanische Exportindustrie zu subventionieren versucht, für die der sinkende Dollar ein Schub für ihre Wettbewerbsfähigkeit ist.

Auf globaler Ebene gibt der Bericht eine eindeutige und enthüllende Charakterisierung der Banken-Bailouts und ihrer Rolle bei der aktuellen Krise der Staatsverschuldung. In dem Bericht heißt es: "Die umfangreichen staatlichen Rettungsprogramme der letzten beiden Jahre haben die Risiken des privaten Finanzsektors, besonders der Banken, auf den öffentlichen Sektor übertragen."

So werden die Risiken der Banken vergesellschaftet und die Profite privatisiert. Globale Sparprogramme und Haushaltskürzungen sorgen jetzt dafür, dass Sozialprogramme gekürzt werden und das Geld in die Tresore der Banken umgeleitet wird. Und wenn das nicht zur Zufriedenheit der Finanzelite geschieht, dann kann sie Strafmaßnahmen ergreifen. So hat die Ratingagentur Standard & Poors vor kurzem damit gedroht, die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten wegen ihrer Staatsverschuldung herabzustufen, und über Griechenland haben die europäischen Banken praktisch eine Diktatur verhängt.

Das alles stellt nicht nur explosive Wirtschafts- und Finanzkrisen auf die Tagesordnung, sondern konfrontiert die Arbeiterklasse unmittelbar mit den Banken und der Kürzungspolitik der Regierungen.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 03.06.2011
UN-Bericht warnt vor "Zusammenbruch" des Dollars
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2011