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OFFENSIV/094: Ausgabe Januar-Februar 2011 1/11


offen-siv 1/2011
Zeitschrift für Sozialismus und Frieden

Ausgabe Januar-Februar 2011 1/11


INHALT

Redaktionsnotiz

Querfront und rechter Rand
Redaktion offen-siv: Vorbemerkung zum Nachdruck des GEHEIM-Dossiers zur Querfront
Redaktion GEHEIM: Dossier zur Querfront von Elsässer und Co
Ingo Niebel/Michael Opperskalski: Linkspatriotisches Projekt
Jürgen Cain Külbel: Links verführen, rechts kopulieren
Hans Fricke: Der rechte Rand der bürgerlichen Parteien

Menschenrecht und Klassengesellschaft
- Erich Buchholz: Menschenrecht und Klassengesellschaft

Dokumente der KKE
Internationale Abteilung des ZK der KKE: Brief der KKE an die europäischen kommunistischen und Arbeiterparteien
Redaktion offen-siv: Die Auffassung der DKP dazu
RIZOSPASTIS, Organ des ZK der KP Griechenlands (KKE): Die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) und
ihr strategischer Dialog mit der PASOK und der "Sozialistischen Internationale"

Nachrichten aus dem Niedergang
- Michael Opperskalski: Nachrichten aus dem Niedergang

Kommunistische Initiative
Phil Ramcke: Liebe Leserinnen und Leser der offen-siv!
Frank Flegel: Aufruf zur Perspektivkonferenz der Kommunistischen Initiative am 5. und 6. Februar 2011
Vorbereitungsgruppe der 2. Perspektivkonferenz der Kommunistischen Initiative: Hauptresolution - Entwurf

Resonanz auf die Kilew-Veröffentlichung
- Fritz Dittmar: Keine Anhäufung zufälliger Fehler

Raute

REDAKTIONSNOTIZ

Die Kommunistische Initiative hat im Jahr 2010 ihre bisher schwerste Feuerprobe bestanden: den Angriff von innen, zielend auf die Unterhöhlung ihres Grundkonsenses (Verteidigung des Marxismus-Leninismus, Verteidigung des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion und in der DDR, Antirevisionismus, Anwendung des Prinzips Klarheit vor Einheit, deshalb Sammlungsbewegung für und von Einzelpersonen, nicht Aktionsbündnis von Parteiorganen).

Weil es keine Einheit mit denjenigen geben kann, die den inneren Angriff organisieren, war der Hinauswurf der Vertreter der Aufweichung unausweichlich - und was sich zeitweise wie eine Spaltung darstellte, entpuppte sich als ein notwendiger Klärungsprozess.

Das gerade begonnene Jahr 2011 wird interessante Entwicklungen hervorbringen und deshalb weitere Weichenstellungen erfordern. Wir werden in diesem Jahr in die Diskussion eintreten, ob und wie die Zeitschriften "Trotz Alledem" und "offen-siv" in den Prozess des weiteren Aufbaus der Kommunistischen Initiative einbezogen werden können bzw. müssen. Erste Überlegungen zu solchen neuen Perspektiven werden wir bei der 2. Perspektivkonferenz der Kommunistischen Initiative am 5. und 6. Februar dieses Jahres gemeinsam diskutieren. Natürlich werden wir Euch darüber aktuell und umfassend informieren. Wir, also Anna und Frank, sind, was die politischen Möglichkeiten der Kommunistischen Initiative und damit auch der kommunistischen Bewegung in Deutschland angeht, für das Jahr 2011 sehr optimistisch, denn die Friedhofsruhe des revisionistisch-pluralistischen Mehltaus ist beendet. Die Kommunistische Initiative hat die Verhältnisse zum Tanzen gebracht, und das freut uns sehr.

Nun zu diesem Heft: Besonders wichtig sind uns die Schwerpunkte "Querfront und rechter Rand", "Dokumente der KKE", "Perspektivkongress der KI" und der zweite Teil der Arbeit von Erich Buchholz: "Menschenrecht und Klassengesellschaft". Wenn wir diese Themen so besonders herausstellen, heißt das natürlich nicht, dass uns die "Nachrichten aus dem Niedergang" oder die "Resonanz auf die Kilew-Veröffentlichung" nicht ebenso am Herzen lägen.

Eine offensiv-interne Anmerkung: Da die Jahreshauptversammlung unseres Herausgebergremiums erst im März 2011 stattfinden wird, können wir den Jahresrechenschaftsbericht 2010 erst in der nächsten Ausgabe veröffentlichen.

Wir bitten Euch eindringlich um Spenden.

Redaktion offen-siv, Anna C. Heinrich, Frank Flegel


Spendenkonto Offensiv:
Inland: Konto Frank Flegel, Kt.Nr.: 30 90 180 146 bei der Sparkasse Hannover, BLZ 250 501 80, Kennwort: Offensiv
Ausland: Konto Frank Flegel, Internat. Kontonummer(IBAN): DE 10 2505 0180 0021 8272 49,
Bankidentifikation (BIC): SPKHDE2HXXX; Kennwort: "Offensiv".

Raute

QUERFRONT UND RECHTER RAND

Redaktion offen-siv: Vorbemerkung zum Nachdruck des GEHEIM-Dossiers zur Querfront

Die Aktivitäten zur Bildung und Verankerung der "Volksinitiative" des Jürgen Elsässer beunruhigen uns schon seit einiger Zeit. Dachten wir zu Anfang noch, dass eine solch durchsichtige Initiative wenig Anklang in der Linken finden würde, so sind wir inzwischen alarmiert, weil die Ablehnung inzwischen bröckelt, ja sogar angesehene Vertreter der Linken mit Querfront-Vertretern zusammenarbeiten. Da kam es uns sehr gelegen, dass uns die Zeitschrift GEHEIM, die einen umfangreichen Schwerpunkt zu diesem Thema in der letzten Ausgabe des Jahres 2010 veröffentlicht hatte, die Genehmigung zum Nachdruck gab. Herzlichen Dank dafür.

Wir dokumentieren neben den Artikeln von Ingo Niebel/Michael Opperskalski und Jürgen Cain Külbel auch das redaktionelle Vorwort aus GEHEIM, weil wir die dort vorgenommenen Einschätzungen und Einordnungen für unverzichtbar halten.

Redaktion offen-siv, Hannover

Zeitschrift GEHEIM, Postfach 270324, 50509 Köln, Tel.: 0221-2839995, Fax: 0221-2839997,
Mail: redaktion-geheim@geheim-magazin.de


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Redaktion GEHEIM: Aus der GEHEIM-Redaktion. GEHEIM-Dossier zur Querfront von Elsässer und Co

Dass wir in der aktuellen Ausgabe das GEHEIM-Dossier der Auseinandersetzung mit der Querfront widmen, hat mehrere Gründe: Erstens braut sich am rechten Rand der deutschen Polit-Landschaft etwas zusammen, das bestenfalls zersetzend und im ärgsten Fall vernichtend für das linke Spektrum sein wird. Zweitens können wir belegen, wie weit die Querfront, die der Publizist Jürgen Elsässer und sein Verleger Kai Homilius als linksgetarnte "Volksinitiative" vorantreiben, bereits in beide politische Extreme hineingreift.

Jürgen Cain Külbel hat sich die Mühe gemacht, in seinem Artikel "Links verführen, rechts kopulieren" Elsässers Vorstoß ins weite Feld des internationalen Rechtsradikalismus detailliert zu dokumentieren. Die GEHEIM-Redakteure Michael Opperskalski und Ingo Niebel zeigen, wie der Ex-Linke versucht, sein "linkspatriotisches Projekt" politisch an Strukturen der sich im Testlauf befindlichen Rechtspartei heranzuführen. Dass er dabei im Umfeld der Partei Die Linke (PdL) und der DKP wildert, ist kein Widerspruch, sondern gehört zur Methode. Es zeugt von politischer Kurzsichtigkeit, wollte man Elsässers Vorgehen nur als Versuch sehen, das facettenreiche linke Lager zu spalten, zu lähmen und zu zersetzen. Das ist sicherlich ein Aspekt, aber ein weiterer bleibt das Interesse herrschender Kreise, eine neue "Volkspartei" rechts von CDU/CSU zu schaffen. Diese benötigt auch Zulauf aus dem traditionell linken Lager aus Gründen des Machterwerbs und der Imagepflege, damit sie weniger autoritär wirkt.

Mit der Publikation dieses GEHEIM-Dossiers machen wir uns keine Freunde, weil es viele dazu zwingen wird, Farbe zu bekennen und Position zu beziehen.

Das Schweigen gegenüber den Machenschaften von ehemaligen und noch "Linken" ist beredt, besonders wenn es die Partei betrifft, die mit ihrem Namen den Anspruch vertritt, "die Linke" in Deutschland zu vertreten. Elsässers Umtriebigkeit mag sie (noch) totschweigen können, aber das heißt, die Augen vor der Realität zu verschließen. Ebenso mag sie Gründe haben, warum sie lieber nichts sagt, wenn Personen mit DDR-Vergangenheit bei ihm andocken. Aber auch das ändert nichts an der Tatsache, dass sich eine neue Gefahr für Frieden, soziale Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Fortschritt von rechts anbahnt. Die PdL begibt sich in eine Dynamik, in der sie neben ihren weiteren ungelösten Problemen riskiert, bedeutungslos zu werden.

Das ist ihre Entscheidung.

Aber ihr Schweigen trägt mit dazu bei, den bis dato noch existierenden antifaschistischen Grundkonsens von innen heraus zu zersetzen. "Kein Fußbreit den Faschisten" ist eine Parole, die sie bei Demos gegen Neonazi-Aufmärsche mitträgt. Und das ist gut so. Aber sie verliert ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie gleichzeitig zulässt, dass sich Personen aus ihrem Umfeld - wie zum Beispiel Klaus Blessing - in Querfront-Aktivitäten einreihen dürfen, ohne dass Protest ertönt.

Falls das der neue Politikstil sein sollte, dann wäre sicherlich nicht nur die GEHEIM-Redaktion an einer entsprechenden Mitteilung interessiert. Für uns gilt immer noch der Schwur, den die überlebenden deutschen und internationalen Antifaschisten am 19. April 1945 im KZ ablegten. Er endet mit den Worten:

"Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht! Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig."

Redaktion GEHEIM

Raute

Ingo Niebel/Michael Opperskalski: "Linkspatriotisches Projekt"

Elsässer wildert bei Linken und sucht Anschluss bei den Rechten

"Nur die Roten wissen, wie man die Roten besiegt", erklärte Mitte der 1990er Jahre der spanische Postfranquist José María Aznar, als man ihn fragte, warum seine Partei den ehemaligen Kommunisten Guillermo Gortázar als Bildungssekretär beschäftigte und sie das Pressebüro ebenfalls mit ehemaligen Linken besetzt habe.(1) Als der Führer der spanischen Volkspartei (PP) 1996 die Wahl gegen den Sozialdemokraten Felipe González (PSOE) gewann, holte er den parteilosen Josep Piqué ins Kabinett, der in der Folgezeit verschiedene Ministerposten bekleidete. Damit blieb Aznar seinem Credo treu, denn der Katalane hatte in seiner Jugend extrem "linken" Organisationen wie der maoistischen Bandera Roja angehört. Piqué erwies sich als die richtige Wahl, der als Aznars Außenminister den völkerrechtswidrigen Krieg der Koalition der Willigen gegen den Irak mittrug. Außerdem unterstützte er 2002 den Putsch gegen den rechtmäßigen Präsidenten von Venezuela, Hugo Chávez.

Ähnliche Karrieren wie die eines Piqués hat es auch in Deutschland gegeben: Immer wieder gerne zitiert wird die Wanderungsbewegung eines Horst Mahlers von der linken Stadtguerilla zur neofaschistischen NPD. Neben diesen persönlichen Entwicklungswegen lebt auch im 21. Jahrhundert der Versuch fort, die linke Bewegung zu spalten, zu lähmen und zu vernichten.


Spaltmittel Querfront

Hierzu gehört auch das Spaltmittel namens "Querfront", das stellt den Versuch dar, rechtsradikale Positionen und Personen mit linken zu verbinden. Das weitere Repertoire an repressiven Mitteln reicht von Verleumdungskampagnen, Verboten, Verfolgung jeglicher Art bis hin zur physischen Vernichtung. Irgendwo in diesem weiten Feld der Möglichkeiten liegt das ebenfalls facettenreiche Feld der Zersetzung, deren Ziel es ist, jenseits der polizeilichen Mittel eine Bewegung klein zu halten. Die politischen Umstände bestimmen die Auswahl der Methoden: 1933 fiel die Entscheidung, Kommunisten und Sozialdemokraten von der Straße weg zu verhaften und in Konzentrationslager zu verschleppen - Folter und Mord inbegriffen. An diese Tradition knüpft das nach wie vor gültige, wenn auch (noch) nicht umgesetzte, KPD-Verbot von 1956 nahtlos an. 2010 lässt der Staat die große Peitsche (noch) im Schrank und offeriert lieber das Zuckerbrot.

Nach zwanzig Jahren der juristischen, politischen und publizistischen Prügel eröffnen die Herrschenden und ihr Staat der Partei Die Linke (PdL) die Möglichkeit der Regierungsbeteiligung. Dazu muss sie das vorherrschende kapitalistische System vorbehaltlos akzeptieren und darf es bestenfalls reformieren, aber niemals revolutionieren. Damit kein Linksparteiler über die Stränge springt, erfolgen entsprechende "erzieherische Maßnahmen": Die Medien berichteten ausgiebig über die drei hohen Gehälter, die der Ko-Vorsitzende der PdL, Klaus Ernst, kassiert(e), und sein Faible für eine luxuriöse Sportwagen-Marke. Die ehemalige Vertreterin der Kommunistischen Plattform, Sahra Wagenknecht, konnte in der Presse nachlesen, wie sie im Endeffekt vergeblich versuchte, ihre Teilnahme an einem nicht billigen Hummer-Essen aus der Welt zu schaffen. Die Debatten um "Hummer-Sahra" und "Porsche-Ernst" schwächten nachhaltig die Partei, wie ihr Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi Anfang Oktober zugab. Nicht zu vergessen ist dabei die immer wieder medial aufgebauschte "Stasi-Keule".

Mit diesen Methoden ist es herrschenden Kreisen gelungen, eine 10-Prozent-plus-X-Partei zu lähmen. Damit lassen sich aber nicht jene Menschen beeindrucken, die sich links von der PdL positioniert und organisiert haben oder dabei sind, es zu tun. Der Hickhack unter anderem um Ernsts Einkommen dürfte sie eher von der Notwendigkeit überzeugt haben, dass es jetzt erst recht einer linken Alternative zur PdL bedarf.

Verschiedene Vorstöße in diese Richtung dürften allein beim Verfassungs- und Staatsschutz Alarm ausgelöst haben. Medial sichtbar wurde die Angst vor einer unkontrollierten linken Kraft, als die Mainstreampresse 2009 über jene Umfragen berichtete, wonach jüngere Generationen die DDR positiv bewerteten. Damit war die antisozialistische Dämonisierungspolitik der letzten 20 Jahre gescheitert und es hat sich die Gefahr aufgetan, dass die untergegangene sozialistische Republik als politische Alternative zur kapitalistischen BRD in neuem Gewand ein zweites Mal aus den Ruinen auferstehen könnte.


Erdrutsch in der Polit-Landschaft

Parallel dazu vollzieht sich in der seit 1990 bestehenden Polit-Landschaft ein tiefgreifender Wandel, der alle im Bundestag vertretenen Parteien betrifft. Zwar hat sich die PdL als sechste Kraft auf Bundesebene neben CDU und CSU, SPD, FDP und Grüne etablieren können, aber wegen der Programmlosigkeit und der zahlreichen innerparteilichen Probleme kommt sie nicht von der Stelle. Im freien Fall befinden sich die "Liberalen", die nach knapp einem Jahr in der Regierung ums politische Überleben kämpfen müssen. Ihre Stelle haben die Grünen eingenommen, die nach jetzigem Stand der Dinge sogar den Kanzler in einer rot-grünen Koalition stellen könnten.

Nach zwölf Monaten in der Opposition hat sich bestätigt, dass die SPD den Charakter einer so genannten Volkspartei definitiv verloren hat. Mit 23 Prozent Zustimmung rangiert sie in der Gunst der Wähler gleichauf oder manchmal sogar hinter den Grünen. So ist sie wie ihr potentieller neuer alter Koalitionspartner eine Klientelpartei geworden. Dieses Schicksal droht auch der CDU. Ihrer Vorsitzenden Angela Merkel ist es nicht gelungen, wie einst ihrem politischen Mentor und Vorgänger Helmut Kohl, den "linken" und "rechten" Flügel zufrieden zu stellen. Die innerparteiliche Debatte um einen "Linksruck" der Kanzlerin hat mittlerweile dazu geführt, dass der rechte Flügel der Christdemokraten laut über die Bildung einer konservativen Partei rechts von der CDU nachdenkt. Diese Entwicklung hängt auch von den Landtagswahlen in Baden-Württemberg im Frühjahr 2011 ab.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Zukunft der verbündeten CSU in Bayern. Da diese Regionalpartei bisher nur in ihrem Bundesland antritt, benötigt sie dort durchschnittlich 40 Prozent der Stimmen, um die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug in den Bundestag zu überwinden. Falls ihr das bei der nächsten Bundestagswahl nicht gelingen sollte - wozu eine neue Rechtspartei sicherlich beitrüge - fiele die CDU auf das Niveau der SPD ab. Damit hätte auch sie ihren Charakter als "Volkspartei" verloren.

In der Zukunft würden dann mehrere 10- bis 20-Prozent-Parteien dem Bundestag angehören.

Mit dieser Perspektive taucht am Horizont jene "rote Gefahr" auf, von der die herrschenden Kreise geglaubt hatten, sie hätten sie 1990 auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt. Als sich 2005 WASG und PDS zusammenschlossen, sagten die Umfragen der PdL ein Potential von 20 Prozent voraus. Dass sich die Linke heutzutage weiter denn je davon entfernt weiß, heißt nicht, dass nicht eine andere linke Kraft in diesen Bereich vorstoßen könnte.

Mittelfristig muss sich die PdL entscheiden, wo sie in der deutschen Politik steht. Wenn sie sich den etablierten System-Parteien annähert, um irgendwann einmal sowohl im Bund als auch in einem westlichen Bundesland Regierungsverantwortung zu übernehmen, wird sie weitere linke Positionen aufgeben müssen. Dieses Vakuum wird umso sicht- und fühlbarer werden, falls tatsächlich neben CDU und CSU eine neue Rechtspartei entstünde.


Projekt neue Rechtspartei

Dass letzteres zumindest der Wille eines Teils der herrschenden Kräfte ist, zeigt der Rückzug von rechten CDU-Politikern wie zum Beispiel Friedrich Merz, Roland Koch und Erika Steinbach. Neben ihren lautstarken Abgängen vollzieht sich ein leiser Prozess, der dieses neue Rechtsprojekt begleitet. Anscheinend befindet sich selbiges noch in einer Testphase, da sich seine Macher keine weiteren Fehlgriffe mehr wie in den 1980er Jahren mit der Partei "Die Republikaner" und in den 1990er Jahren mit der so genannten Schill-Partei in Hamburg mehr leisten wollen. So wie in der Industrie erst der Verlauf einer Testreihe entscheidet, ob und wie ein Produkt auf den Markt kommt, so sieht man auch in diesem Fall verschiedene "Erlkönige" durch die Gegend düsen, ohne dass man weiß, welcher sich letztendlich durchsetzen wird.

Deren Auftreten, das gleich noch konkreter beschrieben wird, erfolgt vor dem Hintergrund einer grundsätzlichen Neuorientierung der bundesdeutschen Gesellschaft.

Verschiedene Ereignisse verleiten zu der Annahme, dass das neue Parteienprojekt momentan drei Felder umfasst: zwei davon sind innen-, eines außenpolitischer Natur.

Am Ende dieser Vorbereitungsprozesses soll eine neue "Volkspartei" entstehen, die die Interessen der deutschen Unternehmer im Konzert mit geeigneten europäischen Partnern gegenüber den Konkurrenten aus den USA und China national wie international verteidigt.

Innenpolitisch geht es dabei zum einen um die Schaffung eines neuen so genannten Nationalgefühls. Dabei geht es weniger darum, den Faschismus zu verharmlosen, so wie das rechtsradikale und neofaschistische Kreise in ihrer plumpen Art im 20. Jahrhundert taten. Sondern man setzt - neben der Verschleierung seiner tatsächlichen Hintergründe - auf eine Neuinterpretation des Vergangenen "made in" und vor allem "made by Germany". Die Verbalattacken der Vertriebenen-Vorsitzenden Steinbach gegen Polen, die dem Nachbarland eine Mitschuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs unterstellen, sind dabei nicht der Maßstab, an dem sich die neue Linie messen lässt. Sie sind eher Ausdruck des Unwillens einer rechten Politikerin, die einen Anlass provozierte, um ihr altes CDU-Korsett abzustreifen, weil sie sich etwas Neuem öffnen möchte.

Diese neue deutsche Linie wird nicht mehr, wie es bis in die 1990er Jahre hinein geschah, die Nazi-Verbrechen verleugnen oder kleinreden, sondern offensiv damit umgehen. Faktisch ist diese Phase bereits seit dem neuen Jahrtausend abgeschlossen, weil jedes größere Unternehmen in Industrie und Wirtschaft seine Historie von so genannten "Historikerkommissionen" hat aufarbeiten lassen. Solch eine Unternehmensgeschichte über die Zeit von 1933-1945 gehört ebenso zum guten Ton, wie sich jede größere deutsche Stadt ein Art "NS-Dokumentationszentrum" hält. Dieser vermeintlich offene Umgang entspricht zum einen dem Generationenwechsel im Lande, zum anderen ermöglicht es die so genannte "Last der NS-Vergangenheit" abzustreifen.

Die ersten Hinweise auf diese Entwicklung werden sichtbar, wenn man sich einige Bücher und Filme in Erinnerung ruft, die den Beginn dieser Tendenz markieren. Den Auftakt machte Jörg Friedrich 2002 mit seinem Werk "Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940-1945". 2004 folgte der die SS relativierende Kinofilm "Der Untergang" von Oliver Hirschgiebel, der Hitlers letzte Tage im "Führerbunker" erzählte. In der Planung ist ein Streifen über das Leben und Werk seiner wichtigsten Filmpropagandistin Leni Riefenstahl - mit dem ehemaligen TV-Sternchen und jetzt zur Schauspielerin geadelten Jenny Elvers-Elbertzhagen in der Hauptrolle.

Die Neubewertung der Wehrmacht erfolgte, wie bei den Unternehmen mit entsprechenden Studien, die ihre Teilnahme am Vernichtungskrieg im Osten untersuchten. Damit wurde das Image von Hitlers Armee zwar nicht reingewaschen, aber man hatte sich ein politisches Problem vom Hals geschafft, weil man jetzt über die Leichenberge im Zweiten Weltkriegs sprach, ohne daraus irgendwelche Konsequenzen zu ziehen. Den Vernichtern in Armeeuniform setzte man das positive Bild der Offiziere des 20. Juli gegenüber, denen man das Etikett "Verräter" oder "Verschwörer" nahm, das ihnen seit der Adenauer-Ära anheftete. In diesem Kontext war es kein Wunder, dass die US-Produktion "Operation Walküre" mit Tom Cruise als Oberst Stauffenberg 2008 floppen musste, weil der deutsche Film das Feld längst selbst besetzt hatte.

An dieser Neuinterpretation der jüngeren deutschen Vergangenheit möchten auch Elsässer und sein Verleger Kai Homilius mitwirken. Nur so erklärt sich, warum letzterer mehrere militärhistorische Werke eines Jan von Flocken, der publizistisch auch bei der rechten "jungen Freiheit" in Erscheinung getreten ist, verlegt hat. Elsässer hat gerade in seiner bei Homilius erscheinenden Compact-Reihe das Buch "Appeasement. Die britische Mitschuld am 2. Weltkrieg" des 1977 verstorbenen US-Historikers Carroll Quigley veröffentlicht.

Jedes Unternehmen, jedes Produkt verkörpert eine so genannte "Corporate Identity", eine gemeinsam getragene Identität. Mit Blick auf die neue Rechtspartei hieße das: "Wir geben dir die Argumente und Vorgaben, damit du wieder stolz ein/e Deutsche/r sein kannst, ohne Neonazi sein zu müssen". Der schwarz-rot-goldene Fahnen-Hype bei den Fußball-Europa- und Weltmeisterschaften 2008 und 2010 kann man als den weithin sichtbaren Ausdruck dieses Vorhabens verstehen.

Das zweite innenpolitische Ziel ist, die Grundlage für einen autoritären, aber nicht faschistischen Staat zu legen.

Hierzu erhielt der Bundesbanker a.D. Thilo Sarrazin die Erlaubnis, die Integration von Migranten und Multikulti aufs Korn zu nehmen. Mittlerweile sekundiert das Springer-Blatt "Welt" mit Schlagzeilen wie Familienministerin "Schröder wurde Opfer von Deutschenfeindlichkeit" und "Deutsche halten Muslime für integrationsunwillig" (Welt-Online, 10.10.2010). Andererseits hält sich der US-freundliche Medienkonzern auch ein Hintertürchen für den Rückzug offen: "Migranten bringen deutsche Wirtschaft in Schwung".

Auch bei dieser Testreihe spielt Elsässers Querfront ihren Part. Sie vertritt quasi den islamfreundlichen Bereich, der diametral entgegengesetzte Positionen vom Schlage eines Udo Ulfkottes ("Islam-Verbände sollen sich an den Schäden beteiligen, die Migranten aus ihrem Kulturkreis hier finanziell angerichtet haben.") ausgleichen sollen. Ob das Experiment gelingen wird, bleibt abzuwarten. (2) Sein Verlauf ist jedenfalls mit dem dritten wichtigen Feld verbunden: der Außenpolitik.

Angesichts der wirtschaftlichen Schwäche der USA und der um sich greifenden Dominanz der aufstrebenden Weltmacht China steht die neue Rechtspartei vor der Frage, ob sie wie der transatlantische Flügel um Merkel den Schulterschluss mit den Vereinigten Staaten sucht oder ob sie das europäisch-deutsche Gegenmodell reaktiviert.

Auch hier laufen mindestens zwei Testreihen. Die eine sucht den Zusammenschluss mit den US-Neocons und den israelischen Rechten. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Ex-CDUler René Stadtkewitz, der hierzu den holländischen Rechtsaußen Geert Wilders nach Berlin einlud. Bei der Veranstaltung sollte auch ein Vertreter der zionistischen Likud-Partei sprechen. Diese Strömung ist kompatibel zu Ulfkottes islam-feindlichen Ansichten.

Das Gegenmodell hierzu möchte wieder Elsässer vertreten. Über Stadtkewitz' Veranstaltung urteilt er: "Doch die Richtung, für die Wilders steht, würde Deutschland aus der indirekten Unterordnung unter die USA, die über das Subsystem Europäische Union vermittelt wird, in eine direkte Unterordnung führen." (3) Folglich dockt er beim CSU-Rebell Peter Gauweiler an, indem er eine von Koch und Merz geführte Partei als "Ableger der Deutschen Bank" ablehnt, weil diese wie Wilders "nicht deutsche, sondern amerikanische Interessen" verträte. "Was demgegenüber Not täte, wäre eine echte Volkspartei, die die Unabhängigkeit von Deutschland gegen EU und USA zum Ziele hat und in diesem Kontext auch die bisherige Immigrationspolitik auf den Prüfstand stellt und Missbräuche abstellt", schlägt er als Alternative vor.

Elsässer sieht also seine Aufgabe nicht darin, diese rechten Gedankenspiele zu bekämpfen, sondern er möchte sich gestaltend daran beteiligen. Ob er diese schöpferische Rolle selbst gewählt oder ob ihn jemand dafür engagiert hat, wird die Zukunft zeigen. Während Elsässer seine Statements zum Charakter einer zukünftigen Rechtspartei abgibt, treibt er seine "Sammlungsarbeit" nicht nur in rechten Kreisen voran, sondern auch in linken.


Elsässers "linkspatriotisches Projekt" gegen PdL und DKP

Elsässers Querfront nennt sich "Volksinitiative". Ihre Aufgabe besteht zum einen darin, das linke Spektrum - inklusive PdL - zu spalten und so zu lähmen. Das ist ihr bisher ansatzweise gelungen.

Dazu beigetragen hat auch die Positionslosigkeit der Linkspartei und ihrer Zeitung Neues Deutschland (ND). Letztere hatte zwar im Vorfeld umfangreich und kritisch über Elsässers Berliner Veranstaltung "Der Euro vor dem Zusammenbruch - Wege aus der Gefahr" berichtet, aber eine Nachbetrachtung fand entgegen journalistischen Gepflogenheiten nicht statt. (4) Elsässer nutzte diese Inkonsequenz zum Gegenangriff. Die offene Flanke des ND stellte sein Autor, Klaus Blessing, dar, der als ehemaliger DDR-Staatssekretär als Referent bei der "Aktionskonferenz" auftrat. (5) "Die Nennung dieses einen Namens hätte natürlich das ganze bösartige Konstrukt des Pamphlets unterminiert, deswegen durfte er nicht auftauchen", stellte Elsässer fest. (6)

Dass es hierbei um mehr geht als die Fortführung der Fehde zwischen einem geschassten Autor und seinem ehemaligen Brötchengeber, geht aus Elsässers Blog hervor. Dort schreibt er:

"Die Methode, bestimmte Inhalte nicht argumentativ zu behandeln, sondern politisch-korrekt zu denunzieren, wird die Linke ihrer eigenen Basis entfremden. Dies zeigt das Beispiel Sarrazin, wo die Linkspartei in die besinnungslose Hetze der anderen Parteien einstimmte - aber 29 Prozent ihrer Wähler in Umfragen angaben, sie stünden hinter Sarrazin. Das war ein höherer Wert als bei jeder anderen Partei. Meine Prognose: Dieser nicht-politisch-korrekte Teil der linken Wählerschaft wird der Linkspartei davonlaufen und sich einem linkspatriotischen Projekt, wie es die Volksinitiative verkörpert, auf die eine oder andere Weise anschließen."

Jetzt ist die Katz aus dem Sack: Elsässer möchte mit einem "linkspatriotischem Projekt" am obengenannten Diskurs teilnehmen.

Über Blessing geht er im Umfeld der PdL auf Stimmenfang.

Ein weiteres Reservoir vermutet er bei der DKP, wo er aber nicht so offen auftritt. Dort segelt jemand anderes unter falscher Flagge, um potenzielle Unterstützer eines solchen Projekts an Bord zu holen. Die Rede ist von der Online-Publikation "Die Rote Fahne" und ihrem Macher Stephan Steins, der regelmäßig und intensiv Elsässers Blog kommentiert. Er beteiligt sich aber auch ungestört und öffentlich an der DKP-Debatte um politische und ideologische Grundsätze dieser Partei. (7) Anscheinend glaubt Steins, mit seinen Positionen am "anti-stalinistischen Grundkonsens" nicht nur der PdL, sondern auch bei Teilen der DKP andocken zu können.

Die Kompatibilität zu Elsässers "linkspatriotischem Projekt" versucht er mit Rückgriff auf die "Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes" der KPD vom 24. August 1930 zu bewerkstelligen. (8) Das ist aber nur möglich, wenn man sie gänzlich von ihrem politischen Kontext der 1930er Jahre löst und auch die marxistisch-leninistische Position zur Lösung der nationalen wie sozialen Frage vollkommen ignoriert. Beides gehört zu Steins Methodik, der die Ziele seines "Open Press-Mediums" am 15. Januar 2009 so definiert:

"Jedoch wird es in Deutschland weiterhin keinen demokratischen und sozialen Fortschritt geben, solange die Organisationsfrage - und damit korrespondierend auch die Medienfrage und Corporate Identity - nicht wie beschrieben gelöst werden. Konkret brauchen wir jetzt diese neue sozialistische Partei - und auch einen neuen sozialistischen Gewerkschaftsbund. [...] Strukturen aufbrechen, Paradigmenwechsel herbeiführen, eine neue politische Identität und Kultur entwickeln und gesellschaftlich kommunizieren - ohne all dies wird alles beim Alten bleiben - und werden aufgewendete Kräfte weiterhin ins Leere laufen. [...] Nutzt Die Rote Fahne (OpenPress) als zentrales Kommunikations- und Informationsmedium - konstituiert genau hier und jetzt - in der Zeitung Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs - eine neue sozialistische Identität und Kultur, eine gemeinsame Praxis sozialistischer Kommunikation und Politik - als Basis für den Aufbau der neuen sozialistischen Partei." (9)

Steins Wortwahl ist so beliebig wie die Auswahl der "linken" Symbolik. Mit dem kommunistischem Denken im Sinne von Marx und Lenin, Liebknecht und Luxemburg haben Steins Vorstellungen nichts tun. Sie führen dazu, die noch vorhandenen Strukturen links von der PdL weiter zu zersetzen, anstatt zu einigen. In der Folge werden die einen ihr Heil bei der Linkspartei suchen, andere ziehen sich aus der Politik zurück, und der Rest landet vielleicht beim "linkspatriotischem Projekt".

Ob das Elsässers Ziel ist? Ob er aus eigenem Antrieb oder in höherem Auftrag handelt, muss noch bewiesen werden. Dass das großbürgerliche Lager seine Fähigkeiten schätzt, darf man seiner Internetseite und auch der Frankfurter Allgemeinen Zeitung entnehmen. Das Flaggschiff eines Teils der faktischen Mächte dieses Landes urteilte 2006: "Elsässer gehört zu den klugen Köpfen im Linksmilieu, weswegen er dort auch keinen Einfluss hat." Der so Geehrte lässt nichts unversucht, um der FAZ das Gegenteil zu beweisen, indem er sich den unterstellten nicht vorhandenen Einfluss auf Teufel komm raus verschaffen will.

Die andere Aufgabe der Elsässerschen Querfront liegt darin, jene "Linken" an den rechten Rand heranzuführen, die sich nach Jahrzehnten voller Tiefschlägen und Verleumdungen seitens des bundesdeutschen Staates nach Anerkennung und sonstigen Streicheleinheiten sehnen. Es lockt die Chimäre eines "sozialen Nationalismus" oder ein "nationalen Sozialismus", der unter dem Label "Volksinitiative" und als vages "linkspatriotischem Projekt" daherkommt.

Inwieweit sich Elsässer bei der geplanten Rechtspartei wird einbringen können, entscheidet nicht er, sondern jene Unternehmer, die laut Ulfkotte bereit sind, ein solches Projekt zu finanzieren.

Bei den Diskussionen um den Charakter der zukünftigen Rechtspartei heißt es in der bürgerlichen Presse, dass deren Wirtschaftspolitik auf christlichen Werten basieren soll. Damit lehnt man den "Raubtierkapitalismus" neoliberaler Art, so wie ihn die FDP vertritt und ihm Rotgrün Tor und Tür in Deutschland geöffnet hat, ab. Als Alternative gilt jene Form des Kapitalismus, die der Vatikan im frühen 20. Jahrhundert unter dem Schlagwort "christliche Soziallehre" als Antwort auf Sozialismus und Kommunismus propagierte. Hieraus ergibt sich zumindest theoretisch ein Feld, das sich "linkssozialen" Vorstellungen nähert.

Die PdL und andere Linke mögen sich weiterhin zieren, Stellung für oder gegen die Querfront zu beziehen. Aber spätestens nach der Lektüre des nachfolgenden Artikels von Jürgen Cain Külbel werden sie nicht mehr umhin kommen, sich zu positionieren.

Jedes weitere Zögern spielt den Rechten in die Hände, die sehr wohl wissen, was sie wie wollen.

Ingo Niebel, Köln; Michael Opperskalski, Köln


Anmerkungen:

(1) Basterra, Francisco G. Aznar. El ascenso de un hombre corriente. El País Semanal, 18.2.1996:32-48; 36

(2) s. Ulfkotte-Interview http://www.you-tube.com/watch?v=dVBS6aKIKu0

(3) http://juergenelsaesser.wordpress.com/2010/10/01/volkspartei-oder-wilders-partei/

(4) Zweifelhafte Stars. Neues Deutschland, 22.9.2010

(5) Blessing bewegt sich im Umfeld ostdeutscher Organisationen wie GBM oder GRH, aber auch des linken Monatsblatts "Rotfuchs", das sich zur Aufgabe gemacht hat, eine Diskussionstribüne für Sozialisten und Kommunisten zu sein. Blessings Auftritt bei Elsässer scheint kein Ausrutscher gewesen sein, weil er auch dem der NPD-nahestehenden Michael Vogt ein Interview gab, das als DVD im rechtslastigen Schild-Verlag erscheinen wird. Auf seiner eigenen Internetseite bewirbt er Produkt und Verlag s. http://www.klaus-blessing.de/index.htm. Zu Vogts Nähe ins rechtsradikale Spektrum s. den nachfolgenden Artikel von Jürgen Cain Külbel. Links verführen, rechts kopulieren. GEHEIM 25(2010)3

(6) http://juergenelsaesser.wordpress.com/2010/09/30/hilflose-hetze-der-prosecco-linken-gegen-anti-euro-konferenz/

(7) Nachzulesen in: www.kommunisten.de

(8) http://die-rote-fahne.eu/headline356.html

(9) http://die-rote-fahne.eu/Geschichte/

Raute

Jürgen Cain Külbel: Links verführen, rechts kopulieren

Jürgen Elsässer. Das Letzte über den "nationalen Sozialisten" und Führer der Volksinitiative.(1) Eine Netzwerk-Erweiterung.

"Was ist der Hauptgegner, das Zentrum des Bösen? Ich schätze, das Zentrum des Bösen ist nicht der Kapitalismus als Ganzes sondern die Monster Großbanken."
Jürgen Elsässer auf der Konferenz "Let the Earth live!" vom 3.-4. Dezember 2009 in Moskau


Prosecco für Elsässer!

"Prosecco-Linke", "Linksschickeria", "Toskanafraktion" und so weiter, immerfort. Der Prosecco-Schlürfer (2) und Träger der Edelschuhmarke Bally (schlappe 225 bis 750 Euro kostet das Paar), der Journalist, Buchautor und Lehrer Jürgen Elsässer wird des Schimpfens auf der, die, das deutsche Linke nicht mehr müde. Saß er doch schon mal bei der Linksfraktion im Bundestag fest im Sattel, als Mitarbeiter des Parlamentariers Wolfgang Neskovic beispielsweise, als Autor des Fraktionsmagazins Clara oder als Berater der Fraktion von DIE LINKE im BND-Untersuchungsausschuss. Und jetzt verwehren ihm die professionellen Politniks das letzte Lebenselixier: Publikation seiner journalistischen Künste im linken Medienspektakel gegen Bares. Bereits 2008 befreite sich die "linksradikale Tageszeitung Junge Welt" (3) von ihm und setzte ihn vor die Tür; Anfang 2009 duckte sich endlich auch die sozialistische Tageszeitung "Neues Deutschland" mit Ausfallschritt sicher ab. Seither weichen dem Elsässer auch Großteile der schreibenden linke Elite aus: "Ja, der ist doch total durch. Der spinnt einfach, deswegen hat er in wirren Krisenzeiten solchen Erfolg." (4) Mag sein; wirre Zeiten gebären eben wirre Köpfe. Und das Gazetten herstellende linke Establishment beim ND, Elsässers letzter Euro-Geber, ließ dessen Oration vom 15. Januar 2009 an die "lieben Kolleginnen und Kollegen" längst verhallen: "Ich habe gerne mit Euch gearbeitet und Euch als aufgeschlossene Zeitgenossen erlebt. Ich bin mir sicher, dass die weitere wirtschaftliche und politische Entwicklung die Richtigkeit meines Ansatzes zeigen wird, und wir dann wieder zueinander finden. Ich jedenfalls bin nicht nachtragend und würde mich im Fall eines Falles einem Rück-Ruf des Politbüros (oder Küchenkabinetts) nicht verschließen. Herzlich, Euer Jürgen Elsässer". (5)

Im Gegenteil: Er ist nachtragender geworden. Heutigentags feuert er wo es nur geht auf der, die, das Linke im Allgemeinen und DIE LINKE im Besonderen. Aber irgendwie hat er ja mit seiner Kritik Recht: "Angesichts der größten Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg pfeift die etablierte Linke aus dem letzten Loch. Hinzu kommen die stagnierenden bis fallenden Umfragewerte der Linkspartei... Meine Prognose: Dieser nicht-politisch-korrekte Teil der linken Wählerschaft wird der Linkspartei davonlaufen und sich einem linkspatriotischen Projekt, wie es die Volksinitiative verkörpert, auf die eine oder andere Weise anschließen." Letzteres wäre fatal. Klar ist, dass die Partei DIE LINKE, konzipiert als einheitliches Projekt der Linken, die Erwartungen vieler Menschen nicht erfüllt hat und offenbar nicht mehr erfüllen wird. Längst hat sie sich ideologisch und politisch einer Selbst-Kastration unterzogen, um als funktionierender Teil des deutschen Politzirkus durchgehen zu können. Das führte soweit, dass Teile der Führungselite von DIE LINKE ihre politische Seele dem zionistischen Nationalismus der israelischen Bourgeoisie verramscht haben. Eher sollte DIE LINKE in ihrem jetzigen faulenden und parasitären Stadium als abgetrennter Arm der SPD betrachten werden, der den kapitalismusdevoten Sozis jederzeit angenäht werden könnte. Der Partei DIE LINKE mangelt es sowohl an einer treffsicheren Philosophie, die beschreibt, wie ein wahrhaft gerechter, demokratischer, humanistischer Gesellschaftsvertrag aussehen könnte als auch an einer wirkungsvoll anprangernden Kritik der gegenwärtigen politisch-ökonomischen Zustände. Es fehlt an allem, was Theorie und Praxis eines neuen Sozialismus oder einer neuen Utopie ausmachen könnten. Vom Stellen der Systemfrage, dem Klassenkampf oder einer Art Revolutionstheorie ganz zu schweigen. In Gänze ein ideologischer Totalschaden.


Spaltung und Lähmung der linken Bewegung als Methode?

Schuld am Zustand der deutschen Linken im Allgemeinen tragen jedoch nicht nur "die Anderen", sondern eben auch ein Jürgen Elsässer. Man erinnere sich an die Heimholung der ehemaligen DDR ins Deutsche Reich. Am Anfang schufen Helmut Kohl und Lothar de Maizière Gesamtdeutschlands Himmel und Erde. Am siebten Tag vollendete Elsässer und Gesinnungsgenossen das Werk, das die Kumpane im Geiste geschaffen hatte: Sie vereitelten die für das Establishment gefährliche Massenverbrüderung westdeutscher und ostdeutscher Linker, indem sie als Spaltungsfaktor das ideologische Furunkel "Antideutsche" installierten. Der weltanschauliche Eiter wird heutigentags noch immer eifrig verspritzt, soll sich durch jeden durchfressen, der sich kritisch mit der Politik der USA und Israels auseinandersetzt; als mediale Plattform bastelte Elsässer sich und den ideologisch vergifteten Frontmännern seinerzeit die Postille "Jungle World". Das waren noch Zeiten, als Elsässer den ganz anderen Feind hatte: "Und wer jetzt Bush in den Mittelpunkt seiner Anti-Kriegs-Arbeit stellt (anstatt Kohl oder Vogel), dem klatscht nicht erst morgen die NATIONALZEITUNG Beifall. Diese Probleme können wir vermeiden, indem wir den Antiimperialismus antideutsch konkretisieren: Wir dürfen nicht die deutschen Verbündeten zum populären Vehikel unseres Antiimperialismus machen, denn sie könnten schon bald die Gegner Deutschlands sein - sondern wir müssen Deutschland selbst angreifen!"(6)

Man vergesse nie: Der Wurmfortsatz jener antideutschen Meute mischt heute DIE LINKE von innen auf: nämlich in Form der pro-zionistischen, pro-amerikanischen, pro-imperialistischen Bundesarbeitskreise Shalom. Und noch eins drauf: Dutzend Monate nach der Verschmelzung von WASG und Linkspartei kam schon wieder der Rettungswagen Elsässer angeflitzt. Und gründete sich eine "Volksinitiative" gegen das Finanzkapital, weil "die Krisenanalyse der meisten Linken falsch ist".(7) Ein bekannter linker Journalist möchte diese Arroganz schon gar nicht mehr kommentieren: "Die adäquate künstlerische Form scheint mir eine eigene Show, wo Elsässer gegen sich selbst diskutiert. Am besten vielleicht mit so ner frechen Bauchrednerpuppe, die antideutsch und pro-israelisch daherquakt und dafür von Elsässer jedes Mal ausgeschimpft und geohrfeigt wird, aber trotzdem immer weiter Widerworte gibt."(8)

Spaltet Elsässer vorsätzlich? Jein. Zwar ist der - auch durch Elsässers chaotisches Gründungs- und Profilierungsgehabe mit verursachte - gegenwärtig marode Zustand der Linken bester Nährboden für Politakrobaten, Quartier-Populisten und Aldi-Philosophen seines Zuschnitts, doch ihm vorzuwerfen, er schaffe erst solcherart Zustände, um hernach ernten zu können, greift sicherlich zu weit. Von Hause aus ist er ein investigativer Journalist, kein schlechter sogar, muss man mal sagen. Doch er ist kein Politiker, kein Aktivist, auch wenn er das (jetzt) vielleicht gern sein möchte. Dazu fehlt ihm erstens das strategisch-taktische Format und zweitens ist bei ihm keine rote Linie einer ideologischen Gesamtentwicklung zu erkennen, die auf eine feste politische Überzeugung - der Basis langfristigen Handelns und jeder Glaubwürdigkeit - hinweisen könnte. Elsässer denkt und handelt offenbar in kürzer greifenden, möglicherweise auch nicht ganz uneigennützigen Sequenzen. Bei ihm liegen die Dinge etwas anders, meint einer, der seinen Weg beobachtet hat: "Dass er mal der Linken angehörte, ist unzweifelhaft. Einige Jahre lang war er Mitglied des Leitenden Gremiums des Kommunistischen Bundes. (Ungefähr ab Mitte der 80er Jahre bis zur Auflösung des KB Anfang der 90er Jahre).

Ich denke, die 'Antideutschen' sind hauptsächlich im Schoße des KB entstanden, und zwar ursprünglich als Hilfstruppe des Zionismus, vermutlich auch mit Anschubhilfe von zionistischer Seite. Diese Richtung hat sich zunächst in der Ortsgruppe Frankfurt des KB gesammelt; die internen Auseinandersetzungen begannen schon während des israelischen Libanonkriegs 1982. Aus der KB-Zeit habe ich E. als den klassischen 'linken Kleinbürger' im Sinne Lenins in Erinnerung, der von einer Modetorheit zur nächsten hüpfte und seine Tagesbefindlichkeit jedes Mal zu der Weisheit allerletztem Schluss erhob. So versuchte er uns zuerst eine Mao-Renaissance schmackhaft zu machen (Anfang oder Mitte der 80er Jahre ungefähr?), sprang dann auf den Glasnost-Zug auf und war Ende der 80er Jahre maßgeblich an der Formierung der Strömung beteiligt, aus der sich dann die 'Antideutschen' entpuppten. Innerhalb dieser Strömung zeichnete er sich durch überdurchschnittliche Loyalität gegenüber Israel und eifriges Schwingen der Antisemitismus-Streitaxt aus. Er schaffte es damals bis auf die Seiten der Jüdischen Allgemeinen. Heute sieht E. sich meinen Eindrücken nach nicht mehr als Linken, sondern als geläuterten Ex-Linken. Die Linken sind für ihn Feindbild. Was ihn bewegt und treibt, weiß ich nicht. Ich denke, es ist primär fehlgeleitete Eigenliebe. Schließe aber auch materielle Interessiertheit nicht völlig aus."(9) Da scheint ein (Bally-)Schuh draus zu werden!


Als "Außenminister" der Volksinitiative in Moskau

Am 2. November 2009 kündigte Elsässer in seinem Blog für Anfang Dezember "eine große geopolitische Konferenz in Moskau mit internationaler Beteiligung" an: "Ich werde dort als Referent die Ideen der Volksinitiative vertreten, insbesondere die Forderung nach einer Abkehr Deutschlands von der transatlantischen Orientierung und die Eröffnung einer eurasischen Perspektive, etwa in Form einer Achse Paris-Berlin-Moskau."(10) Und verwies in diesem Zirkular gleich auf den Artikel von Dimitrios Kisoudis "Ach, Eurasien!" aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 24. Oktober 2009. In dem Stück wurde "Werbung für die Eurasische Option" gemacht; heißt es doch darin: "Schon lange tüftelt Aleksandr Dugin, Anführer der Eurasischen Bewegung, an einer Großraumordnung von Cádiz bis Wladiwostok." Anmerkung: Wer es (noch) nicht weiß: Dugin ist ein russischer Rechtsextremer, der "westeuropäisches, protofaschistisches Denken übernahm, wie es beispielsweise in der 'Konservativen Revolution' in der Weimarer Republik von Halbnazis wie Carl Schmitt (Kronjurist des Dritten Reiches) geformt wurde". Dugin verkleidet es heutzutage lediglich "kulturalistisch".(11)

Auf der Moskauer "Geopolitischen Konferenz", stattgefunden am 3. und 4. Dezember 2009, konnte Elsässer wenig bis keine Lorbeeren einsacken; seine dreißigminütige, eher einschläfernde Rede in Westerwelle-Englisch (die Hälfte der Zeit ging für die Übersetzung drauf) wirkte inhaltlich eher leer, stilistisch banal bis täppisch und konnte sich nie vom Duktus der "neuesten Nachrichten von logo!" (Kinderkanal) lösen. In der Art: "Lassen Sie mich zuerst mit der globalen Situation beginnen: Nahezu zwanzig Jahre lang war ich Schriftsteller und veröffentlichte viele Bücher über die geopolitische Situation. Und im vergangenen Jahr beschloss ich, den warmen Platz hinter meinem Computer zu verlassen, um den Kampf auch auf der Straße zu beginnen und auch, um eine Widerstandsorganisation zu gründen..." Das war es dann auch schon zur geopolitischen Situation. Es folgten merkwürdige Metaphern, die an die Primitivsprache der US-Neokonservativen, insbesondere an die von George Bush, d. j. Kriegsverbrecher, erinnerte: "Was ist der Hauptgegner, das Zentrum des Bösen? Ich schätze, das Zentrum des Bösen ist nicht der Kapitalismus als Ganzes sondern die Monster Großbanken... Wir sollten versuchen herauszufinden, wo die wirklich schlimmen Entscheidungen getroffen werden... Wir benötigen eine gemeinsame Plattform für den Widerstand der christlichen und der islamischen Welt, weil die Anglo-Amerikaner die Christen und Moslems gegeneinander aufhetzen wollen... Weiterhin denke ich, es sei bedeutsam, eine gemeinsame Widerstandsfront in Europa zu bilden, um die Nationalstaaten zu verteidigen gegen alle Arten von Orangenen und Gelben Revolutionen, gegen NATO und westliche Kriegsführung, zum Beispiel gegen den Iran, und für die Substitution der Europäischen Union durch eine Konföderation souveräner Nationalstaaten, die sich von Bordeaux bis Wladiwostok erstreckt. Eine Eurasische Union also. Und die slawischen Staaten und Nationen sollten mit einer slawischen Nation starten. Das ist mein Wunsch als Deutscher."(12)

Der spärliche Beifall dürfte Schwerhörigen verwehrt geblieben sein. Eines allerdings beeindruckte die Gemüter der Konferenz-Teilnehmer; nämlich Elsässers Lamento, dass "das System der öffentlichen U-Bahnen und S-Bahnen in Berlin gegenwärtig in einem derart jämmerlichen Zustand ist, dass mehrere Linien geschlossen wurden, andererseits Züge viel langsamer laufen, so wie nach dem Zweiten Weltkrieg, als 70 Prozent der S-Bahnen zerstört waren". Kaffeeklatsch als Geopolitik.

Vier Emails an Elsässer mit Fragen des Autors zu den in Moskau aufgeworfenen Positionen wollte der Befragte weder beantworten noch diskutieren. Das war so nicht erwartet worden, schließlich weinte sich Elsässer zeitgleich auf seinem Blog "zu einem bemerkenswerten Artikel im 'Neuen Deutschland'" aus: "Bemerkenswert ist dreierlei: Die denunziatorische Methode, sich nicht mit den Inhalten von Konferenz und Referenten zu befassen, sondern die Leute anzuschwärzen, weil sie angeblich anrüchige Kontakte haben. Das ist die Kontaktschuld- und Sippenhaft-Konstruktion, die totalitäre Systeme schon immer auszeichnet. Die Methode, bestimmte Inhalte nicht argumentativ zu behandeln, sondern politisch-korrekt zu denunzieren, wird die Linke ihrer eigenen Basis entfremden."(13) Genau das ist Elsässers Hinterfotzigkeit: Anderen Maßstäbe anpressen zu wollen, die er selbst nimmer einzuhalten gedenkt, die für ihn offenbar keine Geltung haben.

Hier einige Fragen für deren Beantwortung sich der frisch gebackene Geopolitiker zu fein war: Bitte definieren Sie für den Leser das von Ihnen aufgeworfene (weltanschaulich-staatspolitische?) Gebilde des "Bösen", in dessen Zentrum Sie die Monster Großbanken ausmachen? Was ist das Gute am Kapitalismus? Welche schlimmen Entscheidungen meinen Sie, und welche Pläne schweben Ihnen vor, nachdem herausgefunden wurde, wo sie getroffen wurden? Um es dem Leser verständlich machen zu können. Es gibt also Ihrer Auffassung nach Big Bank Monsters, die Krieg gegen die Großindustrie führen und Big Bank Monsters, die in altbewährter Stamokap-Manier agieren (wie Sie anführen im Bündnis mit Obama)? Halten Sie eine Weiterentwicklung der Kapitalismus-Theorie nötig? Oder genügt es, den bösen Big Bank Monsters auf den Finger zu hauen usw. usf.?

Des Führers der Volksinitiative "Bericht von der Geopolitischen Konferenz (sic!) in Moskau" fiel nachgerade ebenso dünn aus wie sein Redebeitrag: "Eingeladen und gekommen waren um die hundert Personen - es war also eine Expertenkonferenz, nicht für Publikum. Zu den Stars der Versammlung gehörten Sergej Baburin, der frühere Vize-Präsident ­der Duma und heute Direktor an der Moskauer Wirtschaftsuniversität ... sowie Leonid Ivashov, ein legendärer General der Russischen Armee ... Daneben referierten weitere Vertreter des Instituts für Geopolitische Fragen ... sowie Vertreter aus der Ukraine, Polen, Montenegro, Israel, Libanon sowie meine Wenigkeit. Außer mir war kein Vertreter aus westlichen Staaten dabei ..., was auch dem Umstand geschuldet ist, dass die (im Hintergrund) mitveranstaltende Kommunistische Partei der Russischen Föderation (Vorsitzender: Sjuganov) keine allzu guten Erfahren mit ihren Bruderparteien (sic!) im Westen gemacht hat, weil diese nichts von der Verteidigung der Nationalstaaten halten ... Diese schwache Verbindungen mit dem Westen erklären wohl auch die ansonsten schwer verständliche Reputation, die das Ehepaar Larouche (sic!) bei den Veranstaltern genießt - beide waren durch eine Videoeinspielung indirekt mit von der Partie. Bei allem, was sie ansonsten falsch machen, sind sie jedenfalls bei der Verteidigung des Nationalstaates sattelfest, und das gefällt den Russen."(14)


"Kontaktschuld- und Sippenhaft-Konstruktion"

Die Diva Elsässer mag Kritik nicht gut leiden, schon gar nicht, wenn einer ihr mal das Röckchen lupft und darunter hausende rechte Kumpels entblößt. Carsten Hübner von der Tageszeitung Neues Deutschland hatte es am 22. September 2010 gewagt, in seinem Artikel "Zweifelhafte Stars. Bei der Konferenz der 'Volksinitiative' in Berlin kommen ausgewiesene Rechte zu Wort", Wahrheiten zu schreiben, was den Elsässer nachlesbar erregte; gern sei die Exaltation wiederholt: "Die denunziatorische Methode, sich nicht mit den Inhalten von Konferenz und Referenten zu befassen, sondern die Leute anzuschwärzen, weil sie angeblich anrüchige Kontakte haben. Das ist die Kontaktschuld- und Sippenhaft-Konstruktion, die totalitäre Systeme schon immer auszeichnet."

Erstens ist der Autor kein System. Zweitens ist Elsässer kein Oppositioneller oder prominenter Abweichler, dem Folter, Liquidation oder Schauprozess drohen würden. Nach Sibirien oder wenigstens Bautzen muss er auch nicht müssen. Nein, ein Stalin zum Beispiel hätte einen Elsässer gar nicht wahrgenommen. Vielleicht als Blähung, nicht als Größe! Und wer bitte sollte sich heutzutage aufgrund des Fehlens jeglicher Voraussetzungen auf beiden Seiten der Mühe unterziehen, Denunziationsberichte, Dossiers über das "schlechte Element" Elsässer zu verfassen, um die an die Kaderabteilung der Kommunistischen Internationale oder an die stalinistische Geheimpolizei weiterzureichen? Beide Einrichtungen sind sowieso zurzeit wegen Betriebsferien geschlossen. Und mit dem Verfassungsschutz haben es die Linken nicht so. Und was heißt "anschwärzen"? Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen, die Herrn Elsässer davon abhalten sollte, auf einer künftigen Neonazistischen Deutschen Einheitspartei Referate zu halten. Wie schrieb doch Karl Marx in seiner "Kritik des Gothaer Programms": "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!"

Der Elsässer soll's nicht so verbissen sehen, sich nicht so wichtig nehmen: Hübner und der Autor halten es eben mit dem Dichter Goethe, der in seinen Maximen und Reflexionen meinte: "Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist; weiß ich, womit du dich beschäftigst, so weiß ich, was aus dir werden kann." Bittschön, die schreibende Zunft darf doch mal analysieren mit wem eine Person, die sich vehement ins politische Leben und die Öffentlichkeit zu drängen sucht, so rummacht. Das ist interessant für den Leser, mitunter hilfreich für den Artikelhelden. Denn im Falle Elsässer geht es weder um Exekution noch Exkommunikation, sondern schlicht und einfach um Exkulpation: Nämlich die Befreiung des Journalisten und Aktivisten Elsässer von der Schuld, ein Linker zu sein.

Zurück zur Konferenz, somit zum Ausbau der "Kontaktschuld- und Sippenhaft-Konstruktion": Die Email-Anfrage des Autors "Konnte Sie die angekündigte Teilnahme z. B. von Lyndon LaRouche, Helga Zepp-LaRouche, Israel Shamir, Tomislav Sunic, N. M. Vitrenko usw. im Vorfeld nicht abschrecken?" wollte Elsässer ebenfalls nicht beantworten.(15)

Über die Sekte LaRouche und den darin gepflegten Personenkult gibt es ausreichend Literatur, und dass Elsässer in Moskau Vorbehalte gegen gewisse Inhalte dieser Bewegung äußerte, mag ihm gut zu rechnen sein. Nicht jedoch, eine Spielwiese betreten zu wollen, auf der ein Prof. Dr. Tomislav Sunic, der in der Schule von Alain de Benoist, dem Vordenker der französischen Neuen Rechten, steht, aufzutauchen gedachte. Sunic, Mitautor einer "Festschrift für David Irving" - Großbritanniens bekanntester Geschichtsrevisionist und Holocaust-Leugner -, zählt auch zu den "Freunden" des 1978 gegründeten "Institute for Historical Review" in Kalifornien, dass "seit 1979 mit jährlichen Kongressen die internationale Vernetzung der Holocaustleugner und Verbreitung ihrer Schriften betreibt. Es bestreitet in offiziellen Verlautbarungen, den Holocaust zu leugnen, vergibt aber keine Forschungsaufträge und veröffentlicht nur Aufsätze, die anerkannte Fakten des Holocaust als Übertreibungen, Fälschungen oder Fehldeutungen darstellen..." Der im kroatischen Zagreb lebende Ex-Diplomat Sunic ist ein langjähriger Freund der neofaschistischen NPD; vom 15. bis 17. August 2003 referierte er beispielsweise während einer "Sommeruniversität" im Saarland zur "Freund-Feind-Bestimmung in der Politik unter besonderer Berücksichtigung der Lehren von Carl Schmitt" (Dugin). Seine Mitstreiter waren Horst Mahler, der NPD-Parteivorsitzende Udo Voigt, Holger Apfel, damals Chefredakteur der "Deutschen Stimme", heutzutage sächsischer Fraktionsvorsitzender der NPD, und der Schweizer Geschichtsrevisionist Bernhard Schaub.(16) Immer wieder tritt Sunic als Redner bei NPD-Veranstaltungen auf. Zuletzt am 7. August 2010 in Jänkendorf in Ostsachsen auf dem "Pressefest" des NPD-nahen Deutsche Stimme-Verlages. Im dortigen "Niederschlesischen Feriendorf" am Quitzdorfer Stausee bei Niesky trat er vor 2000 Leuten als "Vertreter des nationalen Widerstandes weit über die Grenzen unseres deutschen Vaterlandes hinaus, aus dem befreundeten Europa" gemeinsam mit NPD-Chef Udo Voigt, Partei-Vize Karl Richter, Holger Apfel, dem Landesvorsitzenden von Sachsen-Anhalt Matthias Heyder, dem NPD-Multifunktionär Olaf Rose sowie dem russischen Neonazi Alexander Kamkin und dem spanische "Kameraden" Alberto Torresano auf. Musikalisch durchmischt wurde die braune Sause mit Auftritten der Rechtsrock-Bands "Sleipnir", "Brutal Attack", "Sturmwehr" sowie des unvermeidlichen Barden Frank Rennicke.(17)

Sunic, von der Moskauer Geopolitischen Konferenz in Moskau als Redner akzeptiert (siehe Fußnote 4), machte denn auch auf der Webseite der Russen mit seiner am 17. Oktober 2009 "vor der Altermedia Group in Oslo" (Pendant der deutschen Nazi-Seite Altermedia) gehaltenen Rede Werbung. Jeder der Teilnehmer konnte sich spätestens zu diesem Zeitpunkt von der Ideologie jenes Typen ein genaues Bild machen.(18) Der emeritierte Wirtschaftsprofessor Samir Amin, einer der bedeutendsten und einflussreichsten Intellektuellen der so genannten Dritten Welt, seit 1980 Leiter des "Dritte Welt Forum" in Senegals Hauptstadt Dakar, sagte im Unterschied zu Elsässer seine Teilnahme ab.(19) Es rettet Elsässer auch nicht, dass Sunic im letzten Moment doch nicht in Moskau erschienen war, weil er kurzfristig ein ihm doch wichtiger erscheinendes Interview an der Ostküste der USA bevorzugte.

Gruselig jedoch die Konferenz-Teilnahme von Israel Shamir. "Dieser sowjetische Jude ... hat zunächst gute Texte über alle israelischen Machtmissbräuche geschrieben. Aber die Dinge sind schnell abgeglitten. Für Shamir ist das Problem nicht der Zionismus, es ist das Judentum, mit dem es zu 'brechen' gelte. Shamir ist zum (orthodoxen) Christentum übergetreten, dessen übelste antisemitische Tradition er aufgegriffen hat: Ohne zu lachen behauptet er, die 'Protokolle der Weisen von Zion' seien echt und die Juden hätten Ritualverbrechen an den Christen begangen."(20) Ludwig Watzal fasste seine Ermittlungen 2006 im "Freitag" so zusammen: "Die Frage, wer eigentlich Shamir ist, lässt sich nicht sofort und eindeutig beantworten. Über seine Identität kursieren die unterschiedlichsten Versionen im Internet. Die geläufigste ist Jöran Jermas; andere sind Schmerling..., Robert David und Vassili Krasevsky. Seit Ende Mai 2005 wird er laut Meldung der schwedischen antifaschistischen Zeitschrift Monitor im Stockholmer Einwohnermeldeamt als Adam Ermash geführt. Laut Wikipedia und der Website Answers.com hat Shamir Verbindungen zur Neo-Nazi-Szene und faschistischen Sympathisanten wie Horst Mahler, Martin Webster, David Irving und David Duke. Nach Angaben schwedischer Behörden war er von 1984 bis 1993 unter dem Namen Jöran Jermas in Schweden registriert. Nach Ausbruch der ersten Intifada 1987 ging er nach Russland und schrieb über die dortigen politischen Umwälzungen bis 1993; von dort kehrte er nach Israel zurück. Seine Beiträge erschienen in der Tageszeitung Prawda und der extrem-nationalistischen russischen Zeitung Zawtra (Morgen)... 1998 kehrte er nach Schweden zurück. Im Juni desselben Jahres kontaktierte Shamir den englischen Historiker und Holocaustleugner David Irving von Schweden aus, um ihm Dokumente wie zum Beispiel Himmlers Tagebuchaufzeichnungen und andere Schriftstücke von Nazi-Größen anzubieten, die er über russische Kollegen vermitteln könne... 'Ihre und meine Interessen sind rein wirtschaftlich', schrieb er an Irving. Ein Deal kam nicht zustande."(21) Ein bekannter linker Journalist schrieb mir kurz vor der Moskauer Veranstaltung: "Und ich sehe Israel Shamir unter den angekündigten Gästen. Na, das wird eine Gaudi geben!" Er spielte auf das Zusammentreffen von Shamir und Elsässer an, insbesondere weil Letzterer im Verlaufe einer seiner zahlreichen ideologischen Fellwechsel auch mal für die "Allgemeine Jüdische Wochenzeitung" schrieb und ihm Shamirs anti-jüdisches und pro-nazistisches Unwesen eigentlich hätte wie Jauche aufstoßen sollen. Gefehlt. Furztrocken dazu der Kommentar unter einem Konferenz-Bild: "Israel Shamir auf dem Podium. Jürgen Elsässer - Rechts."(22)

Aller guten Beispiele sind drei. Aber machen wir es kurz: Während der Konferenz saßen sich gegenüber der deutsche Populist und Neu-Eurasier Elsässer (siehe Redebeitrag) und Dr. Nataliya Mikhailivna Vitrenko, Führerin der Sozialistischen Fortschrittspartei der Ukraine und Kandidatin für die Präsidentenwahl 2010. Die Mutter dreier Kinder und Fan und Mitarbeiterin der LaRouche-Bewegung positionierte sich seinerzeit korrekt gegen die ausländische Einflussnahme in die politischen Geschicke ihres Landes: "Es gibt keine orange Revolution, sondern nur einen orangenen Putsch. Die Besteller dieser so genannten Revolution waren die USA, ihr Vertreter ist Juschtschenko. Seine Aufgabe wird es sein, alle antirussischen Kräfte in der Region zu vereinen und gemeinsam mit Georgien, Moldawien, Kirgisien und Polen den Machtbereich Moskaus zu verkleinern."(23) Dr. Vitrenko trat im Jahre 2004 allerdings der "Eurasischen Bewegung" des eingangs erwähnten Aleksandr Dugin bei, wird sogar als Mitglied des Höchsten Rates der in Moskau ansässigen Organisation geführt. Ebenso ist sie seit 2005 im Höchsten Rat des Jugendflügels dieser Bewegung, des "Eurasischen Jugendverbandes", präsent.(24)

Das ist kein Widerspruch, denn "der radikal antiwestliche Ideologe und bekennende Faschist Alexander Dugin" brachte in Russland ein "besonders umtriebiges Netzwerk von politischen Ideologen und Aktivisten hervor, welches es vermocht hat, in staatliche Institutionen, die Massenmedien, Zivilgesellschaft und akademische Welt vorzudringen...

Während Dugin in den Neunzigern ein marginaler Publizist und wenig bekannter Verschwörungstheoretiker war, darf er heute als ein angesehener russischer Kommentator weltpolitischer Ereignisse im Allgemeinen und russischer Außenpolitik im Besonderen gelten. Diese Wandlung in der gesellschaftlichen Stellung Dugins geschah trotz dessen regen Interesses für das SS-Institut 'Ahnenerbe', seiner enthusiastischen Prophezeiung eines 'faschistischen Faschismus' für Russland... Seit seiner Gründung als Gesellschaftlich-Politische Bewegung 'Eurasien' 2001, hat Dugins wichtigste Organisation, die sich heute Internationale Eurasische Bewegung (IEB) nennt, eine ganze Reihe hochrangiger Politiker und Regierungsbeamter eingeschlossen..." Dabei halfen ihm wohl die "zunehmend aktive Verwendung des Begriffs 'Konservatismus' zur Selbstbezeichnung" und die Fortsetzung "seiner früheren Taktik einer bewussten Camouflierung seiner politischen Doktrin mit Hilfe von Termini, die heutiger russischer und internationaler politischer Korrektheit entsprechen".(25)

In seinem Buch "Alexander Dugin und die rechtsextremen Netzwerke" (Verlag Ibidem, 2007) schreibt Vladimir Ivanov. Fakt ist aber auch, "dass Dugin seine Theorien in enger Abstimmung mit der internationalen Neuen Rechten entwickelt hat. Ebenso lässt sich belegen, dass diese Neue Rechte aus Netzwerken hervorgegangen ist, die nach dem Krieg entstanden. Sie wurden von jenen Nazis, Faschisten und Kollaborateuren gebildet, die zu jener Zeit in die westlichen Geheimdienste integriert wurden, um den Kommunismus besonders wirkungsvoll zu bekämpfen". Die Hauptthese des Buchs ist, dass diese Gruppen Gesinnungsgenossen in den östlichen Geheimdiensten fanden, mit ihnen neue Netzwerke bildeten, in die auch jüngere Generationen einbezogen wurden. "Konservatismus", "Camouflage": Nachtigall, ick hör dir trapsen!


Vogt, NPD und FPÖ

Am 25. September 2010 fand in der Reinbeckhalle in Berlin-Oberschöneweide die von Elsässers "Volksinitiative" veranstaltete Konferenz "Der Euro vor dem Zusammenbruch" statt. Der Sympathisant Lothar Sommer, Betreiber von neutrales-deutschland.de und einer der Blogger auf Elsässer Webseite, die kaum mehr Stammkommentatoren hat als ein durchschnittliches Wohnhaus Mieter, freute sich nachgerade diebisch: "Die Anstrengungen der Organisatoren um Jürgen Elsässer, Michael Vogt, Sandra Müller ... zur Vorbereitung der Aktionskonferenz ... haben sich gelohnt."(26)

Da isser ja wieder, jener Michael Friedrich Vogt, den Jürgen Elsässer im Oktober 2009 in seinem Beitrag "Debatte: Gegen den neuen Faschismus" wie den Herzallerliebsten verteidigte.(27) Dem vorausgegangen war die Recherche "Die neue Querfront: Rechts und 'links' im Schulterschluss", in dem der Autor dieses Beitrages "Jürgen Elsässer... in einem langen Artikel ... recht plausibel enge Verbindungen ins rechte Lager nachgewiesen" hatte. "Die nach weit rechts weisenden Verbindungen Elsässers beziehen sich unter anderem auf seinen engen Kooperationspartner Michael Vogt, dem, so Elsässer, 'bekannten Internet-TV-Journalisten'. Dessen Netzwerk reicht nicht nur aus journalistischen Gründen sehr weit nach rechts: er kommt von dort. So ist er z. B. langjähriger Burschi der heftig rechtslastigen Münchener 'Danubia', die sich von Münchner AntifaschistInnen Offenheit gegenüber Rechtsextremismus nachsagen lassen muss. In einer Antwort an Külbel äußert sich Elsässer dazu wie folgt: 'Im übrigen streitet Vogt seine Zugehörigkeit zur Danubia nicht ab, der er seit seiner Jugend angehört. Das bedeutet zweifellos, dass Vogt ein nationalbewusster Konservativer ist - aber nicht, dass er ein Nazi ist. Linken wie Külbel ist dieser Unterschied freilich egal, für sie ist jeder Konservative oder demokratische Rechte gleich ein Rechtsradikaler oder Nazi.'"(28) Möge sich der Leser selbst ein Bild machen und genannte Beiträge auf Herz und Nieren prüfen.

"Stars" der Veranstaltung in der Reinbeckhalle waren vor allem der im Brüsseler Parlament sitzende Rechte Nigel Farage, der emeritierte Staatsrechtsprofessor Karl Albrecht Schachtschneider, der mit Regelmäßigkeit seine Kreise bei der rechtspopulistischen Gruppierung "pro Köln" und der rechtsextremen österreichischen FPÖ zieht. Für die sächsische NPD-Landtagsfraktion trat er 2005 als Sachverständiger bei einer Anhörung zum EU-Verfassungsvertrag auf.

Aber auch Elsässer freute sich diebisch, nicht, weil die Medien die Konferenz total ausgeblendet hatten, sondern weil da wer überhaupt noch berichtet hatte: "Am detailliertesten und neutralsten sind die Berichte auf 'www.unzensuriert.at', wo der Beitrag jedes einzelnen Redners zusammengefasst wird. Ich kenne die Seite ansonsten nicht und kann sie vor diesem Kenntnishintergrund nicht generell empfehlen, aber die Konferenzberichterstattung ist jedenfalls vorbildlich."(29) Der Autor schlug ihm diese Hintertür sofort zu und fragte per Email: "Wieso wissen Sie nicht - eine Minute Impressum studieren genügt -, dass 'unzensuriert.at' eine Homepage aus dem Dunstkreis rechtsextremer Burschenschaften und deren politischem (rechtem) Arm, der FPÖ, ist? Die wichtigsten Hetzer auf dieser Seite sind Walter Asperl (Burschenschaft Olympia), Alexander Höferl (Burschenschaft Gothia)(30), Martin Graf (Burschenschaft Olympia, FPÖ)(31), Norbert Hofer (FPÖ)(32), Walter Rosenkranz (Burschenschaft Libertas, FPÖ). Oberboss des Ganzen braunen Geschwaders und prominentester Kommentator auf 'unzensuriert.at' ist selbstverständlich Andreas Mölzer.(33)

Nun muss der Autor doch noch in die Klamottenkiste greifen: "Am 26. September 2007 tauchte der Name Michael Friedrich Vogt in einer 'Presseerklärung einer von der IST veranstalteten Tagung' auf. 'Er habe am Vortag an einer Veranstaltung der rechtsextremen Fraktion Identität, Tradition, Souveränität (ITS) des Europäischen Parlaments teilgenommen', stand dort zu lesen. Eingeladen hatte der österreichische Europapolitiker und FPÖ-Veteran Andreas Mölzer. Im EU-Parlament ist er der einzige FPÖ-Vertreter, doch nach der Wahl 2009 sollen ein paar deutsche Kollegen die Fraktion stärken; das ist sein Plan... Neben Michael Vogt stehen auf der Liste der rund 20 Teilnehmer die Namen der NPD-Führungsriege, darunter der niedersächsische Spitzenkandidat Andreas Molau ...", notierte der SPIEGEL am 12. November 2007.

Die NPD wurde auf dem rechten Gipfeltreffen in Straßburg von Molau, dem Parteivorsitzenden Udo Voigt und den Herren Holger Apfel, Udo Pastörs sowie Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg repräsentiert. Für die DVU reisten der Chef Gerhard Frey sen. sowie Gerhard Frey jun., Bruno Wetzel und Liane Hesselbarth an. Die REP vertraten der Parteivorsitzende Rolf Schlierer und Johann Gärtner, die Wahlgruppe "Pro Köln/"Pro NRW" die Herren Markus Beisicht und Markus Wiener. Profilierte Einzelpersonen der extremen Rechten, wie Harald Neubauer, Herausgeber und Eigentümer der Zeitschrift "Nation und Europa" sowie Vorstand der "Gesellschaft für Freie Publizistik", gaben sich ebenfalls die Ehre. Die ITS-Fraktion indes wurde von Jean-Marie Le Pen, Chef des französischen "Front National", von Frank Vanhecke, Vorsitzender des belgischen "Vlaams Belang", und dem Vorsitzenden des neofaschistischen italienischen "Movimento Sociale Fiamma Tricolore", Luca Romagnoli, vertreten.

"Vogt streitet jegliche Beteiligung ab: 'Ich kann mir nicht erklären, warum mein Name dort auftaucht, ich war an diesem Tag definitiv nicht in Frankreich, ich habe deshalb sofort veranlasst, dass mein Name gelöscht wird', sagte er (seinerzeit) auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE. Mehrere Veranstaltungsteilnehmer äußern sich ganz anders. So erinnert sich der stellvertretende Republikaner-Chef Johann Gärtner: 'Ich war geschockt, auf Leute wie Udo Voigt und Holger Apfel von der NPD zu treffen. Mit denen wollen wir nichts zu tun haben. Da war ich erfreut, Professor Michael Vogt zu sehen, den kenne ich schon lange.' Auch Rolf Schlierer, Bundesvorsitzender der Republikaner, sagte SPIEGEL ONLINE, er habe Michael Vogt am 25. September in Straßburg getroffen: 'Ja, er war da, wir haben sogar miteinander gesprochen.'" Eine Verwechslung scheint ausgeschlossen, "denn die REP-Funktionäre kennen Vogt schon seit geraumer Zeit. Schlierer und Vogt waren in ihrer Studienzeit in den 1970er-Jahren Funktionäre in der Deutschen Burschenschaft." Zudem hatte NPD-Sprecher Klaus Beier gegenüber der Frankfurter Rundschau erklärt, dass Vogt unterschrieben habe.

Vogt vergeheimniste noch im Juni 2009: "Ich tauche für ca. eine Stunde auf einer Internetpresseerklärung einer von der ITS veranstalteten Tagung auf. Diese Presseerklärung habe ich nie unterschrieben, mein Name dort war falsch, ein Versehen und wurde sofort, als ich darauf hinwies, gestrichen. Das war alles, ist aber nie zur Kenntnis genommen worden, sondern stets der Umstand betont worden, dass ich diese Presseerklärung unterschrieben hätte, was falsch ist." Die Fragen, ob Schlierer, Gärtner nun gelogen hätten, er gegen sie juristisch vorgegangen sei, wie er die Streichung innerhalb einer Stunde deichseln konnte, da er ja gar nicht in Frankreich war und kaum wissen konnte, was sich dort in irgendeiner Versammlung abspielte, dass da überhaupt eine Erklärung von irgendwelchen Leuten verfasst wurde, wollte er dem Verfasser dieses Artikels nicht beantworten. Seine Leipziger Studenten nahmen ihm die Ausrede damals sowieso nicht ab, denn sie hatten ihrem Dozenten längst hinterher spioniert und anderen braunen Unrat, der in der Folge besprochen wird, an den Tag gezerrt. Das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig beschloss aufgrund dessen am 22. November 2007, die Zusammenarbeit mit Vogt zu beenden: Nach Sichtung der Beweislage sei ein solcher Professor "nicht mehr haltbar". Die IST-Fraktion, die Einigkeit unter den zerstrittenen deutschen Rechtsextremisten stiften wollte, zerbrach mittlerweile ebenso; allerdings wegen rassistischer Ausfälle."(34)

Doch zurück zum Berliner Anti-Euro-Bezahl-Event: Genannter Lothar Sommer von neutrales-deutschland.de schwätzelte sich die Freude von der Seele: "Besonders interessant waren die Begegnungen mit Herrn Edgar Most und Eike Hamer und natürlich der glückliche Umstand, Frau Inge Rauscher und Herrn Helmut Schramm, vom Volksbegehren zum EU-Austritt Österreichs persönlich kennen zu lernen."(35)

Ach ja, die Rauscher! Was der Lothar Sommer vielleicht nicht weiß: Die geprüfte Englisch-Übersetzerin Inge Rauscher ist nicht nur Initiatorin der "Überparteilichen Plattform für den Austritt aus der EU". Sie ist auch Obfrau der von ihr 1988 gegründeten überparteilichen Arbeitsgemeinschaft "Initiative Heimat & Umwelt" (IHU), die seit 1991 die Zeitschrift "Wegwarte" herausgibt. Im Augustheft 2010 lud die IHU zu einem "Informations- und Diskussionsabend zum Thema der 'EURO-CRASH KOMMT! Griechenland war erst der Anfang'" ein. "Es spricht: Jürgen Elsässer aus Berlin, freier Journalist und Buchautor, am Freitag, 27. August 2010, um 19 Uhr, Wien-Grinzing im Heurigen-Restaurant 'Berger' - Himmelstraße 19."(36)

"Wer ist die Initiative Heimat und Umwelt? Die Initiative verbindet populistische Kritik an der EU mit einem massiven Austro-Patriotismus und explizit rechtsradikalem Gedankengut. So wettert die Initiative in ihrer Zeitung gegen die angebliche 'Befreiung' Deutschlands und Österreichs im Jahre 1945. Faktisch wird behauptet, dass nach 1945 mit den Nazis und Wehrmachtssoldaten ähnlich verfahren wurde, wie es zuvor die Nazis mit ihren Gegnern machten: "Massen von Soldaten und Zivilisten wurden gerade von den Amerikanern mit ihren Demokratisierungsheucheleien wie heute im Irak hinter Stacheldraht gebracht: auf den Rheinwiesen und anderswo sind laut einem Buch des Franko-Kanadiers James Bacque hunderttausende (!) Angehörige der Wehrmacht zu Tode gequält worden... Selbstverständlich trifft der Begriff 'Befreiung' auf alle Insassen und Häftlinge der KZ und Gefängnisse, aber auch auf alle Regimegegner zu, vielleicht auch für die damaligen ,Wendehälse'. Alle Gegner des Nationalsozialismus haben ein legitimes Recht auf die Bezeichnung 'Befreiung'. Warum aber gab es bei all den Befreiungsfeiern der KZ keinen einzigen Hinweis auf den nahtlosen Weiterbetrieb? Mit anderen Wachen und Insassen! Das war in Theresienstadt, Dachau, Ausschwitz mit Nebenlagern, Sachsenhausen, Buchenwald und anderswo der Fall, wo nach 1945 unglaubliche Bestialitäten nunmehr an Deutschen begangen wurden. Dazu kamen neue Vernichtungslager vor allem im slawischen Machtbereich: Schwientochlowitz, Rudolfsgnad, Sternthal und viele andere mehr. Wo war da die 'Befreiung'?

Ebenso engagiert sich die Initiative Heimat und Umwelt für die Freilassung des ehemaligen Arztes und verurteilten Betrügers Ryke Geerd Hamer. Hamer ist ein offener Antisemit und Begründer der so genannten "Germanische Neue Medizin".

Es ist daher auch kein Zufall, dass [...] Inge Rauscher, nach eigenen Angaben 1997 an einem FPÖ-Volkbegehren mitwirkte und im Jahr 2000 als Referentin der 35. Politischen Akademie der rechtsradikalen 'Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik' (AFP) auftrat. (Dieser Gruppe war man in Österreich die Leugnung von nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen sowie eine hetzerische Sprache gegen Ausländer, Juden und 'Volksfremde' vor. JCK) Aus all diesen Gründen ist es in fortschrittlichen Kreisen bekannt, dass es sich bei der Initiative Heimat und Umwelt um einen rechtsradikalen Verein handelt. Daher gibt es immer wieder organisierte Proteste, wenn die Initiative Heimat und Umwelt versucht, auf der Universität aufzutreten." (37)

Ob es dem Elsässer etwas ausmacht, dass die Rauscher Obfrau der rechtsradikalen österreichischen Organisation "Initiative Heimat und Umwelt" ist, eine Organisation, die seinen Grinzinger Abend organisierte und bewarb muss unbeantwortet bleiben; eine diesbezügliche Emailanfrage des Autors verhallte im Off.

Ach ja, seit Jahren ist auch Professor Schachtschneider mit der "Initiative Heimat und Umwelt" verbandelt. (38)


Euro kaputt schwafeln, harte Euronen abkassieren

Im Äther braust es schon heran, das Furcht erregende Brüllen der Braunbären: "Kranke Hirne, die zwischen dem Elsässer, dem Rechtsdemokraten Vogt, unseren deutsch-nationalkonservativen Burschenschaften, dem freundlichen Nachbarn FPÖ und überhaupt den Rechten irgendwelche Zusammenhänge konstruieren wollen! Verschwörung! Sippenhaft! Kontaktschuld! Zufall, alles reiner Zufall. So wahr mir Gott helfe. Ich schwöre aufs deutsche Grundgesetz". Allerdings hat sich mittlerweile ein Zuviel an Zufällen in Sachen Kontaktfreudigkeit des Elsässer nach Dunkelrechts angestaut; und seine Versuche, solcherart Wahrheiten, die ihm vorgehalten werden, in ihn stigmatisierende Beschuldigungen umzumünzen, sind wie die Versuche eines Erstklässler, den riesigen Tintenfleck auf der Hose mit dem winzigen Radiergummi wieder weg zu bekommen, längst zum Scheitern verurteilt.

Elsässer steckt in einem Dilemma. Der Großteil der Linken hat von seinen Überzeugungen, Visionen, den politischen Tagesformen, die im Rotationsprinzip wechselten, die Nase gestrichen voll, mag ihn weder mehr erhören noch publizieren noch kaufen. Es gibt aber auch einen Teil der Linken, der noch immer auf ihn schwört, was wiederum der Partei DIE LINKE unangenehm aufstößt, die sowieso aufgrund der ihr bewussten innerlichen Zerrissenheit nicht ganz zu Unrecht befürchtet, dass ihr ein cleverer Demagoge oder Populist Klientel rauben könnte. Aus diesem Grunde in guter Hoffnung mag Elsässer vielleicht die rechte Kröte, mit der er herumhüpft, auch nicht so recht vor der Öffentlichkeit schlucken. Da aus der Volksinitiative keine Massenbewegung wurde, eher eine Art Sekte - man lese nur die Beiträge auf Elsässers Blog und die Lobhudeleien samt Personenkult um den Führer -, fischt er offenbar an allen Rändern.

Unsäglich beispielsweise Elsässers Zusammenarbeit mit dem rechts-esoterisch-weltverschwörerischen Kopp-Verlag im Jahre 2009, "der vor allem mit Konspirologen-Kost, Pseudohistorie und Pseudowissenschaft sein Geld macht." Der Verlag "verfügt über Anbindung zur extremen Rechten. Neben einer engen Kooperation mit dem rechtsextremen Tübinger Grabert-Verlag (und früher mit dem rechts-neuheidnischen Arun-Verlag), wird auch in rechten Publikationen Werbung für den Kopp-Verlag geschaltet. Beispielsweise in der nationalliberalen Monatszeitschrift 'eigentümlich frei' oder der ultrarechten Wochenpostille 'Junge Freiheit'. Darüber hinaus haben auch einzelne Kopp-Autoren gute Kontakte zur rechten Szene bzw. dürfen ihr zugerechnet werden."(39) Vogt lässt grüßen. Noch unsäglicher wäre es, sollte die Behauptung eines Aussteigers der Volksinitiative stimmen, dass Elsässer seine Texte für Kopp mit dem Islam-Basher Udo Ulfkotte abstimmte, der diese sogar redigiert haben soll.(40) Der Autor möchte sich diese Aussage nicht zu Eigen machen, da Elsässer auch eine diesbezügliche Anfrage nicht beantwortete.

Elsässer ist ein Autor, der wie jeder andere Schreiber seine Ware Text verkaufen muss. Zu dem Zeck hat er sich nun mit dem berühmt-berüchtigtem Verlag Kai Homilius, der den Antikommunisten Jan von Flocken als Dauerstar präsentiert, mit seiner Buchware in der 'Jungen Freiheit' warb, zusammengemengt. Ein Kommentator auf Elsässers Blog lieferte den Anstoß: "... sollte sich mal damit beschäftigen, warum Christoph Hörstel und Elsässer in COMPACT zusammen auftreten?" Die Antwort ist banal: Elsässer kreierte die Marke COMPACT und verkauft die als Ware Taschenbuch, demnächst als Ware Monatsmagazin COMPACT; hinzukommen Verkauf der Ware Event oder Konferenz.

Zwar müssen Abonnenten, Abonnenten, Abonnenten her. Doch Bändchen wie "Iran - Fakten gegen die westliche Propaganda" laufen wie von selbst und Kosten sparend, besonders dann, wenn darin Texte von Autoren mit gutem Namen abgedruckt wurden, mit denen es sich gut Werbetour machen lässt. Ungeachtet dessen, dass einige Damen und Herren Mitautoren von dem fertigen Produkt nichts wissen, nie nach Urheberrechten befragt worden sind. Stichproben ergaben folgendes: Die Professorin der Politwissenschaften Virginia Tilley, die in Südafrika arbeitet, zeigte sich völlig überrumpelt, dass in diesem Buch ihr Text "Die Erfindung eines neuen Hitler" abgedruckt wurde: "Ich weiß nicht, dass in dem Buch ein Kapitel von mir drin ist. Wer ist der Herausgeber? Das ist sehr befremdlich. Ich werde das herausbekommen."(41) Auch "Mitautor" Thierry Meyssan, der das Kapitel "Schlachtfeld Telekommunikation" geliefert haben soll, hatte keinen blassen Schimmer: "Ich habe keine Beziehung zu Elsässer."(42)

Ab 2011 soll nun auch das Monatsmagazin COMPACT erscheinen. Das macht der Elsässer zusammen mit dem Herausgeber der "Islamischen Zeitung", Herrn Abu Bakr Rieger. Der wiederum ist für seine 1993er Brandrede bekannt: "Wie die Türken, so haben auch wir Deutsche oft schon in der Geschichte für eine gute Sache gekämpft, obwohl ich zugeben muss, dass meine Großväter bei unserem gemeinsamen Hauptfeind nicht ganz gründlich waren." (43) Man will ja nicht wieder und wieder ins Elsässer'sche Sensibelchen treten: Ja doch, der Rieger hat sich Jahre danach entschuldigt. Der Tintenfleck bleibt.

Vielleicht dreht sich letztendlich doch alles nur um bare Münze? Und wie es der Drücker vor der Haustür tut, muss auch in diesem Falle Lese-Kundschaft angelockt werden; egal, ob der Käufer dann nun Taubenzüchter, Buddhist, Kommunist, Revanchist, Chef eines Flohzirkus ist. Der kleinen Sekte um Elsässers kann das alles egal sein; Hauptsache der Herr spricht jeden Tag neue Wahrheiten und Weisheiten.

Kommentator "Pedro" echauffierte sich jüngst wegen des Bezahlereignisses "Anti-Euro-Konferenz" auf dem national-liberalen Blog "eigentümlich frei": "Dafür zahle ich keine 50 Euro Eintritt. Diese Typen wollen einerseits den Euro kaputt schwafeln, dann aber auf der anderen Seite harte Euronen abkassieren. Für mich sind das Heuchler und Schwachmaten."(44) Der Typ hatte offenbar grob gerechnet: 670 Besucher mal Eintritt minus 600 Euro Hallenmiete. Der umtriebige Elsässer wird die Ausgaben gegen rechnen müssen; für Prosecco oder Bally sollte was übrig bleiben.

Ja, die hehrsten Ideale sinken
in den Sack,
wo blanke Münzen blinken...
(Erich Mühsam, Ideal und Wirklichkeit, 1929)


Anmerkungen:

1) Linker Journalist und Buchautor verlässt ausgetretene Pfade, 12. Januar 2009; http://www.deutsche-stimme.de/ds/?p=660

2) Von der Rettung des Nationalstaates - Interview mit Jürgen Elsässer, 23. September 2009,
http://endstation-rechts.de/index.php?option=com6k2&view=item&id=1720:von-der-rettung-des-nationalstaates-%E2%80%93-interview-mit-j%C3%BCrgenels%C3%A4sser&Itemid=584

3) Hilflose Hetze der Prosecco-Linken gegen Anti-Euro-Konferenz, 30. September. 2010;
http://juergenelsaesser.wordpress.com/2010/09/30/hilflose-hetze-der-prosecco-linken-gegen-anti-euro-konferenz/

4) Schriftliche Mitteilung eines Kollegen vom 27. September 2010

5) Offener Brief an meine Kolleginnen und Kollegen im "Neuen Deutschland", 27. Januar
2009; http://juergenelsaesser.wordpress.com/2009/01/27/neues-deutschland-ohne-elsasser/

6) Jürgen Elsässer, "Die anti-deutsche Orientierung in der (Golf-) Krise" in "ak - analyse & kritik", Nr. 328 / 11.03.1991

7) Presseerklärung der Volksinitiative, 12. Januar 2009: http://die-rote-fahne.eu/headline202.html

8) Persönliche Mitteilung vom 26. Oktober 2009

9) Persönliche Mitteilung vom 7. Februar 2010

10) Elsässer spricht in Moskau, 2. November
http://juergenelsaesser.wordpress.com/2009/11/02/elsasser-spricht-in-moskau/

11) Kurzdefinition von Tomasz Konicz

12) Wer die Rede hören will, lade sich unter http://www.anti-glob.ru/radio.htm den ersten Teil herunter;
[russische Adresse siehe Originalpublikation oder offen-siv-webside]

13) Hilflose Hetze der Prosecco-Linken gegen Anti-Euro-Konferenz, 30. September 2010;
http://juergenelsaesser.wordpress.com/2010/09/30/hilflose-hetze-der-prosecco-linken-gegen-anti-euro-konferenz/

14) Verteidigung der Nationalstaaten, 6. Dezember 2009;
http://juergenelsaesser.wordpress.com/2009/12/06/verteidigung-der-nationalstaaten/

15) Conference "Let the Earth life", Participants; http://www.anti-glob.ru/public-conf/indexeng.html

16) NPD-"Sommeruniversität" im Saarland, Nach den Rechten sehen, AN 14-17/2003;
http://www.nrw.vvn-bda.de/hma/266aug62003.htm

17) Das war das Pressefest 2010! Wo man singt, da laß Dich nieder...; http://www.ds-pressefest.de/

18) The Sunic Journal. Speech Given to Altermedia Norway in Oslo;
http://www.anti-glob.ru/public-conf/suicnorge.htm

19) http://de.wikipedia.org/wiki/Samir_Amin

20) Pierre Stambul. Der Fall Israel Shamir; http://www.steinbergrecherche.com/judaeophobie.htm

21) Ludwig Watzal: Der Journalist und das "Imperium" Rätselraten um die Identität des Israel-Kritikers und Sachbuchautors Israel Shamir;
http://www.freitag.de/2006/06/06061502.php

22) Zweites Bild von oben; http://www.anti-glob.ru/public-conf/photo.htm

23) Die politischen Zustände in der "nachrevolutionären" Ukraine, junge Welt, 28. und 31. Mai 2005;
http://ag-friedensforschung.de/regionen/Ukraine/hofbauer.html

24) Vitrenko's flirtation with Russian "Neo-Eurasianism", 14. Juni 2007; http://www.kyivpost.com/news/opinion/op_ed/detail/26787/

25) Andreas Umland: Faschistische Tendenzen im russischen Establishment: Alexander Dugins Internationale Eurasische Bewegung;
http://www.ukraine-nachrichten.de/index.php?id=1953

26) Euro-Konferenz: Ein toller Erfolg;
http://juergenelsaesser.wordpress.com/2010/09/26/euro-konferenz-ein-toller-erfolg/

27) Jürgen Elsässer: Debatte: Gegen den neuen Faschismus;
http://www.hintergrund.de/20091023518/politik/inland/debatte-gegen-den-neuen-faschismus.html

28) Hans Christoph Stoodt: Weder Pest noch Cholera!, 26. Oktober 2009;
http://www.trend.infopartisan.net/trd1109/t081109.html

29) Volkswiderstand gegen das Euro-System, September 27, 2010;
http://juergenelsaesser.wordpress.com/2010/09/27/volkswiderstand-gegen-das-euro-system/

30) http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Graf

31) http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Graf

32) http://de.wikipedia.org/wiki/Norbert_Hofer

33) http://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_M%C3%B6lzer

34) Jürgen Cain Külbel: Die neue Querfront: Rechts und "links" im Schulterschluss;
http://www.hintergrund.de/20091016513/politik/inland/die-neue-querfront-rechts-und-links-im-schulterschluss.html

35) Lothar Sommer: Eindrücke von der Aktionskonferenz Euro am 25.09.2010 in Berlin; http://neutrales-deutschland.de/

36) Wegwarte, August 2010; http://www.webinformation.at/material/wegwarte_august2010.pdf

37) Michael Pröbsting: Wenn sich Linke mit rechtsradikalen EU-Gegnern zusammentun;
http://www.sozialistische-revolution.org/phpwcms/index.php?id=31,683,0,0,1,0

38) Wegwarte; http://www.webinformation.at/htm/ihu%20inge%20rauscher.htm

39) Der Rottenburger Kopp-Verlag: Verschwörungen allerorten, 16. Juli 2009; http://www.jpberlin.de/tueinfo/cms/node/18826

40) Mitteilung an den Autor am 3. Februar 2010

41) schriftliche Mitteilung vom 9. November 2009

42) schriftliche Mitteilung vom 18. Oktober 2009

43) http://www.metacafe.com/watch/83468 4/andreas_abu_bakr_rieger/

44) http://ef-magazin.de/2010/09/17/2550-aktuelle-nachricht-dokumentation-der-einladung-euro-skeptiker-laden-zu-grosser-aktionskonferenz

Raute

Hans Fricke: Der rechte Rand der bürgerlichen Parteien

Bereits in der PANORAMA-Sendung Nr. 614 vom 6. Juni 2002 zum Thema: "Vertuschen und verdrängen - Rechtsradikale in der CDU" hatten die Rechercheure Ariane Reimers und Volker Steinhoff ausführlich über Namen und Daten vom braunen Rand der CDU berichtet. Sie stellten fest, dass einige der Versammelten beides zusammen in einer Person waren: CDU-Mitglied und rechtsradikal. Etwa Dr. Albrecht Jebens, Vorstandsmitglied der rechtsextremen "Gesellschaft für Freie Publizistik", der auf die Frage der Interviewerin, ob das zusammen geht, Mitglied der CDU und gleichzeitig Funktionsträger der rechtsextremen Gesellschaft für Freie Publizistik zu sein, mit einem klaren "Natürlich geht das zusammen", antwortete.

Dabei ist dem Verfassungsschutz diese Gesellschaft durch Hetze gegen Juden und durch Verharmlosung des Holocaust bestens bekannt und gilt in den Verfassungsschutzberichten als "bedeutende rechtsextremistische Kulturvereinigung". Auch bei der vornehmen Gesellschaft in Weikersheim war dieses Vorstandsmitglied der rechtsextremistischen Organisation und CDU-Mitglied herzlich willkommen und umringt von prominenten Parteifreunden, darunter der damalige hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und der frühere brandenburgische Innenminister. General a.D. Jörg Schönbohm (CDU), der eigentlich Rechtsradikale hatte bekämpfen sollen.

Helmut Rannacher vom Verfassungsschutz Baden-Württemberg erklärte dazu: "Ich hätte bei der Gesellschaft für Freie Publizistik gar keinen Zweifel, dass es sich hier um eine deutlich rechtsextremistische Organisation handelt." Wer dort auftritt, muss sich dies anrechnen lassen, und er muss vor allem auch wissen, dass er sich eindeutig im rechtsextremistischen Milieu bewegt. Doch auch hier klappte die Regie: Der Ex-CDU-Innenminister von Brandenburg erklärte, seinen rechtsradikalen Parteifreund Jeben nicht zu kennen und auch die CDU-Führung in Berlin gab sich ahnungslos.

Ein anderer CDU-Mann, Professor Knütter, erregte wegen seiner rechtsradikalen Auslassungen ebenfalls die Aufmerksamkeit von PANORAMA. Er referiert gern auf weniger öffentlichen Veranstaltungen, etwa in Hohenroda, einem entlegenen Dorf in Hessen, beim Gipfeltreffen der deutschen Naziszene. Kein Wunder, dass bei diesem Treffen Filmaufnahmen unerwünscht waren, denn hier trafen sich neben CDU-Mitgliedern wie Knütter auch führende NPD-Funktionäre, bekannte Auschwitz-Leugner und gewaltbereite Neonazis.

Eingeladen hatte die "Gesellschaft für Freie Publizistik". Den Mitarbeitern von PANORAMA gelang es nicht, in den Versammlungssaal zu gelangen, in dem 350 Rechtsradikale den Ausführungen von Professor Knütter lauschten. Dennoch gelangten sie an eine Tonaufnahme seines Vortrages, in dem er die schlagkräftigen jungen Kameraden lobte und Gewalt mit Leidenschaft propagierte.

O-Ton (Tonbandmitschnitt) Prof. Hans-Helmuth Knütter (CDU) "Diese jüngeren Leute werden sich, wie Jüngere das tun können, mit persönlichem, mit körperlichem Einsatz für die Durchsetzung der politischen Ziele einsetzen, und das ist gut, das ist hervorragend. Die Älteren können aber auch etwas tun. Man wird auch den hier Anwesenden aufgrund ihres Alters wohl kaum zumuten können, sich an Saalschlachten und Straßenkämpfen zu beteiligen. Aber was sie tun können, ist natürlich: Geld sammeln, Aktionen ermöglichen." Dass seine aufputschenden Worte bei seinen Zuhörern auf fruchtbaren Boden fallen, zeigt zum Beispiel die Bedrohung des Bürgermeisters der Gemeinde Lalendorf in Mecklenburg-Vorpommern, Reinhard Knaak (DIE LINKE), durch ein knappes Dutzend Rechtsextreme, die von der Polizei nur durch den Einsatz von Pfefferspray von dessen Grundstück entfernt werden konnten. Ein sehr ernst zu nehmendes Vorkommnis, zu dem der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion erklärte: "Die Rechtsextremen verbreiten Angst und Schrecken und versuchen damit, aufrechte Kommunalpolitiker einzuschüchtern." DIE ZEIT Online und taz.de nannten diese Bedrohung Vorstufe bzw. Frühform des Terrors. Mittlerweile steht das Haus des Bürgermeisters unter Polizeischutz.

Es gab 57 Aufmärsche der extremen Rechten mit ca. 23.000 Teilnehmern in den ersten drei Quartalen dieses Jahres. Unter der Losung des "Kampfes um die Straße" gehören Kundgebungen und Demonstrationen zu ihrem typischen Aktionsrepertoire. Die Größe dieser Aufmärsche reicht von einer Mahnwache mit einem Dutzend bis zu Großdemonstrationen mit über 5.000 Teilnehmern. Die ca. 120 Rockkonzerte und Liederabende der extremen Rechten während dieser Zeit mit ca. 11.300 Teilnehmern zeigen ebenfalls eine steigende Tendenz (entnommen: der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE - Drucksachen 17/3415 und 17/3416-)

Ausgeprägt sind auch Aufsätze rechtsradikaler CDU-Mitglieder in Zeitschriften und Büchern rechtsradikaler Verlage, so etwa im Verlagsimperium des rechtsextremen Grabert-Verlages. Ihre Themen sind dem Verfassungsschutz seit Jahren bekannt. Einer von ihnen ist der Geschichtsprofessor und CDU-Mann Prof. Dr. Klaus Hornung, der oft und gern publiziert und ebenfalls Vorträge in rechtsextremen Vereinigungen hält.

Helmut Rannacher vom Verfassungsschutz Baden-Württemberg dazu: "Das Thema Holocaust, Auschwitz-Lüge spielt natürlich eine Rolle. Wir haben tendenziell auch in einer Reihe von Werken rassistische Tendenzen, die hier immer wieder zu verfolgen sind. Also die gesamte Palette rechten, rechtsextremen Gedankenguts kommt hier immer wieder hoch... Wir gehen schon davon aus, dass sich jemand, der in einem entsprechenden Verlag veröffentlicht, der einen entsprechenden Vortrag hält bei einer Organisation, die im Verfassungsschutzbericht erscheint, dass der sich im Klaren darüber ist, in welcher Gesellschaft er sich befindet."

Auch Klaus Hornung trat im Schloss Weikersheim auf, war sogar Präsident dieses rechtskonservativen Treffens. Doch sein prominenter Stellvertreter, Ex-CDU-Innenminister Schönbohm, wollte von den Aktivitäten seines Parteifreundes bei den Rechtsradikalen ebenso wenig wissen, wie der damalige CDU-Generalssekretär Laurenz Meyer. Die Liste rechtsextremistischer CDU-Mitglieder ist lang. Zu ihnen gehören laut PANORAMA beispielsweise auch Joachim Siegerist - nicht nur wegen Volksverhetzung verurteilt, sondern auch noch Chef des rechtsradikalen Vereins "Die deutschen Konservativen" oder Hannes Kaschkat - der Vertriebenenfunktionär der CSU publiziert im rechtsextremen Grabert-Verlag wie auch verschiedene Auschwitz-Leugner.

Nicht zu vergessen das Engagement von Mitgliedern der schwarz-gelben Koalitionsparteien in der Deutschen Burschenschaft (DB). Sie ist mit ca. 110 Verbindungen und etwa 12.000 Mitgliedern einer der größten Dachverbände von Verbindungsstudenten und kann getrost als eine extrem rechte Vereinigung bezeichnet werden, aus der unter anderem die NPD ihren politischen Nachwuchs rekrutiert. Eine wichtige Funktion der DB besteht darin, als Bindeglied zwischen der extremen Rechten und rechtskonservativen Kreisen zu fungieren. Denn sowohl rechtskonservative CDU'ler, Bundeswehrgeneräle als auch Neonazis finden ihre Heimat in der Deutschen Burschenschaft.

So gehört zum Beispiel Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) seit Jahrzehnten der DB-Burschenschaft Franco Bavaria München an. Auch zwei NPD-Landtagsabgeordnete aus Sachsen gehören zu einer DB-Mitgliedsvereinigung (Burschenschaft Dresdensia Rugia Geißen). Außerdem haben mehrere Abgeordnete der NPD in kommunalen Parlamenten die politische Sozialisation in einer Burschenschaft durchlaufen. Neben Aktivisten der NPD gehören den Mitgliedsbünden viele Politiker der etablierten Parteien an, vor allem Politiker aus CDU, CSU und FDP. So zogen im Herbst 2009 unter anderem Mitglieder der Burschenschaften Adelphia Würzburg (Paul Lehrfeder, CSU) und Alemannia Stuttgart (Joachim Pfeifer, CDU) in den Reichtag ein. Auch der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl gehört zur Münchner Burschenschaft Arminia-Rhenania.

Uhl ist innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und in dieser Funktion auch mit dem Inlandsgeheimdienst ("Verfassungsschutz") befasst, der für die staatliche Beobachtung der extremen Rechten zuständig ist. Er gehört zudem dem Parlamentarischen Kontrollgremium an, das in gewissen Umfang die Geheimdienste kontrolliert. Sascha Jung (Burschenschaft Danubia) redete PANORAMA gegenüber Klartext: "Es ist halt so, dass zahlreiche Mitglieder der Aktivitas - die alten Herren ohnehin - Mitglieder von CDU und CSU sind oder Junge Union der CSU. Und das sind vor allem auch diejenigen, die in den letzten Jahren für die politische Arbeit meines Bundes, die eine sehr ausgeprägte politische Arbeit ist, also immer wieder für interessante Vorträge verantwortlich sind".

Also CDU/CSU-Mitglieder als Extremisten in der vom damaligen bayrischen CSU-Innenminister Günther Beckstein als "eindeutig rechtsextremistisch" eingeordneten Burschenschaft Danubia. Da bleibt auch ihm als strammen Parteisoldaten nichts anderes übrig, als sich angesichts Sascha Jungs unmissverständlicher Aussage über die Aktivitäten seiner Parteifreunde unwissend und überrascht zu zeigen.

O-Ton Günther Beckstein: "Es muss unter Umständen eine Partei auch Leute ausschließen, wenn es sich herausstellen sollte, dass Extremisten in der Partei sind. Aber darüber habe ich keine Kenntnis. Für mich ist dieses Thema, ehrlich gesagt, bisher auch nicht aufgetaucht."

Diese gespielte massive Ahnungslosigkeit von Parteioberen der Union veranlasste PANORAMA am 6. Juni 2002 zu einer Presserklärung mit folgender Überschrift: "CDU-Mitglieder in rechtsextremistischen Organisationen aktiv. Aufruf zu 'Straßenkämpfen und Saalschlachten' - Verharmlosung des Holocaust. CDU-Generalsekretär Laurenz Mayer beteuert Ahnungslosigkeit." Mit folgender "Bitte" gegenüber den PANORAMA-Mitarbeitern setzte der CDU-Generalsekretär seiner Heuchelei die Krone auf: "Da muss ich Sie wirklich schon bitten, wenn Sie da wirklich etwas haben, vielleicht dass Sie uns das einmal schriftlich geben. Und dann werden wir uns da selbstverständlich mit beschäftigen."

Wem diese skandalösen Ergebnisse der Recherchen von Ariane Reimers und Volker Steinhoff unglaubwürdig erscheinen, der möge sich nicht nur ihre Reportage, sondern auch die von ihnen dazu gelieferte Video-Kassette mit den Auslassungen rechtsradikaler CDU-Mitglieder, Länge 10:04 Minuten, ansehen (http://www.klick-nach-rechts.de/gegenrechts/2002/06/cdu-csu.htm). Erwartungsgemäß stellte PANORAMA in ihrer Sendung vom 2. November 2003 fest, dass die 1 ½ Jahre zuvor in der Sendung Nr. 614 genannten rechtsextremistischen CDU/CSU-Leute noch immer Mitglieder ihrer Partei waren. Martin Hohmann (CDU) war meines Wissens der einzige CDU-Mandatsträger, der wegen seiner antisemitischen Äußerungen aus der CDU-Bundestagsfraktion und aus der Partei ausgeschlossen wurde.

PANORAMA stellte schon am 13. November 2003 fest, dass mit Hohmann "einer geht, viele bleiben", womit das Problem der CDU/CSU mit ihrem rechten Rand bestehen bleibe. Denn Hohmann habe viele Gesinnungsfreunde in der Union. Und auch andere Mitglieder würden immer wieder ganz unverhohlen mit rassistischen, antisemitischen oder sogar rechtsradikalen Parolen und Aktivitäten "glänzen". In einer Presserklärung vom gleichen Tag hieß es: "Eine Mehrheit der CDU-Wähler und -Sympathisanten hält die Äußerungen des umstrittenen CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann nicht für antisemitisch. 49 Prozent im Unionslager finden sogar, dass Aussagen, wie Hohmann sie gemacht hat, heute möglich sein müssten." Und ein weiteres Mal wies PANORAMA nachdrücklich darauf hin, dass all das in der Berliner Parteizentrale längst bekannt sei und der CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer damit konfrontier wurde.

Wie es mit "Aufarbeitung" der nazistischen Vergangenheit vieler Parteioberen und Mandatsträger von CDU und CSU und deren Verantwortung für die flächendeckende Renazifizierung in der BRD nach 1945 aussieht, ist hinreichend bekannt. Es sei nur an Namen wie Globke, Filbinger und andere sowie an Karieren von Nazi- und Kriegsverbrechern in der Adenauer-Ära vom Schlage eines Speidel, Heusinger, Gehlen, Foertsch, sowie an die vielen "Mörder in schwarzen Roben" der Freislerischen Terrorjustiz, und an die Übernahme schwer belasteter SS- und Polizeiführer in die Sicherheitsdienste der BRD erinnert.

Weniger bekannt ist dagegen die ebenfalls bis heute unterlassene "Aufarbeitung" durch die FDP, der "Frontal 21" deshalb die Sendung vom 16. November 2010 unter der Überschrift: "Unbewältigte Vergangenheit - Die FDP und die Nazis" von Joachim Bartz, Reinhard Laska und Key Meseberg widmete. Darin wird gezeigt, wie die FDP - sie stellte in ihrer 42jährigen Regierungsverantwortung sechs Vizekanzler in 15 verschiedenen Kabinetten, vier Außenminister und zwei Bundespräsidenten - in den Nachkriegsjahren ganz gezielt versuchte, ehemaligen Nazis eine rechte Heimat zu bieten. Die 89-jährige ehemalige FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher berichtete im "Frontal 21"-Interview von liberalen Politikern mit nationalsozialistischem Hintergrund. Die habe es damals nicht nur in NRW, sondern auch in Hessen, Niedersachsen und Oberbayern gegeben. Über FDP-Parteitage Anfang der 50er Jahre sagte sie: "Es war gespenstisch".

Die Entnazifizierung war der FDP ein besonderer Dorn im Auge. Sie konnte sich nicht einmal mit einer wesentlichen Milderung des bisherigen Entnazifizierungsverfahrens anfreunden. Als der Bundestag Ende 1950 mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD-Opposition einen entsprechenden Antrag beschloss, stimmte die FDP gemeinsam mit der neonazistischen Deutschen Partei (DP) und der rechtsextremen Deutschen Reichspartei (DRP) dagegen. Auf ihrem Bundesparteitag im September 1951 in München verlangte die FDP die Freilassung aller "so genannten Kriegsverbrecher" und begrüßte die kurz zuvor erfolgte Gründung eines "Verbandes Deutscher Soldaten" aus ehemaligen Wehrmachts- und SS-Angehörigen.

Auf ihrem Essener Parteitag am 14. Juli 1952 bekräftigte sie ihre Forderung nach einer Generalamnestie für "sogenannte Kriegsverbrecher" und erklärte, niemand "dürfe wegen seiner politischen Gesinnung in der Vergangenheit Staatsbürger minderen Rechts oder Ansehens sein". Ein paar Tage später drohten zwei Dutzend FDP-Parlamentarier, sie würden die Ratifizierung des Deutschland-Vertrages und des EWG-Vertrages ablehnen, falls nicht bis zur dritten Lesung eine große Anzahl Kriegsverbrecher von den Alliierten freigelassen würden.

Die FDP habe weder mit Freiheit noch mit Demokratie das Geringste zu tun, kritisierte der bayrische DGB-Vorsitzende Max Wönner im Oktober 1951. Sie stelle nichts anderes dar als eine deutsch-nationale Scharfmacherpartei, die im "edlen Wettstreit" mit der sozialistischen Reichspartei (SRP) stehe. (Die SRP war eine offen nationalsozialistische Partei in der BRD, die sich selbst in der Tradition der NSDAP sah. Sie wurde als erste Partei der BRD durch das Bundesverfassungsgericht verboten.)

Vor diesem Hintergrund war es dann nur folgerichtig, dass der Wehrmachtsmajor a.D., ehemaliger stellvertretender Kommandeur eines Infanterie-Regiments und Ritterkreuzträger, Erich Mende, 1960 Bundesvorsitzender der FDP wurde. Von 1963 bis 1966 war er Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen und Stellvertreter des Bundeskanzlers. Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhard Baum (FDP) bemängelte im "Frontal 21"-Interview bei den jüngeren Parteimitgliedern eine "eklatante Unkenntnis der Geschichte der eigenen Partei". Gleichzeitig forderte er eine Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit seiner Partei. Die hat es, so Baum gegenüber "Frontal 21", in der FDP bisher nicht gegeben und es sei an der Zeit, das nachzuholen.

Zum Vertuschen und Verdrängen der Vergangenheit der eigenen Partei, der folgenschweren Verharmlosung der neonazistischen Gefahr und der aktiven Mitarbeit von Mitgliedern der CDU/CSU und FDP in rechtsextremistischen Organisationen kommt noch die jüngste anmaßende Forderung der Landes-CDU von NRW, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im nordrhein-westfälischen Landtag, Rüdiger Sagel, solle sich dafür entschuldigen, dass er von deren Nazi-Vergangenheit gesprochen habe.

Nachfolgend seine in "junge Welt" vom 4./5.12.2010 veröffentlichte treffliche Antwort: "Für meinen NS-Vorwurf an die NRW-CDU werde ich mich nicht entschuldigen, denn ich habe dies in der Veröffentlichung '60 Jahre Landtag NRW. Das vergessene braune Erbe' (München 2009)' mit zahlreichen Dokumenten aus Archiven, unter anderem dem Bundesarchiv in Berlin, belegt. CDU und noch in verstärktem Maße die FDP in NRW, mit zahlreichen Fraktionsvorsitzenden mit NS-Vergangenheit, haben ein bisher unbearbeitetes Problem damit. Beide Parteien hatten zahlreiche Abgeordnete mit Nazi-Vergangenheit im Landtag, die nach dem Krieg auch Führungspositionen innehatten und die strafrechtliche Verfolgung von Naziverbrechen behindert haben. Vielmehr sollte sich die CDU öffentlich entschuldigen, denn sie hat ihre NS-Vergangenheit bisher nicht aufgearbeitet. Wenn die CDU immer wieder auf den Verfassungsschutz hinweist, dann stellt sich die Frage, warum sich dieser nicht um die CDU und vor allem FDP gekümmert hat. Solange die CDU in NRW sich weigert, ihre NS-Vergangenheit aufzuarbeiten, bleibt sie stets verbunden mit Namen wie dem des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Gerhard Holz, der schon vor 1933 in der NSDAP war, oder SS-Mitgliedern wie den späteren CDU-Abgeordneten Freiherr von Fürstenberg und Josef Hermann Dufllues." Viele weitere Namen von CDU-Honoratioren mit NS-Vergangenheit finden sich in der Broschüre "Das vergessene braune Erbe", darunter die ehemaligen FDP-Fraktionsvorsitzenden Willy Weyner, Eberhard Beine und Heinz Lange. (Die Broschüre im Internet:
www.linksfraktion-nrw.de/.../Brosch_Sagel_Vergessene_Erbe.pdf)

Angesichts aller diese geschilderten Sachverhalte und der besorgniserregenden Zunahme der neonazistischen Gefahr ist dem größten deutschen Dramatiker des 20. Jahrhunderts, Bertold Brecht, unbedingt zuzustimmen, wenn er in seinem dramatischen Werk "Der unaufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" sagen lässt: "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch." Im Kampf gegen den Neonazismus sind allgemeine Erklärungen, wie sie von unserem Bundespräsidenten bei seinem Antrittsbesuch am 10.12.2010 in Mecklenburg-Vorpommern zu hören waren, nicht hilfreich. So sei ihm erzählt worden, dass Menschen mit dunkler Hautfarbe die neuen Bundesländer besser meiden sollten und deshalb würde er als Gegenmittel die "Solidarität der Demokraten" empfehlen.

Zu Recht wies Werner Pirker in seinem Kommentar "Tatarenmeldungen" ihn darauf hin, dass er damit eine Beschwörungsformel aus der alten BRD zur Rechtfertigung der fast ausschließlich gegen Linke gerichteten Berufsverbote aus dem Hut gezaubert habe. Ihm scheine außerdem entgangen zu sein, dass die wirkliche Rechtsgefahr nicht von den Unterschichten, sondern von den Oberschichten ausgehe. Nicht mehr bloß objektiv, sondern auch subjektiv. Spätestens die Sarrazin-Debatte sollte die Augen darüber geöffnet haben, dass die rabiatesten Stammtischbrüder in den feinen Salons sitzen. "Einer Studie des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld zufolge", so Werner Pirker weiter, "sei die Zunahme von Feindseligkeiten und Vorurteilen gegenüber sozialen Minderheiten nicht auf die Existenzängste der Armen und Geringverdiener zurückzuführen, sondern auf den Sozialdarwinismus der Besserverdienenden und Reichen."

Dem Kampf gegen den Neonazismus nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern wäre es gewiss dienlicher gewesen, wenn der Bundespräsident statt nichts sagender Worte der Bitte des Chefs der Staatskanzlei, Reinhard Meier (SPD), den von Neonazis bedrohten Bürgermeister von Lalendorf und ein Zentrum der Demokratie in MV zu besuchen, gefolgt wäre. Darüber, dass Christian Wulff (CDU) darauf verzichtete, das demokratische Engagement des Lalendorfer Bürgermeisters demonstrativ zu würdigen, herrschte einer Meldung der "Schweriner Volkszeitung" vom 9.12.2010 zufolge in der Staatskanzlei Verstimmung.

Wie der Bundespräsident angesichts der bekannten rechtsextremistischer Aktivitäten von CDU-Mitgliedern, so auch der oben zitierten scharfmacherischen Rede seines Parteifreundes Prof. Hans-Helmuth Knütter in Hohenroda, als Gegenmittel gegen Rechtsextremismus die "Solidarität der Demokraten" empfehlen und die schwarz-gelbe Bundesregierung von den Bürgern immer wieder aufs Neue mehr Zivilcourage gegen die Neonazis fordern kann, ist für sehr viele Menschen nicht nachvollziehbar.

Das Bonner Auswärtige Amt eine Heimstatt für Kriegsverbrecher? BND und Verfassungsschutz nicht nur personell Nachfolgeorganisation des Reichssicherheitshauptamtes? Ist doch alles abgehakt. Der bundesdeutsche Medien- und Politikfilz kann sich wieder der "zweiten deutschen Diktatur" widmen. Deren "Verbrechen" lassen die der ersten glatt vergessen: In seinem Beitrag "Zurück in die Gegenwart" ("junge Welt" vom 29. November 2010) schreibt Hans Daniel: "Gleichsam als Begleitmusik zur Veröffentlichung über das Fortwirken des faschistischen Diplomatenkorps im Nachkriegswestdeutschland, beschloss die schwarz-gelbe Bundesregierung die "Verlängerung der Stasi-Überprüfungen im Öffentlichen Dienst bis 2019. Um die Sache nicht aus dem Auge zu verlieren, übergab die inquisitorische Birthler Behörde fast zeitgleich der "Bild"-Zeitung auf deren Antrag hin Unterlagen über Vertreter der Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern. Unter dem Motto '20 Jahre Einheit - Und die Stasi-Spitzel sind immer noch unter uns' ergab das dann am 11. November die Schlagzeile '5 Spitzenpolitiker der Linken unter Stasi-Verdacht'"

Ich persönlich finde es bedauerlich, wie verantwortliche Funktionäre der Partei DIE LINKE in Mecklenburg-Vorpommern auf diesen neuerlichen gezielten Einsatz der antikommunistischen Allzweckwaffe "Stasi" reagieren. Anstatt die durchsichtige Absicht von Birthler-Behörde und "Bild"-Zeitung energisch zurückzuweisen und sich schützend vor ihre davon betroffenen Mitglieder zu stellen, von denen sich nicht eines eine strafbare Handlung hat zuschulden kommen lassen und die sich ohne Ausnahme jahrelang für die Ziele ihrer Partei eingesetzt haben, griffen sie die "Stasi-Keule" der politischen Gegner kritiklos auf und gaben deren Forderungen nach.

Schließlich muss die Frage erlaubt sein, warum der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Landtag von NRW das provokatorische Verlangen der CDU nach Entschuldigung selbstbewusst und souverän zurückweist, während Verantwortungsträger der gleichen Partei in Mecklenburg-Vorpommern vor der jüngsten Provokation von Birthler Behörde und "Bild"-Zeitung an ihre Adresse nach meinem Eindruck als parteiloser Bürger von Mecklenburg-Vorpommern zurückweichen?

Hans Fricke

Hans Fricke ist Autor des zur diesjährigen Leipziger Buchmesse im GNN-Verlag Schkeuditz erschienenen Buches
"Eine feine Gesellschaft" - Jubiläumsjahre und ihre Tücken, 250 Seiten, ISBN 978-3-89819-341-2

Raute

MENSCHENRECHT UND KLASSENGESELLSCHAFT

Erich Buchholz: Menschenrecht und Klassengesellschaft

Zweiter Teil der Arbeit von Erich Buchholz: "Recht, Gerechtigkeit, Freiheit und Menschenrechte".
Der erste Teil ist in der November-Dezember-Ausgabe 2010 erschienen.

Wie soll und kann die Arbeiterklasse mit dem Recht umgehen, wenn sie in dem einen oder anderen Land zur herrschenden Klasse wird? Diese Frage ist praktisch auch deshalb für sie besonders kompliziert, weil sie kaum über eigene Juristen, kaum über eine eigene Ideologie des Rechts verfügt, die hier im Interesse der Arbeiterklasse wirksam werden könnte, zumal die wenigen Fachleute, die die Arbeiterklasse hat, einem Heer von juristischen Ideologen der Herrschenden der alten Welt gegenüberstehen.

Zur Veranschaulichung dessen beschränke ich mich auf eine knappe Darstellung, wie in der DDR versucht wurde, diese Aufgabe zu meistern.

Es standen der Arbeiterklasse, den Werktätigen in der DDR, zunächst nur sehr wenige Juristen zur Verfügung, die sich als fortschrittliche Juristen, auch als Rechtsanwälte der "Roten Hilfe" in der Weimarer Zeit, als solche bekannt gemacht hatten bzw. die wegen ihrer Gegnerschaft zum Hitler-Regime von diesem verfolgt oder in die Emigration getrieben worden waren.

Schon aufgrund der Erfahrungen der Weimarer Zeit und dort gewonnener und zunächst nur theoretisch gezogener Schlussfolgerungen erschien es dringlich, mit der Volksfremdheit von Recht und Justiz zu brechen und ein bürgernahes, volksverbundenes Recht zu entwickeln sowie eine bürgernahe, volksverbundene Justiz aufzubauen. Dies war eine gigantische Aufgabe, die vor allem nicht kurzfristig gelöst werden konnte.

Wer war in der Lage, ein neues volksverbundenes, bürgerfreundliches Recht auszuarbeiten? Wo konnten in hinreichender Zahl Juristen gefunden werden, die durch ihre Person Gewähr für eine Volksverbundenheit, für eine Verbundenheit mit der Arbeiterklasse boten?

Die historisch einmaligen Umstände des totalen Siegs der Alliierten über Hitler und das Dritte Reich boten eine einzigartige Chance, diese riesige Aufgabe in übersehbarer Zeit einigermaßen gut zu bewältigen.

Viele in den Jahren von 1933 bis 1945 geschaffenen Gesetze waren zu dem Zwecke geschaffen worden, das verbrecherische Hitler Regime zu stützen. Viele Gesetze waren eindeutig nazistisch, waren unrechte Gesetze, waren z. T. sogar Verbrechen in Gesetzesform. Ihre sofortige Beseitigung war nicht nur eine historische Verpflichtung, sondern auch durch das Potsdamer Abkommen, also durch alle vier Alliierten, verbindlich vorgegeben. Schon deshalb musste die Rechtsordnung, die im Mai 1945 bestand, alsbald radikal umgestaltet werden, mussten die ausgesprochen nazistische Gesetze aufgehoben werden; das tat bereits der Alliierte Kontrollrat, der die oberste Gewalt in Deutschland innehatte.

Teilweise wurde früheres, noch nicht nazistisches Recht wiederhergestellt, teilweise wurde auch neues Recht gesetzt, so das Ehegesetz des Kontrollrats (Kontrollratsgesetz Nr. 16 vom 20.Februar 1946) und vor allem die der Bestrafung der Naziverbrechen dienenden Gesetze des alliierten Kontrollrats (Kontrollratsgesetz Nr. 10 und Direktive 38)

Im übrigen forderte die schlechte wirtschaftliche Situation und die Notwendigkeit des Schutzes der Ernährung der Bevölkerung, neue Zwangsgesetze zu erlassen oder zunächst die vor 1945 geltenden Kriegswirtschaftsregelungen nunmehr mit neuem Inhalt und neuer Zwecksetzung weiterhin anzuwenden.

Was das Justizsystem betraf, so wurden zunächst im wesentlichen die Regelungen wiederhergestellt, die vor dem Eingriff der Nazis in das Justizsystem galten.

So aktuell und wertvoll alle diese unmittelbaren gesetzlichen Änderung waren, sie waren noch nicht darauf gerichtet, eine volksnahe, volksverbundene und bürgerfreundliche Rechtsordnung herzustellen.

Die größten Probleme gab es hinsichtlich des Personals der Justiz.

Da die Masse der deutschen Richter und Staatsanwälte nach 1933 mit fliegenden Fahnen zu Hitler überlief (nur ganz wenige waren von den Nazis nicht genommen worden), und auch die Anwaltschaft mit Ausnahme der Nazigegner und der jüdischen Rechtsanwälte sich mit den Nazis vereinte, sich als nazigerecht erwies, war davon auszugehen, dass fast der gesamte deutsche Juristenstand für eine antifaschistische, demokratische Ordnung wenig geeignet war. Ein Großteil der Nazirichter und Nazistaatsanwälte hatte sich sogar direkt an den Verbrechen des Regimes beteiligt.

Somit stand objektiv im Sommer 1945 die Ablösung der alten Richter und Staatsanwälte auf der Tagesordnung. Das war noch kein Schritt, eine neue, bürgerfreundliche, volksverbundene Justiz aufzubauen. Da aber unverzüglich eine große Zahl von alten Richter und Staatsanwälten aus dem Amt entfernt werden mussten, war sofort eine Lücke zu schließen.

Dafür kamen nur aufrechte Antifaschisten und Demokraten in Frage, die doch erst das juristische Handwerk lernen mussten. Aus diesem Erfordernis entstand die Ausbildung von Volksrichtern und Volksstaatsanwälten in den zunächst sehr kurzen Volksrichterlehrgängen.

Aus diesen kurzfristig und notdürftig zu Juristen herangebildeten Frauen und Männern aus dem Volk entstand über einen längeren historischen Zeitraum eine neue Justiz, mit Richtern und Staatsanwälten, die mit dem Volk verbunden waren und blieben und daher eine bürgerfreundliche, volksnahe Justiz entwickeln konnten. Auf diese Weise war die Volksfremdheit und Bürgerfeindlichkeit der alten Justiz überwunden worden.

Hand in Hand damit ging eine Vereinfachung des Gerichtsaufbaus und des Prozessrechts vonstatten. In Anlehnung an den Staatsaufbau wurde ein überschaubares Gerichtssystemen geschaffen: Kreisgerichte, Bezirksgerichte und das oberste Gericht. Markant dafür sind vor allem die im Jahre 1952 geschaffenen Rechtsvorschriften, so trat eine neue Strafprozessordnung an die Stelle der aus dem Jahre 1877. Im Zivilprozess gehörte dazu insbesondere der Wegfall des Anwaltszwanges (vor den alten Landgerichten); Abschaffung der Revision; Verpflichtung des Gerichts zu wahrheitsgemäßer Sachaufklärung als Grundlage seiner Entscheidung und anderes mehr. Das war eine beispiellose, großartige Leistung der DDR auf dem Gebiete der Justiz.


Neue Wege auf dem Gebiet der Justiz

Neues Recht wurde dann insbesondere auf folgenden Gebieten geschaffen:

Auf dem Gebiete des Arbeitsrechts einschließlich Arbeitsschutzes kam es schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit im Jahre 1950 zum Erlass eines Gesetzes der Arbeit und im Jahre 1961 zu dem ersten Gesetzbuch auf dem Gebiete des Arbeitsrechts in Deutschland, das in der Folgezeit erneuert und verbessert wurde. Es wurde 1977 durch ein neues Arbeitsgesetzbuch abgelöst.

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die bereits in der Verfassung als geltendes Recht festgelegt war, ebenso die Gleichstellung der außerehelichen Kinder mit den ehelichen Kindern und das gesamte Familienrecht wurde schrittweise, aber sehr zügig neu und beispielhaft gestaltet. Eine Ehe-Verordnung von 1955 löste viele Paragraphen des BGB sowie das Ehegesetz des Alliierten Kontrollrates von 1946 ab. Im Jahre 1965 trat ein Familiengesetzbuch, das erste in Deutschland, in Kraft.

Ebenso wurde schrittweise ein mieterfreundliches Mietrecht geschaffen, das dann im Zivilgesetzbuch der DDR von 1975 seine geschlossene gesetzgeberische Regelung erfuhr.

Dieses Zivilgesetzbuch (ZGB) löste das im Jahre 1900 in Kraft getretene BGB ab, das bereits zuvor in verschiedener Hinsicht gegenstandslos geworden oder außer Kraft gesetzt worden war. Das neue ZGB regelte alle wesentlichen Rechtsfragen in den Beziehungen unter den Bürgern und zwischen den Bürgern und den Betrieben. Dieses Gesetzbuch war überschaubar, verständlich, volksnah und bürgerfreundlich formuliert. Es hat sich vollauf bewährt, obwohl sich aus der Praxis des Lebens natürlich Ergänzungen und Nachbesserungen ergaben.

Der Spekulation mit Grund und Boden wurde durch Maßnahmen der staatlichen Kontrolle und Leitung des Grundstücksverkehrs der Boden entzogen. Grund und Boden sind Naturgüter wie Wasser und Luft. Niemand hat das Recht, daraus Kapital zu schlagen, sich allein durch den Erwerber und die Veräußerung von Grund und Boden müheloses Einkommen zu verschaffen. Grund und Boden müssen allen gehören bzw. zur Nutzung zur Verfügung stehen, so wie Wasser und Luft.

Die Enteignung der Großgrundbesitzer in Übereinstimmung mit dem Potsdamer Abkommen bereits im Jahre 1945 trug wesentlich dazu bei, dass demokratische Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden entstanden, insbesondere Volkseigentum sowie Grund und Boden des Bodenfonds der Bodenreform.

So weit der Grund und Boden in der DDR nicht volkseigener oder genossenschaftlicher wurde, also in sozialistischem Eigentum stand, gehörte er juristisch im persönlichen bzw. privaten Eigentum dem betreffenden Bürger und stand diesem auch auf Grund seines Eigentumstitels zur Nutzung zur Verfügung. Im Übrigen aber war nicht das Eigentum an Grund und Boden das wesentliche und charakteristische der DDR, sondern die Nutzung des Grundes und Bodens. Als Verkaufs- bzw. Spekulationsobjekt war Grund und Boden in der DDR nicht mehr gegeben.

Auch auf dem Gebiete des Strafrechts konnte schrittweise ein neues Recht geschaffen werden. Abgesehen von der konsequenten Verfolgung der Naziverbrechen war es nach Maßgabe der gesellschaftlichen Entwicklung und eines infolgedessen erreichten Rückganges der Kriminalität möglich, ein Strafrecht aufzubauen, für das die Rückführung der Gestrauchelten in das gesellschaftliche Leben der maßgebliche Gesichtspunkt war. Dem gemäß spielte die Einbeziehung gesellschaftlicher Kräfte bei der vorbeugenden Bekämpfung der Kriminalität eine zentrale Rolle. Den gesellschaftlichen Gerichten konnte in großem Umfang die Behandlung der Kleinkriminalität (Bagatelldelikte) übertragen werden; Schöffen und Kollektive kümmerten sich um straffällig gewordene Mitbürger, bei denen keine schweren Strafen, insbesondere keine Freiheitsstrafen ausgesprochen werden mussten bzw. die vorzeitig aus dem Strafvollzug entlassen werden konnten. Solches war eine wahrhaft demokratische und soziale orientierte Strafrechtspflege ohne Beispiel in den deutschen Landen.

Das Jahr 1968 brachte außer der neuen Verfassung neue Gesetzbücher auf dem Gebiete des Strafrechts, des Strafprozessrechts, des Ordnungsstrafrechts sowie des Strafvollzugsrechts und des Polizeirechts.


Verteidigung des Sozialismus

Indessen darf, wenn über das Strafrecht gesprochen wird, nicht übersehen werden, dass es nicht nur im Lande selbst, in der DDR, namentlich in den ersten Jahren, Widerstände von Feinden der neue Ordnung gab, die wegen staatsfeindlicher Tätigkeit strafrechtlich zu verfolgen waren. In keinem anderen dann schrittweise sozialistisch gewordenen Lande hatte der Feind, insbesondere von Westdeutschland her, so offene und direkte Möglichkeiten für seine Aktivitäten.

Der Sozialismus konnte namentlich in der DDR nicht unter idealen Bedingungen, ohne Störung von außen aufgebaut werden. Von Anfang an hatte der Feind seinen "Fuß in der Tür" - besonders anschaulich in West-Berlin, jenem "Brückenkopf" und "Pfahl im Fleische der DDR". Von hieraus entfaltete er über seine Agenten eine intensive konterrevolutionäre Wühltätigkeit. Auch nach der Schließung der Grenzen am 13. August 1961 hatten die feindlichen Kräfte in der DDR leichtere Möglichkeiten, ihre Verbrechen gegen die DDR auszuführen, als in anderen sozialistischen Ländern.

Aus diesem Grunde musste das Strafrecht der DDR auch die Funktion der Niederhaltung feindlicher Tätigkeit, die Funktion des Staatsschutzes erfüllen. Insoweit und auf diesem Gebiet konnten die dem Sozialismus eigenen Wesenszüge des Strafrechts, wie sie vorstehend knapp skizziert waren, nicht zur Geltung kommen. Hier ging es um direkten Klassenkampf; hier war das Strafrecht unvermeidlich als "scharfes Schwert" zur Geltung zu bringen. Der Anteil der diesbezüglichen staatsfeindlichen Verbrechen an der gesamten Kriminalität und damit der Anteil der strafrechtlichen Tätigkeit diesen gegenüber war zunehmend verschwindend gering, blieb bald unter fünf Prozent.

Alles in allem darf gesagt werden, dass jedenfalls in der DDR bei der Schaffung einer neuer Rechtsordnung und einer neuen Justiz, die volksverbunden und bürgerfreundlich waren, Beispielloses geleistet wurden. Schließlich: für diese wahrhaft historische Leistung gab es kaum Vorbilder. Auch wenn Erfahrungen der Sowjetunion, der Entwicklung des sowjetischen Rechts und der Justiz in der Sowjetunion studiert und herangezogen werden konnten, kann nicht übersehen werden, dass die historischen Voraussetzungen, auch Tradition und Kultur, darunter Gerichtskultur, dort einerseits und in Deutschland bzw. dann in der DDR andererseits so verschieden waren, dass eine Übernahme sowjetischer Regelungen und Verfahren zunehmend immer weniger in Betracht kam. Dabei soll nicht übersehen werden, dass auch dies ein Lernprozess war, und die Unmöglichkeit der Übernahme sowjetischer Regelungen erst im Laufe der Jahre klarer erkannt wurde.

Bei der durchaus begründeten Wertschätzung dessen, was in der DDR auf dem Gebiet von Recht und Justiz geschaffen und aufgebaut wurde, wird nicht übersehen, dass es natürlich auch Fälle gab, dass Lehrgeld gezahlt werden musste. Das gilt für viele Fragen. Wichtig ist aber, dass in der Regel Fehler erkannt und korrigiert wurden.

Ein Beispiel: ein besonders krasser Fehler auf dem Gebiete des Strafrechts der DDR, der aus einer ziemlich unmittelbaren Übernahme sowjetischer strafrechtlicher Regelungen resultierte, nämlich aus dem Erlass des Volkseigentumsschutzgesetzes im Jahre 1952 und seine alsbaldige Korrektur ab Sommer 1953. Anknüpfend an eine fehlerhafte (auf Stalin zurückzuführende) Beurteilung der Straftaten gegen das sozialistische Eigentum mit entsprechenden stark repressiven Strafvorschriften wurde in der DDR im Oktober 1952 ein Gesetz zum Schutze des Volkseigentum erlassen, das auch für kleine Diebstähle (etwa in staatlichen Leben, in der HO) eine absolut unvertretbare Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus vorsah. Infolgedessen wirkte sich dieses Gesetzes als einen Gesetz gegen die kleinen Leute, gegen Arbeiter aus, die unter bestimmten Umständen straffällig geworden waren. Im Zuge des "Neuen Kurses" von Anfang Juni 1953 wurde dieser Fehler korrigiert und in der Folgezeit eine sachgerechte, differenziertere Ahndung von Straftaten gegen das sozialistische Eigentum vorgesehen und praktiziert.

Da in diesem Aufsatz vor allem die Beziehungen der Bürger, der Werktätigen in der DDR zum Recht besprochen werden, gehe ich nicht auf die rechtlichen Regelungen, die der Leitung der Wirtschaft dienten, also auf das Wirtschaftsrecht ein. Auch auf das Recht der landwirtschaftlichen und anderen Produktionsgenossenschaften soll nicht eingegangen werden. Namentlich die rechtlichen Regelungen der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften zeichneten sich dadurch aus, dass sie sich als sachadäquat erwiesen.

So ist also insgesamt eine positive Würdigung des Rechts in der DDR begründet.


Probleme

Aus meiner Sicht die gibt es indessen einen Bereich des Rechts mit rechtlichen Beziehungen zu den Bürgern, mit dem die DDR nicht sachgerecht zu Rande kam. Das ist vor allem das Gebiet des Verwaltungsrechts.

Die DDR hatte von Anfang an gute Verfassungen.

Die ursprünglich für eine gesamtdeutsche demokratische Republik ausgearbeitete und bereit diskutierte Verfassung wurde nach Gründung der DDR durch die konstituierte Volkskammer zum Grundgesetz der DDR, zur Verfassung der DDR erklärt. Dies war und ist ein hervorragendes Verfassungsdokument.

Die neue Verfassung von 1968, die nach breiter Diskussion durch Volksentscheid angenommen wurde, kann sich ebenfalls unter den Verfassungen der Länder dieser Erde, besonders unter den Verfassungen sozialistische Länder, sehen lassen.

Viele von der Verfassung geregelten Gebiete waren in der DDR durch rechtliche Regelungen hinreichend untersetzt worden. Ich verweise auf die oben gemachten Ausführungen zu den verschiedenen Rechtsgebieten, die insbesondere für die einzelnen Bürger, für die einzelnen Werktätigen bedeutsam sind bzw. waren.

Die insbesondere im Verwaltungsrecht auszuregelnden Staats-Bürgerbeziehungen scheinen mir indessen unterentwickelt geblieben zu sein.

Das Rechtsgebiet des Verwaltungsrechts wurde nach der "Babelsberg Konferenz" im Jahre 1958 liquidiert; auch wenn es seit Ende der sechziger Jahre an den juristischen Fakultäten der DDR wieder als selbstständiges Gebiet gelehrt und später auch ein Lehrbuch für dieses Gebiet ausgearbeitet wurde, kann nicht übersehen werden, dass viele zentrale juristische Fragen dieses Rechtsgebiets nicht hinreichend bearbeitet und geregelt wurden. Dazu gehört das Fehlen eines ausgearbeiteten Verwaltungsverfahrensrechts und einer Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sicher hat in der DDR die nicht unbegründete Vorstellung: "Staat und Bürger sind eine Einheit", da eine Rolle gespielt, dass durchaus mögliche Widersprüche zwischen einzelnen Bürgern und einzelnen Staatsorganen, Beziehungen zu Staatsfunktionären nicht in adäquater Weise auch mit Hilfe des sozialistischen Rechts zur Lösung geführt wurden.

Die Problematik der Beziehungen zwischen Staat und Bürger war aufgrund dieser Vorstellung schon im Verfassungsrecht nicht näher ausgearbeitet worden. Es wurde unzureichend beachtet, dass auf dem Hintergrund und auf der Grundlage einer prinzipiellen Interessenübereinstimmung von Staat und Bürgern in dieser oder jener Frage durchaus (partiell) unterschiedliche Interessen, ja auch Interessenwidersprüche entstehen und bestehen können. Gewiss können solche - wie in der DDR üblich - durch Aussprachen einer Lösung zugeführt werden, wie auch sonst im gesellschaftlichen Zusammenleben Konflikte durch Auseinandersetzung und Dialog einer Lösung zugeführt werden. Indessen ersetzt diese Lösungsform des Dialogs nicht in jedem Falle die Möglichkeit der Nutzung des Rechts.

Auch das in der DDR weit entwickelte Recht der Eingaben auf der Grundlage des Eingabengesetzes, dass in sehr vielen Fällen zu Ergebnissen führte, die die betreffenden Bürger befriedigten, konnte nicht in allen Fällen ausreichen.

Wenn im Ergebnis einer Aussprache, eines Dialogs, ja auch von Eingaben die Differenz bleibt, muss auch diese zu einer Lösung von Bestand geführt werden. Dazu eignet sich das Recht in besonderem Maße.

Auf anderen Gebieten war dies auch in der DDR gut entwickelt. Ein Streit im Arbeitsrecht konnte vor den Konfliktkommissionen oder vor dem Arbeitsgericht in gehöriger Form und Weise entschieden werden. Gleiches galt auch im Zivilrecht bei den verschiedensten Rechtsfragen.

Auch in den Beziehungen zwischen Bürgern und staatlichen Organen bzw. Staatsfunktionären ließen sich rechtliche Regelungen und Verfahren entwickeln, die eine anerkannte und stabile Lösung mit sich bringen.

Es war zu wenig beachtet wurden, dass die Bürger der DDR in dem Maße, in dem sich die DDR und das DDR Recht entwickelte, auch in ihren Streitigkeiten mit staatlichen Organen bzw. Staatsfunktionären eine in Rechtsform gestaltete Lösung des Konflikts begehrten und wünschten. Diese Problematik spitzte sich zunehmend dort zu, wo die Bürger die Entscheidungen der staatlichen Organe im betreffenden Fall nicht verstanden, nicht nachvollziehen konnten. In gesellschaftlich relevantem Umfang war das das Gebiet der Entscheidung über Ausreiseanträge.

Die Unterschätzung der Möglichkeiten des Verwaltungsrechts und einer Verwaltungsgerichtsbarkeit, insoweit regulierend und streitschlichtend zu wirken, hat der DDR großen Schaden zugefügt.

Erich Buchholz, Berlin

Raute

DOKUMENTE DER KKE

Internationale Abteilung des ZK der KKE: Brief der KKE an die europäischen kommunistischen und Arbeiterparteien

Liebe Genossen!

In einigen Tagen wird der Dritte Kongress der so genannten "Europäischen Linkspartei" (ELP) in Paris stattfinden. Dieser Kongress wird in exakt demselben Zeitraum (3. bis 5. Dezember) veranstaltet, in dem auch das Internationale Treffen der Kommunistischen und Arbeiterparteien stattfinden wird, dieses Jahr in Südafrika. Auf diese provokative und symbolische Weise wird die spalterische und zersetzende Rolle der ELP gegenüber der kommunistischen Weltbewegung klar veranschaulicht.

Wie alle wissen, bezog die KKE von Anfang an deutlich Stellung gegen die mögliche Gründung einer "Europäischen Partei". Andere Parteien, die in der Vergangenheit der euro-kommunistischen Strömung folgten und in Opposition zur Sowjetunion und den anderen sozialistischen Ländern in Europa standen, spielten eine führende Rolle bei deren Gründung.

Einige Parteien, die jeden Bezug zu den Idealen des Kommunismus aufgegeben haben, unterstützten deren Gründung ebenfalls, wie zum Beispiel die SYNASPISMOS aus Griechenland, die - ebenso wie DIE LINKE in Deutschland - zuverlässig eine antikommunistische Rolle spielen. Und schließlich beschloss eine Reihe Kommunistischer Parteien, dieser "Europäischen Partei" unter Berücksichtigung der jeweils verschiedenen Faktoren als "Beobachter" beizutreten.

Seitdem sind einige Jahre vergangen, und heute sind wir der Meinung, dass unsere Ansichten bestätigt wurden, wenn wir die Aktivitäten und Theorien der ELP sowie die gesamte Erfahrung mit ihr seit ihrer Gründung berücksichtigen.

In ihren programmatischen Dokumenten (Statut und Programm) weist die ELP alles Kommunistische, alle revolutionären Traditionen zurück; sie steht dem wissenschaftlichen Sozialismus, dem Klassenkampf und der sozialistischen Revolution feindlich gegenüber.

In ihrem Statut akzeptiert sie als Teil des institutionellen Systems der EU, dass die kapitalistische EU ewig ist, und eine grundlegende Bedingung für seine Existenz ist ihre Bereitschaft, das System der EU nicht in Frage zu stellen.

Das ist auch aus den Unterlagen des Dritten Kongresses der ELP klar zu ersehen, wo in Form von Vorschlägen wie "Konkrete Schritte können und sollten gemacht werden, um die EU und die nationalen Regierungen aus dem Würgegriff der Finanzmärkte zu befreien", die Illusion eines "menschlicheren" Kapitalismus verbreitet wird. Als angebliche "radikalen Veränderungen" werden Maßnahmen vorgeschlagen, um den Kapitalismus durch das ausweglose Ziel der "Demokratisierung der Europäischen Union" zu modernisieren. Derselben Union, die vom europäischen Kapital zwecks effektiverer Ausbeutung der europäischen Völker und Erlangung der Oberhand im globalen Wettbewerb mit den USA und anderen imperialistischen Mächten gegründet wurde.

Die Tatsache, dass die führenden Kräfte der ELP, die diese Partei führen und ihre politische Linie vorgeben, innerhalb der Fesseln der kapitalistischen Produktionsweise agieren, ist auf Grund ihrer Aufrufe, die imperialistische EU zu unterstützen, in welchen sie sie auffordert, eine größere Rolle bei internationalen Angelegenheiten zu spielen, offensichtlich. Das wird zudem auf Grund der Tatsache offensichtlich, dass sie sich in ihren Dokumenten lediglich auf den so genannten Neoliberalismus fokussiert, womit sie die Illusionen unter den Arbeitern fördert, dass da eine andere Art von Wirtschaftspolitik innerhalb des kapitalistischen Systems geben könnte, die vermutlich die Probleme der Menschen lösen könne.

Damit wird die gefährliche Rolle der ELP erneut als Instrument offensichtlich, um die revolutionären Kräfte im Rahmen des Kapitalismus gefangen und als Anhängsel der europäischen Sozialdemokratie zu halten.

Die "Tränen", die die ELP in den Dokumenten ihres Dritten Kongresses auf Grund der Tatsache vergießt, dass die Beseitigung des "realen Sozialismus" zu einer Verschlechterung der Lage der Arbeiter geführt hat, sind heuchlerisch, wenn man bedenkt, dass gerade diejenigen Kräfte, die die ELP führen, zu denen gehörten, die Seite an Seite mit den Rechten und den Sozialdemokraten gegen die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Länder kämpften, und dass sie sich heute noch der Argumentationslinie der Bourgeoisie bedient, die letztlich ihre Krönung in der Gleichsetzung des Kommunismus mit dem Faschismus findet. Es ist keineswegs Zufall, dass die inakzeptable Entstellung der Geschichte, welche die EU, der Europäische Rat und andere imperialistische Organisationen über die Geschichte der kommunistischen und Arbeiterbewegung in Europa verbreiten, in den Dokumenten der ELP überhaupt nicht erwähnt wird.

Die Uneinigkeiten der ELP hinsichtlich der Militarisierung der EU und der internationalen Beziehungen klingen wie Predigten von Missionaren, wenn man bedenkt, dass diese Partei gleichzeitig ihre Unterstützung für eine aktivere Rolle der EU in der Welt erklärt und die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik akzeptiert hat. Dasselbe gilt für ihren Aufruf zur "Auflösung der NATO", solange diese Forderung nicht mit dem Kampf für die Loslösung jedes Mitgliedsstaates verbunden wird.

Die Hinweise auf eine gerechte Lösung einer Reihe internationaler Probleme (Palästina, Zypern, die Kuba-Blockade) sind extrem heuchlerisch, wenn es heißt, dass diese nicht durch den antiimperialistischen Kampf der Völker, sondern durch die Umsetzung internationalen und europäischen Rechts gelöst werden können. Von welchem "Recht" spricht die ELP? Die Entscheidung des Haager Tribunals, die NATO-Intervention auf dem Balkan und im Protektorat Kosovo zu legitimieren, zeigt anschaulich, was dieses internationale und europäische Recht wirklich bedeutet. Ein weiteres Beispiel ist das Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichts, welches das Verhalten Lettlands, wo der antifaschistische Veteran Vassili Kononov von der Regierung verhaftet wurde, weil er laut Gericht 1944 beim Kampf gegen die Nazihorden, die in die Sowjetunion einmarschiert waren, als "Terrorist" agierte, rechtfertigte. Ein weiteres Beispiel ist die widerliche und feindliche gemeinsame Position der EU in Bezug auf Kuba. Ein weiteres Beispiel ist das Verbot Kommunistischer Parteien in einer Reihe von EU-Ländern. Ein weiteres Beispiel ist das Verbot der Symbolik der kommunistischen und Arbeiterbewegung in einer Reihe von EU-Ländern. Die ELP schwieg einmal mehr zu all diesen Themen. Sie verschließt die Augen davor und zeigt, dass sie die imperialistische Barbarei, die in unterschiedlicher Weise durch das "Gesetz" demonstriert wird, welches heute weit verbreitet und nichts anderes als das imperialistische Recht des Stärkeren ist, nicht wahrnimmt.

Genossen,

die Zeit ist reif für eine Überwindung der Illusionen bezüglich der Rolle der ELP.

Die KKE appelliert an die kommunistischen und Arbeiterparteien, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen dieser speziellen "künstlichen" Partei (die zu den Bedingungen der EU gebildet wurde, um dieser zu dienen) angeschlossen haben, ihre Position zu überdenken.

Die weitere Schwächung dieser "Links"-Partei der EU, die Stärkung der gleichberechtigten Kooperation europäischer kommunistischer und Arbeiterparteien auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus und des proletarischen Internationalismus, ungeachtet der Bedingungen und Grenzen, die die EU uns aufdrücken will, ist die einzige Hoffnung für eine Umgruppierung der europäischen kommunistischen Bewegung und ist die einzige zuverlässige Antwort auf das aggressive Verhalten des europäischen Kapitals gegenüber den Rechten der Arbeiter.

Die Internationale Abteilung des Zentralkomitees der KKE, Athen. 1.12.2010

Quelle: www.kke.gr;
Übersetzung: "KI-Informationen"/Ralph P.


*


Redaktion offen-siv: Die Auffassung der DKP dazu

In ihren Medien veröffentlichte die DKP in einem Interview mit Leo Meyer ihren Standpunkt zu den von der KKE angesprochenen Fragen und verband das mit einer Kritik an der KKE. Wir dokumentieren hier die diesbezüglichen Passagen des Interviews. Ungekürzt zu lesen ist es auf: www.kommunisten.de, 14.12.2010: Interview mit Leo Mayer zum 3. Kongress der Europäischen Linken, der vom 3.-5. Dezember in Paris stattfand.

Redaktion offen-siv, Hannover


Frage: Die Kommunistische Partei Griechenlands KKE ruft in einem Brief an die kommunistischen Parteien, die in der EL mitarbeiten, auf, dass diese aus der EL auszutreten sollen. Sie fordert dazu auf, die EL zu schwächen, weil diese ein Instrument sei, "um die revolutionären Kräfte im Rahmen des Kapitalismus gefangen und als Anhängsel der europäischen Sozialdemokratie zu halten".

Leo Mayer: Die in diesem Brief erhobenen Vorwürfe und Anschuldigungen sind unwahr und haltlos.

Die von der KKE vertretenen Positionen entsprechen nicht den Erfahrungen der deutschen KommunistInnen und der Politik der DKP.

Wir sind der Meinung, dass an der gleichberechtigten Zusammenarbeit mit anderen linken Kräften und Bewegungen kein Weg vorbeiführt, wenn wir in Deutschland und in Europa eine linke Kraft entwickeln wollen, die in der Lage ist, gesellschaftlich führend zu werden und den Kapitalismus mit einer Alternative herauszufordern.

Das bedeutet auch, um eine neue politische Kultur zu ringen, die Dynamik der Abgrenzung, des inneren Kampfes und der Spaltung zu überwinden, die die Geschichte der KommunistInnen und der Linken wie ein Fluch begleitet.

Wir brauchen eine Kultur der Zusammenarbeit, der Bereitschaft zum Zuhören und der Entschlossenheit, das Gemeinsame zu suchen, um ein mehrheits- und mobilisierungsfähiges Bündnis für eine solidarische Gesellschaft zu schaffen.

Die Fragen stellte Michael Maercks.

www.kommunisten.de

Raute

RIZOSPASTIS, Organ des ZK der KP Griechenlands (KKE): Die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) und ihr strategischer Dialog mit der PASOK und der "Sozialistischen Internationale"

Es ist sehr gut bekannt, dass die KKE (Kommunistische Partei Griechenlands) zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass sich heute in China kapitalistische Verhältnisse entwickeln, mit der Besonderheit, dass das unter der politischen Führung einer Partei geschieht, die sich "kommunistisch" nennt.

Die Folgen dieser Entwicklung sind gut bekannt: Der Aufstieg Chinas an die Spitze der kapitalistischen Länder mit den schnellsten Entwicklungsraten und der höchsten Anzahl an Milliardären, die Beseitigung wichtiger Errungenschaften der Arbeiter, wie beispielsweise des kostenlosen Gesundheits- und Bildungswesens, wofür die Arbeiter nun bezahlen müssen, sowie das Vorhandensein von Millionen Arbeitslosen und unterbezahlten Arbeitern. Es war daher keineswegs Zufall, dass Liu Jieyi, der stellvertretende Direktor der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der KPCh, bei seinem Treffen mit dem griechischen Premierminister und dem Vorsitzenden der PASOK wie auch der "Sozialistischen Internationale", G. Papandreu, sagte, dass "die Beziehungen zwischen der PASOK und der KPCh außergewöhnlich sind und dass wir in jeder Hinsicht die Absicht haben, noch enger zusammenzuarbeiten, um die Beziehungen unserer Parteien zu fördern und durch den Dialog der Parteien die besondere strategische Kooperation zwischen unseren beiden Ländern zu verbessern, besonders jetzt, wo wir vielen Herausforderungen gegenüberstehen". Es könnte gar nicht anders sein, als dass die politischen Repräsentanten der Monopole (wie etwa COSCO), ungeachtet ihrer Verpackung ("sozialistisch" in Griechenland, "kommunistisch" in China), ihre gemeinsamen Klasseninteressen verstehen.

Die chinesischen Offiziellen salutieren vor den volksfeindlichen Entscheidungen der PASOK-Regierung, die sie unterstützen, solange sie mit einer Öffnung für chinesische Monopole verbunden sind.

Doch wie wir von Liu Jieyi erfahren haben, beschränkt sich die "Liebe" der KPCh nicht nur auf die "sozialistische" PASOK, sondern erstreckt sich auch auf die ganze "Sozialistische Internationale". Wie er selbst sagte: "Wir sind der Meinung, dass die Fortführung der Abstimmung und des Meinungsaustausches wichtig ist, ebenso wie der strategische Dialog zwischen der Sozialistischen Internationale und der Kommunistischen Partei Chinas. Wir haben jede Absicht, diesen Dialog weiterhin fortzuführen, weil es, wie wir in den Treffen in den letzten Tagen bemerkt haben, viele Punkte gibt, in denen die Sozialistische Internationale und die politische Orientierung der Kommunistischen Partei Chinas übereinstimmen." Wir sollten daran erinnern, dass diese Internationale die Kriege der USA und der NATO unterstützte, und dass sie eine tragende Säule des ausbeuterischen kapitalistischen Systems in Europa und der ganzen Welt darstellt.

Nach alledem darf man sich durchaus fragen, ob die KPCh sich vielleicht allmählich darauf vorbereitet, auf ihren letzten Deckmantel zu verzichten - ihren Namen? Kommentar der Tageszeitung "Rizospastis", Organ des ZK der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE)

Quelle: http://inter.kke.gr/;
Übersetzung: "KI-Informationen"/Ralph P.

Raute

NACHRICHTEN AUS DEM NIEDERGANG

Michael Opperskalski: Nachrichten aus dem Niedergang

Wie wir in den vergangenen Jahren bereits mehrfach analysiert, berichtet und dokumentiert haben, ist der Niedergang dessen, was von der kommunistischen Bewegung in der imperialistischen BRD übrig geblieben ist, nicht nur nicht gestoppt oder in ihr Gegenteil umgekehrt worden, er nimmt sogar politisch, ideologisch und organisatorisch mit deutlich gestiegener Geschwindigkeit zu.

Wir wollen dies an zwei Beispielen verdeutlichen, die in den vergangenen Monaten bemerkenswert wurden:

Die DKP

Der 19. Parteitag der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) hat am 9. und 10. Oktober in Frankfurt/Main stattgefunden. Bereits in den Monaten davor war es in der DKP zu scharfen, eskalierenden Diskussionen gekommen. Von manchen wurde gar schon das Gespenst einer drohenden Spaltung an die Wand gemalt. Nach außen war es (und geht es zum Teil ja noch) um Papiere wie das der "84" oder die Thesen des Sekretariats gegangen, die einen kompletten Bruch mit dem Marxismus-Leninismus bedeuten. Tatsächlicher Hintergrund war und ist jedoch die politische Perspektive der DKP. Über die Vorder- wie Hintergründe haben wir in der "offen-siv" ja schon regelmäßig berichtet, diese analysiert. Das wollen wir hier nicht wiederholen. Auch unsere grundsätzliche Einschätzung der DKP als Partei auf dem revisionistischen Entwicklungsweg nicht, obwohl es in dieser Partei noch eine Reihe von Marxisten-Leninisten und linker Strukturen gibt. Wir messen die DKP eben mit streng wissenschaftlichen Kriterien an ihrem Programm, grundsätzlichen programmatisch-politischen Grundaussagen, Positionierung zu aktuellen Fragen sowie ihrem Führungspersonal. Unsere Kriterien finden sich auf der Messlatte des Marxismus-Leninismus.

Was brachte also der letzte Parteitag der DKP? Zunächst keine Spaltung. Alle anderen Ergebnisse betrachten wir einfach einmal ganz nüchtern "durch die Brille" der linken DKP-Genossen. Das Magazin "Theorie und Praxis (T & P)" gilt vielen dieser Genossen als Orientierungshilfe sowie als Organ, in dem sie ihre Positionen veröffentlichen und damit austauschen können. Die September Ausgabe war dem damals bevorstehenden 19. Parteitag gewidmet. Es werden in "T & P" Beurteilungskriterien für den Parteitag entwickelt, oder wie es in "T & P" formuliert wird: "Patrick Köbele stellt seine Sicht und Erwartungen an ihn dar": "Konkret heißt das für diesen Parteitag:

- Der Parteitag muss Signale in Richtung des stärkeren und selbstbewussten Eingreifens der Partei in die Klassenkämpfe geben, das erfordert Schritte in Richtung der Klärung unserer Identität und eine verständliche, den Kräften der Organisation angemessene und mobilisierende Handlungsorientierung.

- Das höchste Gremium der Partei, der Parteitag würde sich selbst entmündigen, wenn er nicht dazu Stellung nimmt, dass das Arbeitsgremium des Parteivorstands, das Sekretariat, Politische Thesen vorgelegt hat, die die kommunistische Identität der Partei in Grundfragen revidieren. Deshalb muss der Parteitag verdeutlichen, dass dieses Dokument nicht die Grundlage einer Diskussion in der Partei sein kann. Auf Basis des Parteiprogramms muss die transparente Diskussion strittiger Fragen mit all den Teilen der Partei organisiert werden, die nicht auf Spaltung der Partei und Denunziation einer politischen Position orientieren. Dabei helfen einseitige Ausle-gungen der Fragen, in denen das Parteiprogramm einen Kompromiss darstellt, nicht weiter.

- Der PV-Antrag einer Politischen Resolution des Parteitags geht mindestens beim Thema 'politische Macht der Arbeiterklasse', bei der ideologischen Grundlage unserer Partei und der Imperialismusanalyse den Weg der Politischen Thesen. (...)

- Der PV-Antrag für das Aktionsorientierte Forderungsprogramm ist eine unstrukturierte, von Wunschdenken gezeichnete Ansammlung von Forderungen. Eine Alternative ist dringend erforderlich. (...)

- Große Bedeutung wird der Korrektur des Alleinvertretungsanspruchs der jetzigen PV-Mehrheit im personellen Bereich zukommen. Vorsitzende und ein Sekretariat, das sich ausschließlich aus Vertretern der Autorengruppe der Politischen Thesen zusammensetzt, ein PV, der diese Positionen mit übergroßer Mehrheit teilt, stehen, wie wir in den letzten Jahren leidvoll erfahren haben, nicht für die notwendigen Klärungsprozesse. Ein solcher PV besitzt nicht die Fähigkeit zur politischen Führung der Organisation. Genossen, die offen zur Spaltung der Partei aufrufen, sollten nicht mehr im PV vertreten sein."

(alle diese Zitate sind aus: "Theorie & Praxis", September 2010)

Das sind klare Worte. Messen wir sie einfach einmal, ganz nüchtern, an den politischen Realitäten nach dem 19. Parteitag:

Die geforderten "Schritte in Richtung der Klärung unserer kommunistischen Identität und eine verständliche, den Kräften der Organisation angemessene und mobilisierende Handlungsorientierung" hat es nicht wirklich gegeben. An dieser Stelle sei nur ein einziges Beispiel herausgegriffen:

Nach wie vor orientiert die DKP-Führung auf die so genannte "Europäische Linkspartei (ELP)", meint sogar, diese sei "radikaler, effizienter, linker" geworden (so der stellvertretende DKP-Vorsitzende Leonard Mayer in einem Interview das am 14. Dezember auf der DKP-Homepage www.kommunisten.de veröffentlich wurde. Mehr noch: die griechischen Kommunisten der KKE hatten zuvor die kommunistischen und Arbeiterparteien Europas schriftlich aufgefordert, aus der ELP auszutreten ("offen-siv" hat diesen Brief veröffentlich, so auch die Kommunistische Initiative unter: www.kommunistische-initiative.de). Der stellvertretende DKP-Vorsitzende hat in dem bereits zitierten Interview indirekt bereits auf den Brief der KKE geantwortet: "Die in diesem Brief erhobenen Vorwürfe und Anschuldigungen sind unwahr und haltlos. Die von der KKE vertretenen Positionen entsprechen nicht den Erfahrungen der deutschen KommunistInnen und der Politik der DKP." Ich möchte nicht näher darauf eingehen, dass Mayer ganz locker einen Alleinvertretungsanspruch für seine Positionen und die der DKP (als der der "deutschen KommunistInnen") aufstellt. Dieser widerspricht der Realität, da wir und auch die Kommunistische Initiative zum Beispiel vorbehaltlos die Positionen der KKE unterstützen! Die eindeutige Stellungnahme der stellvertretenden DKP-Parteivorsitzenden ist vor allem eine klare Distanzierung von der KKE, die fast schon einem Bruch gleichkommt. Damit findet ziemlich deutlich eine "Klärung" statt, allerdings nicht die, von der Genosse Köbele sprach und die er einforderte.

Sind die Politischen Thesen des Sekretariats, also der Bruch mit fast allen Grundpositionen des Marxismus-Leninismus, jetzt nach dem Parteitag "nicht (mehr) die Grundlage einer Diskussion in der Partei"? Auch hier sieht die Realität anders aus: Verfolgt man die offiziellen Medien der DKP (vor allem im Internet, aber auch in der UZ etc.), so stellen sich für jeden Beobachter die Diskussionen um die Politischen Thesen als dominierend und damit als Schwerpunkt der politisch-ideologischen Diskussionen innerhalb der DKP dar. Zwar hat der Parteitag beschlossen, dass die für das Jahr 2011 geplante theoretische Konferenz der DKP auf Grundlage des gültigen Parteiprogramms stattfinden soll, aber die Politischen Thesen sind als Diskussionsbeitrag für diese Konferenz anerkannt worden. Sie sind damit alles andere als "vom Tisch". Das bedeutet doch in Konsequenz: Die Politischen Thesen des (alten) Sekretariats und damit die Abkehr von entscheidenden Grundpositionen sind zwar nicht als einzige, aber als legitime Position innerhalb der DKP anerkannt worden. Damit wurde der Revisionismus in und von der DKP ganz offiziell anerkannt. Hat der DKP-Parteitag also auch in dieser Hinsicht wirklich deutlich vernehmbare Schritte hinsichtlich von den DKP-Linken geforderten positiven Veränderungen gebracht?

Der PV-Antrag einer Politischen Resolution, zu Recht von den DKP-Linken als "Light Version" der Politischen Thesen eingeschätzt, wurde zwar modifiziert, behielt jedoch seinen Grundcharakter. Ein Alternativantrag aus Berlin, der eben keine "Light Version" der Politischen Thesen sein sollte, wurde abgelehnt.

Ähnliches gilt für das "Aktionsorientierte Forderungsprogramm". Auch dieses hatten die DKP-Linken sehr realistisch eingeschätzt. Es wurde zwar verändert, aber in seinem Kern belassen. Eine konsequentere Alternative aus Hamburg-Altona wurde verworfen.

Nun zu den von den DKP-Linken geforderten personellen Veränderungen. Richtig ist, dass mit Genossen Patrick Köbele nun ein DKP-Linker stellvertretender Parteivorsitzender und Mitglied des Sekretariats ist. Versuche, einen weiteren DKP-Linken in das Sekretariat zu bekommen, ist jedoch gescheitert. Im Gegenteil - auf der ersten Sitzung des neu gewählten Parteivorstandes wurde dies mit einer instrumentalisierten Quotie-rung verhindert und ein ausgesprochen rechter Vertreter der Politischen Thesen ins Sekretariat gewählt. Genosse Köbele ist also ganz schön "eingemauert". Über das Kräfteverhältnis im neuen Parteivorstand mag man streiten. Es kann nur dann als Verschiebung analysiert werden, wenn man hinzufügt, dass dies ganz offensichtlich nur in einem Bündnis zwischen DKP-Linken und rechten Zentristen (Robert Steigerwald, Hans-Peter Brenner) möglich war. Dieses Bündnis war schon auf dem Parteitag zu beobachten gewesen und erklärt einige Abstimmungsergebnisse, die von manchen als Kräfteverschiebungen positiv gewertet werden. Dies ist inhaltlich jedoch ein Bündnis mit revisionistischen Positionen (und Personen, die diese Positionen nachweislich vertreten) und über sein Verfallsdatum darf gestritten werden, wenn es in naher Zukunft wieder um grundsätzliche Positionierungen gehen wird. Hinzu kommt, dass es auf sehr wichtigen Ebenen und entsprechenden Strukturen der Partei faktisch keinerlei Veränderungen gab. Dies betrifft vor allem die Medien der DKP (UZ, Marxistische Blätter, Internet) oder die Bildungsarbeit (so u.a. in der Karl-Liebknecht-Schule in Leverkusen). Wirklich die Veränderungen, die von DKP-Linken so deutlich im Vorfeld des Parteitages angemahnt worden waren?

Kurzum: Legen wir die Kriterien der DKP-Linken für eine realistische Einschätzung des DKP-Parteitages zugrunde, dann hat er nicht wirklich positive Veränderungen gebracht. Bestenfalls bedeutet er eine Vertagung der Auseinandersetzung, bei denen es um sehr grundsätzliche Fragen für die DKP und die kommunistische Bewegung geht.

Tatsache ist jedoch, dass der politische Raum für jede "Einheit der Gegensätze" (Hans Heinz Holz) immer enger wird. Es wird daher immer schwieriger werden, eindeutige Positionierungen zu Grundfragen marxistisch-leninistischer Politik und Ideologie zu unterlaufen, vage und taktisch zwischen den Zeilen formuliert zu umschreiben oder gar, sich vor ihnen wegzuducken.

Es wird sehr spannend werden, wie sich die DKP-Linken in sehr absehbarer Zukunft positionieren werden, ob zur KKE oder (auch damit!) zum Marxismus-Leninismus und im Umkehrschluss zum Revisionismus. Welche wirkliche Strategie und Taktik werden die linken DKP-Genossinnen und Genossen angesichts der Situation in der DKP entwickeln? Wir werden es schon sehr bald sehen. Schneller, als manche denken oder sogar befürchten mögen ...

Die KPD

Gemeint ist dabei jene KPD, die noch in der sterbenden DDR 1990 als Antwort auf die bereits damals vernehmbare Sozialdemokratisierung der SED (PDS) von kommunistisch fühlenden Genossen aus der SED gegründet wurde. Inzwischen ist diese KPD ein Schatten ihrer selbst, organisationspolitisch akut gefährdet. Wie sieht für die KPD-Führung nun der Ausweg aus dieser Krise aus? Das wird in seltener Offenheit den Lesern des Zentralorgans der Partei, "Rote Fahne", in ihrer November-Ausgabe 2010 offenbart. In einer Grußadresse an die DKP aus Anlass ihres Parteitages schrieb das ZK der KPD u.a. Folgendes: "Dem Parteitag der DKP gingen viele Diskussionen von den Mitgliedern an der Basis, in den Landesorganisationen zu 'Politischen Thesen', zur 'Politischen Resolution', zum 'Aktionsorientierten Forderungsprogramm' und zu einem 'Alternativantrag' aus Berlin voraus, die darauf gerichtet waren, die DKP und ihre Führungstätigkeit verstärkt auf die Anforderungen des gegenwärtigen Klassenkampfes auszurichten. (...) wir vertreten die gleichen Interessen und haben das gleiche Ziel. Die Zeit erfordert Handeln - Handeln im Interesse der Ausgebeuteten. Lasst uns den Weg über die enge Zusammenarbeit, gemeinsame Aktionen bis hin zur Herstellung einer einheitlichen Kommunistischen Partei zügig beschreiten."

Es benötigt keine umfassenden "Übersetzungstechniken", um den Inhalt der Zeilen der KPD-Führung im eigentlich gewollten Original wiederzugeben. Das Grußschreiben bedeutet nicht mehr und nicht weniger als: 1) die KPD-Führung akzeptiert kritik- und bedingungslos ALLE programmatisch-politischen Papiere, die zurzeit in der DKP diskutiert werden bzw. auf dem DKP-Parteitag beschlossen wurden. Darunter auch jene Thesen des Sekretariats, die einen kompletten rechtsopportunistischen Bruch mit dem Marxismus-Leninismus darstellen. Und 2) die KPD sieht die Einheit der Kommunisten in der BRD praktisch ausschließlich in einer Einheit zwischen DKP und KPD. Hierfür stellt sie keinerlei Bedingungen, noch nennt sie auch nur in Ansätzen politische Voraussetzungen.

Im Klartext bedeutet das: Die KPD-Führung serviert ihre Partei der DKP-Führung faktisch zum "Nulltarif".

Letztere hat es nun in der Hand, wie sie mit dieser Offerte der KPD-Führung umgehen möchte, die ihre eigene, organisationspolitisch gefährdete Organisation objektiv aufzugeben bereit ist ...

Michael Opperskalski, Köln

Raute

KOMMUNISTISCHE INITIATIVE

Phil Ramcke: Liebe Leserinnen und Leser der offen-siv!

Viel ist passiert im vergangenen Jahr. Das offen-siv Fernstudium läuft immer noch so gut, wie es von Vielen nicht erwartet wurde! Obwohl der derzeitige Studiumsabschnitt schon angelaufen ist, gibt es immer noch Anmeldungen von Interessierten, die unbedingt dabei sein wollen. Zusammen mit der KI-NRW versuchen wir ein Fernstudium auch für den tiefen Westen Deutschlands aufzubauen. Vor einigen Jahren waren solche positiven Entwicklungen noch undenkbar gewesen!

Vor zwei Jahren wurde die Kommunistische Initiative gegründet. Die Herausgeber der offen-siv beteiligten sich im Vorfeld ihrer Gründung an der Analyse der kommunistischen Bewegung in der imperialistischen BRD. Nach wie vor ist der Revisionismus in all seinen Spielarten in der kommunistischen Bewegung der BRD dominant, aber die Kommunistische Initiative hat wieder eine neue Dynamik in diesen zerfallenden Zustand gebracht.

Die Kommunistische Initiative hat unorganisierte und organisierte Kommunisten angesprochen und damit auf Grundlage des wissenschaftlichen Kommunismus eine Bewegung geschaffen, die jetzt einen festen Platz hat. Keinen Platz im Sumpf des Revisionismus, sondern einen Platz als Anlaufpunkt für alle Kommunisten in der BRD, die wirklich etwas auf Basis des Marxismus-Leninismus verändern wollen.

Unsere Genossen bereiten in ihren Städten, Ortschaften und Bundesländern den Ausbau von Strukturen der Kommunistischen Initiative vor. 2010 war ein erfolgreiches Jahr, denn es konnten KI-Strukturen in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen-Hamburg und Baden-Württemberg aufgebaut werden; die Gruppe in Frankfurt am Main konnte ebenso angegangen werden. Nach wie vor sind die KI Thüringen und die KI Sachsen stabile und wachsende Gruppen, die gute Beiträge für unsere zentrale Arbeit liefern.

Von diesen Erfolgen angespornt, steht am 5. und 6. Februar 2011 die zweite Perspektivkonferenz der Kommunistischen Initiative in Hannover an. Wir wollen noch mehr aufrechte Kommunisten, egal ob organisiert oder unorganisiert, in den Prozess mit einbinden, unsere KI einen organisatorischen wie politischen Schritt nach vorne bringen und damit einen wichtigen Beitrag dafür leisten, die Kommunistische Bewegung wieder zu einer stolzen und starken Kraft zu machen! Nach wie vor schlummern die Kräfte des deutschen Proletariats, nach wie vor gibt es mehr unorganisierte Kommunisten, als organisierte. Dieser Zustand ist unerträglich!

All diejenigen, die meinen, in Deutschland sei eine revolutionäre Kraft nicht möglich, möchte ich daran erinnern, dass die stärkste Kommunistische Partei außerhalb eines sozialistischen Landes die Kommunistische Partei Deutschlands unter Ernst Thälmann war! Dieses Selbstvertrauen und diese Kraft sind noch vorhanden. Wir müssen sie wecken und unter dem siegreichen Banner des Kommunismus vereinen!

Wir rufen alle aufrechten Kommunisten in der BRD auf: Beteiligt euch an der zweiten Perspektivkonferenz! Bringt euch in die Kommunistische Initiative ein!


Phil Ramcke, Düsseldorf, Vorsitzender der Vorbereitungsgruppe der zweiten Perspektivkonferenz;
Kontakt: c/o Willi Franke, Postfach 270324, 50509 Köln, Tel/Fax: 03212-1322182,
Mail: kontakt@kommunistische-initiative.de, URL: www.kommunistische-initiative.de

Raute

Frank Flegel: Aufruf zur Perspektivkonferenz der Kommunistischen Initiative am 5. und 6. Februar 2011

1. Sinn und Ziel der Perspektivkonferenz

Aktuell ist das wichtigste Ziel der Kommunistischen Initiative, dem Niedergang der kommunistischen Bewegung in Deutschland Einhalt zu gebieten. Langfristig ist ihr Ziel die Bildung einer einheitlichen kommunistischen, also marxistisch-leninistischen Partei in Deutschland. Dafür ist eine Perspektive nach vorn notwendig. "Nach vorn" bedeutet in der heutigen Situation: heraus aus dem opportunistischen und revisionistischen Sumpf, bedeutet deshalb, die Maxime Klarheit vor Einheit politisch-praktisch umzusetzen und das heißt konkret: Planung und Durchführung weiterer Schritte zur ideologischen und organisatorischen Stärkung der Kommunistischen Initiative.

Dies muss auf mehreren Ebenen erfolgen:

- Wir müssen unsere Aktivitäten weiter entfalten und besser koordinieren, so dass wir unsere Praxis, das Eingreifen in die Klassenkämpfe, auf eine höhere Ebene heben können: weg vom individuellen oder in kleinen Gruppen praktizierten Einbringen und hin zu einer kollektiven, koordinierten Praxis.

- Dazu müssen wir unsere Medienpolitik enger vernetzen und unser öffentliches Auftreten verbessern, und

- dazu müssen wir unsere marxistisch-leninistische Bildungsarbeit verstärken.

Die Perspektivkonferenz am 5. und 6. februar 2011 muss eine arbeitende Konferenz sein. Zu den genannten drei Bereichen sollen Arbeitsgruppen eingerichtet werden. Diese brauchen Zeit - und deshalb wird die Konferenz eine zweitägige Tagung sein. Dass das einiges an organisatorischer Arbeit bedeutet, wissen wir. Aber die Probleme sind lösbar: wir haben einen guten Tagungsort in Hannover, der sowohl Plenumssitzungen als auch Arbeitsgruppentagungen ermöglicht, wir können die Verpflegung sicherstellen und haben rund 55 Betten für die Übernachtungen. Zu den Kosten siehe unter Punkt 5.


2. Die Arbeitsgruppen

AG 1: Organisationspolitische Maßnahmen:

a) Erarbeitung eines Statutes, das einige organisationspolitische Richtlinien festlegen muss (Verantwortlichkeiten, Finanzen, Entscheidungsfindungen usw.) Ein Entwurf ist erarbeitet worden und wird nach der Anmeldung verschickt.

b) Übergang zu einem Mitgliederstatus der KI als Sammlungsbewegung. Die bisherige Verfasstheit, die zwischen Interessenten und Unterstützern unterschied, hat sich für die steigenden Herausforderungen als zu schwammig erwiesen. Die KI muss wissen, wer als Mitglied sowohl einen kleinen finanziellen Beitrag leisten kann als auch dazu bereit ist, an Aktionen teilzunehmen bzw. sie mit zu initiieren.

c) Die KI braucht eine klare Leitungsstruktur. Dazu sind gemeinsam und demokratisch Kaderentscheidungen zu fällen, damit

d) die Vernetzung der Aktivitäten, die Bildung neuer Gruppen, die Anleitung, das öffentliche Auftreten und das koordinierte Eingreifen in die Klassenkämpfe deutlich verbessert werden kann.

e) Es gab permanente Aushöhlungs- und Wühlaktivitäten der Gegner der KI und diese wird es in Zukunft weiterhin geben. Die KI braucht ein koordiniertes politisches Vorgehen, um diesen Angriffen zu begegnen. Dazu sollte eine ideologische Kommission gebildet werden.

AG 2: Medien:

a) Wir wollen das Verbundsystem der vorhandenen Medien der KI (das sind: das Informations-Bulletin, die KI-Informationen, die Homepage, das KI-TV und der Schwarzen Kanal sowie regionale Internet-Seiten) verbessern.

b) Die Kommunistische Initiative braucht, um die oben genannten Ziele erreichen zu können, ein Zentralorgan und eine theoretische Zeitschrift. Wir wollen Wege erarbeiten, um unter diesen Ansprüchen die Zeitschriften "Trotz alledem" und "offen-siv" in die Entwicklung der KI einzubinden.

c) Dazu wollen wir eine Redaktionsgruppe als Koordinationszentrum bilden, deren Aufgaben unter 2 a) und 2 b) beschrieben sind.

AG 3: Marxistisch-leninistische Bildung:

a) Die Kommunistische Initiative braucht eine Kaderbildung für KI-Mitglieder. Diese muss konzipiert und in die Wege geleitet werden.

b) Die Kommunistische Initiative braucht eine Marxismus-Leninismus-Schulung für KI-Sympathisanten, salopp formuliert: so etwas wie das bisherige Fernstudium der Zeitschrift "offen-siv". Kaderbildung und Sympathisantenbildung können evtl. von der gleichen kontinuierlich arbeitenden Kommission entworfen und in die Tat umgesetzt werden.

c) Die Kommunistische Initiative braucht eine Konzeption für Veranstaltungen zur Massenbildung, bei denen jeweils aktuelle Widersprüche auf Grundwidersprüche zurückgeführt werden und die damit Werbung für die M-L-Schulung für KI-Sympathisanten machen. Hierzu sind eine Konzeption und eine kontinuierlich arbeitende Kommission notwendig.


3. Resolutionsdiskussion

a) Die Resolution soll die aktuelle Lage, die Situation der Klassenkämpfe und die Situation der kommunistischen Bewegung heute analysieren und mittelfristige Strategien für die Kommunistische Initiative formulieren. Die Vorbereitungsgruppe der Konferenz hat einen Entwurf verfasst, der vor der Konferenz veröffentlicht, aber mit der Anmeldung auch jeweils zugesandt wird.

b) Es wird bei der Konferenz eine Redaktionsgruppe für die Resolution geben. Dort werden alle vorher oder bei der Konferenz eingegangenen Änderungs- und Verbesserungsvorschläge gesammelt und evtl. gebündelt. Bei der Konferenz werden wir eine endgültige Fassung formulieren und diese abstimmen.


4. Politische Teilnahmebedingungen

Die Konferenz muss eine arbeitende Konferenz sein. Das bedeutet, dass die Kommunistische Initiative von allen Konferenzteilnehmern Aktivität verlangt.

a) Die erste Grundbedingung ist eine zeitliche Komplett-Teilnahme. Es hat keinen Sinn, nur an einem Tag dabei zu sein, man muss sich von Anfang bis Ende einbringen.

b) Die zweite Grundbedingung ist die Bereitschaft, in einer Arbeitsgruppe mitzuwirken. Sehr gut für die Planungen wäre es, wenn mit der Anmeldung oder später, jedoch noch vor Beginn der Konferenz die Anmeldung für eine der drei Arbeitsgruppen erfolgen könnte.

c) Die dritte Grundbedingung ist die Bereitschaft, Mitglied der KI als Sammlungsbewegung zu werden. Wer den Mitgliederstatus ablehnt, sollte lieber zu Hause bleiben, denn es geht bei dieser Konferenz nicht ums Schwätzen, sondern um die Vorbereitung sehr umfangreicher und anstrengender Schritte der politischen Praxis.


5. Organisatorische Teilnahmebedingungen

a) Voraussetzung für die Teilnahme sind sowohl eine schriftliche Anmeldung mit dem dafür erstellten Anmeldebogen als auch eine Anmeldebestätigung durch die Vorbereitungsgruppe. Diese etwas rigide Anmeldepraxis dient der Realisierung des unter 4 c) Dargestellten.

b) Die zweite Voraussetzung für die Teilnahme ist die Vorkasse der Teilnahmegebühr von 10,00 €. Darin enthalten sind die Kosten für den Tagungsort, für die Verpflegung und für Kaffee, Tee und Wasser während der Konferenz.

c) Wer eine Übernachtung braucht, kann sich bei der Vorbereitungsgruppe melden. Es stehen, wie oben schon erwähnt, 55 Betten in Naturfreundehäusern zur Verfügung. Kosten: 15.00 € pro Bett.

d) Da Geldmangel die Teilnahme an der Konferenz nicht behindern soll, kann die Vorbereitungsgruppe in Einzelfällen sowohl die Fahrt- als auch die Übernachtungskosten subventionieren. Bedingung: Vorherige Anfrage.


Für die Vorbereitungsgruppe: Frank Flegel, Hannover

Raute

Vorbereitungsgruppe der 2. Perspektivkonferenz der Kommunistischen Initiative: Hauptresolution - Entwurf für die 2. Perspektivkonferenz

"Die Einheit ist eine große Sache und eine große Losung! Doch die Arbeitersache braucht die Einheit unter den Marxisten, nicht aber die Einheit der Marxisten mit den Gegnern und Verfälschern des Marxismus."
(Lenin, Werke Bd. 20, S. 228)


Ein erstes Stück des Weges haben wir zurückgelegt!

"Der erste Schritt ist getan!", so hieß es in der Überschrift zum Aufruf "Schafft die Kommunistische Initiative in Deutschland!" im Herbst 2008, mit dem sich Kommunistinnen und Kommunisten aus verschiedenen kommunistischen Parteien, Organisationen, Bewegungen sowie nicht Organisierte an alle Kommunisten in Deutschland wandten, um einen Einigungsprozess mit dem längerfristigen Ziel der Bildung einer einheitlichen marxistisch-leninistischen kommunistischen Partei in Gang zu setzen. Nach nunmehr fast zweieinhalb Jahren können wir sagen: Ein erstes Stück des Weges dahin haben wir zurückgelegt.

Diesem Aufruf waren zahlreiche Gespräche, gründliche Analysen und vielerlei Überlegungen vorausgegangen, mit welchen Mitteln und Methoden, auf welchem Weg die fortdauernde politische und organisatorische Spaltung und Zersplitterung der Kommunisten in Deutschland überwunden werden kann. Zur Entscheidung, einen Aufruf zur Gründung einer Kommunistischen Initiative an die Kommunisten in Deutschland zu richten, trugen die Erkenntnisse bei, dass es bis dahin nicht gelungen war und auch keine Aussicht darauf bestand, die bereits in der BRD existierenden kommunistischen Parteien und Organisationen unter dem Banner des Marxismus-Leninismus zu vereinen. Das Haupthindernis dabei war und ist die anhaltende Dominanz revisionistischer Positionen in der Mehrzahl dieser Parteien und Organisationen. Daraus erschließt sich unter anderem der damit verbundene Unwille ihrer Führungen und vieler ihrer Funktionäre, ihre eigenen Parteiinteressen zugunsten eines Einheitsprozesses zurückzustellen.

Deshalb entschieden sich Kommunistinnen und Kommunisten, die sich der politischen Notwendigkeit der Schaffung einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Partei bewusst waren und bereit waren, dazu praktische Schritte zu unternehmen, sich mit dem Aufruf "Schafft die Kommunistische Initiative in Deutschland!" an alle Gleichgesinnten zu wenden, unabhängig davon ob oder wo sie organisiert sind, um auf diesem Wege gemeinsam für diese Einheit zu arbeiten. Sie waren sich bewusst, dass ohne diese Einheit die Kommunisten nicht in der Lage sein werden, ihre politische und organisatorische Schwäche zu überwinden, nicht in der Lage sein würden, die politische Führung im Kampf der Arbeiterklasse gegen Imperialismus und kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung zu übernehmen, obwohl die Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus die Erfüllung dieser Aufgaben einer Kommunistischen Partei immer drängender fordert. Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und des gegenwärtigen Zustandes der kommunistischen Bewegung waren sie sich einig: Es fehlt eine einheitliche Kommunistische Partei, die fest auf dem Boden des Marxismus-Leninismus steht.


Einheit auf Basis des Marxismus-Leninismus

Dass sich die Einheit nur auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus vollziehen kann, gehörte zu den gemeinsam erarbeiteten Grundsätzen im Aufruf zur Bildung der Kommunistischen Initiative. Diese Klarheit zu entwickeln, ist die Voraussetzung, um Einheit schaffen zu können. Deshalb verständigten sich die Aufrufenden auf unverzichtbare politische Grundsätze, auf deren Basis die Kommunistische Initiative ins Leben gerufen, aufgebaut und entwickelt werden muss, und die unumstößlich sind, wenn der Einheitsprozess in seinem Verlauf erfolgreich sein und mit der Schaffung einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Partei abgeschlossen werden soll. Dazu gehören

"- das Anerkennen ALLER wissenschaftlichen Grundlagen des Marxismus-Leninismus, so besonders der Gültigkeit der Leninschen Imperialismus-, Staats-, Revolutions- und Parteitheorie, des proletarischen Internationalismus sowie auch der heroischen Geschichte der kommunistischen Bewegung als notwendige Antwort auf die reformistische Versumpfung und den Klassenverrat der Sozialdemokratie;

- das Anerkennen der Rolle der sozialistischen Länder, insbesondere der Sowjetunion und der DDR als größter Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung. Der Sozialismus, für den wir im imperialistischen Deutschland kämpfen, wird vom revolutionären Erbe der DDR, des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden, geprägt sein. Damit wird das klare und eindeutige Verhältnis zur DDR zum Prüfstein für jeden deutschen Kommunisten, gerade und insbesondere auch heute!

- das Anerkennen der Notwendigkeit des Kampfes der Kommunistischen Partei gegen jede Form des Revisionismus und Reformismus, denn der Revisionismus war und ist die Hauptbasis für den zeitweiligen Sieg der Konterrevolution in Europa, die Spaltung, Zersplitterung und Schwächung der kommunistischen Bewegung!", so heißt es im Aufruf zur Schaffung der Kommunistischen Initiative vom Herbst 2008. Daran halten wir fest und knüpfen zugleich an!

Die Kommunistische Initiative hat sich seit dem Aufruf unter schwierigen Bedingungen und auf neu zu gehenden Wegen mit Erfolg entwickelt! Es hat sich erwiesen, dass die Entscheidung richtig war, nicht wieder den in den vergangenen Jahren immer wieder gescheiterten Weg der Einheit über die Führungen von Organisationen oder deren Funktionären zu suchen; zudem wären damit wieder einmal partei- oder organisationslose Kommunistinnen und Kommunisten ausgeschlossen. Deshalb wandten sich die Initiatoren des Aufrufs zu Schaffung einer Kommunistischen Initiative (KI) von Beginn an alle Kommunistinnen und Kommunisten - unabhängig von der jeweiligen Parteizugehörigkeit -, denen die Einheit auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus am Herzen liegt. So war es möglich, dass sich in der KI Kommunistinnen und Kommunisten aus der DKP, der Partei Die Linke, der KPD(B), der KPD, aus Jugendorganisationen, sozialen Gruppen und Verbänden, aber nicht zuletzt auch Mitstreiter zusammenschlossen, die nicht mehr oder noch nie organisiert waren. Dass darunter auch viele junge Menschen sind, ist eine besonders erfreuliche Entwicklung!


Die KI wächst

Mittlerweile hat die Kommunistische Initiative mehrere Regionalorganisationen gebildet, die sich nicht nur aktiv an der Entwicklung der KI beteiligen, sondern auch politisch vor Ort arbeiten. Die Kommunistische Initiative hat über ihre Homepage http://www.kommunistische-initiative.de, mit dem regelmäßig via Mail erscheinenden "KI-Info, "KI-TV", dem "Schwarzen Kanal" und nicht zuletzt über zahlreiche persönliche Gespräche eine intensive Öffentlichkeitsarbeit entwickelt. Weitere Schritte sind in Vorbereitung. Allen Hoffnungen unserer Gegner zum Trotz lebt, arbeitet und entwickelt sich die Kommunistische Initiative.

Dabei war von Beginn an auch klar, dass der Weg schwierig, nicht ohne eigene Mängel und Schwächen verlaufen und begleitet von unterschiedlichen Angriffen auf die Kommunistische Initiative sein würde. Die bereits gewonnene Stärke der KI zeigte sich darin, dass sie immer wieder innere Probleme erkennen und lösen konnte. Ein Versuch, die Kommunistische Initiative von den Grundsätzen des Aufrufes von 2008 zu lösen und auch sie der Dominanz des Revisionismus zu unterwerfen, konnte erfolgreich abgewehrt und die Initiatoren und Unterstützer dieses Versuches, die KI von innen heraus von ihren Grundsätzen zu entfernen, sind gescheitert. Jene, die dies versuchten, haben sich selber als eine kleine Gruppe von Spaltern gezeigt.


Zwischenbilanz ziehen

Seit dem Aufruf zur Schaffung der Kommunistischen Initiative sind über zwei Jahre vergangen ist es an der Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Dabei müssen wir erklären, unter welchen aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen, in welcher gesellschaftlichen Epoche wir leben. Welche möglichen Entwicklungsperspektiven ergeben sich hieraus? Wie ist die aktuelle Lage der kommunistischen Bewegung und der antiimperialistischen Kräfte weltweit und insbesondere in der BRD? Welchen Entwicklungsstand hat die KI erreicht und wie ordnet sich die Kommunistische Initiative in diese Lage ein? Mit welcher Strategie und Taktik gehen wir weiter im Prozess zur Schaffung einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Partei? Wie sind die Fragen von gemeinsamen Aktionen mit allen antimonopolistischen, demokratischen und antiimperialistischen Kräften zu lösen? Welche Möglichkeiten der Bündnispolitik gibt es? Wie sieht die KI ihr Verhältnis zu anderen kommunistischen Organisationen, zu den Gewerkschaften, sozialen Bewegungen usw.? Wie schaltet sich die Kommunistische Initiative in den alltäglichen Klassenkampf ein? Wir müssen Antworten geben können auf die Fragen, was wir uns konkret unter der längerfristig zu schaffenden einheitlichen marxistisch-leninistischen Partei vorstellen. Welche Organisationsform und nicht zuletzt welche programmatischen, ideologisch-politischen Grundlagen soll sie haben bzw. vertreten? Und nicht zuletzt müssen wir - auch angesichts der Niederlage des Sozialismus durch die Konterrevolution - die Frage beantworten, wie und was soll er sein, der künftige Sozialismus? Unter den Bedingungen der fortdauernden Konterrevolution, der permanenten antikommunistischen Hetze, der Dominanz des Revisionismus in der kommunistischen- und Arbeiterbewegung, der Skepsis vieler Menschen hinsichtlich der "Machbarkeit" von Sozialismus, sind dies alles große, schwere Aufgaben, die wir dennoch zwingend lösen müssen.


Der Charakter der Epoche und die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen

Seit dem Sieg der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution 1917 in Russland ist die menschliche Gesellschaft in eine neue Epoche eingetreten, in die des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus. Daran ändert auch die zeitweilige Niederlage des Sozialismus durch die Konterrevolution von 1989/90 nichts. Seit Marx und Engels die Entwicklungsgesetze der menschlichen Gesellschaft entdeckten und deren Richtigkeit mit wissenschaftlicher Gründlichkeit nachwiesen, wissen wir, dass die Geschichte der menschlichen Zivilisation eine Geschichte der Klassengesellschaften und der Klassenkämpfe ist, deren Gesetzmäßigkeit darin besteht, dass jeder Gesellschaftsformation mit Notwendigkeit eine neue, höher entwickelte folgt. Wir wissen auch, dass dies kein geradliniger Prozess ist, sondern dass sie sich diese Gesetzmäßigkeiten in der Tendenz durchsetzen. Dabei gibt die alte Ordnung ihre Herrschaftsverhältnisse nicht kampflos preis und in dem Ringen zwischen Revolution und Konterrevolution sind zeitweilige Rückschläge, zeitweilige Erfolge für konterrevolutionäre Kräfte möglich. Auch die kapitalistische Gesellschaft setze sich nicht im ersten revolutionären Anlauf durch. Die große bürgerliche französische Revolution von 1789 endete nach wenigen Jahrzehnten zunächst mit einer Niederlage und einer über länger andauernden, konterrevolutionären feudalen Restauration in Europa, bis neue bürgerliche Revolutionen den längst im Untergang befindlichen Feudalismus endgültig historisch überwinden halfen.

Heute befinden wir uns nach wie vor in einer konterrevolutionären Phase, die allerdings den endgültigen Sieg sozialistischer Verhältnisse nicht aufhalten kann. Während mit dem Übergang von Feudalismus zum Kapitalismus eine Ausbeuterordnung die andere ablöste, wird mit dem Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus erstmals eine Gesellschaftsordnung mit völlig neuem Charakter entstehen - eine von Ausbeutung und Unterdrückung freie Gesellschaft, in der in einer Ökonomie, die auf dem Gemeineigentum an den Produktionsmitteln beruht, gesellschaftlich produziert und ebenso gesellschaftlich deren Ergebnisse angeeignet und verteilt werden. Die Gesellschaft wird planwirtschaftlich zum Nutzen aller Mitglieder der Gesellschaft organisiert sein. Dazu bedarf es aber der Überwindung der bestehenden kapitalistischen Gesellschaft. Und hier gibt es einen weiteren wesentlichen Unterschied zu früheren revolutionären Umwälzungen. Der Kapitalismus hat einerseits modernste Produktionsmethoden und hoch entwickelte Technologien geschaffen, ungeheure Warenmengen produziert, wie sie die Menschheit bislang nicht kannte, anderseits aber damit auch erstmals in der Geschichte ein ökonomisches, militärisches, ökologisches und soziales Vernichtungspotenzial geschaffen. Dies besteht einmal darin, dass der aus Profitgier rücksichtslos betriebene Raubbau an allen Ressourcen, wenn ihm nicht Einhalt geboten wird, Mensch und Natur gleichermaßen über den Rand der Existenzmöglichkeiten hinaus in den Ruin und die Barbarei treiben wird. Der Kapitalismus hat in seiner höchsten, letzten Entwicklungsstufe, dem Imperialismus, mit den beiden von ihm angezettelten Weltkriegen bewiesen, dass er für Macht und Profit bereit ist, ganze Völker zu opfern, Millionen und aber Millionen von Menschen zu morden. Als reaktionärster und gefährlichster Auswurf der Macht der Finanz- und Monopolbourgeoisie hat sich dabei der Faschismus erwiesen, der keinerlei menschliche Rechte und Normen mehr gelten lässt.

Faschismus, das ist kein "Unglücksfall der Geschichte" und nicht verursacht durch den "Wahnsinn eines einzelnen Irren", wie uns das die bürgerlichen Ideologen weismachen wollen. Faschismus ist dem Imperialismus wesenseigen, Faschismus ist das politische Fundament des reaktionärsten, chauvinistischsten und aggressivsten Flügels des Finanz- und Monopolkapitals. Er ist damit die brutalste Form der offenen Diktatur der Bourgeoisie. Er ist damit zugleich eine Form bürgerlicher Herrschaft.

Zu den Methoden der Verschleierung seiner wahren Ursachen und Ziele bedient sich der Faschismus eines hemmungslosen Rassismus und exzessiven Völkerhetze. Der deutsche Faschismus erklärte "den Juden" zur Ursache allen Übels, und die Vernichtung "jüdischen Bolschewismus" zum "Überlebenskampf des deutschen Volkes", um seine wahren Absichten, durch Krieg die globale Vorherrschaft des deutschen Imperialismus zu gewinnen und dabei mit rücksichtsloser Gewalt jeden Widerstand zu unterdrücken, zu verhüllen. Tatsächlich richtete der deutsche Nazi-Faschismus sein Aggressions- und Vernichtungspotenzial zunächst vor allem gegen die Arbeiterklasse und ihre Organisationen, vor allem die Kommunisten. Zu diesem Zweck war den Nazis die Macht von der Bourgeoisie übergeben worden.

Heute hat der Imperialismus einen neuen Sündenbock ausgemacht: Es ist der "Islam", der "islamistische Terrorist". In Namen der "Terrorabwehr" werden nicht nur die Kriege gegen den Irak und Afghanistan bis hin zu den verdeckten Operationen der Militärs und Geheimdienste in vielen Ländern gerechtfertigt und schon neue Kriege vorbereitet, wie gegen den Iran. Die "Bekämpfung des islamistischen Terrors" muss auch herhalten als Rechtfertigung für den massiven Abbau der bürgerlichen Rechte und den Ausbau des imperialistischen Überwachungs- und Unterdrückungsapparates. Als weitere "Bedrohung" werden Migrantinnen und Migranten in den grellsten Farben gezeichnet, zu Feinden erklärt. Dies geht einher mit einem bisher so nicht gekannten Sozialabbau: die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer.

Die Bundeswehr wird bereits weltweit eingesetzt. Ihr Klassenauftrag: Sicherung von Märkten, strategischen Rohstoffen und geopolitischen Positionen für den BRD-Imperialismus! Auch deshalb werden nationalistische und chauvinistische Stimmungen geschürt.

Dies ist der Hintergrund für die derzeit auf allen Ebenen forcierten Versuche mithilfe einer "neuen" politischen Kraft die BRD-Gesellschaft und ihren politischen Überbau massiv reaktionär und autoritär zu formieren. Es versteht sich dabei von selbst, dass in diesem Klima faschistische Tendenzen zunehmen und neonazistische Kräfte wachsen. Der Schoss ist eben fruchtbar noch, aus dem es kroch ...


Imperialismus bedeutet Krieg

Krieg und Kapitalismus gehören zusammen. Mit den heute vorhandenen Massenvernichtungswaffen wäre der Imperialismus in der Lage, die Existenz der gesamten Menschheit zu vernichten. Die Gefahr, dass der Imperialismus im Angesicht des Untergangs seiner Gesellschaft versucht ist, die ganze menschliche Zivilisation mit in den Abgrund zu reißen, kann nur verhindert werden, wenn die organisierte Arbeiterklasse, geführt von starken, revolutionären kommunistischen Parteien und im Bündnis mit allen demokratischen, anti-monopolistischen und antiimperialistischen Kräften, ihm kraftvoll und rechtzeitig in den Arm fällt.

Unsere Einschätzung, dass sich die allgemeine Krise des Kapitalismus weiter verschärft und in der Verbindung mit seinen zyklischen Krisen zu immer heftiger werdenden sozialen Auseinandersetzungen führt, bestätigt sich im täglichem Leben. Die letzte Finanz- und Wirtschaftskrise ist noch immer nicht überwunden und das Kapital und dessen kapitalistische Regierungen konnten sich nur deshalb durch die Krise mogeln und ihre maroden Banken und Konzerne retten, weil sie die Lasten den einfachen Bürgern, insbesondere der Arbeiterklasse, den Arbeitslosen und Armen aufbürden und zu den bereits bestehenden Schuldenbergen weitere Billionen(!) Schulden hinzufügten. Die nächste Krise ist ohnehin gesetzmäßig unvermeidbar, denn Krise und Kapitalismus sind untrennbar miteinander verbunden, aber was die imperialistischen Regierungen Rettungsschirme und Nothilfen nennen (freilich allein zugunsten des Kapitals), wird die nächste Krise noch weiter vertiefen. Es ist, als ob man Feuer mit Benzin löscht.

Einmal mehr bestätigt sich die Leninsche Theorie von der unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeit kapitalistischer Länder und Zentren. Während die USA immer mehr in ökonomische Schwierigkeiten geraten, und als "Supermacht" spürbar an Einfluss verlieren, gewinnen imperialistische Konkurrenten, vor allem der BRD-Imperialismus, an Bedeutung. Neue Großmächte wie China, Russland und im Trikont Indien oder Brasilien werde zum Teil mit rasanter Geschwindigkeit wirtschaftlich und damit politisch einflussreicher. Dabei erscheint es nur auf den ersten Blick verwirrend, dass sich China immer noch sozialistisch nennt, denn die nachweisliche Haupttendenz der ökonomischen Entwicklung des Landes ist mit rasanter Geschwindigkeit kapitalistisch.

Die Europäische Union (EU) steckt ökonomisch und damit auch politisch in einer Krise. Die EU ist bereits und soll verstärkt ein imperialistischer Hauptkonkurrent der danieder gehenden Supermacht USA werden. Innerhalb dieses imperialistischen Gebildes EU hat der BRD-Imperialismus eine herausragende Stellung. Die ökonomischen Entwicklungen der jüngsten Zeit zwingen die Herrschenden zu massiven Umbaumaßnahmen der EU. Wie dieses imperialistische Konstrukt in naher und langfristiger Zukunft konkret aussehen wird, kann man jetzt noch nicht vorhersagen. Tatsache ist jedoch, dass sich am imperialistischen Charakter der EU nichts ändern, sich die Konkurrenz mit anderen imperialistischen Blöcken, vor allem den USA, verschärfen wird. Für die Völker Europas wird dies eine verschärfte Ausbeutung und Versklavung durch die imperialistisch stärksten europäischen Mächte, allen voran durch den BRD-Imperialismus bedeutet. International werden sich die europäischen imperialistischen Interventionen verstärken und ausweiten. Die Kriegsgefahr wächst ...

Zugleich bedroht der Imperialismus jene Staaten immer unverhohlener mit militärischer Gewalt, die sich nicht seinem Diktat fügen wollen oder nicht bereit sind, sich ihre Ressourcen durch ausländische Banken und Konzerne für ein Trinkgeld abluchsen zu lassen. Länder wie der Iran, Venezuela (sowie alle anderen ALBA-Staaten), die Koreanische Demokratische Volksrepublik oder Kuba sind gegenwärtig besonders bedroht.


Parasitärer, faulender Imperialismus

Typisch für eine untergehende Gesellschaftsformation ist der ungehemmte Verfall in allen gesellschaftlichen Bereichen, eine allgemeine Dekadenz, die sich neben dem Niedergang in Wirtschaft und Politik auch im Niedergang der Kultur, der Bildung, der Ethik und Moral widerspiegelt. Die Massenmedien sind auf ein "Niveau" herabgesunken, das die im Kapitalismus übliche und gewollte Volksverdummung auf immer neue Tiefpunkte treibt. Was für ein Absturz von den kulturellen Leistungen aus der Zeit der bürgerlichen Aufklärung, als die Bourgeoisie noch eine aufstrebende, für ihre Zeit fortschrittliche Klasse war, hin zu einem Sumpf einer vollkommen sinnentleerten Massenunkultur.

Dies alles sind Zeichen einer untergehenden Gesellschaft. Die Bourgeoisie hat ihre historische Aufgabe längst erfüllt. Mit der Errichtung des Kapitalismus wurde sie von einer revolutionären zu einer reaktionären Klasse. Nur vollzieht sich dieser Untergang nicht im Selbstlauf. So wie es die historische Aufgabe des Bürgertums war, den Feudalismus zu überwinden und an seine Stelle seine Gesellschaft, den Kapitalismus zu errichten, so ist es im heutigen Klassenkampf die historische Mission der Arbeiterklasse, die kapitalistische Ordnung zu stürzen und an ihre Stelle die Herrschaft der Arbeiterklasse zu stellen, die sozialistische Gesellschaftsordnung.

Um sich dieser Aufgabe bewusst zu werden, braucht die Arbeiterklasse das, was wir Klassenbewusstsein nennen. Um dieses Bewusstsein zu entwickeln, braucht die Arbeiterklasse ihre Klassenorganisationen und insbesondere zur politischen Führung ihres Kampfes ihre eigene, proletarische Partei, die nur eine marxistisch-leninistische Partei sein kann. Diese muss deshalb eine marxistisch-leninistische Partei sein, weil sie als Einzige mit ihrer wissenschaftlichen Weltanschauung, dem Marxismus-Leninismus, über die Fähigkeit verfügt, die gesellschaftlichen Prozesse in ihrem Wesen und Zusammenhängen richtig und umfassend zu erkennen um daraus die richtige Strategie und Taktik des politischen Kampfes abzuleiten.


Zur Lage der kommunistischen Bewegung und den Tendenzen ihrer Entwicklung

Im Zuge der offenen Konterrevolution von 1989/90 gerieten auch die kommunistischen Parteien in eine offene Krise. Die ehemals führenden Parteien in den sozialistischen Staaten brachen wie Kartenhäuser zusammen, ihre Mitglieder verließen in Scharen ihre Organisation, während ihre Führungen entweder direkt an der Konterrevolution beteiligt waren oder ihr tatenlos gegenüberstanden. Was sich nicht auflöste, wurde in der Regel umgewandelt in sozialdemokratische Parteien. Nur eine verschwindend kleine Minderheit an aufrechten Marxisten-Leninisten war bereit, den Kampf fortzuführen. In nicht wenigen Fällen wurden sie nun ausgerechnet von ihren ehemaligen "Genossen" verfolgt und unterdrückt, bis hin zum Verbot kommunistischer Parteien in Ost-Europa - begleitet und untermauert von massiven und primitiven anti-kommunistischen Kampagnen.

Was zu Zeiten Lenins und Stalins undenkbar war und viele bis 5 nach 12 nicht wahrhaben wollten - es war ausgerechnet die Kommunistische Partei der Sowjetunion, die einst stolz das Banner des Marxismus-Leninismus hochgehalten, die Revolution zum Sieg geführt und verteidigt und den ersten sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat in der UdSSR errichtet hatte, die mit der "Entstalinisierung" den Revisionismus in der Partei verankerte und dessen Einfluss damit auch in anderen kommunistischen Parteien begünstigte und unterstützte. Über Chruschtschow und Breschnew führte dieser fortschreitende Verfall der Partei zum angeblichen "Erneuerer" Gorbatschow, der zunächst unter der verlogenen Losung "zurück zu Lenin" in Wahrheit die Reste leninistischer Politik aus der KPdSU fegte und schließlich offen zur Konterrevolution, zur Zerstörung der UdSSR überging, die unter Jelzin mit der Restauration des Kapitalismus in der nunmehr wieder in Einzelstaaten zerfallenden Sowjetunion vollendet wurde. Gleiche Ursache, gleiche Wirkung: In sehr ähnlicher Weise vollzog sich die konterrevolutionäre Zerschlagung des gesamten europäischen sozialistischen Lagers. Damit tragen selbstverständlich nicht nur die ehemaligen Führer der KPdSU, von Chruschtschow bis Jelzin die politische Verantwortung für den Sieg der Konterrevolution, sondern auch die jeweiligen Führungen der kommunistischen Parteien in den anderen sozialistischen Staaten, die den gleichen Weg gegangen sind. Der Revisionismus war freilich nicht die alleinige Ursache und Triebkraft für die Konterrevolution, denn von Beginn an wurde der Sozialismus vom weiter existierenden Imperialismus mit allen Mitteln bekämpft, von den Resten der Bourgeoisie im Inneren und vom Imperialismus von außen angegriffen. Es bleibt aber die Tatsache, dass der Sozialismus solange alle Angriffe abwehren und erfolgreich aufgebaut werden konnte, solange er sich im Wesentlichen auf der Grundlage der Prinzipien des Marxismus-Leninismus entwickelte. Er geriet dann in eine existenzielle Krise und erlag schließlich der Konterrevolution, als er zunehmend die marxistisch-leninistische Basis verließ und sich zugleich im wachsenden Maße Revisionismus und Reformismus mit allen ihren negativen Erscheinungen und Folgen ausbreiteten. Ohne die revisionistisch-reformistische Deformation des Sozialismus wäre der Konterrevolution das Tor verschlossen geblieben und deshalb ist es richtig, zu erklären, dass der Revisionismus die Hauptursache für die Niederlage des Sozialismus von 1989/90 ist.

Die Folgen wirken bis heute in der kommunistischen Bewegung verheerend nach. Die Ursachen dafür liegen freilich weit vor 1989/90. Seit die kommunistische Bewegung und ihre wissenschaftliche Weltanschauung Mitte des 19. Jahrhunderts organisiert und erstmals programmatisch, politisch-ideologisch zusammengefasst im "Manifest der Kommunistischen Partei" von Marx und Engels in die Geschichte eintrat, gehörte zu den wesentlichen Aufgaben der Kommunistischen Partei der Kampf gegen linke und rechte Abweichungen und insbesondere gegen den Revisionismus und Opportunismus. In einer Reihe von Artikel und Werken haben sich schon Marx und Engels zur Unverzichtbarkeit und Notwendigkeit der Bekämpfung von Revisionismus und Opportunismus geäußert und vor den Folgen einer Vernachlässigung dieser Auseinandersetzung gemahnt. Wie wichtig deshalb die Aussage "Klarheit vor Einheit" ist, zeigt die Geschichte des Zusammenschlusses verschiedener Strömungen der sich entwickelnden Arbeiterbewegung in Deutschland zur SPD. Letztlich wurde hier die Einheit vor die Klarheit gestellt. Nun hat sich sicher keiner der damals handelnden Genossen vorstellen können, dass ihre einst so stolze, marxistische Partei nur wenige Jahrzehnte später an der Seite des Kaiserreiches und der eigenen Bourgeoisie hurra-patriotisch in den Ersten Weltkrieg ziehen würde. Wie konnte es soweit kommen? Begünstigt durch die Zurückstellung des Kampfes gegen revisionistisch opportunistisch Strömungen in der deutschen Sozialdemokratie zugunsten der Einheit gerieten die marxistischen Kräfte in die Defensive und opportunistische Kräfte erlangten ein zunehmendes Übergewicht in der SPD. Mit all den dramatischen Folgen: Von der Niederschlagung der Novemberrevolution 1918/19 durch eine SPD-Regierung über die Spaltung der Arbeiterbewegung in SPD und KPD, der Weigerung der SPD mit der KPD eine antifaschistische Einheitsfront zu bilden bis hin zur Restauration des deutschen Imperialismus nach 1945 in Westdeutschland, bei der die SPD-Führung auf Basis eines massiven Antikommunismus den BRD-Imperialismus stützte oder der nicht zuletzt sozialdemokratisch geprägten neuen imperialistischen Strategie des "Wandels durch Annäherung", mit der die revisionistischen Kräfte in den kommunistischen Parteien unterstützt und beflügelt wurden.


Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen: Klarheit vor Einheit!

Nach all den Erfahrungen kann niemand wirklich ernsthaft behaupten, dass man die Gefahr des Revisionismus nicht hätte erkennen können. Und wer heute, nach 1989/90, noch immer die Gefahren des Revisionismus bestreitet oder verharmlost, erscheint offenbar unbelehrbar, leistet dem Antikommunismus und der Spaltung objektiv Vorschub. Wer heute die gleichen revisionistischen "Rezepte" für die gegenwärtige kommunistische Bewegung empfiehlt, die nachweislich zur Zerstörung der früheren kommunistischen Parteien und damit zur Zerschlagung des Sozialismus in der Sowjetunion, in der DDR und anderen Ländern führten, der handelt deshalb objektiv antikommunistisch und im Sinne des Klassenfeindes. Deshalb ist die Bekämpfung des Revisionismus in all seinen Formen ein unverzichtbarer und notwendiger Bestandteil der politischen Arbeit einer wirklichen kommunistischen Partei. Das bedeutet zugleich, dass sich jede marxistisch-leninistische Partei von revisionistischen Strömungen gegebenenfalls auch organisatorisch trennen muss. Es kann keine Einheit zwischen Marxismus-Leninismus und Revisionismus geben. Ebenso klar ist, dass der Kampf gegen den Revisionismus nicht zu trennen ist vom Kampf gegen den "Antistalinismus". Ohne den "Antistalinismus" hätte sich der Revisionismus nicht in den kommunistischen Parteien durchsetzen können und nichts ist wirksamer in der anti-kommunistischen Propaganda als jene Positionen, die von "Kommunisten" selbst in die Welt gesetzt wurde.

Die kommunistische Bewegung in Deutschland ist weiterhin in der Krise. Sie ist mehrheitlich revisionistisch dominiert, organisatorisch wie politisch gespalten und zersplittert. Die Arbeiterklasse in Deutschland verfügt damit über keine einheitliche, marxistisch-leninistische Partei. Das ohnehin geringe marxistisch-leninistische Potenzial innerhalb der kommunistischen Bewegung in Deutschland ist verteilt auf verschiedene Parteien und Organisationen, wo sie fast immer in der Minderheit sind.

Dies ist angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Lage und den zu erwartenden Entwicklungen ein unhaltbarer Zustand, denn ohne eine starke marxistisch-leninistische Partei wird die Arbeiterklasse in Deutschland ohne revolutionäre politische Führung sein und steht mit diesem schweren Nachteil einer hoch organisierten Bourgeoisie mit all deren Unterdrückungsmitteln und der Wucht ihrer demagogischen Medien gegenüber. Die Existenz einer geeinten marxistisch-leninistischen Partei ist daher eine unverzichtbare Voraussetzung, damit die Arbeiterklasse einen organisierten und erfolgreichen Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung führen und schließlich ihre historische Mission mit dem Sturz der kapitalistischen Verhältnisse und dem Aufbau einer sozialistischen Gesellschaftsordnung erfüllen kann. Die Schwäche der kommunistischen Bewegung hat auch Auswirkungen auf die Gewerkschaften. Die Gewerkschaften sind überwiegend opportunistisch geführt, manchem ihrer Repräsentanten scheint der Frack der Wirtschaftsbosse näher zu sein, als der Arbeitsanzug der Werktätigen. Die geringe Kampfkraft und das geringe Vertrauen spiegeln sich auch in der Tendenz eines immer schlechteren gewerkschaftlichen Organisationsgrad der Arbeiter wider. Die Nicht-Existenz einer geeinten marxistisch-leninistischen kommunistischen Partei in der BRD ist weiterhin eine schwere Hypothek für alle demokratischen, anti-monopolistischen und anti-imperialistischen Bewegungen und Initiativen.

Griechenland ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, dass eine starke Kommunistische Partei sich positiv auf eine starke Gewerkschaftsbewegung auswirkt. Der heftige und organisierte Widerstand der griechischen Arbeiterklasse unter Führung der KKE und starker, linker Gewerkschaften ist eine Ermutigung für alle Kommunisten und Gewerkschafter.


Die Notwendigkeit der Schaffung einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Partei

Wenn eine marxistisch-leninistische Partei nicht existiert, muss sie geschaffen werden. Das ist aber kein bloßer organisatorischer Akt und unter den gegebenen Bedingungen in der BRD besonders schwierig. Das KPD-Verbot in der BRD, die Zerschlagung der SED samt der DDR und viele damit verbundene Faktoren führten zum gegenwärtigen Zustand der kommunistischen Bewegung in Deutschland. Die Neugründung der KPD 1990 noch in der DDR war unter den damaligen Umständen wohl verständlich, blieb aber, da isoliert und unabgestimmt mit anderen kommunistischen Kräften in Deutschland, ohne nachhaltigen Erfolg. Freilich trug dazu auch die Tatsache bei, dass die DKP damals keine Anstrengungen unternahm, um gemeinsam mit dem verbliebenen Kommunisten aus der ehemaligen SED eine Einheitslösung zu finden, sondern sich einfach nur nach Osten ausdehnte; allerdings auch nur mit mäßigem Erfolg. Die SED selbst wandelte sich in Schritten über die SED-PDS, PDS zur Partei Die Linke um. Diese ist im Kern eine neue sozialdemokratische Partei, sowohl programmatisch als auch bei genauer Betrachtung und Analyse ihres Handelns. Daran ändert auch nicht die Tatsache der Fortexistenz einer so genannten "Kommunistischen Plattform" in dieser Partei, denn sie erscheint vor allem als Feigenblatt für die immer deutlichere sozialdemokratische Formierung der Gesamtpartei. Das Beharren verschiedener kommunistischer Parteien nach 1990 in Deutschland auf einen faktischen Alleinvertretungsanspruch und die fortgesetzte Dominanz revisionistischer Positionen führten dazu, dass das Thema Einheit zwar von allen zumindest verbal bejaht wird, aber in Bezug auf praktische Schritte dorthin faktisch Sprach- und Tatenlosigkeit vorherrschten.

Ein neuer Ansatz musste vor diesem Hintergrund gefunden werden. Dieser neue Ansatz wurde mit dem Aufruf zur Schaffung einer Kommunistischen Initiative im Herbst 2008 öffentlich. Anders als vorherige Versuche, richtete er sich nicht an die Führungen und Strukturen der bestehenden kommunistischen Parteien und Organisationen, sondern an alle Kommunisten, gleich wo oder ob sie organisiert sind, die sich einig sind im Ziel, die Spaltung zu überwinden und einen Prozess in Gang zu setzen, der längerfristig zur Schaffung einer einheitlichen marxistisch-leninistischen Partei führt. In diesem Sinne fanden sich nach zahlreichen Gesprächen und verantwortungsvoller Abwägung im Herbst 2008 Kommunistinnen und Kommunisten aus verschiedenen Parteien und Organisationen sowie nicht Organisierte zusammen, die sich mit dem Aufruf "Schafft die Kommunistische Initiative" an die Öffentlichkeit wandten. Fast zwei Jahrzehnte nach der Konterrevolution wurde damit wieder ein Erfolg versprechender neuer Weg aufgenommen, um die Spaltung und Zersplitterung der marxistisch-leninistischen Kräfte in Deutschland zu überwinden. Mehr als zwei Jahre nach dem Aufruf können wir feststellen, dass damit die ansonsten weiter anhaltende Tendenz des Niedergangs der kommunistischen Bewegung in Deutschland durchbrochen werden konnte. Die Kommunistische Initiative hat sich - bei allen Schwierigkeiten, Schwächen, Unzulänglichkeiten und Problemen, die zu lösen waren, aktuell zu lösen sind und noch auf uns zukommen - insgesamt erfolgreich entwickelt. Damit hat sich der Ansatz, nicht zu versuchen, unterschiedliche Organisationen zu vereinen, sondern die Einheit mit allen Kommunisten zu suchen, die für diese Einheit auf marxistisch-leninistischer Grundlage eintreten, als richtig erwiesen.


Stand der Entwicklung der Kommunistischen Initiative und ihre weiteren Aufgaben

Begonnen hat die Kommunistische Initiative im Grunde als offenes Projekt ohne feste Organisationsstruktur, denn zunächst ging es einmal darum, die Kommunistische Initiative bekannt zu machen, Unterstützer zu gewinnen und mit den Interessierten in die Diskussion zu kommen. Politische Leitlinien waren die im Aufruf verankerten Grundsätze. Ein Vorläufiges Organisationskomitee übernahm die Aufgabe, diesen Prozess zu koordinieren und die Kommunistische Initiative weiterzuentwickeln.

Die Kommunistische Initiative ging damit einen neuen Weg, denn anders als eine neu gegründete Partei, der unmittelbar eine feste Struktur zur Verfügung steht, musste zunächst Vieles improvisiert, Aufgaben und Verantwortlichkeiten auch einmal auf Zuruf vergeben werden. Wo sonst ein Statut bestimmte organisationspolitische Dinge regelt, mussten deshalb freiwillige Vereinbarungen genügen. Die zweitägige wissenschaftliche Konferenz vom 10./11. Oktober 2009 in Berlin anlässlich des 60. Jahrestages der Gründung der DDR war ein erster wichtiger Höhepunkt in der Arbeit der Kommunistischen Initiative. Es war die bedeutendste Veranstaltung zum 60. Jahrestag der Gründung der DDR in Deutschland. Von der marxistisch-leninistischen Zeitschrift offen-siv organisiert und u.a. auch von der Kommunistischen Initiative aktiv unterstützt, wurde sie zu einem Beleg für die Leistungsfähigkeit der Kommunistischen Initiative. Zudem wurde diese Konferenz zu einem wichtigen Forum, auf dem sich die Kommunistische Initiative vorstellen konnte.

Das Interesse an der Kommunistischen Initiative war beachtlich, neben einem Kreis aktiver Unterstützer und zunächst vorläufig benannter Verantwortlicher wuchs um die Kommunistische Initiative herum ein Interessentenkreis von nunmehr mehreren Hundert Personen. So zeigte sich bald, dass die Qualität der Arbeit des Vorläufigen Organisationskomitees und des nachfolgenden Organisationskomitee nicht Schritt hielten sowohl mit der quantitativen Entwicklung der Kommunistischen Initiative als auch mit den neuen politischen wie organisationspolitischen Anforderungen, die sich aus der Notwendigkeit der Führung und Koordinierung der Arbeit mit den nach und nach entstehenden regionalen Gruppen der Kommunistischen Initiative ergaben. Einige Verantwortlichkeiten, insbesondere im Hinblick auf die Vorbereitung der 2.Perspektivkonferenz der Kommunistischen Initiative, übernahm eine vom Organisationskomitee eingesetzte Vorbereitungsgruppe.

Kaderfragen gewannen zunehmende Bedeutung. Nach einer Analyse der Arbeit des Organisationskomitees kam die Kommunistische Initiative zu der Auffassung, dass das Organisationskomitee als kollektives Organ nicht mehr arbeitsfähig war, um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Zugleich zeigte sich, dass einzelne Mitglieder des Organisationskomitees in zunehmendem Maße Positionen vertraten, die im Widerspruch zu den gemeinsam vereinbarten Grundsätzen des Aufrufes zur Schaffung der Kommunistischen Initiative vom Herbst 2008 standen. In gemeinsamer Beratung von der Vorbereitungsgruppe für die 2. Perspektivkonferenz, an der Koordinatoren und Organisationskomiteemitglieder teilnahmen, wurden daher einstimmig oder mit großer Mehrheit Beschlüsse gefasst, um den Zustand der ungenügenden und den Herausforderungen nicht mehr gerecht werdenden Arbeit zu überwinden. Die Vorbereitungsgruppe, zu der eine Reihe von besonders erfahrenen und aktiven Unterstützern gehören, übernahm diesen Beschlüssen zufolge zusätzliche Aufgabe und Kompetenzen und es zeigte sich schnell wieder eine deutlich verbesserte inhaltliche wie organisatorische Arbeit der Kommunistischen Initiative. Diese Beschlüsse haben sich als richtig erwiesen. Zugleich zwang die durch diese Beschlüsse ausgelöste dynamische Entwicklung der Kommunistischen Initiative einige wenige Mitglieder "Flagge zu zeigen", immer offener zu dokumentieren, dass diese Unterstützer die Kommunistische Initiative in eine andere, wie sich immer deutlicher zeigt rechts opportunistische Richtung drängen wollten und nun in ihren Wirkungsmöglichkeiten eingeschränkt waren. Dabei handelt es sich um eine kleine Minderheit. Ihre Versuche, besonders aktive und treu den Grundsätzen des Aufrufes folgende Genossen in persönliche Auseinandersetzungen zu verwickeln und die regulär gefassten Beschlüsse zur Arbeit der Vorbereitungsgruppe als illegitim darzustellen, scheiterten. Die große Mehrheit der Unterstützer der KI folgte den am 14. Juli 2010 gefassten Beschlüssen zur weiteren Arbeit der Kommunistischen Initiative und den Verantwortlichkeiten der Vorbereitungsgruppe. Statt ein Angebot zur sachlichen Diskussion und weiteren Mitarbeit in der Kommunistischen Initiative anzunehmen, entschloss sich die kleine Gruppe zur Abspaltung von der Kommunistischen Initiative. Statt einer inhaltlichen Diskussion greift diese Gruppe auf die alte Methode zurück: "Kannst Du eine Idee nicht diskreditieren, dann diskreditiere jene, die sie vertreten".

Die Kommunistische Initiative wird sich jedoch nicht auf ein solches Diskussionsniveau herunterziehen lassen und stattdessen ihre Arbeit konzentriert und sachlich fortsetzen.

Es war von Anfang an klar, dass die Kommunistische Initiative Angriffen ausgesetzt sein würde und dass weitere folgen werden. Die KI ist darauf vorbereitet und wird die aktuellen wie die künftigen abzuwehren wissen.

Der Erfolg der Arbeit der Kommunistischen Initiative zeigt sich u. a. in der Bildung neuer regionaler Gruppen, dem weiter wachsenden Interesse an der Arbeit der Initiative, wie sich u. a. an den eingehenden Anfragen und der Zunahme der Leser der "KI-Info" zeigt. Neben der inhaltlichen wie gestalterisch sehr positiven Entwicklung der zentralen Homepage der Kommunistischen Initiative, www.kommunistische-initiative.de, haben nun auch regionale Organisationen der KI damit begonnen, eigene Webseiten zu veröffentlichen. Großes Interesse finden auch Medien wie KI-TV und der neu eingerichtete "Schwarze Kanal" in bewusster Anlehnung an das TV-Vorbild aus der DDR. Der Ausbau der Verlagsarbeit und die Verbreitung weiterer Publikationen werden folgen.

Die Kaderschulungen und die marxistisch-leninistische Bildung sind ein weiterer überaus wichtiger Bestandteil der Arbeit der Kommunistischen Initiative.

Die Kernarbeit besteht natürlich weiterhin in den Gesprächen mit allen gesprächsbereiten Kommunistinnen und Kommunisten, mit Gewerkschaftern, mit fortschrittlichen Künstlern, mit allen, die eine antikapitalistische und antiimperialistische Alternative zur gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaft suchen, um sie in geduldiger Überzeugungsarbeit von der Richtigkeit der Grundsätze und Ziele der Kommunistischen Initiative zu überzeugen.

Noch wichtiger ist eine wesentlich aktivere und vor allem auch sichtbarere Teilnahme der Kommunistischen Initiative an den aktuellen politischen Kämpfen gegen Sozialabbau, Arbeitslosigkeit und Lohnraub, gegen die zunehmende Einschränkung der demokratischen Grundrechte, gegen Rassismus und Faschismus, gegen Rüstung und Krieg, gegen eine Politik der Umverteilung zugunsten der Reichen und zulasten der Armen. Wo immer es möglich ist, müssen Unterstützer der Kommunistischen Initiative bei Demonstrationen, Protestaktionen usw. im doppelten Sinne des Wortes Flagge zeigen!

Die gewonnenen Unterstützer der Kommunistischen Initiative müssen rasch in die bestehenden und in die neu zu schaffenden Gruppen einbezogen werden. Ausgehend von den Analysen, Schlussfolgerungen und Beschlüssen der 2. Perspektivkonferenz muss die Kommunistische Initiative inhaltlich, strukturell und personell auf einer qualitativ höheren Stufe arbeiten. Dazu gehört vor allem auch der Start eines Zentralorgans in gedruckter Form als kollektiver Propagandist, Agitator und Organisator. Auch fehlt der KI noch ein theoretisches Magazin. Das alles sind die Voraussetzungen für den nächsten Wegabschnitt hin zu einer längerfristigen Schaffung einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Partei.

Nach mehr als zwei Jahren der Existenz der Kommunistischen Initiative hat sich der von revisionistischen Kräften erhobene Vorwurf, die KI wolle "auf die Schnelle" eine neue Partei gründen, als falsch und absurd erwiesen. Die Kommunistische Initiative wird auf dem Weg zur Schaffung einer einheitlichen marxistisch-leninistischen Partei auch jetzt nicht den vierten Schritt vor dem dritten tun. Noch ist ein gutes Stück Weg bis dahin zu gehen. Sie wird dieses Ziel weder künstlich und überhastet vorantreiben, noch, wie manche hoffen mögen, auf den St. Nimmerleinstag verschieben.


Unser Ziel ist eine einheitliche, marxistisch-leninistische Partei, nach welchen Prinzipien muss sie geschaffen werden?

Aufgrund des vielfachen Missbrauchs der Begriffe "kommunistisch", "marxistisch" bzw. "marxistisch-leninistisch", die oft genug in den Deckmantel revisionistisch-reformistischer Strömungen eingewebt werden, um ihre wahren politischen Inhalte und Ziele zu tarnen, ist es notwendig, zu erklären, was wir unter einer marxistisch-leninistischen Partei verstehen. Der Kern des Charakters einer solchen Partei wurde bereits im "Manifest der Kommunistischen Partei" von Marx und Engels niedergelegt. Für die Kommunistische Initiative sind diese Aussagen zusammen mit den von Lenin weiterentwickelten Prinzipien einer Partei neuen Typus unverzichtbare gültige Grundlagen für die Bestimmung des Wesens einer marxistisch-leninistischen Partei. Danach ist eine marxistisch-leninistische Partei der bewusste und organisierte Vortrupp der Arbeiterklasse und ihrer natürlichen Verbündeten. Die Notwendigkeit ihrer Existenz ergibt sich aus der Spaltung der kapitalistischen Gesellschaft in Klassen, in der die von der Bourgeoisie unterdrückte Arbeiterklasse eine ihre Interessen vertretende politische Kraft braucht. Da es darüber hinaus die historische Aufgabe der Arbeiterklasse ist, die kapitalistische Ordnung zu stürzen und eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, muss eine solche politische Kraft in der Lage sein, die Entwicklungs- und Bewegungsgesetze der menschlichen Gesellschaft wissenschaftlich erfassen und erkennen zu können, um daraus ihre politische Strategie und Taktik, ihre Fähigkeiten abzuleiten, um die Arbeiterklasse erfolgreich im Klassenkampf und bei der Verwirklichung ihrer historischen Mission zu führen. Die einzige Wissenschaft, die diese Erkenntnisse und Einsichten in die Ursachen und das Wesen geschichtlicher Prozesse und gesellschaftlicher Verhältnisse gibt, ist der Marxismus-Leninismus. Daraus ergibt sich, dass die Partei der Arbeiterklasse nur eine marxistisch-leninistische sein kann. Sie ist Organisation und politische Führung der Arbeiterklasse im alltäglichen Klassenkampf unter den Bedingungen des Kapitalismus, sie führt die Arbeiterklasse durch den revolutionären Prozess der Umwälzung von kapitalistischen Verhältnissen hin zur sozialistischen Gesellschaftsordnung und sie übernimmt die führende Rolle beim Aufbau und der Gestaltung des Sozialismus. Sie erkennt den Marxismus-Leninismus als Einheit und deshalb in all seinen Bestandteilen als Grundlage ihrer Ideologie und ihres Handelns an. Ihre politischen Grundsätze und Ziele legt sie in ihrem Parteiprogramm nieder.

Ihr Aufbau gestaltet sich notwendig nach den Prinzipien des demokratischen Zentralismus. Diese Fragen regelt das Statut der Partei. Dazu gehört, dass die Arbeitsweise und Beschlüsse der Partei von den Mitgliedern der Partei von den Grundorganisationen bis zur Führung hinauf kollektiv vorgeschlagen und diskutiert werden. Die dann gefassten Beschlüsse sind für alle Mitglieder verbindlich. Sie einzuhalten und umzusetzen, ist ein Teil der straffen Organisiertheit und Disziplin in einer marxistisch-leninistischen Partei. Da die Arbeiterklasse im Gegensatz zur Klasse der Bourgeoisie im Kapitalismus über keine staatlichen Machtmittel verfügt, ist die Einheit, Geschlossenheit und Disziplin in ihrer Partei von besonderer Bedeutung. Sie ist verbunden mit dem Prinzip der offenen und ehrlichen Kritik und Selbstkritik, um Mängel, Fehlentwicklungen und Fehlverhalten zu erkennen, aufzudecken und daraus die richtigen Schlussfolgerungen und Maßnahmen treffen zu können.

Eine marxistisch-leninistische Partei ist die Klassenorganisation der nationalen und internationalen Arbeiterklasse. Sie ist damit internationalistisch und solidarisch mit allen antikapitalistischen und antiimperialistischen Bewegungen in der Welt.

Zu den unverzichtbaren politischen Aufgaben gehört der Kampf gegen revisionistische Strömungen aller Art, gegen Sektierertum, Radikalismus und Anarchismus. Die historischen Erfahrungen, nicht zuletzt die konterrevolutionäre Niederlage des Sozialismus 1989/90, haben der kommunistischen Bewegung die Lehre erteilt, dass im Kampf gegen den Revisionismus keine Kompromisse und Nachlässigkeiten geduldet werden dürfen.

Im Klassenkampf ist die marxistisch-leninistische Partei bereit, mit anderen Arbeiterparteien, Gewerkschaften und allen antiimperialistischen Kräften in gemeinsamen Aktionen zu handeln und Bündnisse einzugehen, wenn sie den Interessen der Werktätigen und vom Imperialismus Unterdrückten dienen. Sie tritt jederzeit für die politische und organisatorische Einheit aller Marxisten-Leninisten ein. So ist zum Beispiel in den hoch entwickelten imperialistischen Staaten Europas der Aufbau einer breiten, demokratischen, anti-monopolistischen und anti-imperialistischen Front unter Führung der Arbeiterklasse als notwendige Voraussetzung für die proletarische, sozialistische Revolution eine der zentralen Aufgaben der Kommunistischen Partei.


Theorie und Praxis des Aufbaus des Sozialismus wieder vom Kopf auf die Füße stellen

Seit die kommunistische Idee in die Geschichte eintrat, wurde sie von Antikommunisten aller Schattierungen erbittert bekämpft und von Revisionisten und Opportunisten verfälscht. Die Niederlage des Sozialismus in der Konterrevolution hat der antikommunistischen Propaganda zweifellos Auftrieb gegeben. Sie nehmen die - wie wir wissen zeitweilige - Niederlage des Sozialismus zum "Beweis", dass der Sozialismus eine "verfehlte Idee" sei, die niemals funktionieren könne. Die Revisionisten behaupten hingegen, nicht der Sozialismus, sondern die marxistisch-leninistische Theorie sei gescheitert, weshalb man sie "überarbeiten", auf "noch Brauchbares" untersuchen und den Weg eines "neuen, demokratischen Sozialismus" gehen müsse. Abgesehen davon, dass jeder "demokratische Sozialismus" in allen Parteiprogrammen sozialdemokratischer Parteien noch nie und nirgends über den Kapitalismus hinausreichte und in sämtlichen sozialistischen Staaten, wo er durch den Revisionismus in die Ideologie der kommunistischen Parteien eindrang und vorherrschend wurde, zu nichts anderem führte als zurück in den Kapitalismus, ist in der Tat dringend Arbeit an der Theorie und Praxis des Aufbaus des Sozialismus erforderlich. Sie muss wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden, indem sie von revisionistisch-reformistischen Verwerfungen befreit und auf die Basis der Wissenschaft, auf den Marxismus-Leninismus zurückgeführt wird. So ist klarzustellen, dass Sozialismus ohne führende Rolle der Partei ebenso unmöglich ist wie ohne die politische Herrschaft der Arbeiterklasse und ohne die Vergesellschaftung der wesentlichen Produktionsmittel nicht aufgebaut werden kann. Sozialismus, das ist Planwirtschaft. Die Mär von der "sozialistischen Marktwirtschaft" ist ebenso wie die Mär von der "sozialen Marktwirtschaft" nichts als Etikettenschwindel, hinter dem sich nichts anderes als Kapitalismus verbirgt. Auch der fortwährende Missbrauch der (im übrigen zeitweiligen und begrenzten) Neuen Ökonomischen Politik in der frühen Sowjetunion oder des Neuen Ökonomischen Systems unter Genossen Walter Ulbricht in der DDR durch die "sozialistischen Marktwirtschaftler" als "Beweis" für die "Notwendigkeit" der "Marktwirtschaft" im Sozialismus, ändern nichts an den einfachen Tatsachen: Man kann nicht kapitalistisch produzieren und sozialistisch regieren, so wenig wie man sozialistisch produzieren und kapitalistisch regieren kann. Das sind unvereinbare Gegensätze. Neben der Wiederherstellung der marxistisch-leninistischen Philosophie ist es eine ebenso wichtige Aufgabe, die ursprüngliche marxistisch-leninistische politische Ökonomie wieder herzustellen. Die Lehrbücher der sozialistischen Ökonomie, die im Zuge des Fortschreitens des Revisionismus in den kommunistischen Parteien veröffentlicht wurden, taugen dazu, zu erklären, wie man es nicht machen darf. Wir brauchen aber vor allem auch wieder die Lehrbücher, die erklären, wie man sozialistische Ökonomie richtig betreibt. Sozialismus ohne Konkurrenz, ohne Streben nach Gewinn (sprich Profit). Das gehe eben nicht, wird behauptet. Konkurrenz und Jagd nach Profit, das wollen wir nicht und brauchen wir nicht. Der Sozialismus hat seine eigenen Triebkräfte, die er u. a. über den sozialistischen Wettbewerb und das Leistungsprinzip entfaltet.

Die Apologeten des Kapitalismus und die Vertreter des Revisionismus gehen sehr ähnlich vor: Sie verschweigen oder verleumden jene Perioden des Sozialismus, in denen er sich erfolgreich entwickelte und allen konterrevolutionären Anschlägen widerstand. Es ist eine unserer wichtigsten Aufgaben, diese positiven Erfahrungen vom Schutt des Vergessens, Verdrängens, der Verleumdung und der Lüge zu befreien und wieder allen zugänglich zu machen.

Nicht wenige Menschen, die der Idee des Sozialismus durchaus aufgeschlossen gegenüberstehen, fragen, ob ein neuer Sozialismus überhaupt möglich oder eben doch nur eine schöne Utopie ist. Andere Fragen: Wie soll er denn werden, wie soll er funktionieren, Euer Sozialismus? Wie wollt ihr wirtschaften, wie verteilen? Wie sieht eure sozialistische Demokratie aus, was für einen Staat, was für Gesetze werdet ihr haben? Wie werden die Menschen leben? Was ist mit der Bildung, dem Gesundheitswesen?

Auch wenn man nicht Jedes und Alles im Detail voraussagen kann, die Grundsätze der Ökonomie, der Politik, des Staates, des sozialen Zusammenlebens, die können wir beantworten. Dazu können wir auf die wertvollen Erfahrungen aus den Jahrzehnten des erfolgreichen Aufbaus des Sozialismus in der UdSSR, in der DDR und anderen Ländern zurückgreifen. Es ist ein Erfahrungsschatz, der für die innerorganisatorische Bildungsarbeit ebenso wichtig ist, wie für die kommunistische Agitation und Propaganda und nicht zuletzt für den Aufbau des künftigen Sozialismus!

Vor der Kommunistischen Initiative liegt ein weiterer Abschnitt des Weges hin zur längerfristigen Schaffung einer einheitlichen marxistisch-leninistischen Partei, den wir gemeinsam mit allen verantwortungsbewussten und nach Einheit strebenden Kommunisten gehen wollen. Die genannten Aufgaben, die wir zu lösen haben, sind gewaltig. Es ist eine schwere, mühevolle Arbeit, die getan werden muss, um den Weg in die sozialistische Zukunft freizumachen. Alle aufrechten Kommunisten, klassenbewussten Werktätige, die von der kapitalistischen Gesellschaft um ihre Zukunft betrogene Jugend, alle, die nach Wegen suchen, kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung, Krieg und Imperialismus zu beseitigen und eine neue sozialistische Gesellschaft zu erbauen, sind aufgerufen, mit uns in der Kommunistischen Initiative und einer künftigen einheitlichen marxistisch-leninistischen Partei gemeinsam für diese Ziele zu kämpfen!

Sozialismus oder Barbarei!

Vorbereitungsgruppe der 2. Perspektivkonferenz der Kommunistischen Initiative, Anfang Dezember 2010

Raute

RESONANZ AUF DIE KILEW-VERÖFFENTLICHUNG

Fritz Dittmar: Keine Anhäufung zufälliger Fehler

Lieber Frank,

vor viereinhalb Jahren habe ich für die DKP Hamburg-Wandsbek einen Bildungsabend zum Thema XX. Parteitag durchgeführt.

Ich schicke dir den Text von damals, vielleicht willst du etwas davon verwenden. Das Offensiv-Heft finde ich sehr gut, es hat für mich gegenüber damals vor allem zwei wichtige Aspekte geklärt:

Zum einen hat Genosse Kilew durch eine sehr umfangreiche und gründliche Arbeit deutlich gemacht, wie viel Verleumdung und Lüge in Chruschtschows Rede steckte:

Z.B. erscheint es mir nun plausibel, dass der Konflikt zwischen Lenin/Krupskaja und Stalin verfälscht dargestellt, wenn nicht sogar von C. erfunden wurde.

Ebenso stellen die engen Mitarbeiter und Militärfachleute Stalins wirkliche Rolle und Verhalten als Oberbefehlshaber im Krieg glaubwürdiger dar als C. mit seinen Verleumdungen.

Zum anderen habe ich damals denselben Fehler gemacht wie Kilew. Ich wollte in erster Linie deutlich machen, dass Stalins Politik richtig und C.s Kritik und Politik falsch war. Ob C.s Politik auf ungenügender Bildung beruhte oder bewusster Verrat war, hat mich damals weniger interessiert. Aber ich denke jetzt, dass man sich hier schon festlegen muss. Hierbei war der Anhang von Genossen Gossweiler erhellend. In seiner Darstellung wird deutlich, dass es sich bei C.s Politik nicht um eine Anhäufung zufälliger Fehler handelt, sondern dass bei allen taktischen Wendungen eine systematische Struktur der bewussten Feindschaft gegen den Sozialismus deutlich erkennbar ist.

Mit dieser Politik ist C, anders als Gorbatschow, nicht so weit gekommen, dass er es hätte wagen können, sich seines Verrats zu rühmen. Aber "an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen", beide sind Holz vom gleichen Stamm, revisionistische Verräter und Todfeinde des Sozialismus.

Was für mich noch offen bleibt, sind die Mechanismen, die nach Stalin einen Menschen wie C. an die Spitze der KPdSU brachten, und die Frage, ob Stalin nicht auf die Auswahl und Entwicklung eines geeigneten Nachfolgers hätte hinwirken können.

Fritz Dittmar, Hamburg


Hier nun mein damaliger Text:

50 Jahre danach: Zu Chruschtschows "Geheimrede" auf dem XX. Parteitag

Seit der "Wende" suchen die Linken nach den Ursachen für den ruhmlosen Untergang des Realsozialismus in Europa, aber die Diskussion ist nach meinem Eindruck nicht wirklich weit vorangekommen, geschweige abgeschlossen. Deshalb ist es vielleicht nützlich, die Aufmerksamkeit auf eine "Gelenkstelle" in der Geschichte des Realsozialismus zu richten, den XX. Parteitag der KPdSU vor 50 Jahren, wo der neue Generalsekretär, Nikita Chruschtschow, in seiner "Geheimrede" mit Stalin und seiner Zeit "abrechnete", und der als Parteitag der "Entstalinisierung" in die Geschichte einging.
(Zitate aus http//www.stalinwerke.de/sonstiges/geheimrede.de.vu/)

C.s Rede folgte einem klassischen Vorbild, der Grabrede des Marc Anton in Shakespeares "Julius Cäsar", einem berühmten Beispiel für Demagogie, wie Brecht im "Arturo Ui" schreibt. Marc Anton beginnt seine Rede so:

"Mitbürger, Freunde, Römer, hört mich an!
Begraben will ich Cäsar, nicht ihm preisen.
Was Menschen Böses tun, das überlebt sie,
das Gute wird mit ihnen oft begraben.
So wollen wir es auch mit Cäsar halten..."

Im Folgenden zählt Marc Anton ohne Ende die Verdienste auf, die Cäsar um Rom hat, und hetzt die Römer gegen die Mörder Cäsars auf.

Dieses Konzept wendete C. an, indem er es umkehrte. Seine Rede begann etwa so:

Genossen, Kommunisten, hört mich an!
Begraben will ich Stalin, nicht ihn schmähen.
Was Menschen Gutes tun, das sei erinnert,
Das Böse sei von uns gerecht gewertet.
So wollen wir es auch mit Stalin halten.

Na gut, so hat er es nicht gesagt. Es ist auch gut möglich, dass er allein auf sein Konzept gekommen ist; vielleicht kannte er den "Julius Cäsar" nicht einmal. Aber immerhin sagte er zu Beginn seiner Rede: "Über Stalins Verdienste wurde noch zu seinen Lebzeiten eine völlig ausreichende Anzahl von Büchern, Broschüren, Studien verfasst. Allgemein bekannt ist die Rolle Stalins bei der Vorbereitung und Durchführung der sozialistischen Revolution, während des Bürgerkrieges sowie im Kampf um die Errichtung des Sozialismus in unserem Lande. Darüber wissen alle gut Bescheid."

Dabei fällt zweierlei auf: Das allgemein Bekannte, nämlich Stalins Verdienste um den Sozialismus, wird hier scheinbar bekräftigt. C. sagte, es sei deshalb "eine allseitige Beurteilung des Lebens und der Tätigkeit Stalins" nicht nötig. Im Folgenden stellte C. aber dar, wie falsch angeblich dieses "Bescheid Wissen" ist, wie die Darstellungen Stalins insgesamt durch den "Personenkult" verzerrt war.

So wie Marc Anton behauptet, dass er nicht preisen will, und dann unendlich lobhudelt, so bekräftigte C. das, was "alle wissen", um es später als Schönfärberei zu "entlarven".

Zum anderen rechnete C. den "Aufbau des Sozialismus" bis zum Beginn der Dreiziger Jahre, Aber auch über die folgenden zwanzig Jahre Stalins wussten "alle gut Bescheid". C. sagte aber hier zunächst kein Wort darüber, dass er Stalins Wirken in dieser Zeit ganz anders sah als "alle", nämlich ausschließlich negativ.

Zu C.s Enthüllungen über Stalin ist meines Wissens in den folgenden fünf Jahren nichts Wesentliches mehr hinzugefügt worden. Wenn C. aber fünf Jahre später Stalins Leichnam aus dem Mausoleum entfernen und Stalingrad umbenennen lassen wollte, so hätte es sich für einen ehrlichen Kommunisten gehört, genau auf dem XX. Parteitag Stalins Leben und Wirken insgesamt zu beurteilen.

Wenn ich also C.s Rede werte, muss ich auch darauf eingehen, was über Stalin zu sagen gewesen wäre, was in der Rede aber übergangen wird. Ich stelle dabei C.s Darstellung den Ausführungen aus dem dtv - Lexikon, 1997, gegenüber, das einer Voreingenommenheit zugunsten Stalins wohl nicht verdächtigt werden kann. Dort heißt es über Stalin: "... Im März 1917 aus Sibirien nach Petrograd zurückgekehrt, wurde er ins Politbüro der Partei kooptiert. Im Bürgerkrieg trat S. als polit. Kommissar der Roten Armee hervor und leitete zus. mit K.J. Woroschilow 1918 erfolgreich die Verteidigung von Zaryzin. 1917-23 fungierte er als Volkskommissar für die Nationalitätenpolitik... 1919 wurde S. zugleich Mitgl. des Polit- und Organisationsbüros. Als Volkskommissar für die Arbeiter- und Bauerninspektion (1919-22) bestimmte er auch die personelle Zusammensetzung des Staatsapparates. 1922 übernahm er das neu geschaffene Amt eines Gen. Sekr. der Partei... Zwischen 1924 und 1929 konnte S. seine innerparteil. Gegner nacheinander aus den führenden Partei- und Staatsämtern ausschalten: L.D. Trotzki, dann G.J. Sinowjew und L.B. Kamenew, N.I. Bucharin und A.I. Rykow.... Seit 1929 übte S. unangefochten die Alleinherrschaft aus und führte durch eine von ihm selbst so genannte "Revolution von oben" eine wirtschaftl. und soziale Umwälzung durch. Unter Anwendung schärfster Gewalt kollektivierte er die Landwirtschaft und baute eine Industrie auf, die sich v.a. auf den Bergbau, die Schwer- und Rüstungsindustrie erstreckte, während die Konsumgüterindustrie weit zurückblieb".

Soweit besteht Konsens mit C. und soweit Billigung seiner Politik durch C. Für diesen Zeitraum beschränkte sich C. auf kleinliche Beckmesserei. Er führt "Lenins Testament" an, wo dieser der Partei nahe legte, Stalin wegen seiner Grobheit als Generalsekretär abzulösen. Allerdings hatte sich Stalin um diesen Posten keineswegs gedrängt, und die Partei hat auch damals keine bessere Lösung gefunden, als ihn im Amt zu belassen. Dann führt C. Stalins Grobheit gegen die Krupskaja, Lenins Lebensgefährtin, an, die, so unverständlich sie bleibt, in C.s Rede dennoch nichts beiträgt als Stimmungsmache.

Was über die Zeit damals "alle wissen", worüber C. zu reden nicht nötig fand, war die Weltlage und die Konsequenz möglicher strategischer Entscheidungen, die 1924 nach Lenins Tod zu treffen waren. Der Bürgerkrieg in der Sowjetunion war gewonnen und das Land nach der Phase der "Neuen ökonomischen Politik" auf niedrigem Niveau stabilisiert. Gleichzeitig war die revolutionäre Nachkriegskrise beendet, es war klar, dass in absehbarer Zukunft nicht mehr mit weiteren Revolutionen in den entwickelten Industrieländern zu rechnen war.

Es gab somit im Wesentlichen drei Einschätzungen für die Zukunft und daraus folgend drei mögliche Strategien:

Die linke Abweichung sah als einzige Überlebensmöglichkeit den "Export der Revolution", ihr künstliches Anstacheln mit Hilfe der Roten Armee. Nachdem Trotzki und seine Anhänger damit von der Partei zurückgewiesen und entmachtet waren, gab Trotzki die Revolution verloren, er erklärte es für unvermeidlich, dass die Imperialisten sich zur Vernichtung der SU vereinigen würden. (Siehe: Die verratene Revolution, von L. Trotzki) Beides, erst verzweifelter Aktionismus und später tatenlose Verzweiflung, hätte die SU vernichtet. Beides ist Ausdruck von kleinbürgerlichem Schwanken zwischen Selbstüberhebung und Panik.

Die rechte Abweichung sah die Bedrohung durch den Imperialismus nicht realistisch und plante den Aufbau des Sozialismus in einem Tempo, das den wirklich zur Verfügung stehenden Zeitraum für den Aufbau nicht berücksichtigte.

Mit Bucharins Linie der Verlängerung der NÖP und des gebremsten Aufbaus wäre die SU zum Zeitpunkt von Hitlers Überfall dem Angriff nicht gewachsen gewesen.

Stalin war als Generalsekretär Repräsentant und Führer der dritten Richtung, die als einzige nicht unmittelbar zum Untergang des Sozialismus führen musste. Er war sich klar darüber, dass die Verteidigung gegen einen Angriff der Imperialisten in der Zukunft unvermeidlich war. Und er schätzte realistisch 1929 die verbleibende Zeit auf 10 Jahre ein, und bestimmte daran das Tempo des sozialistischen Aufbaus. Unter seiner Führung wurde diese Linie in der Partei durchgesetzt und in der Gesellschaft verwirklicht. Allein dass Stalin diese Richtung repräsentierte, müsste ihm gerechterweise einen anderen Platz in der Geschichte sichern, als C. ihm zubilligte. Dem gegenüber sind dann C.s Überlegungen über den tatsächlichen persönlichen Anteil Stalins an dieser Politik kleinlich und unwesentlich, ebenso wie C.s Kritik an einer vielleicht überzogenen Darstellung von Stalins Anteil durch ihn selbst und seine Bewunderer.

Dabei kann sich C. nicht einmal festlegen, was er Stalin nun eigentlich vorwirft: Zum einen behauptet C., dass Stalin "Kollektivität in der Führung und in der Arbeit absolut nicht ertrug" (S.5) und den Menschen seine Konzeption aufzwang. "Stalin dachte, dass er... selbst in allen Angelegenheiten entscheiden konnte" (S.12). Auf der anderen Seite stellt C. fest: "Nicht Stalin, sondern die Partei als ganzes, die sowjetische Regierung, unsere heldenhafte Armee..., das ganze sowjetische Volk - das ist es, das den Sieg im Großen Vaterländischen Krieg gewährleistete." (S.29)

Also: Stalin entschied alles allein, und das Volk hat trotz Stalins Führung gesiegt. Wie absurd diese Darstellung ist, zeigen allein die Beispiele, wie weit schwächere, unfähige Regierungen die Sache des Volks ruinieren konnten. Ich nenne hier als Beispiele Gorbatschow, Jelzin, Honecker, Tito und nicht zuletzt Chruschtschow selbst, wie ich weiter unten belegen will.

Inhaltliche Kritik an Stalin beginnt bei C für die Zeit nach dem XVII. Parteitag 1934. Was in dieser Zeit Positives geleistet wurde, und wofür Stalin als Repräsentant stand, kommt in C.s Rede nicht vor: Die Fünfjahrpläne mit ihrer Schaffung einer industriellen und militärischen Basis für den Weltkrieg, der Geländegewinn und der Zeitgewinn von fast zwei Jahren durch den Nichtangriffspakt mit Deutschland, das Bündnis mit Britannien und den USA, die Verteidigung und dann die Befreiung der Heimat, die Befreiung Osteuropas, die Vernichtung des deutschen Faschismus, die Standhaftigkeit im beginnenden kalten Krieg, auch unter dem US-Atombombenmonopol, die Beschaffung der eigenen Bombe.

Dies alles sind bei weitem gewichtigere Gründe, die für Stalin sprechen, als Marc Anton sie je zugunsten Cäsars hätte anführen können. Für diesen Zeitraum führt C. ausschließlich negative Fakten und Ansichten über Stalin an.

Nun möchte ich auf Marc Anton zurückkommen:

Doch Chruschtschow sagt, dass er voll Herrschsucht sei,
und Chruschtschow ist ein ehrenwerter Mann.

Aber was ist dran an den Vorwürfen? Was ist mit der "Herrschsucht"? Und was ist mit Fehlern und Verbrechen?

Zu den Verbrechen: (Siehe S. 7-9, 12-22) Ich will nicht verhehlen, dass ich beim Studium der Rede von neuem erschüttert war vom Schicksal der Genossen, die im Zuge der "Säuberungen" vernichtet wurden, obwohl sie der Partei und dem Sozialismus treu gedient hatten. C.s Vorwurf der "Verletzung der sozialistischen Gesetzlichkeit" trifft zu. C. verschweigt aber die reale Lage, den Vorabend des Kampfes auf Leben und Tod mit dem Imperialismus in seiner inhumansten Variante, dem deutschen Faschismus. ("In einer blutigen Säuberung (1935-39) ... vernichtete (Stalin) alle vermeintlichen und tatsächlichen (!) Gegner in Partei, Armee, Staat u.a." dtv) In dieser Situation musste die Frage der Einhaltung von Recht und Gesetz hinter der Frage des Überlebens zurückstehen. C. stellte es so dar, dass die Notwendigkeit von Terror nur in Stalins Wahnvorstellungen existierte. Er bezeichnete Stalins Theorie von der Zupitzung des Klassenkampfs bei der Entwicklung des Sozialismus als falsch, ohne zu argumentieren. Dabei liegt es auf der Hand, dass die Aggressivität des Imperialismus zunimmt, wenn der Sozialismus erstarkt. Die Frage der Zuspitzung des Klassenkampfs auf die Klassen innerhalb der SU zu reduzieren, den internationalen Klassenkampf zu ignorieren, bedeutete, dass C. den Fehler Bucharins wiederholte. C.s Auffassung findet ihre direkte Fortsetzung in Gorbatschows angeblicher Friedensfähigkeit des Kapitalismus. Und die inneren Feinde waren weitgehend entmachtet, aber noch vorhanden. Das belegt C. selbst an seinem Beispiel des Genossen Eiche, der der Verleumdung von Trotzkisten zum Opfer fiel. Nach den "Säuberungen" haben die inneren Feinde während des Kriegs nicht gewagt, fünfte Kolonnen zu bilden. Vorhanden waren sie aber noch, und in den besetzten Gebieten drängten sich viele Kollaborateure zum Kampf an der Seite der Faschisten gegen die Sowjetmacht: Hier seien nur die Baltischen SS-Einheiten genannt, die Wlassow-Armee, und die Weißgardisten in der Ukraine, die noch nach Hitlers Niederlage über Jahre weiter Terror ausgeübt haben. Welche Rolle hätte z.B. ein Sinowjew oder Trotzki unter Hitler spielen können? Vergessen wir nicht die Rolle anderer ehemaliger Linker, wie Mussolini oder Laval, im faschistischen Machtapparat! Wollte Stalin im Krieg ein sicheres Hinterland haben, so musste er die Feinde der Sowjetmacht unschädlich machen.

Eine weitere Verletzung sozialistischer Gesetzlichkeit führt C. an, die Umsiedlung "unzuverlässiger Völker" aus dem Frontbereich. (Siehe S.30) So bitter es war für die loyalen Sowjetbürger dieser Nationalitäten, nicht in ihrer Individualität gerecht gewertet zu werden, so war ein anderes Vorgehen während der aufs äußerste angespannten Verteidigung nicht zu leisten. So gab es zum Beispiel neben den loyalen Staatsbürgern deutscher Nationalität eben auch massenhaft Deutsche, die in der Waffen-SS für Hitler kämpften, und die Mitgliedschaft in der SS war noch in jüngster Zeit eine Grundlage für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft bei den Umsiedlern. Auch hierbei ging es nicht um Gerechtigkeit, sondern ums Überleben.

Eine Bitte um Vergebung bei den unschuldigen Opfern dieser Maßnahmen bzw. bei ihren Hinterbliebenen sowie deren Rehabilitierung auf dem XX. Parteitag wäre richtig und revolutionär gewesen. Die Verurteilung dieser Maßnahmen insgesamt war unmarxistisch, war ein Fehler und ein Dienst an den Imperialisten.

Zu Stalins Fehlern: (Siehe S. 22-28) C führt auf, dass alles ohne die Fehler besser gelaufen wäre. Wahrhaft eine Binsenweisheit! Die Frage ist: Waren die Fehler vermeidbar? Für C. ist das einfach. Alle Fehler Stalins führt er auf dessen Unfähigkeit und Selbstüberschätzung zurück. C. hat viel über Lenins Bescheidenheit ausgeführt, um Stalin herabzusetzen. Erinnern wir uns, was Lenin zum Problem der Fehler sagt: "Klug ist nicht, wer keine Fehler macht. So einen Menschen gibt es nicht und kann es nicht geben. Klug ist, wer keine wesentlichen Fehler macht, und die Fehler, die er macht, leicht korrigiert." "Wesentliche Fehler" sind, wie der Begriff sagt, im Kampf auf Leben und Tod solche Fehler, die zum Untergang führen. Und die anderen Fehler, selbst wenn sie Hunderttausende von vermeidbaren Opfern fordern, sind keine wesentlichen Fehler. Das klingt schrecklich und ist es auch, aber der Schrecken liegt nicht begründet im Wesen desjenigen, der diese Fehler macht, sondern in der Lage, die solche Entscheidungen erzwingt. In diesem Sinn hat Stalin keine wesentlichen Fehler gemacht.

Zu Stalins Fehlern rechne ich unter anderen die Abschwächung der antifaschistischen Propaganda von 39 bis 41, die Überschätzung der eigenen Kampfkraft, die sich in der Losung ausdrückte: Wenn Krieg, dann mit geringen Verlusten und auf feindlichem Territorium, und die falsche Einschätzung über den Beginn des deutschen Angriffs. Aber gerade an diesem letzten Beispiel zeigt sich die Unlauterkeit in C.s Argumentation. Er führt die Warnungen Churchills und seines Botschafters Cripps an, als hätten nicht die Britischen Imperialisten ein vitales Interesse gehabt, Krieg zwischen Hitlerdeutschland und der UdSSR zu provozieren, als wäre Stalin nicht verpflichtet gewesen, die Möglichkeit einer Provokation mit zu berücksichtigen. Dann führt C. Warnungen der eigenen Militärs und Diplomaten an, die sämtlich falsche Termine für den deutschen Angriff angeben. Diese Fehlalarme mussten eigentlich bei jedem Menschen außer bei C. Verständnis dafür erzeugen, dass Stalin den richtigen Termin dann auch nicht akzeptierte. Das Ergebnis war ein folgenschwerer Fehler Stalins, aber man muss schon sehr von sich eingenommen sein, um auszuschließen, dass einem selbst in Stalins Lage dieser Fehler auch hätte unterlaufen können. Wenn C. Stalin wegen dieser Fehler verurteilt, so musste er überzeugt sein, dass ihm als Stalins Nachfolger keine so schweren Fehler unterlaufen würden. Schaun wir mal: "Mit welchem Maße ihr messet, damit sollt ihr gemessen werden!" heißt es in der Bibel.

Lenin stellte dem Sozialismus die Aufgabe: "Den Kapitalismus ökonomisch überholen oder untergehen!" Dieser Satz schließt die unaufhebbare Feindschaft zw. Kapitalismus und Sozialismus ein. (Ohne diese unaufhebbare Feindschaft könnte der Sozialismus auch gemütlich neben dem Imperialismus her dümpeln, nach dem Motto: "Komm ich heut nicht, komm ich morgen!") Indem C. die These Stalins von der Verschärfung der Widersprüche verurteilte, bestritt er diese Leninsche Aussage. Aus Lenins Aussage ergab sich für die Ökonomie zwingend das Gebot, in der Investitionstätigkeit das Schwergewicht auf die Investitionsgüter statt auf die Konsumgüter zu legen. Indem C. diesen selbstverständlichen Grundsatz der sozialistischen Ökonomie unter den Bedingungen der Koexistenz aufgab, stellte er die Weichen für Lenins Alternative: "... oder untergehen!" Im Grunde wiederholte C. hiermit in der Praxis, was er mit der Verurteilung der These von der Zuspitzung der Widersprüche bereits in der Theorie getan hatte, den wesentlichen, strategischen Fehler von Bucharin, den Feind zu unterschätzen und die notwendigen Schritte für den raschen ökonomischen Fortschritt zu sabotieren.

Ein Mensch, der wesentliche, tödliche politische Fehler beging, maßte sich an, seinen Vorgänger wegen nicht wesentlicher Fehler zu verurteilen!

Hatte er denn wenigstens mehr von der Bescheidenheit, deren Fehlen er Stalin so wortreich vorwarf? C. propagierte den Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus innerhalb von 20 Jahren, eine Veränderung, für die Marx und Engels nicht nur reicheres Fließen der Quellen der Produktivkraft voraussetzten, sondern auch einen veränderten Charakter der Massen, Menschen, die sich wirklich als soziales Wesen begreifen und denen Arbeit zum ersten Lebensbedürfnis geworden ist. Wenn das erreicht ist, soll es möglich sein, die Menschen nach ihren Bedürfnissen statt nach ihrer Leistung zu versorgen. Das in 20 Jahren erreichen zu wollen, war absurd. Schon C.s Ankündigung, den Lebensstandard der USA in kurzer Zeit zu überholen, war eine haltlose Prahlerei, an die keine einzige Selbstbeweihräucherung Stalins je heranreichte. Indem C. so die sowjetische Vergangenheit als eine Geschichte ausschließlich von Willkür, Not und Terror diffamierte und unhaltbare Versprechungen für die nahe Zukunft machte, errichtete er ein Kartenhaus, nach dessen notwendigem Zusammenbruch bei den Menschen Entmutigung, Enttäuschung und Zynismus vorherrschen und sich durch die falsche Wirtschaftspolitik weiter zuspitzen mussten. Die Stagnation und der Untergang des Realsozialismus in Europa war wesentlich das Ergebnis von Chruschtschows Politik.

Ich denke, nach den Erfahrungen mit dem Untergang des europäischen Realsozialismus sollten die Kommunisten zu einer gerechteren Beurteilung Stalins finden. Kurzfristig werden sie sich damit nicht beliebt machen, aber das ist auch nicht ihre Aufgabe. Marx nennt als revolutionäre Tugend: "Aussprechen, was ist!"

Auf dem XX. Parteitag hat ein lebendiger Esel einen toten Löwen getreten. Oder, wie Peter Hacks Chruschtschows Umgang mit Stalin noch schärfer charakterisierte:

Der plumpe Narr Nikita
Zog ihn aus dem Betrieb.
Er tat es seinem Gebieter
In Washington zulieb.

Ich denke, für die folgende Diskussion haben wir genug zu tun mit der Frage, wie wir Kommunisten heute uns zu unserer Vergangenheit stellen müssen. Fünfzig Jahre später und nach der Erfahrung einer katastrophalen Niederlage unserer Sache in Europa sollten wir zwischen "Hosianna" und "Kreuziget ihn!" zu einem differenzierten Urteil über Stalin und seine Zeit in der Lage sein. Unser Kriterium dabei darf allerdings nicht ein abstrakter, unhistorischer Moralismus sein; wir müssen schon fragen, welche Politik die Arbeiter der Welt gefördert hat, und welche sie zurückgeworfen hat.

Wir werden uns mit der weltweiten Debatte der Kommunisten auseinandersetzen müssen, die nach dem XX. Parteitag einsetzte. Ich nenne hier schon einmal den Streit um die Bedeutung der "friedlichen Koexistenz" in der Zeit der Atomkriegs-Gefahr. Chruschtschows Gegner kritisierten, dass er Stalins These von der Verschärfung des Klassenkampfes bei Stärkung des Sozialismus verwarf. Eine Politik der friedlichen Koexistenz auf dieser theoretischen Grundlage musste in der Tat das Klassenbewusstsein und die Wachsamkeit einschläfern und mündete dann ja auch konsequent in Gorbatschows "Friedensfähigkeit des Imperialismus".

Damit haben aber nicht C.s Gegner auf ganzer Linie Recht. Mao Tsetungs Verharmlosung des Atomkriegs ist ebenfalls nicht akzeptabel.

Und dennoch: Es muss uns schon zu denken geben, dass von den vier übrig gebliebenen sozialistischen Ländern drei damals auf der Seite der Kritik an C. standen oder zumindest neutral waren.


Fritz Dittmar, Hamburg

Raute

IMPRESSUM

offen-siv, Zeitschrift für Sozialismus und Frieden

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Quelle:
Offensiv Nr. 1/2011 - Zeitschrift für Sozialismus und Frieden
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Januar 2011