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GLEICHHEIT/5026: Hollandes Staatsbesuch in Washington - Frankreich unterstützt weltweiten neokolonialen Krieg


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Hollandes Staatsbesuch in Washington: Frankreich unterstützt weltweiten neokolonialen Krieg

Von Alex Lantier
18. Februar 2014



Am letzten Mittwoch beendete der französische Präsident Francois Hollande einen dreitägigen Staatsbesuch in Washington DC. Der Besuch wurde als endgültiger Schlusspunkt der diplomatischen Konflikte dargestellt, die vor mehr als zehn Jahren zwischen den USA und Frankreich ausgebrochen waren, als der rechte Präsident Jaques Chirac im Jahr 2003 den Irakkrieg der Bush-Regierung abgelehnt hatte.

Obama und Hollande sprachen in einem gemeinsamen Leitartikel in der Washington Post und Le Monde am letzten Montag von einem neuen französisch-amerikanischen Bündnis.

Sie schrieben: "Vor zehn Jahren hätten sich nur wenige vorstellen können, dass unsere beiden Länder in so vielen Dingen so eng zusammenarbeiten. Aber in den letzten Jahren hat sich unser Bündnis verändert. Seit Frankreich vor vier Jahren wieder in das Militärkommando der Nato eingetreten ist und sich verpflichtet fühlt, die Partnerschaft der Nato und der Europäischen Union zu stärken, haben wir unsere Kooperation insgesamt verstärkt. Wir sind souveräne und unabhängige Nationen und wir treffen unsere Entscheidungen auf der Grundlage unserer jeweiligen nationalen Interessen. Dennoch waren wir in der Lage, unser Bündnis auf ein neues Niveau zu bringen, da unsere Interessen und Werte so eng zusammenliegen.

Mit dieser Erklärung macht sich Hollandes Sozialistische Partei (PS) zum Juniorpartner der USA in deren Streben nach Weltherrschaft, das sie unter Bush begonnen und seit Obamas Amtsantritt im Januar 2009 fortgesetzt haben. Paris stellt sich sowohl gegen die öffentliche Meinung als auch die Traditionen seiner eigenen imperialistischen Diplomatie der Nachkriegszeit und distanziert sich von jeglichem Anschein, eine von Washington unabhängige Außenpolitik zu verfolgen.

Die Nationale Sicherheitsstrategie der US-Regierung von 2002, die einen Angriffskrieg gegen den Irak rechtfertigen sollte, forderte eine Politik "auf der Grundlage eines ausdrücklich amerikanischen Internationalismus, in dem sich die Einheit unserer Werte und unserer nationalen Interessen ausdrückt."

Heute sprechen Obama und Hollande von "gemeinsamen Interessen und Werten, "nicht um ein Land zu erobern, sondern zugunsten der neokolonialen Neuaufteilung der ganzen Welt durch den Imperialismus. Washington unterstützt Paris bei seinen Kriegen in Mali und der Zentralafrikanischen Republik, Paris verspricht dafür, seine Unterstützung für Obamas "Schwerpunktverlagerung auf Asien" zu verstärken, die sich gegen China richtet. Beide unterstützen die von Deutschland angeführte Kampagne, Russland zu isolieren und zu teilen, in deren Rahmen auch die rechtsextremen Straßenproteste unterstützt erden, die einen Regimewechsel in der Ukraine herbeiführen sollen.

Frankreich war im letzten September als einzige europäische Macht hervorgetreten, die sich für einen Krieg gegen Syrien unter Führung der USA einsetzte, aus dem möglicherweise ein Krieg mit Syriens Verbündeten, dem Iran und Russland, hätte entstehen können. Hollande setzte sich auch noch für einen Krieg ein, nachdem das britische Parlament dagegen gestimmt hatte, und obwohl die öffentliche Meinung in Frankreich überwiegend gegen einen Krieg war. Daher wurde Hollande mit dem ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair verglichen, der wegen seiner sklavischen Unterstützung für den Irakkrieg als Bushs Schoßhund verspottet wurde.

Auf der gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag lobte Obama Hollande mit den Worten: "Von Mali und der Zentralafrikanischen Republik bis hin zu Syrien und dem Iran haben Sie Mut und Entschlossenheit gezeigt. Und ich möchte Ihnen für Ihre Führung danken, und dafür, dass Sie den Vereinigten Staaten ein so starker Partner sind." Er kündigte auch an, die Hilfslieferungen an die mit Al Qaida verbündete islamistische Opposition in Syrien zu erhöhen.

Obama lobte Hollande auch für die Ankündigung einer Steuererleichterung für Konzerne in Höhe von 50 Milliarden Euro, die tiefe Kürzungen der Sozialausgaben umfasst, sowie neuer Freihandelsgespräche. Er erklärte, sie hätten sich geeinigt, weiterhin eine ehrgeizige und umfassende Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft weiter zu verfolgen." Er fügte hinzu: "Ich möchte Präsident Hollande für seinen Einsatz bei diesen Verhandlungen danken."

Hollande solidarisierte sich mit der Agenda von Krieg und Austerität, die Obama darlegte, und erklärte, Obamas Wahl sei ein Beweis, dass sich Amerika wieder nach vorne bewege. Er fügte hinzu: "Amerika war in der Lage, etwas möglich zu machen, Fortschritt möglich zu machen."

Hollandes Behauptung, seine gemeinsame Agena der Austerität und des Kriegs sei ein "Fortschritt," ist eine absurde Lüge. Paris reagiert auf die Krise ihrer Stellung in der Welt - den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit an Deutschland, seinen sinkenden wirtschaftlichen Einfluss in den ehemaligen afrikanischen Kolonien und die zusammenbrechende Wirtschaft, ergänzt durch schwere Sozialkürzungen - indem es die Uhr zurückdreht und eine Politik weltweiter Plünderungszüge beginnt. Die Krise der imperialistischen Weltordnung hat das Klassengleichgewicht, das in Frankreich seit dem Zweiten Weltkrieg geherrscht hat, unwiderruflich beschädigt.

Der Kommentar von Hollande und Obama zeigt die Bedeutung der Entscheidung von Hollandes Amtsvorgänger, dem rechten Präsidenten Nicolas Sarkozy von 2009, Frankreich nach 43 Abwesenheit wieder in die militärischen Strukturen der Nato zu integrieren. Die Entscheidung, die französische und amerikanische Außenpolitik zu integrieren, die von Hollande aufrechterhalten und von seinen Verbündeten, der stalinistischen Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF) und der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) stillschweigend unterstützt wird - hat weitreichende politische Folgen.

Die traditionelle Distanz zwischen der amerikanischen und französischen Außenpolitik, wie es General Charles de Gaulle formulierte, ergab sich aus der revolutionären Krise im Frankreich der Nachkriegszeit. De Gaulle und die KPF versuchten antikapitalistische Stimmungen in der Arbeiterklasse zu unterdrücken, die nach dem Zusammenbruch des französischen Kollaborationsregimes ausgebrochen waren. De Gaulle stützte einen Großteil der rechten Kräfte in der Resistance und die verbliebenen Kolonialarmeen. Er brauchte die Unterstützung der KPF, um ein neues kapitalistisches Regime aufzubauen und die französischen Kolonien unter Kontrolle zu halten.

Diese Strategie und de Gaulle persönlich trafen in Washington jedoch auf den Widerstand mächtiger Kräfte. Der US-Imperialismus war gegen die KPF und hatte seine eigenen Pläne für die französischen Kolonien. De Gaulle fürchtete, dass die Wut in der Bevölkerung nicht mehr unter Kontrolle zu halten wäre, wenn Washington ihn entmachten und einen Funktionär des Vichy-Regimes zum Staatsoberhaupt machen sollte.

Die außenpolitische Entsprechung dieser Balance zwischen rechten Elementen und der KPF war eine unabhängige Außenpolitik innerhalb der Nato, die auch begrenzte Annäherungen an Moskau und Versuche umfasste, eine Eskalation der Konflikte zwischen Washington und Moskau zu vermeiden. 1945 forderte de Gaulle eine "französische Politik der Balance zwischen den beiden Großmächten, eine Politik, die ich als absolut notwendig für die Interessen unseres Landes und sogar für die des Friedens erachte."

De Gaulle war ein rücksichtsloser Imperialist, dessen Ansichten teilweise den weltweiten erneuten Ausbruch des Imperialismus in der heutigen Zeit vorwegnahmen. Er schrieb in seinen Memoiren über die Niederlage seiner Regierung im Algerienkrieg und seine Entscheidung, im Jahr 1962 ein Referendum abzuhalten, das zur Unabhängigkeit Algeriens führen würde: "Alles verpflichtet uns, wieder in Kairo, Damaskus, Amman, Bagdad und Khartum in Erscheinung zu treten, genauso wie wir in Beirut geblieben sind."

Die Zugeständnisse, die er an die Arbeiterklasse machte, und die Konflikte zwischen französischen und amerikanischen Interessen zwangen ihn jedoch dazu, eine von Washington unabhängige Politik zu verfolgen, vor allem angesichts der eskalierenden amerikanisch-französischen Spannungen in den 1960er Jahren. Führende französische Staatsvertreter und Veröffentlichungen warfen der CIA vor, hinter dem gescheiterten Putsch des ehemaligen Nato-Funktionärs General Maurice Challe gegen de Gaulle von 1961 zu stecken, dessen Ziel es war, Algeriens Unabhängigkeit zu verhindern und zu verhindern, dass es in den sowjetischen Einflussbereich fällt.

Das, und der Widerstand der USA gegen das französische Atomprogramm, brachten de Gaulle dazu, Frankreich im Jahr 1966 aus der integrierten Nato-Kommandostruktur zurückzuziehen und amerikanische Geheimdienstoperationen in Frankreich zu begrenzen.

Diese Politik scheiterte jedoch mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der eskalierenenden Krise des europäischen Kapitalismus. Die sozialen Zugeständnisse an die Arbeiterklasse, die die Grundlage der Kollaboration der KPF mit de Gaulle bildeten, und die militärischen Beschränkungen, die dem europäischen Imperialismus durch die Existenz der Sowjetunion auferlegt waren, sind verschwunden. Zwischen der Arbeiterklasse und der herrschenden Klasse, die entschlossen ist, ihren Reichtum durch Sozialabbau im eigenen Land und Kriege und Plünderungen im Ausland zu bewahren, entsteht ein neuer revolutionärer Konflikt.

Der massive Rechtsruck der bürgerlichen "Linken" Parteien in die Arme einer rücksichtslosen und aggressiven Kriegspolitik ist ein unmissverständliches Anzeichen, dass sich zwischen der Arbeiterklasse und allen Vertretern der Kapitalistenklasse eine Kluft auftut.

Die KPF und die NPA haben ihre Unterstützung für die syrische Opposition, die sie zynisch mit "Menschenrechten" rechtfertigten, benutzt, um sich hinter die rücksichtslose Politik der Sozialistischen Partei zu stellen, einen Krieg mit Syrien, dem Iran und sogar Russland und China zu riskieren. Sie haben die Enthüllung von massiven Überwachungsaktionen der amerikanischen und französischen Geheimdienste ignoriert, die der NSA-Whistleblower Edward Snowden enthüllt hat. Sie sind an allen Verbrechen beteiligt, die von Washington, Paris und den USA und ihren anderen imperialistischen Verbündeten vorbereitet werden.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 18.02.2014
Hollandes Staatsbesuch in Washington:
Frankreich unterstützt weltweiten neokolonialen Krieg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Februar 2014