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GLEICHHEIT/5567: London - 250.000 Menschen demonstrieren gegen Kürzungspolitik


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

London: 250.000 Menschen demonstrieren gegen Kürzungspolitik

Von unseren Korrespondenten
24. Juni 2015


An einer Demonstration gegen den Sparkurs der britischen Regierung am Samstag in London nahmen laut den Veranstaltern der Gruppe "The People's Assembly" eine Viertelmillion Menschen teil. Die Medien schätzten die Zahl der Teilnehmer auf 70.000 bis 150.000. Auch in Glasgow, Liverpool, Bristol und anderen Städten fanden Demonstrationen statt.

Die Demonstrationen zeigen die weit verbreitete Wut in der britischen Arbeiterklasse und der Jugend über die jahrzehntelange Kürzungspolitik unter Tory- und Labour-Regierungen. Die konservative Regierung von David Cameron hatte nach der Wahl im letzten Monat weitere brutale Sparmaßnahmen angekündigt.

Während die Demonstranten durch die Straßen zogen, gingen Berichte durch die Medien, laut denen die Kinderarmut in Großbritannien deutlich angestiegen ist und zwar von 2013 bis 2014 von 2,3 auf 2,6 Prozent. Die geplanten Sparmaßnahmen werden alle Lebensbereiche betreffen. Wie die BBC berichtet, könnten die Ausgabenkürzungen beispielsweise zur Privatisierung öffentlicher Parks in London führen, so dass die einfache Bevölkerung keinen Zugang mehr zu ihnen hätte.

Die Demonstration am Samstag begann vor der Bank of England in der City of London und zog von dort aus zum Parliament Square, wo Politiker, Gewerkschaftsführer und Prominente zur Menge sprachen. Ein breiter Querschnitt der Gesellschaft nahm an der Demonstration teil, u.a. Arbeiter, Selbständige, Jugendliche, Rentner und Einwanderer. Die Teilnehmer hielten Plakate hoch, auf denen stand: "Keine Kürzungen" und "Schluss mit der Austerität".

Die "People's Assembly" ist ein Bündnis aus Stalinisten der Kommunistischen Partei und der Zeitung Morning Star, Labour-"Linken", Grünen und Gruppen wie Counterfire. Sie können denjenigen, die Widerstand gegen den Sparkurs leisten wollen, keine Perspektive anbieten.

Mehrere Redner wiesen darauf hin, dass die Konservativen bei der Wahl am 7. Mai nur vierundzwanzig Prozent der Stimmen erhalten haben und damit kein Mandat für ihren Sparkurs haben. Allerdings versuchten sie, um Unterstützung für die Gewerkschaften und die Labour Party zu werben, die sich an dem Angriff auf die Arbeiterklasse beteiligt haben. Einige der härtesten Kürzungen wurden während der Regierungszeit von Labour-Premierminister Tony Blair durchgeführt.

Im Wahlkampf hatten die englischen Grünen, die walisische Plaid Cymru (Party of Wales) und die Scottish National Party der Labour Party angeboten, gemeinsam ein "progressives Bündnis" gegen die Konservativen zu bilden. Labour-Parteichef Ed Miliband hatte dieses Angebot jedoch abgelehnt, um das Großkapital davon zu überzeugen, dass Labour bereit ist, den Sparkurs fortzusetzen.

Angesichts der Niederlage von Labour und des Kampfs um den Parteivorsitz, bei dem es vor allem um "wirtschaftliche Kompetenz" und wirtschaftsfreundliche Politik geht, versuchte die Grünen-Abgeordnete Caroline Lucas, die "People's Assembly" als eine externe Lobby für das progressive Bündnis zu nutzen. Sie appellierte an alle Labour-Abgeordneten, die bereit seien "das Licht am Ende des Tunnels" zu sehen.

"Diejenigen von uns [im Parlament], die für eine fortschrittliche Politik eintreten, müssen enger zusammen arbeiten. Nur wenn sich andere fortschrittliche Politiker gegen ihre Führungen stellen, gegen die drohenden Kürzungen stimmen, zusammen arbeiten, um unsere Stimmen in dieses Gebäude [Parlament] zu tragen [...], nur dann werden wir vielleicht gewinnen."

Das ist ein Aufruf zu einem Bündnis mit dem "linken" Flügel der Labour Party, der immer kleiner wird. Seine Aufgabe ist es, der rechten, wirtschaftsfreundlichen Partei politische Deckung zu geben und so Millionen von Arbeitern, die über Labours Verrätereien empört sind, wieder für die Partei zurückzugewinnen und die sozialen Proteste in die Sackgasse parlamentarischer Politik zu lenken.

Die "People's Assembly" versucht außerdem, die Gewerkschaften zu decken, die zusammen mit der Labour Party und den Tories den Sparkurs durchgesetzt und den Widerstand dagegen abgewürgt haben. Das wurde durch die Rede der stellvertretenden Grünen-Vorsitzenden und nationalen Gewerkschaftsvorsitzenden, Roymane Phoenix, deutlich. Sie bezeichnete "unsere Gewerkschaften" als "die schwächste Gewerkschaftsbewegung aller Industrienationen. Thatcher hat sie ihrer Macht beraubt, Blair hat sie ihnen nicht zurückgegeben und vor der Wahl wurde nicht erfolgreich dafür gekämpft."

Dann fragte Phoenix: "Wenn wir nicht zum Streik aufrufen können, um das Juwel in unserer Krone, den National Health Service, zu verteidigen, was kann diese Organisation [der Trade Union Congress] dann für uns tun?" Als Antwort auf ihre eigene Frage bot Phoenix die Dienste der "People's Assembly" an, um die fehlende Kampfbereitschaft der Gewerkschaften zu vertuschen. "Wir müssen mit ihnen arbeiten, aber wir müssen möglicherweise zur Seite treten und in unseren Gemeinden arbeiten und organisieren," erklärte sie.

Jeremy Corbyn, der Kandidat der "Linken" im Kampf um den Vorsitz der Labour Party, erklärte in einer einschläfernden Rede, dass vor allem "eine soziale Bewegung" notwendig sei, um den Staat und die Gemeinschaft dazu zu zwingen "Verantwortung zu übernehmen".

Im schottischen Glasgow versammelte sich eine viel kleinere Menschenmenge auf dem George Square. Die Folgen der Sparmaßnahmen für die Arbeiterklasse wurden mit Stimmungsmache für Schottlands Unabhängigkeit verbunden. Die Tatsache, dass die SNP im Parlament in Holyrood selbst Sparmaßnahmen durchgesetzt hat, wurde nicht erwähnt.

Jeane Freeman ein Mitglied der Gruppierung Women for Independence und eine Kolumnistin der Zeitung The National, war früher als Beraterin für den ehemaligen Minister Lord McConnell von der Scottish Labour Party tätig. Sie erklärte: "Wir stehen heute auf den Schultern derjenigen, die alles erkämpft haben, was wir heute haben, und was uns Westminster wegnehmen will". In ihrer gesamten Rede war einzig und allein Westminster in London der Übeltäter.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 24.06.2015
London: 250.000 Menschen demonstrieren gegen Kürzungspolitik
http://www.wsws.org/de/articles/2015/06/24/demo-j24.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2015

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