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GLEICHHEIT/6974: Hunderte Journalisten aus der ganzen Welt unterzeichnen offenen Brief für Assanges Freilassung


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Hunderte Journalisten aus der ganzen Welt unterzeichnen offenen Brief für Assanges Freilassung

Von Oscar Grenfell
10. Dezember 2019


Hunderte von Journalisten und Medienbeschäftigte aus der ganzen Welt haben einen leidenschaftlichen offenen Brief unterzeichnet, in dem die bedingungslose Freilassung von WikiLeaks-Gründer Julian Assange gefordert wird sowie das sofortige "Ende der juristischen Kampagne gegen ihn wegen des Verbrechens, Kriegsverbrechen aufgedeckt zu haben".

Zu den bisher 509 Unterzeichnern gehören der WikiLeaks-Chefredakteur Kristinn Hrafnsson, der weltweit renommierte investigative Journalist John Pilger und der Whistleblower Daniel Ellsberg, der mit den Pentagon Papers die Kriminalität des Vietnamkriegs in ihrem ganzen Umfang enthüllt hat.

Der Chefredakteur der internationalen Redaktion der World Socialist Web Site, David North, und andere führende Reporter der WSWS haben den Brief im Namen der WSWS unterzeichnet.

Der eindringliche Appell verdeutlicht den verbrecherischen und gesetzlosen Charakter von Assanges Inhaftierung im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Er macht deutlich, dass der Versuch der US-Regierung von Präsident Donald Trump, ihn in 17 Fällen wegen Spionage anzuklagen und lebenslang einzusperren, von integren Journalisten als Frontalangriff auf die Pressefreiheit und als schwere Bedrohung ihrer eigenen Rechte angesehen wird.

Vor den Journalisten hatten letzten Monat bereits mehr als 65 angesehene Ärzte einen Brief an die britische Innenministerin verfasst, indem sie die Verweigerung angemessener medizinischer Behandlung für Assange verurteilten und warnten, er könne im Gefängnis sterben. Parallel dazu gab es eine Erklärung internationaler Anwälte, die die Rechtswidrigkeit der Verfolgung von Assange durch die USA dokumentiert haben und seine sofortige Freilassung fordern.

Diese Initiativen zeigen, dass außerhalb der exklusiven Kreise aus Regierungen, Geheimdiensten und Medienkonzernen, die seit neun Jahren die Kampagne gegen Assange anführen, die internationale öffentliche Meinung auf der Seite des WikiLeaks-Gründers und gegen seine Verfolger steht.

In dem Brief der Journalisten heißt es: "Im Mittelpunkt des Falls steht das Prinzip der freien Meinungsäußerung. Wenn die US-Regierung Assange anklagen kann, weil er geheime Dokumente veröffentlicht hat, könnten andere Regierungen das als Präzedenzfall benutzen, um Journalisten überall zu verfolgen. Es wäre ein alarmierender Präzedenzfall für die weltweite Pressefreiheit."

Der Brief erklärt ganz offen: "In einer Demokratie können Journalisten Kriegsverbrechen und Fälle von Folter und Missbrauch enthüllen, ohne dafür ins Gefängnis zu kommen. Genau das ist die Aufgabe der Presse in einer Demokratie."

Er geht auf die wiederholten Befunde der UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen ein, laut denen Assange durch die britischen Behörden unrechtmäßig verhaftet wurde, als sie die ecuadorianische Botschaft belagerten, in der er 2012 erfolgreich politisches Asyl gesucht hatte.

Der Brief umreißt die Schlussfolgerungen des UN-Sonderberichterstatters für Folter, Nils Melzer. Dieser hat erklärt, Assanges juristische und demokratische Rechte würden missachtet, und er sei Opfer einer beispiellosen "öffentlichen Mobbing-Kampagne", die einer "psychologischen Folter" gleichkommt.

Die Journalisten schreiben: "Wir machen die Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritanniens, Ecuadors und Schwedens für die Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, deren Opfer Assange wurde."

Sie zitieren einen eindringlichen Kommentar von Melzer, der Anfang des Jahres geschrieben hat: "Es ist mir endlich klar geworden, dass ich von Propaganda geblendet wurde und dass Assange systematisch verleumdet wurde, um die Aufmerksamkeit von den Verbrechen abzulenken, die er enthüllt hat." Der UN-Vertreter wies auf die Rolle der Mainstream-Medien bei der Dämonisierung von Assange und der Verbreitung von Verleumdungen gegen ihn hin, die von den Geheimdiensten in die Welt gesetzt wurden.

Bezeichnenderweise erklären die Medienschaffenden: "Assange hat einen außergewöhnlichen Beitrag zum Journalismus im Interesse der Öffentlichkeit, zur Transparenz und zur Rechenschaftspflicht der Regierungen auf der ganzen Welt geleistet." Sie gehen auf einige der zahlreichen Auszeichnungen ein, die er für WikiLeaks' Reportertätigkeiten erhalten hat. Dies widerlegt auf eindrucksvolle Weise die Behauptung der Konzernschreiberlinge, die sich auf die Seite der Trump-Regierung gestellt und behauptet haben, Assange sei "kein Journalist".

Der Brief tritt auch für Whistleblower ein, die verfolgt werden, weil sie Verbrechen der Regierungen enthüllt haben: "Assanges Berichterstattung über Missbrauch und Verbrechen ist ebenso von historischer Bedeutung wie die Beiträge der Whistleblower Edward Snowden, Chelsea Manning und Reality Winner, die heute im Exil leben oder im Gefängnis sitzen."

Die Journalisten erinnern an den Kampf des französischen Schriftstellers Emila Zola für den jüdischen Offizier Alfred Dreyfus, der Ende des 19. Jahrhunderts wegen fingierter Spionagevorwürfe verurteilt wurde. 1898 schrieb Zola seinen berühmten offenen Brief "J'Accuse!", in dem er die Verantwortlichen für die Verfolgung von Dreyfus nannte.

Im Brief der Journalisten heißt es dazu: "Zolas Haltung ging in die Geschichte ein und steht noch heute für unsere Pflicht, gegen Fehlurteile der Justiz zu kämpfen und die Mächtigen zur Verantwortung zu ziehen. Diese Pflicht ist heute so dringend wie je, da Julian Assange von Regierungen schikaniert und in 17 Fällen unter dem Espionage Act angeklagt wird - einem ebenfalls mehr als 100 Jahre alten Gesetz."

Der Vergleich ist völlig gerechtfertigt. Genau wie im Fall von Dreyfus wird auch die Verfolgung von Assange von den reaktionärsten Kräften der Gesellschaft angeführt und als Präzedenzfall benutzt, um die Grundrechte der gesamten Bevölkerung abzuschaffen. Und genau wie bei der Verteidigung von Dreyfus ist nichts weniger als die Mobilisierung der Arbeiterklasse und der prinzipientreuen Anhänger von Bürgerrechten, darunter auch von Journalisten, notwendig, um Assanges bedingungslose Freilassung zu gewährleisten und die Angriffe auf demokratische Rechte abzuwehren.

Der Schluss des Briefs verdient es, vollständig zitiert zu werden: "Als Journalisten und Journalistenorganisationen, die an Menschenrechte, Informationsfreiheit und das Recht der Öffentlichkeit auf Wahrheit glauben, fordern wir die sofortige Freilassung von Julian Assange.

Wir rufen unsere Regierungen, alle nationalen und internationalen Behörden und Journalistenkollegen dazu auf, sich für ein Ende der juristischen Kampagne gegen Assange wegen des Verbrechens, Kriegsverbrechen enthüllt zu haben, einzusetzen.

Wir rufen unsere Journalistenkollegen auf, die Öffentlichkeit korrekt über diese Missachtung grundlegender Rechte zu informieren."

Dass der Brief von Journalisten aus so unterschiedlichen Ländern wie Südafrika, Kenia, Namibia, Uganda, Israel, dem Libanon, Chile, Sri Lanka, der Ukraine, Russland, China, Neuseeland, Australien, Island, Schweden, Italien, Frankreich, der Türkei, Kroatien, Großbritannien, den USA und vielen anderen unterzeichnet wurde, verdeutlicht den immensen weltweiten Respekt für WikiLeaks und die Anerkennung der internationalen Auswirkungen von Assanges Verfolgung.

Unter den Unterzeichnern befinden sich Persönlichkeiten mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Medienbranche. Aus Australien haben der Vorsitzende der Walkley Foundation, Kerry O'Brien, sowie die Investigativreporter Andrew Fowler und Quentin Dempster unterzeichnet.

Auch mehrere aktuelle Mitarbeiter großer Medienkonzerne haben unterzeichnet. In Deutschland nehmen prominente Persönlichkeiten aus vielen der wichtigsten Medien an der Initiative teil, darunter der Spiegel-Redakteur Sven Becker und Bastian Obermayer, der Chef der Rechercheabteilung der Süddeutschen Zeitung.

Weitere Unterzeichner sind bekannte Persönlichkeiten aus progressiven und Anti-Kriegs-Medien wie der Herausgeber von Consortium News, Joe Lauria, und die Journalisten Chris Hedges, Mark Curtis, Elizabeth Vos und Nozomi Hayase sowie viele andere.

Ein weiterer Unterzeichner ist Anthony Bellanger, der Generalsekretär der International Federation of Journalists, einer globalen Vereinigung mit 187 Mitgliedsorganisationen in 140 Ländern und 600.000 Mitgliedern.

Alle Verteidiger Assanges und demokratischer Rechte sollten den Appell der Journalisten so weit wie möglich verbreiten. Der Brief sollte in den sozialen Netzwerken verbreitet, an alle Medienschaffenden geschickt, an Universitäten und in Arbeitervierteln verteilt werden.

Der Brief ist ein weiterer Ausdruck der wachsenden öffentlichen Unterstützung für Assange. Die Ablehnung, mit der Millionen von Arbeitern, Studierenden, Jugendlichen und Intellektuellen auf der ganzen Welt auf seine Verfolgung reagieren, dringt an die Oberfläche des politischen Lebens.

Diese begrüßenswerte Entwicklung verdeutlicht die Notwendigkeit, den Kampf zu seiner Verteidigung zu verschärfen, vor allem indem er so weit wie möglich in die internationale Arbeiterklasse getragen wird, die mächtigste soziale Kraft der Welt. Die Durchsetzung ihrer Interessen ist untrennbar mit einer Offensive zum Schutz aller demokratischen und sozialen Rechte verbunden.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 10.12.2019
Hunderte Journalisten aus der ganzen Welt unterzeichnen offenen Brief für Assanges Freilassung
https://www.wsws.org/de/articles/2019/12/10/jour-d10.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Dezember 2019

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