Schattenblick →INFOPOOL →MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE

GRASWURZELREVOLUTION/1172: 25 Jahre Tschernobyl


graswurzelrevolution 358, April 2011
für eine gewaltfreie, herrschaftslose gesellschaft

25 Jahre Tschernobyl
...und nichts gelernt? Aktionen am Jahrestag zur Abschaltung aller Atomanlagen


Am 26. April 2011 jährt sich die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zum 25. Mal.

In Einigen von uns sind sicher noch die Erinnerungen an abgesperrte Spielplätze, verseuchte Milch und große Unsicherheit lebendig. Ein trauriges Jubiläum, es erinnert daran, dass die Atomtechnologie unbeherrschbar ist. Trotz eines nie auszuschließenden "Restrisikos" wurden in Deutschland die Laufzeiten für Atomkraftwerke verlängert, gerade auch für alte Pannen-AKWs wie das in Krümmel.

Zum Gedenken an die Opfer des Super-GAUs in Tschernobyl und gegen die militärische und zivile Nutzung von Atomkraft finden deshalb am Ostermontag, dem 25. April, an (fast) allen Atomanlagen in Deutschland Demos und Aktionen statt. Da Uran die Basis für die Nutzung von Atomkraft bildet, wird es in NRW eine Ostermarsch-Demo zur Urananreicherungsanlage Gronau geben.


Katastrophe in Tschernobyl

Bis heute ist nicht bekannt, wie viel Radioaktivität tatsächlich austrat. Es sind wahrscheinlich Hunderttausende an den Folgen der Reaktorkatastrophe gestorben, die genauen Auswirkungen abzuschätzen, bleibt schwierig. Fakt ist, dass Krebserkrankungen, Leukämiefälle und Missbildungen deutlich zugenommen haben. (1)

Fast 25 Jahre nach der Katastrophe sind die Folgen immer noch spürbar. Um Tschernobyl herum ist das Gebiet Sperrzone, immer noch zu stark kontaminiert, um dort zu leben. Der Sarkophag um den Reaktor bekommt Risse und keiner weiß, wohin mit dem radioaktiv verseuchten Müll des Reaktors. Durch einsickerndes Wasser wird auch das Grundwasser immer stärker kontaminiert.


Sicherheitsrisiko in Deutschland

Kein AKW in Deutschland ist gegen Flugzeugabstürze gesichert (2) und so könnten Terrorist_innen mit einem Anschlag auf eine Atomanlage leicht riesigen Schaden anrichten.

Jeden Monat gibt es meldepflichtige Störfälle (3), das AKW in Krümmel musste nach einem Brand eines Transformators zwei Jahre abgeschaltet werden und ging gleich nach der Wiederinbetriebnahme 2009 wegen eines erneuten Störfalls wieder vom Netz. Zu hoffen ist, dass der Reaktor mit mehr als 300 Störfällen insgesamt abgeschaltet bleibt.

Nach der Laufzeitverlängerung sollen auch ältere Reaktoren am Netz bleiben, auch wenn ein menschliches Versagen nie ausgeschlossen werden kann und so ein enormes Risiko bei dem Weiterbetrieb der Atomanlagen bleibt.


Bundesweite Aktionen

In der BRD sind für den 25. April 2011 bundesweit Aktionen an möglichst allen AKW-Standorten geplant. Nach der Laufzeitverlängerung ist nun dafür zu sorgen, dass Bundesland für Bundesland, AKW für AKW, die Atomanlagen endlich alle abgeschaltet werden.


Uranproduktion - keine saubere Sache

Bei der Propagierung von Atomkraft als "sauberem Strom" wird oft vergessen, dass Atomstrom ebenfalls Ressourcen braucht. Der Brennstoff für die Reaktoren, Uran, wird vor allem in Niger, Kanada, Australien, Namibia, Kasachstan, Russland und Usbekistan abgebaut. Dabei liegen etwa 70% der bekannten Uranvorkommen auf dem Gebiet indigener Völker, in Niger wurden z.B. die Tuareg vertrieben, um Platz für den Uranbergbau zu machen. Beim Abbau des Uranerzes werden Sicherheitsvorkehrungen teilweise kaum eingehalten, im Niger sind die Arbeiter_innen radioaktivem Staub ausgesetzt und die Krebserkrankungen häufen sich. Es entsteht giftiger, radioaktiver Schlamm, es besteht die Gefahr, dass das Grundwasser kontaminiert wird, gerade nach Ende der Bergbauarbeiten. (4)


Demo an der UAA in Gronau

In NRW konzentrieren sich Anti-Atom- und Friedensproteste auf die Urananreicherungsanlage (UAA) der Firma Urenco in Gronau, in welcher das Uran für deutsche Kraftwerke angereichert wird. Ohne diese Anreicherung könnten die europäischen Atomkraftwerke nicht funktionieren.

Gleichzeitig steht gerade die Urananreicherung für die untrennbare Verknüpfung von angeblich friedlicher Atomenergie und Atomwaffen. So wurde z.B. Pakistans Atombombenprogramm erst durch Urencos Zentrifugen-Anreicherungstechnologie ermöglicht (die GWR berichtete). Bei der Anreicherung entstehendes abgereichertes Uran wird oft für panzerbrechende Munition verwendet, worunter die Zivilbevölkerung der Kriegsgebiete, z.B. im Balkan oder Irak, noch Jahrzehnte an den Folgen der Radioaktivität und Giftigkeit des Urans leidet. Gelagert wird das abgereicherte, munitionsfähige Uran in Russland, in Fässern unter freiem Himmel.

Um das Übel an der Wurzel zu packen, ist es nötig, Atommüll da zu verhindern, wo er entsteht, also auch am Beginn der atomaren Produktionskette.


Irene

Eine Übersicht der geplanten Aktionen findet sich auf:
www.tschernobyl25.de


Anmerkungen:
(1) http://www.ippnw.de/atomenergie/atom-gesundheit/tschernobylfolgen/kurzfassung.html
(2) http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/atomkraft/Zitate_AKW-Sicherheit_Juni09.pdf
(3) http://www.contratom.de/2.0/index.php?mod=hintergrund&baum2=4&auswahl=639
(4) Broschüre "Uran - der schmutzige Brennstoff" von ausgestrahlt


*


Quelle:
graswurzelrevolution, 40. Jahrgang, Nr. 358, April 2011, S. 8
Herausgeber: Verlag Graswurzelrevolution e.V.
Koordinationsredaktion Graswurzelrevolution:
Breul 43, D-48143 Münster
Tel.: 0251/482 90-57, Fax: 0251/482 90-32
E-Mail: redaktion@graswurzel.net
Internet: www.graswurzel.net

Die "graswurzelrevolution" erscheint monatlich mit
einer Sommerpause im Juli/August.
Der Preis für eine GWR-Einzelausgabe beträgt 3 Euro.
Ein GWR-Jahresabo kostet 30 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2011