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GLEICHHEIT/6238: Trump und Netanjahu lehnen "Zweistaatenlösung" ab und drohen dem Iran


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Trump und Netanjahu lehnen "Zweistaatenlösung" ab und drohen dem Iran

Von Bill Van Auken
17. Februar 2017


Am Mittwoch distanzierte sich US-Präsident Donald Trump während einer Pressekonferenz im Weißen Haus gemeinsam mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu von einer "Zweistaatenlösung" im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Bisher hatten sich die amerikanischen Präsidenten zumindest vorgeblich für dieses Ziel eingesetzt.

Im Wesentlichen übernahm Trump Netanjahus Äußerungen und forderte einen "viel größeren Deal, einen viel wichtigeren Deal", der "viele, viele Länder einbinden" und "ein sehr großes Territorium abdecken" werde. Obwohl Trumps Bemerkungen ausgesprochen vage waren, deuten sie im Kontext der sich immer deutlicher abzeichnenden Außenpolitik der Trump-Regierung darauf hin, dass die USA und Israel eine engere Zusammenarbeit bei den militaristischen Aggressionen gegen den Iran planen. Diese Pläne umfassen offenbar auch die Einbindung sunnitischer Regime aus der Region, darunter Saudi-Arabien und die anderen Golfmonarchien.

Trump hatte im Verlauf der Wahlkampagne 2016 angekündigt, er würde der "pro-israelischste Präsident der Geschichte" werden. Weiter hatte er erklärt, er werde die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen. Später nominierte er seinen persönlichen Insolvenzanwalt David Friedman für den Posten des amerikanischen Botschafters in Israel. Friedman ist ein wichtiger Unterstützer der zionistischen Siedlungen im besetzten Westjordanland.

Die Pressekonferenz fand am Mittwoch vor Trumps Treffen mit Netanjahu statt, sodass keine Fragen über den Inhalt ihrer Gespräche aufkommen konnten. Trump deutete einen deutlichen Bruch mit Washingtons öffentlicher Politik an: Washington hatte jahrzehntelang erklärt, dass der Konflikt im Nahen Osten nur durch einen palästinensischen Kleinstaat gelöst werden könne. Dieser Staat müsse zumindest einen Teil des Gebiets umfassen, das Israel seit dem Sechstagekrieg von 1967 besetzt hält.

Diese angebliche "Lösung" sollte durch sogenannte Friedensverhandlungen erzielt werden, die stets gescheitert sind. Durch diese endlose Scharade sollten die USA als eine Art unparteiischer Vermittler dargestellt werden, obwohl sie Israel bis an die Zähne bewaffneten und die Wirtschaft des Landes subventionieren. Durch die ständige Ausbreitung von Siedlungen und Sperrzonen wurde das Gebiet, auf dem potenziell ein palästinensischer Staat entstehen könnte, ständig verkleinert und immer weiter aufgespalten, sodass ein derartiger Staat politisch und wirtschaftlich praktisch nicht überlebensfähig wäre.

In Bezug auf eine Ein- bzw. Zweistaatenlösung erklärte Trump auf der Pressekonferenz: "Ich wäre mit beidem glücklich". Diese Aussage ist ein Signal an die israelische Regierung, dass sie mit der Besetzung und Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung nach Belieben fortfahren kann, ohne dass Washington auch nur zum Schein Druck ausüben wird.

Trump erklärte am Mittwoch, er würde es "sehr begrüßen", wenn die amerikanische Botschaft nach Jerusalem umziehen würde. Allerdings ließ er nicht durchblicken, dass eine solche Entscheidung, die in der arabischen Welt heftige Feindschaft hervorrufen würde, unmittelbar bevorsteht.

In Bezug auf israelische Siedlungen im Westjordanland und Ost-Jerusalem erklärte Trump gegenüber dem israelischen Ministerpräsidenten: "Sie sollten sich mit den Siedlungen ein wenig zurückhalten." Diese Aussage lässt sich vielleicht am besten als der sprichwörtliche Wink mit dem Zaunpfahl beschreiben. Gleichzeitig erklärte er: "Wir werden eine Lösung finden." Unter dem Gelächter der Anwesenden im Weißen Haus fügte Trump mit einem Blick in Richtung Netanjahu hinzu: "Beide Seiten werden Kompromisse machen müssen. Das wissen Sie natürlich, nicht wahr?"

Zuvor hatte sich die Regierung formell gegen den Bau neuer Siedlungen und die geografische Ausdehnung bestehender Siedlungen ausgesprochen. Der Bau von neuen Siedlerwohnungen in bestehenden Siedlungen ist davon jedoch ausgenommen.

Netanjahu hatte seinerseits in den Wochen nach Trumps Amtseinführung den Bau von mehr als 3.000 neuen Wohnhäusern im Westjordanland und Ost-Jerusalem genehmigt und damit deutlich gemacht, dass er die Signale aus Washington verstanden hat. Er wies die Frage nach den Siedlungen mit der Begründung zurück, sie seien "nicht der Kern des Konflikts." Er sei zuversichtlich, dass er mit Trump zu einer Einigung kommen könne, "damit wir bei dem Thema nicht ständig gegeneinander laufen."

Trump sprach sich auch gegen das angeblich "einseitige Vorgehen der Vereinten Nationen" gegen Israel aus und erklärte, die UN hätten Israel "sehr, sehr unfair behandelt." Letzten Dezember hatte er der Obama-Regierung vorgeworfen, sie habe ihr Vetorecht im UN-Sicherheitsrat nicht benutzt, um eine zahnlose Resolution abzublocken, in der Israel für die Ausweitung seiner Siedlungen in den besetzten Gebieten kritisiert wurde.

Sowohl Trump als auch Netanjahu verbreiteten die Vorstellung, dass Israel von der Obama-Regierung vernachlässigt und schlecht behandelt worden sei. In Wirklichkeit hat die Obama-Regierung mit Tel Aviv das größte Waffengeschäft der Geschichte ausgehandelt. In einem entsprechenden Abkommen wurde vereinbart, dass Israel über zehn Jahre Waffen im Wert von 38 Milliarden Dollar erhalten wird. Auch davor haben die USA Israel massiv unterstützt: das Land erhält fast ein Drittel aller US-Hilfsgelder, obwohl dort nur 0,001 Prozent der Weltbevölkerung leben.

Die politische Rechte in Israel reagierte begeistert auf die Pressekonferenz. Der rechtsextreme Bildungsminister Naftali Bennett begrüßte Trumps Abkehr von der Zweistaatenlösung. Auf Twitter schrieb er: "Eine neue Ära. Neue Ideen. Kein dritter palästinensischer Staat neben Jordanien und Gaza nötig. Großer Tag für Israelis und vernünftige Araber. Glückwunsch." Auf Hebräisch fügte er hinzu: "Nach vierundzwanzig Jahren ist die palästinensische Flagge eingeholt und dafür die israelische gehisst worden." Damit meinte er den Oslo-Friedensprozess, der 1993 begonnen hatte und dessen Ziel die Schaffung eines unabhängigen palästinensischen Staates war.

Trump und Netanjahu sprachen aggressive Warnungen gegen den Iran aus. Sie deuteten an, dass Washington und sein wichtigster Stellvertreter im Nahen Osten ihre Provokationen und Aggressionen verdoppeln wollen. Solche Aktionen brachten die Region schon mehrfach an den Rand eines Kriegs, dessen Folgen kaum zu bemessen wären.

Netanjahu sprach von einer "regionalen Herangehensweise, gemeinsam mit unseren neuen arabischen Partnern." Trump erklärte daraufhin: "Also, ich wusste nicht, dass Sie das erwähnen würden, aber jetzt wo Sie es getan haben: Ich halte das für etwas Großartiges. Ich glaube, wir werden ziemlich gut mit Leuten zusammenarbeiten können, die in der Vergangenheit noch nicht einmal an eine Zusammenarbeit gedacht hätten."

Am Wochenende hatte ein hochrangiger Vertreter der ägyptischen Regierung dem Präsidenten der Palästinenserbehörde Mahmud Abbas laut dessen Aussage den Vorschlag unterbreitet, die palästinensischen Flüchtlinge auf die Sinai-Halbinsel zu holen und den Gazastreifen zu annektieren, sodass Israel weiterhin das Westjordanland kontrollieren würde. Der Vorschlag wurde offenbar in Zusammenarbeit mit Israel formuliert.

CIA-Direktor Mike Pompeo traf sich mit Abbas am Dienstag zu Gesprächen hinter verschlossenen Türen in Ramallah. Die CIA war maßgeblich an der Gründung der Palästinenserbehörde beteiligt und benutzt sie als Werkzeug, um den Widerstand der palästinensischen Bevölkerung einzudämmen und zu unterdrücken.

Die Führung der Palästinenserbehörde reagierte, indem sie Washington dazu drängte, die Farce der Zweistaatenlösung fortzusetzen. Ein Abrücken von der Zweistaatenlösung würde "Amerikas Interessen" schaden. Zudem würde ein solcher Strategiewechsel den Anführern der Palästinenserbehörde, die derweil durch die Zuwendungen der CIA und durch Hilfsgelder aus dem Ausland zu Millionären geworden sind, auch noch den letzten Rest Legitimität nehmen.

Allgemeiner gesagt, scheint die Strategie der USA und Israels darauf abzuzielen, sich die Unterstützung reaktionärer sunnitischer Regime im Nahen Osten für eine militärische Herausforderung des Iran zu sichern. Die Palästinenser würden bei der neuen, blutigen Aufteilung des Nahen Ostens durch die imperialistischen Mächte als Druckmittel missbraucht werden.

Trump forderte von zwei obskuren rechten Nachrichtenkanälen, dem Christian Broadcasting Network und der Website Townhall, keine kritischen Fragen zu stellen. Allerdings bat ihn ein israelischer Reporter um eine Stellungnahme zum schnellen Anwachsen antisemitischer Vorfällen in den USA seit seinem Wahlsieg und zu der Einschätzung, "dass Ihre Regierung mit Fremdenfeindlichkeit und vielleicht sogar mit rassistischen Anklängen spielt."

Trump gab darauf eine weitschweifende Antwort. Er sprach davon, wie viele Stimmen er in der Wahl 2016 gewonnen habe und fügte hinzu, dass "da draußen [in den USA] großer Enthusiasmus" herrsche. Weder erwähnte er antisemitische Angriffe, noch distanzierte er sich von ihnen. Stattdessen erklärte er nur: "Was jüdische Menschen angeht, ich habe so viele Freunde; eine Tochter, die zufällig gerade hier ist; einen Schwiegersohn und drei wunderbare Enkel." Gemeint waren seine Tochter Ivanka und deren Mann Jared Kushner.

Netanjahu warf ein: "Es gibt für das jüdische Volk und den jüdischen Staat keinen größeren Unterstützer als Präsident Donald Trump. Ich glaube, wir sollten das Thema beenden."

Dass Trump mit Stephen Bannon einen Mann zum "Chefstrategen" ernannt hat, der vor kurzem noch Chef der rassistischen und antisemitischen Webseite Breitbart News war, stört den israelischen Staatschef nicht. Ihm geht es lediglich darum, dass Washington die räuberischen Interessen des israelischen Staates und seiner herrschenden Elite bedingungslos unterstützt.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 17.02.2017
Trump und Netanjahu lehnen "Zweistaatenlösung" ab und drohen dem Iran
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Februar 2017

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