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ROTFUCHS/184: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 230 - März 2017


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

20. Jahrgang, Nr. 230, März 2017



Inhalt

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Das Fanal des 8. März 1917

Am 8. März 1917, dem 23. Februar nach altem russischem Kalender, schlugen die seit Wochen anhaltenden Streiks und Betriebsversammlungen in Petrograd in die Revolution um. Die 1928 im von Willi Münzenberg geleiteten Neuen Deutschen Verlag herausgegebene "Illustrierte Geschichte der russischen Revolution 1917" beschrieb die Ereignisse so: "Diesen Tag kann man als den ersten Tag der bereits ausgebrochenen Revolution betrachten. Die Bewegung war nicht mehr aufzuhalten. Ganz Petrograd war von Unruhe ergriffen. Es streikten ungefähr 50 Betriebe mit 90.000 Arbeitern. Die Kampfstimmung machte sich durch Demonstrationen und in Zusammenstößen mit der Polizei Luft. Eine dichte Menge von Arbeiterinnen und Arbeiterfrauen zog zum Rathaus und forderte Brot. An verschiedenen Punkten der Stadt tauchten Fahnen mit den Parolen 'Nieder mit der Selbstherrschaft!', 'Nieder mit dem Krieg!' auf."

Es waren vor allem Frauen, die an diesem Tag entscheidend in den Geschichtsverlauf eingriffen. Am 15. 3. dankte Zar Nikolaus II., genannt "der Blutige", ab. Aber die an die Macht gekommene bürgerliche Regierung wurde von den Westmächten gezwungen, den Krieg gegen das kaiserliche Deutschland und dessen Verbündete wiederaufzunehmen. Am Klassencharakter des Krieges änderte sich nichts, nur weil nun eine "demokratische" russische Regierung im Amt war: Es blieb ein imperialistischer Krieg von Räuberstaaten im Kampf um Annexionen und die koloniale Neuaufteilung der Welt. Erst die Oktoberrevolution brachte mit Lenins Dekret über den Frieden das Ende des Weltkriegs für Rußland. Das Gemetzel hatte das Land zweieinhalb Millionen Tote und mehr als fünf Millionen Verwundete gekostet.

Die bisherigen Verbündeten beantworteten den "Verrat" am imperialistischen Krieg mit rasendem Haß. An dieser Haltung hat sich bis heute nichts geändert. Es folgte ihre Intervention, um die Revolution zu erwürgen.

In den 30er Jahren taten einige in London und Paris alles, um Nazideutschland auf die Sowjetunion zu hetzen. Seit deren Ende lebt die Menschheit wieder wie bis 1917 in einer Ära der Konterrevolution, Restauration, reaktionärer Ideologie einschließlich faschistischer, vor allem aber des hemmungslosen imperialistischen Krieges, des Staatsterrorismus. In Europa wird die Kriegsvorbereitung gegen Rußland vor aller Augen vorangetrieben. Die bloße Möglichkeit, daß sich die Beziehungen zwischen den USA und der Russischen Föderation nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten zum Positiven ändern könnten, läßt hiesige Strategen über eine deutsche Atombombe nachdenken.

Noch ist offen, wie es zwischen Washington und Moskau weitergeht. Nach den ersten Amtshandlungen Trumps steht allerdings fest: Am imperialistischen Klassencharakter der US-Außenpolitik hat sich nichts geändert. Das schließt Konfrontation im eigenen Lager nicht aus und das Bestreben, einen imperialistischen Frieden zu diktieren, ein.

Lenin veröffentlichte 1917 nach der Oktoberrevolution zum Entsetzen der Westmächte deren Geheimverträge mit Rußland. Einer davon, das Sykes-Picot-Abkommen von 1916, das auch Rußland seinen Teil an der osmanischen Beute zusicherte, hat bis heute im Nahen und Mittleren Osten verheerende Folgen.

Nicht nur deswegen blieb der 8. März 1917 in Petrograd von brennender Bedeutung, machte ihn die Zweite Internationale Konferenz kommunistischer Frauen 1921 in Moskau zum Gedenktag. Heute ist die Forderung "Nieder mit dem imperialistischen Krieg!" und für Milliarden Menschen auf der Welt die nach Brot eine Überlebensfrage. Die sich daraus ergebende Aufgabe lautet wie 1917 oder 1921, Ausbeutung, Kolonialismus, Krieg und Frauenunterdrückung zu überwinden und eine sozialistische Gesellschaft zu schaffen.

Arnold Schölzel


Allen unseren Leserinnen und Autorinnen herzliche Grüße zum Frauentag!

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Kurt Bachmann (1909-1997) - Leben im Widerstand

Fast 50 Jahre ist es her, daß mir, einem jungen Genossen der illegalen KPD, Kurt Bachmann das erste Mal begegnete. Damals ging es um die Konstituierung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), was in mir das Gefühl auslöste: "Endlich wieder eine legale kommunistische Partei!"

Kurt Bachmann wurde am 23. Juni 1909 in Düren geboren. Sein Vater war Handgerber, Gewerkschafter und Kriegsgegner. Er absolvierte eine Lehre als Ledersortierer in Köln, arbeitete ab 1928 in einer Gerberei in Luxemburg, trat 1929 in die Gewerkschaft und in die Revolutionäre Gewerkschaftsopposition ein. Er wurde fristlos entlassen, als er sich für gewerkschaftliche Forderungen der Belegschaft einsetzte. 1932 fand er den Weg zur KPD in Köln.

Kurt arbeitete nach dem Parteiverbot 1933 illegal. Er übernahm im Neusser Hafen von holländischen Rheinschiffern Flugblätter der KPD, verteilte sie in Köln, schrieb Losungen an Mauerwände, organisierte marxistische Schulungskurse. 1936 heiratete er seine jüdische Frau Alice, die 1942 zusammen mit ihm in Toulouse verhaftet, an die Gestapo ausgeliefert und in Richtung Osten deportiert wurde. Alice Bachmann wurde in Auschwitz umgebracht. Er selbst kam in die Konzentrationslager Johannsdorf, Ratibor, Preiskretscham, Blechhammer, wo er Mitglied der jeweiligen illegalen Parteileitung wurde, und schließlich nach Buchenwald. Nach der Befreiung kehrte er nach Köln zurück.

1968 trat Kurt Bachmann ins volle Rampenlicht der bundesdeutschen Presse. Sein Name wurde verbunden mit der Neukonstituierung der kommunistischen Partei, der DKP, in der Bundesrepublik, in einem Staat, in dem die KPD verboten war. Er war der erste Vorsitzende der DKP von 1969 bis 1973.

Bürgerliche Medien zeichneten ihr eigenes Bild von ihm: "Er ist groß und wirkt doch unscheinbar, seine Züge sind scharf geschnitten und verraten gleichwohl kein Profil. Unauffälligkeit ist das auffälligste Merkmal dieses Kommunisten, der die derzeit 22.000 DKP-Mitglieder in den ersten Bundestagswahlkampf führen soll. (...) Hinter ihm liegt eine Funktionärskarriere, satt an menschlichen Belastungen, doch ohne Höhepunkte." ("Der Spiegel" 17/1969)

Ein "profilloser" Kommunist? Kann ein Kommunist, ein aktiver Antifaschist, profillos sein? Was ist ein Antifaschist? Die Frage, die mich bei der gedanklichen Rückschau auf Kurt Bachmann aus Anlaß seines 20. Todestages am 23. Februar bewegte, war: Was hatte das größere Gewicht in seiner politischen Geschichte? Kommunist, Antifaschist? Es ist die Frage nach dem, was eine Persönlichkeit am meisten geprägt hat. Kurt Bachmann war Kommunist und Antifaschist! Nicht nur im Faschismus, auch nach 1945 bis zu seinem Lebensende, hatte seine Haltung, sein Handeln ein kommunistisches und antifaschistisches Profil. Beides ist bei ihm nicht zu trennen.

Es ist kein Widerspruch, wenn er seine Hauptaufgabe in der Motivierung des aktiven Antifaschismus heute sah. Die Jüngeren, welche die Realität des Faschismus nicht erleben mußten, waren für ihn und viele andere Kommunisten jene, die man erreichen mußte im Bemühen, über Ursachen, Wirkung und Widerstand im Faschismus zu informieren und sie für den aktuellen Kampf zu mobilisieren. Ihr Anliegen war es, den heutigen Generationen ihre leidvollen persönlichen Erfahrungen zu ersparen. Für ihn war der gegenwärtige Faschismus nicht die einfache Wiederholung des Gestern - trotz gleicher ideologischer und ökonomischer Basis, Militarismus, Antikommunismus und Rassismus. Er wies darauf hin: "Der Militarismus, früher symbolisiert durch die preußisch-junkerliche Offizierskaste, durch Drill und Kadavergehorsam in den extremen Formen, sucht heute sein wahres Gesicht hinter dem 'Bürger in Uniform' zu verbergen. Aber stärker noch als früher plant der Militarismus die totale Erfassung, die Wehrbereitschaft des ganzen Volkes."

Seine Arbeit, seine Botschaften waren und sind heute noch gültig.

Nur wenn wir die Lehren der Geschichte bewahren und vermitteln, kann ein "kollektives Gedächtnis" der antifaschistischen Bewegung wieder entstehen. Kurt Bachmann hat seinen Teil dazu beigetragen. Nicht als "Geschichtenerzähler", sondern als ein "in der Geschichte Handelnder" und "aus der Geschichte Lernender".

Den historischen Moment, den Entschluß zu verkünden, wieder eine legale kommunistische Partei in der Bundesrepublik aufzubauen, beschreibt Kurt Bachmann, wie es seine Art ist, nüchtern.

"Im Namen und als Sprecher eines einunddreißigköpfigen Bundesausschusses, der am Vortag, am 25. September 1968, die 'Deutsche Kommunistische Partei' konstituiert hatte, trug ich die Erklärung vor, in der wir diesen bedeutsamen Schritt begründeten. (...) Die Neukonstituierung einer Kommunistischen Partei stieß überall auf großes Interesse. Man spürte, daß sie zum richtigen Zeitpunkt erfolgte. ... Was uns damals bewegt hat, die DKP zu konstituieren, ist die einfache Tatsache, daß die Arbeiterklasse eine legale Kommunistische Partei braucht, die ihre Klasseninteressen ebenso wie die des ganzen werktätigen Volkes vertritt. ... Was waren das für Menschen, die der Aufforderung folgten, in der Bundesrepublik eine Kommunistische Partei neu zu konstituieren? Es waren bewährte Kommunisten, die bereits im Kaiserreich, in der Weimarer Zeit, unter dem Hitlerfaschismus in der revolutionären Arbeiterbewegung standen und für den Sozialismus kämpften. Es waren Angehörige der Generation, die als Soldaten oder in der Heimat die Verbrechen des Faschismus und das Grauen des Krieges kennenlernten und die nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus ihre ersten politischen Erfahrungen sammelten und in der KPD und anderen Arbeiterorganisationen für eine antifaschistisch-demokratische Entwicklung unseres Landes eintraten. Und es waren schließlich junge Menschen, die als aktive Teilnehmer der Ostermarschbewegung, der Bewegung gegen die geplanten Notstandsgesetze, der Bewegung für die Beendigung der US-amerikanischen Aggression in Vietnam und der Studentenbewegung zu der Einsicht gelangten, daß es für die Wahrnehmung der Tagesinteressen der Arbeiterklasse und der Jugend sowie für den Kampf um grundlegende gesellschaftliche Veränderungen einer kommunistischen Partei bedarf."

Kurt Bachmann hat sie geprägt. Sein Vermächtnis bleibt unvergessen.

Walter Bauer, Nürnberg

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Herbert Mies - ein Kämpfer für Frieden und Sozialismus

Im September letzten Jahres berichtete Herbert als Zeitzeuge bei der zentralen Veranstaltung der DKP zum 60. Jahrestag des KPD-Verbots. Und wie er berichtete! Das Mikrofon benötigte er nicht. Er hielt es in der Hand, doch sah es eher so aus, als ob er damit die alten Faschisten, die Nazirichter, die Reaktionäre und das Monopolkapital spüren lassen wollte, was er ihnen entgegensetzte: Widerstand, Kampf, Klassenkampf.

Es war eine begeisternde, mitreißende Geschichtsstunde, die uns Herbert erteilte. Kurz danach schrieb er in einem Brief, daß dies wohl sein letzter öffentlicher Auftritt gewesen sei. Man konnte beim Lesen dieses Briefes spüren, wie wichtig es für ihn war, daß seine DKP zu dieser Frage eine große Veranstaltung und Demonstration durchgeführt hatte. Kein Wunder, denn das Leben des Kommunisten Herbert Mies (23.2.1929 - 14.1.2017) war geprägt von den Angriffen des Klassengegners.

Aus einer kommunistischen Arbeiterfamilie kommend, erlebte er als junger Mensch Faschismus und Krieg. Eine Lehrerausbildung wurde ihm verwehrt, weil er sich weigerte, sich als Reserveoffizier der Naziwehrmacht zur Verfügung zu stellen. Er erlebte die Befreiung, und ihm war klar: Wer die Wurzeln des Faschismus herausreißen will, der muß den Kapitalismus überwinden. Diese Überzeugung führte ihn in die FDJ und die KPD.

Mit einer ungeheuren Schnelligkeit wurde zu dieser Zeit in den Westzonen die Restauration der alten Macht- und Besitzverhältnisse vollzogen. Die Gründung der BRD als Bollwerk gegen den Sozialismus bedeutete die Spaltung Deutschlands. Schon Anfang der 50er Jahre wurde die Remilitarisierung Westdeutschlands betrieben. Herbert und seine Genossinnen und Genossen wußten: Das mußte verhindert werden, es brauchte ein friedliches, einheitliches Deutschland, mit guten Beziehungen zur Sowjetunion. Mit ihrer Arbeit störten sie die Pläne der Herrschenden, welche wie immer mit Repression reagierten. 1951 wurde die FDJ verboten und der Verbotsantrag gegen die KPD gestellt. Herbert arbeitete illegal weiter und lebte einige Jahre mit seiner Frau und Genossin Gerda und ihren Kindern in der DDR im Exil.

Die scharf antikommunistische und antisowjetische Politik der BRD wurde in den folgenden Jahren mehr und mehr zum Anachronismus. In den 60er Jahren kam Bewegung in die starren politischen Verhältnisse Westdeutschlands. Beim Versuch, den Entwurf eines neuen Parteiprogramms öffentlich vorzustellen, wurde Herbert verhaftet. Auch die "liberalen" Herrschenden zeigten: "Das KPD-Verbot bleibt." Es gilt bis heute, während die NPD einen Freibrief erhält. Gibt es ein besseres Beispiel dafür, wie wenig sich in der BRD geändert hat?

Erneut stellte sich den westdeutschen Kommunisten die Frage: Was tun? Heiße Debatten wurden geführt. Nicht ohne Widerspruch setzte sich die Position durch, daß eine legale KP gebraucht werde, auch wenn das KPD-Verbot fortbestand. Um zu verdeutlichen, daß man dieses schändliche Urteil damit aber keinesfalls anerkannte, wurde die DKP 1968 "neu konstituiert".

Wer glaubte, die herrschende Klasse, die ihre Regierungsgeschäfte damals von einer "sozialliberalen" Regierung unter Willy Brandt besorgen ließ, würde nun ihren Frieden mit dieser Partei machen, irrte. Bereits ab 1971 wurden die Kommunisten von ebendieser Regierung wieder mit Berufsverboten belegt. Die DKP und Herbert Mies wurden von Anfang an als eine Art fünfte Kolonne der Sowjetunion, der DDR, der KPdSU und der SED verleumdet. Andererseits gab es auch für deutsche Kommunisten in der BRD, im Frontstaat des Imperialismus an der politischen, ökonomischen und militärischen Nahtstelle Europas keinen anderen Platz als an der Seite des "realen Sozialismus". Das war eine Frage des Friedens und der eigenen Identität. Herbert und seine Genossen vollbrachten große taktische und strategische Leistungen. Der Kampf um die Verankerung der Forderung nach Vergesellschaftung in den Gewerkschaften, der Kampf gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen, die vielfach erfolgreichen Anstrengungen zur Zusammenführung von Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung sind nur einige Beispiele dafür. Doch sie erlitten mit den europäischen Konterrevolutionen 1989/90 eine dramatische Niederlage. Sie war für Herbert ein harter, ein heftiger Schlag. Er mußte miterleben, wie Gorbatschow, den er anfangs für einen Genossen und Freund gehalten hatte, nicht nur den Sozialismus zerstören ließ, sondern auch Genossen wie Erich Honecker, Heinz Keßler und Egon Krenz der Rache des Klassengegners auslieferte.

Für mich blieb er immer auch ein wichtiger Freund und Berater. Erst recht seitdem ich versuche, in seine Fußstapfen als Vorsitzender der DKP zu treten.

Patrik Köbele

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Brasilien auf dem Weg in die Vergangenheit
Gegen den Putsch - für Lula

Der Neujahrstag 2003 war ein historischer, ein Tag, der sich tief in das Gedächtnis und die Herzen von Millionen Brasilianern einschrieb. In der Hauptstadt Brasília wurde Luiz Inácio Lula da Silva als 37. Präsident des größten Landes Südamerikas ins Amt eingeführt. 61 Prozent der Wähler hatten für den Kandidaten der Arbeiterpartei (PT) gestimmt. Ein Wunder hatte sich durchgesetzt, gegen das konservative Establishment und die Kassandrarufe der großen Meinungsmacher.

In seiner Antrittsrede vor einer riesigen, begeisterten Menschenmenge versprach er ein weiteres: Ein besseres Brasilien für alle. Hunger und Not, die großen Plagen des Landes, sollten ein für alle Mal beseitigt werden. Erreichen wollte das ein Mann, der keine höhere Schulbildung besaß, der aus dem rückständigen Nordosten stammte und sich als Metallarbeiter und Gewerkschaftsführer im industriellen "ABC-Gürtel" von São Paulo schon unter der bis 1985 währenden zivil-militärischen Diktatur mit der Obrigkeit angelegt hatte. Lula sprach die Sprache der kleinen Leute, denn diese war auch seine. Doch auch bei Intellektuellen und Künstlern und für den aufgeklärten Mittelstand traf er den richtigen Ton. Die Zeichen standen auf Wandel.

Das neoliberale Modell seiner Vorgänger hatte sich in den Augen der meisten als untauglich erwiesen, die drängenden sozialen und wirtschaftlichen Probleme der Menschen zu lösen.

Dem alten Filz wurde das Vertrauen entzogen. José Serra von der konservativen PSDB sah in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl im Oktober 2002 gegen Lula keinen Stich. Daß diesem nun die grün-gelbe Schärpe des Präsidenten der Föderativen Republik Brasilien umgelegt wurde, brach mit der in diesem Teil der Welt seit 500 Jahren herrschenden Regel, daß das Herrenhaus und nicht die Sklavenhütte das Kommando führt.

Das Wunder gelang. Mit visionären Projekten und nüchterner Realpolitik schaffte es Lula, große Gegensätze zu überbrücken. Revolutionäre Ziele und Forderungen wurden an einen fernen Horizont verschoben. In seiner heterogenen Partei sorgte das für Spannungen, am linken Flügel platzte einiges ab.

Privilegien und mächtige Positionen der reichen Eliten in Staat und Gesellschaft blieben von den PT-geführten Regierungen unangetastet. Sie saßen sogar mit im Boot. Zugleich wurden große Programme wie die Sozialhilfe "Bolsa Familia und "Fome Zero" zur Bekämpfung des Hungers aufgelegt. Die neue Massenkaufkraft kurbelte die Wirtschaft zur Freude aller Beteiligten an. Aus den volleren Kassen des Staates floß Geld in Bildung und Gesundheit. Ein besseres Leben wurde für Millionen Wirklichkeit.

Bis 2005 hieß Lulas Kabinetts-Chef José Dirceu, ein genialer Organisator und Stratege aus der alten Garde der PT. Für den Mensalão-Skandal um Stimmenkäufe im Parlament mußte er schließlich den Kopf hinhalten. Bis heute sitzt Dirceu schwer erkrankt in Haft, obwohl die Beweise gegen ihn dürftig waren und ähnliche Praktiken durch die Rechtsparteien unter den Teppich gefegt wurden. Ein Gefangener im Krieg der Klassen.

Am Ende seiner zweiten Amtszeit war Lulas Popularität immens. Das Land und sein Präsident waren aufeinander stolz. International hatte Brasilien mit einer unabhängigen Außenpolitik gewaltig an Prestige gewonnen, vermittelte als "sanfter Riese" in den großen Weltkonflikten. Die Vergabe von Olympia und Fußball-WM an das Land am Zuckerhut erschien wie das i-Tüpfelchen auf Lulas Erfolgsgeschichte. Mit Beginn des Jahres 2011 konnte er den Stab weitergeben an seine Parteifreundin Dilma Rousseff.

Längst nicht alle Blütenträume reiften. Die Re-Demokratisierung blieb unvollendet, die Schergen der Diktatur wurden nie zur Verantwortung gezogen. Das von sieben Oligarchenfamilien kontrollierte, alles dominierende private Medienkartell blieb unangetastet. Von einer echten Bodenreform war weiter nichts zu sehen. Die sozialen Bewegungen wurden in ihrem Elan gebremst. Großprojekte für die Infrastruktur, die Gewinnung von Energie und Bodenschätzen nahmen wenig Rücksicht auf die davon Betroffenen, Umweltprobleme blieben Nebensache. Der Kreislauf der Gewalt in den Metropolen und im skandalösen Gefängnissystem konnte nicht durchbrochen werden. Auch die Autos der kleinen Leute verstopften nun die Straßen von Städten, die einen permanenten Verkehrsinfarkt erleiden.

Schließlich trafen die Folgen der globalen Krise mit äußerster Härte auch auf die Wirtschaft Brasiliens. Das Leben wurde teurer, die Arbeit knapper. Die Rechte und die Globo-Medien konnten so seit 2013 die allgemeine Unzufriedenheit schüren und lenken, die weißen Mittelklassen gegen die Linke mobilisieren. Darunter auch Profiteure der PT-Politiken: Einwanderer in höhere soziale Schichten, die wie Brasiliens überwiegend dünkelhafte, rassistische Bourgeoisie damit begonnen hatten, auf jene unter ihnen herabzusehen oder deren Nachdrängen zu fürchten. Jene, die glauben, allein ihre Gebete hätten dafür gesorgt, daß sie nicht mehr von der Hand in den Mund leben müssen, sondern Konsumenten sein dürfen.

Ein gerechtes Urteil über die Politik Lulas und Rousseffs muß die vorgefundenen Bedingungen, die realen Kräfteverhältnisse und Spielräume mit in den Blick nehmen. Dazu gehört, daß die Arbeiterpartei nie eine hegemoniale Rolle innehatte. Eine revolutionäre Situation war bei weitem nicht gegeben. Das Militär hatte sich zwar in die Kasernen zurückgezogen, die alten Feindbilder aber nicht abgelegt.

Allein das Präsidialsystem, nach der Diktatur in einer großen Kampagne vom Volk selbst erstritten - anders als jenes diktatorische, das sich Erdogan derzeit in der Türkei bastelt, eröffnete der Linken eine Machtoption. Ihren Erfolg verdankte die PT vor allem Lula. Außerhalb ihrer Hochburgen, etwa im Nordosten, blieb die PT weiter relativ schwach. Es galt, ein riesiges, multikulturelles Land mit völlig unterschiedlich entwickelten Regionen und 200 Millionen Einwohnern zu regieren, das am Erbe von Kolonialismus und Sklaverei noch immer trägt. Mit einer Zentralgewalt, deren Macht an der der Bundesstaaten oder örtlicher Kaziken schnell endet.

Um so bemerkenswerter ist, was Lula und Rousseff in nur wenigen Jahren bewegen konnten - etwa auf dem Gebiet der Bildung, die in Brasilien keinen leichten Stand hat. Denn es ist nicht gerade ein Leseland. Die "Globo-Glotze" dominiert mit Telenovelas, Fußball, Verbrecherjagden und seichten Shows den Alltag. Etliche öffentliche Hochschulen, zu denen auch nichtprivilegierte Teile der Bevölkerung Zugang haben, entstanden neu.

Um regieren zu können, ging die PT fragwürdige Bündnisse ein. Mit der Etablierung der Partei im Politikzirkus von Brasília sprangen Konjunkturritter und Opportunisten bei ihr auf. Sie machte Konzessionen an den sich rasant ausbreitenden religiösen Fundamentalismus der Evangelikalen und dessen weltliche Macht. Wo der Staat die Menschen im Stich läßt, füllen die Sekten die Lücke. Wohltätigkeit und Indoktrination gehen dabei Hand in Hand. Die Arbeiterpartei hatte es mit einem konservativ dominierten Kongreß zu tun, mit starken Lobbys des Agro-Business und der Waffenindustrie dort. Mit einem Parlament, das ein Hort von Clans und Politikgangstern ist, welche nur ihre Immunität oder gute Beziehungen zur Justiz schützt. Aufgrund eines komplexen Wahlsystems sitzen dort viele wenig repräsentative Volksvertreter, die im Plenum fernsehreife Shows abziehen und jede Politikreform konsequent boykottieren. Wahlen auf allen Ebenen sind in Brasilien fast ausschließlich auf Personen zugeschnitten. Die auf fortschrittlich getrimmten Etiketten der meisten Parteien sind bedeutungslos. Politiker wechseln hier während ihrer Karrieren immer wieder mal das Ticket, auf dem sie reisen.

Die 13 Jahre währende PT-Ära ist nun Geschichte. Lulas Amtsnachfolgerin Dilma Rousseff wurde im vergangenen Mai durch einen kalten Staatsstreich von Parlament, Senat und Oberstem Gericht entmachtet und Ende August endgültig abgesetzt. Ihr durch das Komplott ans Ruder gelangter Vize von der rechtsopportunistischen PMDB, Michel Temer, hat Brasilien zurück in die Obhut des Herrenhauses gegeben. Das Programm seiner Regierung heißt Kürzen, Privatisieren, Rechte beschneiden. Widerstand trifft auf harte Repression. Außenpolitisch steuert Chefdiplomat José Serra Brasilien wieder ins Fahrwasser der USA. Zusammen mit Argentinien und Mexiko bildet sich ein neuer rechter Block in der Region heraus.

Zur Vorgeschichte des Putsches gehört der von Wikileaks 2013 enthüllte NSA-Spionageskandal gegen Brasiliens Regierung und strategische Sektoren der Wirtschaft.

Besonders im Auge haben US-Konzerne die gewaltigen Öl- und Gasvorkommen vor der Küste des südamerikanischen Landes. Die "Lava Jato"-Korruptionsermittlungen einer Taskforce mit engen Verbindungen zum FBI zu Schmiergeldnetzwerken rund um den Ölkonzern Petrobras und den Bauriesen Odebrecht im Zusammenhang mit öffentlichen Auftragsvergaben - keine neue Praxis in Brasilien - werden von den Medien ausgeschlachtet. Ein großer Raubzug der PT wurde suggeriert. Tatsächlich ist ein großer Teil der Politprominenz des Landes in solche Praktiken verwickelt, allen voran die gesamte Führungsriege von PMDB und PSDB.

Besonders im Visier haben die parteilichen Ermittler Expräsident Lula, der stets ein Beispiel an persönlicher Integrität gab. Ein Leben lang durchleuchtet und ausspioniert, haben sie ihn im Zusammenspiel mit den Konzernmedien bereits für schuldig erklärt und zum "Kopf einer kriminellen Organisation" erklärt. Beweise haben sie nicht in der Hand, dafür konstruierte Anklagen und "Überzeugungen". Im vergangenen März inszenierte Bundesrichter Sérgio Moro für die Öffentlichkeit eine Zuführung zum Verhör. Illegal hörte er die Telefongespräche der Präsidentin mit ihrem Vorgänger ab und spielte das Material den Medien zu, sabotierte erfolgreich eine Regierungsumbildung mit Lula als Kabinetts-Chef. Gedeckt von hohen Justizkreisen kam der neue Star des Rechtspopulismus mit einer Ermahnung davon und hat Aussicht auf Beförderung.

Um jeden Preis soll verhindert werden, daß sich Lula 2018 erneut zur Wahl stellt. Im Kongreß wird eine Verfassungsänderung vorangetrieben, die auf Lula zielt, und Menschen ohne Hochschulabschluß von der Kandidatur zum Präsidentenamt künftig ausschließt. Mit Lügen und Verleumdungen mußten Lula und seine Familie stets leben. Der geschürte Haß wurde zu einem Trommelfeuer. Am 3. Februar starb Lulas Ehefrau und Kampfgefährtin Marisa Letícia, auch sie von der Justiz schikaniert und vom faschistischen Mob angefeindet, an den Folgen eines Hirnschlags.

Brasiliens wirtschaftliche Talfahrt geht indessen weiter, nur das politische Chaos wächst. Und damit auch die Gefahr, daß der Ruf rechter Kreise nach dem Militär lauter werden könnte. Vor der Geschichte steht Lula als der größte Präsident da, den Brasilien je hatte. Die internationale Solidarität muß seinen Verfolgern in den Arm fallen!

Peter Steiniger

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Wahlsieg in Nikaragua

Das Jahr 2017 begann für die Sandinisten Nikaraguas mit einer neuen Herausforderung. Comandante Daniel Ortega hatte im November 2016 die Wahlen gewonnen. Am 10. Januar übernahm er auf dem Platz der Revolution in Managua das Präsidentenamt für die nächsten Jahre bis 2021. Vor Zehntausenden vor allem junger Nikaraguanerinnen und Nikaraguanern, zahlreichen Staatschefs, unter ihnen die Präsidenten Venezuelas und Boliviens Nicolás Maduro und Evo Morales, Vertretern ausländischer Regierungen, politischer Parteien und Bewegungen sowie internationaler Organisationen verpflichtete er sich, mit seiner Regierung die Arbeit im Geiste der Einheit, des Friedens und des Wohlstands Nikaraguas und seiner Bürger fortzusetzen.

Die Sandinisten bezeichnen ihr Gesellschaftsmodell als christlich, sozialistisch und solidarisch. Sie halten an den bereits in der Regierungszeit der 80er Jahre verkündeten Säulen ihres Modells, politischer Pluralismus, gemischte Wirtschaft und Nichtpaktgebundenheit, fest. Der von der sandinistischen Regierung entworfene und verfolgte Kurs des Dialogs mit den Unternehmern und Gewerkschaften hat zur sozialen Sicherheit im Lande beigetragen. Die Ruhe und Sicherheit im Land haben ausländische Investoren angezogen. Der Jahresbericht 2016 der Zentralbank Nikaraguas sagt aus, daß die Wirtschaft und die Finanzen robust sind.

Mitte des Jahres 2016 klagte das historische Präsidium der Unabhängigen Liberalen Partei (PLI) vor der Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofes gegen die Besetzung der Führungsposten in der PLI durch die Vertreter um Montealegre und der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS). Die Kammer stellte per Urteil die Ordnung wieder her. Die Montealegres verloren ihre Posten in der PLI und infolgedessen auch ihre Mandate in der Nationalversammlung. Sie riefen zum Wahlboykott auf und gründeten die Bewegungen "Bürger für die Freiheit" (CPL) und "Breite Front für Demokratie" (FAD). Es gelang ihnen aber nicht, sich rechtzeitig als politische Parteien zu konstituieren und für die Wahlen anzumelden. Wie immer in solchen Situationen riefen sie ihre mächtigen Freunde im Norden zu Hilfe.

Im Sommer 2016 entwarfen die Kongreßabgeordneten Ileana Ros-Lehtinen und Albio Sires das Gesetz "Nikaraguan Investment Conditionality H.R.5708" und reichten es bei der Vertreterkammer ein. Das Gesetz, als "Nica Act" bekannt geworden, sieht vor, alle Darlehen, die von internationalen Finanzorganen an Nikaragua ausgereicht werden, durch die USA kontrollieren zu lassen, es sei denn, "die Ortega-Regierung ergreift Maßnahmen, um die Demokratie wiederherzustellen und freie, gerechte und transparente Wahlen durchzuführen". Die Gesetzesinitiative Nica Act hat inzwischen alle Instanzen des Kongresses durchlaufen und ist dort einstimmig angenommen worden. Ob das Gesetz in Kraft tritt oder nicht, liegt jetzt in den Händen des Präsidenten der Vereinigten Staaten.

In den vergangenen Jahren hatte Ortega auf den Gipfeln der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC) und des Forums von São Paulo die OAS kritisiert und gefordert, daß sie Kuba wieder zu den Gipfeln einlädt. Er gehört zu den lateinamerikanischen und karibischen Mandatsträgern, die damit drohten, die OAS-Gipfel nicht mehr wahrzunehmen, wenn die OAS ihre Boykotthaltung gegenüber Kuba nicht aufgibt. Im September 2016 trafen sich die Ex-Präsidenten Andrés Pastrana Arango aus Kolumbien, Vicente Fox aus Mexiko, José María Aznar aus Spanien, Laura Chinchilla aus Costa Rica und Jorge Quiroga aus Uruguay zu einem Demokratie-Forum auf dem Campus des "Wolfson del Miami Dade College". Am Treffen nahm auch der Generalsekretär der OAS Luis Almagro teil. Auslöser war die Weigerung Daniel Ortegas, diese Ex-Präsidenten als Wahlbeobachter der OAS einzuladen. Die Teilnehmer des Treffens besprachen nun die Lage in Nikaragua und stellten fest, daß "das Ortega-Regime monarchisch, despotisch und vetternhaft sei, schlimmer als das von Somoza". Die Attacken der politischen Gegner Ortegas und der FSLN sind ruhiger geworden. Sie werden aber weitergehen.

Bisher haben die undemokratischen Mittel nicht gezogen, um die FSLN und Daniel Ortega von der Macht zu verdrängen. Im Gegenteil, sie sind aus jeder Wahl gestärkt hervorgegangen. Die Wahlerfolge der Sandinisten sind nicht nur der Schwäche der rechten Opposition geschuldet. Die Bevölkerung vertraut auf die von Daniel Ortega und der FSLN verfolgte Politik. Soziale Programme haben dazu beigetragen. Die Nikaraguanerinnen und Nikaraguaner wollen, daß in ihrem Land Frieden, Stabilität und Sicherheit herrschen. Sie haben entschieden, daß der Kampf für ein kulturvolles und gedeihendes Nikaragua frei von Armut weitergeht.

Wolfgang Herrmann, Dreesch

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Der Imperialismus fürchtet Che noch immer

Vor 49 Jahren dachte ein gedungener Mörder, ein Terrorist, der auf Befehl der CIA der Vereinigten Staaten handelte, daß er in Bolivien einen Mann umgebracht hätte. Das war jedoch bereits zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr möglich. Was der Henker Felix Rodriguez Mendigutfa nicht wußte und wohl immer noch nicht weiß, ist, daß er durch sein Verbrechen Che Guevara endgültig unsterblich gemacht hatte. Che ist weiterhin eine Herausforderung, eine nicht einnehmbare Festung für den Imperialismus. Man kann kein Beispiel umbringen, man kann die Ideen nicht ermorden. Che lebt, weil die Revolutionäre der Welt ihm Leben verleihen.

"Wenn wir sagen wollen, wie wir uns unsere revolutionären Kämpfer, unsere Parteimitglieder, unsere Menschen wünschen, müssen wir ohne Ausflüchte sagen: Sie sollen sein wie Che! Wenn wir sagen wollen, wie wir uns die Menschen der zukünftigen Generationen wünschen, müssen wir sagen: Sie sollen sein wie Che! Wenn wir sagen wollen, wie wir unsere Kinder erzogen sehen wollen, müssen wir ohne Zweifel sagen: Wir wollen, daß sie im Geist von Che erzogen werden! Wenn wir das Modell eines Menschen wollen, das Modell eines Menschen, der nicht in diese Zeit gehört, das Modell eines Menschen, der der Zukunft gehört, dann sage ich von ganzem Herzen, daß dieses Modell Che Guevara ist! Wenn wir sagen wollen, wie wir uns unsere Kinder wünschen, müssen wir von ganzem Herzen als leidenschaftliche Revolutionäre sagen: Wir möchten, daß sie wie Che seien!" Das waren Worte Fidels am 18. Oktober 1967 während der Kundgebung in Gedenken an Che Guevara auf dem Platz der Revolution.

Nicht nur in den Kadern sollte jener Argentinier leben, der mit gutem Recht und aus Überzeugung Kubaner wurde. Auch der Student, der Arbeiter, der Soldat, der Wissenschaftler, der Intellektuelle sollte mit der gleichen Empfindsamkeit vorgehen, die Che seinen Kindern gegenüber zum Ausdruck brachte, als er ihnen sagte: "Wachst als gute Revolutionäre heran. Lernt viel, um mit der Technik umgehen zu können, die es erlaubt, die Natur zu beherrschen. Denkt daran, daß die Revolution das Wichtigste ist und daß jeder von uns allein nichts bedeutet. Vor allem seid immer fähig, jede Ungerechtigkeit zutiefst zu empfinden, die gegen irgendwen in irgendeinem Teil der Welt begangen wird!"

Dann wird Che weiterhin für den Imperialismus eine Herausforderung, der am meisten Gefürchtete bleiben. Und sie werden ihn schon nicht mehr töten können, weil sein Beispiel unsterblich ist.

Oscar Sanchez Serra
(Nach "Granma", November 2016)

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Afghanistan braucht eine Perspektive

Flucht ist in der afghanischen Geschichte ein neues Phänomen. Erst als 1973 die Monarchie gestürzt wurde, kam es zu Flüchtlingsströmen nach Pakistan. Nach der Machtübernahme der Demokratischen Volkspartei Afghanistans (DVPA) 1978 verließen auch viele Fachkräfte das Land. Mit der sowjetischen Intervention 1979 flohen etwa drei Millionen Menschen nach Pakistan, zwei Millionen nach Iran und weitere 100.000 nach Indien, nach Europa und nach Übersee.

Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen 1989 wurde der Bürgerkrieg fortgesetzt, und es kam zu neuen Flüchtlingswellen. Bis zur Kapitulation der DVPA-Regierung 1992 stellten die Afghanen mit 38 % der weltweiten Flüchtlinge die größte Gruppe. Als die Islamisten 1992 in Kabul ans Ruder kamen, setzten sie den Krieg gegeneinander fort. Dadurch vergrößerte sich die Zahl der Flüchtlinge weiter und setzte sich auch unter dem Taliban-Regime ab 1996 fort. Anfang der 80er Jahre gelangten meist Angehörige der Oberschicht nach Europa und in die USA. 1980 flohen 5500 Personen nach Deutschland. Mit der Einführung einer Visumspflicht für Deutschland 1987 wurde die Einreise zwar erschwert, dennoch zählte Afghanistan weiterhin zu den zehn Hauptherkunftsländern von Flüchtlingen. Als 1989 die sowjetischen Truppen das Land verließen, stieg die Anzahl der nach Deutschland flüchtenden Afghanen wieder an, diesmal waren es Anhänger der DVPA-Regierung.

Seit den 80er Jahren erhielten in die Bundesrepublik eingereiste Flüchtlinge aus Afghanistan problemlos Asyl. So lag die Anerkennungsquote zwischen 1984 und 1986 zwischen 61 und 72 %. Die Einführung der Visumspflicht 1987 und der Verweis auf innerstaatliche Fluchtalternativen führten zu einem Rückgang der Antragstellungen. Die Anerkennungsquote sank infolgedessen 1987 auf 15 %. In den 90er Jahren war vor allem die Definition der "staatlichen Verfolgung" und ihr Fehlen der Hauptgrund für die Ablehnung vieler von Afghanen gestellter Asylanträge. Auch die unter dem seit 1996 herrschenden Taliban-Regime einsetzende Verfolgung wurden bis 2001 von deutschen Behörden nicht als staatliche Verfolgung anerkannt.

Eine Einschränkung des Rechts auf Asyl war 1993 vorgenommen worden. Seitdem gilt die "Drittstaatenregelung", die besagt, daß Flüchtlinge ihren Asylantrag in dem Land stellen müssen, das sie als erstes erreichen. Ende der 90er Jahre gingen die Anerkennungsquoten immer weiter zurück, von 3,7 % (1998) über 2,6 % (1999) auf 0,9 % im Jahr 2000. Im Frühsommer 2001 erging ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Verfolgung durch die Taliban als quasi-staatliche Verfolgung definierte. Infolgedessen stieg die Anerkennungsquote 2001 wieder auf 60 % an. Diese Praxis kam durch den Zusammenbruch des Taliban-Regimes im Oktober 2001 und den NATO-Militäreinsatz in Afghanistan zum Erliegen. Allerdings erhielten 20 bis 30 % der ca. 90.000 in der Bundesrepublik lebenden Afghanen eine Aufenthaltsbefugnis aus humanitären Gründen.

Ab 2003 verstärkte sich die Rückführung afghanischer Flüchtlinge. Aus Iran und Pakistan kehrten 2005 freiwillig 750.800 Personen nach Afghanistan zurück. Auch einige Bundesländer hatten bereits mit Abschiebungen begonnen. Von der Innenministerkonferenz wurden 2004 Grundsätze zur Rückführung beschlossen, nach denen Personen zurückkehren sollten, die wegen Straftaten verurteilt wurden, gegen die Ausweisungsgründe vorliegen oder die eine Gefährdung für die innere Sicherheit Deutschlands darstellen. Die Notwendigkeit der Rückführungen wurde auch mit der allgemein sicheren Lage in Afghanistan durch die NATO-Präsenz und durch die neue Regierung begründet. Darüber hinaus wurde auf den Bedarf an gut ausgebildeten Afghanen für den Wiederaufbau des Landes hingewiesen. Mit Verweis auf die Rückkehrförderungsprogramme der International Organization for Migration (IOM) wurde die Rückkehr nach Afghanistan als erfolgsversprechend charakterisiert. Auch die afghanische Administration war an qualifizierten Bürgern aus der Diaspora interessiert.

Bis zur Änderung des Aufenthaltsrechts 2005 wurde als asylrelevante Verfolgung nur die staatliche Verfolgung anerkannt. Seit Anfang dieses Jahres konnte explizit auch Asyl erteilt werden, wenn eine Verfolgung von nichtstaatlichen Akteuren ausging.

Während 2012 insgesamt 26.250 Afghanen in Deutschland Asylanträge stellten, darunter 5.675 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, schnellte die Gesamtzahl auf 154.000 im Jahr 2015. Im vergangenen Jahr machten die afghanischen Jugendlichen 47 % aller minderjährigen Asylbewerber aus.

Für die deutschen Besatzer haben bis zu 3.000 Afghanen im Auftrage des Auswärtigen Amtes, der Bundeswehr und des Bundesinnenministeriums gearbeitet. "Wir waren Ohren und Augen der Deutschen", sagte Abdul Sakhizada, der für die Bundeswehr tätig war. Darüber hinaus habe er auch bei Freunden und Nachbarn Informationen für die Bundeswehr gesammelt. Diese "Ohren und Augen" der Deutschen werden von der afghanischen Bevölkerung als Spione, Kollaborateure und Vaterlandsverräter angesehen. Inzwischen sind sie fast alle in die BRD gebracht worden. Die Kabuler Administration war dagegen, weil sie als gutausgebildete Fachkräfte beim Wiederaufbau gebraucht würden.

Im Oktober 2016 hat die EU ein Abkommen mit Afghanistan geschlossen. Das Land wird stärker finanziell unterstützt, soll im Gegenzug aber Flüchtlinge zurücknehmen. Es ist geplant, 80.000 Afghanen abzuschieben. Auch die Bundesregierung hat ein Rücknahmeabkommen mit Kabul geschlossen. Zur Zeit sind 12.539 Afghanen ausreisepflichtig, davon verfügen 11.543 über eine Duldung. Aktuell haben von den 247.000 in Deutschland lebenden Afghanen 6,6 % ein unbefristetes, ca. 23 % ein befristetes Aufenthaltsrecht, und 22 % waren geduldet. Bis September 2016 wurden 27 und am 15. Dezember weitere 34 Afghanen in ihr Heimatland abgeschoben. Unter ihnen waren etwa ein Drittel Straftäter, verurteilt wegen Diebstahls, Raub, Drogendelikten, Vergewaltigung oder Totschlag.

Man sollte das Problem realistisch und auch aus der Perspektive Afghanistans analysieren. Die Grenze für alle Afghanen zu öffnen, kann weder für das Gastland noch für Afghanistan eine Alternative sein. Wäre die allgemeine unsichere Lage am Hindukusch alleiniger Maßstab, müßten ca. 80 % der Afghanen hierher geholt werden. Darüber hinaus sind seit der Grenzöffnung im September 2015 jene Afghanen eingereist, die zwischen 6.000 und 160.000 Dollar für ihre Einreise nach Deutschland bezahlen konnten. Hält dieser Prozeß an, verbleiben am Hindukusch die Armen, Alten, Kranken, Ungebildeten, Warlords, Kriegsverbrecher, Drogenhändler, die Islamisten und eine weitgehend korrupte Administration. So ein Land hat auf unabsehbare Zeit keine Zukunft.

Ein Schritt in die richtige Richtig wäre es, jungen von der Abschiebung bedrohten Afghanen im Rahmen der Entwicklungspolitik eine Facharbeiterausbildung zu ermöglichen. Danach könnten sie mit 20.000 Euro, die ihnen in Zusammenarbeit mit internationalen NGOs - nach NATO-Angaben sind etwa 6.000 am Hindukusch tätig - projektgebunden gewährt werden, eine eigene Existenz für sich und ihre Familien begründen und so dazu beitragen, ihrem Heimatland eine Perspektive zu geben.

Dr. Matin Baraki

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Hände weg von Rußland!

Es ist unglaublich und empörend! Panzer rollen wieder gen Rußland. Tausende von Soldaten samt Kriegsausrüstung nehmen in diesen Tagen in Polen an den Grenzen zu Rußland Stellung. Der Truppenaufmarsch an der NATO-Ostgrenze ist eine ernsthafte Gefahr für den Frieden in Europa und darüber hinaus. Und Deutschland an vorderster Front! Bereitwillig stellt es sein Territorium für den militärischen Aufmarsch zur Verfügung. Und wird selbst im Rahmen einer NATO-Operation im Februar 500 Soldaten mit Schützen- und Kampfpanzern sowie weiteren Militärfahrzeugen nach Litauen an die russische Grenze schicken. Nach dem Grundgesetz der BRD hat der Bund "Streitkräfte zur Verteidigung" aufzustellen. Der Aufmarsch bundesdeutscher Truppen an Rußlands Grenzen dient nicht der Verteidigung - er ist ein Verstoß gegen das Grundgesetz.

"Von Deutschland darf nie wieder Krieg ausgehen", war einst zu Zeiten des kalten Krieges übereinstimmender Konsens zwischen den feindlichen Lagern. Und eingedenk der Opfer der Völker der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg sowie des entscheidenden Anteils der Sowjetunion an der Zerschlagung des Hitlerfaschismus galten friedliche Beziehungen mit dem östlichen Nachbarn über Jahrzehnte als ein Grundpfeiler für Frieden und Sicherheit in Europa.

Für das Volk der DDR war Freundschaft mit der Sowjetunion Herzenssache. Dank der brüderlichen Verbundenheit beider Länder konnte die DDR über mehr als vier Jahrzehnte unter friedlichen Bedingungen eine sozialistische Entwicklung nehmen. Politiker der Sowjetunion und der DDR agierten erfolgreich mit Friedensinitiativen auf internationaler Bühne. Gemeinsam mit den sowjetischen und Waffenbrüdern der anderen sozialistischen Staaten schützten unsere Grenztruppen zuverlässig die territoriale Integrität unserer Länder. Die Armeen der Warschauer Vertragsstaaten garantierten das militärische Gleichgewicht, das für den Friedenserhalt so wichtig war.

Die Sowjetunion existiert nicht mehr. Rußland ist ein kapitalistisches Land. Mit seiner Politik unter Präsident Wladimir Putin leistet es aber in unserer Zeit, in der nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers Krieg wieder ein Mittel der Politik geworden ist, den entscheidenden Beitrag zur Zurückweisung aggressiver imperialistischer Politik. Diese Erkenntnis und unsere geschichtlichen Erfahrungen verbinden uns in Solidarität und Freundschaft mit der Politik der Russischen Föderation.

Leistet Widerstand gegen die Kriegspolitik der BRD! Erklärt Eure Solidarität mit der Politik Rußlands und seinem Präsidenten! Tretet ein für friedliche und freundschaftliche Beziehungen mit Rußland!

Berlin, im Januar 2017

Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstützung e.V.
Im Namen des Vorstandes: Hans Bauer (Vorsitzender), Dieter Stiebert (Geschäftsführer)

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Kanzlerkandidatur: Das Pokern beginnt

Am 23. Oktober 2016 schlug der damalige SPD-Vorsitzende Gabriel Herrn Walter Steinmeier als Bundespräsidenten vor. Er sollte dem umstrittenen Joachim Gauck folgen, der auf eine zweite Amtszeit verzichtete. Als Bundespräsident befürwortete Gauck deutsche Kriegseinsätze im Ausland, Hochrüstung und eine antirussische Haltung. Aber auch seine Bemerkungen zur sozialen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik zeigten einen Mangel an Widerspiegelung realer Prozesse.

Mit Walter Steinmeier folgt ihm ein Agenda-2010-Mann auf dem Schemel des Bundespräsidenten. Dieser ist genauso wie sein Vorgänger ein "Falke". Er steht nicht nur für Sozialabbau, sondern für immer mehr und größere Kriegseinsätze (Mali, Irak, Syrien, Afghanistan, Sudan und Südsudan, Somalia, Horn von Afrika, Dschibuti, Kosovo, Mittelmeer, Libanon, Westsahara). Steinmeier trägt Mitverantwortung für den innerukrainischen Konflikt und die Verlegung von NATO-Streitkräften an die russische Grenze. Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg stehen wieder deutsche Soldaten mit Panzern und Flugzeugen an der russischen Grenze, nicht weit von Petersburg (Leningrad) entfernt.

Mit der Entscheidung, Steinmeier zum Bundespräsidenten zu machen, wurde deutlich, daß Gabriel nicht als Kandidat im Wahlkampf 2017 gegen Frau Merkel antreten wird.

Als SPD-Pirouetten-Mann und als Wirtschaftsminister setzte er die Interessen des Monopolkapitals durch, z.B. bei Rüstungsexporten. Viele Menschen beobachteten mit Sorge, wie er sich für das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA und dem Freihandelsabkommen CETA mit Kanada einsetzte. TTIP liegt auf Eis; CETA peitschte er mit Frau Merkel in Deutschland und der EU durch. Dazu bediente er sich einiger Tricks wie Zusatzerklärungen, die keine Auswirkungen auf das Abkommen haben. So ist es jetzt großen Unternehmen möglich, auf Grundlage der Investitionsschutzklauseln Klagen auf Schadenersatz gegen EU-Staaten zu erheben.

Seine Drehungen und Wendungen und seine politische Linie machten ihn als SPD-Chef für viele unwählbar. Es war klar, daß ein neuer Mann her mußte. Deshalb schlug die SPD-Führung Martin Schulz zum Ritter, der sowohl den Parteivorsitz übernehmen als auch Kanzlerkandidat werden soll. Dahinter steckt natürlich die Hoffnung, daß der SPD die Wähler nicht weiter weglaufen. Anders als in den Medien behauptet wurde, kamen der Rücktritt Gabriels und der Aufstieg Schulz' nicht überraschend. Hierfür gab es ein klares Szenario. Es zeichnete sich spätestens bei seinem Abgang als Präsident des Europaparlamentes ab. In dieses Amt wurde Schulz am 17. Januar 2012 gewählt. Seit 1994 war er im Europaparlament. Schulz ist ein Mann des Kapitals, ein brillanter gewiefter Rhetoriker und Demagoge. Er kennt die Strukturen und die Machenschaften der Europäischen Union und insbesondere die bedeutungslose Rolle des Europaparlaments gegenüber dem Europäischen Rat und der Europäischen Kommission.

Eigentlich hätte er sich als Sozialdemokrat für eine demokratische Umgestaltung der EU einsetzen müssen. Das tat er jedoch nicht. Dafür gibt es sowohl objektive als auch subjektive Gründe. Die EU ist eine wirtschaftliche und politische Machtkonzentration von noch 28 europäischen Staaten, die untereinander einen freien Markt für Kapital-, Waren-, Dienstleistungs- und Arbeitskräfteverkehr mit diversen Mechanismen haben. Dieser Markt ist nach außen hin durch ein raffiniertes tarifäres und nichttarifäres Handelsschrankensystem zum Nachteil Dritter abgeschottet. Gleichzeitig ist die EU ein politisches Instrument, um Machtansprüche in der Welt durchzusetzen. 22 EU-Staaten sind Mitglied der NATO. Schulz ist ein Befürworter der bestehenden EU. Er steht für eine transatlantische Agenda und die Militarisierung der EU-Außenpolitik.

Entscheidend für seine Kandidatur als Bundeskanzler ist jedoch seine Haltung zur bisherigen SPD-Wirtschafts- und Sozialpolitik. Von Schulz ist nicht bekannt, daß er die Absicht hat, die Agenda 2010 zu ändern. Sie ist verantwortlich für prekäre Arbeitsverhältnisse - Armut trotz Arbeit -, Kinder- und Altersarmut sowie sozialen Abstieg der "Mittelschicht".

Ende Januar erklärte Schulz, daß er beabsichtige, sich für den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Verteidigung der Demokratie gegen Rechtspopulismus einzusetzen. Diese Aussage macht wenig Hoffnung. Sie weist auf das bekannte SPD-Credo: "Links blinken und dann rechts weitermachen." Mit dieser Politik werden Schulz und seine Partei scheitern, wie einst Kanzlerkandidat Steinbrück 2013. Eine erneute Wahlniederlage wird das Siechtum der SPD beschleunigen.

Dr. Ulrich Sommerfeld, Berlin

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Zur Debatte um ein Spanienkämpfer-Lexikon

Rechtzeitig zum 80. Jahrestag des Beginns des Spanischen Krieges erschienen unsere beiden Bände "No pasaran! Deutsche an der Seite der Spanischen Republik und der sozialen Revolution". Über den ersten Band, der ca. 3500 Namen umfaßt, druckte der "RotFuchs" zwei Artikel, die zuvor schon anderswo erschienen waren. Es ging einmal um einen Artikel der Willi-Bredel-Gesellschaft, zum anderen um eine Kritik des Ehepaars Brändle.

Die Genossen aus Hamburg haben uns wegen des Bredel-Eintrags kritisiert und einen Eintrag in ein Biographisches Lexikon mit einer Biographie verwechselt. Bei Schriftstellern wie Bredel sind wir davon ausgegangen, daß ihre Biographien bekannt sind. Offenbar haben die Genossen uns übelgenommen, daß wir ihnen die von Bredel als Kriegskommissar in Spanien verfaßten Informationen geschenkt hatten, die sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht kannten. Wäre es unsere Absicht gewesen, Bredel nicht ausreichend zu würdigen, dann hätten wir erwähnt, daß er den Auftrag hatte, die Geschichte der XI. Brigade zu schreiben, damit aber derart scheiterte, daß es nie zu einer Drucklegung kam und das Manuskript sogar vom ZK der KP Spaniens kritisiert wurde. Wir hätten auch erwähnen können, daß Willi Bredel z. B. bei jeder Gelegenheit Alfred Kantorowicz bei der KPD-Vertretung in Moskau kritisierte, ihm dann aber empfohlen wurde, sich an dem Buch von Kantorowicz über das Tschapaiew-Bataillon zu orientieren.

Es wäre zu erwarten gewesen, daß der "RotFuchs" eine Person beauftragt, unser Lexikon zu rezensieren, die sich mit dem Spanien-Krieg und der Geschichte der Internationalen Brigaden auskennt. Mit der Kritik an uns und mit der Ankündigung ihrer Broschüre über die badischen Spanienkämpfer schufen die Brändles einen Erwartungsdruck, der sich nach Vorlage ihrer Broschüre als überzogen erwies. Mit den Internationalen Brigaden scheinen sie sich nie intensiv beschäftigt zu haben. Die für uns gültigen Kriterien wie Zugehörigkeit zu Brigade, Bataillon, Kompanie (kein Interbrigadist war von Anfang bis Ende nur in einer Einheit), Rang, Teilnahme an welchen Schlachten, Verwundungen usw. spielte für die Brändles kaum eine Rolle. Von der Pflicht der Interbrigadisten, die Übernahme in die KP Spaniens zu beantragen, haben die Brändles wohl nie gehört, denn eine Mitgliedschaft in der KP Spaniens ist bei keinem der von ihnen genannten Spanienkämpfer aufgeführt. Dabei wurden über 80 % der deutschen Spanienkämpfer in die KP Spaniens aufgenommen! Mitglied der KP Spaniens geworden zu sein, war überdies eine Auszeichnung. Und es ist den Brändles auch keine Erwähnung wert, daß der badische Interbrigadist Eugen Seidt zu den 22 deutschen Delegierten gehörte, die auf der von der KPD organisierten Einheitsfrontkonferenz am 13. März 1938 in Valencia sprachen.

Wie die Brändles mit Details des Spanien-Kriegs umgehen, soll an der Biographie von August Stöhr dargestellt werden. Zu lesen ist: "Im Bataillon Tschapaiew ... steht er in der Verteidigungsfront in Madrid." Die Faschisten wurden am Rand von Madrid aufgehalten, die Hauptstadt der Republik konnten sie bis zum Ende des Krieges nicht einnehmen. Eine Verteidigungsfront "in" Madrid gab es nie. Das Tschapaiew-Bataillon gehörte zur XIII. Internationalen Brigade, die an der Südfront kämpfte und nie auch nur eine Minute in Madrid war. Stöhr führte in der Schlacht um Villanueva de la Cañada im Rang Capitán eine Kompanie und wurde dort am 7. Juli 1937 verwundet. Villanueva de la Cañada liegt 45 km von Madrid entfernt, die Schlacht um Madrid aber fand überdies im November/Dezember 1936 statt. 1938 wurde Stöhr wegen seiner Verwundung und aus Altersgründen nach Frankreich evakuiert. 1940 bescheinigte die Komintern in Moskau, daß sich August Stöhr in Spanien als Kommandeur und vor allem als Kommunist bestens bewährt habe. Alles das wird von den Brändles nicht erwähnt.

Sie kritisieren, daß wir keine Quellen angegeben haben. Abgesehen davon, daß in keinem uns bekannten Lexikon zu einzelnen Biographien Quellen benannt sind, besteht wohl ein Unterschied darin, ob 3500 Personen beschrieben werden oder 118. Offensichtlich haben die Brändles weder das Vorwort des ersten Bandes gelesen noch die Quellen-Aufzählung im zweiten. Warum sie aber fast alle zu Spanien relevanten Angaben von uns übernommen haben, immer mit dem Zusatz "Abel ohne Quelle", bleibt ihr Geheimnis. Ihre Quellenbasis speist sich aus Sekundärliteratur, aus lokalen Archiven und dem Internet. Genannt wird auch das Bundesarchiv (SAPMO), ohne aber hier, wie es üblich ist, Signaturen anzugeben. Die Krönung aber sind antikommunistische Quellen wie die "Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur", auf die wir gerne verzichtet haben.

Den Brändles ist offenbar entgangen, daß die "Bundesstiftung ..." nur eine Sekundärquelle ist, die sich auf das von Weber/Herbst herausgegebene biographische Handbuch "Deutsche Kommunisten" und das Lexikon "Wer war wer in der DDR?" stützt. Auch diese Lexika führen keine Quellen an.

Im Falle des Interbrigadisten Adolf Baier, der nach seiner Verwundung in der XIII. Brigade dem SIM (Servicio de Investigación Militar) der Internationalen Brigaden angehörte, schreiben die Brändles von "Erschießungen von Interbrigadisten" durch den Abwehrdienst und setzen damit die antikommunistische Legendenbildung über die Repressionen in den Brigaden fort. Aktenmäßig belegt sind für die deutschen Interbrigadisten nur zwei standrechtliche Erschießungen, wobei die von Heinz Weil leider vermutlich politisch motiviert war.

Mit dem Sieg der Franquisten hätten, so die Brändles, die "nichtspanischen Angehörigen" der republikanischen Armee Spanien in Richtung Frankreich verlassen. Die 465.000 Republikaner, unter ihnen 270.000 Soldaten der Spanischen Volksarmee, die den gleichen Weg gingen, und deren Flucht die Interbrigadisten mit dem "2. Einsatz" deckten, existieren für die Brändles nicht.

Uns kritisierten sie in einer israelischen Online-Zeitschrift, wir hätten den "jüdischen Abwehrkampf" ignoriert, weil wir nicht in den Archiven nach einer jüdischen Abstammung gesucht hatten. Alle uns bekannten jüdischen Spanienkämpfer aber betonten immer, nach Spanien seien sie als Kommunisten, als Antifaschisten gegangen, nicht als Juden.

Nein, unsere Herangehensweise ist und bleibt eine andere. Wir stützen uns primär auf die Vorarbeiten der Spanienkämpfer der DDR, auf das KPD- und SED-Archiv im SAPMO und auf die Unterlagen der Interbrigaden und der Kommunistischen Internationale im Komintern-Archiv in Moskau. Die kompletten Akten der Internationalen Brigaden konnten 1939 noch rechtzeitig nach Moskau evakuiert werden. Diese Unterlagen, so die Brändles in einer Mail, seien unzuverlässig, weil sie im Krieg entstanden wären. Als "zuverlässig" werden hingegen die Wiedergutmachungsakten eingestuft, die im antikommunistischen Klima der Bundesrepublik in der Adenauer-Ära entstanden sind. Wir hatten im Vorwort des ersten Bandes darum gebeten, uns Ergänzungen und Fehlerberichtigungen zu nennen.

Das ist in solidarischer Weise von verschiedener Seite auch geschehen. Wenn man Biographien vom Geburt bis zum Tod schreiben will, ist man vor Fehlern nicht gefeit. Trotz der gegen uns geführten Kampagne haben wir im vergangenen Jahr dem Ehepaar Brändle eine Zusammenarbeit angeboten. Die Antwort war eine höhnische Zurückweisung. Nach der Lektüre ihrer Broschüre gibt es aber auch für uns keinen Grund mehr für eine Kooperation. Der Spanische Krieg wäre ein Anlaß gewesen, daß sich die linken, die antifaschistischen Kräfte gemeinsam mit dessen Geschichte befassen, ohne persönliche Verletzungen, Überheblichkeit und Rechthaberei.

Unser Biographisches Lexikon ist, so schrieb mit Peter Rau einer der besten Kenner des Spanischen Krieges in der "jungen Welt", ein "Ehrenbuch für die deutschen Spanienkämpfer". Das beschreibt genau unsere Absicht.

Werner Abel, Enrico Hilbert, Harald Wittstock

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Menschen, seid wachsam!

Über Jahre habe ich die verquasten Beiträge des Hans-Dieter Schütt nicht mehr gelesen. Erinnert er mich doch immer, wenn er über den Sozialismus oder die DDR schreibt, ein wenig an Cato d. Ä., den römischen Senator für Landwirtschaft, der jede seiner Reden im Senat - gleich ob über Rüben oder Salat - mit dem Satz schloß, daß Karthago vernichtet werden müsse. Schütts Beitrag über das Schauspiel "Furcht und Elend des Dritten Reiches" von Bertolt Brecht in Dortmund tue ich mir dummerweise an und lese "... später stiftete Brandt das höchste Gut: 'Mehr Demokratie wagen!' Ja, das Gegenteil von Faschismus ist nicht Antifaschismus, sondern Demokratie." (ND, 12.1.2017)

Doch wie sieht die Praxis aus? Seit Gründung der BRD gibt es neonazistische Parteien und Organisationen, die von Jahr zu Jahr stärker und dreister werden. Es gab den "Nationalsozialistischen Untergrund (NSU)", der 10 Jahre unbehelligt morden konnte. Das wäre ohne Schützenhilfe nicht möglich gewesen. Da werden faschistische Blutrichter bei ihrer Beerdigung als aufrechte Demokraten bezeichnet.

Wie heißt es aber weiter bei Schütt: "Aber wer ist in seinem Innern wirklich und ohne Kompromiß und jederzeit - Demokrat?" Soll das eine Entschuldigung für den Zustand dieser Republik sein? Da werden antifaschistische Gegendemonstranten, wie jährlich zum 13. Februar in Dresden, aber auch andernorts, eingekesselt, schikaniert und mit Ermittlungsverfahren überzogen. Daß bei Polizei, BKA und Verfassungsschutz eine gewisse Blindheit auf dem rechten Auge unübersehbar ist, beweist nicht nur der NSU-Skandal. Es gehört inzwischen zur "demokratischen Kultur", daß Anschläge auf Parteibüros, vorwiegend der Linken, verübt werden. Im Chemnitzer Sonnenberg, die Rechten bezeichnen ihn als Nazi-Kietz, gab es allein in 17 Monaten 22 Anschläge auf ein Büro einer Abgeordneten der PDL, ohne daß dies verhindert werden konnte. Inzwischen existieren in zahlreichen Städten solche "Kietze", in denen eine rechte Subkultur entstehen konnte. In den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres wurden 921 rechte Straftaten gegen Flüchtlinge, darunter 66 Brandanschläge, verübt, doch als "Gefährder" werden vom Bundeskriminalamt mehr Linke als Rechte ausgemacht.

Wenn eine "kleine" Partei wie die NPD laut Auffassung des Bundesverfassungsgerichts keine Gefahr für den "Rechtsstaat" darstellt, könnte ich doch als Einzelner auch im FDJ-Hemd und unter Absingen des Weltjugendliedes über den Leipziger Markt spazieren. Wie lange müßte ich warten, bis mir ein Ermittlungsverfahren ins Haus schwebte?

Eigentlich bin ich doch tausendfach ungefährlicher als eine so kleine Partei wie die NPD. Befürchten die Richter des Bundesverfassungsgerichts nicht, daß mit diesem Urteil die NPD für Rechtsradikale wieder attraktiver wird und daß diese Partei aktiver und aggressiver auftritt? Brennt es noch nicht häufig genug in diesem Land? Haben sie nicht mitbekommen, daß nach dem gescheiterten ersten Verbotsversuch längst Ausweichorganisationen entstanden? Möglicherweise wird die AfD schon bei den Landtagswahlen 2017 in einem der Bundesländer stärkste Partei sein. Nicht zuletzt wird das Urteil der AfD weiter Auftrieb geben. Die Dresdner Rede des Herrn Höcke ist wohl schon ein erstes Anzeichen.

Wie die Praxis zeigt, ist Antifaschismus unabdingbar für eine tatsächliche Demokratie. Und natürlich ist Anti-Faschismus das Gegenteil von Faschismus! Heute sind solche Mahnungen wie "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch" und "Menschen, seid wachsam!" immer noch hochaktuell, um die Menschen zu warnen und aufzurütteln.

Harry Pursche, Leipzig

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Der Richterspruch zur NPD, ein krasses Fehlurteil

"Die NPD ist zu schwach, um sie zu verbieten", urteilte Karlsruhe. Das paßt in das Gesamtbild dieser Bundesrepublik. Seit ihrer Gründung gab es nur ein einziges Parteienverbot, nämlich das gegen die KPD, also gegen jene Partei, die am entschiedensten gegen den deutschen Faschismus gekämpft und auch die meisten Opfer gebracht hat. Demgegenüber brauchten rechtsextreme Parteien und Gruppierungen nie ein Verbot zu fürchten. So auch nicht die Landsmannschaften, welche die Revision der Nachkriegsgrenzen forderten, wozu es eines weiteren Krieges bedurft hätte. Wie sollte ein solches Verbot auch zustande kommen, wo doch Altnazis über Jahrzehnte in der BRD über großen Einfluß verfügten? Das Urteil von Karlsruhe zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte dieses Staates.

Jürgen Förster, Dresden


Es empört mich, daß das Bundesverfassungsgericht zum zweiten Mal ein NPD-Verbot ablehnte. Dessen Meinung nach sei sie zwar verfassungsfeindlich, aber nicht staatsgefährdend. Sehen die Richter in Karlsruhe nicht, wie rasant sich die Faschisierung in Deutschland ausbreitet?

Ich habe Faschismus und Krieg erleben müssen. Mein Vater wurde 1934 verhaftet, meine Mutter mußte mit drei Kindern in der Landwirtschaft und als Putzfrau arbeiten, damit wir was zu essen hatten und die Miete bezahlt werden konnte. Nur mit solidarischer Hilfe von Antifaschisten haben wir das geschafft.

Nach dem Krieg ging es in der BRD mit der Verfolgung weiter. 1956 wurde die KPD erneut verboten, die FDJ schon 1952. Ich erinnere mich, daß in der Freien Deutschen Jugend vor allem auch jüdische junge Menschen, die vor den Nazis flüchten konnten, eine zentrale Rolle spielten. Sie kamen aus Frankreich und England, wohin sie zu ihrem Schutz vor den Faschisten mit Kindertransporten gebracht worden waren. Mein Mann Robert war nach dem Krieg aktiv in der Gewerkschaft Bergbau, in der FDJ und der KPD. Er wurde damals vom Nazi-Richter Hünerschulte am Dortmunder Landgericht zu 18 Monaten Haft verurteilt. Dieser Richter war einer von den vielen Staatsbediensteten, die in der BRD - trotz ihrer bekannten braunen Vergangenheit - wieder zu Amt und Würden gelangten.

Wir haben unser Leben lang in der Friedensbewegung und der VVN gearbeitet. Als Kommunisten fühlen wir uns mitverantwortlich, den Schwur der KZ-Überlebenden einzulösen: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Das Karlsruher Urteil bagatellisiert eine Gefahr, von der viele auch 1933 meinten: Es wird schon nicht so schlimm kommen ...

Marianne Konze, Gelsenkirchen


Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die rechtsextreme NPD trotz erwiesener Verfassungsfeindlichkeit nicht verboten. Dazu schreibt die "Süddeutsche Zeitung" (München):

Für die Richter ist ein Verbot aufgrund Verfassungswidrigkeit eine Frage der Zahl: Es zählen Wahlergebnisse, es zählt nicht der Wille der Partei, Grundordnung und Grundwerte zu beseitigen; es zählt nur, ob sie auch die realistische Möglichkeit hat, dieses Ziel zu erreichen. Eine solche Zählung ist falsch: Eine Demokratie, die sich erst wehrt, wenn es hochgefährlich wird, ist keine wehrhafte, sondern eine naive Demokratie. ... Die NPD hätte verboten werden können und müssen - nicht, obwohl sie derzeit klein und bei Wahlen unbedeutend ist, sondern gerade deswegen. ... Karlsruhe hätte am Beispiel der kleinen NPD sagen können: Da wird eine Linie weit überschritten. Das wäre nicht etwa lächerlich gewesen, sondern gerade in Zeiten des aggressiven Rechtspopulismus notwendig und vorbildlich.

Das Präsidium der Lagergemeinschaft Dachau äußerte zum Urteil:
Das Bundesverfassungsgericht befindet in seinem Urteil jetzt treffend die Wesensverwandtschaft der NPD mit der NSDAP. Wie kann es aber diese klare Erkenntnis haben und gleichzeitig eine solche Partei nicht verbieten? Auch wenn viele der rechtsextremen NPD-Mitglieder inzwischen in andere Organisationen wie die AfD abgetaucht sind und dadurch die NPD an sichtbarer Bedeutung verloren hat, so sät diese Partei doch ihren Haß in diesen neuen aggressiv-rechtspopulistischen Organisationen um so wirksamer weiter und trägt zu einer spürbaren Verrohung unserer Gesellschaft bei. Ein Verbot wäre ein eindeutiges Signal gegen den Haß, ein Aufruf zum dringend notwendigen Schutz all derer, welche von den Angriffen dieser Neonazis heute betroffen sind, und eine ethische Orientierung für die Gesamtgesellschaft.

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Mali - Neue Front für deutsche Soldaten

Das im vergangenen Jahr veröffentlichte "Weißbuch 2016" gilt als wichtigstes sicherheitspolitisches Grundlagendokument Deutschlands. Die sonst übliche Prüfung und Kritik blieb jedoch erstaunlich verhalten. Im Nebel von Terror- und Sicherheitsdebatten und Querelen zur Flüchtlingspolitik wurde es zu wenig wahrgenommen. Dabei sollte doch der darin deutlich gemachte Anspruch, "Führung zu übernehmen" zu ernsten Fragen Anlaß geben.

Deutsche Soldaten stehen schon wieder an einer neuen Front. Mit ihrem Dienstantritt im Dezember 2013 öffnete Ministerin von der Leyen ein auf energische Veränderungen zielendes Kapitel im Getriebe der Bundeswehr. Es ging u.a. um Struktur- und Standortänderungen oder darum, die eingeleitete Reduzierung der Anzahl von Soldaten und zivilen Mitarbeiter zu stoppen und zugleich die Anzahl der zum "Auslandseinsatz" zur Verfügung stehenden Soldaten zu erhöhen. Unter ihrer Ägide entsteht nun mit rund 15.000 Mann eine neue Teilstreitkraft für alle Belange im Cyber-, Informations- und Weltraumbereich. Was, wohl eher ungewollt, die Forderung der Ministerin unterstreicht, "die Bundeswehr zum modernen und flexiblen 'Arbeitgeber' zu entwickeln". Die Verteidigungsausgaben für das von keiner Seite bedrohte Land stiegen von 33,3 Mrd. Euro im Jahr 2013 auf 36,6 Mrd. Euro 2017, und es besteht kein Grund zu bezweifeln, daß das Parlament der Forderung der Bundeskanzlerin zur Erhöhung des Verteidigungsetats 2020 auf 39,2 Mrd. nachkommen wird.

Das vorwiegend vom Verteidigungsministerium erarbeitete "Weißbuch" verdeutlicht eine weitere gefährliche Stufe der Entwicklung: Ungeachtet geschichtlicher Erfahrungen nimmt Deutschland nicht nur erneut Kurs auf eine militärische Führungsrolle in Europa, sondern strebt nach Schaffung der nötigen Voraussetzungen danach, überall in der Welt einzugreifen oder, bei "Notwendigkeit", auch anzugreifen. Und eben dafür läßt die Ministerin Aktivitäten erkennen, die über jene ihrer Vorgänger im Amt hinausgehen. Die Zahl ihrer Reisen, gerade auch in Krisengebiete, nimmt zu. Sie ist "vor Ort", nicht nur zur Führung von Regierungsgesprächen in Hauptstädten fern der "Front", sondern gerne auch bei der "Truppe". Sie war im noch immer besetzten Kosovo, bei den deutschen Aufklärungsfliegern in Incirlik/Südosttürkei, vielfach im Irak und in Afghanistan (dort zuletzt im Zusammenhang mit der Aufstockung des deutschen Kontingents für "Resolute Support" auf 950 Mann). Erst kürzlich weilte sie bei den Peschmerga und deren deutschen Hinterlandhelfern in der nordirakischen Wüste, zeigte sich neben einer Phalanx von Kriegern vor der "Schlacht um Mossul". Zwar wirken deutsche Soldaten nur hinter der Front als Ausbilder, geschossen aber wird mit deutschen Waffen. Da dort "Spezialkräfte" der US Army an der Seite ihrer Koalitionäre kämpfen und nicht "die Russen", werden die hier üblichen Greuel nicht zum Mainstream-Thema wie in Aleppo.

Denn: Die Medien berichten bereits vom nächsten Stopp der Ministerin, nun in der nordafrikanischen Sahara, in Mali. Erneut zeigt ein Foto die Chefin der Bundeswehr vor einer Gruppe von Wüstenkriegern in Tarnfleck, hier mit dem blauen Barett der UN-Truppen. Was will die Bundeswehr in der malischen Wüste - mehr als 4000 km von der deutschen Staatsgrenze entfernt? Wie großzügig legt die Regierung erneut den im Grundgesetz, Artikel 87a, festgelegten Grundsatz aus, der lautet: "Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf." Zweifellos hatten die Väter des Grundgesetzes dabei den Schutz des eigenen Landes und seiner Grenzen im Blick. Strebt man in Mali eine Neuauflage der verfehlten "Verteidigung am Hindukusch" an? Wieder ein wenig "helfen", aber, wenn notwendig, Angreifer, hier die berüchtigten Reiterscharen der Tuareg, mit Waffeneinsatz zur Ordnung rufen?

Im März 2012 kam es zu einem Militärputsch und einer vorwiegend von den Tuareg geführten Rebellion. Weite Gebiete im Norden Malis wurden erobert, ein Staatsgebilde namens Azawad ausgerufen. Im Januar 2013 begannen französische Truppen mit der Operation "Serval" die Rückeroberung der Gebiete. Schon am 18. Februar 2013 beschloß die EU eine "Ausbildungsmission Mali" (EUTM). Ziele: Unterstützung und Beratung der Armee von Mali, vor allem dessen "Verteidigungsministerium", seiner "Führungsstäbe" sowie die Ausbildung seiner Soldaten. Die Teilnahme an Kampfhandlungen war nicht vorgesehen.

An dieser Mission beteiligen sich 25 Nationen, davon 23 aus der EU. Die UN verkündeten mit ihrer Resolution 2100 vom 25. April 2013 den Beginn der Operation "Minusma". Diese unterstützt die französischen Bemühungen zur Stabilisierung des Staates Mali. Dauer der Operation: ein Jahr mit der Option jährlicher Verlängerung. Am 27. Juni 2013 beschloß der Bundestag die Unterstützung von "Minusma", zunächst mit 150 Mann, Transportflugzeugen und einem Tankflugzeug. Acht Monate später überzeugte sich Frau von der Leyen vor Ort von der Situation - mit beachtlichen Folgen. Geplant wurde nun ein verstärkter deutscher Einsatz im als gefährlich eingestuften Norden des Landes. Im Januar 2016 stimmte der Bundestag einer Erhöhung des deutschen Kontingents auf 650 Mann zu, und schon am 3. Februar 2016 trafen die ersten Einheiten in Gao ein, einer Stadt ca. 1200 km von Bamako. Im Juni 2016 bezogen die ersten Einheiten der Bundeswehr das Wüstencamp "Castor" in der Sahara, unweit von Gao. Die technische Sicherstellung ist bei diesem Einsatz, Medienmeldungen zufolge, von Anfang an beachtlich. Berichtet wird von vier Kampfhubschraubern "Tiger", vier NH-90-Transporthubschraubern sowie drei Drohnen vom Typ "Heron". Zur Truppe gehören vor allem Aufklärer, Sanitäter, Fernmelder und Sicherungskräfte. Die Ministerin stimmte Soldaten und Öffentlichkeit "auf einen langen Einsatz in Mali" ein. Folgerichtig erhöhte das Bundeskabinett im Januar 2017 das Kontingent auf nun 1000 Mann. Die Rede ist von bislang 11.000 Soldaten und Polizisten aus 51 Nationen, die sich an der Aktion Mali beteiligen.

Die Lage in Mali ist unübersichtlich, der Einsatz der Bundeswehr wird als ihr bisher gefährlichster bezeichnet. Berichtet wird von Handlungen der Dschihadisten mit Sprengfallen, Minen, Beschuß mit Mörsern sowie Entführungen. Bis Dezember 2016 meldete "Minusma" 58 Gefallene. Ein Anschlag der Al-Qaida am 19. Januar 2017 auf ein Lager malischer Truppen in Gao führte zu mehr als 60 neuen Opfern und über 100 Verletzten. Das Lager der Bundeswehr in Gao wurde dabei (noch) nicht attackiert.

Halten wir fest: Deutschland ist bereit, einzugreifen, ob am Hindukusch, in Nahost, am Persischen Golf oder in der Sahelzone. Immer deutlicher auch die Bereitschaft, Waffen an Krisenstaaten zu verkaufen oder sie selbst einzusetzen. Kampfhubschrauber sind wie schon die Kampf- und Schützenpanzer und Haubitzen in Afghanistan keine Demonstrationsmodelle.

Der Irak wurde verwüstet. In Afghanistan hinterließ der Einsatz an Stelle blühender Landschaften blühende Opiumfelder, brachte Flüchtlingsströme in Richtung Europa. In Libyen wurde ein dem Westen nicht mehr genehmer Diktator gestürzt - zurück blieb ein bis heute nicht regierbares Territorium.

Syrien ist nach sechs Jahren von westlichen Stimmen wohlwollend begleitetem Bürgerkrieg ein Trümmerfeld, Millionen Flüchtlinge veränderten auch das gewohnte Leben Mitteleuropas. Die Länder im Umfeld von Mali aber sind noch unsicherer, staatlich weniger gefestigt als z.B. jene im Umfeld von Afghanistan, dem Irak oder Syrien.

Martin Kunze, Templin

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Offener Brief an Dr. Reiner Haseloff

11.12.2016

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Haseloff,

durch ein Schreiben des Innenministers Herrn Holger Stahlknecht wurde ich darüber informiert, daß Sie mir "für mein vielfältiges Engagement" die "Ehrennadel des Landes Sachsen-Anhalt" verliehen haben. Nach reiflicher Überlegung lehne ich diese Auszeichnung mit folgender Begründung ab:

Von 1979 bis 1981 war ich als Berater im Ministerium für Landwirtschaft in der damaligen VdR Jemen tätig. Wir Landwirtschaftsspezialisten haben in diesem zurückgebliebenen Land bei extremer Hitze eine wirksame Entwicklungshilfe geleistet.

Seit März 2015 führt eine von Saudi-Arabien geleitete Militärallianz massive Luftangriffe im Jemen durch, der dort tobende Krieg hat bisher Tausende Todesopfer gefordert, etwa die Hälfte davon sind Zivilisten. Millionen Jemeniten sind auf der Flucht im eigenen Land, Hunderttausende waren in den Sommermonaten - in denen 45 bis 48°C herrschen - vom Trinkwasser ausgeschlossen, die Hilfsorganisationen der UNO haben mehrfach vor einer humanitären Katastrophe gewarnt. Die reichsten Ölländer zerbomben mit Unterstützung einiger NATO-Staaten das schon bisher ärmste Land der Arabischen Halbinsel. Bis jetzt hatte dieser Krieg, der mir auf Grund unserer damaligen Tätigkeit und vieler jemenitischer Freunde besonders nahe geht, keine Gewinner - mit Ausnahme der Rüstungskonzerne.

Die Bundesrepublik Deutschland war 2015 der drittgrößte Waffenexporteur der Welt und liefert seit Jahren Waffen an die Mitglieder der Militärallianz wie Saudi-Arabien, Katar, die Emirate, Ägypten und in Krisengebiete des Nahen Ostens. Ich wende mich mit meiner Ablehnung der Auszeichnung gegen die doppelzüngige Politik der von der CDU und SPD geführten Bundesregierung, die einerseits umfangreiche Waffenexporte genehmigt und andererseits unser Land für Flüchtlinge öffnet. Daß unter den Flüchtlingen kaum Jemeniten sind, hängt damit zusammen, daß das Land zu Land, zu Wasser und zur Luft von der Militärallianz nahezu hermetisch abgeriegelt ist.

Meine Unterstützung für syrische Flüchtlinge erst in der ZAST Halberstadt und ab Dezember 2015 bis heute bei verschiedenen Halberstädter Behörden resultiert aus meiner solidarischen und humanistischen Einstellung diesen leidgeprüften Menschen gegenüber. Ich konnte durch meine Arabisch- und Englischkenntnisse wirksam helfen. Während meiner sechsjährigen Tätigkeit in Ägypten und im Jemen habe ich viel Gastfreundschaft erfahren, die ich gegenüber meinen Schützlingen erwidern kann: Von den zehn Syrern haben sieben den Integrationskurs abgeschlossen, drei sind noch dabei, sechs arbeiten bereits in Wernigeroder Betrieben und Einrichtungen, alle haben Wohnungen erhalten - sie sind in Wernigerode angekommen. Ich werde mein Engagement auch weiter fortsetzen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich fordere Sie auf, Ihr hohes Amt in unserem Bundesland, als Mitglied des Bundesrates und als Vorstandsmitglied der CDU entschieden und beharrlich dafür zu nutzen, daß die Bundesregierung keine Waffenlieferungen in Krisengebiete genehmigt und wirksamer als bisher Fluchtursachen bekämpft. Und sollten Sie vielleicht einwenden, daß Sie als Landespolitiker zu wenig Einfluß auf die Bundespolitik haben, so denken Sie an Martin Luther, der als kleiner Mönch in Ihrer Heimatstadt Wittenberg durch seine mutige Haltung die Welt verändert hat.

Mit freundlichen Grüßen

Werner Kropf, Wernigerode

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Von "Fake News" und Zeitungsenten

Im berüchtigten "Homeland Security Report" vom April 2004 sind "Sicherheitsmaßnahmen" und strategische Ziele zum Kampf gegen "innere und äußere Bedrohungen der nationalen Interessen der USA" im Zuge des 2001 erklärten "Kriegs gegen den Terrorismus" gelistet. Seither bemühte sich auch die BRD mit Nibelungentreue um den weiteren Abbau von Bürgerrechten zur Stärkung des Obrigkeitsstaates. Ein besonders wichtiger Frontabschnitt ist dabei der Kampf um die Überlegenheit in der Cyber-Technologie und die Vorherrschaft im Internet. Denn immer wieder gab es Ärger mit Whistleblower-Enthüllungen, dem NSA-Skandal von 2014 und einer agilen intelligenten Gegenöffentlichkeit oppositioneller Hacker und Blogger. Und das trotz finanziell wie technologisch haushoher Überlegenheit der staatlichen Cyber-Kämpen!

Ende vergangenen Jahres entdeckten Medien einen neuen Kampfbegriff: "Fake News" (Falschnachrichten). Darunter versteht man Desinformation, Verschwörungstheorien, Betrug, Verleumdung, üble Nachrede, Beleidigung und Lügen auf der globalen und öffentlichen Bühne des Internet. Seit Menschengedenken dienen solche Methoden zur Durchsetzung krimineller, privater, wirtschaftlicher und vor allem politischer Interessen. Und stets haben sie sich auch die jeweils neuesten Kommunikationsmittel zunutze gemacht. Das Internet im gegenwärtigen Zustand, mit seiner komplexen Funktionsweise und seinem multifunktionalen Anwendungsspektrum, erhöht den Anreiz und die Effizienz solcher Machenschaften: entwickelt und betrieben von einem Klüngel profitorientierter Unternehmen, die mit Datenraub und heimtückischen Reklame-Apps ohne Rücksicht auf Verbraucherschutz oder ethische Prinzipien ihre Macht ausüben. Den Nutzern wird im Rennen um Marktanteile in immer kürzeren Abständen neue und unausgereifte Hardware und Software aufgezwungen - eine ständige Quelle von Unzuverlässigkeit und Störanfälligkeit. Die Mehrheit bewegt sich laut "Google-Trends 2016" in rein privaten und konsumorientierten Themenfeldern. Aber: Jeder, der sich ins Internet begibt, muß wissen, daß er sich damit "nackt" auf einen Marktplatz stellt. Denn dazwischen agieren munter Kriminelle, sabotieren und spionieren Wirtschaftsunternehmen und Staatsorgane.

Vor diesem Hintergrund erscheint der Begriff "Fake News" ebenso beunruhigend wie "Terrorismusgefahr" oder "Flüchtlingswelle" und ist daher hervorragend geeignet, die Akzeptanz weiterer "Sicherheitsmaßnahmen" bei vielen zu verstärken.

Und darum geht es: Angeblich sind Hackerangriffe und "Fakes" nach dem Vorbild des US-Wahlspektakels, bekanntlich "unter Putins persönlicher Anleitung", zur Störung unserer bevorstehenden demokratischen Wahlgänge angesagt. Daher bedarf es einer Aufrüstung aller "Sicherheitskräfte" einschließlich der Bundeswehr für den "Kampf im Cyber- und Informationsraum". Neue Gesetze und Einschränkungen des Datenschutzes, von Persönlichkeits-, Bürgerrechten und der Pressefreiheit müssen her! Was von der Leyen, de Maizière, Maas und Oppermann an Plänen offenbarten, hatten diese schon längst in der Schublade. "Gezielte Desinformationen und Beleidigungen im Internet müssen als strafwürdige Tatbestände verhindert und härter bestraft werden", so Patrick Sensburg (SPD). Er fordert einen ganz neuen Straftatbestand: "gezielte Desinformation zur Destabilisierung des Staates". So was beurteilt dann wohl der "Verfassungsschutz" nach seinen altbewährten und NSU-gestählten Wertvorstellungen.

Bedenklich daran ist, daß in der Weltgeschichte die meisten Falschnachrichten (mittels öffentlicher Medien verbreitet) von Geheimdiensten konstruiert wurden - mit den furchtbarsten Konsequenzen für die Menschen: vom Sender Gleiwitz zum "Tongking-Zwischenfall", vom Reichstagsbrand zu Erdogans "Gülen-Verschwörung".

Die geheimdienstlich gesteuerte Berichterstattung über Afghanistan, Libyen oder Aleppo beruht auf Lügen. Besonders dreist und hemmungslos ist auch die Verharmlosung der faschistoiden Putschistenclique in Kiew bei gleichzeitiger Dämonisierung Putins. Rassistische, nationalistische Lügen und Verleumdungen im US-Wahlkampf und im rechten Spektrum bei der "Brexit"-Kampagne hatten anhaltende fatale Folgen für Migranten und Minderheiten. Auch die AfD, die inzwischen manchem als hoffähig gilt, verbreitet fremdenfeindliche Hetze über automatisch E-Mails produzierende Programme.

Jobst Heinrich Müller

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Erinnerung an den Pädagogen Walter Wolf

Prof. Dr. Dr. Walter Wolf (1907 bis 1977) - ein profilierter Wegbereiter der marxistischen Pädagogik in Deutschland - hätte am 27. Februar seinen 110. Geburtstag feiern können.

Es war wohl an einem Vormittag im Frühjahr des Jahres 1990 an der damaligen Pädagogischen Hochschule Potsdam, die den Ehrennamen "Karl Liebknecht" bereits verloren hatte, als Handwerker die dort vor den Diensträumen des Instituts für Pädagogik stehende Stele des Antifaschisten und Kommunisten Walter Wolf demontierten. Dies wurde mit dem Argument begründet, das Denkmal vor möglichen Schmierereien und Verunstaltungen schützen zu wollen.

In Wirklichkeit ging es aber darum, die an dieser größten Lehrerbildungseinrichtung der DDR praktizierte marxistische Pädagogik und Psychologie zu Grabe zu tragen und sich in der erziehungswissenschaftlichen Lehre und Forschung auf die kapitalistische Gesellschaft zu orientieren. Niemand, weder Lehrkörper noch Studierende, protestierte damals gegen diesen Akt der Diskriminierung des Wissenschaftlers und Antifaschisten Walter Wolf. Alle waren seinerzeit zutiefst verunsichert, und niemand wußte genau, welche Perspektive diese Lehr- und Forschungseinrichtung in dieser neuen Zeit haben würde. Keiner von uns hatte Vorstellungen über die Abläufe des "Erneuerungsprozesses" bis hin zu den zu erwartenden Evaluierungen der Hochschullehrer. Unsere Illusionen zerplatzten wie Seifenblasen, als klar wurde, daß auch eine reformierte DDR keine gesellschaftliche Perspektive mehr in dem "europäischen Haus" von M. S. Gorbatschow hatte. So wurden, um die neuen Machtverhältnisse zu legitimieren, die humanistisch-pädagogischen Werte und Traditionen der DDR verteufelt und in den "Mülleimer der Geschichte" geworfen.

Wer war Prof. Wolf, was zeichnet ihn aus heutiger Perspektive in besonderem Maße aus? Weshalb ist es für die Linke von Bedeutung, ihn als engagierten Kämpfer gegen Faschismus und Krieg zu würdigen?

Walter Wolf legte 1931 nach dem Studium der Pädagogik, Philosophie, Psychologie und Nationalökonomie an der Universität Jena die wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an der Volksschule ab. Danach war er in unterschiedlichen Dienstverhältnissen in Zechau-Leesen, Kulm und in Zeulenroda als Lehrender tätig. Wegen seiner illegalen Tätigkeit für die KPD wurde er 1937 fristlos aus dem Schuldienst entlassen. Trotz Freispruchs aus Mangel an Beweisen durch den 1. Strafsenat am OLG Jena wurde er 1938 im KZ-Buchenwald in "Schutzhaft" genommen.

Er war Mitglied im Buchenwalder Volksfrontkomitee und leistete u. a. eine mutige Arbeit unter den im Lager lebenden Kindern. Nach der Selbstbefreiung am 10./11. April 1945 und der äußeren Befreiung durch die US-Armee war Wolf der Vertreter der deutschen Häftlinge im Internationalen Lagerkomitee des KZs Buchenwald.

Schon im Mai 1945 begann er damit, die Schule für Kinder und Jugendliche im Land Thüringen zu reorganisieren. Als Regierungsdirektor leitete er zunächst das Landesamt für Volksbildung und schuf später als Minister für Volksbildung im Land Thüringen Grundlagen für den Aufbau einer antifaschistisch-demokratischen Schule.

Im Verlauf seines Lebens übte er an vorderster Front der akademischen Neugestaltung in der sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR verantwortungsvolle Funktionen aus. Nach Beendigung seiner Tätigkeit als Minister widmete er sich bis zu seinem Lebensende der marxistischen Philosophie und der Pädagogik.

Walter Wolf hat großen persönlichen Anteil daran, daß sich in der DDR keine so vordergründige statisch-formalistische Spielart der marxistischen Erziehungswissenschaft wie in anderen sozialistischen Ländern herausbildete. Das wurde insbesondere auch darin deutlich, daß das Bildungs- und Erziehungskonzept der DDR durch eine schöpferische Anwendung des polytechnischen Prinzips in der Erziehung und durch die Verbindung von Theorie und Praxis des Lehr- und Lernstoffes geprägt war.

Welchen philosophischen Ansatz verfolgte Walter Wolf in seinem pädagogischen Denken?

Charakteristisch für ihn war stets das Bemühen, die Zusammenhänge zwischen der marxistischen Philosophie und ihrer dialektischen Methode bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Pädagogik zu verdeutlichen.

Dabei war ihm wohl die Rolle der Tätigkeit in ihrer Wechselwirkung von praktischem und geistigem Agieren bei der Persönlichkeitsformung bewußt, weil er die dritte These von Marx über Feuerbach in ihrem pädagogischen Wirkungsmechanismus verinnerlicht hatte. Aus diesem Grund gab es von ihm nicht nur verschiedene Publikationen zum Erziehungsziel, zu praktischen Fragen des Zurückbleibens einzelner Schüler im Unterricht, zur Erziehung zur Arbeitsmoral, zu Gesetzmäßigkeiten und zum Gegenstand des pädagogischen Prozesses, sondern auch Arbeiten zur Forschungsmethodik selbst, um ein Instrumentarium zur Erhellung erzieherischer Zusammenhänge für die pädagogische Praxis zu finden. Unter dem Eindruck der Ergebnisse der PISA-Studien der letzten Jahre wäre es sicherlich auch heute wertvoll, über einige Aspekte seines Wirkens mit dem Blick auf eine Bereicherung des Gemeinschaftsschulkonzepts nachzudenken.

In den letzten Jahren bis zu seinem Tode widmete er sich dem Problem der kollektiv-schöpferischen Arbeit. Aus diesem Grunde baute er im damaligen Chemiefaserwerk "Friedrich Engels" Premnitz gemeinsam mit Dr. Rudi Hüttner eine empirische Basis auf, um Erfahrungen und Erkenntnisse aus der produktiven Arbeitswelt zu dieser Problematik für die allgemeinbildende polytechnische Oberschule abzuleiten.

Diese wissenschaftliche Tätigkeit in ihrer Gesamtheit beförderte und gestaltete er als Professor für Theoretische Pädagogik an der Universität Leipzig, als Professor für Systematische Pädagogik und später für Allgemeine Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Potsdam.

Im administrativen akademischen Bereich wurde er mehrfach als Institutsdirektor, Dekan, Prorektor und als ordentliches Mitglied der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften der DDR berufen.

Walter Wolf prägte als Hochschullehrer besonders in Leipzig Generationen von Erziehungswissenschaftlern der DDR im Sinne seiner antifaschistischen und humanistischen Grundüberzeugungen. Durch sein Wirken bildete er ferner das methodologische Fundament für die Profilierung der erziehungsphilosophischen Schule der Pädagogik in Potsdam.

Die aktuelle gesellschaftliche Situation in Deutschland verlangt ein modernes Bildungswesen, in welchem die fortschrittlichen und bewährten bildungspolitischen Forderungen der klassischen bürgerlichen Pädagogik des 17. bis 19. Jahrhunderts ihren Niederschlag finden müßten.

Wolf zu ehren bedeutet auch, die Relevanz einer antifaschistisch-demokratischen Wertorientierung als Kern einer humanistischen Erziehung zu verstehen und praxiswirksam zu gestalten. Diese Sicht ist verbunden mit dem ehrenden Gedenken an alle fortschrittlichen Pädagogen in der deutschen Geschichte - wie auch an Walter Wolf - als einer Maxime der Besinnung pädagogischen Denkens.

Dr. paed. habil. Jörgpeter Lund, Potsdam

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Vor 60 Jahren (am 9. März 1957) zum Gesetz erhoben
Eisenhower-Doktrin gegen eine "kommunistische Bedrohung"

Am 2. Januar 1957 riefen US-Präsident Eisenhower und sein Außenminister Dulles den engeren Kreis der für die Politik der Vereinigten Staaten im Nahen und Mittleren Osten Verantwortlichen zusammen - Politiker, Geheimdienstler, Militärs. Ihnen lag der Entwurf einer Botschaft des Präsidenten an den Kongreß vor. Diese sollte die Grundsätze der Politik der Vereinigten Staaten im "strategisch wichtigsten Gebiet der Welt", dem Nahen und Mittleren Osten, fixieren und dem Präsidenten die erforderlichen Handlungsvollmachten gewähren.

Unter Berücksichtigung der aus der gescheiterten Dreieraggression Großbritanniens, Frankreichs und Israels gegen Ägypten vom Oktober/November 1956 gezogenen Schlußfolgerungen (siehe RF 10/2006, S. 23) sollte das Dokument dem Kongreß vorgelegt und als "Eisenhower-Doktrin" bekannt werden.

Vorrangige strategische Anliegen des US-Imperialismus im Nahen und Mittleren Osten nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Sicherung der Kontrolle über das gewaltige Erdöl-Potential der Region und die Schaffung eines Brückenkopfes gegen die Sowjetunion in deren Grenznähe. Die Zerschlagung der Sowjetunion, "des Kommunismus" (heute: "regime change"), war letztlich das Wunschziel, schien aber als offizielle Verlautbarung angesichts des internationalen Kräfteverhältnisses nicht opportun zu sein.

Um die Ziele in Nahost zu erreichen, orientierte sich Washington auf die arabischen Monarchien, auf deren Territorium sich in erster Linie die Erdöl-Ressourcen konzentrierten. Das zwang sie u.a. zum Manövrieren bei der Schaffung militärischer Blöcke in diesem Raum. Vorrangig ging es Washington darum, die eigenen Interessen unabhängig von den bisher dort dominierenden seinerzeitigen Kolonialmächten Großbritannien und Frankreich durchzusetzen. Von letzteren wurde erwartet, daß sie sich nach den USA richten. So wurden die USA zunächst selbst nicht Mitglied des Bagdadpaktes (1955 Türkei, Irak, Iran, Pakistan und Großbritannien), obwohl sie diesen nicht nur unterstützten, sondern dessen Schaffung durch Großbritannien selbst veranlaßten. Das war dem Umstand geschuldet, daß Saudi-Arabien diesen Pakt wegen der Teilnahme und führenden Rolle Iraks ablehnte. Das Verhältnis der Saudis zu den in Bagdad herrschenden und von den saudischen Wahabiten aus dem eigenen Stammland 1925 vertriebenen Haschemiten war äußerst gespannt. Washington schreckte zu diesem Zeitpunkt auch noch vor direkter eigener militärischer Präsenz in der Region zurück, weil die Herren am Potomac noch hofften, Nassers Ägypten auf ihre Seite bringen zu können. Als das politisch und mit Bestechungsversuchen (siehe RF 7/2012, Extra, S. III) gescheitert war, sah sich die US-Administration im Verlauf des Jahres 1956 zu einer Veränderung ihrer Nahostpolitik gezwungen. Die Nationalisierung des Suezkanals und der Fehlschlag der Dreieraggression gegen Ägypten wurden zur Niederlage der imperialistischen Nahostpolitik insgesamt. Im Ergebnis konnten Nassers Ägypten und der durch ihn verkörperte arabische Nationalismus an Sympathie und Unterstützung nicht nur in den arabischen Ländern, sondern in der Dritten Welt überhaupt gewinnen. Ägyptens Einfluß wuchs und bewirkte eine Revolutionierung der arabischen Welt.

Bereits während der Dreieraggression wurde eine neue Qualität in der amerikanischen Politik offensichtlich. Nicht nur, daß die USA sich entschieden, ihren britischen und französischen Verbündeten die Unterstützung zu versagen, sondern - parallel zur UdSSR - sie zwangen diese auch, den Rückzug anzutreten. Um dem rapiden Schwund des imperialistischen Einflusses im Nahen Osten zu begegnen, entschieden Eisenhower und Dulles, daß die USA die Rolle der entthronten Briten und Franzosen selbst übernehmen sollten. Sie erfanden im Nahen Osten ein "Machtvakuum", wonach die Staaten dort "vom internationalen Kommunismus bedroht" würden und Gefahr liefen, ihre "Unabhängigkeit" zu verlieren. Die USA seien deshalb zur Einmischung gezwungen, um die "sowjetische Bedrohung" abzuwenden. Das wurde schließlich zum Kern der "Eisenhower-Doktrin".

Die von Dwight D. Eisenhower am 5. Januar 1957 im Kongreß eingebrachte Doktrin enthält zunächst einige Absätze, in denen die Bedeutung dieses "wichtigsten strategischen Gebietes der Welt" für die USA erklärt wird: "Dieses Gebiet ist immer der Kreuzweg der Kontinente der östlichen Hemisphäre gewesen. Der Suezkanal befähigt die Nationen Asiens und Europas, den Handel zu treiben, der unentbehrlich ist, wenn diese Länder ausgeglichene und gedeihliche Wirtschaften aufrechterhalten sollen. Der Mittlere Osten sichert ein Durchgangstor zwischen Eurasien und Afrika. (...) Er verfügt über ungefähr zwei Drittel der gegenwärtig bekannten Ölvorkommen der Welt und deckt normalerweise den Erdölbedarf vieler Nationen Europas, Asiens und Afrikas.

Die europäischen Nationen sind besonders von dieser Versorgung abhängig, und diese Abhängigkeit erstreckt sich sowohl auf den Transport als auch auf die Produktion. Das wurde seit der Schließung des Suezkanals und einiger Pipelines augenfällig demonstriert. (...)

Diese Dinge unterstreichen die immense Bedeutung des Nahen und Mittleren Ostens. Wenn die Nationen dieses Gebiets ihre Unabhängigkeit verlieren sollten, wenn sie von ausländischen Kräften beherrscht würden, die der Freiheit feindlich gesonnen sind, würde das sowohl eine Tragödie für dieses Gebiet als auch für viele andere freie Nationen sein, deren wirtschaftliches Leben nahezu erdrosselt würde. Westeuropa würde gerade so in Gefahr gebracht, als hätte es keinen Marshallplan, keine NATO. Die freien Nationen Asiens und Afrikas würden ebenfalls in ernste Gefahr gesetzt. Und die Länder des Mittleren Ostens würden die Märkte verlieren, auf denen ihre Wirtschaft beruht. All dies würde eine äußerst widrige, wenn nicht unheilvolle Wirkung auf unser eigenes nationales Wirtschaftsleben und unsere politischen Aussichten haben."

Die dann folgende Passage soll über die Hintertür des Religiösen zum Kern führen. "Dann gibt es andere Faktoren, die über das Materielle hinausgehen. Der Nahe Osten ist der Geburtsplatz dreier großer Religionen - der muslimischen, christlichen und hebräischen.

Mekka und Jerusalem sind mehr als Stätten auf der Landkarte. Sie symbolisieren Religionen, welche lehren, daß der Geist das Primat gegenüber der Materie hat und daß das Individuum Würde und Rechte besitzt, derer ihn keine despotische Regierung rechtmäßig berauben kann. Es würde unerträglich sein, wenn die heiligen Stätten des Nahen und Mittleren Ostens einer Herrschaft unterworfen würden, die den atheistischen Materialismus glorifiziert. (...)

Unter all den Umständen, die ich Ihnen vorgetragen habe, fällt den USA eine größere Verantwortlichkeit anheim." (...) Also die USA Antisowjetische Propaganda, Ende der 40er Jahre als berufene Bastion aller Gläubigen gegen den kommunistischen Antichristen.

"Unter diesen Umständen halte ich es für notwendig, den Kongreß um Mitwirkung zu ersuchen. (...) Außerdem sollte unser gemeinsamer Entschluß in einer Weise niedergelegt werden, die es augenscheinlich macht, daß unsere Worte nötigenfalls durch Taten unterstrichen werden. (...)

Jetzt kommt es darauf an, daß die Vereinigten Staaten durch gemeinsames Auftreten des Präsidenten und des Kongresses unsere Entschlossenheit manifestieren, jenen Nationen des mittelöstlichen Gebiets beizustehen, die unseren Beistand wünschen. (...)

Das Vorgehen, welches ich vorschlage, würde folgende Ziele haben: Es würde in erster Linie die Vereinigten Staaten ermächtigen, mit jeder Nation oder Gruppe von Nationen im Gesamtgebiet des Mittleren Ostens bei der Entwicklung der Wirtschaftskraft, die der Aufrechterhaltung der nationalen Unabhängigkeit gewidmet ist, zusammenzuarbeiten und Beistand zu leisten.

Zweitens würde es die Exekutive ermächtigen, in diesem Gebiet mit jeder Nation oder Gruppe von Nationen, die solche Hilfe wünscht, Programme über militärische Hilfe und Zusammenarbeit zu vereinbaren.

Drittens würde es dazu ermächtigen, in solche Hilfe und Zusammenarbeit den Einsatz der Streitkräfte der Vereinigten Staaten einzubeziehen, um die territoriale Integrität und politische Unabhängigkeit der Nationen, die um solche Hilfe ersuchen, gegen eine offenbare bewaffnete Aggression seitens irgendeiner durch den internationalen Kommunismus kontrollierten Nation zu bewahren und zu schützen. (...)

Viertens würde der gegenwärtige Vorschlag den Präsidenten ermächtigen, für wirtschaftliche und defensive militärische Zwecke von den laut dem abgeänderten Mutual Security Act von 1954 verfügbaren Mitteln ohne Rücksicht auf bestehende Beschränkungen Gebrauch zu machen.

Ich werde bei einer späteren Gesetzgebung um die Bewilligung von 200 Millionen Dollar nachsuchen, die während jedes der beiden Haushaltsjahre 1958 und 1959 für beliebige Verwendung in diesem Gebiet verfügbar sein sollen, zusätzlich zu den anderen Programmen über gegenseitige Sicherheit, die hiernach durch den Kongreß für dieses Gebiet bewilligt werden.

Die von mir skizzierte Politik auferlegt den Vereinigten Staaten gewisse Lasten und tatsächliche Risiken (...) Diesem Zweck müssen wir jetzt unsere Kräfte, unsere Bestimmung, ihm müssen wir selbst uns weihen."

Zusammengefaßt: Die "Eisenhower-Doktrin" war das aggressive Programm des US-Imperialismus zur kolonialen Expansion im Nahen und Mittleren Osten, zum Kampf gegen die nationale Befreiungsbewegung der arabischen Völker und zur Zurückschlagung des Sozialismus weltweit. Es war die Ermächtigung des Präsidenten der USA zum Einsatz der Streitkräfte und beträchtlicher Mittel im ganzen "strategisch wichtigsten" Gebiet des Nahen und Mittleren Ostens nach eigenem Ermessen.

Die "Doktrin" wurde mit der Zustimmung von Senat und Kongreß am 9. März 1957 US-Gesetz.

Unter den hochrangigen Experten, die Eisenhower und sein Außenminister am 2. Januar 1957 in Washington versammelt hatten, gab es keinen Zweifel, daß auch im Nahen und Mittleren Osten die "kommunistische Bedrohung" zurückgedrängt und bekämpft werden müsse. Irritationen gab es aber, ob die durch die Doktrin bestimmten Gründe für eine Intervention durch die USA und ihre Verbündeten auch dann gegeben wären, wenn in einem der Länder der Region eine kommunistische Partei an die Macht käme, und auch dann, wenn das im Ergebnis freier Wahlen passiere. Man war sich aber einig, daß in einem solchen Falle "ohnehin" eine "sowjetische Intervention" vorliege.

Erster Testfall für die Anwendung der "Eisenhower-Doktrin" wurde der Versuch, Syrien, wo 1956 eine antimperialistische Koalitionsregierung die Macht errang, wieder unter US-Diktat zu bringen. Das mißlang gründlich (siehe RF 1/2007, S. 19). Auch in den folgenden 60 Jahren scheiterten bisher Washingtons Anstrengungen, sich Syrien zu unterwerfen. Die aktuelle Situation sollte genug Beleg dafür sein, wie untauglich eine solche auf Hegemonie beruhende Doktrin ist. Weitere Beispiele für ein Vorgehen im Sinne der Eisenhower-Doktrin gab es in Libanon, Jordanien und anderen Staaten des Nahen Ostens.

Mit dem Ende der Sowjetunion und der anderen sozialistischen Staaten in Europa trat anstelle des plumpen Antisowjetismus die Russophobie. Gleichzeitig gewann in Washington die Tendenz die Oberhand, die geostrategischen Hegemonieansprüche der US-Monopole im Weltmaßstab allein - unilateral, ohne Rücksicht auf Interessen anderer großer Mächte - durchzusetzen. Eine zentrale Position dieser Strategie nimmt der für Rußland angestrebte Sturz des herrschenden Systems, des "regime change", ein.

Die in der "Eisenhower-Doktrin" enthaltenen Instrumente und Maßnahmen der Intervention sind zum Beispiel, teilweise wörtlich, in der im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise stehenden Kongreß-Resolution 758 vom 18.11.2014 (113th Congress, 2d session) zu finden. Unter dem Vorwand, "aufs schärfste die von der Russischen Föderation unter Präsident Wladimir Putin betriebene Aggressionspolitik gegen Nachbarländer zu verurteilen" (...), die auf eine politische und ökonomische Vorherrschaft" Rußlands ausgerichtet sei, wurde das Kongreßkomitee für Auswärtiges beauftragt, dem Präsidenten adäquate Maßnahmen gegen Rußland vorzuschlagen.

Die Kontinuität von der "Eisenhower-Doktrin" zur Gegenwart offenbart sich überdeutlich: In Syrien beschuldigen die USA und ihr Gefolge - nicht zuletzt die Bundesrepublik - Rußland und die legitime Führung des Landes der Verbrechen, die von den islamistischen Söldnern des Westens, der Türkei und der arabischen Reaktion begangen werden. Verstöße in der Ukraine gegen internationale Abkommen (wie das Minsker) und andere Schändlichkeiten, die auf das Konto Kiews gehen, werden Moskau angelastet.

Bernd Fischer

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Proklamierte Menschenrechte und Realität

Am 10. Dezember 2016 jährte sich zum 68. Mal die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen.

Diesen Tag nahm "Deutschlandradio Kultur" zum Anlaß, mit den Gästen Christoph Strässer, 2014 bis 2016 Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik (zurückgetreten aus Protest gegen die Verschärfung des Asylrechts), sowie Markus Beeko, Generalsekretär der deutschen Sektion von Amnesty International, über das Thema "Was sind die Menschenrechte noch wert?" zu diskutieren und Hörermeinungen zu kommentieren.

Sinnvoller wäre es gewesen, die Frage zu stellen "Was sind Menschenrechte - welche werden in Deutschland wie verletzt?" Ich fürchte allerdings, daran besteht bei den bürgerlichen Medien dieses Landes kein Interesse; sie thematisieren lieber Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern und klagen diese nur allzugern und lauthals an.

Deshalb sind meine Erwartungen hinsichtlich vermittelter Wahrheiten und historischer sowie politischer Hintergründe nicht besonders hoch. Die Auswahl der Gesprächspartner sowie der Kommentatoren läßt die "Linie" und damit die Auftraggeber und deren Ziele erkennen - das geht um so besser, je mehr man von den Klassikern, aus der Geschichte und von den Machenschaften des Kapitals gelernt hat.

Der Moderator gab zu Beginn die Richtung vor: Man hörte Schlagworte wie "Rußland, China ... USA", "Putin, Trump und Erdogan" sowie diese Feststellung: "Doch den Appellen zum Trotz wurden im vergangenen Jahr in mehr als 120 Ländern Menschen gefoltert und mißhandelt." Strässer sagte dazu: "Natürlich haben wir Beziehungen auch mit Ländern, wo uns die Situation im Land nicht gefällt. Die Frage ist doch eher: Wie gehen die deutsche Politik und die Wirtschaft damit um?" Ich darf den Satz modifizieren: Aber was interessiert uns das angesichts von Milliardengeschäften für jeden Bereich der deutschen Wirtschaft, der Vorteile für unser Leben, die uns menschenrechtsverletzende Ausbeutung garantiert?

Wie verlogen und doppelzüngig ist das vor dem Hintergrund der enormen Profite, der Beteiligung Deutschlands - in welcher Weise auch immer - an allen derzeitigen Kriegen, der Tatsache, daß auch dieses Land auf Menschen- und Völkerrecht pfeift und der Untergang der Menschheit in einem Dritten Weltkrieg droht. Finden nicht regelmäßig Besuche deutscher Politiker und Firmenvertreter in anderen Ländern statt, mit dem Ziel der Entwicklung und Pflege wirtschaftlicher Kontakte, bei denen en passant (selbstverständlich nur pro forma) mit erhobenem Zeigefinger die "Bösewichte" auf ihre menschenrechtsverletzenden "Fehltritte" hingewiesen werden? Die Realität: Es wird zur Verletzung von Menschenrechten durch die Wirtschaft nicht nur Unterstützung gewährt, sondern auch Kriegsgerät geliefert. Was für ein wirkungsvoller Appell von den dazu berufenen Politikern und Vertretern des Kapitals!

Die AEMR wurde zu einer Zeit unterzeichnet, als es weder einen Krieg in Syrien gab noch die oben genannten Politiker! Aber das Thema dieser Sendung war abgesteckt, die Hörer diskutierten genau in diesem Sinne. Einmal mehr wurde erfolgreich von den Menschenrechtsverletzungen in diesem Lande abgelenkt! Wie war das mit dem Kehren vor der eigenen Tür?

Im folgenden eine kleine Auswahl von Menschenrechtsverletzungen in der BRD. Voranstellen muß ich, daß die BRD die UNO-Menschenrechtsdeklaration, welche das Recht auf soziale Sicherheit, Arbeit und Wohnung festschreibt, unterzeichnet hat - jedoch sucht man im Grundgesetz (GG) beispielsweise ein Recht auf Arbeit vergeblich.

Art. 23 AEMR sagt in Absatz 1: "Jeder hat das Recht auf Arbeit ..."

Art. 12 GG reduziert dieses Recht darauf, daß alle Deutschen das Recht haben, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Das Recht auf etwas und die Möglichkeit der Wahl sind aber grundverschiedene Dinge. Ein Heer von ca. 15 Millionen Arbeitslosen (AlG I, AlG II, Sozialhilfe, Praktikanten, sog. Aufstocker) sind Ausdruck dieses Unterschieds. Auch regelt Art. 23 AEMR den gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Unterschiede im Lohn, die durch das Geschlecht des "Arbeitnehmers" bestimmt sind, wurden hier schon oft thematisiert. Und wie verhält es sich mit ausländischen Kollegen oder sogenannten Leiharbeitern?

Art. 22 AEMR formuliert ein Recht auf soziale Sicherheit, das jedem Menschen wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte einräumt, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind. Einen Artikel, der diesen Inhalt umsetzt, gibt es im GG nicht. In Art. 20 (1) GG heißt es lediglich: "Die Bundesrepublik Deutschland ist ein ... sozialer Bundesstaat." Wie es um die soziale Sicherheit, die Wahrung der Würde, der Möglichkeit der freien Entwicklung bestellt ist, zeigt sich im umfassenden Abbau in diversen Bereichen - Kürzung in der Gesundheitsversorgung, Schließung von Krankenhäusern, Schulen, kulturellen Einrichtungen -, im Bildungsprivileg, in permanenten Mietsteigerungen, im Rentenbetrug, in der systembedingten Altersarmut etc.

Artikel 25 AEMR beinhaltet den Anspruch auf eine Lebenshaltung, die die Gesundheit, das Wohlbefinden einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztlicher Betreuung, notwendige Leistungen sozialer Fürsorge gewährleistet. Ein entsprechender Artikel findet sich im GG nicht. Die oben geschilderte Wirklichkeit sowie 335.000 Wohnungslose, unter ihnen 29.000 Kinder (Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe), die permanente Zunahme von Kinderarmut, auch der Kampf der Wirtschaft um Patente auf Lebensmittel sind Beweis dafür, daß Politik und Wirtschaft der BRD kein Interesse an der Umsetzung dieser Menschenrechte haben.

Diese Gegenüberstellung ließe sich beliebig, hinsichtlich weiterer Artikel der AEMR, fortsetzen, um zu erkennen, in welcher Weise und wie eklatant in der BRD Menschenrechte verletzt bzw. deren Verwirklichung gar nicht erst ermöglicht wird.

Nicht unerwähnt bleiben darf Art. 14 AEMR (Recht auf Asyl), der festschreibt, daß jeder Mensch das Recht hat, in anderen Ländern vor Verfolgungen Asyl zu suchen und zu genießen.

Das GG von 1949 regelt kein Asylrecht. 1993 wurde das Recht auf Asyl in Art. 16a (1) GG aufgenommen und in vier folgenden Absätzen bereits drastisch und, wie ich meine unzulässig, eingeschränkt. Zum "Schutze der BRD" vor "unliebsamen und die Leitkultur gefährdenden Ausländern" erfolgte mit dieser Änderung eine massive Rechtsbeugung dieses Menschenrechts. Weitere folgten bis in die Gegenwart. Hingewiesen sei auf die Verschärfung des Asylrechts, nicht zuletzt auf der Grundlage internationaler Verträge (z.B. Dubliner Übereinkommen, das permanent verschärft wird), auf die Situation der Menschen, die aus Not ihre Heimat verließen und über Monate in griechischen, italienischen, auch deutschen Sammelunterkünften, unter menschenunwürdigsten Bedingungen "leben", auf das unbeschreibliche Leid dieser Menschen und die Tausenden Ertrunkenen im Mittelmeer.

Menschenrechtsverträge werden von Staaten unterzeichnet, wodurch sie an diese gebunden sind. Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten neun grundlegende Menschenrechtsverträge. Durch ihre Ratifikation verpflichten sich diese Staaten, die entsprechenden Rechte innerstaatlich umsetzen.

Die hier dargelegten Beispiele sind durchaus keine abschließende Aufzählung der Menschenrechte, die die BRD im jeweiligen Vertrag unterzeichnete, die aber keinen, einen entstellten oder nur halbherzigen Eingang in das Grundgesetz fanden und die man in den weiterführenden Gesetzen daher vergeblich sucht.

Beate Wesenberg-Schlosser, Berlin

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Vor 40 Jahren in der BRD gefordert
Deklaration zur Verwirklichung der Menschenrechte

Vor vierzig Jahren, am 16. März 1977, wurde auf einer Pressekonferenz in Bonn eine Deklaration zur Verwirklichung der Menschenrechte in der Bundesrepublik Deutschland vorgestellt, unter die in den Monaten danach zahlreiche Unterschriften gesammelt wurden. Erstunterzeichner waren mehrere hundert Persönlichkeiten, unter ihnen Pfarrer Martin Niemöller, Prof. Wolfgang Abendroth, der Komponist Hans Werner Henze sowie zahlreiche Betriebsräte und Gewerkschafter.


Der Begriff Menschenrecht wird in unserem Land immer mehr zum politischen Reizwort, mit dem Unrecht verdrängt, Unfreiheit kaschiert, Abhängigkeit vernebelt und Aggressivität getarnt werden soll. Wo selbsternannte Anwälte des Menschenrechts Strauß und Dregger heißen; wo Kampfbünde für das Menschenrecht von Springer und Löwenthal angeführt werden; wo Berufsverbote und Gesinnungsschnüffelei regieren; wo sich zwischen Grundgesetzauftrag und Verfassungswirklichkeit Abgründe auftun - dort ist es an der Zeit, Inhalt und Werte der Menschenrechte zu definieren.

Die Bundesrepublik ist ein technisch hochentwickeltes Land mit einem fleißigen und begabten Volk, das eine hochmoderne und leistungsfähige Industrie schuf. Doch in diesem Lande sind weit über eine Million Menschen arbeitslos, weil die Produktionsmittel im Besitz einer minimalen Oberschicht sind und allein nach dem Prinzip des höchstmöglichen Gewinns geführt werden.

Wir stellen fest: Das elementarste und allerwichtigste, für die Entfaltung der Persönlichkeit entscheidende Menschenrecht - das Recht auf Arbeit - muß in der Bundesrepublik verwirklicht werden.

Das Land, in dem heute tagtäglich unermeßliche materielle Werte geschaffen werden; in diesem Land wird das wertvollste Gut - die Jugend - zum Wegwerfartikel der Großindustrie. 300.000 Jugendliche sind ohne Lehrstelle, ohne Arbeit. 16jährige werden als Arbeits- und Berufslose ins Leben entlassen.

Wir stellen fest: Das unverzichtbare und im Grundgesetz festgeschriebene Menschenrecht auf gleiche Bildung und Berufsausbildung muß in der Bundesrepublik verwirklicht werden.

Die Frauen stellen die Mehrheit unseres Volkes. Sie leisten unendlich viel. Am Fließband, in Büros, im Haushalt und in der Familie. Doch die Frauen werden am schlechtesten ausgebildet und entlohnt, sie verlieren am ehesten ihren Arbeitsplatz, sie haben die geringsten Berufs- und Aufstiegschancen und sie dürfen nicht einmal darüber entscheiden, ob sie ein Kind gebären oder nicht.

Wir stellen fest: Das verbriefte und im Grundgesetz verankerte Menschenrecht auf Gleichberechtigung der Frau muß in der Bundesrepublik verwirklicht werden.

In unserem Lande werden Millionen ausländischer Arbeiter die primitivsten Menschenrechte vorenthalten: das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Ausbildung ihrer Kinder, auf menschenwürdige Wohnungen, auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, auf Zusammenleben ihrer Familien.

Wir stellen fest: In der Bundesrepublik müssen die Menschenrechte für die ausländischen Arbeiter und ihre Familien verwirklicht werden.

Die Bundesregierung duldet und fördert Berufsverbote, unter ihrer Verantwortung wird die verhängnisvolle Praxis der politischen Gesinnungsschnüffelei unter extremer Verletzung des Grundgesetzes praktiziert. Wo die Freiheit des Geistes und die Freiheit der Wissenschaft entwickelt werden sollen - in Schulen und Universitäten -, dort erzeugen die Berufsverbote eine erstickende Atmosphäre der reaktionären Anpassung, des Duckmäusertums, der Unfreiheit. 800.000 Überprüfungen, 3000 akute Fälle von Berufsverbot stellen eine brutale Verletzung des Menschenrechts dar.

Wir stellen fest: Das Menschenrecht auf freie Wahl des Berufes, auf freien Zugang zu jedem öffentlichen Amt, auf Freiheit in Bildung und Wissenschaft muß in der Bundesrepublik verwirklicht werden.

Das Grundrecht auf Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit erstickte in unserem Land in einem beispiellosen Konzentrationsprozeß einiger weniger Pressemonopole. Nicht das tatsächliche politische Spektrum, nicht die realen gesellschaftlichen Prozesse, nicht die sozialen und demokratischen Probleme des Volkes werden in den Medien reflektiert, sondern der Standpunkt von Pressezaren wie Springer und Konzernbossen wie Schleyer. Die herrschende Meinung in der Bundesrepublik, das ist die Meinung der Herrschenden.

Wir stellen fest: Die Menschenrechte auf Informations- und Pressefreiheit müssen in der Bundesrepublik verwirklicht werden.

In unserem Lande dürfen ungehindert militaristische und neofaschistische Organisationen ihre Saat der revanchistischen Gewalt in Wort und Schrift verbreiten. SS-Treffen, Hitler-Verehrung und Rudel-Affäre sind ... Fanfarenstöße einer Bewegung, die sich in vielen Organisationen und Parteien, insbesondere in der CDU/CSU, breitmacht.

Wir stellen fest: Das Menschenrecht auf Auslöschung von Kriegshetze und Völkerhaß muß in der Bundesrepublik verwirklicht werden.

Unser Volk hat bittere Erfahrungen mit dem Antikommunismus, insbesondere mit dem Antisowjetismus gemacht. In seinem Namen starben Millionen Deutsche, und unser Volk stand am Abgrund des totalen Untergangs. Der kalte Krieg, der im Zeichen des Antikommunismus geführt wurde, kostete unser Land Milliarden und viele Einschränkungen demokratischer Grundrechte und Freiheiten. Das ist die Erfahrung der Geschichte. Die Herrschenden überschwemmen unser Land erneut mit einer Welle von Antikommunismus.

Wir stellen fest: Das Menschenrecht auf Frieden und Völkerverständigung muß in unserem Lande durch die Überwindung des Antikommunismus verwirklicht werden.

Wenn in unserem Land von den Herrschenden die Menschenrechte verachtet und verletzt werden, so drückt sich im Kampf der Gewerkschaften, im Wirken demokratischer Jugendverbände, in demokratischen Bewegungen gegen Berufsverbote und in Bürgerinitiativen der Wille des Volkes nach Demokratie, Freiheit, Menschenrecht und Selbstbestimmung aus.

Die hier genannten Menschenrechte verwirklichen heißt, die UNO-Charta und entscheidende Grundsätze der Schlußakte von Helsinki auf unser Land anzuwenden. Wir bekennen uns zu diesen Menschenrechten. Denn es geht um die Freiheit und die Menschenwürde des arbeitenden Volkes in unserem Lande.


Literaturhinweise:

• Ernst Bloch: Marx und die bürgerlichen Freiheitsrechte (1953). In: E. Bloch, Politische Messungen ... Suhrkamp-Verlag, Frankfurt a. M. 1970, S. 342-350

• Tord Riemann / Ernst-Otto Schwabe: Freiheit, Demokratie, Menschenrechte - für wen und wofür? Panorama DDR, Berlin 1976, 64 S.

• Robert Steigerwald: Menschenrechte in der Diskussion. Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt a. M. 1977,

• Hermann Klenner: Freiheit, Gleichheit und so weiter. Dreizehn Streiflichter über die Menschenrechte. Staatsverlag der DDR, Berlin 1978, 144 S.

• Jürgen Kuczynski: Menschenrechte und Klassenrechte. Akademie-Verlag, Berlin 1978, 166 S.

• Samuil Siws: Die Menschenrechte - Fortsetzung der Diskussion. Progress-Verlag, Moskau 1981, 232 S.

• DDR-Komitee für Menschenrechte: Frieden und Arbeit. Schriften und Informationen 1/83, Berlin 1983, 80 S.

• Thomas Paine: Die Rechte des Menschen. Akademie-Verlag, Berlin 1983, 420 S.

• Werner Flach: Zerbrechlich wie Glas. Menschenrechte - Chancen in Ost und West. Urania-Verlag, Leipzig 1988, 144 S.

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Wissenschaftliche Weltanschauung
Die Verschärfung des ideologischen Klassenkampfes (8)
Sendung des "Deutschlandsenders" vom 15. März 1972

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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50 Jahre Enzyklika
"Über den gerechten Fortschritt der Völker"

Am 26. März 1967, dem Osterfest, übergab Papst Paul VI. die Enzyklika "Über den gerechten Fortschritt der Völker" allen Menschen der Welt. Das Dokument widerspiegelte einerseits, wie die Papstkirche zur Lösung der herangereiften Menschheitsfragen beitragen wollte, konkurrierte andererseits mit Strategien von Wissenschaftlern, UNO-Organen und der internationalen Arbeiterbewegung. Die Enzyklika "Populorum Progressio" befaßte sich in 97 Lehrsätzen mit der "Entwicklung der Völker".

Die Einschätzungen und Lösungsvorschläge sind aktueller denn je. Vor allem Gläubige aus den Entwicklungsländern erwarten, daß gerade der argentinische Papst das Anliegen der Enzyklika ernst nimmt - hatte doch die "Theologie der Befreiung" schon einmal Hoffnung auf mehr irdische Gerechtigkeit in seiner Heimat Argentinien geweckt.

Die Fülle der Probleme zwingt zur Auswahl und zur Straffung. Die erste Frage ist: Wie kam es zu dieser Enzyklika, und mit welcher Absicht wurde sie verabschiedet? Sie stand am Ende des I. Vatikanischen Konzils, auf dem sich die katholische Kirche reformieren wollte. Die Verantwortlichen wußten, daß der Einfluß der Kirche auf die Masse der Katholiken in aller Welt nicht zuletzt davon abhängt, ob sich die Kirche den Menschheitsfragen stellt und sich als reformfähig erweist. In der Einleitung erklärt Paul VI: "Die Entwicklung der Völker wird von der Kirche aufmerksam verfolgt: vor allem derer, die dem Hunger, dem Elend, den herrschenden Krankheiten, der Unwissenheit, denen die Völker zu entrinnen suchen; derer, die umfassender an den Früchten der Zivilisation teilnehmen und ihre Begabung wirksamer zur Geltung bringen wollen, die entschieden ihre vollere Entfaltung erstreben. Heute ist, darüber müssen sich alle klar sein, die soziale Frage weltweit geworden."

Angesichts der Folgen des "arabischen Frühlings" im Nahen und Mittleren Osten und der Flüchtlingsströme zitieren wir drei Lehrsätze wegen ihrer Brisanz und Aktualität.

"Es eilt. Zu viele Menschen sind in Not, und es wächst der Abstand, der den Fortschritt der einen von der Stagnation, besser gesagt dem Rückschritt der anderen trennt. Die zu treffenden Maßnahmen müssen aufeinander abgestimmt werden; andernfalls würden sie sich wechselseitig stören. Eine unbedachte Agrarreform kann ihr Ziel verfehlen. Eine übereilte Industrialisierung kann Strukturen zerschlagen, die noch notwendig sind, und zu sozialen Mißständen führen, was menschlich gesehen ein Rückschritt wäre.

Es gibt ganz sicher Situationen, deren Ungerechtigkeit zum Himmel schreit. Wenn ganze Völker, die am Mangel des Notwendigsten leiden, unter fremder Herrschaft gehindert werden, irgend etwas aus eigener Initiative zu unternehmen, zu höherer Bildung aufzusteigen, am sozialen und politischen Leben teilzunehmen, dann ist die Versuchung groß, solches gegen die menschliche Würde verstoßende Unrecht mit Gewalt zu beseitigen.

Trotzdem: Jede Revolution - ausgenommen im Fall der eindeutigen und lange dauernden Gewaltherrschaft, die die Grundrechte der Person schwer verletzt und dem Gemeinwohl des Landes ernsten Schaden zufügt - zeugt neues Unrecht, bringt neue Störungen des Gleichgewichts mit sich, ruft neue Zerrüttung hervor. Man kann das Übel, das existiert, nicht mit einem noch größeren Übel vertreiben."

Wer diese Lehrsätze genauer prüft, muß konstatieren: Das, was kritisiert wird, ist vage formuliert. Die Ursachen für das Kritisierte bleiben im dunkeln. Die Vorschläge werden relativiert. Vor einer Änderung der Eigentumsverhältnisse wird gewarnt, erst recht vor einer Revolution. Dennoch unterstützte die Zeitschrift "Probleme des Friedens und des Sozialismus" die progressiven Aussagen der Enzyklika. Fortschrittlich gesinnte Geistliche in den lateinamerikanischen Ländern nutzten die Enzyklika als Argumente gegen reaktionäre Teile der Geistlichkeit.

Im zweiten Teil der Enzyklika, in dem es um Maßnahmen geht, bleibt der Text noch allgemeiner.

Im Lehrsatz 49 forderte der Papst, daß die Reichen von ihrem Überfluß abgeben: "Tun sie es nicht, so wird ihr hartnäckiger Geiz das Gericht Gottes und den Zorn der Armen erregen, und unabsehbar werden die Folgen sein." Die Konsequenz dieses Satzes ist prüfenswert. Der Reiche, der nicht in der Hölle schmoren möchte oder von den Armen weggefegt werden will, müßte in seinem ureigensten Interesse dem Rat des Papstes und biblischem Vorbild folgen. Warum tut er das in der Regel nicht? Die Antwort kann sich jeder Leser selbst geben.

Der Lehrsatz 51 ist von großer Aktualität, denn er wendet sich an die obersten Lenker von Staaten, denen empfohlen wird, einen Teil der Rüstungskosten einzusparen und das Geld auf einem "Weltfonds" zu sammeln, um notleidenden Völkern zu helfen.

Für Deutschland hätte das geheißen, daß Kohl und Merkel der päpstlichen Aufforderung hätten folgen müssen. Warum tun das "christliche" deutsche Staatslenker nicht?

Warum sind deutsche Militärbischöfe aktiv beim Segnen von Militäreinsätzen, die ohne "moderne" Waffen gar nicht möglich wären? Hier zeigt sich besonders deutlich, wie eng die Grenzen päpstlicher Macht manchmal gezogen sind. Sie bestehen vor allem in der Struktur, Hierarchie, Tradition und Interessen der Kirchenoberen in der Papstkirche selbst. Die Fakten sprechen für sich: Die katholische Kirche verfügt über den größten Grundbesitz und ist in vielen Ländern Teil der Oligarchie. Sie besitzt Banken und Aktien, Handelseinrichtungen und Rüstungskonzerne. Die größte Privatbank der Welt, die Bank of America, befindet sich zu 51 % in der Hand von Jesuiten. Wird Papst Franziskus als Ordensmitglied der "Gesellschaft Jesu" daran etwas ändern wollen und können?

Päpste und Bischöfe hatten keine Skrupel, mit faschistischen Regimes und Militärdiktaturen zu paktieren - von Mussolini über Franco bis Pinochet. Selbst Hitlers Aggressionskriege zur Rettung des "christlichen Abendlandes" vor der "jüdisch-bolschewistischen" Gefahr führten nicht zum Protest des Vatikans. Totalitarismusforscher haben keine Mühe, der Papstkirche totalitäre, demokratiefeindliche Machtausübung nachzuweisen.

Haben sich seit Erscheinen der Enzyklika 1967 entscheidende Verbesserungen für die Menschheit ergeben? Helmut Kohl hatte am 19. Dezember 1989 vor der Ruine der Frauenkirche geschworen, daß vom "wiedervereinigten" Deutschland kein neuer Krieg ausgeht. Inzwischen gibt es 16 Einsätze der Bundeswehr "out of area". Wie reagierten der Vatikan (unter dem deutschen Papst) und die Bischöfe darauf und auf die Aggressionen im arabischen Raum? Barack Obama hatte dem Terrorismus den Krieg erklärt und nebenbei mit Hilfe von Terroristen und NATO-Verbündeten nach erlogenen Kriegsgründen prosperierende Staaten wie Irak oder Libyen in Trümmerlandschaften verwandelt.

Anfang 2017 erreichen uns weder aus Washington noch aus Berlin frohe Botschaften. Immerhin: In New York begann António Guterres, ein gläubiger Portugiese, seine Amtstätigkeit als neuer UNO-Generalsekretär. Vielleicht ist das ein Hoffnungsschimmer! Allerdings müssen wir in Rechnung stellen, daß der UNO-Generalsekretär über keine reale Macht verfügt. Er kann sich als Stimme des Weltgewissens Gehör verschaffen wie ein Papst, aber der Papst steht an der Spitze einer Hierarchie, die seine Stimme bis in das entlegenste Dorf tragen kann. Wie wirksam diese Stimme sein kann, zeigte der polnische Papst Johannes Paul II., der 1992 den Katechismus der katholischen Kirche herausgegeben hat. Dort sind die Höllenqualen beschrieben, die jene reichen Gläubigen zu erwarten haben, die sich dem Papst widersetzen. Vielleicht erreicht die Menschheit mit der Kombination der Ressourcen von Arbeiter- und Friedensbewegung, völkerrechtstreuen UNO-Mitgliedsstaaten und friedenswilligen Gläubigen jene politische Kraft, die die Minimalforderung des UNO-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld von 1964 (drei Jahre vor der Synode) erfüllen kann: "Die Vereinten Nationen wurden nicht gegründet, um uns in den Himmel zu bringen, sondern um uns vor der Hölle zu retten."

Andreas Bendel / Prof. Dr. Horst Schneider

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Wie vor 115 Jahren Lenins "Was tun?" entstand

Vor 115 Jahren, Anfang März 1902, erschien im Dietz-Verlag Stuttgart erstmals Lenins Schrift "Was tun? Brennende Fragen unserer Bewegung". Diese Arbeit hat zunächst in der russischen Arbeiterbewegung, später in der internationalen kommunistischen Bewegung eine außerordentliche Rolle gespielt. Lenin entwickelte in dieser Arbeit eine Reihe von Grundaussagen des Marxismus über den revolutionären Klassenkampf unter den Bedingungen der damals beginnenden imperialistischen Entwicklungsphase des Kapitalismus weiter. So die Idee von Marx und Engels über die Notwendigkeit einer eigenständigen kommunistischen Partei und ihrer Rolle in der Arbeiterbewegung. Er zeigt in dieser Arbeit die große Bedeutung der revolutionären Theorie und des sozialistischen Klassenbewußtseins für den Kampf der Arbeiterklasse zur Verwirklichung ihrer Ziele, die Notwendigkeit der Vereinigung der Arbeiterbewegung mit dem wissenschaftlichen Sozialismus. Diese Grundgedanken begründet Lenin in "Was tun?" in einer gründlichen Auseinandersetzung mit rechtssozialdemokratischen Positionen in der russischen Arbeiterbewegung der damaligen Zeit, vor allem mit dem sogenannten Ökonomismus.

Lenin selbst schrieb zu einer Neuauflage dieser Arbeit im September 1907 im Vorwort: "'Was tun?' korrigiert polemisch den 'Ökonomismus'", und er meint damit Auffassungen, nach denen die politische Aufklärungsarbeit unter den Arbeitern lediglich auf die ökonomische Agitation beschränkt werden sollte und Organisationen der Arbeiterbewegung sich nur mit den ökonomischen Belangen der Arbeiterschaft zu beschäftigen hätten. Diese Auseinandersetzung fand zur Jahrhundertwende in einer Situation statt, in der in Rußland ein rascher Aufschwung des Kapitalismus zu verzeichnen war. In der Schwerindustrie, im Bergbau, in der Erdöl- und Hüttenindustrie, im Schwermaschinenbau vollzog sich eine schnelle und zugleich hohe Konzentration der Produktion und des Kapitals. Damit war im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts die Verdoppelung der Zahl der Industriearbeiter in Rußland verbunden. Härteste Ausbeutungsmethoden in den Betrieben, Überreste der Leibeigenschaft, die Willkür der zaristischen Herrschaft und Massenarbeitslosigkeit im Gefolge der Weltwirtschaftskrise von 1900 bis 1903 verschärften die Klassenauseinandersetzung. Seit Mitte der 1890er Jahre hatten sich in Rußland Anhänger des Marxismus in einem Dutzend kleiner Zirkel und Gruppen zusammengefunden, die hauptsächlich in den Großstädten illegal arbeiteten. Lenin selbst gehörte zu den Gründern des Petersburger "Kampfbundes zur Befreiung der Arbeiterklasse", der im Herbst 1895 als Zusammenschluß verschiedener marxistischer Zirkel in der zaristischen Hauptstadt entstand. Dieser Kampfbund spielte dann sehr bald eine hervorragende Rolle beim Streik von 500 Webern in der Thorntonschen Fabrik der Stadt und nahm die Herausgabe der Zeitung "Rabotscheje Delo" (Arbeitersache) in Angriff. Doch dieser Plan wurde zunächst durch die Verhaftung Lenins und anderer Anhänger des Kampfbundes in der Nacht vom 8. zum 9. Dezember 1895 durchkreuzt. Lenin mußte 14 Monate im Gefängnis verbringen, bis ihm das Urteil "drei Jahre Verbannung im Ort Schuschenskoje in Ostsibirien" mitgeteilt wurde. In der Verbannung beendete Lenin seine klassische Schrift "Die Entwicklung des Kapitalismus in Rußland" und nahm zahllose Kontakte zu anderen politisch Verbannten auf.

Lenins Verbannung in Sibirien endete am 29. Januar 1900. Er verblieb zunächst - unter Polizeiaufsicht - in Rußland, bis er dann im Juli 1900 ins Ausland ging, um dort die Herausgabe der ersten gesamtrussischen Arbeiterzeitung "Iskra" (Der Funke) zu leiten. In dieser Zeit arbeitete Lenin auch an seiner Schrift "Was tun?" Der Untertitel "Brennende Fragen unserer Bewegung" zielte vor allem auf die innerparteiliche Situation der im März 1898 in Minsk gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands (SDAPR). In ihr hatten ökonomistische Auffassungen einen erheblichen Einfluß. Trotz der Gründung der Partei arbeiteten die einzelnen Gruppen relativ isoliert voneinander. Die Partei besaß kein einheitliches Programm, kein Statut, keine einheitliche Taktik, keine Leitung der Bewegung von einem Zentrum aus.

Mit der "Iskra" und schließlich mit Lenins Schrift "Was tun?" wurde die Tür zur Schaffung einer einheitlichen marxistischen Arbeiterpartei in Rußland geöffnet. Auf dem II. Parteitag der SDAPR im Juni/August 1903 in Brüssel und London konnten sich in harten Auseinandersetzungen die Auffassungen Lenins und seiner Anhänger bei der Verabschiedung eines Programms und des Statuts der Partei durchsetzen. Damit wurde der historisch so bedeutsame Schritt zur Schaffung einer revolutionären marxistischen Arbeiterpartei in Rußland vollzogen.

(Gestützt auf "UZ")

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"Aurora" heißt Morgenröte,
von G.L.

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Tschernowzy - Erinnerung an die Gegenwart

Im April 1979 erfüllte ich mir einen schon lange gehegten Traum und fuhr in die Sowjetunion. Auf dem Weg in die moldauische Hauptstadt Kischinjow betrat ich auf dem Bahnhof von Tschernowzy (Tschernowitz) erstmals sowjetisches Territorium. Es war ein schöner sonniger Tag, und ich bestaunte diese faszinierende Stadt. Ihr Name wird in ukrainischer, russischer, polnischer, rumänischer, deutscher und hebräischer Sprache genannt. Allein daran ist zu sehen, welche Völker, Staaten und deren Interessen sich in seiner Geschichte widerspiegelten.

Im 18. Jahrhundert übernahmen die Österreicher von den Rumänen die Stadt und das Bukowina-Gebiet. Die folgenden Jahre prägten den Ort am Pruth wohl am meisten. Die Architektur erinnert an Wien. 1910 besaß die Hauptstadt des Kronenlandes Bukowina eine Universität und eine moderne Straßenbahn.

Mit den Österreichern veränderte sich die Bevölkerungsstruktur von Tschernowitz erheblich. Der rumänische Anteil ging zurück, der deutsche, jüdische und ukrainische nahm zu. Dadurch wurde Deutsch, hierbei rechnete man das Jiddische ebenfalls dazu, zur Umgangssprache. Es gibt wohl kaum eine Provinzstadt, die so viele Dichter und Künstler hervorgebracht hat und auch zahlreich beschrieben worden ist. Der wohl berühmteste Sohn der Stadt ist der Opernsänger Josef Schmidt. Er war Jude, und Juden stellten bis zum Ersten Weltkrieg nahezu die Hälfte der knapp 90.000 Einwohner, damit die größte Bevölkerungsgruppe, 40% des Gemeinderates und zwei Bürgermeister. Ukrainer waren mit etwa 18% die drittgrößte und Rumänen mit etwa 15% die viertgrößte Gruppe.

Alle lebten mehr oder weniger friedlich miteinander, denn die Stadt war ein Handelszentrum, und die Geschäfte florierten.

Mit dem Zerfall des Habsburgerreiches 1918 änderte sich das rapide. Am 3. November forderten die Linken den Anschluß an die Sowjetukraine, Tage später rumänische Abgeordnete den an Rumänien. Jene saßen schon seit 1916 auf dem Sprung, als ihnen die Westmächte insgeheim dieses Gebiet als Preis für einen Kriegseintritt gegen die Mittelmächte versprochen hatten. Innerhalb weniger Tage wurden Stadt und Bukowina rumänisch. Verlierer waren nun die Österreich-Deutschen, Ukrainer, vor allem aber die Juden, die unter den antisemitischen Gesetzen Bukarests zu leiden hatten. Erst auf energischen Druck der Westmächte wurde rumänischen Juden die Staatsbürgerschaft zuerkannt. In den 20er und 30er Jahren kam es zu gewaltsamen antijüdischen Ausschreitungen, die vor allem durch die faschistische "Eiserne Garde" initiiert oder ausgeführt wurden. Seither riß die jüdische Emigration in den Westen und nach Palästina nicht ab.

1940 besetzte die UdSSR diese Gebiete. Für reiche und tief religiöse Juden brachte das andere Probleme, da die Trennung von Staat und Kirche konsequent betrieben wurde - ebenso wie Enteignungen. Die meisten religiösen Institutionen wurden daher geschlossen. Aus politischen, nicht aus rassistischen Gründen wurden etwa 4000 Juden ins Innere der UdSSR umgesiedelt. Das waren vor allem Angehörige der Bourgeoisie und andere "klassenfremde Elemente".

Wichtiger aber war: Die diskriminierenden rumänischen Gesetze wurden aufgehoben. Erstmals wurde die völlige Gleichberechtigung der Juden in der Gesellschaft hergestellt, was die Mehrzahl der vor allem jungen Juden zu schätzen wußte. Sie engagierten sich aktiv bei der Festigung der jungen Sowjetmacht, traten in den kommunistischen Jugendverband ein, übernahmen staatliche Funktionen und viele Lehrerstellen. Das galt nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 den rumänischen Faschisten als Vorwand für Massenpogrome und systematische Mordbrennereien: Über die Hälfte der Juden wurde ermordet. Wiedererrichtete jüdische Unternehmen wurden zwangsweise der erneuten rumänischen Verwaltung unterstellt, Juden von bestimmten Berufen ausgeschlossen, besonders hohen Steuern unterworfen und zu unbezahlter Zwangsarbeit verpflichtet. 1944 wurde die Nordbukowina wieder Teil der befreiten Sowjetukraine, ein Jahr später die bisher zur CSR gehörende Karpato-Ukraine der Ukrainischen Sowjetrepublik angeschlossen. Mit diesem Schritt hatte die Sowjetunion seit 1939 alle ukrainischen Gebiete erstmals in der Geschichte vereinigt. Das wird heute von der faschistoiden Kiewer Clique bewußt verschwiegen.

Die Rumänisierung der Zwischenkriegszeit rief aber auch ukrainische Nationalisten auf den Plan. Nach 1945 sickerte die Abteilung "Karpaty-Zachid" der ukrainischen Faschisten UPA in diese Gebiete ein. Sie brachten bis 1953 mehr als 790 mit der Sowjetmacht verbundene Zivilisten, darunter viele Juden, um.

Das alles wußte ich zu jener Zeit noch nicht.

Bei meinem Stadtbummel sah ich, wie junge Hochzeitspaare ihre Blumen am Denkmal für die gefallenen Sowjetsoldaten, gleich neben dem Gebietskomitee der Partei, niederlegten. Hier hatte ich nette Leute kennengelernt, die mich bis zu meiner Abfahrt bei sich zu Hause fürstlich bewirteten. Eine Buchverkäuferin berichtete stolz, sie werde bald in die KPdSU aufgenommen. Auch von den anderen hatte ich den Eindruck, daß sie sich in der Sowjetukraine wohl fühlten. Das entsprach meinen Vorstellungen von der Sowjetunion.

Nach Mitternacht brachten mich alle zum Bahnhof und verabschiedeten sich herzlich von mir. Ich habe sie nie wiedergesehen und weiß nicht, was aus ihnen geworden ist.

Doch bis heute denke ich noch oft an meine erste Reise in die Sowjetunion, besonders, nachdem ich erfahren habe, wer noch aus Tschernowzy kam: Arsenij Jazenjuk (Ministerpräsident der Ukraine, 27.2.2014 - 14.4.2016) war zu jener Zeit fünf Jahre alt. Seine Eltern waren Fremdsprachenlehrer, hatten also eine exklusive Ausbildung genossen. Sie waren jüdischer Herkunft, was ihr Sohn geflissentlich verschweigt. Der hatte sich mit Antisemiten und Faschisten gemein gemacht und beschmutzte pathetisch und unverschämt das Andenken derer, die seinen Eltern und Verwandten ein sicheres Leben in dieser Stadt und in der Ukraine erst ermöglicht hatten.

Dr. Bernhard Majorow

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Ist Angst ein schlechter Ratgeber?

Seit Jahrzehnten beobachte ich folgendes: Spitzenpolitiker und Konzernbosse treffen sich zu "vertraulichen Gesprächen", und ich ahne schon, daß es dabei um Entscheidungen von großer Tragweite geht, um Projekte, die so große - bekannte oder auch unbekannte - Gefahren in sich bergen, daß sie die Existenz Tausender Menschen, ja womöglich ganzer Völker oder der gesamten Menschheit bedrohen.

Dabei kann es um alles mögliche gehen, wovon Kapitalisten und Imperialisten sich Profit und Macht versprechen. Zum Beispiel um den Bau von Aluminiumfabriken in Indien, welche Gifte freisetzen, die schwere und schwerste Krankheiten erzeugen, so daß Tausende Arbeiter qualvoll dahinsiechen und sterben. Verantwortlich hierfür war und ist in diesem Fall Josef Ackermann, der ehemalige Chef der Deutschen Bank, den Angela Merkel kurz zuvor zu einem (natürlich) "vertraulichen" Gespräch empfangen hatte.

Es kann sich aber auch um den Export schwerer Waffen in Krisengebiete, etwa nach Saudi-Arabien, handeln, die zwecks Irreführung der Öffentlichkeit auf Umwegen über friedliche Drittländer geliefert oder als Teilstücke versandt werden, die der Empfänger dann vor Ort selbst zusammenbauen kann. Auch um die Stationierung atomarer Raketen kann es gehen oder (selbst nach den Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima!) um die Errichtung neuer Kernkraftwerke.

Natürlich lassen solche Projekte sich auf die Dauer nicht verheimlichen. Früher oder später sickert an einer undichten Stelle etwas durch, oder investigative Journalisten decken die Sache auf - dann ist die Öffentlichkeit alarmiert, und wache kritische Geister wie Robert Jungk oder Peter Scholl-Latour treten auf den Plan, warnen und mahnen und gefährden die beabsichtigte weitere Kumulation von Macht und Kapital. Dann setzt die Gegenpropaganda der Planer und Macher ein, die nicht einsehen wollen, was lange vor unserer Zeitrechnung schon der chinesische Philosoph Laotse wußte: nämlich daß Weisheit nicht nur im Tun, sondern mitunter mehr noch im Unterlassen bestehen kann. Aber da es den Herrschenden nicht um Weisheit, sondern um Geld geht, spielen moralische Kategorien für sie keine Rolle. Die Kritiker werden beschimpft, verhöhnt und verlacht und müssen sich regelmäßig den Satz anhören: "Angst ist ein schlechter Ratgeber."

Aber stimmt dieser Satz überhaupt? Schauen wir doch einmal genauer hin! Einfach bejahen oder verneinen läßt sich der Satz nicht, dazu ist er zu allgemein. Es bedarf also der Differenzierung, das heißt, wir müssen herausfinden, welche höchst unterschiedlichen Formen und Arten von Ängsten unter dem Oberbegriff Angst zusammengefaßt sind. Da wäre zunächst die panische, eine tatsächlich höchst gefährliche Angst zu nennen, dann alle psychotischen Ängste aus den Formenkreisen der Schizophrenien und Zyklothymien (die Paranoia oder Verfolgungsangst, die Verarmungs- oder Erkrankungsangst-Ängste, die oft mit Depression einhergehen, dann die neurotischen Ängste (Phobien) wie z.B. die Klaustrophobie (Angst vor engen Räumen), die Agoraphobie (Platzangst), Anachrophobie (Angst vor Spinnen), Höhenangst und viele andere Ängste bis hin zur Xenophobie (Fremdenangst) und schließlich die wohlbegründeten Realängste, auf die eher das Wort Furcht zutrifft.

Wie sind diese unterschiedlichen Ängste zu bewerten? Panische Angst tritt am ehesten da auf, wo viele Menschen auf engem Raum zusammengepfercht sind: in Fußballstadien, Bierzelten, Diskotheken und an ähnlichen Orten, wo dann viele bei Gefahr nur noch sich selbst zu retten suchen und wo die Schwächeren zu Boden getreten und totgetrampelt werden. Gegen solche Panikausbrüche hilft wohl am besten eine klug vorausschauende Organisation: vor allem die Bereitstellung ausreichend vieler Fluchtwege, die dann auch frei gehalten werden müssen. (Man denke an die Panikkatastrophe in Duisburg, bei der mehr als 20 Menschen zu Tode kamen, und an die hilflosen Kommentare der Veranstalter, deren einziges Interesse die Schuldabweisung war!)

Die psychotischen Ängste sind sachlich zumeist unbegründet. Sie sind Krankheitssymptome, beruhen auf Wahnvorstellungen und sind der Therapie zuzuführen. Ihre gefährlichste Form ist die Paranoia, da der von ihr Betroffene nicht nur suizidgefährdet ist, sondern auch andere Menschen verletzen und töten kann.

Harmloser erscheinen daneben die Phobien, die oft erst dann der Therapie bedürfen, wenn sie als schwerere oder leichtere Handicaps den Betroffenen an normalen Lebensvollzügen hindern, etwa wenn ein im 14. Stockwerk eines Hochhauses wohnender Klaustrophobiker es nicht wagt, den Aufzug zu benutzen. Gefährlicher, weil zum Fremdenhaß bis hin zur Fremdenverfolgung tendierend, ist da schon die Xenophobie, die von Demagogen aller Couleur für deren mitunter menschenverachtend-kriminelle Ziele ausgenutzt werden kann (siehe die Pegida-Bewegung).

Bleiben schließlich die Realängste, wohlbegründete Befürchtungen realer Gefahren, seien es nun Naturkatastrophen oder von macht- und profitgeilen Politikern oder Wirtschaftsbossen verursachte Kriege, in denen es nicht um Menschenrechte, sondem um Öl geht. Diese Realängste sind wie Warnleuchten oder Warnsirenen, die man nicht abschalten darf, sondern deren Rufe man beachten muß, um auf Mittel zu sinnen, wie der Gefahr am besten zu begegnen ist. Diese Realängste lasse ich mir nicht nehmen. Ich verteidige sie und preise sie als mögliche Lebensretter und höre auf sie wie auf die Stimmen guter Freunde, die auf mein Wohl bedacht sind.

Theodor Weißenborn

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Unser Vorbild: Wilhelm Pieck

Anfang der 50er Jahre arbeitete ich in der Präsidialkanzlei in Berlin-Niederschönhausen. So habe ich also noch sehr lebendige Erinnerungen an unseren Präsi, wie wir Wilhelm Pieck unter uns FDJlern nannten. Vier kleine Begebenheiten möchte ich erzählen.

Anläßlich der III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten 1951 lud Wilhelm Pieck die ausländischen Delegationen ins Schloß Niederschönhausen ein. Abends gab es ein Festprogramm. Wir FDJler waren als Betreuer eingesetzt. Es war furchtbar kalt. Genosse Pieck rief mich zu sich heran und gab mir den Auftrag, warme Decken für die afrikanischen Gäste zu besorgen, da diese unser Klima nicht gewohnt seien und sicher frieren würden. Ich war bestürzt, daß mir das nicht selbst eingefallen ist.

Vor der Eingangstür des Schlosses standen stets zwei Soldaten Wache. Es war ein heißer Sommertag. Die Sonne brannte erbarmungslos auf die Posten nieder. Viele der Mitarbeiter gingen vorbei. Unser Präsident kam, sah, daß die Jungs ungeschützt der Sonne ausgesetzt waren, und ordnete an, daß sofort mit einem Schlauch kaltes Wasser auf die Steine des Eingangs gespritzt werden solle und außerdem unverzüglich ein Schutzdach anzubringen sei. Er beschämte uns alle, die wir doch mehrfach gedankenlos an den Posten vorbeigegangen waren.

Für die Kinder der Mitarbeiter des Hauses wurde eine Weihnachtsfeier organisiert. Der Präsident nahm daran teil. Es gab Kuchen und Kakao und natürlich Geschenke vom Weihnachtsmann. Die kleinsten Kinder saßen neben Wilhelm. Ich war beauftragt, dieselben zu betreuen. Da sprach er mich an und trug mir auf, den Weihnachtsmann ebenfalls mit Kuchen und Kakao zu versorgen. Ich erwiderte darauf, daß Weihnachtsmänner wegen des Bartes nichts zu sich nehmen könnten. Daraufhin sagte er, daß wir ihm dann eben ein großes Kuchenpaket mitgeben sollten.

Genosse Pieck kam von einem ausländischen Staatsbesuch zurück. Von unserer FDJ-Gruppe wurde ich gebeten, ihn mit einem Blumenstrauß zu begrüßen. Wir berieten, welche Blumen es sein sollten. Jemand wußte, daß die Lieblingsblumen seiner Frau Chrysanthemen waren. Diese wurden beschafft. Es war soweit. Pieck kam. Ich begrüßte ihn mit den Worten: "Ich überreiche Ihnen die Lieblingsfrau Ihrer Blumen." Er nahm mich in den Arm, drückte mich und sagte: "Ich habe Dich schon richtig verstanden."

Ich war todunglücklich über meinen Lapsus, aber tief beeindruckt von der Güte unseres Präsidenten und Genossen. Er war unser Vorbild.

Elfriede Goldberg, Bernau

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Werner Klemke zum 100. Geburtstag

Werner Klemke (12.3.1917 - 26.8.1994) war einer der populärsten Buchgestalter und Graphiker der DDR. Beliebt war er für seine fröhlichen Kinderbuchillustrationen. Der Kater auf dem Titelblatt der Zeitschrift "Magazin" wurde zu seinem Markenzeichen.

Daß der bekannte Weißenseer Künstler ein wohlgehütetes Geheimnis hatte, entdeckte 2011 die niederländische Filmemacherin Annet Betsalel im Archiv der Jüdischen Gemeinde im niederländischen Bussum: Als junge Wehrmachtssoldaten retteten Werner Klemke und Johannes Gerhardt Juden vor der Deportation, indem sie mit ihren künstlerischen und grafischen Fertigkeiten falsche Papiere ausstellten.

Gerühmt wurde von Kennern und Sammlern vor allem Klemkes künstlerische Vielseitigkeit. Vielseitig - das ist in der Tat die treffendste Bezeichnung, denn so gut wie kein Tätigkeitsfeld gebrauchsgraphischer Arbeit blieb von ihm unbestellt: Briefmarke und Bühnenbild markieren die rein größenmäßigen Pole - dazwischen Programmzettel, Zeitschriftentitel, Illustrationen, Plakate, Schallplattenhüllen, Signets, Exlibris, Bildschirmgrafik und Bücher, Bücher, Bücher (in der Berliner Tatjana-Mawrina-Bibliothek befinden sich über 320 von ihm illustrierte Werke - 70 davon wurden als "Schönstes Buch der DDR" ausgezeichnet).

Horst Kunze schrieb 1976: "Sein bleibendes Verdienst ist es, aus der Misere der Nachkriegszeit heraus einer graphischen Kunst zum Siege verholfen zu haben, die durch ihre Menschenachtung und Menschlichkeit, durch Charme, Witz und Humor, durch Wirklichkeitsbezogenheit viele Menschen erreicht, künstlerisch gebildet oder ihnen überhaupt erst die Augen für künstlerische Anliegen, Aufgaben und Möglichkeiten geöffnet hat." me.

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Erkenntnisse eines "Totalitarismus"-Forschers

Im vergangenen Jahr erschien ein Buch zur Auseinandersetzung mit der Geschichte der DDR, das man sich näher ansehen sollte. Prof. Dr. Lothar Fritze, an der TU Chemnitz und am Hannah-Arendt-Instituts für "Totalitarismus"-Forschung seit Jahren tätig, meldete sich mit einer Schrift zu Wort, die er wohl nicht zufällig nicht am Institut, sondern im Berliner Wissenschafts-Verlag publizierte. Sie trägt den Titel: "Delegitimierung und Totalkritik. Kritische Anmerkungen zur Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit". In ihr setzt sich der Autor außerordentlich kritisch mit der bisher praktizierten offiziellen Darstellung der DDR-Geschichte auseinander.

Er hält die Zielsetzung der Delegitimierung der DDR zwar weiterhin für vertretbar, aber er bezeichnet sie gleichzeitig als ein "zweischneidiges Schwert", das den, der es in der Hand hält, selbst verletzen und beschädigen kann. Diese Zweischneidigkeit erkennt er vor allem darin, daß mit der Forderung nach Delegitimierung der DDR das Ergebnis der historischen Untersuchung praktisch schon vorgegeben und eine ergebnisoffene Forschung nahezu unmöglich ist. Die Glaubwürdigkeit der so erzielten "Forschungsergebnisse" sinke damit erheblich.

Der Autor lehnt die Charakterisierung der DDR als "totalitär" nicht von vornherein ab, aber er schreibt, daß die bisherige Forschung nichts zutage gefördert hat, "was die Charakterisierung des Gesamtsystems als totalitär bekräftigen würde". Er warnt vor zerstörerischer Schwarzweißmalerei und vor der Selbstgerechtigkeit der Sieger, was letztlich zur Blindheit gegenüber den Mängeln in der eigenen Gesellschaft führe. Aus einem solchen Blickwinkel lehnt er die Totalkritik der DDR und ihre Charakterisierung als Unrechtsstaat ab. Er fordert, neben negativen auch immer die positiven Seiten des Systems zu untersuchen. Insofern versteht er den Realsozialismus nicht nur als Parteiherrschaft, sondern auch als soziales "Experiment", mit dem sich Hoffnungen und Erwartungen von Millionen verbanden. Er bescheinigt der Idee des Marxismus eine ethische Zielsetzung und den Anspruch einer zivilisatorischen Neuorientierung. Er spricht von der Faszinationskraft der kommunistischen Ideologie und macht darauf aufmerksam, daß die Menschheitsprobleme bei weitem nicht gelöst sind. Aus dieser Sicht, so schreibt er, sollte nicht verteufelt werden, worauf die Menschheit vielleicht noch einmal zurückkommen muß.

Den Begriff "Unrechtsstaat" hält er für juristisch unbestimmt und für politisch ungenau. Er fälle "ein undifferenziertes, politisch mißbrauchbares Unwerturteil über die DDR". Weiter heißt es: "Jawohl, es gab in der DDR massive Menschenrechtsverletzungen; sie verkörperte aber keine in jeder Hinsicht menschenfeindliche Ordnung, in der ein geregeltes und innerhalb der geltenden Gesetze selbstbestimmtes Leben nicht möglich gewesen wäre. Für die allermeisten war die DDR gerade nicht der Inbegriff des moralisch Verwerflichen." Hier gelangt der Professor sogar zu realistischeren Einsichten als die Thüringer Linkspartei.

Fritze hält es für sinnvoller, statt der ungerechtfertigten Gleichsetzung der DDR mit dem Nationalsozialismus die DDR mit der BRD zu vergleichen, und schreibt: "Mit dem Realsozialismus ist 1989 ein alternativer Gesellschaftsentwurf untergegangen. Ganz gleichgültig, wie man zu diesem stehen mag: In dieser Gesellschaftspraxis und in ihrem Scheitern sind Erfahrungen akkumuliert, aus denen man, so ist jedenfalls zu vermuten, lernen kann. Wäre es nicht sinnvoll, die wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Praxis - statt unter dem wissenschaftsfremden Gesichtspunkt ihrer Delegitimierung - mit dem Ziel zu betreiben, diesen Erfahrungsschatz für das bessere Verständnis der Gegenwart zu heben und, wo möglich, für die Beherrschung anstehender Herausforderungen, aber auch für die Vermeidung von Irrwegen nutzbar zu machen?" Praktisch stellen diese Aussagen ein Abrücken von der bisher verkündeten "Totalitarismusdoktrin" dar.

Dr. Rolf Ziegenbein, Dresden


Lothar Fritze: Delegitimierung und Totalkritik. Kritische Anmerkungen zur Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2016, 112 S.

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Horst Sindermanns "Fürstentum"

Im Dezember vergangenen Jahres veröffentlichte die "Mitteldeutsche Zeitung" einen auf Dummenfang zielenden Artikel von Detlef Färber, der zum Kommentieren Anlaß gibt. Die Rede ist von Horst Sindermann und dem "Erfinder des Schutzwalls". Das Adjektiv antifaschistisch ließ der Autor vorsichtshalber weg. Dann folgt: "Der langjährige hallesche Bezirksfürst war auch Chefpropagandist der DDR ..."

Sieh an, da habe ich also einen Großteil meines Lebens in einem Fürstentum gelebt und ahnte nichts davon! Da stimmt doch was nicht. Dank der ARD-Reihe "Brisant" können wir täglich bestaunen, wie der Adel lebt - und Sindermann soll in diesen erlauchten Kreis passen? Das geht doch aber schon deshalb nicht, weil er das von und zu nicht in seinem Namen trug. Und wo residierte er? Den Sitz Kardinal Albrechts, seine Residenz und seine Burg kenne ich. Also suche ich die von Horst Sindermann und finde sie in einem alten Gebäude eines Konzerns in der Leninallee, 4. Stock. Vor seiner Bürotür eine Sekretärin, sein Arbeitszimmer mit Schreibtisch und Sitzungstisch mit 24 Stühlen sowie einen Nebenraum zum Umkleiden und Waschen. Das war alles. Da müßte doch noch mehr dazugehören.

Also hat er bestimmt, dachte ich, ein schönes Schloß mit Park. Was ich fand, war ein Einfamilienhaus mit Vorgarten am Saaleufer. Etwas wenig für einen Fürsten, oder? Und was ist mit seiner goldenen Krone? Bestimmt trug er sie nachts im Bett, denn tagsüber hatte er ja immer einen Hut auf. Na ja, soweit reichten die Recherchen eines Detlef Färber wohl nicht.

Aber wodurch unterschied sich sein "Fürstentum" von denen in der "freiheitlichdemokratischen Grundordnung"?

Arbeitslosigkeit war nur aus den Schulbüchern bekannt. Wohnungsnot gab es als Folge des Krieges, aber keine Obdachlosen. Bettler auf den Straßen und Plätzen waren verschwunden. Gleicher Lohn von Mann und Frau bei gleicher Qualifikation und Leistung waren gesetzlich gesichert. In Halle wurde für die Chemiearbeiter eine ganze Wohnstadt mit allen sozialen und kulturellen Einrichtungen aus dem Boden gestampft. Und immer war Horst Sindermann vor Ort und kümmerte sich um die Sorgen der Menschen, sicherte Hilfe zu, wo es möglich war.

Seine besondere Aufmerksamkeit galt der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. In der Helene-Lange-Schule wurden Kindergärtnerinnen ausgebildet, damit in den Kinderkrippen und Kindergärten Fachkräfte für die Bildung und Erziehung der Kinder vorhanden waren. Auf der Peiznitzinsel entstand das Pionierhaus, es gab ein Planetarium und und und ...

Es war also ein etwas eigenartiges Fürstentum, welches in kein Schema des Adels paßte. Denn in welchem Land stellt der Adel freiwillig seine Paläste und Schlösser zur Verfügung, damit sie für das Volk, für Internate, Wohnheime, Schulen, Pflegeheime genutzt werden? In welchem Fürstentum ist die Schulbildung für alle Kinder kostenlos, wo werden alle Kranken kostenlos behandelt?

Und außerdem: Wenn Sindermann ein Fürst war, was waren dann seine Vorgesetzten? Könige oder gar Kaiser?

Auffällig ist, daß die Hatz auf die DDR in den letzten Monaten wieder auf Hochtouren lief. Warum? Offensichtlich sieht man sich gezwungen, von den "Entdeckungen" über die braune BRD-Vergangenheit, die über Jahrzehnte unter dem Deckel gehalten wurde, schleunigst abzulenken, denn jeder denkende Mensch muß sich doch die Frage stellen, warum man erst nach 70 Jahren über die Nazivergangenheit nachzudenken beginnt.

Helmut Baumgarten, Halle/Saale

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Woher und wohin des Wegs?

Vieles verbindet mich mit der DDR. Die fast zehn Jahre meiner Mitgliedschaft im Zentralausschuß der Volkssolidarität und die ehrenamtliche Tätigkeit als Vorsitzender des Bezirksausschusses Karl-Marx-Stadt der Volkssolidarität gehören natürlich auch dazu, nicht weniger meine Tätigkeit in der Gewerkschaftsleitung des Kombinates Trikotagen sowie als Dozent für Fernstudenten des Bezirks Karl-Marx-Stadt an der Hochschule der Gewerkschaft "Fritz Heckert".

Mein Leben lehrt mich, daß die sozialistische Demokratie die zukunftsträchtigste wie auch die nachhaltigste Demokratieform ist. Sie schließt gleichberechtigt alle Klassen und Schichten in die Formen der Mitbestimmung und des Mitregierens ein. In ihr ist nicht nur Platz für den Mittelstand, sondern sie fordert und fördert ihn auch als eine wichtige Produktivkraft der Gesellschaft. Sozialistische Demokratie schließt selbst kapitalistische Eigentumsformen ein, wie zum Beispiel in den Betrieben mit staatlicher Beteiligung praktiziert. Das Kernproblem ist eine lebendige, auf Augenhöhe gestaltete Bündnispolitik.

Nach wie vor stehe ich zu den Grundideen meiner Partei, der NDPD, im Geiste von Dr. Lothar Bolz, Prof. Dr. Heinrich Homann und Wolfgang Rösser. Das betrifft die Innen- wie Außenpolitik, insbesondere in den von uns formulierten Kernsätzen des Bündnisses mit der Arbeiterklasse und ihrer Partei, der SED, und des Verhältnisses zur UdSSR. Noch heute denke ich begeistert an die Vorträge von Prof. Dr. Konstantinow von der Lomonossow-Universität an unserer Zentralen Parteihochschule.

Ich war im Jahre 1953 nicht nur der jüngste Absolvent ihres 2. Halbjahreslehrganges, sondern auch der jüngste Politische Kreisgeschäftsführer (Kreissekretär) der NDPD in der DDR. Vorbilder und "Lehrmeister" waren für mich solche Persönlichkeiten wie Vincenz Müller (stellvertretender Vorsitzender der NDPD, dann Generalleutnant der NVA und später Stellvertreter des Ministers für Nationale Verteidigung), Wilhelm Adam (Landesvorsitzender der NDPD Sachsen, Minister für Finanzen in Sachsen und später Dozent an der Militärakademie "Friedrich Engels"), Otto Buchwitz (Präsident des Sächsischen Landtages und Aktivist der Friedensbewegung), Wolfgang Rösser (Mitglied des Parteivorstandes und Sekretär des Hauptausschusses der NDPD sowie Mitglied des Präsidiums der Volkskammer und Vorsitzender der Lateinamerikanischen Gesellschaft in der DDR) und Werner Felfe (1. Sekretär der Kreisleitung Flöha und zuletzt Mitglied des Politbüros und Sekretär des Zentralkomitees der SED).

Bündnispolitik wird produktiv, wenn die erfahrensten und zuverlässigsten Kräfte der Parteien und Massenorganisationen regieren. Dabei ist verständlich, wenn die Führungsfähigsten und Führungswilligsten in gewissem Sinne eine Vorzugsstellung einnehmen ("führende Rolle"). Der Kapitän eines Schiffes wird von einer erfolgreichen Mannschaft dann sprechen können, wenn diese ihn, den Kapitän, respektiert, achtet, ja sogar liebt, ohne blinden Gehorsam. Führungskräfte werden ständig vor die Aufgabe gestellt, sich selbst zu prüfen bei der Erfüllung ihrer Verantwortung. Ein Führungsanspruch leitet sich nicht primär von einer Klasse oder einer sozialen Gruppierung ab. Im Grunde genommen müßten die regieren, die über die größte Nähe zum Volk verfügen und die besten fachlichen wie sozialen Fähigkeiten besitzen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden.

Ein entscheidendes Instrument für die Führung ist ein kritisches Verhältnis zur eigenen Arbeit und zu sich verändernden Bedingungen. Schon Karl Marx sah in der Kritik ein besonderes Mittel der Einflußnahme auf Erziehung und Selbsterziehung wie zur notwendigen Korrektur beratener und beschlossener Maßnahmen.

Er mahnte auch, die Kritik stets zu aktualisieren. Neue Aufgaben bedingen neue Verhaltensweisen, die wiederum neue Probleme erzeugen können, auf die sachlich und nachvollziehbar kritisch reagiert werden muß.

Betrachten wir die Realität, so müssen wir eingestehen: Die gegenwärtige moderne kapitalistische Gesellschaft ist erfahren in der Anpassung, in der "Kunst" der Manipulation und des "Kaufs" der intelligentesten sowie nützlichsten Arbeiter und Beschäftigten für die Interessen des Kapitals. Die "soziale Marktwirtschaft" ist der Versuch, einen Anschein von Demokratie und Gerechtigkeit zu erwecken.

Die Fähigkeit des Kapitalismus, sich immer wieder neu und demokratisch darzustellen, führt zu Irritationen und teilweise revisionistischen Zukunftsvorstellungen. Er "besticht" durch die Beherrschung medialer Einflußnahme. Hier werden Wahrheiten, Halbwahrheiten wie auch Lügen so gekonnt vermittelt, daß man sie glaubt. Diese Situation spiegelt sich wider in der ständigen "Empörung" über Bestechlichkeit, Korruption, Doppelzüngigkeit, Verleumdung, Vorteilsnahme und Diskriminierung usw. Der schillernde, glamouröse Kapitalismus weckt offensichtlich viel mehr Hoffnungen durch sein Erscheinungsbild und seine Angebote, als die Ideen des Sozialismus und ihre praktische Verwirklichung dies vermochten. Wir sollten bedenken, daß es sich bei den Deutschen als Verursacher wie Verlierer des II. Weltkrieges um ein Volk in Ost und West handelt und dieses Volk noch bis zum Ende des Krieges von dem Gelöbnis überzeugt war: "Ein Volk, ein Reich, ein Führer und eine Wehrmacht." Die Jahre der faschistischen Indoktrination haben in den Menschen tiefe Furchen falscher Hoffnungen wie auch Lügen hinterlassen.

Die betonte Zuwendung der DDR zu den Werktätigen, den Arbeitern und Bauern im Sinne des Friedens, des Antifaschismus und Antiimperialismus wurde von vielen Menschen bejaht. Wen wundert es, wenn im Laufe der Jahre die Bürger die Realität mit den Worten und Programmen der Parteien und der Regierung verglichen haben. Bei aller Wertschätzung und persönlichem Engagement für die Ideen der Verfassung der DDR belastet mich die "Nachlese" von möglichen tiefgreifenden Fehlern im Umgang mit Mitbürgern bis heute.

Dr. Wilfried Meißner, Chemnitz

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Warum ich meinem Vaterland DDR die Treue halte

In Deutschland verbreiten Regierung und bürgerliche Medien fortwährend gegen den einzigen deutschen Friedensstaat, die DDR, Schimpf und Schande ohne geringste Anzeichen, einen sachlichen Dialog über die wahre Geschichte führen zu wollen. Gemeint ist der Staat, aber getroffen werden Millionen ehrenhafte Bürger dieses Landes, die pionierhaft darangingen, mit der verhängnisvollen Linie der deutschen Geschichte und dem imperialistischen Ausbeuter- und Unterdrückersystem endgültig Schluß zu machen.

Die Kapitulation der deutschen Wehrmacht erlebte ich nach kurzem RAD (Reichsarbeitsdienst) und als kasernierter Wehrmachtssoldat in Freiberg. Zu dritt entschlossen wir uns zum Fußmarsch nach Hause. Am 8. Mai 1945 war ich daheim in meiner Heimatstadt Wildenfels/Erzgebirge. Antifa-Jugendgruppen machten mobil. In einer Parteiversammlung der KPD - Vater nahm mich mit dorthin - meldete ich mich zum Eintritt in die Partei an. Es folgte die Teilnahme an den Mitgliederversammlungen. Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) wurde 1949 gegründet. Es kam eine antifaschistische Bewegung in Gang. Das Potsdamer Viermächteabkommen zwischen Frankreich, Großbritannien, der Sowjetunion und den USA führte in der sowjetischen Besatzungszone zu einer revolutionären Umgestaltung des täglichen Lebens und zur Erfüllung des Vermächtnisses: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg! Nie wieder ein deutscher Soldat auf fremdem Boden! Da war für die am Krieg schuldige deutsche Großbourgeoisie und für die damaligen Nazi-Größen und ihre Machenschaften kein Platz mehr. Die Macht der großen Konzerne und Monopole wurde gebrochen, die Produktionsmittel wurden in Volkseigentum überführt, die Banken verstaatlicht. Es gab keinen Raum mehr für Oligarchen und Korruption. Die Ursachen für Kriege wurden von Grund auf beseitigt.

Noch unter Besatzungsbedingungen wurde die demokratische Bodenreform verwirklicht. Auch mein Vater wurde Neubauer. Ich selbst konnte eine Fachschule besuchen. Das Bildungswesen erhielt große Aufmerksamkeit. Nach knapp vier Jahren antifaschistisch-demokratischer Umgestaltung wurde die DDR gegründet. Nicht jeder Deutsche war mit dem Herzen dabei. Der Faschismus hatte ein schlimmes Erbe hinterlassen. Es gab kaum eine Familie, die nicht von dessen Hinterlassenschaft betroffen war. Bei uns war mein Cousin Gottfried vermißt, Onkel Otto und Onkel Herbert gefallen, und Onkel Karl hatte im KZ gelitten. Die DDR konnte sich ihre Bürger nicht aussuchen. Manch einer lehnte sie ab oder verließ sie später.

Die Fachschule hatte ich als staatlich geprüfter Landwirt verlassen. Meine Partei gab mir ein agrarpolitisches Wirkungsfeld in einer Maschinen-Traktoren-Station (MTS) und danach im Kreis Zwickau-Land. Um meine Ausbildung qualifiziert abzuschließen, wurde mir ein Studium der Gesellschaftswissenschaften in Moskau ermöglicht.

Ganz anders verlief die Entwicklung nach dem 8. Mai 1945 in den Westzonen. Wenn amerikanische und britische Besatzungsoffiziere Menschen, die meist teilnahmslos am Straßenrand standen, befragten, dominierte die Klage über Bombenangriffe und Zerstörungen. Plötzlich war für sie die Nazi-Diktatur verschwunden, als wäre nichts geschehen. Bekundungen angeblicher Unschuld und Verschwiegenheit machten sich breit, von Schuldgefühlen kaum eine Spur. Schuld waren nur die Oberen. Antifaschistische Bestrebungen fanden zu wenig Widerhall. Viele Befragte schwiegen. Andere schwelgten in Erinnerungen an Hitlers "Leistungen" für Arbeit und Brot, beschwerten sich über die Versailler Verträge oder waren geprägt von tiefem Russenhaß. Die Nazi-Verbrecher wurden nicht verfolgt; selbst Adenauer verklärte die SS zur "regulären" Truppe. Mit der Truman-Doktrin, dem Marshallplan und mit Carepaketen wurde die Bevölkerung "gekauft" und der Kapitalismus rasch gestärkt.

Der 8. Mai 1945, der Tag der Befreiung vom Faschismus, den die DDR sorgsam pflegte und dem die Bevölkerung jedes Jahr in angemessener Form gedachte, wurde im Westen über Jahrzehnte hinweg als Tag des Zusammenbruchs und der Niederlage teils bedauert, teils verschwiegen.

Die kriegs- und mordlustige Großbourgeoisie lag zum Kriegsende geschlagen am Boden. Statt sie wie im Osten völlig zu entmachten, konnte sie im Westen wieder Kräfte sammeln. Mit der Spaltung Deutschlands und der Einbeziehung in ihr imperialistisches Bündnissystem bereiteten die Westmächte die Wiederherstellung der alten Ordnung vor. Die separate Währungsreform führte zur wirtschaftlichen Spaltung Deutschlands.

Die BRD nahm Kurs auf die Revision der Ergebnisse des 2. Weltkriegs, vor allem auf die Annexion der DDR. Das Wiedererstehen des deutschen Imperialismus wurde durch die antikommunistische Haltung der rechten Führer der SPD und des DGB stark begünstigt. Der Beitritt zur NATO im Jahre 1955 - nur ein Jahrzehnt nach Auschwitz und nach dem faschistischen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion -, brüskierte die ganze Welt. Aus heutiger Sicht hat der internationale Imperialismus durch kalten Krieg und unzählige heiße Kriege, durch Rüstungswettlauf, ökonomische Übermacht und auch durch technologische Überlegenheit sowohl die UdSSR als auch die DDR erfolgreich beseitigt. Indem er jegliches Völkerrecht, die Menschenwürde und Menschenrechte mit Füßen tritt, zeigt sich sein hundertfaches Unrecht.

Die Deutsche Demokratische Republik war im humanistischen Sinne mein wahres politisches Vaterland.

Johannes Chemnitzer, Neuenhagen

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Revolutionäres aus dem Hinterzimmer

Ja, es gibt sie noch, die Hinterzimmer! Was vor 70 und mehr Jahren einfach zu jeder Kneipe gehörte, schien in den letzten Jahrzehnten ins Vergessen zu geraten. Die Tradition, im Hinterzimmer separat seinen Interessen nachzugehen, ging vorerst - fast - verloren. Kein Bedarf. Die Vereine schufen sich eigene Treffpunkte, die Dirnen empfingen ihre Freier in eigenen Separees. Die Menschen im östlichen Teil des neu entstehenden Deutschlands hatten anderes zu tun, als sich in Hinterzimmern zu versammeln. Und sie öffneten sich für ihresgleichen, trafen sich in den Wohnungen, den Gärten. Sie brauchten sich nicht zu "verstecken", alle hatten viel verloren und waren gleichgesinnt, hofften auf eine friedliche und bessere Zeit. Nun, das ist schon eine Weile her ...

Vor kurzem erhielt ich eine Einladung. In ein Lokal. Die eintreffenden Menschen grüßten sich und mich, obwohl ich keinen kannte. Sie gingen schnurstracks durch die gastronomischen Räumlichkeiten hindurch und - öffneten eine Hintertür in ein größeres Schlauchzimmer mit einer eingedeckten Tafel und einem Präsidium.

Mit Butzenglas eingefaßte Fenster, alte Holztäfelung, zwei Nischen als Garderobe. Auf der Tafel standen Gläser und Mineralwasserflaschen, dazwischen lag Info-Material. Plötzlich umarmte mich jemand stürmisch und zart zugleich: Bruni Steiniger. Wiedersehensfreude! Nun fühlte ich mich dazugehörig.

Es stellte sich heraus, daß die Anwesenden, meist ältere "RotFuchs"-Leser, keine feste Heimstatt hatten. Man mietete sich ein, mal bei der Volkssolidarität, mal im Kietzclub, je nach der zu erwartenden Teilnehmerzahl. Und es stellte sich ebenso heraus, daß es, wie vor 70 und mehr Jahren, Probleme mit den - staatsnahen - Einrichtungen gab. Man war nicht gerne gesehen. Auch hier regiert das Geld.

Die Veranstaltung lief friedlich ab, die älteren Bürger randalierten nicht, schrien auch keine Parolen. Fast wartete ich auf den Beschluß, Flugblätter zu fertigen. Eine Sammelbox ging herum, es wurde um Stuhlgeld gebeten. Viele gaben mehr - als freiwillige Spende für die Fertigung der kostenlosen Zeitschrift.

Der revolutionäre Beschluß zum Ende der Veranstaltung haute mich dann doch um: Wir sprachen uns für eine Straßenbenennung nach Ruth Werner aus, eine Unterschriftenliste ging von Hand zu Hand. Viele neugewählte Abgeordnete des (rot-rot-grünen) Bezirks sollen sich wohlwollend zu diesem Vorhaben ausgesprochen haben und die Namensgebung unterstützen. Es wäre zu schön, wenn das klappen würde!

Brunhild Hauschild, Berlin

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Bruno Kaiser - ein Leben für die Bücher
von Theo Pinkus

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Konrad Wolf - Ein deutscher Lebenslauf
von Klaus Eder

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Stimmen aus aller Welt über die DDR (Folge 8)

Solange der sozialistische deutsche Staat, die DDR, existierte, haben sich immer wieder Persönlichkeiten aus der ganzen Welt bei oder nach Besuchen über die DDR geäußert. Zum 30. Jahrestag am 7. Oktober 1979 hat die Auslandspresseagentur Panorama DDR über hundert solcher Stellungnahmen in einem Buch vereint. Entstanden ist so ein Mosaik persönlicher Erfahrungen und Erkenntnisse, die jeweils ein Stück gesellschaftlicher Wirklichkeit widerspiegeln. Stellvertretend für die anderen veröffentlichen wir hier einige dieser Äußerungen; Älteren zur Erinnerung, Jüngeren zur Verdeutlichung dessen, was die DDR für die Welt - und für uns - war.


Dr. Halfdan Mahler (1923-2016)

Von 1973 bis 1988 Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation

Mein Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen Republik hat meine Überzeugung bestärkt, daß es das Anliegen des Gesundheitswesens der DDR ist, allen Bürgern eine ebenbürtige medizinische Betreuung zu gewährleisten. Inhalt und Qualität dieses Gesundheitswesens sind bemerkenswert. Die Wissenschaftler und Ärzte, denen ich begegnet bin, sehen ihre Arbeit nicht durch die "engen" Augen des Mediziners, sondern ihre Aktivitäten sind prinzipiell sozial orientiert. Diese Eigenschaft ist nicht hoch genug einzuschätzen.

Die soziale Orientierung wissenschaftlicher Arbeit ist gegenwärtig in der Welt noch recht problematisch. In diesem Zusammenhang denke ich besonders an die Tuberkuloseforschung und -bekämpfung, wo von der DDR Pionierarbeit geleistet worden ist. Die gleiche Einstellung habe ich auch bei jenen Wissenschaftlern gefunden, die sich mit bedeutenden Problemen im Kampf gegen Herz-, Kreislauf- und Geschwulsterkrankungen beschäftigen. Was mich dabei besonders beeindruckt hat, ist die beispielgebende multidisziplinäre Zusammenarbeit zahlreicher Fachgebiete zur Lösung eines gemeinsamen, sozialorientierten Themas.

Für uns alle, die wir auf dem Gebiet des Gesundheitswesens arbeiten, ist es wichtig, ein Land in unserer Mitte zu wissen, das auf dem Gebiet des Gesundheitswesens in relativ kurzer Zeit so Gewaltiges geschaffen hat. Das ist sowohl moralisch als auch technisch außerordentlich bedeutungsvoll.

Die WHO wird die reichen Erfahrungen der DDR auswerten und sie allen Ländern zugänglich machen. Besonders freue ich mich auf eine intensive Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung. Diese wird sich auf vordringlich zu lösende Themen beziehen, beispielsweise der Herz-Kreislauf- und Geschwulstforschung sowie chronisch pulmonale Erkrankungen und des Umweltschutzes.

Nicht weniger wichtig ist, daß DDR-Wissenschaftler an den von der WHO organisierten Konferenzen und Symposien teilnehmen und die Thematik bereichern, so wie es einige bereits im Rahmen der Expertenkomitees tun.

Ich habe den Eindruck gewonnen, daß der Beitrag, den die DDR für die Weltgesundheitsorganisation leistet, nicht nur national orientiert ist, sondern für das Wohl aller Völker geleistet wird.


Miguel Aguila

Diplomchemiker, Kuba

Mein Erlebnis DDR sind viele Erlebnisse und Erfahrungen, es sind immerhin 14 Jahre meines Lebens. Von vier wenigstens möchte ich hier erzählen.

Mein erstes Erlebnis DDR war das Lernen. In Merseburg begann ich 1964 mein Studium an der Technischen Hochschule für Chemie, die ich 1971 als Diplomchemiker verließ. Ich begann, Zeuge einer beeindruckenden Entwicklung dieses Landes in der Ökonomie, der Politik und dem Bewußtsein der Menschen zu werden, ich begann, den Geist der Solidarität zu spüren und des proletarischen Internationalismus. Ich begann einen Lebensabschnitt, der ein sehr entscheidender für mich werden sollte.

Mein zweites Erlebnis DDR war die Liebe. Es begann mit einem Basketballspiel. Die kubanische Nationalmannschaft weilte zu einem freundschaftlichen Vergleich in Halle. Unter den Zuschauern Nina. Ich betreute die "Langen" von der Insel. Dabei lernte ich Nina kennen. Ich lud sie für den Sonntagnachmittag zu einem Kaffee ein. Nun müssen Sie wissen, daß wir Kubaner im allgemeinen Frühaufsteher sind. Aber daran allein lag es nicht, daß ich bereits am frühen Morgen bei ihr klingelte. Aus dieser Ungeduld eines kubanischen Frühaufstehers sind mittlerweile zehn glückliche Ehejahre geworden.

Ninas Mutter kämpfte während des zweiten Weltkrieges in der französischen Resistance, später, nach dem Inferno in die DDR gekommen, arbeitete sie als Fachärztin in der Nationalen Volksarmee. Ninas Vater kämpfte als Interbrigadist im Thälmann-Bataillon in Spanien. Im Bekanntenkreis von Ninas Mutter fand ich, 10.000 Kilometer von meiner Heimat entfernt, nicht nur das Glück der Liebe, sondern auch das Glück der weltanschaulichen Gemeinsamkeit. Nina und ihre Mutter, ihre Gedankenwelt und das Handeln der ihnen vertrauten Menschen, wurden für mich ein unverwechselbares Stück DDR.

Mein drittes Erlebnis DDR ist die Freundschaft. 1974/75 weilte ich schon einmal an der Wilhelm-Pieck-Universität, um meine Dissertation zu beginnen. Seit dem November 1977 arbeite ich hier an ihrer Fertigstellung. Wie nun sieht die Freundschaft der DDR-Kollegen aus? Sie helfen uns, indem sie uns fordern und uns lehren, selbständig wissenschaftlich zu arbeiten und zu forschen. Nach der Revolution haben viele hochqualifizierte Wissenschaftler meine Heimat verraten und sind in die USA gegangen. Wir jungen Leute, die jetzt hier lernen und studieren, müssen möglichst schnell die großen Lücken schließen, die so entstanden sind.

Im nächsten Jahr voraussichtlich werde ich nach Kuba zurückkehren. Dann beginnt mein viertes Erlebnis DDR. Und das wird die Bewährung sein. Für mich wird das intensive Forschungsarbeit an der Universität von Santa Clara, der etwa 300 Kilometer östlich von Havanna gelegenen Hauptstadt der Provinz Villa Clara, bedeuten. Für Nina wird es heißen, die kubanischen Wissenschaftler, die sie in der deutschen Sprache unterrichtet, so gut wie möglich auf ihr Studium in der DDR vorzubereiten. Genau betrachtet gibt es für mich gar kein Erlebnis DDR. Es gibt nur ein Erlebnis DDR - Kuba.

*

Junge Frau im Sozialismus (2)

Schreiben war mir nun zum Lebensbedürfnis geworden. Aber es drängte mich auch, mir ein geistiges Fundament zu schaffen. Deshalb bewarb ich mich im Frühjahr 1966 an der Hochschule für Film und Fernsehen Babelsberg für das Fach Szenarium/Drehbuch. Ich bestand die Aufnahmeprüfung, doch vor dem Studienbeginn im Herbst war ich wieder schwanger. Heulend erschien ich im Rektorat, um mein Studium vorerst abzusagen. Mit zwei Kleinkindern studieren, das traute ich mir nicht zu. Im Rektorat tröstete man mich. Ich könne mich in zwei Jahren wieder bewerben, die Aufnahmeprüfung gelte dann noch. Als unser zweiter Sohn Sebastian 1966 zur Welt kam, wurden wir eine kleine glückliche Familie.

In der Zeit zu Hause mit den Kindern konnte ich ihr Aufwachsen intensiv erleben, schrieb beglückt Tagesaufzeichnungen über beide, vor allem über ihre geistige Entwicklung, was mich bereicherte und mir später als poetisch-authentisches Material beim Schreiben meiner Kinderbücher und Kinderfilme half. Ich schrieb weiter Gedichte und Geschichten, trat bei öffentlichen Lyrikabenden auf, hatte kleine Erfolge, aber mir fehlte etwas.

Durch eine Zufallsbegegnung mit Fritz Gebhardt, der im DEFA-Kurzfilmstudio Babelsberg arbeitete und den ich von Lyrikabenden kannte, bekam ich eine Ermutigung. Fritz hatte mich gefragt, welches meiner Gedichte mir das liebste wäre. Ich zeigte auf meine beiden kleinen Spitzbuben, die ich rechts und links an der Hand hatte. "Da! Das sind meine liebsten Gedichte." "Aber du willst doch nicht ewig zu Hause bleiben?" Auf diesen Satz hatte ich gewartet. Auf seinen Hinweis bewarb ich mich im DEFA-Kurzfilmstudio Babelsberg.

Ich bekam eine Stelle als Dramaturgie-Assistentin und konnte beide Kinder, jetzt zwei und fünf Jahre, im kleinen Betriebskindergarten unterbringen, für nur 50 Pfennig Essengeld pro Kind pro Tag. Der Kindergarten war von den Frauen vom Frauenausschuß des Betriebes eingerichtet worden. Das war gesetzlich verankert, daß Betriebe den arbeitenden Frauen möglichst Kindergartenplätze im Betrieb bieten mußten. So konnte ich jeden Morgen mit meinen beiden Kindern zur Arbeit gehen, sie im Kindergarten gegenüber von meinem Büro abliefern, sie mittags streicheln und zum Feierabend mit ihnen nach Hause gehen. Als Mitglied des Elternaktivs organisierten wir für die Kindergartenkinder Filmveranstaltungen oder die Unterbringung im Betriebsferienlager in der Vorsaison an der Ostsee, für winzige Geldbeträge.

Die guten Gesetze zur Bildung und Förderung von Frauen kamen mir auch insofern zugute, daß mich das Kurzfilmstudio einige Zeit später zum Dramaturgiestudium an die Filmhochschule Babelsberg delegierte. Die Kinder konnten während des Studiums weitere Jahre im Kindergarten bleiben. Im Rahmen eines Frauen-Sonderstudiums absolvierte ich meine Studienzeit an der Hochschule für Film und Fernsehen von 1970 bis 76 und bekam Unterstützung, sowohl von meinem Betrieb als auch von der Hochschule. Diese hohe Belastung zwischen Arbeit, Hochschulstudium, Haushalt und kleinen Kindern war ein hartes Programm, das mich manchmal fast verzweifeln ließ. Denn ich wollte ja auch das Schreiben nicht vernachlässigen.

Damals schrieb ich den Kindertrickfilm "Der Löwe Balthasar" und den Kinderdokumentarfilm "Für Angela" (Angela Davis), die beide vom Studio produziert wurden. Auch die Geschichte vom "Schneemann für Afrika" fällt in diese Zeit, die für mich eine Zeit höchster Produktivität war, aber auch höchster Anspannung.

Die guten Gesetze zur Gleichberechtigung der Frauen in der DDR konnten mich natürlich nicht vor der Zerissenheit aller arbeitenden Frauen schützen. Zwar hatten wir uns die Emanzipation ganz zu eigen gemacht, sie war im Alltag aber schwer durchzusetzen, wenn man einen sturen Mann hatte, der den Anteil an der Hausarbeit und Kinderbetreuung verweigerte. Und ich gehörte zu den Frauen, die die Gleichberechtigung mit dem Mann anstrebten und nicht gegen den Mann, so wie es Maxie Wander in ihrem Buch "Guten Morgen, du Schöne" vermittelte und wie es dem Zeitgeist in der DDR entsprach.

Dennoch waren die siebziger Jahre für uns junge Frauen ein großes Glück. Die Revolten der 68er Bewegung hatten uns ermutigt und im Privatleben ein wichtiges Mittel zur Selbstbestimmung gebracht: die "Anti-Baby-Pille". Wir bekamen die Pille kostenlos auf Rezept. Familienplanung war nun nicht mehr von Männern dominiert. Für die meisten Frauen war das ein wichtiger Schritt zur Selbstverwirklichung. Diese Jahre des Aufbruchs habe ich damals kaleidoskopartig in zahlreichen Liebesgedichten dargestellt. Sie sind im Gedichtband "Tausendunddritte Nacht" im Märkischen Verlag Wilhelmshorst erschienen und von Christian Kozik als Chansons vertont worden. Mit zwei Kostproben möchte ich schließen:

Tausendundzweite Nacht

Und als die
tausendundzweite Nacht begann,
sagte der Sultan zu Scheherezade:
Na, schön!

Zwischen zwei Tränen
lächelnd schlief
Scheherezade ein.

So
begann das
Jahrhundert der Frauen.


Jahrtausendelang

wählten Männer sich Frauen aus.
Die warteten demütig, sanft, senkten
scheu den Kopf, die Lider, den Blick
nach innen gekehrt.

Ich habe meinen Nacken erhoben,
die Augen weit geöffnet, nicht
ohne Staunen sehe ich mich um.

Und wenn mir einer so gefällt,
daß mir der Atem stockt in seiner Nähe,
dann sag ich's ihm vor allen - oder nie.

Ich wünsche allen am 8. März einen schönen Frauentag!

Christa Kozik

*

Gisela Steineckert: Hand aufs Herz

Das Jahr 2016 scheint der Erinnerung gewaltig: politisch, kulturell, völkerrechtlich! Es braucht seine eigenen Schubladen. Nicht nur für Bilder aus dem eigenen Leben, sondern aus vielen markanten Situationen. Da schien sich doch mehrmals Gewaltiges zu entscheiden, das dann als Pointe bei den Kabarettisten landete. - Im Moment glaube ich, daß beinah nichts im Leben zum ersten Mal geschieht.

Als sich Frankreich zu Recht gegen seine faulen Ausbeuter und all die ererbten, unverdienten, scheinbaren Rechte erhob, und als die Revolution gesiegt hatte, krönten die Franzosen den Triumph der Befreiung durch eigene Schmach. Auf dem Schafott starben neben den Schuldigen auch die Unschuldigen. Entweder durch Geburt Gezeichnete, schuldig durch Erbrechte. Oder durch Beispiel, weil sie nicht vorgesehene Wege gegangen waren, oder wegen der Bindungen, die sie eingingen. Da starben auch künftige Unsterbliche, Dichter vielleicht, wundersame barmherzige Mütter, sorgende Väter, Erbauer, Erhalter, normale Bürger, die zum Ruhm der alltäglichen Mühen beigetragen hätten.

Ich erinnere mich an einen Film, in dem eine junge Novizin, jüngste Tochter einer adligen Familie, eine ganz hellwache junge Frau, den Leidenden zugetan, wegen ihrer Herkunft geköpft wurde und wie sie, einsichtig in sich ruhend, auf das Schafott ging. Gut, daß sie keiner vorher auf Herz und Nieren geprüft und ausgefragt hat. Vielleicht hätte sie sich nicht an jeden Augenblick ihres falschen Lebens, ihrer falschen Herkunft und Zugehörigkeit erinnern können.

Vergleiche hinken immer, ich weiß das. Das vergangene Jahr braucht eben wirklich seine eigenen Schubladen für Erinnerungen, von denen nicht wenige aus Verdrängungen bestehen. Das gilt nicht mehr, das gilt nicht nur im eigenen Leben, sondern auch für viele weltweite Situationen, in denen sich Gewaltiges vorzubereiten schien.

War es nicht so, als stünden Millionen Menschen die Haare zu Berge, weil der neue Bewohner des Weißen Hauses nicht nur nichts versprach, sondern sogar androhte, was konkret zu Konflikten und Brüchen führen mußte? Das Mindestmaß an internationaler Verbindlichkeit und zu erhoffender Annäherung der Interessen und Gebundenheit schien gefährdet, wie alles, was aufgeholfen hätte. Bedrohlich deswegen, weil es auf einmal naheliegend schien, nie wirklich gesicherte Rechte einfach zu streichen, etwa eine nie gesehene Mauer zu errichten oder eben erst gefundenes Recht ad absurdum zu führen.

Mitten in all den Befürchtungen und Auslegungen habe ich geahnt, daß es nicht lange dauern wird, bis die neuen Begünstigten aus ihrer Herausgehobenheit eine irgendwie doch auch einleuchtende Richtigkeit herleiten würden. Wenn man die Presse - bis auf freche Ausnahmen - besitzt, und die öffentliche Meinung aus langer Erfahrung zu manipulieren weiß, dann passiert das Altbekannte erneut. Die da unten können auch mit noch weniger und irgendwie überleben.

Und wieder geschieht, was in der Geschichte der Menschheit üblich geworden ist: Man bedenkt, man erklärt sich, die geängstigte Seele funkt Entwarnung, und man muß doch erst mal sehen ...

Ich denke, daß ich damit schlecht leben kann. Das gilt für fast überall. Weil ich mich immer zu den Aufrührern gesellen würde und an der Barrikade nicht vorbei könnte. Aber da stellt sich schon eine andere Frage, die kürzt den Schlaf, breitet sich über die allzu glatte Tischdecke, den immer noch unbeantworteten Brief und läßt alte unbequeme Dialoge wieder aufflackern. Was hat Brecht gesagt, oder war es Aristoteles, ach ja, Goethe: auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.

Ich möchte durch meine Straße gehen, wo mir immer noch Leute begegnen, deren Leben dem meinen gleicht und deren Geschichte Ecken und Kanten hat, wie man so sagt. Dann möchte ich gern denken, was mich dieser Herr Orban eigentlich angeht, was soll mir Erdogan, und was der gewählte Präsident mit der lächerlichen Frisur und dem schäbigen Getue. Es ist doch immer noch mein Berlin. Die Stadt, in der ich geboren wurde, und ich habe eine Urenkelin, eine schöne, mit schwarzen Augen, einem eigenwilligen Herzchenmund und einer erstaunlich nuancenreichen Stimme. Das ist Glück, bis in die Trauer hinein.

Was also geht mich ein Mitbewohner dieser Weltstadt an, ein Mann, den ich nur als Zeitungsbild gesehen habe, und auf der Straße kaum erkennen würde. Er soll seinen Rücktritt erklärt haben. Das geht ja nur, wenn es einen Antritt gegeben hat. Vermutlich gerade eben, nachdem die leichte Erwartung aufkam, daß eine bisher kaum für möglich gehaltene Koalition uns Bürgern vielleicht beistehen würde. Etwa gegen den gnadenlosen Ausverkauf einer zur Spekulation freigegebenen Stadtmitte. Beistand gegen die Machenschaften von Besitzern, die das richtige Geld hatten, um aus dem alten Bestand neuen Besitz zu machen. Das "Entmieten" wird mit allen Mitteln versucht, meistens gelingt es. Einige sind keine Bürger dieses Staates, keine Steuerzahler, aber mit dem richtigen Geld eben Besitzer, denen die Mieter zum Mißbrauch überlassen werden. Die Methoden sind bekannt, da soll niemand so tun, als habe er keine Ahnung, wie der lautlose Auszug erreicht wird.

Der Mann, der sich nicht genau an jeden Augenblick seines damals jugendlichen Lebens erinnern kann, mag sich Einsicht und Verständnis erhofft haben. Oder einfach die Chance, seine Arbeit zu tun für die Menschen, die ihn gewählt haben; für den Teil der Koalition, dem er angehört. Ich erinnere mich an Entscheidungen des abgewählten OB von Berlin, die mich zu meiner Wahlentscheidung geführt haben. Muß ich einen Fehler korrigieren? Aber niemand hält mir die Wahlurne noch einmal hin. Vielleicht bediene ich sie nie wieder. Da wird ein Mensch bedrängt und abgestraft, der das nicht verdient hat. So hat es der noch immer dienende Präsident einst, aber was heißt schon einst, in seiner Behörde eingeführt, so wird es bis heute gehandhabt.

Das Gesicht des neuen OB wirkt immer wie eben erst gekränkt. Wenn ich bedenke, wie viel ausgeübte oder nicht genutzte Macht in einer Koalition steckt, die zugunsten der geplagten Stadt oder zur Verlängerung ihrer Unruhe ausgeübt werden kann, dann bleibt mir nur eins: zu sagen, daß ich nicht einverstanden bin mit dieser neuen Art des Schafotts. Über den bedrängten Rückzieher weiß ich zuwenig, ich hatte nicht die Gelegenheit, ihn bei der Mitarbeit zu sehen.

Ich würde meinen Freunden vom "RotFuchs" gern mitteilen, daß neue Entschlüsse des Senats das erbärmliche Ergebnis geändert haben. Daß ich deswegen alles zurücknehme und den Regierenden dieser Stadt mein Vertrauen und meine Solidarität anbiete. Eher glaube ich aber, daß sich jener Fremde eine andere Frisur leistet und seinen Wortschatz reinigt.

Meine Hoffnung, daß sich Koalitionen ihre vielleicht vorschnellen Entscheidungen noch einmal durch den Kopf gehen lassen, ist aus Erfahrung gering. Aber Berlin, mein Berlin, ist eine so wunderbarer Raum, wieder erstanden als Weltstadt, ein Zuhause mit der gewachsenen Fähigkeit, aus dem Leben etwas zu machen: Hier braucht es Farben und Chancen und das ganze pralle Wunder, das Leben heißt.

Ich war unvoreingenommen - jetzt bin ich schmerzhaft mißtrauisch.

Legenden entstehen, wenn sie gebraucht werden. Was ist eigentlich so schlimm daran, wenn ein Junge denkt, er könnte später seinem Vaterland beistehen, statt reich, wichtig und berühmt zu werden? Nichts ist schlimm daran. Außer, er wurde in der DDR geboren.


Der Frieden

Der Frieden wird kein Wunder sein
das eines Tags geschieht
zieht nicht so wie der Frühling ein
den man auf einmal sieht

Der Frieden wird kein Wunder sein
das wundersam entflammt
der Frieden wird die Arbeit sein
die aus uns selber stammt

Der Frieden wird kein Wunder sein
das irgend kommen muß
wie jeden Sommers Tandradein
der erste schöne Kuß

Der Frieden wird kein Wunder sein
wie jede Sommernacht
der Frieden wird die Arbeit sein
die jeder von uns macht

*

LESERBRIEFE

Was ich in der Zeitung lese, kann ich kaum fassen: 4000 amerikanische Soldaten und 2500 Stück Kriegsgerät wurden inzwischen nach Polen verbracht. Das ist Kriegsvorbereitung vor unseren Augen! Kann einem Volk ein noch größeres Unheil drohen als Krieg?
Müßten da nicht alle Sirenen heulen und die Kirchenglocken läuten? Wo sind die Massen, Gewerkschaften und Parteien, die im Januar im Bremer Hafen hätten stehen und statt Ausladen zum Einpacken hätten auffordern müssen?

Elisabeth Monsig, Gartz


Westliche Panzer rollen wieder gen Osten. Was wollen sie da?
Da ist zuerst der über einhundert Jahre alte geopolitische Drang führender kapitalistischer Mächte zu nennen, der Anfang des 19. Jahrhunderts in der damaligen Weltmacht Nr.1 - England - seinen Ursprung hat. Der Gründer der London School of Economics (LSE) Halford Mackinder veröffentlichte 1904 die sogenannte Heartland-Theorie, in der als Herzland die eurasische Landmasse Rußland genannt wird, die es aus englisch-imperialer Sicht zu kontrollieren galt, um weiterhin die Welt zu dominieren. Dominanz ist für den Kapitalismus überlebenswichtig! Diese auch heute noch für den Westen gültige und beherrschende Theorie wurde von einem aus Polen ausgewanderten verarmten Adligen, der es in den USA zu einem der einflußreichsten Geostrategen gebracht hat, auf den derzeitigen Führer der westlichen Welt zugeschnitten. Sein Name: Zbigniew Brzezinski, Sicherheitsberater mehrerer US-Präsidenten und bis heute einer der einflußreichsten NATO-Strategen - und ein ausgesprochener Rußlandhasser.
In seinem Buch "Die einzige Weltmacht, Amerikas Strategie der Vorherrschaft" entwickelt Brzezinski die moderne Form der Heartland-Theorie, von der militärischen Einkreisung Rußlands bis zur wirtschaftlichen Schwächung des unliebsamen Konkurrenten. Willige Mitstreiter findet man vom Baltikum über Polen, Ungarn, Bulgarien, Rumänien. Eines der wichtigsten Bindeglieder in diesem leicht zu durchschauenden Spiel ist die Ukraine, deren Führung sich bis 2014 eher nach Rußland, seinem natürlichen Partner, orientierte. Das konnte Washington nicht so ohne weiteres hinnehmen, schließlich hatte man dort jahrelang intensiv "gearbeitet" und mehr als fünf Milliarden Dollar "investiert", wie Victoria Nuland ganz offen zugab. Die rechtmäßig gewählte Regierung wurde mit Hilfe willfähriger faschistoider Kräfte wie Jazeniuk und Poroschenko weggeputscht.
Der damalige Ministerpräsident Asarow hatte sich geweigert, das Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen - ein provozierter Anlaß, die USA zum "Regime Change" in der Ukraine zu animieren. Mit NATO-Manövern unmittelbar an der Grenze zu Rußland ging es weiter. Hemmungslos und ungebremst spielt man mit dem Feuer eines großen Krieges.
Von den USA und diesem imperial ausgerichteten "Lissabon-Europa" ist eine Kursänderung nicht zu erwarten. Dabei ist klar, Frieden und gutnachbarschaftliche Beziehungen kann es nur mit, nicht gegen Rußland geben. In Deutschland und europaweit bedarf es einer vereinten linken Opposition. Vielleicht ist die von Yanis Varoufakis initiierte Bewegung DiEM25 ein Anfang, um die Kräfte zu bündeln.

Volker Büst, Vienau


Die Wunden des 2. Weltkriegs sind noch nicht verheilt, und schon rüstet Deutschland wieder auf. Und gegen wen? Wieder geht es gegen Rußland. Ich bin 1927 geboren, komme aus dem Ruhrgebiet, wo ich Nazizeit und Bombenkrieg erlebte.
Es war mein 13. Geburtstag, als der erste Bombenangriff erfolgte. Er brachte 54 Tote und den Stellungsbefehl für meinen Vater. Die folgenden Jahre bis 1943 verbrachte ich mehr im Luftschutzkeller als in der Schule. Ausgebombt verließen meine Mutter, meine kleine Schwester und ich unfreiwillig die Stadt. Wir hofften im Kreis Altenberg Ruhe zu finden, aber auch dieses Gebiet war bald Ziel englisch-amerikanischer Piloten. Wieder Angst um Leben und Gesundheit. Mein Vater kam nicht zurück.
Und heute? 40 Jahre haben wir Seite an Seite mit den Völkern der Sowjetunion in Frieden gelebt. In der DDR erfuhren ausländische Arbeiter und Studenten Solidarität, bekamen eine Ausbildung und Arbeit. Noch heute erzählen einem viele mit Stolz, was sie unserer Republik zu verdanken haben. Auch meine drei Töchter und acht Enkel haben eine gute Ausbildung in der DDR genossen. Heute bange ich um ihre Zukunft.

Marianne Wuschko, Hoyerswerda


War vor einem Jahr noch die Rede davon, daß "die Welt aus den Fugen" ist, so stellt man heute fest, daß sich diese Fugen unaufhaltsam zu vergrößern scheinen. Brexit und Trump stehen als aktuelle und bedrohliche Synonyme für diesen Prozeß.
Deutschland und Europa sind mit dem Erstarken der AfD und rechtsnationalen Bewegungen in vielen europäischen Staaten konfrontiert. Doch bleiben wir bei dem neuen Präsidenten der USA Donald Trump, der die Welt und das, was in 70 Jahren weitgehendem Frieden in Europa erreicht wurde, in Frage stellen könnte.
In diesen Jahrzehnten ist es den USA gelungen, ihren weltpolitischen Einfluß so durchzusetzen und als so selbstverständlich darzustellen, daß er von einer Mehrzahl der Staaten hingenommen, ja sogar als notwendig akzeptiert wird. Wie es dazu kam, wird ausgeblendet. Provozierte Kriege von Vietnam bis Mittelamerika und dem Nahen Osten, Putschaktionen der Geheimdienste, Ausdehnung und kompromißlose Durchsetzung eigener Interessen in Militärbündnissen wie der NATO, internationalen Organisationen wie der Weltbank und dem Weltwährungsfonds haben zu diesem Ergebnis geführt.
700 Militärstützpunkte in über 150 Ländern mit 250.000 außerhalb den USA stationierten Soldaten zeugen davon. Selbst die Vereinten Nationen haben ihren Einfluß verloren. Den USA ist es gelungen, der Welt militärisch, ökonomisch, ja sogar "kulturell" ihren Stempel aufzudrücken. Das Ende der europäischen sozialistischen Staaten hat dieser Entwicklung die letzten Hindernisse aus dem Weg geräumt.
Daß diese imperialen Ambitionen aber auch immer wieder an Grenzen stoßen, zeigt die aktuelle Lage selbst in "Gottes eigenem Land". Trumps Stimmen kommen zum großen Teil von denen, die in den USA Opfer der Globalisierung und ihrer militärischen Überdehnung wurden. Aber auch in anderen Teilen der Welt wachsen Widerstand und Konkurrenz, vor allem um ökonomischen Einfluß und Durchsetzung eigener nationaler Interessen. So durch Rußland und China, die sich ihrer früheren Bedeutung erinnern.
Eine Erweiterung des Sicherheitsrates durch die Aufnahme der BRICS-Staaten könnte schon ein normaleres und ausgewogenes Miteinander bei der Lösung der globalen Probleme sein.

Franz Tallowitz, Saterland


Bis heute gilt: Kriege sind die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Das demonstriert die "internationale Gemeinschaft" seit fast 30 Jahren, zunehmend und immer raumgreifender. Hemmschwellen scheint es nicht mehr zu geben. Bei allen Kriegen ging es mit Lügen in die Gefechte, was heute nicht anders ist. In jetziger Zeit gibt es ganz "modern" sogar den Cyberkrieg in den Netzen. "Die Russen" haben ihn begonnen, wird behauptet. Wirklich? Und was macht die NSA? Hört sie tatsächlich nur das Handy der Kanzlerin ab? Zu Zeiten des Warschauer Vertrages hat man mit ähnlichen Szenarien jongliert und der Welt stets eine militärisch gewaltige Übermacht des Ostens in beeindruckenden Zahlen offeriert. Krieg, Überfall und Angriff blieben aus, "die Russen" kamen nicht. Und heute? Wollen "die Russen" Krieg, oder will der Westen die letzten Kriege gewinnen, um dorthin zu gelangen, wo er schon immer hin wollte - in die Ukraine bis in die Tiefen des reichen Sibiriens?
Leider spüren wir selbst in den Reihen der Linken, wohin es führt, wenn der Klassenstandpunkt verlorengeht, allgemeines Menschenrechtsgefasel die Politik bestimmt und keiner mehr nach den wirklichen Ursachen der Kriege fragt.

Roland Winkler, Aue


Zum neuen Bundeswehr-"Weißbuch" haben sich die Autoren Bernd Biedermann und Kurt Laser in den letzten RF-Ausgaben sehr eindruckvoll zu Wort gemeldet.
Die Militärdoktrin der BRD betont in alter revanchistischer Manier, daß dieses NATO-"Verteidigungssystem" mit der Einnahme von Kommandohöhen - durch "die Russen" selbstredend - zu rechnen hätte. Diesen Worten folgen Taten auf dem Fuß. Deutschland rüstet auf und beteiligt sich militärisch an der weiteren Einkreisung Rußlands, genauso wie die USA, die, dem Befehl des Ex-Präsidenten Obama gehorchend, 4000 US-Soldaten mit schwerer Kriegstechnik, ins polnische Zagan verlegt haben.
Die Ankunft dieser US-Panzer-Brigade wurde von der polnischen christlichen Ministerpräsidentin Sydlo willkommen geheißen, weil diese das Land vor angeblich geplanten russischen Angriffen schützen, den Frieden und die Stabilität der NATO sichern soll. In den Worten "Wir haben auf Sie Jahrzehnte gewartet!" kommt doch zum Ausdruck, daß das NATO-Polen sich von Rußland bedroht fühlt, wohl wissend, daß nicht Rußland nach der Einvernahme der DDR durch die BRD die NATO-Grenzen von der Elbe bis an die russischen Grenzen verlagert hat, sondern der Westen, der seine gegenüber der UdSSR unter Gorbatschow gemachten Zusagen gebrochen hat.
In Zagan, einer früheren deutschen Garnisonsstadt, unmittelbar in der Nähe des seit 1898 existierenden Truppenübungsplatzes Swetoszow (Neuhammer/Queis-Kreis Sprottau-Sagan) können die NATO-Truppen ganz nahe der deutsch-polnischen Grenze bei Sorau ungestört von großen Ansiedlungen wie dereinst unter dem deutschen Kaiser Wilhelm und dann unter Hitler mit den Truppen der verschiedensten Waffengattungen den Kriegseinsatz trainieren.
Die heutige polnische Garnison Zagan wurde nach 1935 wie andere schlesische Garnisonen durch den Bau eines riesigen Kasernensystems unmittelbar an der Grenze Deutschlands zu Polen aufgerüstet. Neuhammer war das Rekruten- und Reservistenausbildungszentrum der VIII. Armee unter General Blaskowitz, der den Überfall auf Polen am 1. September 1939 von Breslau aus vorbereitet und kommandiert hat. Der Ort mit einst gerade mal 153 Einwohnern wurde bedeutsam, denn bis 1939 hatten die Nazis neue "Arbeitsplätze" für 1500 Einwohner geschaffen. In Sagan entstanden bis 1940 vier Textilbetriebe, die für die Herstellung von Wehrmachtsuniformen gebraucht wurden.
Dieser "wirtschaftlichen" Entwicklung der Städte und Dörfer um die Mallwitzer Heide zum größten Truppenübungsplatz Schlesiens lag der Schlieffen-Plan des gleichnamigen Chefs des Generalstabs der deutsch-kaiserlichen Armee für die Führung eines Blitzkrieges gegen Rußland und Frankreich zugrunde, der als Zweifrontenkrieg mit der militärischen Niederlage der kaiserlichen Armee 1918 endete, wie auch der 2. Weltkrieg, der von Hitler im Auftrag des deutschen Kapitals schon während seiner Haft in Landsberg geplant und mit der Machtübertragung am 30. Januar 1933 vorbereitet wurde.
Mit der Einkreisung Rußlands, der Stationierung von NATO-Truppen in Polen und in Baltikum-Staaten beteiligt sich die BRD wieder führend, bei Mißachtung der Lehren zweier Weltkriege, an der direkten Vorbereitung eines erneuten Überfalls auf Rußland. Es wird, wie es einst Hitler tat, von Frieden geredet, während Tatsachen in Richtung Krieg geschaffen werden. Die imperialistisch geprägte Gegenwart wird erst verständlich, wenn die Geschichte befragt wird.

Armin Lufer, Berlin


Am 7. November vergangenen Jahres haben die obersten Bundesrichter sich als Gegner dessen offenbart, was sie eigentlich durchsetzen und schützen sollten, nämlich Gerechtigkeit. Sie haben - der politischen Vorgabe folgend - beschlossen, Verfassungsbeschwerden zum § 7 AAÜG (Rentenstrafrecht für ehemalige Angehörige des MfS der DDR) nicht anzunehmen. Laut ihrer Entscheidung ist dieser Beschluß nicht anfechtbar. Das heißt, für die Betroffenen ist der innerstaatliche Rechtsweg erschöpft. Mit dieser Zurückweisung hat das Gericht ein weiteres Signal gesetzt, daß ehemalige DDR-Bürger nach der Hinausschiebung der Rentenangleichung Ost an West mit einem Abbau der Rentenungerechtigkeit nicht mehr rechnen können. Das Grundgesetz der BRD, von seinen Paladinen gern als Verfassung bezeichnet, wird hier zu einer Farce.
Bereits 1991, bei einem politischen Treffen in Wildbad-Kreuth, erklärte ein westdeutscher CDU-Politiker zum Umgang mit den sogenannten DDR-Staatsnahen: "Wir werden sie nicht in Lager sperren, das haben wir nicht nötig. Wir drängen sie an den sozialen Rand." Nachzulesen in Friedrich Wolff: "Einigkeit und Recht. Die DDR und die deutsche Justiz". Das ist Staatsdoktrin der Mächtigen bis heute.
Ich höre und lese immer von Kürzung der Rente für ehemalige MfS-Angehörige. Diese Aussage ist aus meiner Sicht falsch. Es handelt sich nicht um eine Kürzung. Hier werden politisch gewollt erworbene Anwartschaften einfach nicht ausgezahlt. Das ist Diebstahl!
Angehörige der bewaffneten Organe der DDR haben 10 Prozent ihres Bruttogehalts in das jeweilige Versorgungssystem eingezahlt, der jeweilige Dienstherr auch 10 Prozent. Ehemalige Angehörige von NVA und VP bekommen inzwischen ihre Rente nach den eingezahlten Beiträgen. Es sei ihnen gegönnt!
Fazit: Das Gremium in den roten Roben hat es Exponenten des "Unrechtsstaates DDR" wieder einmal gegeben. Bezeichnend ist, daß Nazis wie SS-Leute, Nazi-Richter, Gestapo-Schergen etc. derartige Konseqenzen in der BRD nie zu befürchten hatten. Bei ehemaligen lettischen SS-Freiwilligen oder spanischen Wehrmachtsangehörigen war (und ist) das nie ein Thema.
Der Rechtsstaat erscheint hier einmal mehr als Rechts-Staat.

Wilfried Steinfath, Berlin


Die Einschätzung von Ernst Moritz Arndt durch Peter Franz im Januar-RF teile ich. Aber das deutsche Kaiserreich hat sich 1914 nicht bereitwillig in einen neuen Krieg hineinziehen lassen. Der deutsche Imperialismus hat den Kampf um die Neuverteilung der Welt systematisch und langfristig vorbereitet. Auf die schändliche Zustimmung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion zu den Kriegskrediten sollte immer wieder hingewiesen werden. Es ist ein Beispiel dafür, daß Gabriel lügt, wenn er behauptet, die SPD müsse sich ihrer Geschichte nicht schämen. 1914 stimmte die SPD als Oppositionspartei zu. 1999 stürzte sie als Regierungspartei Deutschland in den ersten Aggressionskrieg seiner Nachkriegsgeschichte.
Der Mut von Karl Liebknecht kann nicht oft genug gewürdigt werden. Im Dezember 1914 stimmte er als einziger im Reichstag gegen die Kriegskredite, Bereits vor dem Krieg hat er die deutschen Rüstungsexporte angeprangert. Er ist ein leuchtendes Vorbild für alle Linken.

Dr. Kurt Laser, Berlin


Der Spruch des sowjetischen Botschafters in der DDR, Abrassimow, "Ende gut, alles gut", mag für einen politisch aktiven Menschen nach einer halbwegs gewonnenen Schlacht gelten, für einen Historiker kann dieser Ausspruch jedoch keine Richtschnur sein. Geschichte und Biographien der Menschen sind zu komplex und widersprüchlich, um ihr Leben vom Ende her aufzurollen und glattzubügeln.
Man muß nicht allen gegen Niemöller vorgebrachten Anwürfen zustimmen, es bleibt jedoch das Faktum des "Capri-Interviews", das auch Hanfried Müller bei aller Anerkennung und Unterstützung von Niemöllers tapferem Kampf gegen die Remilitarisierung Westdeutschlands nicht unter den Tisch fallen ließ. Freuen wir uns über Martin Niemöllers klaren Standpunkt zum "Düsseldorfer Friedensprozeß", als er dem Angeklagten Erwin Eckert am 19. Juli 1962 schrieb:
"Ich bin mit Ihnen und den mit Ihnen verurteilten Freunden der Meinung, daß wir in einem Staat des Unrechts leben, in dem kein Mensch mehr vom Staat Wahrheit und Ehrlichkeit erwarten kann.
Für Sie und die mit Ihnen verurteilten Freunde wie für unser ganzes Volk warte ich auf den Tag [...], an dem unser Volk [...] von den Menschen befreit wird, die [...] ihre alten nazistischen und militaristischen Sonderziele zum Verderben unseres Volkes ungehindert verfolgen können.
Darum bin ich froh, daß jetzt vor der ganzen Welt offenbar wird, wie unsere Polizei und auch unsere Justiz nazistisch verseucht und beherrscht wurden" (Balzer, "Prüfet alles, das Gute behaltet").
Was wir heute angesichts der Mißachtung des Artikels 139 GG und des Freibriefs für die NPD durch das Bundesverfassungsgericht brauchen, ist die Tapferkeit eines Martin Niemöller und die Klarsicht eines Erwin Eckert. Behalten wir im Gedächtnis, daß Tapferkeit nicht vor Torheit schützt.

Martin Balzer, Marburg


Es ist gut, daß der "RotFuchs" weiter erscheint. Manchmal übersetze ich aus ihm Artikel für unsere Zeitschrift "Socialist Correspondent". Der Kampf innerhalb der Labour Party in England ist schwer, da unter Tony Blair viele Leute bevorzugt wurden, die politisch nicht sehr fortschrittlich sind, auch auf der lokalen Ebene. So plant hier in Hackney, einem Londoner Stadtteil, der Labour Council, ein Sportzentrum abzureißen und statt dessen 400 Luxuswohnungen bauen zu lassen. Wir kämpfen dagegen. Nach der Wahl von Jeremy Corbyn als Vorsitzenden habe ich wieder mehr Hoffnung. Ich bin auch Mitglied von Momentum, einer Bewegung, die Jeremy Corbyn unterstützt.
Dieses Jahr ist auch der 100. Jahrestag der Oktoberrevolution - eine Möglichkeit, deren welthistorische Bedeutung zu unterstreichen und die Feindseligkeiten gegen Rußland anzuprangern.

Pat Turnbull, London


Im Artikel "Amerikanische Beschäftigungsverhältnisse" von Ulrich Guhl in der Dezember-Ausgabe des RF wird die gegenwärtige katastrophale Situation auf dem Arbeitsmarkt, vor allem der Billiglohnverdiener, dargestellt. Im Beitrag finde ich meine Meinung, daß 25 Jahre nach der Einverleibung der DDR durch die BRD die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft, bestätigt. Es ist richtig, wenn erwähnt wird, daß sehr viele Bürger weite Wege zur Arbeit in Kauf nehmen und mit dem Mindestlohn gerade so den Lebensunterhalt bestreiten können. Ich vertrete aber auch die Auffassung, daß die Kehrseite der Medaille gesehen werden muß. Die Unternehmen sind in diesem System nun mal auf Profit aus und gar nicht interessiert, solche Löhne zu zahlen, die auch für diejenigen Ansporn sein könnten, welche sich im sozialen Abseits "eingerichtet" haben. Ich erlebe immer wieder, daß gesagt wird: "Für diesen Billiglohn nehme ich die Belastung nicht auf mich und lebe lieber mit Harz IV."
Hier zeigt sich das wahre Gesicht der kapitalistischen Gesellschaft, die viele am eigenen Leib zu spüren bekommen.

Siegfried Tietz, Altenberg/Sachsen


Betreff: Julij Kwizinski - Zum Gedenken an den Freund (RF 12/2016, S. 12)

Im letzten Absatz des Artikels wird auf sein "eigentliches geistiges Vermächtnis" verwiesen - sein Werk: "Rußland und Deutschland. Erinnerungen an die Zukunft". Leider konnte ich trotz umfangreicher Recherchen, einschließlich Fernleihe deutschlandweit, dieses Buch nicht finden. Vielleicht können Sie mir mit einem Hinweis helfen.

Peter Beuch (E-Mail)

Das Buch "Россия - Германия. Воспоминания о будущем" ist bisher nur auf Russisch erschienen (Detektiv-Press, Moskau 2008, 224 S., ISBN 978-5-89935-087-0), auf dem Titelbild eine beziehungsreiche Fotomontage aus Motiven des Ehrenmals im Treptower Park und des Brandenburger Tors. RF


Ich habe Euch heute eine kleine Spende überwiesen. Danke für die vielen interessanten Beiträge. Es ist schön, daß es Euch gibt. Macht weiter so!

R. Dietze, Freital


Betreff: Egon Krenz, Zu den Gründen ... (RF 1/2017, S. 13/14)

Das von Egon Krenz angeführte Thomas-Mann-Zitat gegen die Gleichsetzung von Sozialismus und Faschismus war mir eingestandenermaßen bisher unbekannt. Ich wäre sehr daran interessiert, die Quelle zu erfahren. Könnt Ihr mir dabei helfen?

Otto Pfeiffer, Berlin


Das Zitat (von 1945) findet sich in: Thomas Mann, Essays, herausgegeben von Hermann Kurzke, Frankfurt a.M. 1986, Bd. 2, S. 311. Es sei hier noch einmal wiederholt und zum besseren Verständnis geringfügig ergänzt.

"Den russischen Kommunismus mit dem Nazi-Faschismus auf die gleiche moralische Stufe zu stellen, weil beide totalitär seien, ist besten Falles Oberflächlichkeit, im schlimmeren Falle ist es - Faschismus. Wer auf dieser Gleichstellung beharrt, mag sich als Demokrat vorkommen - in Wahrheit und im Herzensgrund ist er damit bereits Faschist und wird mit Sicherheit den Faschismus nur unaufrichtig und zum Schein, mit vollem Haß aber allein den Kommunismus bekämpfen.
Die Unterschiede im Verhältnis des russischen Sozialismus und des Faschismus zur Humanität, zur Idee des Menschen und seiner Zukunft sind unermeßlich. Der unteilbare Friede; konstruktive Arbeit und gerechter Lohn; ein allgemeiner Genuß der Güter dieser Erde; mehr Glück, weniger vermeidbares und nur vom Menschen verschuldetes Leid hienieden; die geistige Hebung des Volkes durch Erziehung, durch Wissen, durch Bildung - das alles sind Ziele, die denjenigen faschistischer Misanthropie, faschistischen Nihilismus, faschistischer Erniedrigungslust und Verdummungspädagogik diametral entgegengesetzt sind. Der Kommunismus, wie die russische Revolution ihn unter besonderen menschlichen Gegebenheiten zu verwirklichen sucht, ist, trotz aller blutigen Zeichen, die daran irre machen könnten, im Kern - und sehr im Gegensatz zum Faschismus - eine humanitäre und eine demokratische Bewegung."

Aus einer kargen Agenturmeldung habe ich erfahren, daß in Kuba beschlossen worden ist, keine Straßen nach Fidel Castro zu benennen und keine Denkmäler für ihn zu errichten. Statt dessen wird dazu aufgerufen, weiter im Geiste Fidels zu handeln. Unwillkürlich dachte ich an das beeindruckende Brecht-Gedicht "Die Teppichweber von Kujan-Bulak". Bertolt Brecht lobt darin Teppichweber im fernen Turkestan, die 1924 das schon für die Errichtung eines Lenin-Denkmals eingesammelte Geld für den Kauf von Petroleum investierten, um Sümpfe trockenzulegen und so die gefährlichen Mücken zu bekämpfen. "So nützten sie sich, indem sie Lenin ehrten und ehrten ihn, indem sie sich nützten, und hatten ihn also verstanden", schrieb Brecht. Leider haben diese Zeilen seitdem nur selten Beachtung gefunden. Kuba läßt einmal mehr hoffen!

Dr. Wolfgang Künzel, Bad Blankenburg


Wenn Egon Krenz in "Zu den Gründen unserer Niederlage" (erster Teil, RF 229, Januar 2017) beschreibt, "daß die Partei- und Staatsführungen der sozialistischen Staaten ... auf die entstandene tiefe Systemkrise nicht vorbereitet waren", dann scheint es mir zu einfach, wenn die Staatengemeinschaft pauschal genannt wird, ohne hier die DDR und "ihre Daseinsberechtigung als selbständigen Staat" zu benennen. Ich erahne, wie die innerparteiliche Orientierung, "keine Fehlerdiskussion" zu führen, entstand. Gespannt bin ich auf den zweiten Teil des Diskussionsbeitrags von Egon Krenz.

Dr. Klaus Emmerich, Kassel

DEUTSCHE WERTE

Ihr rühmt euch eurer deutschen Werte
und wollt sie andern anerziehn,
die "Werte" sind vor allem Ausbeutung der Erde,
ihr wundert euch jetzt, daß die Ausgebeuteten
aus ihrer Heimat zu euch fliehn.

Mit Waffen, Geld und mit Kanonen
wollt ihr die Welt erobern und mit Drohnen.
Sind das die Werte, die ihr propagiert,
wenn der, dem ihr sie bringen wollt,
sein Leben auf dem Meer verliert?

Ihr wundert euch, daß jetzt die Menschen kommen,
denen ihr jahrelang die Nahrung habt genommen
und deren Heimat zu zerstören ihr nicht scheutet
und die ihr stets erfolgreich ausgebeutet.
Jetzt kommen sie in das "gelobte Land",
doch das Asylrecht wird den meisten aberkannt.

Eva Ruppert, Bad Homburg


Als wir, die Teilnehmer der Kreisdelegiertenkonferenz, am 2. Dezember 1989 im Haus der sowjetischen Offiziere darüber entschieden haben, ob unsere Partei am Leben bleiben soll, war nicht vorauszusehen, wie sie sich später als Linkspartei im Grunde zur Stütze der Mächtigen dieses Staates entpuppen würde. Diese Entwicklung bekam ich besonders hautnah während meiner zehnjährigen Zugehörigkeit als Kreistagsabgeordneter der Linken im Kreistag Weimarer Land zu spüren. Als dann auch noch Papstbesucher Bodo Ramelow, der verkündete, daß die DDR ein "Unrechtsstaat" gewesen sei, Thüringer Ministerpräsident wurde, war für mich klar, daß es nicht mehr meine Partei ist, der ich mehr als 53 Jahre angehörte. Wilhelm Liebknecht hatte recht, wenn er in seinem Brief von 1899 an die Französische Arbeiterpartei schrieb, daß ein Sozialist, der in eine Bourgeoisieregierung eintritt, entweder zum Feind übergeht oder sich "in die Gewalt des Feindes begibt".
Als Linkspartei will sie Völkerrechtspartei sein, vermeidet aber jede Positionierung zur Überwindung des die Menschheit in den Abgrund führenden imperialistischen Systems.

Gerhard Müller, Nohra, OT Ulla


Der Leitartikel Arnold Schölzels in der Januar-Ausgabe "Unsere Alternative heißt Solidarität" unterstreicht die Bedeutung des "RotFuchs" als marxistisches Lehrheft für linke Kräfte. Ja, der Widerstand der englischen Arbeiterklasse seinerzeit, "die eine Teilnahme ihres Landes am Bürgerkrieg auf Seiten der Südstaaten verhinderte", mahnt unsere Verantwortung heute an, wenn es darum geht, einen neuen, drohenden großen Krieg zu verhindern.

Hans-Georg Vogl, Zwickau


Als Fünfjähriger lag ich krank im Bett, und im Radio spielte ein großes Orchester Beethoven. Ich fand es hinreißend. Damit fing meine Liebe zur klassischen Musik an. Dann kam die Zeit von Elvis Presley - und das Alexandrow-Ensemble. Mein erstes Tonbandgerät und diese Aufnahmen hab ich noch immer. Es brachte mir die Callas ins Haus, Joseph Schmidt, aber auch das großartige Konzert von Louis Armstrong im Friedrichstadt-Palast.
Viele Titel von Beat-Gruppen kamen aufs Band. Wer kennt noch die Aufnahmen von Thomas Natschinsky und Band? Über hundert Aufnahmen befinden sich noch in meinem Besitz. In der FDJ habe ich so manches Theaterstück, Opernkonzert, Besuche in Museen, auch im sozialistischen Ausland, erleben können. Darunter unvergessen "Nathan der Weise" von Lessing im Deutschen Theater in Berlin. Die Berliner FDJ brachte mit ihrem Literaturfest, Rock gegen Krieg und Theatertagen der Jugend Hunderttausende mit Kultur in Verbindung. Ich bin stolz, meinen Beitrag dazu geleistet zu haben.

Gerd Schulz, Nahetal-Waldau

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Redaktioneller Hinweis
Im Januar-"RotFuchs" hat sich der Druckfehlerteufel einen Scherz am dafür denkbar ungeeigneten Objekt erlaubt: Ernst Thälmann wurde am 18. August 1944 ermordet; 2014 jährte sich dieser Tag also zum 70. Mal (nicht wie es bei uns versehentlich hieß, zum 130. Mal).

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REDAKTION: Wolfgang Metzger, (V.i.S.d.P.)
Arnold Schölzel,
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Redaktionsschluß für die übernächste Ausgabe ist der 28. eines Monats.

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Helmuth Hellge
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Erik Höhne
Lutz Jahoda
Rico Jalowietzki
Ralf Jungmann
Christa Kozik
Marcel Kunzmann
Rudi Kurz
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Bruno Mahlow
Dr. Bernhard Majorow
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Cornelia Noack
Prof. Dr. Gerhard Oberkofler (Innsbruck)
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Prof. Dr. Rolf Sieber
Gisela Steineckert
Marianne Walz
Johann Weber
Theodor Weißenborn
Prof. Dr. Zbigniew Wiktor (Wroclaw)
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Quelle:
RotFuchs Nr. 230, 20. Jahrgang, März 2017
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2017

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