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ROTFUCHS/134: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 180 - Januar 2013


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

16. Jahrgang, Nr. 180, Januar 2013



Inhalt

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Plädoyer gegen "Beinfreiheit"

Im Verlauf dieses Jahres fällt die Entscheidung darüber, wer fortan die Geschicke des deutschen Imperialismus verwalten darf. Peer Steinbrück, das für die SPD ins Rennen geschickte Aufsichtsratsmitglied der Konzerngruppe Thyssen-Krupp, brachte die Dinge auf den Punkt: Noch am Tag seiner Nominierung forderte er von der eigenen Partei "etwas Beinfreiheit". Mit anderen Worten: Er verlangte von redlichen Mitgliedern und Wählern der SPD ein Höchstmaß an Selbstverleugnung.

Was manche nur für einen rüden Ausrutscher hielten, sollte man indes als Kampfansage betrachten: Mehr "Beinfreiheit" in der Politik ist die Freiheit, auf anderen herumzutrampeln, sie gegen das Schienbein zu treten, ihnen Beine zu stellen oder die Füße wegzuziehen. Wer Steinbrück diese "Beinfreiheit" verschafft, wird ersichtlich, wenn man weiß, daß der SPD-Bundestagsabgeordnete zwischen 2009 und Herbst 2012 zwar keine einzige Parlamentsrede, dafür aber rund 90 hochdotierte Vorträge bei Unternehmen, Banken und Stiftungen für ein Gesamthonorar von 1,25 Millionen Euro gehalten hat.

Zugunsten Steinbrücks haben zwei andere Granden des rechten SPD-Flügels das Handtuch geworfen: der einst durch Gerhard Schröder vom russischen Energiegiganten Gazprom protegierte heutige Parteivorsitzende Sigmar Gabriel und Fraktionschef Walter Steinmeier - vor seiner Ernennung zum Außenminister der großen Koalition in Schröders Bundeskanzleramt für die Geheimdienste zuständig.

Während sich Kaffeesatzleser der bürgerlichen Medien die Zeit damit vertreiben, Steinbrücks und Merkels Chancen gegeneinander abzuwägen, verzichten wir auf jegliches Spekulieren und stellen sachlich fest:

Bei den Bundestagswahlen 2013 kommt es darauf an, die Kriegs- und Sozialkriegsregierung Merkel samt ihres FDP-Wurmfortsatzes zum Teufel zu jagen. Es handelt sich nämlich um ein Kabinett, dessen außenpolitischer Kurs unter Nutzung der bundesdeutschen Vorherrschaft in der EU auf ein nachträgliches Erreichen der Nazi-Kriegsziele, wenn möglich mit nichtmilitärischen Mitteln, gerichtet ist, während seine vor allem von der CSU geprägte Innenpolitik immer repressivere Züge trägt. Bei den Verfassungsschützern auf Länder- und Bundesebene sichtbar gewordene Tendenzen einer systematischen Beschirmung und Vertuschung faschistoider wie offen faschistischer Aktivitäten sind Teil dieses Szenariums.

Die zwingende Notwendigkeit, CDU/CSU und FDP an den Wahlurnen eine Niederlage zu bescheren, sollte niemanden zu der Annahme verleiten, in der BRD bestünden derzeit Bedingungen für einen tatsächlichen Machtwechsel. Es handelt sich, falls es dazu kommt, natürlich allein um die Ablösung einer kompromittierten Koalition im Dienste des Kapitals durch "frische Kräfte" aus ein und derselben Klasse. Der Unterschied zwischen Angela Steinbrück und Peer Merkel ist bestenfalls gradueller, aber keineswegs prinzipieller Natur. Da nichts auf eine in kurzer Frist entstehende revolutionäre Situation schließen läßt, dürfte auch diesmal nur eine Regierung im Dienste der Monopole durch eine andere ähnlicher Beschaffenheit ersetzt werden.

Ungeachtet des Bestehens verschiedener Parlamentsparteien gab es in der BRD eigentlich immer schon die Tendenz zu einem Zweiparteiensystem wie in den USA und Großbritannien. Der Unterschied bestand bisher allerdings darin, daß die einander in der Machtverwaltung ablösenden großen Parteien meist noch der Koalition mit jeweils kleineren Partnern bedurften. Diesmal ist - wie in den Tagen der Merkel-Müntefering-Regierung - der vorprogrammierte Verrat an den Wählern, die Flucht beider Hauptkontrahenten in eine große Koalition keineswegs auszuschließen. Kann diese - wie von beiden Seiten gewünscht - allerdings vermieden werden, dann fällt die Entscheidung zwischen Merkels CDU und Steinbrücks SPD, also nicht zwischen rechts und links. Denn wer irgendwelche Illusionen über den Mann der Monopole in der Pose eines Sozialdemokraten hegt, möge sich an Finanzminister Steinbrücks Zeiten als Bankenretter Nr. 1 der durch Angela Merkel geführten Regierung der großen Koalition erinnern.

Bei diesem Stand der Dinge stellt sich zwangsläufig die Frage nach einer Alternative zur hier angedeuteten Zweiparteiendiktatur. Gibt es eine parlamentarische Gegenkraft, auf die sich das Votum aller Linken in Deutschland konzentrieren könnte?

Da eine konsequent marxistische Partei unserer Präferenz derzeit keinerlei Chancen auf Einzug in den Bundestag besitzt, sollte alles getan werden, um möglichst das gesamte linke Wählerpotential für die PDL zu mobilisieren. Es geht darum, die parlamentarische Präsenz dieser wichtigen Partei des Friedens, des Antifaschismus und der Vertretung der Interessen sozial Schwächerer auch künftig in Fraktionsstärke zu gewährleisten.

In den Jahren seit der Konterrevolution konnte man Mandatsträger von PDS und PDL - und nur sie dürfen mit Fug und Recht den Platz der Opposition im Bundestag beanspruchen - auf sehr unterschiedliche Weise wahrnehmen. Unvergeßlich bleiben uns das Transparent einer kleinen Gruppe mutiger PDS-Abgeordneter, das dem US-Kriegsverbrecher George W. Bush bei dessen Auftritt im Plenum entgegengehalten wurde, und der Schilderwald von den Bänken der PDL, der die Namen in Kundus von NATO-Hand ermordeter Afghanen ins Gedächtnis hob. Sevim Dagdelen, Ulla Jelpke, Christine Buchholz und andere haben sich uns ebenso durch ihren Mut eingeprägt wie die nach Gaza aufgebrochenen Überbringer von Solidaritätsgütern für durch Israel ghettoisierte Palästinenser. Nicht zuletzt Bernd Riexingers Bekenntnis zu den ans Kreuz der EU geschlagenen Griechen ließ uns Respekt vor dem Handeln nicht weniger PDL-Politiker empfinden.

So sollte es linken Wählerinnen und Wählern kaum schwerfallen, zwar nicht immer mit der Erststimme, aber stets mit ihrer Zweitstimme jene Liste zu unterstützen, die den Verfechtern von "Beinfreiheit" als einzige Paroli bietet.

Klaus Steiniger

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Seit 15 Jahren gibt es den RF

Revolutionäres Rot und ausgefuchste Schlauheit

Anfang Januar 1998 debattierten wir in einem kleinen Kreis der seinerzeit in der Partei für reichlich Gesprächsstoff sorgenden DKP-Gruppe Berlin-Nordost die verworrene und verwirrende Situation der Linken in Deutschland. Dabei kamen wir auf die Idee, eine zur Klärung beitragende, zugleich aber auch informative und unterhaltsame Zeitschrift herauszugeben, um wirksamer in die Debatte eingreifen zu können. Beim Nachdenken über einen geeigneten Titel des vorerst winzigen Blättchens - er sollte nicht abgegriffen sein, aber unbedingt das Wort rot enthalten - einigten wir uns auf "RotFuchs", die Verbindung unserer politischen Farbe mit Reineckes sprichwörtlicher Schlauheit. Da wir über keinerlei Mittel zur Finanzierung dieses Vorhabens verfügten, griff uns zunächst ein engagiertes Ehepaar aus Ratingen auf beispielhaft solidarische Weise unter die Arme, bis Hunderte, dann Tausende und schließlich aber Tausende Leser den "RotFuchs" in ihre Obhut nahmen und das allzeit schuldenfreie Blatt über Wasser hielten.

Schon im Februar 1998 kam unser Erstling auf die Welt. Damals ahnte wohl niemand im Kreis der Geburtshelfer, daß aus der mit einer Startauflage von ganzen 200 auf einem Kopiergerät hergestellten Exemplaren durch den bald einsetzenden Zustrom ebenso namhafter wie talentierter Autoren innerhalb weniger Jahre eine im In- und Ausland beachtete marxistische Zeitschrift entstehen würde.

Nach der Entscheidung der bis dahin unser "Dach" bildenden DKP-Gruppe Berlin-Nordost, fortan auf eine parteiinterne Anbindung zu verzichten, so daß der RF in eine Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland umgewandelt werden konnte, bedurfte es eines neuen Herausgebers. Im Frühsommer 2001 schlossen wir mit dem an keine Partei gebundenen, aber durchaus parteilichen "RotFuchs"-Förderverein e. V. diese Lücke. Aus einer Handvoll Genossinnen und Genossen, die in Mühlefeldts inzwischen legendärem einstigem Karower Garten den Startschuß zu seiner Gründung gaben, sind inzwischen mehr als 1600 Mitglieder geworden, obwohl es unterdessen nicht wenige schmerzliche Verluste gab.

Die Freunde unseres listigen, zugleich aber auch angriffslustigen journalistischen Rotpelzes haben sich in vorerst 32 Regional- und etlichen Lesergruppen zusammengefunden. Als sich der RF im Sommer 2001 in die Obhut der trefflichen Berliner Druckerei "Bunter Hund" begab, lag unsere Auflage gerade einmal bei 1100 Exemplaren. In der Folgezeit konnte sie auf das Elf- bis Zwölffache gesteigert werden. Damit entwickelte sich der "RotFuchs" zur derzeit am meisten verbreiteten marxistischen Monatsschrift der BRD. Mittlerweile ist auch die Zahl ausländischer Leser der Print- und Internetausgaben "Legion". In etwa 40 Länder "exportieren" wir den gedruckten "RotFuchs". Wo unsere kommunistisch-sozialistische Botschaft sonst noch per Bildschirm empfangen wird, läßt sich nur ahnen.

15 Jahre - das übertrifft immerhin die Existenzdauer der Weimarer Republik - gibt es nun schon unser kleines, zugleich aber auch großes Blatt. Autoren, Redakteure, Gestalter und Vertriebsbeteiligte - Frauen und Männer mehrerer Generationen und unterschiedlichster Erfahrungsbereiche aus Ost und West - sind dabei. Sozialisten und Kommunisten mit oder ohne Parteibuch, linke Sozialdemokraten und Gewerkschafter, Studenten und Schüler, Atheisten und Gläubige mehrerer Konfessionen, frühere Angehörige sämtlicher DDR-Blockparteien, aber auch politisch bisher "Unbeleckte" greifen in ständig zunehmender Zahl zum "RotFuchs". Jeden Tag erreichen uns neue Bestellungen. Seit 1998 sind im RF rund 6300 Artikel von etwa 1300 Autoren erschienen.

Fazit: 15 Jahre harte und konsequente Arbeit haben sich gelohnt, wenn auch für den einzelnen - im finanziellen Sinne - nicht ausgezahlt. Denn unser generelles Prinzip ist Ehrenamtlichkeit.

Die Zuneigung unserer Freunde und der Haß unserer Gegner zwingen zum Weitermachen. Dabei ist eines ebenso unveränderbar wie unveräußerlich: die Kombination aus revolutionärem Rot und ausgefuchster Schlauheit im Dienste der besten Sache der Welt.    K. S.

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Auschwitz - Beschreibung des Unbeschreiblichen

Gedanken und Gefühle an einer Stätte des Grauens

Ein Versuch, Unbeschreibliches in Worte zu fassen ... Im vergangenen Herbst fuhren Mitglieder und Sympathisanten der Jugendbibliothek Gera e. V. sowie Genossen der DKP Thüringen nach Oswiecim - jenem Ort, wo sich das faschistische Vernichtungslager Auschwitz befand.

An dieser Stätte des Grauens sahen wir Filmaufnahmen. Es handelte sich um schockierende Bilder, die sich der Vorstellungskraft jedes vernunftbegabten Menschen entziehen. Industrieller Massenmord mit eiskalter Berechnung, Genozid in Verbindung mit kapitalistischer Kalkulation von Effektivität und Produktivität - das Perverseste, was der Faschismus hervorzubringen vermochte. Der in Auschwitz erzielte Profit kennzeichnete die Tatsache, daß das deutsche Kapital buchstäblich über Leichen geht.

Der Name Auschwitz hängt auf das engste mit IG Farben zusammen - einem Zusammenschluß der Konzerne BASF (Badische Anilin- und Sodafabriken), Bayer AG, Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation (AGFA) und Farbwerke Hoechst, um nur die wichtigsten Unternehmen dieser Gruppe zu nennen. Die IG Farben unterstützten Hitlers NSDAP finanziell und politisch in erheblichem Umfang, ermöglichten deren Aufstieg und Machtantritt.

Im Gegenzug dazu versprachen die Faschisten den Konzernherren Rekordgewinne. Aus der Zwangsarbeit in den nahegelegenen Buna-Werken schlugen sie enorme Extraprofite, während die durchschnittliche Lebensdauer eines Zwangsarbeiters in Auschwitz keine drei Monate betrug.

Regelmäßig selektierte die SS arbeitsunfähige Häftlinge und schickte sie in die Gaskammern.

Auschwitz ist eine ewige Mahnung zum Kampf gegen den menschenverachtenden Imperialismus und zugleich ein Fanal, für gesellschaftliche Umwandlungen einzutreten, damit sich solche Geschehnisse nicht wiederholen können.

Jugendbibliothek Gera e. V.

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Traumkandidat der Rahmabschöpfer

Wie BRD-Großbanken die SPD-Kanzlerfrage lösten

Nachdem Altbundeskanzler Helmut Schmidt in der Talk-Show Günter Jauchs schon vor 15 Monaten Peer Steinbrück zum SPD-Kanzlerkandidaten für 2013 gekürt hatte, verdichtete sich sehr schnell die Vermutung: Der wird es! Die spätere Nominierung des Kandidaten erfolgte unter völliger Umgehung eines Meinungsbildungsprozesses und innerparteilicher Demokratie. Der Rest war Farce. Die SPD-Rechte setzte sich durch, und der linke Flügel knirschte kaum hörbar mit den Zähnen.

Ein paar Worte zur Person: Peer Steinbrück wurde am 10. Januar 1947 als Sohn einer gutbürgerlichen Hamburger Familie geboren. Seit 1969 gehört er der SPD an. Zwischen 2005 und 2009 war der Diplom-Volkswirt deren stellvertretender Bundesvorsitzender. Schon nach dem Studium schlug er eine mit Tätigkeiten im "öffentlichen Dienst" verbundene Parteikarriere ein. So war er drei Jahre lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Helmut Schmidts Kanzleramt dicht am Ball. Das erklärt seine enge Bindung an den "väterlichen Freund".

Aufschlußreich ist auch das folgende Detail seiner Biographie: 1981 gehörte Steinbrück zum gehobenen Personal der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR-Hauptstadt. Ab 1986 war er als Büroleiter des nordrheinwestfälischen Regierungschefs und späteren Bundespräsidenten Johannes Rau einmal mehr in den Startlöchern zu einer steilen Karriere. 1990 wechselte Steinbrück zunächst als Staatssekretär in Björn Engholms schleswig-holsteinische Landesregierung. 1993 wurde er in Kiel Minister für Wirtschaft, Technik und Verkehr. 2002 gelangte Steinbrück auf den Posten des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten.

Von dort verdrängte ihn 2005 Rüttgers von der CDU. Doch für das politische Geschäft war "unser Mann" damit nicht verloren. Als Finanzminister diente er in Merkels und Münteferings Regierung der großen Koalition. Hier setzte er die konzernfreundliche Fiskalpolitik der Regierung des heutigen Gazprom-Magnaten Schröder (SPD) nahtlos fort. Auch fortan blieben die Deregulierung der Finanz- und Arbeitsmärkte sowie der weitere Abbau von Sozial- und Rentenleistungen zugunsten einer Umverteilung von unten nach oben sein Metier.

Steinbrücks "Verdienste" in der Finanzkrise 2007/2008 bestanden darin, deutsche Großbanken - insbesondere während der Pleite des New Yorker Geldhauses Lehman Brothers im September 2008 - vor dem Untergang bewahrt zu haben. Dazu werden die Bankenverluste bis heute sozialisiert, d. h. den Steuerzahlern in bewährter Manier aufgebürdet. Zu erwähnen wäre Steinbrücks sinistre Rolle beim Zusammenbruch der Hypo Real Estate. Ihm wird in diesem Zusammenhang vorgeworfen, daß er durch früheres Eingreifen bei der unvermeidbaren Pleite der HRE entstehende Schäden hätte reduzieren können. Die Partei Die Linke kreidete ihm überdies an, sein manövrierendes Nichtstun habe 2008 die ehemalige Konzernmutter HypoVereinsbank von der Haftung für das Tochterinstitut erlöst.

Der eloquente SPD-Mann - bei Banken und Versicherungskonzernen ebenso hoch geschätzt wie im Aufsichtsrat von Thyssen-Krupp - zählt mit seinen seit 2009 erzielten "Nebeneinnahmen" zu den zehn im Zweitjob bestbezahlten Bundestagsabgeordneten. Die Banken wissen, wem sie etwas schuldig sind!

Gemeinsam mit seinem SPD-Parteifreund Müntefering, vormals Bundesarbeitsminister, sorgte er für die Einführung des Rentenbezugsalters mit 67 Jahren. Das Gesetz aus dem Jahre 2007 greift seit Januar 2012. Gleichzeitig wird das Renteneinkommen bis 2030 von derzeit etwa 50 % auf 43 % des durchschnittlichen Nettoeinkommens heruntergefahren. Das führt zu wachsender Altersarmut, wobei bereits heute jeder zweite Ruheständler mit Abschlägen früher in Rente geht oder gehen muß.

Als die CDU nach den Wahlen des Jahres 2009 auf die SPD als Juniorpartner verzichten konnte, blieb Steinbrück über einen NRW-Listenplatz gewählter Abgeordneter im Bundestag. Das Direktmandat hatte er allerdings verfehlt. Als Kanzlerkandidat bemüht er sich trickreich um die Wählergunst und raspelt Süßholz, um die Gewerkschaften an die Hand zu bekommen. Doch der Schwindel ist allzu durchsichtig. Als Regierungschef wolle er sowohl an der Rente mit 67 als auch an der Absenkung des Rentenniveaus bis 2030 festhalten, ließ er wissen. Die Gewerkschaften verlangen demgegenüber nachdrücklich eine Stabilisierung des Rentenniveaus, die Aussetzung der Rente mit 67 sowie eine "Gerechtigkeitssteuer" - eine einmalige Abgabe von 3 % des Vermögens ab 500.000 Euro bei Ledigen und ab 1 Million Euro bei Verheirateten.

Steinbrück erklärte, daß er den festen Willen habe, Kanzler zu werden. Um ihren Mann ins Ziel zu steuern, muß sich die SPD ein auf modern und sozial zurechtgeschminktes Wahlprogramm geben, das die Forderungen der Gewerkschaften nach Zügelung der Macht der Banken und Konzerne, nach Regulierung, nach Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt durch Einführung eines Mindestlohnes, nach Zurückdrängung von Leih- und Zeitarbeit und Beendigung des Sozialabbaus zumindest verbal in Rechnung stellt.

Das aber ist mit einem Agenda-2010-Mann wohl ebensowenig glaubhaft zu machen, wie man die Quadratur des Kreises vollziehen kann. Daher liegt der Verdacht auf der Hand, daß Steinbrücks Konzept wohl eher darauf abhebt, für Merkel als Vizekanzler einer neuen Regierung der großen Koalition kompatibel zu sein.

Dr. Ulrich Sommerfeld

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Schönwetterhaushalt für das Sonnendeck

Gesine Lötzsch in der Budget-Debatte des Bundestages

Der Plenarsaal tobte, wie ich es schon lange nicht mehr erlebt habe. In der Haushaltsdebatte des Bundestages hatte ich folgendes gesagt: "Wir als LINKE sind der Auffassung, daß im Einzelplan 14 (Verteidigung) deutlich gestrichen werden muß - sowohl im Personalbereich als auch bei den Beschaffungen. Ich beginne mit einem konkreten Beispiel. Bundeswehroberst Klein wird nach dem Willen des Verteidigungsministers im nächsten Jahr zum Brigadegeneral befördert. (Heinz-Peter Haustein, FDP: Das ist doch okay!) Das macht für den Offizier Klein im Monat mindestens 1300 Euro mehr aus. Dieser Aufwuchs ist höher als das Gesamtgehalt, das ein Koch in Ostdeutschland nach zehn Berufsjahren bekommt. (Ingo Gädechens, CDU/CSU: Was ist denn das für ein Vergleich? Bartholomäus Kalb, CDU/CSU: Wie ist denn das bei den Generalsekretären der LINKEN?) Als Brigadegeneral erhält er dann mindestens 8250 Euro im Monat aus der Steuerkasse. Die beiden von mir genannten Zahlen sagen mehr über die Arbeit der Bundesregierung aus als alle Zahlen im Haushaltsentwurf 2013 zusammen. Worum geht es hier nämlich? (Dr. Reinhard Brandl, CDU/CSU: Es geht hier um den Haushalt!) Der Offizier Klein hatte vor drei Jahren in Afghanistan den militärisch sinnlosen und brutalen Befehl zur Bombardierung von zwei Tanklastzügen in der Nähe von Kundus gegeben. (Elke Hoff, FDP: Haushalt!) Sie sollten nicht dazwischenbrüllen, sondern sich schämen und sich an das erinnern, was damals geschah. (Beifall bei der LINKEN; Klaus-Peter Willsch, CDU/CSU: Unerhört, was Sie hier veranstalten! Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Thema verfehlt!) Mehr als hundert Menschen starben, darunter Kinder. Welches Signal wollen die Bundesregierung und ihr Verteidigungsminister mit dieser Beförderung an die Soldaten und Offiziere der Bundeswehr senden? Erst Bomben - dann denken? (Klaus-Peter Willsch, CDU/CSU: Sie spielen sich auf wie eine Staatsanwältin!) ... DIE LINKE wird einen Antrag in die Haushaltsberatung einbringen, um die Beförderung von Oberst Klein zu stoppen. (Klaus-Peter Willsch, CDU/CSU: So eine Frechheit!)"

Es ist doch erstaunlich, wie emotional eine Haushaltsdebatte sein kann.

In der Schlußrunde zur 1. Lesung des Haushaltes 2013 habe ich die Debatte in drei Punkten zusammengefaßt: Dieser Haushalt ist kein Schutzschirm für die Menschen.

Die Bundesregierung unternimmt nichts, aber auch gar nichts, um die soziale Spaltung der Gesellschaft zu überwinden. Die Bundesregierung verschwendet Milliarden an Steuergeldern.

Stichwort Rettungsschirm: Der Haushalt könnte ein Schutzschirm für die Menschen sein, wenn die Bundesregierung endlich einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde durchsetzen und eine Mindestrente von 850 Euro einführen würde. CDU und SPD legen aber die Latte für eine solche Mindestrente so hoch, daß sie wohl kaum ein Mensch bekommen wird. Stichwort Umverteilung: Der Staat hat die Aufgabe, Reichtum umzuverteilen, damit die Gesellschaft überhaupt funktioniert. Die eigentliche Ursache für die dauerhafte Finanzkrise ist die Konzentration des Reichtums in den Händen weniger. Deshalb ist unsere Forderung nach Umverteilung nicht nur eine Forderung nach mehr Gerechtigkeit, sondern in Wirklichkeit eine Forderung nach dem Erhalt unserer Gesellschaft.

Stichwort Verschwendung: Nach dem 2010 beschlossenen Kürzungspaket sollte das Verteidigungsministerium im Jahr 2013 eine Milliarde Euro weniger ausgeben. Davon findet man im Haushalt nichts mehr. Die Bundeswehr macht eine Reform und baut Personal ab. Trotzdem will der Minister fast eine Milliarde Euro zusätzlich haben. In der Summe macht das zwei Milliarden Euro mehr aus als noch 2010 geplant.

In Griechenland wird massiv Personal im öffentlichen Dienst abgebaut. Man stelle sich vor, die griechische Regierung würde der Troika mitteilen, daß sie zwar Personal eingespart habe, die Kosten aber um zwei Milliarden Euro gestiegen wären. Die Bundesregierung würde Griechenland sofort alle Kredite sperren.

Jeder Europäer weiß es schon: Die Bundesregierung hat viel bittere Medizin für unsere europäischen Nachbarn zur Hand. Auch im eigenen Land wird diese bittere Medizin verteilt, aber nur an Arbeitnehmer, Arbeitslose, Rentner und Alleinerziehende.

Dieser Haushalt ist ein Schönwetterhaushalt für die Menschen, die schon immer auf dem Sonnendeck gelegen haben. Er ist jedoch eine Bedrohung für die Menschen, die unter Deck sitzen müssen. Es wird Zeit, daß sich in unserem Land etwas ändert.


Nachdruck mit Genehmigung des Abgeordnetenbüros von Gesine Lötzsch und der Zeitschrift "info links" (Berlin-Lichtenberg)

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Friedensnobelpreis für die EU:

Warum nicht gleich die NATO?!

Wie viele andere Menschen war auch ich baß erstaunt, als 2012 ausgerechnet der Europäischen Union der Friedensnobelpreis zuerkannt wurde. Wofür eigentlich?

Ich suchte mich kundig zu machen, blätterte nach und informierte mich über den von Alfred Nobel gestifteten Preis. Dabei stellte ich fest, daß er sich wohl über diesen und einige andere Preisträger arg gewundert hätte.

Um was handelt es sich bei der heiß begehrten Trophäe?

Am 27. November 1895 bestimmte der kinderlose Chemiker und Dynamit-Erfinder testamentarisch, die Erträge aus seinem Vermögen - es wurde damals auf etwa 31,2 Millionen Kronen geschätzt - zu 94 % in eine Stiftung fließen zu lassen. Diese sollte in jedem Jahr Preise für besonders herausragende Verdienste um Physik, Chemie, Physiologie, Medizin, Literatur und den Frieden vergeben. Für jede Kategorie legte Nobel exakte Maßstäbe fest, welchen die Ausgezeichneten gerecht werden sollten. Zum Friedenspreis schrieb er, derjenige solle ihn erhalten, "der am meisten und am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung und Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt hat".

Alfred Nobel bestimmte, daß das Komitee, welches diesen Preis zu vergeben berechtigt sei, aus fünf Mitgliedern des norwegischen Parlaments - des Storting - bestehen sollte. Nachdem Hitler 1936 gegen die Vergabe des Preises an den antifaschistischen, im KZ gequälten Publizisten Carl von Ossietzky protestiert und die Verleihung als feindseligen Akt Norwegens gegen das Deutsche Reich bezeichnet hatte, wurden die Mitglieder zwar weiterhin vom Parlament bestimmt, durften aber selbst keine Abgeordnetenmandate bekleiden und in keinen regierungsnahen Funktionen tätig sein. Man wollte den Eindruck erwecken, das Komitee sei von parteipolitischen Einflüssen frei.

Vorschläge für den Friedensnobelpreis können ehemalige Preisträger, Regierungen, Akademiker, der Internationale Gerichtshof in Den Haag, Friedensinstitute und der Ausschuß selbst unterbreiten. Die Vergabe erfolgt jeweils am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels. Laureaten können sowohl Einzelpersonen als auch um den Frieden verdiente Organisationen sein. Erstmals wurde der Preis im Jahre 1901 verliehen. Ausgezeichnet wurden damals die Gründer des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz Henry Dunant und der Internationalen Friedensliga Frederic Passy.

Die Liste der Friedensnobelpreisträger offenbart krasse Widersprüche und fordert zu kontroverser Bewertung heraus. Bei einem Blick auf die Preisvergabe seit 1945 fällt sofort die Tatsache ins Auge, daß die sozialistischen Staaten dabei praktisch vollkommen unberücksichtigt geblieben sind. Erfolgten dennoch Verleihungen, dann geschah das in eindeutig konfrontativer Absicht. Nur so kann man sich die Tatsache erklären, daß haßerfüllte Feinde des Sozialismus wie der Dalai Lama und Lech Walesa zu den Auserwählten zählten. Obwohl auch herausragende Persönlichkeiten wie Martin Luther King und Bischof Desmond Tutu bedacht wurden, erfolgte die Preisvergabe stets aus einer reinen West-Sicht. In der Sowjetunion dekorierte man zwei Personen, die sich durch ausgeprägten Antisowjetismus oder offenen Verrat hervorgetan hatten. 1975 wurde Andrej Sacharow ausgewählt, 1990 der zum Renegaten verkommene Michail Gorbatschow.

Mit 21 Laureaten nehmen die USA den Spitzenrang ein. Unter ihren mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Bürgern befindet sich ein so illustrer "Friedenskämpfer" wie Henry Kissinger, der den Chilenen Pinochet bescherte und maßgeblich an der blutigen Geheimdienstoperation Condor gegen die lateinamerikanischen Fortschrittskräfte mitwirkte. Als Kissinger für das die USA-Aggression in Südostasien beendende Abkommen mit Vietnam 1973 den Friedensnobelpreis erhielt, lehnte sein vietnamesischer Verhandlungspartner Le Duc Tho die Annahme der auch ihm zugedachten Auszeichnung demonstrativ ab.

Auch BRD-Kanzler Willy Brandt wurde für seine als Versöhnungskurs apostrophierte "neue Ostpolitik" bedacht. Saß er bei seinen Gesprächen mit Breschnew und anderen Politikern sozialistischer Staaten etwa ganz allein am Verhandlungstisch? Und wofür bekam eigentlich Jimmy Carter 2002 den Preis? Tatsächlich erhielt zwischen 1945 und 1990 nicht ein einziger Politiker der sozialistischen Staatengemeinschaft den Friedensnobelpreis. Und das, obwohl es ohne sie in Europa und der Welt keinen Frieden gegeben hätte. Dafür aber konnte sich Barack Obama schon unmittelbar nach seiner Wahl als Präsident eines kriegführenden Landes mit dieser Trophäe schmücken.

Nun sitzt die EU auf dem Thron der Laureaten. Ein hochaggressives Bündnis erhielt den Preis für einen ihm unterstellten "Beitrag zu sechs Jahrzehnten Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten in Europa".

Für derlei Hohn gibt es wohl keine Steigerungsstufe! Während das Friedensbündnis des Warschauer Vertrages niemals ins Blickfeld des Osloer Komitees geriet, wählte es mit der EU ein vom deutschen Imperialismus dominiertes System der Würger Europas, das zwar mit Krieg, nichts aber mit Frieden zu tun hat. 1999 war es tief in die völkerrechtswidrige Aggression gegen Jugoslawien verstrickt. Es sorgt für Hochrüstung und Waffenexporte - besonders in Krisengebiete. Es ignoriert das Anwachsen faschistoider Kräfte in seinen Mitgliedsländern ebenso wie das tägliche Massensterben an den Frontex-Grenzen.

Wie hieß es doch bei Alfred Nobel? Der Preis solle an denjenigen gehen, "der am meisten und am besten auf die Verbrüderung der Völker" hingewirkt habe. Den Völkern Jugoslawiens, Afghanistans, Iraks, Libyens, Syriens oder auch Griechenlands dürfte das Grausen kommen, daß ausgerechnet der EU solche hehren Attribute zuerkannt worden sind. Damit wurde Alfred Nobels edle Idee einmal mehr beschädigt. Geht nun der nächste Friedensnobelpreis an die NATO? Das wäre nur konsequent.

Ulrich Guhl

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Lenin contra Luxemburg?

Ein polemischer Artikel, der schon 1990 die Fronten klärte

Wenn man den Artikel von Heinz Stern "Das zweifelhafte Kompliment vom 'Adler', der irrte" ("Neues Deutschland" vom 5./6. Mai 1990) liest, entsteht der Eindruck, als hätten zwischen Lenin und Rosa Luxemburg nicht nur Meinungsverschiedenheiten in einigen Fragen, sondern geradezu Feindschaft bestanden. Da mir das einfach nicht in den Kopf wollte, machte ich mir die Mühe, in den einschlägigen Schriften der beiden einiges - wenigstens diagonal - nachzulesen. Ich komme nicht umhin zu behaupten: Rosa Luxemburg war durch und durch eine feurige Revolutionärin, wahrlich ein kühner Adler, dessen mächtiger Flügelschlag aus jeder ihrer Zeilen herauszuhören ist. Daher war sie mit Lenin und den Bolschewiki engstens verwandt, wiewohl sie - oft sich selbst widersprechend - für ein Freiheits- und Demokratisierungsverständnis eintrat, das angesichts ihres Revoluzzertums seltsam anmutet. Daraus resultierte ihre abweichende Meinung in manchen Fragen, ergaben sich ihre "Fehler", die sie allerdings in ihrem praktischen Vorgehen stets korrigierte.

Lenin hat auch Gorki scharf kritisiert - wegen seines Gottschöpfertums und wegen seiner Befürchtungen hinsichtlich der Oktoberrevolution. Nichtsdestotrotz schätzte er Gorki nicht nur sehr hoch ein, sondern war rührend um seine Gesundheit besorgt. Mitten in den schlimmsten Kämpfen und in bitterster Not, als Gorki resignierte, schickte er ihn nach Italien, damit er sich dort erholen konnte. Der feinfühlige Dichter fürchtete die entfesselte Barbarei. Lenin wußte dagegen, daß die Revolution ohne Gewalt nicht siegen könne. Aus jener Zeit stammt sein bekannter Spruch, er würde lieber einem Kind über den Kopf streichen als "harte" Entscheidungen zu treffen.

Mir scheint das Kompliment Lenins über Rosa Luxemburg nicht fragwürdig und "zweifelhaft", vielmehr absolut ehrlich. Und wenn Wilhelm Pieck vom "hehren Namen" Rosas spricht, so meint er das genauso ehrlich wie Lenin. Man schüttet das Kind mit dem Bade aus, wenn man das Bild, das KPD und SED von Rosa Luxemburg gemalt haben, als "schändlich" bezeichnet. Denn da stimmen die Prämissen einfach nicht. Damit wird, ob man es will oder nicht, ein Keil zwischen sie getrieben. Es ist eine andere Frage, daß die SED das Bild Rosas im späteren Verlauf ihrer Geschichte entstellt hat. Der Autor begeht den Fehler, einzelne Behauptungen zu verabsolutieren, statt sie jeweils historisch zu relativieren.

Nehmen wir die Frage der Demokratie und der Diktatur. Natürlich kann man aus Rosas Schrift "Die russische Revolution" wesentliche Teile des Programms der PDS begründen. Aber ohne die damals erforderliche Diktatur wäre es nicht zur Oktoberrevolution gekommen und auch nicht zur Gründung der DDR. Schließlich haben die 40 Jahre DDR einiges bewirkt, das man nicht rückgängig machen kann!

Wichtig scheint mir zu erforschen - dafür sind ja die Wissenschaftler kompetent -, zu welchem Zeitpunkt die Diktatur überholt war und von der Demokratie nach und nach hätte ersetzt werden müssen. Lenin hatte immerhin teilweise demokratische Strukturen in der Wirtschaft (NÖP) eingeführt. Überhaupt betrachtete er den Aufbau eines sozialistischen Staates nicht als Dogma, sondern als ein Experiment, das zu jeder Zeit offen war und sich nach den jeweiligen Bedingungen richten sollte.

In besagter Schrift lobt Rosa Luxemburg "die russische Revolution als das gewaltigste Faktum des Weltkrieges", und sie tritt eindeutig für die sozialistische und gegen die bürgerliche Demokratie auf. Wenn sie allerdings unverzüglich die Durchführung allgemeiner Wahlen verlangt, man bedenke: im Jahre 1918, als der junge Sowjetstaat noch nicht gefestigt und der innere Feind noch nicht besiegt war, dann wird man die Kritik Lenins doch begreifen.

Welcher Meinung man auch immer über die Oktoberrevolution sein mag, ihre Berechtigung zu leugnen, wäre töricht. Sie hat ja gewaltige Veränderungen gebracht und die Überreste des ausgehenden Mittelalters gründlich beiseitegeräumt. Trotz aller Deformierungen unter Stalin, die Rosa übrigens visionär voraussah und zu verhindern suchte, war die Oktoberrevolution die Grundlage dafür, daß die Sowjetunion zur Weltmacht wurde und das faschistische Deutschland besiegen konnte. Sie beeinflußte maßgeblich den Verlauf der Geschichte. Nicht zuletzt ihrer Existenz, dem von ihr entfalteten Zwang ist der Umstand geschuldet, daß der Siegeszug des Raubtierkapitalismus aufgehalten wurde. Daran mindert die Tatsache nichts, daß der reale Sozialismus der grandiose Versuch einer Alternative war, den Kapitalismus zu überwinden. Allmählich ist die Zeit herangereift, angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise den nächsten Schritt zu tun.

Merkwürdig scheint mir, daß Heinz Stern die in letzter Zeit vielzitierte Behauptung Rosas "Die Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden" nur so nebenbei erwähnt und als Absolutum in den Raum stellt. Haben wir denn in den 40 Jahren nicht gelernt, dialektisch zu denken?

Rosa Luxemburg war, wie gesagt, von Kopf bis Fuß eine glühende Revolutionärin, die begeistert den "Oktoberaufstand" begrüßt hatte, der für sie "nicht nur eine tatsächliche Rettung der russischen Revolution, sondern auch eine Ehrenrettung des internationalen Sozialismus" war.

Also muß man gleich einschränkend sagen, daß Rosa damit keinesfalls die Freiheit des Feindes meinte, der ja in der Revolution geschlagen worden war. Wie hätte denn die Revolution siegen können, wenn sie die Freiheit derjenigen, die auf der anderen Seite der Barrikade standen, respektiert hätte? Das wäre ja die Quadratur des Kreises. Am wenigsten war Rosa für Revolutionäre, die, wenn sie den Bahnhof stürmen wollten, erst brav zur Kasse trotten, um eine Bahnsteigkarte zu lösen, um das Einverständnis des Feindes einzuholen.

Im Herbst 1989 ging das Volk der DDR auf die Straße, doch die Früchte der "friedlichen Revolution" ernteten andere. Hätten wir damals Bürgerräte gewählt, so hätte man uns die Macht nicht so leicht aus der Hand nehmen können.

In summa: Der Beitrag von Heinz Stern ist irritierend und stiftet statt Klarheit Verwirrung. Denn sogar ein Außenstehender würde bei der Lektüre der Werke, in denen Lenin und Luxemburg einander kritisieren, keine Diffamierung herauslesen, sondern eher gegenseitige Achtung, ja Bewunderung.

Almos Csongár, Berlin


Mit diesem nur leicht gekürzten Beitrag reagierte der in der DDR lebende, heute hochbetagte ungarische Schriftsteller und Philosoph im Mai 1990 (!) auf erste Versuche des bekannten ND-Journalisten Heinz Stern, der "neuen Mode" zu entsprechen und zwei große Revolutionäre gegeneinander auszuspielen.

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Einspruch, Euer Ehren!

DDR-Vollbeschäftigung war uns zwar heilig, aber keine "heilige Kuh"

Im "RotFuchs" erfahren selbst "gelernte" DDR-Bürger viele Details, mit denen man sich früher nicht beschäftigte. Deshalb halten wir die Zeitschrift für unverzichtbar. Etwas irritierte uns der jüngste Beitrag Prof. Dr. Erich Dreyers (RF 176) "War in den volkseigenen Betrieben immer alles paletti?" Allein das Wort Produktions-PROZESS beinhaltet ja bereits eine Fülle von Widersprüchen, die gelöst werden müssen, wobei sich gesetzmäßig immer wieder neue ergeben. Alles andere hieße Stillstand. Demzufolge konnte auch in volkseigenen Betrieben der DDR natürlich nicht immer alles "paletti" sein.

Der Hauptschlag gegen das gesellschaftliche System des Sozialismus in Europa wurde auf politischem Gebiet vorbereitet und geführt. Wirtschaftliche Schwierigkeiten - das zeigen uns u. a. die VR China und das sozialistische Kuba - können überwunden werden.

Politische Unbedarftheit mancher wird im Abschnitt "Über die Entlohnung der Meister" geschildert. Sie, aber vor allem Teile der Intelligenz fühlten sich im Vergleich mit Produktionsarbeitern unterbezahlt, übrigens auch wissenschaftliche Mitarbeiter an Hochschulen. Doch vergessen wir nicht, daß sich die DDR als Arbeiter-und-Bauern-Staat verstand. Vor allem das Lebensniveau der Massen sollte erhöht werden, wobei vom Darben der Intelligenz ja wohl keine Rede sein konnte. Jeder Arbeiter, der über Weiterbildungsmaßnahmen die Leiter emporsteigen wollte, wurde gefördert und erhielt 90 % seines letzten Lohnes. Jene, welche einfach einen sie körperlich weniger ermüdenden und geistig mehr fordernden "Job" anstrebten, wußten, daß von ihnen als Gegenleistung ein größerer Anteil an der Steigerung der Produktion und der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen nicht zuletzt in dem sie delegierenden Betrieb erwartet wurde. Vielleicht war das den Generationen, die dann direkt vom Abitur zum Studium gingen, weniger klar. Hier hinkte in vielen Fällen das gesellschaftliche Bewußtsein dem privaten Sein hinterher, was nur bedingt eine Generationsfrage, sondern eher ein soziales Phänomen war. Ein großer Teil der späteren Abiturienten und Studenten kam nämlich nicht mehr wie in den Anfangsjahren aus Arbeiterfamilien.

Noch ein Wort zu den Meistern: Die in dieser Kategorie Beschäftigten stellten vier Prozent der Berufstätigen der volkseigenen und genossenschaftlichen Wirtschaft. Sie hatten reguläre Arbeitszeiten (im Regelfalle Tagschicht) und mußten keine schwere körperliche Arbeit verrichten. Die unmittelbare Anleitung und persönliche Mitarbeit in den einzelnen Schichten sowie deren Planung und die Fertigung der Arbeitsnachweise oblagen den Brigadeleitern. An den Leistungsprämien der Betriebe waren auch die Meister beteiligt. Bestimmte Ehrentage dienten - wie Prof. Dreyer schrieb - als Anlaß für zusätzliche Prämierungen. Maßstab für Vergütungen dieser Art war die Planerfüllung. An ihrem "Tropf" hingen alle - und sei es über Sozialleistungen -, ja letztlich auch die auf Parteitagen gestellten Ziele und Vorgaben. Es bringt nicht viel, heute über die in den einzelnen Etappen aufgetretenen Unzulänglichkeiten zu streiten. Um Prämien zu erhalten, Diskussionen zu entgehen oder Ansehen zu genießen wurden hier und da auch Planzahlen heruntergedrückt. Manche Übel aus vorsozialistischen Zeiten wirkten lange nach.

Noch eine Bemerkung zur Umsetzung von Arbeitskräften und dem Kündigungsverfahren. Prof. Dreyer spricht sich nicht nur gegen mangelndes Organisationstalent staatlich Beteiligter aus, sondern plädiert auch für rigide Bestimmungen über die Verwendung der Beschäftigten, die trotz sie negativ betreffender arbeitsorganisatorischer Entscheidungen an ihren Betrieben hingen und in diesen bleiben wollten. Diese Verwurzelung in den eigenen VEBs hätte demokratisch aus-, statt abgebaut werden müssen.

Der Autor des Artikels bezeichnet die Vollbeschäftigung als "heilige Kuh" der Regierung und bedauert das Fehlen "operativerer Möglichkeiten zur Auflösung von Arbeitsrechtsverhältnissen". Er hätte auch erwähnen sollen, daß jeder Arbeiter und Angestellte in der DDR das Recht besaß, jederzeit von sich aus zu kündigen und sich einen anderen Arbeitsplatz zu suchen.

Es gibt Stimmen, die vom Verrat nicht weniger Angehöriger der DDR-Intelligenz am Sozialismus sprechen. Den hat es - wenn auch keineswegs pauschal zu urteilen ist - sicher gegeben. Doch im soziologischen Sinne bestand wohl eher eine mehr oder weniger bewußte Tendenz zur Verkleinbürgerlichung, nicht zuletzt auch in einigen wissenschaftlichen Bereichen. Das neue Kleinbürgertum strebte trotz "sozialistischer" Phraseologie à la Gorbatschow danach, die Arbeiterklasse und untere Angestelltenkategorien in seinem Sinne zu beeinflussen. Es ist das Drama des Kleinbürgertums, stets als Spielball in der großen Politik zu dienen. In Zeiten konterrevolutionärer Aktivitäten verhält es sich genauso schwankend wie in Zeiten revolutionärer Umgestaltung.

Alexandra Liebig, Berlin

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Das Wunder von Vippachedelhausen

Als Eberhard Herr den Herren die Suppe versalzen half (3)

Unser tagebuchführender "Held", der seine Geschichte selbst aufgeschrieben hat, ist ein bereits erfahrener Agrarexperte. Er wurde von den SED-Mitgliedern der sich noch arg dahinschleppenden, später aber zu den Schrittmachern der DDR-Landwirtschaft gehörenden LPG Vippachedelhausen zum hauptamtlichen Parteisekretär gewählt und setzt im Folgenden den Bericht über Wahrnehmungen in den ersten Monaten seiner Tätigkeit fort.


11. Dezember 1961
Heute habe ich wieder was erlebt. Besuch in der Feldbaubrigade. Es fängt schon richtig an. Sie sitzen alle im Kulturraum und warten auf den Agronomen. Der soll die Lage einschätzen und Vorschläge machen. Doch wer nicht kommt, ist der Agronom. Da bitte ich meinen Stellvertreter, mal hinzugehen. Endlich treten sie wieder ein. Zur Rede gestellt, sagt der Agronom ganz trocken, er sei gerade im Begriff gewesen, ins Bett zu gehen. So viel Frechheit verschlägt mir fast die Sprache, doch ich beherrsche mich.

Die Brigademitglieder verfolgen mit wachsendem Interesse unser Gespräch. Es ist wie eine Kraftprobe. Wer wird hier die Oberhand behalten?

Einige sind beeindruckt, daß der Agronom doch auf das Wort der Partei hört und gekommen ist. Was er sagt, klingt nicht gerade erfreulich. Noch 100 Hektar seien zu beackern. Den Weizen habe man zu spät gedrillt ... So geht es weiter und weiter. Statt den Genossenschaftsbauern etwas Mut zu machen, läßt er sie langsam merken, daß bei der Ernte 61 wohl nicht mehr viel Geld herausspringen wird, so daß kaum noch etwas auf die Arbeitseinheit zu erwarten sein dürfte.

Verdammt noch mal, so eine Weltuntergangsstimmung zu verbreiten, hat mir gerade noch gefehlt. Ich unterbreche den Agronomen und erteile "Stuck" das Wort. Das ist der Brigadier Kurt Becker. Kein besonders guter Redner, sorgt er wenigstens für etwas Stimmung: "Frauen", sagt er, "es sind noch 2 Hektar Zuckerrüben draußen. Die können wir nicht stecken lassen." Er habe auch schon mit den sowjetischen Freunden gesprochen. Morgen wollten sie mit 40 Mann anrücken.

"Sollen denn die Freunde unsere Zuckerrüben rausholen, während wir hinter dem warmen Ofen sitzen?" Das zieht etwas. Dann verspricht "Stuck" noch heißen Tee mit viel Rum. Damit ist die Versammlung offiziell beendet, aber die Brigademitglieder gehen noch nicht auseinander. Sie haben nun mitgekriegt, daß es am Jahresende kein Geld mehr geben wird. Das ist wohl das Schlimmste, was einem LPG-Bauern widerfahren kann. Keine Restzahlung mehr auf die Arbeitseinheit.

Wenn es doch nur noch fünfzig Pfennig pro Einheit wären, klammern sich viele an einen Strohhalm. Aber wie ich die Sache inzwischen einschätze - ich hatte ja zuvor ein Gespräch mit dem Direktor der Bauernbank -, werden es noch nicht einmal 10 Pfennig sein. Eine äußerst verfahrene Karre!

Aus Berliner Sicht hätte ich nicht für möglich gehalten, daß es so etwas gibt.


27. Februar 1962

Das war der Tag, an dem das Denken vieler LPG-Mitglieder völlig aus den Fugen geriet. Einige erklärten mich und den Vorsitzenden sogar für verrückt, und einer verlangte obendrein auch noch, daß der Staatsanwalt geholt werden solle.

Aber dieser Gedankenanstoß war genau das, was wir jetzt brauchten. Geistige Auseinandersetzung um neue Probleme. Urheber der Debatte war eigentlich der Traktorist Karl Hufeld. Er hatte nachts im Spätauer Grund den Acker mit der Reifenschleppe eingeebnet, obwohl noch etwas Frost im Boden steckte. Vielleicht gerade deswegen, denn da hinterließ er keine Spuren im Acker. Da die Erde schon recht krümelig war, kam ihm ein rebellischer Gedanke: Jetzt müßte man Gerste drillen. Wenn es in 14 Tagen taut, kann keiner mehr mit einer Maschine rauf, und dann dauert es mindestens noch vier Wochen, bis der Acker so abgetrocknet ist, daß er sich bestellen läßt.

Es war ein großes Glück, daß er seine Idee nicht für sich behielt, sondern zu mir und dem Vorsitzenden damit kam. Wir haben uns das an Ort und Stelle angesehen und dann sofort entschieden, auf den 32 Hektar Sommergerste auszubringen. Wir beide wußten aber, was wir damit bewirkten.

Jahrhundertelang wurden hier die Felder entweder im Herbst oder im Frühjahr bestellt. Aber noch fast im Winter, am 27. Februar und bei Frost - so etwas gab es bisher nicht! Noch für den Nachmittag wurde eine Brigadeversammlung einberufen. Da ging es hoch her. Es meldete sich der alte Albin Seidemann und unterstützte uns. "Ich habe in meinem langen Bauernleben schon manches ausprobiert, auch das", sagte er. "Die Saat ist nicht erfroren, im Gegenteil - im Sommer brachte das dann ganz schön Körner. Ich gehe mit auf die Drillmaschine."

Das gab den Ausschlag. Die Technik erhielt den Auftrag: Am Spätauer Grund sind 32 Hektar zur Aussaat von Sommergerste vorzubereiten. Das sprach sich in Windeseile im ganzen Dorf herum. Jedenfalls begann die Technik am 27. Februar, gegen 3.50 Uhr früh, mit der Arbeit. Nach 5 Uhr, als es allmählich heller zu werden begann, setzten die zwei Drillmaschinen an. Es ging ganz gut. Noch herrschte etwas Frost, so 2 bis 3 Grad minus. Es gab keine Spuren im Acker, aber genug krümeligen Boden, um die Körner zu bedecken.

Dann trat ein Ereignis ein, mit dem keiner gerechnet hatte. Im benachbarten Berlstedt, wo die LPG bereits sehr viel erfolgreicher war, befand sich gerade ein Aufnahmeteam des Fernsehens. Dessen Leiter bekam irgendwie mit, was bei uns abging. Gegen 7 Uhr tauchten die Adlershofer Leute auf und drehten, was das Zeug hielt. "Stuck" erklärten sie an Ort und Stelle zu ihrem Agrarexperten.

Als die Bilder zwei Tage später in der Aktuellen Kamera ausgestrahlt wurden, hockten die Vippacher allesamt vor ihren Fernsehgeräten. Das Dorf wirkte wie ausgestorben. Der Vorgang war geradezu ein Treppenwitz der Geschichte: Die rückständige LPG Vippachedelhausen wurde mit einem Schlag in der ganzen DDR bekannt. Nach der Übertragung fand die von uns "entwickelte" Methode des Ackerbaus vielerorts Anwendung. Sie hieß fortan Frostbodenbestellung.

Eberhard Herr, Herzberg/Elster

(wird fortgesetzt)

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[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

Der Menschen Feind (3)

von Rudi W. Berger

Leicht gekürzter exklusiver Vorabdruck aus
"Dran, dran, solang ihr Tag habt"
Schlachtfeld Literatur, Schlachtfeld Deutschland.
Essayistische Exkurse"

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Bericht vom Ort einer Verzweiflungstat

Tötung im Jobcenter Neuss und das Tödliche der Jobsuche

Am 26. September erstach ein Mann im Jobcenter von Neuss (NRW) die für ihn zuständige Sachbearbeiterin. Tags darauf war "Bild" um einen reißerischen Aufmacher reicher, wobei der Hinweis auf die marokkanische Abstammung des Täters nicht fehlen durfte. Die "Neuss-Grevenbroicher Zeitung" (NGZ) verband vordergründiges Mitgefühl mit verächtlichen Tiraden gegen die euphemistisch "Kunden" genannten ALG-II-Bezieher: "Rüpel" aus dem "Bodensatz frustrierter, pöbelnder, alkohol- und drogensüchtiger Besucher" würden engagierte Mitarbeiter "zur Weißglut reizen". Des weiteren wußte das Blatt zu berichten, jeder vierte Jobcenter-Mitarbeiter sei bereits Opfer eines Übergriffs geworden. Schon vor elf Jahren habe eine solche Attacke fatal geendet.

Der Tod eines Menschen, das Leid seiner Angehörigen sollten Anlaß zu ernsthaftem Nachdenken über Ursachen und Alternativen sein. Leider war davon in der Presse wenig zu finden. Doch die angebotenen "Lösungen" wiesen alle in dieselbe Richtung: In den Jobcentern bestehe ein "Sicherheitsproblem". Also: mehr Security, Sicherheitsschleusen, Zugangskontrollen, Videoüberwachung und Trennglasscheiben! Man scheut sich, an dieser Stelle überdies ironisch nach Schlagstöcken, Gummigeschossen oder Elektroschockgeräten zu rufen. In gewissen Kreisen könnte das als ein interessanter Vorschlag aufgegriffen werden.

Die heutigen Jobcenter sind der Schröder-Regierung aus SPD und Grünen zu verdanken. Sie gingen aus den damals als Reform titulierten Sozialabbauprogrammen hervor. Die Arbeitslosenhilfe wurde abgeschafft und durch das allgemein als "Hartz IV" bezeichnete Arbeitslosengeld II ersetzt. Den Jobcentern kommt dabei die Kontrolle der Leistungsvergabe an die Empfänger zu. Sie sollen die "Kunden" zur Aufnahme einer "zumutbaren Arbeit" bewegen.

Die Leistungsbescheide der Jobcenter sind für den Empfänger kaum durchschaubar, geschweige denn nachvollziehbar und zudem häufig fehlerhaft - zu Lasten des in die Rolle eines Bittstellers Gezwungenen. Darüber hinaus stehen den Jobcentern vielfältige Möglichkeiten der Leistungskürzung bei fehlender "Mitwirkung" zu Gebote. Die Art und Weise, wie die "Kunden" behandelt werden, ist nicht selten von Geringschätzung und Schikanen geprägt.

Die Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit Anja Huth erklärte bemerkenswert ehrlich: "In den Jobcentern geht es für die Leute ums tägliche Überleben." Es ist wohl nicht nötig, Verhaltensforscher zu bemühen, um sich vorzustellen, wozu Menschen in der Lage sein können, die Existenzangst haben.

Und wozu das Ganze? Erinnern wir uns daran, mit welcher Inbrunst Gerhard Schröder den von seiner Regierung geschaffenen großen Niedriglohnsektor als beispielhaft rühmte. Dieser aber will mit Menschen gefüttert sein, die man zuvor genügend durch die Mühle von Bangen um das tägliche Brot gedreht hat, damit sie sich für einen schäbigen Lohn bei einer Zeitarbeitsfirma oder anderen Blutsaugern zu verdingen bereit sind. Nebenbei können die Kapitalisten den regulär Beschäftigten ständige Angst davor einjagen, dort zu enden, wo ihre degradierten Kollegen zweiter Klasse bereits gelandet sind. Das führt dann zu Wohlverhalten anstelle selbstbewußten Forderns. Aktive Gewerkschafter in den Betrieben können ein Lied von der so erzeugten Geisteshaltung singen. Das Subsystem der Jobcenter ist Teil des Gesamtsystems kapitalistischer Profitmaximierung. Mit sozialer Ausgrenzung erzeugt man eine Atmosphäre der Einschüchterung und Furcht, um den Preis der Ware Arbeitskraft so weit wie möglich herunterzudrücken. Daß hierbei einzelne Menschen und ganze Familien psychisch wie physisch auf der Strecke bleiben, ist einkalkuliert - seien es Arbeitslose, deren Verzweiflung letztlich zu Suiziden oder anderen zerstörerischen Konsequenzen führt, sei es eine Sachbearbeiterin, die zum Angriffsziel und Opfer wird. Natürlich vergießen die Medien der Bourgeoisie dann ganze Ströme von Krokodilstränen.

Kritisch zu sehen ist aber auch, daß Menschen guten Willens wie der Sprecher des Erwerbslosenforums Martin Behrsing in einer solchen Situation danach fragen, wie die Kommunikation so entwickelt werden könne, daß sich Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit wie Betroffene der Hartz-IV-Gesetzgebung "besser aufgehoben" fühlten. Dies erinnert an die Sichtweise mancher Sozialpädagogen, die sich durch handfeste ökonomische Interessen herbeigeführte Problemlagen lediglich als Ergebnis verunglückter "Kommunikation" vorstellen können. Schön wär's ja! Wer sich die Lebenswirklichkeit eines in Zeitarbeit beschäftigten Familienvaters ansieht, der begreift, daß man die damit verbundenen finanziellen, gesundheitlichen und familiären Konsequenzen "kommunizieren" kann soviel man will - aus der Plage wird dadurch niemals eine Wohltat.

Es ist auch nicht so, daß sich die Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik nur einmal in einen Zeitarbeiter oder Arbeitslosen richtig "hineinfühlen" müßten, um dadurch geläutert Abstand von ihrem ausbeuterischen Treiben zu nehmen. Sie wissen sehr genau, was sie tun, und sie tun es, weil es ihnen nützt. Wir bleiben lieber bei Brechts Erkenntnis: "Das Wort wird nicht gefunden, das uns beide jemals vereint: Der Regen fließt von oben nach unten, und du bist mein Klassenfeind."

Die Perspektive für Erwerbslosengruppen und Gewerkschaften, Sozialisten und Kommunisten kann nur im kompromißlosen Kampf um die Schaffung existenzsichernder Arbeitsplätze, auskömmliche Unterstützung von Menschen ohne Job, das Verbot von Zeitarbeit und Ein-Euro-Jobs bestehen. Das Geld dafür ist, wie der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung belegt, durchaus vorhanden. Es befindet sich "lediglich" - noch - in den falschen Händen.

Erik Höhne, Neuss

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Der Tod ist ein Meister aus Deutschland

Mordwerkzeuge aller Typen und Kaliber als BRD-Exportschlager

"Händler des Todes" lautet der Titel eines Action-Films aus dem Jahre 2005, der sich an den Geschäften des in den USA zu 25 Jahren Haft verurteilten russischen Waffenhändlers Viktor Bout orientiert. Der Film beginnt mit dem Hinweis, daß es derzeit auf der Welt mehr als 550 Millionen Schußwaffen gibt, so daß theoretisch jeder zwölfte Erdenbürger eine davon besitzen müßte. Für die Waffenhändler stehe die Frage allerdings anders: Sie überlegten fieberhaft, wie man auch die übrigen elf beliefern könnte. Soweit das Fazit des Films.

Das Paradoxe an der Verurteilung Bouts ist die Tatsache, daß er - wie man aus Medienberichten erfahren kann - "in Konfliktgebieten auf der ganzen Welt im Auftrag von Regierungen, den Vereinten Nationen (!), großen börsennotierten Konzernen und einer Vielzahl verdeckt arbeitender Institutionen" tätig gewesen ist. So löste er für in den USA angesiedelte Rüstungsunternehmen und das Pentagon deren Logistikprobleme im Golfkrieg und lieferte Kriegsgerät jeglicher Art an alle, die zu zahlen bereit waren. Warum Bout von seinen Auftraggebern am Ende preisgegeben wurde, bleibt vorerst ungeklärt. Der Fall offenbart jedoch, welche doppelbödige Moral hinter der Entrüstung jener steckt, die ihn verurteilen ließen. Der Prozeß wurde offensichtlich in Absprache mit seinen früheren Auftraggebern, die ihn all die Jahre benutzt und beschirmt hatten, inszeniert.

Angepeitscht werden Waffenhandel und Hochrüstung immer wieder durch Behauptungen über eine akute Bedrohung dieses oder jenes Landes, wobei die Lobbyisten der Branche offensichtlich Regie führen. Äußerungen über "Menschenrechtsverletzungen" und "Bedrohung der Demokratie" nach westlicher Interpretation gehören zu den Lieblingsvorwänden für militärisches Eingreifen. Jüngste Beispiele beweisen, daß keinerlei sittliche Bedenken ins Feld geführt werden, wenn die BRD Rüstungsgüter in Krisengebiete liefert oder bewaffnete Konflikte mit Logistik oder geheimdienstlichen Mitteln gezielt unterstützt.

Das geschieht, obwohl die "politischen Richtlinien" ein solches Vorgehen in diesen Fällen ausdrücklich untersagen. In der Regel dient der BRD-Waffenexport vor allem der Stärkung militärischer und polizeilicher Repressionsapparate. Aus Tarnungsgründen wird behauptet, die Lieferungen trügen zu Frieden und Sicherheit bei. Auf internationalen Waffenmessen werden Jahr für Jahr die neuesten Tötungsmaschinen zum Kauf angeboten, der dann durch Abkommen und Exportkontrollen zumindest nach außen hin geregelt erscheint. Auch die BRD geizt nicht mit Ausstellungen dieser Art. Die im September 2012 in Berlin wiederum veranstaltete ILA und die Avionics Europe, die im Februar in München stattfinden wird, sind Ausdruck dessen. Daß die gesetzlichen Festlegungen der BRD ständig unterlaufen werden, beweisen jüngste Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien und Indonesien, der seit Jahren betriebene U-Boot-Export nach Israel sowie weitere Waffendeals mit fernöstlichen und afrikanischen Ländern. All das geschieht mit offensichtlicher Billigung und unter aktiver Teilnahme von Mitgliedern der Bundesregierung.

Es genügt, auf die Verhandlungen mit Angola, Algerien oder Südkorea zu verweisen. Angela Merkel und ihre Minister werden de facto bisweilen selbst zu Waffenhändlern. Veröffentlichungen ist zu entnehmen, daß die BRD-Rüstungsexporte im Jahr 2011 um ca. 50 % auf - wertmäßig - rund 2,1 Mrd. € gestiegen sind. Vorrangig wurden Griechenland (!) und Portugal (!) mit Lieferungen im Wert von 403 Mill. € und 810 Mill. € noch tiefer in die Schuldenfalle gestürzt. Schon vor 12 Jahren hatte Athen in der BRD U-Boote für 2,85 Mrd. € geordert. Was hätten beide Länder mit den Milliardensummen zum Wohle ihrer Völker tun können? Unter der Überschrift "Konzern setzt bei Panzern den Rotstift an" berichtete die Chemnitzer "Freie Presse" am 30. August 2012, der bundesdeutsche Rüstungsgigant Rheinmetall erwäge, beim Panzergeschäft einige hundert Stellen zu streichen und sogar ein Werk zu schließen, weil die Branche dem BRD-Konzern "seit geraumer Zeit Sorgen bereitet". Für den Leser soll das ein Hinweis darauf sein, daß die Krise selbst an den Waffenlieferanten nicht spurlos vorübergehe.

Unerwähnt blieb in diesem Zusammenhang allerdings, daß Rheinmetall gerade in Algerien eine Panzerfabrik baut, um mit solchen und anderen Maßnahmen seinen Rüstungsumsatz von 1,8 Mrd. auf 3 Mrd. € im Jahr 2013 - das sind rund 60 % - zu erhöhen. Zugleich will der Konzern das Rüstungskontrollgesetz umgehen, indem er - wie andere Waffenhersteller auch - seine Produktion in ein nicht als Spannungsgebiet geltendes nordafrikanisches Land verlagert. Offiziell heißt die Devise, man wolle qualifizierte Arbeitsplätze schaffen und die Erwerbslosigkeit in der Region bekämpfen. Eine perverse Heuchelei!

Bei Werbeveranstaltungen der Bundeswehr übt die Vorführung modernster Mordinstrumente auf die Besucher immer wieder Faszination aus. Gelobt werden dabei die hohe Qualität, Effektivität und Verläßlichkeit deutscher Kriegstechnik, woraus sich die weltweite Nachfrage ergebe. Daß es sich beim Einsatz dieser Waffen um Mord und Totschlag handelt, bleibt unerwähnt.

Ohne Zweifel gibt es in der BRD auch Kräfte, die gegen Waffenhandel und Militarisierung der Gesellschaft mobil machen. Das zeigte die jüngste Protestaktion am Rande des Häuserkampf-Ausbildungszentrums in der Letzlinger Heide ebenso wie das beeindruckend breit gelagerte Bündnis von mehr als 120 Gruppen, die in der "Aktion Aufschrei - stoppt den Waffenhandel!" zusammenwirken.

Fazit: Der Rüstungsexport ist kein Beitrag der BRD zur Erhaltung des Friedens in der Welt. Anders ausgedrückt: Mit deutschen Waffen werden Kriege ausgelöst und geführt. Einmal mehr ist der Tod ein Meister aus Deutschland.

Dietmar Hänel, Flöha

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Historiker kontert Hysteriker

Das Bautzener "Gelbe Elend" und die giftige Bouillon der Lügenköche

Im vergangenen Jahr hat Prof. Dr. Horst Schneider unter dem Titel "Das Gelbe Elend und andere Lügen" ein neues Bändchen in der spotless-Reihe des Berliner Verlags edition ost herausgebracht.

Souverän, wie in all seinen bisherigen Büchern, verweist der kenntnisreiche Hochschullehrer auf eine Fülle sorgfältig recherchierter Quellen und läßt zugleich eigene Erlebnisse und Erfahrungen im Umgang mit Politikern und Möchtegern-Historikern einfließen. Nicht zufällig haben die Gedenkstättenbetreiber und ihr Hohenschönhausener Doyen Hubertus Knabe im Verein mit systematisch als Geschichtswissenschaftler aufgebauten Geschichtsklitterern das Wort BAUTZEN als Synonym für "DDR-Unrechtsstaat", "SED-Diktatur" und "Stasi-Knast" instrumentalisiert. Je mehr man Halbwahrheiten und Lügen miteinander vermengt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß beim manipulierten BRD-Durchschnittsbürger etwas hängenbleibt.

Dieser seit dem Anschluß der DDR an die BRD von Politik und Medien verfolgten Generallinie kollektiver Gehirnwäsche setzt Horst Schneider ein energisches Contra entgegen. Er tut das am Beispiel des "Gelben Elends", das dazu herhalten muß, die "kommunistische Gewaltherrschaft in der DDR" einmal mehr vorzuführen. Dabei wissen die meisten gar nicht, daß es sich dabei um eine Justizvollzugsanstalt des Freistaates Sachsen handelt. Sie hieß früher Bautzen I und Bautzen II. Dort soll nach landläufiger Darstellung "die Stasi" das Sagen gehabt haben. Horst Schneider ironisiert sehr gezielt die Standardphrase von der "kommunistischen Gewaltherrschaft", indem er auf etwas verweist, was unbestritten sein dürfte: "Niemand in der DDR hat je behauptet, in ihr herrsche bereits der Kommunismus."

Wahr ist, daß Bautzen II dem Ministerium des Innern der DDR unterstellt war. Dem Autor ist dafür zu danken, daß er die von den Medien der BRD erzeugten Stereotype durchleuchtet und entlarvt. Daß er dabei die schändliche Rolle gewisser Pseudohistoriker aus der SPD und anderen Parteien nicht schont, ist ein Verdienst des Autors.

Auch ich erhielt als einstiger Kamenzer Kreisschulrat immer wieder Einladungen zu Propagandaveranstaltungen des von der SPD inszenierten "Bautzen-Forums". Die Teilnahme daran tat ich mir natürlich nicht an. Allein die üble Rolle, welche die SPD in diesem angeblich seriösen Gremium spielt, sollte die Partei Die Linke argwöhnisch stimmen, wenn manche von Bündnissen mit der SPD träumen. Schneiders Buch entlarvt die vermeintliche Seriosität der genannten Veranstaltungsreihe.

Der Autor trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er feststellt: "Je länger das Ende der DDR zurückliegt, desto aggressiver, unverfrorener und verlogener werden die Darstellungen und Urteile über diesen Staat." Was Bautzen II betrifft, weist Horst Schneider nach, weshalb "politische Häftlinge" dort einsaßen: Es handelte sich um Kriegsverbrechen, Spionage, Geheimnisverrat, Menschenhandel, Tötungsdelikte und andere Gewaltverbrechen.

Der prominente Historiker setzt sich in seiner Arbeit mit jenen auseinander, "die das Schicksal der Bautzen-Häftlinge mißbrauchen, um mit Thesen wie der vom "Roten Holocaust" oder "Bautzen als Auschwitz der DDR" neue Feindbilder zu schaffen, die nur eine Neuauflage des Goebbelsschen Antikommunismus sind.

Auf die Internierungslager der Alliierten der Antihitlerkoalition nach dem Zweiten Weltkrieg eingehend, betont Horst Schneider, daß diese keineswegs eine Spezialität der UdSSR waren, die in ihrer Zone elf solcher Einrichtungen geschaffen hatte.

Lager gab es auch in den westlichen Zonen. Die USA unterhielten 21, Großbritannien zehn und Frankreich sechs. Einzelheiten des Vorgehens in diesen "Speziallagern" waren vom Kontrollratsgesetz Nr. 10 und der Kontrollratsdirektive Nr. 38 festgelegt worden. Aus begreiflichen Gründen nutzten die vier Besatzungsmächte kurz nach dem Krieg frühere Haftanstalten und bestehende Lager zur Internierung - im Osten wie im Westen. Der Autor präsentiert hieb- und stichfestes Zahlenmaterial nicht nur für Bautzen, sondern ebenso für Dachau, Landsberg und die Rheinwiesenlager bei Bad Kreuznach. Seitens der USA sollte die Frage beantwortet werden, warum das Schicksal der dort ums Leben gekommenen Kriegsgefangenen jahrzehntelang totgeschwiegen wurde, fordert Horst Schneider, selbst Zeitzeuge dieses Geschehens.

Der kanadische Journalist James Bacque hat akribisch nachgewiesen, daß hinter all dem eine Absicht der US-Militärführung steckte. Einpeitscher war General Dwight D. Eisenhower, der spätere US-Präsident, der 1944 an seine Frau schrieb, solches müsse geschehen, "weil der Deutsche eine Bestie ist". 450.600 deutsche Kriegsgefangene seien in sowjetischen Lagern verstorben, doch mehr als eine Million im Gewahrsam der Westmächte, stellte Schneider fest. Zugleich solle nicht vergessen werden, daß von den 5,7 Millionen Sowjetsoldaten, die in die Kriegsgefangenschaft der deutschen Faschisten gerieten, mehr als die Hälfte diese nicht überlebte. Der Autor spitzt zu und fragt: "Darf nun geurteilt werden, die USA seien niemals ein Rechtsstaat gewesen, weil sie 1945 nicht einmal - und zwar planvoll - die Genfer Konvention über die Behandlung von Kriegsgefangenen eingehalten haben?"

Schließlich setzt sich Horst Schneider mit der Behauptung auseinander, bei Bautzen II habe es sich um einen "Stasi-Knast" gehandelt, in dem Terror und blanke Willkür geherrscht hätten. Dazu gebe es ein schlagendes Argument: In den 22 Jahren seit der Konterrevolution habe kein einziger Prozeß gegen die angeblichen Folterknechte von Bautzen stattgefunden.

Offensichtlich hat man keinen einzigen gefunden, dem man hätte anklagen können. Schneider selbst resümiert: "Beide deutsche Staaten waren nicht nur gleichberechtigte Mitglieder der Vereinten Nationen - sie bemühten sich auch, keine deutschdeutschen Querelen in die UNO zu tragen. Zu keinem Zeitpunkt und in keinem Gremium ist die DDR je Angeklagter oder Verurteilter gewesen."

Danke, Horst Schneider, für Dein Licht in das Dunkel von Lügen und Unterstellungen bringendes Buch!

Dr. Dieter Rostowski, Kamenz

Horst Schneider: Das Gelbe Elend und andere Lügen.
Spotless/Das Neue Berlin, Berlin 2012,
190 Seiten, 9,95 €

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Megalomanie heißt Größenwahn

Über geplatzte Medaillenträume und das Fiasko einer "Gedenk"-Strategie

Ein großes Dankeschön gebührt dem Berliner Verwaltungsgericht! Mit seiner Entscheidung, daß das Bundesinnenministerium die Zielvereinbarungen zwischen dem Deutschem Olympischen Sportbund und den Fachverbänden der einzelnen Sportarten schon vor dem Erlöschen des olympischen Feuers in London zu veröffentlichen hatte, sorgten die Richter für eine blamable Klarstellung.

86 Medaillen sollten nach der Vorgabe durch deutsche Sportler eingesammelt werden, davon 28 in Gold. Das Ende vom Lied ist bekannt: Alle Beteiligten waren froh, daß wenigstens 44mal geschätztes Metall aus Großbritannien heimgebracht wurde, ganze elfmal solches, das golden glänzte.

Die ursprünglich anvisierten Ziele zeugen von einem die BRD charakterisierenden Größenwahn. Es ist dieselbe Megalomanie wie Merkels Annahme, ganz Europa lasse sich von Berlin aus regieren. Es war dieser Wahn, mit dem die Bundeswehr einst nach Afghanistan geschickt wurde, um - in den Worten des früheren SPD-Verteidigungsministers Peter Struck - "unsere Freiheit am Hindukusch zu verteidigen". Dort war bereits in den 80er Jahren bekanntlich für die damalige Weltmacht Sowjetunion ebensowenig ein Blumentopf zu gewinnen wie heute für die verbliebene Weltmacht USA. Größenwahn gilt in der BRD auf nahezu allen Spielfeldern als Maxime. Da ist es nur allzu verständlich, daß auch die Sportfunktionäre unter der Schirmherrschaft des für ihre Sphäre zuständigen CSU-Innenministers Hans-Peter Friedrich auch einmal ganz groß auf die Pauke hauen wollten. Doch man hatte zu hoch gepokert und rang danach um fast schon verzweifelt anmutende Erklärungsversuche für das Desaster von London.

Da es den Medien aufgrund ausgebliebener Erfolge an entsprechenden Stories fehlte, wurde ein anderes Thema aufgeblasen. Dafür sorgte die Ruderin Nadja Drygalla, deren Freund inzwischen nicht mehr der NPD angehören soll. Gegen die Sportlerin eröffnete man eine Medienkampagne großen Stils. Paradoxerweise spielten sich hierbei ausgerechnet die Vertreter jener bundesdeutschen Sender und Blätter in den Vordergrund, die während der Debatte um ein mögliches NPD-Verbot stumm in der letzten Reihe verharrten.

An dieser Stelle sei die gegenwärtige Lage am rechten Rand des Parteienspektrums nüchtern betrachtet: Bei der NPD handelt es sich um eine in der BRD offiziell zugelassene Partei, die sich nicht nur in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern fest eingenistet hat, sondern auch noch die Stirn besitzt, beim Bundesverfassungsgericht ihre angebliche Konformität mit dem Grundgesetz einzuklagen. Selbst der durch die Springer-Presse zum "Bundespräsidenten der Herzen" gekürte Ex-Großinquisitor Joachim Gauck scheint damit kein größeres Problem zu haben. So verlieh er während eines Talkshow-Auftritts bei Maybrit Illner seiner Freude darüber Ausdruck, daß hierzulande in den Parlamenten - ganz im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten, wie er mit sichtlichem Stolz bemerkte - keine Vertreter rechtsextremer Parteien säßen. Bezogen auf den Bundestag mag diese Aussage ja noch bedingt zutreffen. Allerdings hätte es aus pastoralem Munde dringend eines Hinweises auf die hier erwähnten Landesparlamente bedurft. Fazit: Das vom RF-Satiriker Heinz Herresbach entdeckte "Schloßgespenst von Bellevue" ist offensichtlich auf dem rechten Auge blind.

Doch zurück zum Fall Drygalla: Gemessen am eigentlichen Problem - einer klaren Positionierung aller politischen Akteure zu einem unverzüglichen NPD-Verbot und dessen konsequenter Umsetzung - wurde hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Das heiße Eisen selbst anzufassen, wagte man abermals nicht. Warum blieb "die Politik" so zögerlich? Die Antwort liegt auf der Hand: Trotz verbaler Zusicherungen steht ein NPD-Verbot wohl eher theoretisch auf der Tagesordnung, wobei Merkel auf Zeitgewinn setzt und der besonders rechtslastige CSU-Innenminister es nach wie vor nicht favorisiert. Der Grund: Die bürgerlich-konservativen Parteien bedürfen angesichts der voranschreitenden Faschisierung einer taktischen Reserve für alle Fälle. Dabei ist solcherlei Gebaren keineswegs eine Premiere. Erinnert sei nur an den Modellversuch des Kooperierens von CDU und rechtsradikaler Schill-Partei in der Hamburger Bürgerschaft, der dort zum Schmierentheater verkam.

Im Vorfeld der Londoner Olympischen Spiele wollte auch der jetzt den Staatsmann spielende, doch blaß wie eh und je wirkende Außenminister Guido Westerwelle auf sich aufmerksam machen. Die trotz ihres hohen Amtes tief gefallene einstige FDP-Ikone suchte bei IOC-Präsident Jacques Rogge zur Eröffnungszeremonie eine Schweigeminute für die Opfer des 40 Jahre zurückliegenden Attentats während der Olympischen Spiele von München durchzusetzen. Doch selbst Obamas Unterstützung bewirkte nichts. Rogge blieb unter Hinweis darauf hart, das IOC habe bereits Gedenkfeiern in einem angemessenen Rahmen vorgesehen. Die von Westerwelle angestrebte Gedenkminute hätte übrigens ein Rohrkrepierer werden können, da dann alle Welt noch einmal an die blamablen Defizite der BRD-Vorbereitungen auf München erinnert worden wäre.

Ein Blick in das von der DDR-Gesellschaft zur Förderung des olympischen Gedankens herausgegebene Buch zu den seinerzeitigen Spielen sorgt für Klarheit: "Weil Israel die Menschenrechte mißachtet, weil es die Charta und die Beschlüsse der Vereinten Nationen mit Füßen tritt, war und ist Krieg in Nahost. Weil Israel arabische Gebiete besetzt hält, es arabische Völker unterdrückt, arabische Menschen bedroht und arabische Dörfer mit Bomben und Terror belegt, ist Krieg in und um Nahost."

Bei all dem war die BRD eines Dr. Hans Globke - des Kommentators der Nürnberger antisemitischen Rassegesetze Hitlers, der als Staatssekretär Konrad Adenauers zur grauen Eminenz der ersten Bundesregierung aufstieg -, trotz ihrer faschistoiden Wurzeln von Beginn an ein Spießgeselle der Amokläufer in Tel Aviv. So befand sich die BRD während und nach München in einem Dilemma, das im Grunde genommen bis heute anhält.

Rico Jalowietzki, Frankfurt (Oder)

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Ein Gruß an die 100jährige DOMOWINA

Als wir die Nägel für das Haus der Sorben bargen und klopften

Nägel, Nägel ... Jeder weiß, was darunter zu verstehen ist. Unerläßlicher Baubedarf, ob für das Eigenheim, das Gartenhaus oder zu Reparaturzwecken ... Aber 1949 und noch viele Jahre später waren diese im Bauwesen unersetzbaren Elemente oftmals eine Rarität. Schon gar nicht kam es in Frage, krumme Nägel wegzuwerfen. Das wäre Sünde gewesen. Was aber hat dies mit dem Haus der Sorben in Bautzen zu tun?

1948 trat ich in die Grundschule ein und wurde Junger Pionier der damaligen Pionierfreundschaft "Gerhart Hauptmann" in Göda, Kreis Bautzen. Von Haus aus zur Sparsamkeit erzogen - Mutter mußte nach den Wirren des Krieges mit uns zwei Kindern allein zurechtkommen und verdiente den kargen Lebensunterhalt als Landarbeiterin, später als erste und langjährige Schulspeisungsköchin in Göda -, nahm auch ich jede Möglichkeit zum Mithelfen wahr. Gerne erinnere ich mich auch an meinen Opa Johann Schreiber, der oft sorbisch mit mir sprach, wobei auch vom Haus der Sorben die Rede war. So erfuhr ich frühzeitig dessen Geschichte. Am Ende des Zweiten Weltkrieges noch sinnlos zerstört, sollte es wieder aufgebaut werden.

Da der SMAD-Befehl 209 für den Kreis Bautzen aber vorsah, 330 Neubauernhöfe einzurichten, stand das Haus der Sorben nicht im Mittelpunkt.

Anfang März 1949 stellte der Bautzener Kreistag fest, daß seit Beginn des Neubauernprogramms auf seinem "Hoheitsgebiet" insgesamt 1313 Tonnen Kalk, 537 Tonnen Zement, 5.856.000 Mauersteine, 128.000 Brunnensteine, 8.615.000 Dachsteine, 10.560 Quadratmeter Glas, 3132 Kilogramm Kitt sowie 5700 Kilogramm Farben und Lacke verbaut wurden und 345 Höfe übergeben werden konnten. Die Jungen Pioniere halfen hier tatkräftig mit. Auf ihrer ersten Kreiskonferenz im Jahre 1949 wurde zu einer Nägelsammlung aufgerufen, die bis 1953 ihren Fortgang nahm.

Alte, zusammengefallene Scheunen, Holzreste, Ruinen wurden abgesucht, um Nägel zu ziehen, diese geradezuklopfen und zu sammeln. Nicht selten drohten dabei Unfälle. In Göda sammelten wir die Nägel für einen speziellen Zweck: Im Mai 1953 übergaben wir 5000 Stück zum Wiederaufbau des Hauses der Sorben am Bautzener Postplatz.

Die sorbische Tageszeitung "Nowa Doba" berichtete darüber am 19. Mai 1953. Das Foto auf dieser Seite zeigt die feierliche Übergabe des ersten Kartons "geradegeklopfter" Nägel. Zugegen war Kurt Krenz, Porzellandreher, später Steinbrucharbeiter, dann Vorsitzender der DOMOWINA, sowie unser damaliger Pionierleiter Hubert Heller. Die seinerzeit beteiligten Pioniere haben heute bereits ihr Arbeitsleben abgeschlossen. Es war in das Werden und Wachsen der DDR eingebettet.

Wer sind die hier abgebildeten Mädchen und Jungen? Hansgeorg Große aus Stiebitz wurde Eisenbahner; Dieter Rost - Bildmitte - arbeitete langjährig an leitender Stelle im Landmaschinenkombinat Fortschritt; Marlen Herberg war Kaufmännische Angestellte bei der BHG Seitschen und Gisela Hasche kam aus Kleinförstchen.

Wer kann heute noch ein solches Engagement nachvollziehen? Es erinnert an eine schwere, aber erfüllte Zeit! Wenn ich in Bautzen vor dem Haus der Sorben stehe, denke ich stets daran. So war es auch am 100. Jahrestag der DOMOWINA.

Prof. Dr. oec. Dipl.-Ing. Dieter Rost, Kirschau

Unser Autor war Nationalpreisträger für Wissenschaft und Technik der DDR.

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Berlin aus meinem Blickwinkel

Berlin ist mit 3,5 Millionen Einwohnern die bevölkerungsreichste und mit rund 892 km² die flächengrößte Stadt Deutschlands. Spree, Havel, zahlreiche Seen und Wälder umgeben sie. Universitäten, Forschungseinrichtungen und Museen genießen internationalen Ruf. Hier leben Kunstschaffende, Diplomaten, Firmengründer, Einwanderer aus aller Welt und Einheimische. Die Geschichte, das Nachtleben, die Architektur und die vielfältigen Lebensbedingungen sind weltbekannt.

Der Ostteil war früher Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik. Seit 1990 ist Berlin Hauptstadt der BRD. Der Deutsche Bundestag brauchte neun Jahre, der Bundesrat sogar zehn, um aus Bonn hierher umzuziehen.

Darüber war ich zunächst verwundert. Heute verstehe ich, warum die ruhige, beschauliche Provinz so zögerlich verlassen wurde. Es genügt ein Blick in Zeitungen vom 8. Oktober 2012. Schon aus den Schlagzeilen erfahre ich allerlei Neues:

Senioren seit 100 Tagen in Stiller Straße, hartnäckige Altbesetzer wollen ihren Klub und damit ihre soziale Lebensqualität nicht aufgeben. Die sind aber auch stur!

Wegen der wiederum verschobenen Eröffnung des Flughafens will der Bund noch einmal 312 Millionen Euro zuschießen. Ob das beim Schießen in Drittländern eingespart wird?

In Berlin werden 35.000 Haushalte mit Wohngeld unterstützt. Da haben die wohl keine auskömmliche Arbeit?

Ballereien in der Hauptstadt. Mehrere Menschen durch Schüsse und Übergriffe verletzt. Reden die hier von Berlin oder vom Wilden Westen?

Schulessen in der Debatte. Warum bekommen unsere Kinder tiefgefrorene Erdbeeren aus Fernost auf den Teller und nicht frische Äpfel und Rhabarberkompott? Das möchte ich gern wissen.

Arbeitsniederlegung bei Cinemaxx. Die Streikenden sind ausgesperrt worden, das Kino am Potsdamer Platz hat Leiharbeiter eingesetzt. Na, das wäre auch zu peinlich, wenn im weltoffenen Berlin am Potsdamer Platz ausgerechnet das 3-D-Kino ausfiele, nur weil die Service-Kräfte mit einem Stundenlohn von 8 Euro nicht leben können.

Sturm legte S-Bahn lahm. Aber das ist nun wirklich nichts Neues!

Weshalb Berlin eine der meistbesuchten Städte Europas ist? Keine Ahnung! Die Bonner jedenfalls wußten schon, warum sie sich damals Zeit gelassen haben.

Edda Winkel, Hönow

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Unangepaßte Überlegungen

Auf die Gefahr, nicht immer den Nerv aller RF-Leser zu treffen

Mitte Oktober erschien in der "jungen Welt" eine Rezension des Buches "Stalin. Geschichte und Kritik einer schwarzen Lüge" aus der Feder des italienischen marxistischen Philosophen und Historikers Domenico Losurdo. Sie erinnerte mich an eine vorjährige Diskussion im "RotFuchs". Dabei ging es um die von einem Genossen aufgeworfene Frage, ob die Oktoberrevolution in Rußland nicht zu früh gekommen und dadurch Ursache späterer Fehlentwicklungen gewesen sei. Der allgemeine Aufschrei im "RotFuchs" ließ mich damals von einer Stellungnahme Abstand nehmen.

Dabei mußte doch jedem auffallen, daß ausgerechnet das rückständige Rußland zum Schauplatz der ersten sozialistischen Revolution in der Menschheitsgeschichte geworden ist. Der Industriekapitalismus war dort erst wenig entwickelt, woraus folgte, daß es eine für dieses riesige Land verschwindend kleine Arbeiterklasse gab. Die Revolution siegte dennoch, weil Lenin eine Vielzahl anderer Faktoren berücksichtigte. Es gelang, die unter dem zaristischen Feudalismus geknechteten Bauern als wichtigste Verbündete zu gewinnen. Auch die kriegsmüden Soldaten richteten ihre Waffen gegen den inneren Feind. So konnte die Revolution in Rußland vollzogen werden, während sie in den industrialisierten westeuropäischen Staaten mit einer weitaus größeren und besser organisierten Arbeiterklasse in Anfängen steckenblieb. Die Unterstützung durch das dortige Proletariat blieb aus, andererseits aber verbündeten sich die kapitalistischen Staaten gegen Sowjetrußland und überzogen es auf Jahre mit ihrer Intervention. Das durch Weltkrieg und Konterrevolution geschwächte Land wurde schließlich auch damit fertig. In der Folge dieses Sieges ergab sich fast zwingend die Notwendigkeit beschleunigter Industrialisierung. Sie brachte das Land zwar voran, verlief aber nicht konfliktlos und ohne Folgen.

Als wir nach dem Sieg der Sowjetunion über den Hitlerfaschismus unsere eigene Revolution gewissermaßen in den Schoß gelegt bekamen, war die Lage der DDR völlig anders. Ein hochindustrialisiertes, aber ausgeblutetes Land mit einer von der faschistischen Ideologie infizierten Bevölkerung sollte die ersten Schritte in eine noch ferne und unbekannte sozialistische Zukunft tun.

Die aus der Emigration zurückgekehrten Genossen unterschätzten nach meiner Ansicht die Komplexität der Situation. Sie sprachen sofort von der Befreiung des deutschen Volkes. Das war zwar sachlich richtig; aber die meisten Deutschen konnten diesen Gedanken damals noch nicht nachvollziehen. Sie empfanden sich als Kriegsverlierer und fürchteten "die Rache der Russen". Natürlich gab es auch Freude und Optimismus bei den Überlebenden der Konzentrationslager und jenen, welche sich zu Zeiten Hitlers hatten ducken müssen, um Verhaftung und Folter zu entgehen. Die aus der UdSSR zurückgekehrten Genossen brachten aber auch dortige Erfahrungen mit, die den Bedingungen im eigenen Land nicht immer entsprachen. Das führte zu Mißverständnissen und Gegenreaktionen.

Am 17. Juni 1953 wurde aus dem berechtigten Aufbegehren gegen administrative Maßnahmen eine konterrevolutionäre Aktion, die faschistische Elemente anführten und die von DDR-feindlichen Organisationen in Westberlin und der BRD gesteuert wurde. Spätestens danach hätte die SED-Parteiführung die Lage und ihre Politik gründlich überdenken müssen. Kriegsschäden und Reparationen, die an die Sowjetunion zu leisten waren, ließen keinen Spielraum für große Schritte zum Sozialismus. Irritierend war in meinen Augen auch die oft mechanisch wiederholte Losung, "Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen". Für mich war das ein Leitspruch unter vielen, bis ich auf Beschluß der Partei die Leitung des Hauses der Deutsch-Sowjetischen-Freundschaft in Gera übernahm. Die Erfahrungen, die ich in unseren Partnergebieten Pskow und Rostow am Don sowie bei vertrauensvollen Gesprächen mit Genossen des damaligen Generalkonsulats der UdSSR in Karl-Marx-Stadt sowie mit Offizieren der Sowjetarmee sammelte, ließen bei mir Zweifel an der Richtigkeit der erwähnten Losung aufkommen.

Die ins Auge springende Rückständigkeit der UdSSR auf vielen Gebieten konnte in den 80er Jahren nicht mehr nur mit den Folgen des faschistischen Raubkrieges erklärt werden. In dieser Zeit reichte es nicht aus, in Zweigen in der Rüstungsindustrie und bei der Erforschung des Weltraumes Spitzenleistungen zu vollbringen. Ich erinnere mich eines Gesprächs mit einem Sowchos-Direktor im Rostower Gebiet, der sich über Mähdrescher aus sowjetischer Produktion empörte und sie gegen solche aus der DDR umtauschen wollte.

Die DDR war für sowjetische Menschen auf etlichen Gebieten zum Maßstab geworden. Das empfanden vor allem Leiter und Funktionäre der mittleren Ebene. Sie sprachen mir gegenüber ganz offen davon, daß sie die Erfahrungen aus ihren DDR-Kontakten - besonders auf landwirtschaftlichem Gebiet - nicht missen wollten. In Moskau sah man das offensichtlich nicht gern.

Leider war das in Berlin ähnlich, sonst hätten wir oftmals widersinnige, unter unseren Bedingungen ungeeignete "Erfahrungen" wie den Bau von Rinderoffenställen nicht in Nibelungentreue nachgeahmt. Im Ergebnis dieser Einstellung gelang es uns nicht, in der Sowjetunion begangene Fehler zu vermeiden. - Während die sowjetische Besatzungszone die Reparationsleistungen an die UdSSR für ganz Deutschland erbrachte, wurde die westdeutsche Trizone mit den Dollarmilliarden der Marshallplan-"Hilfe" aufgepäppelt. Dabei blieb sie mit dem Osten durch Millionen Fäden verbunden. Als in der DDR mit dem Aufbau des Sozialismus begonnen wurde, verwandelte sich die BRD in den stärksten und effektivsten kapitalistischen Staat Europas. Das Ganze vollzog sich unmittelbar vor unserer Haustür. Daraus entwickelte sich eine verhängnisvolle Sogwirkung, der viele DDR-Bürger nicht widerstehen konnten. So war der Prozeß einer allmählichen Bevölkerungs-Erosion selbst nach dem Bau der Mauer nicht aufzuhalten.

Das 40 Jahre währende Bemühen der DDR, in einem entwickelten Industrieland den Sozialismus aufzubauen, stellte unter diesen Bedingungen eine große Leistung dar. Zweifel, ob dies gelingt, hatten wir eigentlich nicht. Es zeigte sich indes, daß der Kapitalismus nach wie vor über enorme Ressourcen verfügt, die er skrupellos einsetzt.

Vieles deutet darauf hin, daß das Finanzkapital dabei ist, die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen zu zerstören. Gelingt das nächste Mal eine Revolution in Europa? Beginnt sie wieder in einem unterentwickelten Land? Vielleicht in Hellas?

Ziehen wir Bilanz: Die Vorkommen aller wichtigen Metalle sind auf ein Minimum zusammengeschrumpft. Erdöl und Erdgas werden weiter täglich vergeudet und dürften in absehbarer Zeit erschöpft sein. Der noch immer von vielen Menschen bestaunte und verherrlichte Kapitalismus hinterläßt uns einen ausgeplünderten Planeten, der nur bei größten Anstrengungen und mit noch nicht absehbaren Opfern bewohnbar bleibt. Unter diesen Bedingungen den Ausweg zu finden, den Kapitalismus zu überwinden und weltweit den Sozialismus aufzubauen, ist eine gewaltige Herausforderung. Unsere Enkel müssen ihr gerecht werden, wenn die Menschheit überleben soll.

Günter Glante, Gera

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RF-Extra

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

Bekenntnisse des "schwererziehbaren" Torsten R.

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"Das Grüne Ungeheuer" in Guatemala

Ein "Straßenfeger" des DDR-Fernsehens feierte 50 Jahre nach seiner Premiere Triumphe

Als Halbwüchsiger war ich vernarrt in die spannenden Indianer- und Abenteuergeschichten von Karl May. Wir tauschten seine atemberaubenden Erzählungen untereinander aus und lasen sie in den Nächten mit der Taschenlampe unter der Bettdecke bis zum Morgengrauen. Erst als wir vernahmen, daß dieser von uns so sehr Verehrte nicht ein einziges dieser Abenteuer selbst bestanden, nicht eine dieser phantastischen Gegenden persönlich je gesehen, geschweige denn bereist hatte, schlug unsere liebevolle Zuneigung jäh in grenzenlose Verachtung um. Wie kann ein ehemaliger Schullehrer auf so niederträchtige Weise eine ganze Generation junger Menschen hinters Licht führen und beschwindeln! Karl May war für viele von uns verfemt, erledigt und gestorben.

Vor mehr als einem halben Jahrhundert befand ich mich dann selbst in einem ungewöhnlichen, ja geradezu fatalen Dilemma. Es verfolgte mich bis in das vergangene Jahr, und ich war außerstande, ihm auszuweichen. 1961 bot man mir an, das "Grüne Ungeheuer" für das DDR-Fernsehen zu verfilmen. Ich kannte zwar das spannende und abenteuerliche Buch des verdienstvollen Schriftstellers Wolfgang Schreyer und ein schon vorliegendes Szenarium von P. H. Freyer, hielt es aber, wie alle vor mir damit befaßten Kollegen, für eindeutig unverfilmbar.

Mittelamerika! Blauer, wolkenloser Himmel, Palmenhaine und Bananenplantagen, weiße Haziendas und aus alten Brettern und Lumpen zusammengezimmerte Elendshütten. Sattes Dschungelgrün und dunkelhäutige, von Indianern und Azteken abstammende Ureinwohner sowie eine Menge Komparsen, die auch optisch das Land charakterisieren sollten. Wie in aller Welt sollte das umgesetzt werden?!

Der Gedanke, kurz nach dem Bau der Berliner Mauer im kapitalistischen Ausland drehen zu können, wäre utopisch gewesen. Ich blieb also bei meiner konsequenten Ablehnung.

Man ließ aber nicht locker. Unter der sachkundigen und Wissen vermittelnden Anleitung kompetenter Mitarbeiter unseres Außenministeriums rückte mir das Land Guatemala - ohne daß ich es je gesehen hatte - immer näher. Schließlich fing ich Feuer. Mir war indes klar, daß dieser erste Fünfteiler des DDR-Fernsehens, den wir drehen sollten, kein Experiment war, sondern ein Wagnis mit ungewissem Ausgang. Wir wollten unseren Zuschauern etwas bieten: Spannung, Abenteuer, Exotik, Liebe, fremde Länder mit Palmen, geheimnisvollen Dschungel und ewig blaues Meer. Aber wir wollten auch zeigen, was sich oft hinter dieser Traumkulisse verbirgt: Ausbeutung des Landes und der Bevölkerung, Neokolonialismus und moderne Sklaverei.

Hintergrund der Handlung ist der von der CIA organisierte Sturz des guatemaltekischen Präsidenten Jacobo Arbenz Guzmán im Rahmen der militärischen "Operation Success" im Juni 1954. Die United Fruit Company hatte damals das Monopol für den Bananenhandel in Mittel- und Teilen Südamerikas. Sie verfügte über eigene Frachterflotten und Eisenbahnlinien. Sie hatte eine tief verwurzelte und langanhaltende kommerzielle und politische Macht in den sogenannten Bananenrepubliken und war im Hintergrund an ungezählten Revolten und Umstürzen in lateinamerikanischen Ländern beteiligt.

Das Volk nannte sie nur La Bestia Verde, das "Grüne Ungeheuer". Dieser gigantische Konzern war der eigentliche Herrscher in den dortigen Regionen und wurde insgeheim wie offiziell von den USA unterstützt. Plantagen von ungeheurem Ausmaß befinden sich noch heute über Guatemala hinaus in Costa Rica, Honduras, Panama und Kolumbien im Besitz des US-Superkonzerns United Brands, wie er nach einer Fusion inzwischen heißt. Klagen wegen Kinderarbeit, sexueller Belästigung, Einsatz von Pflanzengiften, verschmutztem Trinkwasser und fehlendem Arbeitsschutz werden brutal abgeschmettert. Man rechnet mit weit mehr als 100.000 Todesopfern durch die Putsche und das Wüten der Todesschwadronen.

Mit diesen realen Vorgängen war meine fiktive Handlung eng verflochten: Ein junger Pilot, ehemals Unteroffizier der Luftwaffe Görings und Hitlers, gerät bei der Arbeitssuche unbewußt in ein kriminellpolitisches Unternehmen, das im Auftrag der United Fruit Company am Sturz der rechtmäßigen Regierung beteiligt ist.

Die Dreharbeiten gestalteten sich großenteils äußerst schwierig. In meinem hochbegabten jungen Kameramann Hartwig Strobel, der in Moskau ausgebildet worden war, und mit dem ich kurz zuvor "Das vielgeliebte Sternchen" gedreht hatte, und dem Filmarchitekten Ernst Pech, einem begnadeten Improvisator, hatte ich einfallsreiche Mitstreiter. Ihnen und einem bis an die Grenzen ihrer Möglichkeiten einsatzbereiten Arbeitsstab hatte ich es zu verdanken, daß der Film - auch in einer gekürzten Fassung für das Kino - selbst kritischen Augen standhalten konnte. Mit einer Ladung Kunststoffpalmen und einem LKW voller Pappkakteen aller Größen und Formen sorgten sie mit anderen äußerlichen Attributen für mittelamerikanisches Flair.

Unser Film-Partnerland Bulgarien mußte nicht nur für diesen, sondern auch für meine weiteren Südamerika- und Spanienfilme eine glaubhafte Kulisse abgeben. Berge, Schluchten, Wasserfälle, Kriegsgeschehen. Den Dschungel ersetzte das damals noch undurchdringliche Flußdelta des Ropotamo, der unweit der türkischen Grenze ins Schwarze Meer fließt. Wir falteten nachts aus weißem Papier Orchideen und Lianen und hängten sie am Tage in das dichte Baumgewirr. Behelfsmäßige Knüppeldämme, die wir selbst legten, waren unser täglicher Anmarschweg aus zum Teil noch sehr primitiven Unterkünften. Für unterwegs nahm sich jeder an den Arbeitstagen ein Stück Brot, Tomaten und Zwiebeln mit. Weintrauben brachte uns die einheimische Requisite. Die Bulgaren unterstützten uns freundschaftlich und nach besten Kräften. Die Verständigung war wie Trommeln im Urwald, ohne Telefon und Sprechfunk. Aber alle waren mit Feuereifer und Leidenschaft bei der Arbeit. Ich hatte mit Wilhelm Koch-Hooge, Eva-Maria Hagen, Fred Düren, Erik S. Klein, Ivan Malré, Gerd Biewer, Joachim Tomaschewsky, Gerd Ehlers, Wolfgang Greese und vielen anderen - auch bulgarischen - namhaften Schauspielern eine überzeugende Darstellergilde, die all die Unbilden der Dreharbeiten mit hohem persönlichem Einsatz überwinden half.

Die blutjunge Schauspielerin Kati Szekely, von herrlich naiv-jugendlichem Zauber, wurde mit dem etwas herb wirkenden norddeutschen Jürgen Frohriep der Mittelpunkt der Serie. Nie vergessen konnte ich den kühlen Kommentar eines unserer Chefs, der nach der letzten Studioabnahme sarkastisch äußerte: "Nicht schlecht. Aber glücklicherweise liegt Guatemala weit hinter dem Atlantik." Eigentlich hatte er ja recht, denn eine Überprüfung der wirklichen Gegebenheiten und der optischen Übereinstimmung war für unser Publikum kaum möglich.

Die Serie war damals ein großer Erfolg mit erwiesenermaßen starker Resonanz in der Bevölkerung. Bei Fernseh- und Kinozuschauern wurden Kati Szekely und Jürgen Frohriep zu Publikumslieblingen.

Und doch! Mein früherer Karl-May-Komplex ließ mich nicht los. Ein leichtes Unbehagen blieb immer noch. Ich hatte wegen der Unzulänglichkeit der optischen Mittel lange Zeit ein schlechtes Gewissen.

Erst Jahre später, als ich übermüdet und abgeschlafft nach Mitternacht von Babelsberg nach Hause fuhr, hörte ich Erich Selbmanns vertraute Korrespondentenstimme im Radio: "Heute Abend sind zum vierten Mal Moskaus Straßen leer. Und das wird auch morgen der Fall sein, wenn der fünfte Teil des Straßenfegers ..."

Da kroch mir ein ganz leichtes Gefühl der Befriedigung über den Rücken. Moskau! 10 Millionen Einwohner, Kati und Jürgen auf Russisch! Ich konnte es mir nicht vorstellen, aber es war ein klitzekleines Glücksgefühl im banalen Filmalltag. Und mein Gewissen legte sich langsam und sicher zur Ruhe.

Mehr als ein halbes Jahrhundert war vergangen, als ich vor einiger Zeit einen Anruf des bekannten Dokfilmregisseurs Uli Stelzner erhielt. Er müsse mich dringend sprechen. Ich sagte zu, obwohl mir sein Drängen nicht verständlich war. Stelzner ist als ausgewiesener Kenner der Verhältnisse in Mittel- und Südamerika bekannt. Er lebt und arbeitet längere Zeiten vor Ort und dreht mit großem innerem Engagement sozialkritische Dokumentationen. Unbeirrt setzt er sich gegen Armut und für Gerechtigkeit ein, obwohl er damit auch schon in lebensbedrohliche Situationen geriet. Nach einer knappen Stunde stand er vor mir. Weniger als halb so alt, dafür aber um die Hälfte größer als ich strahlte er mich an und überreichte eine Einladung für mich und meine Frau. Nach GUATEMALA!

Ehe ich meine Sprachlosigkeit überwinden konnte, erklärte er mit begeisternden Worten, daß in der Hauptstadt Guatemala City ein Filmfestival unter dem Titel ERINNERUNG - WAHRHEIT - GERECHTIGKEIT stattfinden werde. Dort sollten zehn Tage lang Filme aus Lateinamerika und Europa gezeigt werden, die "Verdrängtes ans Licht bringen", wie es in der Ankündigung hieß. Als Mitglied des Organisationskomitees verkündete Stelzner nun stolz und mit der erklärten Absicht, mir eine große Freude zu bereiten: "... und Ihre fünfteilige Serie 'La Bestia Verde' wird zwei bis drei Tage lang an hervorragender Stelle eingesetzt werden."

Totenstille. Ich starrte ihn an. Es dauerte einige Sekunden, bis diese Nachricht mit ihren Konsequenzen in mich hineinsickerte. Meine Frau ahnte schon, was kommen würde. Da sprang ich auf, daß die Kaffeetassen klirrten und sagte bedrohlich leise: "Herr Stelzner! Ich kann leider ihre Bemühungen nicht achten. Dieser Film, der unter Improvisationsbedingungen zustande gekommen ist, die so haarsträubend waren, daß sich heute niemand ein Bild davon machen kann, wird niemals in Guatemala laufen! Ich kann und werde nicht zulassen, daß unsere ehrlichen Bemühungen von damals dem Gespött preisgegeben werden. Palmen aus Pappe, unrasierte, auf alt geschminkte Potsdamer Studenten als arme Guatemalteken, Kakteen, Bananenstauden und Apfelsinenbäume aus angemalter Knetmasse, Uniformen, die unserer Phantasie entsprangen, von Fahrzeugen, Haziendas, Plantagen und Elendshütten ganz zu schweigen."

Meine Stimme hatte sich inzwischen zu früherer Atelier-Lautstärke gesteigert. Meine Frau holte vorsorglich die Blutdrucktabletten aus dem Schlafzimmer. Ich endete: "Ihre Bemühungen und Ihr guter Wille in Ehren, Herr Stelzner, aber die Zuschauer vor Ort kämen sich veralbert und verkohlt vor." Ich war außer Atem und setzte mich.

Dann antwortete Stelzner in aller Ruhe: "Verehrter Herr Kurz. Sie haben weder Einspruchs- noch Unterlassungsrecht. Wir haben von dem juristisch dafür zuständigen Filmarchiv die Aufführungsrechte bekommen. Der Film ist in allen seinen Teilen schon mit spanischen Untertiteln versehen und liegt in Guatemala bereits am Aufführungsort vor. Die dortigen Verantwortlichen haben ihn inzwischen gesehen und sind begeistert, da alle politischen und historischen Fakten sowie die folkloristischen Umstände wahrheitsgetreu gestaltet sind und die Handlung voller Spannung ist. Wir haben auch eine Zeitungsbeilage in 10.000 Exemplaren mit dem Titel 'Guatemala en la RDA' - Guatemala in der DDR - vorbereitet, mit Fotos, Einführungstexten und Berichten über meine Begegnung mit Ihnen und Wolfgang Schreyer.

Die guatemaltekische Gesellschaft soll wissen, wer die Macher sind und wie sie heute leben. Man erwartet nun, Sie selbst und Ihre Gattin in Guatemala begrüßen zu dürfen. Man hofft auf Ihre Teilnahme an der Aufführung, an den anschließenden Publikumsforen und eventuellen Vorträgen."

Es dauerte eine kleine Weile, bis ich das alles verdaut hatte. Dann freute ich mich über diese unvorhergesehene Wendung. Der Rest war Kalkulation mit den bekannten Faktoren: Alter, angeschlagene Gesundheit, Streß der 20-Stunden-Flüge, Aufregung bei den Veranstaltungen ... Schweren Herzens mußten wir absagen. Ich hätte nur allzu gern von diesen späten Früchten genossen.

Was bleibt? Ich zitiere Stelzner: "Das Festival war in jeder Beziehung ein großer Erfolg. Das 'Ungeheuer' wurde von vielen Zuschauern gesehen. Podiumsdiskussionen mit Historikern, Filmkritikern und einheimischen Filmemachern folgten. Das Publikum bestand aus drei Generationen. Eine große Zahl älterer Menschen, welche die Zeit selbst erlebt haben, aber auch viele Erwachsene, die ihre Kinder mitbrachten.

Die Diskussion dauerte über zwei Stunden, und das Seltsame war, daß am Ende niemand gehen wollte und viele auf die weiße Leinwand blickten, als ob die Geschichte sie nicht losließe. Die Presse war entsprechend begeistert. Auch wenn der Film über 50 Jahre alt ist, so hat er für die Menschen hier eine große Bedeutung."

Stelzners Bericht endet: "Ich möchte mich im Namen des Publikums und aller Betrachter der DVDs, die wir hergestellt haben, bei Ihnen und dem gesamten seinerzeitigen Team bedanken. Ihre Interpretation und Darstellung der Geschichte ist die bisher einzige in Spielfilmform, welche die Ereignisse von damals aus der Sicht des Volkes beschreibt!"

Nachdenklich und ein bißchen stolz bin ich schon, daß ich hier einen Fingerabdruck hinterlassen habe, der an die Haltung unseres verschwundenen Landes erinnert.

Rudi Kurz

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"Granma" interviewte Ammar Bagdache

Syriens KP-Generalsekretär würdigt Haltung Rußlands und Chinas

Ammar Bagdache, Generalsekretär der Syrischen KP, erklärte unlängst in einem Interview mit der kubanischen Tageszeitung "Granma", seine Partei kämpfe in erster Linie für die Bewahrung der nationalen Unabhängigkeit, der staatlichen Souveränität und der antiimperialistisch-patriotischen Linie. Mit ihrer Haltung folge die SKP der Orientierung ihres historischen Führers Khaled Bagdache.

Der KP-Generalsekretär bewertete - von "Granma" dazu befragt - die Rolle Rußlands und Chinas im gegenwärtigen Konflikt. Beide Staaten verfolgten zweifellos ihre eigenen geostrategischen Interessen, wobei sie dem auf sie ausgeübten massiven Druck der Vereinigten Staaten bisher standgehalten hätten. Ihre Ziele stimmten mit den Interessen des syrischen Volkes und den Erfordernissen der Abwehr einer gegen Damaskus gerichteten Verschwörung imperialistischer Mächte und ultrareaktionärer arabischer Staaten überein.

Anders bewertete Ammar Bagdache die Haltung der UNO und ihres Generalsekretärs, des früheren südkoreanischen Außenministers Ban Ki Moon, der den Instruktionen aus Washington sehr diszipliniert folge. Auch die Missionen der beiden UN-Sondergesandten Kofi Annan und Lakdar Brahimi stießen bei den syrischen Kommunisten auf Ablehnung, da sie der Assad-Regierung jene Instrumente zu entziehen trachteten, die zur Verteidigung der nationalen Souveränität unverzichtbar seien.

Die britische Zeitung "The Morning Star" analysierte in einem ausführlichen Beitrag einige innenpolitische Ursachen der aufs äußerste angespannten Situation in Syrien. Der Charakter der Unruhen habe sich im Laufe der Zeit gewandelt. Aus anfangs spontanen Protesten seien ein bewaffneter Konflikt und ein voll entfalteter Bürgerkrieg mit massiver ausländischer Einmischung geworden.

Nachdem in den 70er Jahren Hafez al-Assad, der Vater des heutigen Präsidenten, an die Macht gelangt war, veränderte sich Syriens politisches und ökonomisches System im Sinne einer Stärkung der nationalen Unabhängigkeit und eines höheren Grades an sozialer Gerechtigkeit. An der Frontlinie zu Israel gelegen, sei das Land zu einer regionalen und arabischen Macht ersten Ranges geworden, urteilte der "Morning Star". Der rasche Ausbau des nationalisierten Wirtschaftssektors habe eine spürbare Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung und eine zügige Modernisierung des Landes zur Folge gehabt. Dieser Prozeß sei durch eine Bodenreform untersetzt worden.

Anfang der 70er Jahre verstärkte Hafez al-Assad die Zusammenarbeit mit der Sowjetunion auf allen Gebieten. 1972 nahm er die bis dahin illegale Kommunistische Partei in die regierende Nationale Progressive Front auf, zu der bereits die tonangebende Arabische Sozialistische Baath-Partei, Nasseristen, Nationalisten und andere Gruppierungen gehörten. Damit verbreiterte er die Massenbasis des progressiven Regimes erheblich.

Ihrerseits konnte die KP ihren legalen Status dazu nutzen, sich für die Vertiefung der gesellschaftlichen Veränderungen einzusetzen. Zugleich waren ihr aber Fesseln angelegt, da sie nur in den von der Baath-Partei gezogenen Grenzen operieren durfte. Damals bezeichneten die Medien der Sowjetunion und der Länder des Warschauer Vertrages Syrien als "Land mit sozialistischer Orientierung" und erhoben die syrische Baath-Partei in den Rang "revolutionärer Demokraten".

Trotz bedeutender Errungenschaften machten sich am Beginn der 80er Jahre erste Vorboten einer heraufziehenden innenpolitischen Krise bemerkbar. Ihre Symptome waren ein Rückgang staatlicher Investitionen, eine Vernachlässigung der Landwirtschaft, die "Liberalisierung" des Handels und die Vorrangstellung des Dienstleistungssektors gegenüber der Industrie. Der "Freihandel" gestattete es ausländischen Konzernen, immer mehr einheimische Erzeugnisse vom Markt zu verdrängen.

Auch der Sektor mit staatskapitalistischem Charakter blieb von Zersetzungserscheinungen nicht unberührt. Korruption und Schwarzmarkt spielten eine zunehmende Rolle. Der marxistische Ökonom Qadri Jamil urteilt, in diese Kanäle seien zwischen 20 und 40 % des syrischen Bruttoinlandsprodukts abgeflossen. Die Arbeitslosigkeit - besonders unter Jugendlichen - stieg dramatisch an. All das untergrub das Vertrauen vieler Syrer in die Regierenden und verschaffte der inneren Reaktion wie feudalen arabischen Golfstaaten und den imperialistischen Mächten die Möglichkeit, Öl ins Feuer zu gießen.

Leider war auch die von Damaskus verfolgte Außenpolitik nicht frei von Schwankungen und negativen Entscheidungen. Dazu gehörte 1976 das Eingreifen Hafez al-Assads in den libanesischen Bürgerkrieg, was nicht zugunsten linker Kräfte und der Palästinenser geschah. Auch die Haltung gegenüber den USA im Golf-Krieg 1990/1991 wie beim Angriff auf Irak waren für Damaskus keine Ruhmesblätter.

Trotz solcher Schattenseiten, die man weder unterschlagen noch überbewerten sollte, nahm die syrische Führung insgesamt eine auf die Bewahrung der nationalen Unabhängigkeit des Landes gerichtete antiimperialistische Haltung ein.

Heute bilden die Vereinigten Staaten, Frankreich, Großbritannien und die BRD eine internationale Phalanx zum Sturz Assads und zur Installierung eines dem Imperialismus hörigen Regimes wie in Libyen und Ägypten. Die "Freie Syrische Armee" und weitere von der NATO im Bunde mit Saudi-Arabien, Katar und der ultra-islamistischen Reaktion finanzierte, ausgerüstete und instruierte militärische Kräfte wurden dafür formiert.

Zum Schluß noch ein bezeichnendes Detail: Wie der "Miami Herald" am 17. Juli 2012 seine Leser wissen ließ, versorgt der israelische Geheimdienst die sogenannten Rebellenmilizen Tag für Tag mit sensibelsten Informationen, damit sie ihre Schläge gegen Damaskus besser koordinieren und Syrien noch größeres Unheil bescheren können.

RF, gestützt auf "Granma", Havanna, "The Morning Star", London, und "Solidaire", Brüssel

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Schattenboxen eines Rechtsauslegers

Wie die Konrad-Adenauer-Stiftung die ukrainischen Wahlen verlor

Im Herbst 1997 vertrat ich in Kiew auf dem Parteitag der KP der Ukraine die DKP, während Hans Modrow für die damalige PDS unter den Gästen des Kongresses Platz genommen hatte. In die Tiefe der Niederlage und des totalen Zusammenbruchs der durch die Clique Gorbatschow-Jelzin verratenen Sowjetunion geschleudert, mußten die viele Jahrzehnte lang machtausübenden ukrainischen Kommunisten nun mit der neuen Lage zurechtkommen. Petro Simonenko - damals wie heute ihr Erster Sekretär, der zuvor den Komsomol dieser Sowjetrepublik geführt hatte - verstand es, die Mischung aus Frust und Enttäuschung über die der KPU nun zugewiesene Oppositionsrolle in die Bahnen eines maßvollen Optimismus zu lenken. Nach dem Parteitag hatte ich Gelegenheit zu einem etwa zweistündigen Gespräch mit Genossen Simonenko, bei dem mich die Nachdenklichkeit und Weitsicht des Politikers beeindruckten.

Für die ukrainischen Kommunisten brachen harte und gefahrvolle Zeiten an. Während sich in der Westukraine amoklaufende Banden austobten, die dem Ungeist des einst mit den Hitler-Okkupanten kollaborierenden Faschistenführers Stefan Bandera huldigten und die Region um Lwow (Lwiw) mit Terror überzogen, gewann in Kiew eine andere Variante finsterster Reaktion die Oberhand. Auf die Farbenblindheit vieler Ukrainer spekulierend, verkauften sie ihre Bannerträger Viktor Juschtschenko und Julia Timoschenko als "Orangene Revolution". Doch dieses antirussische Marionetten-Ensemble im Dienste der USA, der EU und der NATO mußte die politische Bühne schon bald wieder räumen.

Bei den Wahlen des Jahres 2007 kam mit der mehr auf Moskau orientierten Partei der Regionen eine andere Fraktion neokapitalistischer Oligarchen ans Ruder.

Gemessen an Juschtschenkos Partei "Unsere Ukraine" und Timoschenkos Wahlblock "Vaterland", die bis heute ganz ungeniert vom westlichen Ausland gesteuert werden, stellte die Partei des ethnischen Russen Janukowitsch zweifellos das kleinere Übel dar.

Eine nüchterne Analyse der Tatsachen und deren Abwägung veranlaßte die KP der Ukraine, die 2007 auf nur 5,39 % der Stimmen gekommen war, zur taktischen Kooperation mit der auf parlamentarische Unterstützung angewiesenen nunmehrigen Partei der Regionen. Dieses Entgegenkommen wurde von Janukowitsch aus rein pragmatischen Gründen zwar begrüßt, jedoch niemals durch Akzeptanz kommunistischer Vorschläge zur Verbesserung der materiellen Lage sozial benachteiligter Bevölkerungsschichten honoriert.

Im Ergebnis der Wahlen vom 28. Oktober 2012, bei denen sich 3000 Kandidaten von 21 Parteien um 450 Parlamentssitze bewarben, ergab sich eine neue Konstellation. Die Enttäuschung etlicher Wähler über die Politik der als "Revolutionäre" maskierten Liebhaber der Farbe Orange wie des Oligarchen-Clans um Janukowitsch, vor allem aber die Rückbesinnung vieler älterer Ukrainer auf die Errungenschaften der Sowjetzeit, führte zu einem beachtlichen Anstieg der Unterstützung für die KP der Ukraine. Simonenkos Partei errang 13,8 % der Stimmen und 32 Sitze, was mehr als eine Verdopplung des kommunistischen Votums bedeutete.

Obwohl maßgebliche Kreise imperialistischer Staaten des Westens, besonders der BRD, Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hatten, um Moskau in der Ukraine das Wasser abzugraben und Janukowitsch von der Regierungsspitze zu verdrängen, konnte sich dessen Partei der Regionen mit einem Anteil von 30 % (2007: 34,37 %) als stärkste politische Kraft behaupten. Auf den zweiten Platz kam Julia Timoschenkos weißes Parteienbündnis "Vaterland" mit 25,53 % (2007: 30,71 %) - ein bemerkenswerter Stimmenrückgang, wenn man bedenkt, daß vor allem Medien und staatstragende Parteien der BRD alles unternommen hatten, um ihr wegen Korruption und Vetternwirtschaft inhaftiertes Protektionskind - die reichste Frau der Ukraine - freizubekommen und in Kiew wieder ans Ruder zu bringen. Für alle Fälle hatte Merkels CDU über die Konrad-Adenauer-Stiftung noch ein zweites Eisen im Feuer: Boxweltmeister Vitali Klitschko sollte Janukowitsch mit seiner Partei UDAR politisch k. o. schlagen.

Diesmal war sein gefürchteter Haken jedoch weniger erfolgreich. Nur 13,95 % reichten nicht aus. Das Debakel Klitschkos, der durch die BRD mit Blick auf die ukrainischen Präsidentschaftswahlen 2015 weiter in petto gehalten wird, begrub vorerst die hochgeschraubten Erwartungen seiner Manager und Trainer aus Merkels Stall.

Äußerst beunruhigend ist allerdings die Tatsache, daß die offen faschistische, antirussische und antisemitische Partei "Swoboda" bei einem landesweiten Ergebnis von 10,44 % der Stimmen auf 37 Parlamentssitze kam - fünf mehr als die Kommunisten. Das verschobene Ergebnis resultiert daraus, daß sich etliche ihrer Direktkandidaten in der Westukraine mit absoluten Mehrheiten durchsetzen konnten. Nur 50 % der Sitze werden nach dem Verhältnis- und 50 % nach dem Mehrheitswahlrecht vergeben.

Schon unmittelbar nach der Abstimmung hatte die Partei von Julia Timoschenko - durch die BRD-Medien stets als Bannerträgerin der Freiheit und Wachhund für Menschenrechte apostrophiert - bekanntgegeben, sie wolle eine Parlamentskoalition mit der rechtsradikalen "Swoboda"-Partei eingehen. Diese ist international mit den ungarischen Jobbik-Faschisten eng verzahnt. Auch der auf Berliner Empfehlung vorsichtiger taktierenden UDAR-Partei des Rechtsauslegers Klitschko wurden vom Timoschenko-Lager entsprechende Offerten unterbreitet.

K. S., gestützt auf "German Foreign Policy Newsletters" (26./30.10. 2012) und den Beitrag von Willi Gerns in "Unsere Zeit", Essen (9.11. 2012)

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Vertuschung eines Blutbads

Indonesiens Machthaber schweigen zu Massakern unter Suharto

Am 30. September 1965 putschten in Indonesien von der CIA und anderen imperialistischen Diensten angeworbene oder aufgehetzte rechte Militärs um den zum Diktator aufsteigenden General Suharto. Sie errichteten ein Jahrzehnte währendes blutiges Schreckensregiment. Wie es in einer von westlichen Medien kolportierten Version hieß, seien "patriotische Offiziere" damit einem von den Kommunisten gegen Präsident Sukarno geplanten Staatsstreich zuvorgekommen. Doch was war in Wirklichkeit geschehen?

Es trifft zu, daß die indonesische Reaktion und deren überseeische wie niederländisch-westeuropäische Schirmherren die Notbremse gezogen hatten. Nicht etwa, um einen "roten Coup" gegen den patriotischen und keineswegs antikommunistischen Landesvater Sukarno zu vereiteln, sondern um den sich abzeichnenden Prozeß der Herausbildung einer revolutionären Situation zu blockieren. Man wollte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: eine aus CIA-Sicht drohende Machtübernahme durch die außergewöhnlich einflußreiche Kommunistische Partei Indonesiens (PKI) verhindern und zugleich den beim Imperialismus in Ungnade gefallenen rechtmäßigen Präsidenten loswerden. Der Armeeputsch wurde als "legaler Machttransfer" nach dem "Verzicht" Sukarnos auf das Amt Nr. 1 ausgegeben. Die PKI - sie tendierte im sowjetisch-chinesischen Konflikt jener Jahre zu Peking - war mit nahezu drei Millionen Mitgliedern und Sympathisanten bei gewaltigem Einfluß in der Gewerkschafts- und Bauernbewegung - damals die numerisch stärkste kommunistische Partei aller kapitalistischen Länder.

Ihr weiteres Erstarken bedrohte in der Tat die Privilegien und Besitztümer der indonesischen und auswärtigen Kapitaleigner. Vor allem aber stellte sie für den US-Imperialismus und dessen mit der NATO vergleichbaren Südostasien-Pakt (SEATO) eine enorme Herausforderung dar.

General Suharto betrat mit Massenterror die politische Bühne. Ohne auch nur einen einzigen Augenblick zu zögern, kam er mit der blutigsten Konterrevolution aller Zeiten der Revolution zuvor. Hunderttausende Mitglieder und Anhänger der PKI wurden massakriert, unzählige andere in Konzentrationslagern gleichenden Dschungelcamps zusammengepfercht. Sämtliche Führer der Partei, derer man habhaft werden konnte, zerrte das Suharto-Regime vor Gericht, um mit ihnen "auf legalem Wege" abzurechnen. Fast das gesamte Politbüro der PKI mit Generalsekretär Aidit wurde so ausgelöscht.

Die sich sonst bei jeder Gelegenheit als Verteidigerin der Menschenrechte aufspielende kapitalistische Medienwelt verschwieg - bis auf ehrenhafte Ausnahmen - das nur mit den Genozid-Verbrechen des Hitlerfaschismus vergleichbare Blutbad. Kein Ruhmesblatt war auch das zurückhaltende Schweigen Leonid Breschnews, den der Vorsitzende der KP der Niederlande Henk Hoekstra um die Solidarität der KPdSU gebeten hatte und der darauf verwiesen haben soll, die holländische Bruderpartei möge sich in dieser Sache doch an die KP Chinas wenden. Um so verdienstvoller ist es, daß sich "the Beacon" (Leuchtfeuer) - die Zeitschrift der Unitarischen Kirche im australischen Melbourne - jetzt dieses bewußt unter dem Deckel gehaltenen Themas angenommen hat.

Unter der Schlagzeile "Die Bilanz der Gewalttätigkeit Suhartos muß neu gezogen werden", übernahm das couragierte kleine Blatt einen Beitrag Setyo Budis, der zuerst auf der unabhängigen Website "New Matilda" erschienen war.

Der heute 80jährige Kommunist Mulyono, seinerzeit Mitarbeiter des indonesischen Verkehrsministeriums, schildert dort, was ihm nach der Rückkehr aus zehnjähriger Haft widerfahren ist. Er erhielt eine spezielle Identitätskarte mit dem Aufdruck "ET", die ihn für jedermann erkennbar als früheren politischen Gefangenen auswies.

Wie die meisten Betroffenen hatte gegen Mulyono niemals ein gerichtliches Verfahren stattgefunden. Mit etwa 12.000 anderen Verfolgten befand er sich in einem Camp auf der Insel Buru. Alle dort Zusammengepferchten beschuldigte man der PKI-Mitgliedschaft.

Mulyono zählt zu einer Gruppe Überlebender, die den Kampf für ihre Rehabilitierung und Entschädigung aufgenommen haben. Seinen Fall betreut die in Djakarta angesiedelte Kommission für Verschwundene und Opfer der Gewalt. Das Gremium hatte beim derzeitigen indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono (SBY) zunächst Gehör gefunden. Er empfing im März 2008 sogar einige Betroffene und sicherte ihnen zu, der Staat werde "eine Lösung für zurückliegende Verbrechen gegen die Menschenrechte finden". Damals nahm sich auch Indonesiens Menschenrechtskommission (KOMNAS HAM) der Sache jener an, die 1965 von den "Säuberungen" der Armee und paramilitärischer Milizen betroffen waren. Die genaue Zahl der Ermordeten und Verschollenen konnte bis heute nicht ermittelt werden. Wie der frühere Kommandeur der besonders exponierten Terroreinheit Special Forces kurz vor seinem Tode eingestand, sind insgesamt etwa drei Millionen Indonesier in das Räderwerk der Strafexpeditionen geraten. Dabei dauerte Suhartos Putsch zur angeblichen Rettung Sukarnos vor den Kommunisten - eine Erfindung der CIA - nur eine Nacht.

Im Juli 2012 unterbreitete KOMNAS HAM dem Staatspräsidenten die Empfehlung, die Republik Indonesien solle sich öffentlich bei den Opfern des Terrors von 1965 entschuldigen und die Überlebenden wie deren Angehörige in ihre vollen Rechte einsetzen. In dem Schreiben wurden die seinerzeitigen Greuel detailliert und umfassend benannt. Auch die genauen Ergebnisse der Öffnung von 17 Massengräbern blieben dabei nicht unerwähnt. Doch SBY bewegte entgegen seiner ursprünglichen Zusage keinen Finger, um sich in der Sache zu engagieren. Er müsse sich zunächst mit anderen Regierungsinstitutionen, dem Obersten Gericht und den Parteien konsultieren, wich er aus.

Für die Zurückhaltung des Präsidenten gibt es handfeste Gründe. Etliche der Stützen des Suharto-Regimes bekleiden nach wie vor Schlüsselpositionen in Indonesiens heutiger Regierung. Sie widersetzen sich jeglichen Ermittlungsergebnissen oder Empfehlungen der Menschenrechtskommission. Ein "Wiederaufrühren alter Geschichten" bringe nichts, verkündete der stellvertretende Sprecher des Repräsentantenhauses Priyo Budi Santoso aus Suhartos Golkar-Partei. Generalstaatsanwalt Darmono teilte lakonisch mit, die Vorgänge von 1965 lägen damals wie heute "außerhalb geltenden Rechts". Rückhalt fanden solche Äußerungen bei den fanatischen Antikommunisten von Nahdlatul Ulama (NU) - Indonesiens größter islamistischer Organisation. Deren Jugendverband war an den Massenmorden von 1965 führend beteiligt. Der stellvertretende NU-Generalsekretär forderte erst kürzlich dazu auf, dem Wiedererstehen der PKI auf jede Weise den Weg zu verlegen.

Wenn auch Suharto 1998 durch die "Reformbewegung" von der Macht verdrängt wurde, bedienen sich die heute in Djakarta den Ton angebenden Konservativen nach wie vor seiner Argumente im Kampf gegen Indonesiens Linke und die Gewerkschaften. Doch diese geben nicht klein bei. Ihrem Aufruf zum Streik gegen Lohnkürzungen und Arbeitsplatzvernichtung folgten am 3. Oktober erstmals wieder drei Millionen indonesische Werktätige. In der Hauptstadt beteiligten sich etwa 200 000 Menschen an einer Demonstration unter roten Fahnen und der Losung: "Wenn wir zusammenhalten, sind wir unbesiegbar!"

RF, gestützt auf "the Beacon", Melbourne, und "Solidaire", Brüssel

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Auf der Fährte der "Grauen Wölfe"

Türkische Faschisten terrorisieren ihre Landsleute in der BRD

Die rechtsradikale türkische Partei MHP verfolgt ein klar definiertes strategisches Ziel. Sie strebt nicht weniger als ein Großreich vom Mittelmeer bis zu den Turkvölkern in Zentralasien und den Uiguren in China an. Um ihre Zwecke zu fördern, unterhält sie eine Reihe von Auslandsvertretungen, die gegen linksgerichtete Türken ohne Skrupel alle Register ziehen.

Die Turk Federasyon wurde 1978 als Europazentrale der MHP in Frankfurt/Main gegründet. Bei ihr laufen alle Fäden dieser Partei zusammen. Unter ihrem Dach operieren auch die Faschistenbanden der "Grauen Wölfe". Ihr Führer war der 1997 verstorbene Alpaslan Türkes'i.

Die Ideologie der "Grauen Wölfe" wurzelt unmittelbar in den Vorstellungen der Hitlerfaschisten. Schon 1942 veröffentlichten sie ihr Credo. Es gehe um "Türkismus" - ein Begriff, der dem "Deutschtum" der Naziterminologie entspricht. Die "Grauen Wölfe" propagieren die Überlegenheit der türkischen Rasse und Nation. Auch das ist den Vorstellungen von Goebbels und Alfred Rosenberg entlehnt. "Was ist die Quelle dieser Überlegenheit?" wird rhetorisch gefragt. Die Antwort: "das türkische Blut". Und - als läse man die Schriften der "Theoretiker" des Dritten Reiches - wird dort eine Untersuchung dazu gefordert, ob "der Türke" anderen "von Geburt an überlegen" sei. Man erfährt: "Der Türke" empfange "seine Intelligenz, seine Tapferkeit, seinen Genius sowie seine Anlagen und Fähigkeiten aus seinem Blute".

Der Text wirkt, als sei er einem Leitfaden der SS-Brutanstalt "Lebensborn" entnommen. Seit dem Parteikongreß der MHP am 31. Juli 1965 wurde Hitlers "Mein Kampf" dann auch ganz offiziell zur Pflichtlektüre der "Grauen Wölfe" und ihres Führers Alparslan Türkes'i. Dessen Stellvertreter übersetzte dann auch beflissentlich die Fibel der deutschen Faschisten ins Türkische.

Wie weit sich Ankara mit den Positionen der "Grauen Wölfe" zu identifizieren bereit war, offenbarte ein 1994 auf Empfehlung des türkischen Bildungsministeriums als offizielle Unterrichtslektüre eingeführtes Schulbuch. Darin ist ebenfalls von "rassischer Überlegenheit" die Rede.

1973 schrieb A. Türkes'i in einem von der Zeitschrift "Der Staat" veröffentlichten Artikel: "Ich habe die mir anvertraute Sache übernommen. Ohne Hindernisse zu kennen, gehe ich unseren Weg. Folgt meinem Weg. Sollte ich umkehren, schlagt mich tot. Schlagt alle tot, die unsere Sache mitgemacht haben und umkehren wollen."

Doch die Türkes'i-Leute stehen nicht allein. Mit Hilfe einflußreicher CDU/ CSU-Politiker konnte die MHP nach 1975 ihre Auslandsorganisation in der BRD völlig ungeniert aufbauen. Ende April 1978 traf Franz Josef Strauß mit A. Türkes'i zusammen. Dabei erklärte der CSU-Vorsitzende dem Übervater der "Grauen Wölfe", in der BRD müsse "ein für die MHP günstiges psychologisches Klima geschaffen werden", damit sie "in einem besseren Licht" erscheine. Bayern solle und wolle dabei die Vorreiterrolle übernehmen. Auch CSU-Innenminister Gerold Tandler stand nicht zurück. Sein pauschales Lob kam wie aus der Pistole geschossen: "Die MHP und die Türkische Föderation setzen sich für die Interessen der Türkischen Republik ein und nutzen im Rahmen der Gesetze auch die BRD."

Im Gegensatz dazu hatte der DGB-Vorstand bereits 1976 das BRD-Innenministerium warnend darauf hingewiesen, daß die Tätigkeit der MHP "Ruhe und Ordnung unter den im Lande befindlichen Türken" dadurch gefährde, "da ihre Schlägertrupps gegen politisch Andersdenkende mit äußerster Brutalität vorgehen".

Bei einem Berlin-Aufenthalt von A. Türkes'i hatte sich während einer Kundgebung in der "Neuen Welt" außer der gesamten Führungsriege der "Grauen Wölfe" auch Berliner CDU-Prominenz eingestellt. Ihr wurde der Status von Ehrengästen zuerkannt. Der von seinem Anhang frenetisch bejubelte MHP-Führer verabschiedete sich mit antikommunistischen Drohgebärden und dem Hitlergruß. Anschließend führte er ein vertrauensvolles Gespräch mit dem damaligen Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses Lorenz (CDU).

MHP-Anhänger gründeten 1979 überdies den Freiheitlichen Türkisch-Deutschen Freundschaftsverein, der sich selbst als türkische Filiale der CDU/CSU bezeichnete. Er unterhielt von Beginn an enge Kontakte zur rechtsextremistischen deutschen Szene. Unter seinen Mäzenen soll sich auch die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU befinden. In Hamburg, Berlin, Köln und Duisburg, heißt es, seien inzwischen ganze Stadtviertel unter der faktischen Kontrolle der "Grauen Wölfe". Deren Anhänger zeigen sich in aller Öffentlichkeit unter ihrem Symbol - drei Mondsicheln mit einem heulenden Wolf. Unbehelligt bedrohen sie progressiv eingestellte und internationalistisch gesinnte türkische Mitbürger durch Vorzeigen von Schuß- und Schlagwaffen, Psychoterror und Rufmord. Dem Terror der "Grauen Wölfe" sind in mehreren Ländern Europas während der letzten Jahre etliche Menschen zum Opfer gefallen.

Es ist weithin bekannt, daß die MHP und der türkische Geheimdienst MIT Hand in Hand arbeiten. Wie verlautet, werden neue MIT-Agenten bevorzugt aus dem Milieu der "Grauen Wölfe" rekrutiert.

Da hier von türkischen Faschisten - einer insgesamt verschwindenden Minderheit - die Rede ist, sei der Klarheit halber hinzugefügt: Der Faschismus ist eine Begleiterscheinung der Krise des kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems. Die Ausbeuterklasse greift zu diesem Instrumentarium, wenn andere Mittel zur Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft versagen. Mit dieser Realität wurden die Völker Europas bereits in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf grausamste Weise konfrontiert. Faschisten gibt es in nahezu allen Ländern der Welt.

In der BRD übernehmen türkische Faschisten wie die MHP und deren "Graue Wölfe" den Part des Kampfes gegen die durchaus einflußreiche türkische Linke. Der gelegentliche Zusammenprall rechtsradikaler Islamisten mit deutschen Nazis ist keineswegs ideologischer Natur. Hier spielen Vormachtbestrebungen auf beiden Seiten die entscheidende Rolle.

In der BRD engen die Medien der Bourgeoisie die nicht mehr zu unterdrückende Debatte über Faschismus und Faschisierung jetzt ganz bewußt auf das allgegenwärtige Trio der wohl nicht zufällig aufgetauchten NSU-Terroristen ein. Mit der Schilderung ihrer Untaten, die den Sicherheitsorganen seit langem bekannt waren und von ihnen unter den Teppich gekehrt wurden, suchen sie vom Wesen der Dinge abzulenken: dem wirklichen Maß der faschistischen Gefahr für die bürgerliche Demokratie in der BRD. Auch die hysterische antiislamische Stimmungsmache gehört zu dieser Inszenierung. Dabei sind die in Millionenauflage verbreiteten Korantexte, nicht aber die "Grauen Wölfe" im Visier von Polizei und Verfassungsschutz.

J. M.

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Ein Fünfsternehotel im Slum

Wie Haitis Erdbebenopfer "Hilfe" und Hohn ernteten

Als Haiti, das sich mit der Dominikanischen Republik in die Karibikinsel Hispaniola teilt, Anfang Januar 2010 von einem schweren Erdbeben betroffen wurde, boten mehrere Staaten und Hunderte Nichtregierungsorganisationen (NGOs) der ohnehin verelendeten und durch die Naturkatastrophe in noch größere Not gestürzten Bevölkerung ihre "uneigennützige Hilfe" an.

Während einige - vor allem Gruppen sofort auf die Insel entsandter kubanischer Ärzte - Großartiges leisteten, erwiesen sich andere "Helfer" als zynische Abzocker. Abermals trat der berüchtigte "Katastrophen-Kapitalismus" in Aktion: Die überwältigende Solidarität von Millionen Menschen in aller Welt, die auf Fernseh-, Rundfunk-, Zeitungs- und Website-Appelle von NGOs spontan reagiert und insgesamt enorme Summen auf angegebene Konten überwiesen hatten, wurde in übelster Manier mißbraucht. Nur ein Bruchteil der für die Erdbebenopfer bestimmten Gelder erreichte die bitterarmen Haitianer. Die Masse der Mittel versackte bei jenen, welche die Aktion angestoßen hatten. Wie die kubanische Zeitschrift "Granma Internacional" berichtete, kam von jedem gespendeten Dollar nur ein einziger Cent bei den Betroffenen an.

Die Vereinigten Staaten hatten offiziell 379 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt. Ein Hauptnutznießer war dabei das Pentagon, denn ein Großteil der Gelder wurde für die zu Einmischungszwecken unverzüglich nach Haiti abkommandierten Sondereinheiten der U.S. Army und Air Force verausgabt.

Mehr als 30 % der in spezielle UNO-Fonds für humanitäre Zwecke eingezahlten 2,4 Mrd. Dollar flossen an die beteiligten Geberländer zurück, ohne für den festgelegten Zweck - die Linderung der Not der Bevölkerung Haitis - verwendet worden zu sein.

Während so mit dem Unglück der Haitianer extraprofitable Geschäfte gemacht wurden, kam ein von der US-Regierung üppig gefördertes Projekt in Port-au-Prince allerdings gut vom Fleck: Der durch die Expräsidenten Clinton und Bush geschaffene Haiti-Hilfsfonds investierte zwei Millionen Dollar in das Luxushotel Royal Oasis, welches in einer der schlimmsten Slum-Gegenden der haitischen Hauptstadt hochgezogen wurde, um betuchten Ausländern und ranghohem NGO-Personal den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Das zehnstöckige Gebäude beherbergt - inmitten schreienden Elends - eine Kunstgalerie, drei Nobelrestaurants, eine Commerzbank und zahlreiche Geschäfte für "gehobene Ansprüche".

Im Windschatten durch das Erdbeben ausgelöster chaotischer Zustände war schon am 16. Januar 2010 auch "Baby Doc" - der nach dem Tode seines Vaters François Duvalier (Papa Doc) an Haitis Staatsspitze lancierte Jean-Claude Duvalier - nach 25jährigem Exil in Haiti eingereist. Während der Schreckensherrschaft des Duvalier-Clans hatten Papa und Baby Doc nicht nur ein Milliardenvermögen zusammengerafft, sondern auch die Mordbanden der faschistischen "Tonton Macoutes" zur brutalen Unterdrückung jeglicher Freiheitsbestrebungen der Haitianer wüten lassen. Von ihnen waren nahezu 60.000 Menschen umgebracht worden. Baby Doc, der in Frankreich, wo sonst gnadenlos Jagd auf arme Ausländer "ohne Papiere" (Les sans papiers) gemacht wird, jahrzehntelang unbehelligt gelebt hatte, war übrigens mit einem schon vor langer Zeit abgelaufenen Diplomatenpaß nach Haiti zurückgekehrt. Dort wurde er pro forma festgenommen, bevor man ihm das "Recht, in seiner Heimat zu leben", bescheinigte, das dem "auf Anraten" Washingtons ins südafrikanische Exil gezwungenen volksnahen Expräsidenten Jean-Bertrand Aristide bis März 2011 verwehrt wurde.

Im Herbst 2012 ist Haiti von dem über die Karibik hinwegfegenden Wirbelsturm "Sandy" wie Kuba schwer getroffen worden. Er forderte abermals 54 Menschenleben und nahm vielen der seit dem Erdbeben noch in Notunterkünften vegetierenden 370.000 Menschen selbst diese Bleibe.

RF, gestützt auf "People's World", New York, "The Guardian", Sydney, und "Granma Internacional", Havanna

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Britischer Kommunist beeinflußte Nehrus Denken

Rajani Palme Dutt - von seinen Genossen verkürzt RPD genannt - widmete sein Leben sowohl der britischen als auch der indischen Arbeiterbewegung. Ein hochgebildeter marxistischer Intellektueller, der seine akademischen Meriten an der Anglia Ruskin University in Cambridge erworben hatte, vertrat Palme Dutt schon in den 20er Jahren die von Lenin begründete Kommunistische Internationale bei der führend am antikolonialen Befreiungskampf ihres Volkes beteiligten KP Indiens. Von 1939 bis 1941 war er Generalsekretär der KP Großbritanniens.

Im letzten Sommer erinnerte der Parlamentsabgeordnete Sitaram Yechury, Mitglied des Politbüros der KP Indiens (Marxistisch), auf Zusammenkünften mit jungen Leuten der einst durch RPD besuchten Perse-Oberschule und Studenten in Cambridge an das verdienstvolle Wirken dieses herausragenden Kopfes der kommunistischen Bewegung. Yechury hob dabei den spezifischen Beitrag der KP Großbritanniens zur nationalen Befreiung Indiens hervor. Dessen erster Ministerpräsident nach Erringung der Unabhängigkeit von Großbritannien war Jawaharlal Nehru, der 17 Jahre bis zu seinem Tode auf diesem Posten blieb. Nehru habe stets die besondere Rolle der Kommunisten zu würdigen gewußt.

Gandhis bedeutendstem Schüler war RPD erstmals 1935 in der Schweiz begegnet. Dorthin hatte sich Nehru zu seiner im Sterben liegenden Frau begeben. Zufällig wohnten beide Männer in derselben Pension. Die langen Gespräche, welche die verschworenen Kämpfer für Indiens Freiheit dort miteinander führten, trugen dazu bei, daß sich der spätere Gründer der bürgerlichen Kongreßpartei Dutts sozialistischen Positionen in einigen Fragen näherte. Das widerspiegelte sich u. a. 1936 in Nehrus Rede bei der Auftaktveranstaltung des Indischen Nationalkongresses in Lucknow. Dort empfahl er seinen politischen Freunden ein engeres Heranrücken an die Gewerkschaften und die Bauernbewegung. "Der Kommunist mit Durchblick entwickelt in einem bestimmten Grade einen organischen Sinn für das gesellschaftliche Leben", schrieb Nehru unter dem Eindruck seiner Gespräche mit RPD. "Er fühlt, daß er Teil einer großen Armee ist, die voranschreitet, um das menschliche Geschick zu gestalten, und er hat das Empfinden, Schritt für Schritt mit der Geschichte zu marschieren."

RF, gestützt auf eine Erklärung der KP Indiens (M), veröffentlicht in "The New Worker", London

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Die rote Festung Marinaleda

Ein andalusischer Bürgermeister wirft Madrid den Fehdehandschuh hin

Wer nach Marinaleda im südspanischen Andalusien kommt, spürt sofort, auf wessen Terrain er sich befindet. Der Sportkomplex trägt den Namen Che Guevaras, und der zentrale Platz heißt nach Salvador Allende.

Bis vor einigen Jahren war die 2739-Seelen-Gemeinde außerhalb des eigenen Landstrichs wohl nur wenigen ein Begriff. Das sollte sich im letzten Herbst ändern. Auf einmal war Marinaleda in aller Munde. Der Kommunist Juan Manuel Sanchez Gordillo, seit 1979 stets wiedergewählter Bürgermeister, hatte mit einigen Aktiven seines Umfeldes nacheinander zwei Supermärkte besetzt und dort an extrem Bedürftige Waren ohne Bezahlung verteilt. "Es handelte sich um eine Form aktiven Widerstandes in einer Krisensituation, die von den Superreichen und den Finanzmärkten herbeigeführt worden ist", erklärte der seitdem in ganz Spanien bekannte Kommunalpolitiker im Gespräch mit einem Journalisten der Pariser Wochenzeitung "Humanité Dimanche".

Doch Marinaleda stellt nicht nur eine Hochburg des Widerstandes dar, sondern ist zugleich auch ein Zentrum echter sozialer Erneuerung und der Verwirklichung kühner Projekte, die anderswo in Europa als reine Zukunftsvisionen gelten. So haben die Einwohner 316 mit etlichem Komfort ausgestattete Quartiere geschaffen, deren Bewohner die niedrigsten Mieten des Kontinents entrichten dürften. In Marinaleda wurde die Tradition eines "Roten Sonntags" begründet. Einmal im Monat schafft die Bevölkerung in freiwilliger unbezahlter Arbeit - ähnlich den Leninschen Subbotniks - Werte, deren Nettoerlös in die Gemeindekasse fließt. Im Ort gibt es keine Munizipal-Polizisten wie in anderen Kommunen gleicher Größe: Konflikte werden ohne Eingreifen einer Ordnungsmacht gelöst.

Zwei Freibäder, eine im Bau befindliche Schwimmhalle, eine Sportarena, zwei großzügige Parkanlagen, kostenloser Internet-Zugang für jedermann, ein kleiner Lokalsender, der in regelmäßigen Intervallen Radio- und Fernsehprogramme ausstrahlt, eintrittsfreie Kulturveranstaltungen aller Art zählen zu den sozialen Errungenschaften von Marinaleda.

Besonders engagiert sich Bürgermeister Gordillo für Arbeiter und Erwerbslose, kleine Landwirte, Kleinhändler und Handwerker des Fleckens. "Die Krise hat ein menschliches Gesicht, Namen und Vornamen sind bekannt", pflegt er zu sagen.

Der Anspruch auf eine eigene Wohnung sei ein elementares Menschenrecht. Deshalb müßten in seinem Ort für ein Haus mit 90 qm Wohnfläche samt Gärtchen nur 15 € Monatsmiete entrichtet werden. Die Gemeinde stellt das Grundstück zur Verfügung, der Staat gewährt Kredit für die Materialkosten, und jeder packt nach seinen Möglichkeiten beim Bau mit an. Um die Arbeitslosigkeit - sie beträgt im andalusischen Durchschnitt 33 %, in Marinaleda aber nur 5 % - zu besiegen, wurde eine Konservenfabrik gebaut, die sich in Arbeiterregie befindet. Mit dem Ziel, der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen im Ort ein Ende zu setzen und die Produktionsmittel den Produzenten selbst in die Hände zu geben, seien überdies mehrere Agrarkooperativen geschaffen worden, deren Mitgliedern bei täglich sechsstündiger Arbeitszeit ein Monatseinkommen von 1200 € garantiert werde, erläuterte Vizebürgermeisterin Esperanza Saavedra. In Andalusien besäßen - der Statistik zufolge - zwei Prozent Grundeigner 50 % aller Flächen, von denen die meisten brachlägen.

"Wir haben den alten Schlachtruf vieler Jahrhunderte verwirklicht: Den Boden denen, die ihn bearbeiten!", bemerkte Gordillo. In Marinaleda herrsche "direkte Demokratie". Alle wichtigen Entscheidungen würden in der Einwohner-Generalversammlung getroffen.

So habe sie angesichts akuter Verknappung des Trinkwassers während einer Dürreperiode kurzerhand beschlossen, das Reservoir eines adligen Latifundienbesitzers mit Beschlag zu belegen. Die Region kämpfe übrigens nicht nur mit Trockenheit, sondern auch mit anderen Unbilden der Natur. 2012 seien beispielsweise 300 Hektar Artischocken-Kulturen erfroren.

Weit schlimmer noch als Dürre und Frost aber ist im Urteil des roten Bürgermeisters die EU. "Sie verkörpert das Europa der Märkte, nicht aber das der Völker", betonte er. Es gelte, einer Agrarpolitik zum Vorteil der Latifundisten und multinationaler Konzerne kompromißlos den Kampf anzusagen. Die derzeitige EU-Preispolitik habe dazu geführt, daß sich das von einem Kleinbauern erzeugte Produkt bis zu 1200 % verteuere, bevor es den Verbraucher erreiche. In Spanien hätten die Herren über die Produktionsmittel im Bunde mit Multis für durchschnittliche Preissteigerungen um 704 % gesorgt.

RF, gestützt auf "Solidaire", Brüssel, und "Humanité Dimanche", Paris

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Fernsehbauer Knolle war populär wie Bolle

Der von Hans Schroeder, Designer und Puppenspieler in einer Person, wie sämtliche Gestalten des Märchenwaldes entworfene Fernsehbauer Knolle bestritt zwischen 1957 und 1961 etwa 50 Sendungen aus dem Adlershofer Studio des Deutschen Fernsehfunks, der später in Fernsehen der DDR umbenannt wurde. Anfangs störrisch und widerborstig, dann sich schwankend und zögerlich öffnend, schließl ich der neuen Gemeinsamkeit auf dem Dorf gegenüber aufgeschlossen, spielte Schroeders Fernsehbauer eine beachtliche Rolle im Vorfeld der sozialistischen Umgestaltung der DDR-Landwirtschaft.

Wir stellen ihn auf dieser Seite auch jenen Generationen vor, die damals das turbulente Geschehen am Bildschirm noch nicht selbst miterleben konnten.


Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Die im Rotfuchs veröffentlichten Abbildungen des Fernsehbauers Knolle können in der Printausgabe oder in der PDF-Datei des Rotfuchs, die über die Rotfuchs-Internetseite heruntergeladen werden kann, betrachtet werden.

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Ein Wahnsinns-Jazz

AMIGA-Neuauflage bezeugt die Vielseitigkeit des DDR-Musikschaffens

Bei der Veröffentlichung einer ETERNAKlassikserie dachte ich noch, daß sich die Schallplattenfirma Edel an wundervollen Aufnahmen bereichern und dabei das DDR-Musikgut für sich ausschlachten wollte. Aber bei der neuen Veröffentlichung bin ich mir nicht mehr sicher. Haben sich die Hamburger etwa selbst zu Bewahrern von DDR-Musik erklärt? Mit dem Erscheinen der Serie, die das geheimnisvolle orangene "J" trägt, darf man es wohl annehmen.

Da gab es mal ein Land, in dem die Jazzmusik von ganz hervorragender Qualität war. Seine Musiker wurden in aller Welt gern gesehen. Ohne Rücksicht auf Verkaufszahlen ließ man die Interpreten das Ihre tun.

Bei internationalen Neuerscheinungen waren die AMIGA-Leute indes nicht die schnellsten: Da haperte es an Material für die Scheiben, der VEB Gotha-Druck brauchte lange für die Cover, und am Ende wechselte die Lizenzplatte mit dem kleinen Label nur unter dem Ladentisch in den Besitz des Kunden. Es kam vor, daß die Band nach dem Erscheinen einer Pop-Platte schon nicht mehr existierte. Bisweilen wurde für eine "J"-LP eine ganze Meute Jazzer eigens zum Spiel gebeten.

2012 sollten in drei Staffeln zunächst 15 AMIGA-Jazz-Produktionen erscheinen, die technisch überarbeitet und zum Teil um aktuelle Begleittexte (Linernotes) ergänzt worden sind.

Gleich an der ersten Staffel ist zu erkennen, daß Jazz in der DDR vielfältig war, wofür handwerkliche Professionalität sowie künstlerische Reife und Eigenständigkeit an erster Stelle standen. Wer die Namen liest, wird viele wiedererkennen, denn sie sind heute noch aktiv und international erfolgreich. Da sich leider auch Musiker von der Jazzszene verabschiedeten, bietet diese Reihe nun die Chance, ihnen "neu" zu begegnen und die zeitlose Bedeutsamkeit des DDR-Jazz anzuerkennen.

Wenn man zurückdenkt, muß unbedingt die Kleinstadt Peitz bei Cottbus erwähnt werden. Hier traf der Fan bis 1981 fast die gesamte Elite europäischer Improvisation und besonders die DDR-Künstler, die jeweils im Juni auf einer mit "Kunden" überfüllten Wiese Jazz in all seinen Schattierungen regelrecht zelebrierten.

In Leipzig fand alljährlich ein großes Jazzfestival statt, in Berlin gab es die überragende Reihe "Jazz in der Kammer", in Greifswald die vom dortigen Kraftwerk bezahlten "Eldenaer Jazz Evenings", während viele Kulturhäuser ohnehin Jazzkonzerte aller Größenordnungen organisierten. Die gestandenen DDR-Jazzer tourten häufig durch die Welt, und der Nachwuchs studierte das Fach an Hochschulen. So war es schon natürlich, daß AMIGA gerne auf Conny Bauer, Hannes Zerbe, "Baby" Sommer, Joachim Kühn, Uschi Brüning, Joe Sachse und Ernst-Ludwig Petrowsky zurückgriff, um mit ihnen Platten zu produzieren. Hier wurde von den Künstlern immer Qualität abgeliefert. Die dazugehörige "J"-Reihe hat nun wieder Unerhörtes zu bieten. Fans brauchen um ihre "abgenudelten" LPs keine Angst mehr zu haben, und Neueinsteiger in Sachen freier Jazz sollten sich unbedingt das komplette Programm besorgen, denn es hört sich alles verdammt frisch und unverbraucht, manchmal verwirrend, dann wieder chaotisch und ätzend an.

Da wäre als Einsteiger das 1965 entstandene "Solarius" vom Rolf Kühn Quintett. Der in Westdeutschland lebende Klarinettist wurde von AMIGA gebeten, für die Produktion eine Band zusammenzustellen. Das mittlerweile zum Sammlerobjekt gewordene Album verbindet swingende Rhythmen mit freier Improvisation, unerklärlichen Klavierklängen und sich aufbäumenden Volksmusikweisen. Weiter geht es mit der ersten Soloproduktion von Uwe Kropinski, der lateinamerikanische Folklore mit klassischer Spieltechnik und improvisiertem Jazz auf ganz eigene Weise verbindet. Dann kommt das Sinti Swing Quintett, das mit drei Gitarren, Baß und Violine bekannte Jazz-Standards spielt und Sinti- und Roma-Folklore mit Swing und groovenden Rhythmen mitreißend verbindet.

Das Album "Synopsis" aus dem Jahre 1974 gehört bis heute zu den Juwelen des freien Jazz, des verschachtelnden Improvisierens. Dieses Werk war wegweisend, mit neuen, sich plötzlich ins Ohr bohrenden Klängen. Den Posaunisten Conrad Bauer kann man dann noch mit seinem Solokonzert "Live im Völkerschlachtdenkmal" wiederhören. Nicht nur, daß der Genius durch gleichzeitiges Blasen und Singen Mehrstimmigkeit erzeugte, Klänge ohne Unterbrechung einspielte, nein, er wußte vor allem das Echo und den langen Nachhall des Raumes kreativ zu nutzen und zu ganz neuen Jazzaspekten umzuarbeiten. Dann gibt es ihn gemeinsam mit Hannes Zerbe und der Band "Fez". Der präsentiert dann eine ganz neue Richtung, bei der er mit seiner Blech-Band verrückt und anarchisch improvisiert, Eisler, Weill und Dessau laut und vernehmlich verarbeitet und alles mit Mitgliedern renommierter klassischer Orchester und einigen Gästen wie Willem Breuker zum Höhepunkt peitscht. Gänsehaut und absoluter Hörgenuß! Nicht vergessen sollten wir Ulrich Gumpert, der in der Reihe "Jazz in der Kammer" auftrat und gemeinsam mit dem "Jazz-Werkstatt-Orchester" eine Suite nach Motiven deutscher Volkslieder bestritt und damit dem zeitgenössischen Jazz der DDR eine weitere sehr wichtige Richtung öffnete.

Traditioneller Jazz wurde in der DDR auf ungewöhnliche und sehr strukturelle Weise mit neuen, wunderbaren Ideen und jeder Menge Freiheiten verbunden. Nennen will ich noch neben Hans-Günther Wauer und Günter Sommer auch die Jazzsängerin Pascal von Wroblewsky, die 1986 mit ausdrucksstarker Stimme und hochklassiger Band Stücke von Hancock, Gershwin und den Beatles coverte.

Wer alle fünfzehn Alben durchhört, der wird endlich wissen, was wahrer Jazz ist. Möge Edel nicht aus kommerziellen Gründen den Mut verlieren und weiter in den Tiefen des osteuropäischen Jazzdschungels forschen!

Thomas Behlert

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Auf der Seite der Gerechten

Erik Neutschs literarisches Denkmal für Matthias Grünewald

Erik Neutsch hat den Aufbruch und die Siege, Widersprüche und Konflikte in der DDR literarisch gestaltet. Vielen, die ihm Wegbegleiter waren und sein Schaffen verfolgten, sind Bücher wie "Der Friede im Osten", "Auf der Suche nach Gatt" oder "Spur der Steine" in Erinnerung. Weniger bekannt dürften seine ab 1990 erschienenen Arbeiten sein. Sehr zu Unrecht. In seinem Roman "Nach dem großen Aufstand" fordert er dazu auf, sich zu vergewissern, daß der Kampf um gesellschaftlichen Fortschritt ein Jahrtausendprojekt ist. Vor fast fünfhundert Jahren wirkte der Maler Mathis - Matthias Grünewald - und bekannte sich zur gerechten Sache der aufständischen Bauern. Erik Neutsch geht dem Lebensweg eines Mannes nach, dessen überragendes bildkünstlerisches Werk ins Heute hineinstrahlt und der 1530 verarmt und verfemt in Halle starb.

Mathis Gothardt-Nithardt gehörte zu den Höflingen des Kardinals Albrecht. Der brandenburgische Kirchenherr und Kurfürst schmückte sich mit dem Ruhm jenes Künstlers, der den weithin bewunderten Altar zu Isenheim geschaffen hatte. In der Gunst der Herrscher hätte der Hochbegabte ein glanzvolles Leben als Maler führen können - mit ehrenvollen Aufträgen bedacht und wohlhabend wie seine Zeitgenossen Albrecht Dürer in Nürnberg oder Lucas Cranach der Ältere in Wittenberg. Doch Mathis fühlte sich Malern wie Hieronymus Bosch oder Jörg Ratgeb geistesverwandt - dem einen, der die Verderbnis und den Schrecken Bild werden ließ, und dem anderen, der als Kriegsrat der Aufständischen und Besiegten hingerichtet wurde.

Schon zu Beginn des Romans läßt der Autor das bittere Lebensende seines Helden aufscheinen. Geflüchtet war Mathis vor den Nachstellungen des Kardinals. Der kurfürstliche Herrscher hatte den Maler, der ihm in einem Streitgespräch die Stirn zu bieten wagte, nicht nur aus seinem Hofstaat verstoßen und enteignet, sondern den Flüchtenden auch noch erbarmungslos verfolgt. Im Spätsommer 1527 liegt Mathis in Halle pestkrank danieder. Vier seiner Freunde besuchen ihn am Sterbebett. Unter ihnen ist ein Spitzel des Kardinals.

Neutsch hält sich an die gewissenhaft recherchierten Fakten, wenn er uns in mehreren Erzählsträngen die Stationen des Schaffens und Wirkens des Malers erleben läßt. So spärlich die noch auffindbaren dokumentarischen Lebensspuren eines Mannes auch sind, der jahrhundertelang fast vergessen war, so beredt und ergiebig erscheinen Neutsch die Bildwerke des Meisters Nithardt. Tief hinein führt er den Lesenden in die geistige und sinnliche Welt des zutiefst gläubigen, von seiner Mission durchdrungenen Mathis. Keiner der kongenialen Zeitgenossen hat den Gekreuzigten so wirklichkeitsnah gezeigt wie er. Solch erschütternde Darstellung einer Hinrichtung und einer verzweifelten Mutter sei von den Greueln fürstlicher Rache an den besiegten Aufrührern angeregt, ist Neutsch überzeugt.

Der Maler hatte einen Adoptivsohn. Erik Neutsch erfindet die Mutter hinzu: Die Liebe zu dem Bauernmädchen Gela trägt und beflügelt des Künstlers Leben und Schaffen, inspiriert ihn zu ergreifenden Marienfiguren. Doch Gelas gräflicher "Leibeigentümer" verwehrt dem Paar die Ehe, und Pfaffen stigmatisieren die junge Frau als Hure. Sie zerbricht an den Demütigungen und stirbt. Ihre Brüder, die mit den Aufständischen gezogen waren, sind längst tot - gefoltert und hingerichtet.

Mathis Nithardt, der Begabte und Privilegierte, der Schauende und Nachdenkliche, der Liebende und Trauernde, solidarisiert sich "nach dem großen Aufstand" mit den Unterdrückten und Gequälten. Der Leser erfährt über die Kapitel des Buches, in welcher Weise diese Haltung reifte. Mathis' Kunst ist ihm Gottesdienst. Wie der biblische Botschafter die Berufung annimmt und erfüllt, erschließt sich über beredte Wanderungen in die Bildwelt des Meisters, im Handhaben der Farben und Werkzeuge, im nachsinnenden Anschauen der Dargestellten oder im Begleiten zu den Orten der Inspiration.

Die hinterlassenen Zeugnisse der Birgitta von Schweden, einer frommen Visionärin aus dem 14. Jahrhundert, begeistern den Schaffenden nachhaltig. Mathis ist ein Wegbereiter des frühbürgerlichen Humanismus, "einer Zeit, die Riesen brauchte und Riesen zeugte, Riesen an Denkkraft, Leidenschaft und Charakter, an Vielseitigkeit und Gelehrsamkeit", wie es Friedrich Engels in "Dialektik der Natur" ausdrückte. Der Romanautor Neutsch läßt seinen Helden streit- und fruchtbaren Austausch mit "geschwisterlichen" Riesen halten: Malern wie Riemenschneider, Bosch und Ratgeb, Dürer oder den Cranachs, mit Denkern und Reformern wie Martin Luther, Phillipp Melanchthon, Erasmus von Rotterdam und zuletzt den Schriften des verfemten, getöteten Thomas Müntzer. Verbürgt ist die Verbindung Grünewalds zu dem Stiftsherrn und Naturwissenschaftler Johannes de Indagine. Jener ist im Roman der großherzig handelnde Freund und Förderer des Malers.

Stück für Stück tut sich in Mathis' Denken und Fühlen ein Widerspruch auf - zwischen dem christlich-humanistischen Auftrag, für Gottes Gerechtigkeit zu wirken, dem innigen Mitfühlen mit den Geschundenen einerseits und der moralischen Verkommenheit seiner feudalherrschaftlichen Auftraggeber andererseits. Der Gegensatz führt schließlich zum offenen Konflikt und eskaliert in der direkten Konfrontation mit dem Kardinal-Kurfürsten Albrecht. Mathis besteht in dem erbittert geführten Streit. "Als der Sturm ausbrach, stand ich auf der Seite der Gerechten", schleudert er dem Mächtigen entgegen. Für seine mutigen Widerworte zieht Mathis die Vergeltung des brandenburgischen Herrscherhauses und seiner willig ergebenen Handlanger endgültig auf sich und unterliegt der Gewalt. Sein Grab in der Stadt Halle, Neutschs Lebens- und Schaffensmittelpunkt, ist unbekannt.

Marianne Walz


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Der Isenheimer Altar - hier Kirchenlehrer Augustinus im Disput mit dem heiligen Antonius - ist das berühmteste Werk des Malers Matthias Grünewald.

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Griff in die literarische Schatztruhe (3)

Einst erfolgreiche DDR-Autoren dem Vergessen entreißen

Irma Harder, geborene Lankow (1915 bis 2008), wuchs in einem Ort bei Pasewalk auf, besuchte dort die einklassige Dorfschule und war später als Dienstmädchen tätig. 1937 heiratete sie den Mittelbauern Adalbert Harder und bewirtschaftete auch nach dessen Tod im Jahre 1946 weiter den Hof. Ihr Weg zum Schreiben führte über das Lesen. Nachdem zwei ihrer Gedichte in einer Zeitung erschienen waren, fand sie den Weg zur Arbeitsgemeinschaft junger Autoren in Potsdam. Zwanzig humorvolle, aber auch ernste Kurzgeschichten legte sie 1952 unter dem Titel "Die Bauernpredigt" vor. Als Fortsetzungsroman brachte sie im selben Jahr "Jeden Tag ein Schritt voran" heraus, den das "Bauernecho" veröffentlichte. Sein Titel lautete später "Schritt für Schritt".

Ab 1956 war Irma Harder als freie Schriftstellerin in Potsdam ansässig. Für die Neufassung ihres Romans, der nun "Das Haus am Wiesenweg" hieß, erhielt sie 1956 den Fontane-Preis. In "Das siebte Buch Mose und andere Geschichten" (1958) erzählte sie humorvoll und schlagfertig menschliche Schicksale. In ihrem autobiographischen Roman "Ein unbeschriebenes Blatt" (1958) versuchte ihre Heldin der dörflichen Enge zu entfliehen. 1960 setzte die Schriftstellerin mit "Wolken überm Wiesenweg" ihren erfolgreichen Roman fort. Später folgten die Bücher "Die Spatzen pfeifen's schon vom Dach" (1963), "Verbotener Besuch" (1968), "Melodien im Wind" (1971) und "Die Nacht auf der Mädcheninsel" (1974).

Die Handlung ihres Romans "Die Frau auf dem Ziegelhof" (1984) setzte bereits 1936 ein. Ein Bauernsohn durfte nach dem Willen seiner Mutter die Tochter eines Tagelöhners nicht heiraten. Irma Harder schilderte in ihren Büchern, wie unmündig gemachte Landarbeiter ihre äußeren und inneren Fesseln abwarfen. Ihren Lebensabend verbrachte die Schriftstellerin in einem Altersheim in Werder bei Potsdam.


Wolfgang Joho (1908 bis 1991) studierte in den 30er Jahren Medizin, Geschichte und Naturwissenschaften und war nach erfolgter Promotion als Redakteur und Journalist tätig. 1937 wurde er von der Gestapo verhaftet und zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, 1943 in die berüchtigte Strafeinheit 999 gepreßt. 1946 aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, wirkte er sieben Jahre als Redakteur der Wochenzeitung "Sonntag", bevor er 1961 Chefredakteur der Zeitschrift "neue deutsche literatur" wurde. Dort erschien Anfang 1991 der erste Teil seines Tagebuchs aus dem Jahre 1966 unter dem Titel "Abberufung". Die Redaktion der "ndl" war 1965 wegen des Vorabdrucks von Werner Bräunigs "Rummelplatz" in die Kritik geraten, was Johos Ausscheiden zur Folge hatte.

Wolfgang Joho legte nahezu zwanzig ganz unterschiedliche Werke vor - darunter sieben Romane, zwei Erzählbände und weit über 1200 publizistische Beiträge. Der Auflagenhöhe nach waren seine erfolgreichsten Bücher der Romanerstling "Jeanette Peyrouton" (1949) sowie "Die Kastanie", "Das Klassentreffen" und "Weg aus der Einsamkeit". Die Lebensgeschichte der Lehrerin Elisabeth Bertram in "Die Kastanie" erfuhr nachhaltige Resonanz.

Von den stets lebhaft diskutierten Erzählungen Johos seien "Die Hirtenflöte", "Die Nacht der Erinnerung", "Abschied von Parier" und "Der Sohn" hier genannt. Die letztgenannte Arbeit wurde unter dem Titel "Der Sohn des Schauspielers" verfilmt. Bücher Johos erschienen in der UdSSR, in China, der CSSR, Polen, Ungarn und Japan. Aus Anlaß seines 80. Geburtstages brachte der Aufbau-Verlag 1988 Johos phantastische Geschichte "Die Verwandlungen des Doktor Brad" heraus, die der Autor bereits 1938 während seiner Untersuchungshaft in Moabit geschrieben hatte.

Dieter Fechner

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Warum der katholische Priester Korbinian Aigner als "Apfelpfarrer" bekannt wurde

Der Apfel - Frucht des Baumes der Erkenntnis - ist ein Symbol der Vertreibung, aber auch des Widerstandes. Dafür steht das Leben und Wirken des katholischen Pfarrers Korbinian Aigner. Als ältester Sohn unter elf Kindern am 11. Mai 1885 in Hohenpolding geboren, schlug er sein Hoferbe zugunsten der Geschwister aus und machte das Abitur. 1906 trat er in das geistliche Seminar ein und erhielt 1911 die Priesterweihe. Mitbegründer eines Hohenpoldinger Obstbauvereins, begeisterte er sich für das Züchten von Apfelsorten. Seit 1916 war Aigner Mitglied der Bayerischen Volkspartei und besuchte 1923 aus persönlichem Interesse eine NSDAP-Kundgebung, auf der Hitler sprach. Das machte den Kirchenmann aber keineswegs zum Nazi. Im Gegenteil: Er wehrte sich gegen den Faschismus, was ihm zunächst nur Geldbußen und Strafversetzungen einbrachte.

In seiner Predigt zum Versuch eines Attentats auf Hitler am 8. November 1939 fand er die Worte: "Ich weiß nicht, ob das Sünde war, was der Attentäter im Sinn hatte. Dann wäre halt eine Million Menschen gerettet worden." Aigner wurde denunziert, kam zuerst in das Konzentrationslager Sachsenhausen und danach als Häftling Nr. 27788 nach Dachau. In beiden Lagern mußte er in der Landwirtschaft Zwangsarbeit leisten und schwere Torturen über sich ergehen lassen. Schon in jener Zeit wurde er als der "Apfel-Pfarrer" bekannt, weil er sich selbst unter so extremen Bedingungen mit der Züchtung neuer Sorten dieser Frucht beschäftigte. Nach dem Ort, wo er sie kreuzte, hießen sie KZ 1, KZ 2, KZ 3 und KZ 4. Noch heute ist seine Züchtung KZ 3 erhältlich.

Zeitlebens blieb Pfarrer Aigner ein politisch engagierter Mensch und entschiedener Gegner des Faschismus. Wenn schlechtes Wetter war, trug er bei Gartenarbeiten nach dem Krieg seinen alten KZ-Mantel im Gedenken an die Opfer von einst und als Ausdruck seines Willens, stets für Menschenwürde einzutreten.

Wie hätte er wohl reagiert, als zu seinem 100. Geburtstag, da die Bezeichnung KZ 3 als nicht mehr zeitgemäß empfunden wurde, seine Lieblingssorte kurzerhand in Korbinian-Apfel umbenannt wurde?

1966 starb der inzwischen 81jährige Antifaschist. Im Februar 2011 erhielt das Städtische Gymnasium Erdingen seinen Namen. Mögen sich die Schüler dieser Anstalt des tapferen Kirchenmannes würdig erweisen. Immerhin ist es in der BRD eine Ausnahme, daß man einem aufrechten Widerstandskämpfer gegen die Hitlerdiktatur solche Ehren erweist.

Korbinian Aigner hat anfangs zur Sortimentsbestimmung immer zwei Äpfel gemalt. Daraus ist im Laufe der Zeit eine stattliche Sammlung von 900 Aquarellen geworden. Etliche davon wurden auf der Documenta in Kassel ausgestellt.

Vielleicht denke ich künftig beim Biß in einen Apfel an Korbinian und dessen Bekennermut.

Cornelia Noack

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Auf der Suche nach Lenin

Ein Witz, den wir ernst nehmen sollten

In der DDR gehörten pointierte politische Witze, die ja bei aller ätzenden Schärfe oftmals eine stimulierende Wirkung besaßen, einfach dazu. Heute gibt es neben treffsicherer Satire und ätzenden Blödeleien fast keine Witze dieser Art, und über manche aus DDR-Zeiten kann man nicht mehr lachen. Dennoch möchte ich auf einen recht bekannten zurückkommen, der allerdings vor allem den einstmals "großen Bruder" betraf. Er ging folgendermaßen:

Gorbatschow war als braver Apparatschik die Karriereleiter Stufe für Stufe emporgestiegen. Als er überraschenderweise am Ende ganz oben angekommen war, sollte er nun die große Sowjetunion leiten. Dabei stand er vor der Frage: Was tun? Er entsann sich, daß kein anderer als Lenin darüber schon einmal eine Schrift verfaßt hatte. So begab er sich zu ihm ins Mausoleum am Roten Platz, um Erkundigungen aus erster Hand einzuziehen, was er denn tun solle. Lenin rieb sich verwundert die Augen und vertröstete ihn: "Kommen Sie bitte morgen wieder. Ich habe sehr lange geschlafen und muß mich erst einmal umtun."

Als Michail Sergejewitsch am nächsten Morgen abermals an der berühmten Stätte vor der Kremlmauer erschien, war Lenin weg. Er hatte für Gorbatschow einen Zettel hinterlassen, auf dem die Worte standen: "Bin auf der 'Aurora', müssen noch einmal ganz von vorne anfangen."

Doch warum soll man die als humorig gedachte Geschichte, die sich am Ende als bitterer Ernst erwies, nicht fortschreiben? Ich will es versuchen.

Gorbatschow war der Weg zu Lenin auf der "Aurora" wohl zu beschwerlich. Vielleicht kannte er ihn auch gar nicht mehr. So verlor er Iljitsch aus den Augen, obwohl er dessen Sehschärfe und Durchblick dringend gebraucht hätte. Um das Vakuum zu füllen, erfand er Glasnost und Perestroika. Dabei nahm er gar nicht mehr wahr, wie das große Land und die kleineren Länder in seinem Schlepptau zerbröselten und zermahlen wurden.

Als das Kind endgültig in den Brunnen gefallen war, überließ er den Großen und dessen kleinere Brüder ihren gestrigen Todfeinden.

So müssen wir tatsächlich noch einmal ganz von vorne beginnen. Dazu aber bedarf es der erfolgreichen Suche nach Lenin, der schon 1902 die Frage "Was tun?" auf wegweisende Art zu beantworten gewußt hatte.

Horst Neumann

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Archie beim Shopping

Es ergab sich, daß Archie im Laufe seines Arbeitslebens viel mit Einholen zu tun bekam, obwohl das keineswegs seine Lieblingsbeschäftigung war. Sein berufliches Leben verlief, außer beim Henschelverlag, unter zeitlichen Aspekten betrachtet recht unregelmäßig. Er war motorisiert, ratterte und knatterte mit Motorrad oder Trabbi recht viel zwischen Stadt-Mitte, wo sich sein Buchhaus und das Berliner Ensemble befanden, und seiner Wohnung in Baumschulenweg hin und her. Später mußte er die Distanz zwischen Treptower Park, wohin er umgezogen war, und dem DEFA-Studio Babelsberg, das ihn als Dramaturg beschäftigte, zurücklegen. Meist ging es um den Einkauf von Lebensmitteln. Sein Fünf-Personen-Haushalt bestand aus drei Kindern, seiner Frau, die Lehrerin und leider nicht motorisiert war, und ihm. Da seine "bessere Hälfte" nicht selten spät nach Hause kam, mußte Archie die Einkäufe unterwegs erledigen. Arbeiten wollten sie beide, dazu hatten sie ja schließlich studiert. Überdies brauchten sie das Geld aus zwei Einkommen für den Lebensunterhalt. So hoch waren ja ihre Gehälter nicht, daß eines gereicht hätte, für einen Trabbi oder Wartburg schon gar nicht. Möbel besorgte Archie bei Haushaltsauflösungen, meist solche aus den Gründerjahren, die er zum Teil noch heute besitzt. In Kaufhäuser zu gehen, um dort Kleidungsstücke anzuprobieren und zu erwerben, war nicht sein Ding. Entweder wurde er müde und machte in einem dort stehenden Sessel ein Nickerchen oder er diskutierte mit Leuten über Politik. Also brachte seine Frau irgend etwas mit, was ihm meist auch paßte und gefiel.

Beim Einkauf von Nahrungsmitteln hatte Archie damals keine Probleme. Gammelfleisch war in der DDR nicht im Angebot. Bei Obst und Gemüse, zumal saisonbedingt, erwies es sich häufig als schwierig oder gar unmöglich, das Gewünschte heimzubringen. Von Aal über Spargel bis zu Zwiebeln ging ja vieles gegen Valuta nach Westberlin. Erleichternd für den Einkauf waren indes die durchweg einheitlichen Preise. Heutzutage kann man das Leben von der Wiege bis zur Bahre mit Preisvergleichen zubringen. Vom Kleinkind bis zum Greis redet alles über Preise, und das ist auch so gewollt.

In der BRD spielen die von den Pharmakonzernen diktierten Arzneimittelkosten und Zuzahlungen bei Ärzten bekanntermaßen eine große Rolle. So etwas gab es zu DDR-Zeiten nicht. Schon vor Jahrzehnten dichtete Archies Favorit Eugen Roth: "Der Arzt heißt herzlich dich willkommen, was dir auch fehlt - Geld ausgenommen."

Bei all dem Überfluß an und in Supermärkten stellt sich Archie immer wieder vor, er greife wie früher zu drei bis vier Wurstsorten, nur daß sie jetzt eingeschweißt sind und ganz anders schmecken. Oder er trinkt in Gedanken nach wie vor die gleichen drei bis vier Weinsorten, nur daß sie jetzt anders heißen. Dabei macht er Shopping, wie das jetzt heißt, keineswegs zum Event oder zu seinem Lebenselixier. Es spielt sich für ihn sowieso nur zwischen ALDI, LIDL und Netto ab. Sein Renten-Niveau gestattet ihm nicht mehr, will er nicht in private Insolvenz geraten, wie es Familienangehörigen schon passiert ist. So sieht er sich in allen Dingen auf strenge Buchführung beim Haushaltsetat angewiesen, wenn auch noch hin und wieder eine Pauschalreise drin sein soll.

Im letzten Lebensabschnitt, nach einer ununterbrochenen Arbeitsbiographie, muß Archie wieder genauso knapsen wie am Beginn seiner beruflichen Laufbahn oder sogar noch mehr. Damals ging er, obwohl beileibe kein Krösus, ganz locker mit seiner Partnerin in Restaurants, Theater, Konzerte, Kinos oder die Oper. Heute ist solcherlei ausgeschlossen, nicht nur wegen der Preise. Die Rente scheint sich unter BRD-Bedingungen einfach in Rauch aufzulösen.

Auch nach 35jähriger Arbeit "am Stück" bei einem Entgelt von 2500 Euro monatlich erhielte man künftig eine Rente, von der man nicht leben könne, verlautete erst kürzlich aus Regierungskreisen. Dabei kann eine solche Erwerbsbiographie heutzutage kaum erreicht werden.

Was aber wird in Zukunft sein? Die Enkel, die es "einst besser ausfechten" sollen, sitzen bereits in der Armutsfalle oder sind vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Erwerbslosigkeit oder ein Job, von dem man nicht leben kann, bedeutet de facto die Verbannung aus der Gesellschaft. Alles andere ist leeres Gerede oder Augenverschließen vor den Grundeigenschaften des Systems.

Archie hat immer sein "Ohr an der Masse", unterhält sich gern beim "Shoppen" mit Verkäufern, die er schon länger kennt, auch mit Sicherheitskräften, die in manchen Supermärkten postiert sind. Er plaudert aber auch mit Konsumenten, wie er selber einer ist, nach dem Motto: Kunden helfen Kunden beim Suchen nach bestimmten Artikeln, natürlich auch bei Preisvergleichen. Er hört genau hin, was die anderen so erzählen und womit sie hadern, worauf sie schimpfen. Es muß nicht immer 100prozentig stimmen, doch es erscheint ihm wichtig zu wissen, was die Leute so denken. Ein Körnchen Wahrheit ist ja meist dabei.

Manfred Hocke

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Leserbriefe an RotFuchs

Aus der "jungen Welt" habe ich vom Tod Armin Neumanns erfahren. Bitte teilt seinen Angehörigen mein herzlichstes Beileid mit. Ich übermittle es nicht nur als Landesvorsitzender Brandenburg und Mitglied des Parteivorstandes der DKP, sondern auch im Namen meiner Familie, die ihn ebenfalls als sehr guten Freund und Kampfgefährten hat erleben dürfen. Armin hinterläßt bei uns eine Lücke, die wir nur dadurch zu schließen vermögen, daß wir uns in seinem Sinne bewähren. Armins internationalistische Tat wird fehlen. Für ihn zählte stets das, was für uns chilenische Kommunisten bis heute gilt: Mit dem Recht und der Kraft - wir werden siegen! Hasta siempre, Armin!

Mario Berríos Miranda, Wildau


Mit Bestürzung und Trauer haben meine Frau und ich aus dem November-RF erfahren, daß unser Freund und Genosse Dr. Werner Liebig nicht mehr lebt. Wir hatten das große Glück, ihn in der Zeit von 1982 bis 1987 im RGW als einen sehr klugen, politisch stark engagierten und feinfühligen Menschen kennenzulernen. Wir werden ihn stets als einen wunderbaren Freund und Genossen in Erinnerung behalten.
Im Sommer 2012 hat mich Werner auf den "RotFuchs" aufmerksam gemacht, den ich zuvor nicht kannte. Von ihm erhielt ich einige Exemplare, die ich mit großer Begeisterung gelesen habe.
Als leitender Mitarbeiter des heutigen e.on-Konzerns habe ich in den Jahren von 1991 bis 2006 tiefe Einblicke in die kapitalistische Ideologie und Ökonomie erhalten. Sie haben mir gezeigt, daß die Lehre von Karl Marx und Friedrich Engels wahr ist.

Dr. Wolfgang Schacht und Maria Kalatschowa, Wandlitz


Als Mitglied des Pols der Kommunistischen Wiedergeburt in Frankreich (PRCF) freue ich mich immer sehr beim Lesen Eurer Zeitschrift. Deutschland ist wie Frankreich ein industrialisiertes Land im Zentrum des Imperialismus mit einer langen Tradition der Arbeiterbewegung. Aber außerdem verfügt ein Teil Deutschlands über die Erfahrungen der DDR, eines besonders erfolgreichen Sozialismus, den ich für einen Höhepunkt der Zivilisation halte. Das macht die Beiträge der deutschen Kommunisten, insbesondere jener aus der einstigen DDR, für uns äußerst interessant.
Leider wurde unsere frühere Partei, die FKP, durch Opportunisten zersetzt. Auch die "l' Humanité", deren Kapital jetzt zu 20 % den Monopolen Hachette und TF 1 gehört, hat ihren revolutionären Standpunkt weitgehend eingebüßt. Übrigens steht häufig auch der Utopismus im Dienste opportunistischer Vorstellungen, was man besonders im Hinblick auf EU und Euro sieht. Die EU-Träumereien entwaffnen die Arbeiterbewegung.
Demgegenüber vermeiden die "RotFuchs"-Autoren mit ihren reichen Erfahrungen solche Fehler. Sie zeigen, wie der Sozialismus konkret aussehen kann, berichten über einst vollbrachte Leistungen wie über Problematisches, was bei uns in Frankreich weitgehend unbekannt ist. Ihre Argumente sind auch unter heutigen Bedingungen sehr treffend. Übrigens hören hierzulande aufgrund wachsender Zweifel an der bürgerlichen Demokratie und den Auffassungen der Opportunisten innerhalb der heutigen FKP immer mehr Menschen den tatsächlichen Kommunisten zu. So gibt es die Hoffnung, daß der von uns angestrebte Aufbau einer neuen Kommunistischen Partei in Frankreich Erfolg haben wird.

Mathieu Vadon, Grenoble


Dem ganzen "RotFuchs"-Kollektiv herzliche Grüße aus dem fernen China, wo ich wieder einmal für einige Monate als Gastprofessor in Wuhan am Yangtsekiang tätig bin. Ich habe hier den 63. Jahrestag der Gründung sowohl der Volksrepublik China als auch der DDR erlebt. Ich arbeite an der Marxismus-Schule der Universität, die aus der früheren Schule für Politische Wissenschaften und Öffentliche Verwaltung hervorgegangen ist. Hier gibt es eine Abteilung für Sinifikation des Marxismus, also dessen Anwendung auf chinesische Bedingungen, eine Abteilung für ideologische und politische Erziehung sowie elf verschiedene Zentren und viele Lektoren-Posten für vergleichende Studien. Insgesamt arbeiten an der Marxismus-Schule 92 Wissenschaftler, darunter 60 Professoren. Eine herzliche Umarmung!

Prof. Dr. Zbigniew Wiktor, Wuhan


Seit vielen Jahren kann ich dank Ihrer Großzügigkeit den "RotFuchs" lesen. Ich bin jetzt 64 und habe mein berufliches Leben als Rechtsanwalt in Barcelona verbracht. Jetzt bin ich Rentner, bemühe mich aber noch um einen Doktortitel der Philologischen Fakultät der hiesigen Universität (UB). 1985 nahm ich in Erfurt am FDJ-Studentensommer teil und erinnere mich auch an das "Ernst-Thälmann-Aufgebot" der FDJ. Dessen Motto lautete: "Höchste Leistungen für das Wohl des Volkes und den Frieden". Im Oktober 2012 habe ich in der Stufe 7 des Deutsch-Kurses der "Escola de'Idiomes Moderns" der Universität Barcelona ein Referat über den "Fall Steinbrück" gehalten.
No pasaran!

Francesc Arnau i Arias, Barcelona


Der lang erwartete Teil-Band II/4.3 der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA), der die zweite von vier Abteilungen "Das Kapital und Vorarbeiten" abschließt, ist durch die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften bearbeitet worden und im Akademie-Verlag erschienen. Die "Kapital"-Abteilung stellt das Herzstück des literarischen Nachlasses von Marx und Engels dar und bietet noch immer die tiefgründigste Interpretation und umfassendste Darstellung der allgemeinen Zusammenhänge der kapitalistischen Produktionsweise.
Hervorzuheben ist die Tatsache, daß Dr. Carl-Erich Vollgraf seit etwa vier Jahrzehnten seine hohe Sachkenntnis dabei einbringt.
Bei der MEGA handelt es sich um eine akademische Edition, auf deren Grundlage Übersetzungen in andere Sprachen erfolgen und bisherige Ausgaben - so auch die 43 "blauen Bände" der deutschen Version - herausgebracht werden konnten.

Prof. Dr. Eike Kopf, Erfurt


Obwohl ich bereits fast 89 Jahre alt bin, habe ich immer noch Fragen. Mir scheint, daß sich die meisten unserer Bürger damit zufriedengeben, daß wir "keinen Krieg" haben. Dieses Märchen wird ihnen ja oft genug aufgetischt, während die Rüstungsindustrie gleichzeitig "auf Teufel komm raus!" produziert und die BRD mit Waffenexporten für alle Kriegsfronten und eigenen Truppenkontingenten beteiligt ist. Weltweit werden täglich Menschen auch durch deutsche Waffen getötet oder befinden sich auf der Flucht vor weiteren Massakern.
BRD-Militär steht für "Friedenseinsätze" jener Art zur Verfügung, wie sie Oberst Klein zur Tötung von 139 Zivilisten im afghanischen Kundus angefordert hatte.
Nennen wir endlich die Dinge beim Namen: Kriegsverbrecher sind keine Friedensengel!

Elisabeth Monsig, Gartz


Dem Schauspieler Peter Sodann gebührt für sein Wirken hohe Anerkennung. Die von ihm in die Wege geleitete Initiative sucht erreichbare Teile der einen hohen kulturellen Wert besitzenden DDR-Literatur vor der Vernichtung in einer feindlich gesinnten Umwelt zu bewahren. Sein Handeln hat Peter Sodann zu einem konsequenten Verteidiger der Freiheit des Wortes und der Kunst gemacht.
BRD-Politiker belehren ständig alle Welt über die Freiheit. Doch ihre Taten gipfelten in der staatlich gesteuerten Vernichtung von Millionen in der DDR verlegten Bücher und beweisen die Verlogenheit ihrer Worte. Die Ideengeber und Akteure der Bücherverbrennungen unserer Tage begaben sich damit auf das geistige und moralische Niveau ihrer hitlerfaschistischen Vorgänger.
Peter Sodann hat der mit großem persönlichem und finanziellem Aufwand geretteten DDR-Literatur durch die Schaffung der seinen Namen tragenden Bibliothek in Staucha eine dauerhafte Heimstatt gegeben. Ein Ausflug mit Besichtigung ist dringend zu empfehlen.

Arndt Näser, Riesa


Noch nie habe ich in einer auf Seriosität bedachten Zeitung derart in Abgründe politischer Verworfenheit geblickt wie bei der Lektüre des im ND am 23. November 2012 erschienenen Leserbriefs von Eberhard Aurich. Seine Empfehlung, Wolgograd, das unter dem Namen Stalingrad in die Weltgeschichte eingegangen ist, durch evtl. Rückbenennung in Zarizyn zu verunglimpfen, ist eine nicht zu unterbietende Geschmacklosigkeit. Aurich, der zu DDR-Zeiten dazu "gezwungen" wurde, den 1. Sekretär des FDJ-Zentralrats zu geben, dürfte schon damals mit gezinkten Karten gespielt haben. Jedenfalls gilt auch für ihn die alte Regel, daß die Karrieristen der einen immer auch die Karrieristen der nächsten sind.
Der Name Stalingrad wird - unabhängig von dieser oder jener Bewertung der Rolle und Person Stalins, die immer ausgewogen sein sollte - für alle Zeiten ein Ruhmesblatt in der Chronik der UdSSR und des internationalen Antifaschismus bleiben.

Raja Mitz, Leipzig


Auf Einladung der RF-Regionalgruppe Bitterfeld-Wolfen und des Kreisverbandes Anhalt-Bitterfeld der Partei Die Linke war Täve Schur Gast und Redner im vollbesetzten großen Saal des Kulturhauses am Puschkinplatz. Er wurde begeistert begrüßt. Die meisten Anwesenden konnten sich noch gut daran erinnern, wie damals die Friedensfahrer auch durch unseren Kreis kamen und Tausende an der Strecke Täve anfeuerten, wenn er an ihnen vorbeifuhr. Wir Angehörigen der Volkspolizei hatten dabei den Streckenabschnitt zu sichern und erlebten hautnah Täves enorme Popularität. Bei seinem Besuch spürten wir, daß er ganz der Alte geblieben ist: einfach, ehrlich und links. Ich betrachte ihn als Vorbild für alle, die sich nach 1989 nicht verbiegen ließen. Denn sein Motto lautet: Bei soviel Elend, Kriegen und Hunger auf der Welt muß der Kapitalismus durch eine andere Gesellschaftsordnung ersetzt werden. Die aber heißt Sozialismus. Die Veranstaltung mit Täve hat uns allen neuen Mut gegeben.

Günther Lidke, Bitterfeld-Wolfen


Lieber Jobst-Heinrich Müller in Lüneburg, wenn Sie mich schon zitieren, dann bitte richtig. In Ihrem RF-Beitrag "Das 'weichgespülte Röschen'" (Nr. 178) schreiben Sie: "So greift Ronald Friedmann in seinem Buch 'Die Zentrale' in bezug auf die 60 ins Straßenpflaster eingelassenen Schriftbalken mit Luxemburg-Zitaten vor dem Karl-Liebknecht-Haus zu der Formel: 'Fehleinschätzungen und Ansichten, die dem heutigen Verständnis von Demokratie nicht mehr entsprechen, werden ebenso berücksichtigt wie Einstellungen, die nichts an ihrer Relevanz für die Gegenwart verloren haben.'" Wenn Sie richtig gelesen hätten, wäre Ihnen sicher aufgefallen, daß ich hier die "offizielle" Version zitiere, wie sie u. a. von Thomas Flierl vertreten wurde. Dann aber schreibe ich: "Doch die Wirklichkeit ist anders - es sind aus dem Zusammenhang gerissene Zitate, ohne Rücksicht darauf, ob Rosa Luxemburg sich in späteren Jahren möglicherweise von der einen oder anderen Formulierung selbst distanziert hat. (...) Die so geehrte Rosa Luxemburg bleibt dem zufälligen Passanten fremd."
Ich lehne also ganz klar diesen "offiziellen Umgang" mit Rosa Luxemburg ab.

Ronald Friedmann, Berlin


Freiheit, die ich meine ... So beginnt ein Lied, das meine Mutter oft gesungen hat. Ja, Freiheit ist ein hehres Gut. Danach strebt die Menschheit, solange sie existiert. Doch wessen Freiheit und welche - das ist zu hinterfragen. Hierzu gibt es ja sehr konträre Auffassungen und Interpretationen. Bundespräsident Gauck faßt den Begriff als "individuelle Selbstbehauptung" und "unabhängige Selbstbestimmung" auf - also nicht als Freiheit aller. Persönliche Freiheit setzt gesellschaftliche Freiheit voraus. Eine abstrakte Freiheit ist mir zu nebulös. Soziale Gerechtigkeit ist unerläßlich, wenn man in Freiheit leben will. "Freiheit ist bei der Macht allein", so Schiller in "Wallensteins Lager". Und Brecht sagt: "Die politische und jede andere Freiheit hängt von der Ökonomie ab." An vielen Gebäuden und auch auf Plätzen wurden nach der "Wende" Überwachungskameras installiert. Die Datenerfassung und deren Mißbrauch laufen auf Hochtouren. Alles, um die Freiheit zu sichern?

Dr. Horst Parlow, Neubrandenburg


Der "RotFuchs" ist ein Periodikum sozialistischer Pionierarbeit gegen weltanschauliche Nebelbildungen in Geschichte und Gegenwart. Dafür setzt der stets mit Feingefühl geschriebene und wohlakzentuierte Leitartikel Maßstäbe. Die gesamte Zeitschrift ist wie aus einem Guß und spricht aus der mahnenden Verantwortung für "Sein oder Nichtsein" den Leser an. Verblüfft war ich über die vorausschauende Wahl des Gedichts "Höre, Israel!" von Erich Fried in der November-Ausgabe. Treffender kann man das Thema nicht auf den Punkt bringen, als es der österreichische Autor 1967 beschrieb. 1974 war demnach nicht das Entstehungsjahr dieser Zeilen.

E. Rasmus, Berlin


Wie ausnahmslos alle Bürger unseres Landes beschäftigte mich von morgens bis abends, tagein, tagaus nur ein einziger Gedanke: Wer wird wohl SPD-Kanzlerkandidat? Nun ist es dieser warmherzige Sympath Steinbrück (wie ein Comedian es auf den Punkt brachte) - dieses Wesen, von dem wir alle bisher dachten, es mangele ihm an Sauerstoff. Beeindruckend! Es ist ein Beweis dafür, daß es in der gesamten SPD mit ihren 500.000 Mitgliedern keinen besseren Kanzlerkandidaten als diesen Kollegen gab. So kann sich das bundesdeutsche Wahlvolk darüber freuen, daß es nicht der Dicke und auch nicht der Blasierte geworden sind, sondern nur der Unsympath. Nichts liegt ihm so fern wie die tatsächlichen Bedürfnisse seiner Wählerinnen und Wähler. Es ist, als wäre man mit dem Vogel in einem Kartenspiel gefangen: Mau Mau. Er sagt: "Ich wünsche mir Karo." Wir: "Herz und Kreuz hättest Du Dir wünschen sollen."

Torsten Scharmann, Berlin


Icestorm hat jetzt den unter Leitung Roman Karmens entstandenen Dokumentarfilm "Der Große Vaterländische Krieg" (1965) als DVD herausgebracht. Ein Bonus auf dieser Scheibe ist Annelie Thorndikes Dokfilm "Frontkameramänner" aus dem Jahre 1975, der mit einem Preis des Weltfriedensrates ausgezeichnet wurde. Der 15minütige Streifen besticht auch heute durch die Intensität, mit der Historisches anschaulich gemacht wird. Für mich ist er auch deshalb besonders wertvoll, weil er zum Teil im Magdeburger Ernst-Thälmann-Werk gedreht wurde und ich so gute Bekannte wiedersah. Übrigens hatte ich unlängst das Glück, bei einem Kurzurlaub in Bansin auf Usedom Annelie Thorndike kennenzulernen. Zwei Stunden konnte ich mich mit der agilen 87jährigen über "Gott und die Welt unterhalten - ein unvergeßliches Erlebnis!

Herbert Hambach, Magdeburg


Im Sinne des RF-Aufrufs fanden sich am 7. November - dem Tag seiner Ermordung - zum Gedenken an Dr. Richard Sorge in jener Straße, welche seinen Namen trägt, Antifaschisten zusammen. Als Ausdruck ihrer Verbundenheit mit seinem Handeln, legten sie Blumen nieder. Prof. Heinrich Fink würdigte Kampf und Leben des Kundschafters. Er erinnerte an das schändliche Handeln staatlicher Organe nach 1989, die eine Gedenktafel für ihn im Berliner Stadtbezirk Friedrichshain demontierten.
Heinrich Fink erwähnte auch Sorges an Stalin kurz vor dem Überfall der deutschen Faschisten auf die Sowjetunion übermittelte Information, der im Kreml mit Mißtrauen begegnet wurde, was zusätzliche Opfer kostete. Richard Sorges selbstloser Einsatz bleibt für heutige Verteidiger des Friedens Mahnung und Aufgabe zugleich.

Egon Bethge, Berlin


Heinz Gliemann bemängelt in seinem Beitrag zu Heiner Geißlers Schrift "Wage zu denken!" dessen fehlende "Bezugnahme auf die Marxsche Arbeitswertlehre". Damit wirft er dem Christdemokraten seltsamerweise unausgesprochen vor, nicht den korrekten Klassenstandpunkt einzunehmen.
Geißler kritisiert die neoliberale "freie Marktwirtschaft" hingegen als Kapitalismus, während ihm die Rückkehr zur "sozialen Marktwirtschaft" à la Ludwig Erhard als Lösung erscheint. In der "freien Marktwirtschaft" - so Geißlers Kritik - sei ein gutes Leben für alle unmöglich, weil der Mensch in diesem System nicht der Zweck, sondern das Mittel namens "Kostenfaktor" sei. Nachdem Geißler den Kapitalismus in Gestalt der "freien Marktwirtschaft" treffend kritisiert hat, verirrt er sich allerdings in idealistische Wunschträume, indem er die "soziale Marktwirtschaft" als menschenfreundliches System ausgibt. Er tut das, obwohl er nicht nachzuweisen vermag, daß diese Variante der kapitalistischen Produktionsweise in ihrem Wesen anders ist als die von ihm kritisierte. Denn auch in der "sozialen Marktwirtschaft", die sich von der freien nur auf der Ebene der Erscheinungsformen unterscheidet, ist der Mensch als Kostenfaktor die negative Größe des Betriebszweckes namens unternehmerische Geldvermehrung, der minimiert werden muß, damit der Profit maximiert wird.

Franz Anger, Neuss


Gerda Huberty irrt wohl bezüglich der Vorschläge für eine neue gemeinsame Hymne beim Anschluß der DDR an die BRD im Jahre 1990. Schillers "Ode an die Freude" aus Beethovens IX. Symphonie wurde als Hymne der gesamtdeutschen Mannschaft 1956 und 1960 und dann auch noch bei getrennten deutschen Mannschaften 1964 zur Olympiade als erzwungener Kompromiß benutzt. Mag sein, daß dies auch 1990 angedacht worden ist. Aber damals stand doch wohl der Wunsch vieler im Vordergrund, die wunderbare "Kinderhymne" von Brecht/Eisler, die so scharfsinnig und zugleich anrührend die deutsche Vergangenheit "aufarbeitet" und das im Text in mehrerer Hinsicht anachronistische, als Hymne durch die Hitlerfaschisten unrettbar diskreditierte "Deutschlandlied" im Doppelsinn "aufhob", als neue Nationalhymne zu wählen. Es ist bezeichnend, daß die heute auch bei uns Herrschenden weder das hymnische Bekenntnis zu einem künftig friedliebenden noch die Erinnerung an ein Deutschland, das andere Völker als eine "Räuberin" erlebt hatten, wünschten, statt dessen aber glauben machen wollen, man müsse für dieses Deutschland, das anderen Völkern "Recht und Freiheit" brutal genommen hatte, solches einfordern.

Prof. Dr. Bernd Koenitz, Leipzig


In unserer Regionalpresse wurde unlängst der Text des Spottliedes, das die drei Mädchen von der Punk-Band "Pussy Riot" in der russisch-orthodoxen Christ-Erlöser-Kathedrale gesungen haben, in deutscher Übersetzung abgedruckt. Darin kommt neben anderem Unrat wiederholt das Wort "Gottesscheiße" vor - und das in einem Gotteshaus! Unmöglich! Es ist bekannt, daß die russische Bevölkerung diese Aktion der Mädchen ablehnt. In Deutschland sollten sie dafür aus durchsichtigen Gründen den mit 10.000 Euro dotierten Luther-Preis "Das unerschrockene Wort" erhalten ...

Gerda Huberty, Neundorf


Unlängst bin ich von Moskau zurückgekommen. Dort hatte ich Gelegenheit, mit vielen Freunden und Bekannten über die "beknackten Weiber" von "Pussy Riot" zu reden. Alle vertraten die Meinung, daß die Mitglieder dieser Punk-Band "nicht ganz dicht" seien und das Gerichtsurteil gegen sie gerechtfertigt sei.
Wenn es darum geht, Rußland und seinen Präsidenten Putin zu diskreditieren, wird vor nichts zurückgeschreckt. Man stelle sich einmal vor, Moskau wollte einen westlichen Systemgegner ehren oder sich in die Diskussion um Bundespräsident Gauck einmischen. Da würden die deutschen Medien aber spucken!

Peter Müller, Freital


Liebe Direktoren und Rektoren von Schulen und Universitäten, Leiter von Kindergärten und Bibliotheken, Intendanten von Theatern und Opernhäusern, Bürgermeister von Städten und Gemeinden oder Chefs von Armenspeisungen! Habt Ihr gehört, daß jenes Geld, welches Euch zum Überleben Eurer Institutionen und Einrichtungen fehlt, in einer Heidelandschaft begraben wird? Dort entsteht eine Stadt von der Größe Genthins, deren Bau Eure 100 Millionen verschlingen wird. Wenn dieses Geld sinnlos verbraten würde, wäre das schon schlimm genug. Doch es ist noch viel übler: Euch vorenthalten, wird es eingesetzt, um in anderen Teilen der Welt jenes System zu stabilisieren oder zu etablieren, das allein der Geldvermehrung dient. Kriege werden gebraucht, um Verhältnisse zu bewahren, die märchenhafte Gewinne für wenige, aber Armut für die meisten anderen bringen. Protestiert gegen den Bau dieses Ausbildungszentrums der Bundeswehr für den Kampf im urbanen Gelände! Fordert dieses Geld für Eure Dienstleistungen! Genthiner voran!

Peter Franz, ev.-luth. Theologe, Weimar


Hinsichtlich der Beilage zum RF Nr. 178 mit der bemerkenswerten Rede Götz Dieckmanns möchte ich zu der Präsentation von Filmen zur Oktoberrevolution ergänzend mitteilen: "Unterwegs zu Lenin" beruht auf einem Drehbuch von Helmut Baierl und Jewgeni Gabrilowitsch nach Motiven des Erinnerungsbuches von Alfred Kurella.

Prof. Werner Kühn, Berlin


Wie Klaus Wolff (RF 177) besuchte ich die Internatsschule Wickersdorf bei Saalfeld, die dann eine EOS mit erweitertem Russisch-Unterricht wurde. Als ich im September 1952 in die Sprachklasse 11 A eintrat, war die Initiative "Max braucht Wasser" bereits Geschichte, doch wir Jüngeren, die wir nicht selbst beteiligt waren, fühlten uns dem Geschehen noch sehr nahe. Außerdem nahm das Gemunkel, unser hauptamtlicher FDJ-Sekretär Rainer Kerndl würde etwas darüber schreiben, kein Ende. Tatsächlich erschien 1953 dessen Erstlingswerk "... und keiner bleibt zurück", das er den FDJlern von Wickersdorf widmete. Kerndl machte sich später als Dramatiker in der DDR einen Namen.
Übrigens erkannte ich in meinem sympathischen Banknachbarn Jürgen S. das Vorbild für Kerndls "Käpten" Steffen. Er hatte wegen einer Erkrankung zwei Jahre in einer "Mottenburg" zubringen und die Schule unterbrechen müssen.
Der langjährige, von uns allen geschätzte Schulleiter Helmut Kormann beendet seine "Erinnerungen an Wickersdorf" (1995/96) mit dem Satz: "Es ist bedauerlich, aber bezeichnend für das Schulwesen von heute, daß die Schule auf Anordnung des thüringischen Volksbildungsministeriums 1991 geschlossen wurde."
Doch wir Ehemaligen vom Abiturjahrgang 1954 - ich wurde nach der Reifeprüfung zum Medizinstudium nach Leningrad delegiert - treffen uns regelmäßig und sind immer noch stolz auf unser Wickersdorf und seine damaligen Pädagogen.

Dr. med. Hannelore Zange, Gera


Daß der Leipziger Pfarrer Führer 23 Jahre brauchte, um den real existierenden Kapitalismus zu durchschauen (den er doch sehr lange zumindest wohlwollend betrachtete), ist bei seiner Intelligenz erstaunlich spät. Dennoch mißtraue ich der Kehrtwende dieses Mannes.

Reinhard Melzer, Moritzburg/OT Boxdorf


Im RF 177 schreibt Ulrich Guhl, im "staatlichen Sinne" werde er "wohl ein Heimatloser bleiben". Sein sehr persönlicher Bericht betont, daß ihm die DDR als Heimat im Herzen bleiben wird.
An anderer Stelle bemerkt Ulrich Guhl, Heimat sei mehr als Lebensumfeld, Geburtsort, Nation und Staat, dessen Bürger man ist. In Johannes R. Bechers von Hanns Eisler vertonten Neuen Deutschen Volksliedern heißt es: "Deutsche Heimat sei gepriesen, Du im Leuchten ferner Höh'n, in der Sanftmut Deiner Wiesen, deutsches Land, wie bist Du schön!" Der Text widerspiegelt das Heimatgefühl von Emigranten in der Nazizeit, ihre Verbundenheit mit Deutschland, aber auch ihre tiefe Trauer. Deutschland blieb ihnen Heimat mit all dem, was es mit seinen Leistungen in Kultur, Sprache, Wissenschaft, zur Entwicklung der Arbeiterbewegung, zum Wachstum der menschlichen Gesellschaft geleistet hat. Dazu gehören heute die DDR und ihr vierzigjähriger Beitrag zur deutschen Geschichte und Gegenwart.
Den einen ist die BRD eine Heimat, für viele andere aber nicht. Starke Bindungen an politische Freunde, nahestehende Menschen, gleiche Ziele und Hoffnungen bleiben. Daraus schöpfen sie Kraft, gewinnen sie den Drang zu Veränderungen. Kommunisten und Sozialisten wird oft vorgeworfen, sie hätten kein Vaterland. Aber heimatlos sind sie - in diesem Sinne - sicher nie.

Ingo Hähnel, Berlin


Liebes Füchslein, Du hast ja recht: Wenn Du uns immer so fleißig mit dem Klassenstandpunkt fütterst, mußt Du auch was in den Magen bekommen. Dabei ist der Spatz in der Hand besser als die Taube auf dem Dach, denn für manchen von uns reicht es leider nicht zu üppigem Gänsebraten auf dem Weihnachtsteller.
Doch immerhin zwei Spätzchen haben wir für Dich eingefangen: Die KPD-Regionalorganisation Frankfurt (Oder) schickt Dir 20 Euro - ein Fünftel ihrer Jahresmittel -, und die KPD-Landesorganisation Brandenburg überweist 25 Euro. Als rote Füchsin verfolge ich neben dem RF auch "Die Rote Fahne" meiner Partei und die "junge Welt".
Die erwähnten Spenden für den RF kommen von Herzen und aus Überzeugung.

Cornelia Noack, Beeskow


Angeregt durch den Artikel von Cornelia Noack im RF 177 will ich von einer Ausstellung berichten, bei der ebenfalls DDR-Werke aus dem Kunstarchiv Beeskow gezeigt wurden. Hier koppelte man sie nicht wie in der erwähnten Ausstellung "Kunst aus 40 Jahren DDR" auf Burg Beeskow an Staat und Politik, sondern präsentierte Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern in ihrer Zeit. "Vom Paris-Urteil zum Kassandra-Ruf. Mythische Motive in der bildenden Kunst der DDR" lautete der Titel einer Exposition, die bis zum 14. Dezember im Hellersdorfer Ausstellungszentrum Pyramide zu sehen war. Eine virtuelle Führung durch den Kurator ist unter http://ausstellung.zga-berlin.de möglich. Schon vor einem Jahr fand dort unter dem Titel "Unruhig ist unser Herz - Religiöse Motive in der bildenden Kunst der DDR" eine Ausstellung mit der Idee statt, den Beitrag der DDR zur europäischen Kunstentwicklung zu würdigen.
Ich denke, daß Museen und Galerien Werke sammeln, weil sie Kunst schätzen, diese aber nicht erworben haben, um politische Aufträge zur Verunglimpfung der DDR wahrzunehmen.

Dagmar Dietrich, Berlin


Die oft beschriebene "Not" in der DDR erlebte ich selbst von Anbeginn hautnah. In den Jahren 1950 und 1951 habe ich in Meuselwitz eine von Bomben zerstörte Fabrik mit enttrümmert. Auf deren Gelände entstand dann der damals größte Lehrbetrieb des Bezirks Leipzig. Im Herbst 1951 bekam ich dort eine Lehrstelle, ein Jahr später wurde mir vom gleichen Betrieb ein Internatsplatz in Zeitz zugewiesen. Dort bezahlte ich für Betreuung, Kost und Logis im Monat 10 Mark.
Während der britische Premier Churchill schon kurz nach dem Sieg der Antihitlerkoalition über Nazi-Deutschland Hitlers Sturz mit den Worten bedauerte, man habe "das falsche Schwein geschlachtet", verkündete Adenauer wenig später, er wolle "lieber das halbe Deutschland ganz als das ganze Deutschland halb".
Trotz der enormen Reparationsleistungen an die UdSSR und des imperialistischen Wirtschaftsembargos gelang uns im Osten Deutschlands der Aufbau eines beachtenswerten Sozial- und Friedensstaates. Dessen historische Leistungen lasse ich mir durch niemanden ausreden.

Klaus Keller, Heiligenstadt


Der RBB übertrug am 6. November die ARD-Dokumentation "Der Sturz Honeckers". Mit Genugtuung verfolgte ich darin die Argumente von Genossin Margot Honecker. Es ist schon wichtig zu erfahren, wie sie die Dinge sieht. Ich bin ihr dafür sehr dankbar. Der Film zeigt übrigens, wie die DDR-Regierung nach Honeckers Sturz ihre eigene Verfassung mißachtete. In ihr war ein Recht auf Wohnraum festgeschrieben, das aber für die Familie Honecker offenbar nicht galt. Es wurde staatlicherseits nichts unternommen, um sie zu schützen. Die Ausflüchte damals Verantwortlicher sind für mich nicht hinnehmbar.

Wilfried Steinfath, Berlin


Der Artikel von Jobst-Heinrich Müller zum "Ziegelbrenner" hat mein Wissen über B. Traven erweitert. Bisher kannte ich nur die bereits sehr umfangreichen Forschungsergebnisse und Abhandlungen des Leipziger Literaturwissenschaftlers Rolf Recknagel. Traven-Literatur gehörte zur Hausbücherei meiner Eltern wie heute zu meiner Bibliothek. So konnte ich schon frühzeitig darin "herumstochern".
Ich schließe mich J.-H. Müller an, wenn er zu Neuauflagen und damit zu größerer Verbreitung dieser Literatur und vor allem zur politischen Weltbild-Erweiterung und Erziehung der Jugend auch anhand des Travenschen Werkes aufruft.

Gert Thiede, Suhl


Bei der jüngsten "Weltreise" Außenminister Westerwelles lautete die Devise einmal mehr: Deutschland, Deutschland über alles! Sollte die BRD nach Auffassung des SPD-Ministers Struck "am Hindukusch" verteidigt werden, so geht es jetzt darum, im afrikanischen Mali "für Ordnung zu sorgen". Westerwelle hat bei seiner Erdumrundung dieses Land als Schauplatz erwogen, vorerst allerdings "nur für Ausbildungszwecke". Warum zögert CDU-"Verteidigungs"minister de Maiziere noch? Bringt der für seine Truppen notwendige Aufwand dem BRD-Kapital zu wenig Nutzen?
Der Bundestag sollte dieser Art von Kriegseinsätzen endlich Einhalt gebieten und anderen Völkern ihre Souveränität belassen!

Hermann Thomas, Wilsdruff


Angeregt durch den Leserbrief von Marianne Wuschko aus Hoyerswerda, RF 178, möchte ich ein in meinem Gedächtnis haftendes Erlebnis schildern: Anfang der 60er Jahre kam mein Vater, ein engagierter Kommunist und Widerstandskämpfer, von seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Sozialarbeiter mit einem völlig verschmutzten und verängstigten Kleinkind nach Hause. Er bat meine Mutter, es zu baden und ihm etwas Essen zu geben, um es anschließend zum Jugendamt zu bringen. Meine Mutter, die uns vier Kindern schon überfordert war, reagierte erst, als ihr mein Vater berichtete, sie hätten das Kleine aus der Wohnung eines in den Westen geflohenen Paares geholt. Nachbarn waren durch das Weinen des hilflosen Wesens aufmerksam geworden und hatten die Behörden verständigt. Das kinderfreundliche Land, das sich solcher aus egoistischen Motiven skrupellos zurückgelassener hilfloser Geschöpfe annahm, war die DDR.

Monika Kauf, Berlin


Es ist unbestreitbar, daß es - wie Dr. Freudenberg (RF 176) schrieb - im Zusammenhang mit den Ereignissen des 11. September 2001 eine ganze Reihe bis heute ungeklärter Fragen gibt. Auch wurde dieses Ereignis durch die US-Administration propagandistisch ausgeschlachtet und politisch mißbraucht. Das belegen u. a. die Schaffung eines "Heimatschutzministeriums" und der unter dem Deckmantel der Bekämpfung des internationalen Terrorismus angezettelte Afghanistankrieg.
Dazu Fragen zu stellen und auf damit verbundene Probleme zu verweisen, halte ich bei der Suche nach der historischen Wahrheit für legitim, nicht aber die Wiedergabe unbelegbarer Sachverhalte. Das betrifft besonders den Vergleich zwischen dem 11. November und dem "Überfall auf den Reichssender Gleiwitz".

Oberstleutnant a. D. Roland Potstawa, Königs Wusterhausen


Zum Thema von Erhard Römers Artikel "Nachdenken über Demokratie" könnte auch ich manches beisteuern. Ein Beispiel mag indes genügen. Ich war Mitglied der Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft (AWG) "Neues Berlin", Prenzlauer Berg. Die Mieter der 32 Wohnungen bildeten eine Hausgemeinschaft und wählten alle zwei Jahre deren Leitung. Auf einer Berichtsversammlung wurde u. a. über Kinderfeste, gesellige Veranstaltungen und Leistungen im Nationalen Aufbauwerk gesprochen. Man wählte mich mehrere Male zum Vorsitzenden unserer Hausgemeinschaftsleitung (HGL).
Ab Oktober 1990 verwandelte man die AWG in eine Wohnungsbaugenossenschaft nach BRD-Recht. Das aber kannte keine Hausgemeinschaft mit gewählter Leitung. Dafür durften wir jetzt einen Vertreter in den Aufsichtsrat entsenden. Dem beschied man, seine Aufgabe habe nichts mit einer Vertretung von Mieterinteressen zu tun. Es gehe vielmehr um Angelegenheiten rein finanzieller Art. So änderte sich der Inhalt der Demokratie sehr konkret auch in unserem Hause.

Dr. Werner Ettelt, Berlin


Seit einiger Zeit bekomme ich den "RotFuchs". Er ist eine sehr aufschlußreiche Lektüre. Als kleines Dankeschön sende ich Ihnen ein Gedicht:

Arbeitslos

Mit vierzig Jahren schon zu alt?
Ja, sagt da heutzutag die Zeit
ganz unverfroren, herzlos, kalt
was zählt des Ausgestoß'nen Leid?

Da fühlt man sich in seinen besten Jahren
mit Geist und Fleisch in voller Kraft.
Doch keinen rührt's, man muß erfahren,
daß Wollen es allein nicht schafft.

Weil man sich schlicht nach Arbeit sehnt,
schreibt man Bewerbungen ohn' Ende.
Sie werden sämtlich abgelehnt
die Post bringt's Nein und keine Wende.

Man gibt nicht auf, versucht es noch mal
läßt sich die Hoffnung gar nicht rauben.
Das ew'ge Warten wird zur Qual
kommt ein Bescheid - man kann's kaum glauben.

Kurt Weste, Zerbst

*

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Der im Februar 1998 gegründete "RotFuchs" ist eine von Parteien unabhängige kommunistisch-sozialistische Zeitschrift.

HERAUSGEBER: "RotFuchs"-Förderverein e. V.

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INTERNET-PRÄSENTATION DES ROTFUCHS
UND AKUSTISCHE AUSGABE (für Sehbehinderte):
Sylvia Feldbinder

Redaktionsschluß für die übernächste Ausgabe ist der 20. eines Monats.

AUTORENKREIS:
Dr. Matin Baraki
Thomas Behlert
Rolf Berthold
Dr. Manfred Böttcher
Konstantin Brandt
Dr. Vera Butler (Melbourne)
Wolfgang Clausner
Prof. Dr. Götz Dieckmann
Dr. Rudolf Dix
Ralph Dobrawa
Dieter Fechner
Bernd Fischer
Peter Franz
Günter Freyer
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Ulrich Guhl
Bernd Gutte
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Jürgen Heiser
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Erik Höhne
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Februar 2013