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ROTFUCHS/185: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 231 - April 2017


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

20. Jahrgang, Nr. 231, April 2017



Inhalt
  • Ja zum Atomwaffenverbot!
  • Wer sind die Kriegstreiber?
  • Das Erbe des Friedensnobelpreisträgers
  • Vom Stockholmer Appell zu den "Göttinger 18"
  • Nachruf auf Heinz Düx
  • Retten wir Mumia Abu-Jamal!
  • Terror als Folge von Krieg
  • Zwischenbilanz der EU-Osterweiterung
  • Erklärung zum Nicht-Verbot der NPD
  • G. Pappenheim, Kommandeur der Ehrenlegion
  • Brasilien: Arbeiten bis zum Tod?
  • Bundeswehr: Imagepflege für ein Söldnerheer
  • Zum 100. Jahrestag von Lenins "Aprilthesen"
  • Das Krasnogorsker Antifa-Museum
  • Bündnis von Thron und Altar heute?
  • Mein Weg vom Christentum zum Kommunismus
  • Gehört der Islam zu Deutschland?
  • Gerechtigkeit und Chancengleichheit
  • E. Drewermann: "Geld, Gesellschaft und Gewalt"
  • Lieber das Problem als diese Lösung?
  • Was ist Kommunismus?
  • Erlebte Geschichte: Berufsverbot in der Alt-BRD
  • Organisiert Euch!
  • Unermüdlich im Einsatz für Flüchtlinge
  • Nationalismus - Eine Satire
  • Hätte der Sozialismus reformiert werden können?
  • Gerhard Bondzin (1930 - 2014)
  • Ich leb so gern - Ein Friedensbuch für Kinder
  • Große Freude!
  • Als Bücher noch bezahlbar waren
  • E. Brüning - ein Leben für die Frauenrechte
  • Stimmen aus aller Welt über die DDR
  • Gisela Steineckert: Hand aufs Herz
  • "RotFuchs"-Veranstaltungen
  • Leserbriefe

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Es ist an der Zeit

Die Welt ist in Unruhe, auch große Teile der deutschen Bevölkerung sind besorgt. Noch bleibt unklar, wohin die globale Politik nach der US-Präsidentenwahl geht. Fest steht aber: Die Kriegsgefahr steigt. Donald Trump hat ein Programm in Gang gesetzt, mit dem das Atomwaffenarsenal der USA vergrößert werden soll; in der Bundesrepublik beginnt eine öffentliche Diskussion über eigene Atomwaffen. Die Koalition aus CDU/CSU und SPD ist verantwortlich für eine enorme Steigerung der Militärausgaben.

Die Aggressivität der NATO, ihre Erweiterung nach Osten, ihre Teilnahme an mehreren US-geführten Kriegen, die Stationierung von Truppen, darunter deutschen, an der Grenze zu Rußland haben die Spannungen in Europa und darüber hinaus in unerträglicher Weise verschärft. USA und EU fachen den Konflikt in der Ostukraine immer wieder durch bedingungslose Unterstützung des nationalistischen, von Faschisten durchsetzten Regimes in Kiew an. Im zentralasiatischen Afghanistan nimmt die Bundeswehr seit über 15 Jahren an einem völkerrechtswidrigen Krieg teil - ein Glied in der Kette von illegalen Zerstörungsfeldzügen, die der Westen seit 1991 im Nahen Osten, in Jugoslawien und in Afrika begann.

Gewonnen hat er keinen, ein Ende ist dennoch nicht absehbar. Nur ein Beispiel: Was sollen die demnächst wahrscheinlich tausend Bundeswehrsoldaten im westafrikanischen Mali am Rande der Sahara, in ihrem Camp eingeschlossen, umgeben von einer zu Recht aufgebrachten und feindseligen Bevölkerung? Zunächst sichern sie allein korrupte einheimische Militärs und Politiker ab, die zusammen mit gut organisierten und vermut lich von US-Geheimdiensten kontrollierten Drogenschmugglern Mali als Beute übernahmen. Aber alle Länder der Region wurden durch Frankreich und die USA bereits seit 2001 im "Krieg gegen den Terror" destabilisiert. Der von NATO-Staaten inszenierte Libyen-Krieg 2011 gebar weitere Kriege. Frankreich hat sich schlicht übernommen. In dieser Situation war der deutsche Imperialismus zur Stelle, um das Einflußgebiet im EU-Hinterhof nicht "herrenlos" werden zu lassen. Aufrüstung und Expansion sind im Imperialismus nicht voneinander zu trennen - heute wie vor 100 Jahren.

Aber die Zeiten ändern sich. Vor 50 Jahren, am 21. April 1967, konnten USA und NATO in Griechenland noch einen faschistischen Putsch in Europa inszenieren. Die Obristenjunta herrschte sieben Jahre mit Mord, Folter, Konzentrationslagern im Namen des "freien Westens". Der schreckt vor ähnlichem - noch - zurück. Die juristischen Voraussetzungen sind allerdings längst geschaffen. Ohne Krieg nach innen und außen kann dieses System nicht leben.

Aber das Bewußtsein, daß "die Welt an einem Scheideweg" steht, wie es der russische Außenminister Sergej Lawrow im Februar in München formulierte, breitet sich aus, weit über EU-Europa hinaus.

Wenn Sozialisten und Kommunisten auf den bevorstehenden Ostermärschen Klartext sprechen, über die Ursachen der steigenden Kriegsgefahr, über den Charakter der Kriege des "demokratischen" Westens als imperialistische Raubkriege - so wie es Lenin analog in den "Aprilthesen" vor 100 Jahren machte -, über die verschärfte soziale und wirtschaftliche Krise, dann wird das noch nicht der Anfang eines Weges zu einem neuen "Oktober" sein. Aber Klartext ist unerläßlich, wenn den Kriegstreibern in den eigenen Ländern in den Arm gefallen werden soll. Bis jetzt tragen die Last des Widerstandes fast ausschließlich die, welche z. B. in allen Ländern, in denen deutsche Soldaten stehen, zu den Waffen greifen.

Die Bundeswehr raus aus allen Raubkriegen! Weg mit den Lügen von Landesverteidigung! Stoppt die deutsche Aufrüstung!

Arnold Schölzel

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Das Veto gegen Atomabrüstung ist eine Schande

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

Bombe im Hinterkopf
von Jörg Kronauer

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Wer sind die Kriegstreiber?

Vor wenigen Monaten wäre die Antwort auf diese Frage einfach gewesen. Vom 7. bis 17. Juni 2016 fand das größte Militärmanöver in Polen seit 1989 statt. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß die NATO die "Friedensdividende" am Ende des kalten Krieges ausgeschlagen hat, hier war er! Es nahmen etwa 31 000 Soldaten teil, die aus 24 Staaten - nicht nur aus NATO-Mitgliedsländern, sondern auch aus Georgien und der Ukraine - kamen. Es sollte den NATO-Gipfel in Warschau Anfang Juli 2016 begleiten, der eine weitere Aufrüstung und Stationierung von NATO-Truppen an Rußlands Grenzen beschloß, darunter auch Panzertruppen der USA. Schlüsselworte für dieses Manöver "Anakonda 2016" hießen "Abschreckung" und "massive Kampfkraft".

Das Manöver war ein Höhepunkt der Außenpolitik des US-Präsidenten Barack Obama. Die hat nicht nur das von den USA angerichtete Chaos im Nahen Osten vergrößert, sondern vor allem die antirussische Ausrichtung der Außen- und Militärpolitik der USA weiter verstärkt. Mit salbungsvollen Worten erklärte Obama im April 2009, auch die USA würden eine von Atomwaffen freie Welt erstreben. Ein Jahr später, im April 2010, legte er den "Nuclear Posture Review" 2010 vor, die Grundlinien für die künftige Nuklearpolitik seiner Regierung. Deren Maßnahmen zur Modernisierung der strategischen Atomwaffen der USA haben einen Zeithorizont bis 2080.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nach der Trump-Wahl Barack Obama zu einem letzten Besuch als Präsident der USA in Berlin empfangen. Gemeinsam mit anderen Staats- und Regierungschefs großer EU-Staaten erklärten sie, die antirussischen "Sanktionen" zu verlängern, und bestanden auf TTIP. Das ist Pfeifen im Walde. TTIP in der von Obama, Merkel & Co. erstrebten Richtung dürfte erledigt sein, weshalb die EU-Kommission die Entwürfe schon im Gefrierschrank abgelegt hat.

NATO-Generalsekretär Stoltenberg betonte, die Beistandsklausel des von ihm verwalteten Bündnisses sei "bedingungslos". Aber Trump und seine Berater haben deutlich gemacht, daß sie nicht die Absicht haben, US-Truppen in einem Konflikt gegen Rußland einzusetzen, den estnische oder polnische Nationalisten anzetteln. Die Regierenden in Kiew, die von der Obama-Administration gezielt angestachelt wurden, wissen nicht, ob sie auch künftig auf Washingtons Spesenliste stehen. Nachdem der Westen die Ukraine-Krise ausgelöst hatte, war nicht klar, ob das Hinüberziehen der Ukraine aus dem Einflußgebiet Rußlands in den Orbit von EU und NATO eine US-Politik (von Obama und Clinton) ist, die von der EU bezahlt werden soll, oder eine deutsche bzw. "europäische", für welche die USA das militärische Drohpotential im Hintergrund zur Verfügung stellen.

Das "America First" der Trump-Kampagne bedeutet eine Schwerpunktsetzung auf Innenpolitik und Wirtschaft; "Make America work again" war eine Tageslosung auf Trumps Parteitag. Das hat unter Umständen einen Wirtschaftskrieg gegen China zur Folge, nicht aber einen Schießkrieg gegen Rußland.

Das Gerede in Deutschland über eine Stärkung der EU und ihrer militärischen Schlagkraft, bis hin zur Forderung nach deutschen Atomwaffen (FAZ, 27.11.2016), zeigt: in Berlin und Brüssel sitzen mindestens ebensoviele Kriegstreiber wie in Washington.

Erhard Crome, Berlin

(Aus einem Vortrag beim 23. Friedensratschlag in Kassel, Dezember 2016)

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Das Erbe des Friedensnobelpreisträgers

Es dürfte nur eine Minderheit der Weltbevölkerung gewesen sein, die mit dem Amtsantritt von Barack Obama nicht auf Entspannung, auf eine friedlichere und gerechtere Entwicklung in der Welt gehofft hatte. Das Resultat acht Jahre später enttäuschte die Hoffnungen. Die globale Expansion der Großkonzerne erreichte neue Größenordnungen, die Zahl neuer Kriege und deren Opfer stieg an, die Rolle der USA als Weltgendarm wurde ausgebaut. Mit zum Teil massiver Präsenz der US-Streitkräfte sowohl in den wichtigsten Randregionen der Erde als auch im Zentrum Europas sowie mit bi- und multilateralen Verträgen sollen die Sicherheit des Landes ebenso wie dessen sofortiges Eingreifen an jedem Konfliktpunkt der Erde ermöglicht werden.

80.000 US-Soldaten sorgen sich um die Verteidigung Europas, insbesondere um dessen "Schutz gegen Rußland". Zugehörig sind die 6. Flotte in Italien u. a. mit zwei Flugzeugträgern und vier Atom-U-Booten. Im Nahen Osten sind 28.000 Soldaten in den Golfstaaten und die 5. Flotte in Bahrain stationiert gegen "Angriffe aus dem Iran" und gewährleisten den freien Fluß von mehr als 30 % der weltweiten Erdöl- und etwa 16 % der Gasexporte in Richtung "freie Welt". Einsatzbereite Flugzeugträger patrouillieren permanent im Persischen Golf. Mit 28.000 US-Soldaten im Bereich der Demarkationslinie zu Nordkorea und 45.000 Mann in mehr als 20 Stützpunkten sowie der 7. Flotte in Japan werden die US-Interessen im asiatisch-pazifischen Raum vor allem gegen China gestützt. Dabei tragen Südkorea 40 % und Japan 75 % der entsprechenden Kosten.

"Warnung an China" nannte Obama die Einrichtung von Stützpunkten in Darwin und Perth/Australien. Fünf neue Basen auf den Philippinen, die Verlegung mehrerer Flugzeugträger und anderer Marineeinheiten in Richtung Pazifik sollen in Südostasien die "Freiheit der Schiffahrt" u. a. im Südchinesischen Meer garantieren.

Etwa 50.000 GIs in mehr als 250 Stützpunkten bilden das Nervenzentrum der U.S. Army außerhalb der Staaten. Ramstein, mit Luftwaffenhauptquartier Europa, Raketenabwehrzentrum der NATO und Schaltstelle der Führung des weltweiten Drohnenkrieges, ist die größte Militärbasis außerhalb der USA. In Stuttgart residiert neben dem US-Hauptquartier Europa auch die Führungsstelle für US-Militäreinsätze in Afrika, Afrikom. In der Westpfalz entsteht das größte US-Militärhospital. Und als sei das alles nicht genug, schuf Obama gegen Ende seiner Amtszeit einige zusätzliche Fakten, die verdeutlichen, daß die globalen Ziele auch dieses Präsidenten sich in keiner Weise von denen seiner Vorgänger unterschieden. Die von den USA dominierte NATO begann mit der "rotierenden" Stationierung von 4.000 Soldaten mit Kampftechnik an den Grenzen Rußlands. In deren Hintergrund steht eine "schnelle Eingreiftruppe" mit 25.000 Soldaten bereit. Und noch im letzten Monat seiner Dienstzeit ließ der Präsident eine US-Panzerbrigade mit 4.000 Mann und 87 "Abrams"-Panzern nach Polen sowie zwei Dutzend modernster "Apache"-Kampfhubschrauber nach Deutschland verlegen. Die Welt könnte darüber glatt vergessen, daß der Nobelpreisträger nicht einmal eines seiner propagierten Hauptziele durchsetzte: die Schließung des berüchtigten Militärgefängnisses in Guantánamo auf Kuba. Daß der seit langem geforderte Abzug amerikanischer Kernwaffen von deutschem Boden noch immer nicht erfolgte, fällt angesichts aller anderen angeführten Fakten kaum noch ins Gewicht.

Eines der bekanntesten Blätter der USA, die "New York Times", zitierte in einer Nachbetrachtung die Worte eines militärpolitischen Insiders: "Wo immer die USA in den letzten Jahren in der Welt verhandelten - der Schatten ihrer militärischen Macht fiel auf jede Seite der unterzeichneten Papiere." Und: "Damit die Globalisierung funktioniert, muß Amerika immer als Supermacht handeln."

Martin Kunze, Templin

Alfred Nobel bestimmte in seinem Testament, daß der Friedenspreis an jene Person gehen sollte, die "die meiste oder beste Arbeit für die Verbrüderung von Nationen, für die Abschaffung oder Reduzierung stehender Armeen und für das Durchführen und Fördern von Friedenskongressen geleistet hat". Aus: Emil Bobi, Der Friedensnobelpreis - Ein Abriß. Ecowin-Verlag, Salzburg 2015

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Vom Stockholmer Appell zur Erklärung der "Göttinger 18"
Für eine Welt ohne Atomwaffen

Wenn am 12. April an die Erklärung von 18 Göttinger Professoren vor 60 Jahren gegen die atomare Aufrüstung erinnert wird, werden wir mit einer aktuellen Frage deutscher Außenpolitik konfrontiert. Die achtzehn Physiker, unter ihnen Nobelpreisträger, griffen öffentlich in die Diskussionen ein, die durch die Aktivitäten der Adenauer-Regierung provoziert worden waren.

Ehe wir näher auf sie eingehen, werfen wir einen Blick auf den Ausgangspunkt des Kampfes der internationalen Friedensbewegung gegen die Atomkriegspläne der USA.

Am 18. März 1950 unterzeichneten führende Mitglieder der Welt friedensbewegung den "Stockholmer Appell". Die Unterzeichner bekräftigten, daß sie in einer Welt ohne Atomwaffen leben möchten. Im Zusammenhang mit dem Stockholmer Appell entstand Picassos Friedenstaube, die ein Symbol der Friedensbewegung wurde. Sie begleitete die Friedensfahrt der Radfahrer, prägte das Bild ungezählter Kundgebungen und Demonstrationen. Viele neue Friedenslieder entstanden, welche die Aktivisten ermutigten und begeisterten.

Weltweit unterschrieben den Appell mehr als 500 Millionen Menschen. Der Stockholmer Appell hat die Atomkriegsstrategen gebremst und die Adenauer-Regierung zum Taktieren gezwungen. Mitte der 50er preschte sie auf breiter Front vor. Am 20. März 1958 erklärte der zuständige Minister Franz Josef Strauß vor dem Bundestag, daß es für militärische Vorbereitungen "nur mehr einen einzigen Fall gäbe, das ist der Fall Rot und sonst kein Fall mehr in der Welt". Wer von einer solchen Prämisse ausging, brauchte die NATO-Verbündeten, deren Hauptmächte das gleiche Ziel verfolgten, und geeignete eigene "moderne" Waffen. Adenauer verniedlichte anfangs sein Begehren. Am 4. April 1957 ging der Kanzler mit der Erklärung an die Öffentlichkeit: "Die taktischen Atomwaffen sind nichts weiter als die Weiterentwicklung der Artillerie. Selbstverständlich können wir nicht darauf verzichten, daß unsere Truppen auch in der normalen Bewaffnung mitmachen." Max Reimann, der KPD-Vorsitzende, nannte das Dummenfang.

Auch auf internationalem Gebiet blockte Adenauer alle Versuche ab, Europas Mitte atomwaffenfrei zu halten. In diesem politischen und historischen Umfeld meldeten sich die "Göttinger 18" zu Wort.

Sie warnten vor den Plänen der Bundesregierung, die Bundeswehr mit atomaren Waffen auszurüsten. Sie stellten klar, daß taktische Atombomben inzwischen auch die Wirkung der Hiroshima-Bombe haben. Ein kleines Land wie die Bundesrepublik schützt sich am besten, wenn es auf Atomwaffen verzichtet. Die Unterzeichner erklärten, daß sie sich in keinem Fall an der Herstellung, Erprobung und am Einsatz von Atomwaffen beteiligen.

Diese mutige Erklärung unterzeichneten Fritz Bopp, Max Born, Rudolf Fleischmann, Walther Gerlach, Otto Hahn, Otto Haxel, Werner Heisenberg, Max Kopfermann, Max von Laue, Heinz Maier-Leibnitz, Josef Mattauch, Friedrich-Adolf Paneth, Wolfgang Paul, Wolfgang Riezler, Fritz Strassmann, Wilhelm Walcher, Carl Friedrich von Weizsäcker und Karl Wirtz. Die Erklärung wurde zwar von Strauß als "Schützenhilfe für Moskau" denunziert, erhielt jedoch am 5. Mai 1957 Unterstützung durch 99 Wissenschaftler, die sich in einem offenen Brief an Adenauer mit den Göttingern soldarisierten, sowie durch die Vorsitzenden von DGB und IG Metall, Willi Richter und Otto Brenner, die den Appell unterzeichneten und propagierten. Kirchenpräsident Martin Niemöller, Probst Heinrich Grüber und andere Geistliche begrüßten die Göttinger Erklärung. Kommunisten wirkten trotz des Verbots ihrer Partei aktiv in der Friedensbewegung mit.

Die SPD war auf dem Weg nach Godesberg, aber noch nicht dort angekommen. Das zeigte sich auf dem Stuttgarter Parteitag, der vom 18. bis 23. Mai 1958 stattfand. Im Beschluß ist zu lesen: "Der Parteitag sieht in dem atomaren Wettrüsten in der Welt und den damit verbundenen zunehmenden Spannungen eine tödliche Gefahr für die Menschheit ... Der Parteitag verurteilt den Beschluß der Bundestagsmehrheit vom 25. März 1958 über die atomare Ausrüstung der Bundeswehr."

Der Streit um den "Griff nach der Bombe" wurde häufig mit Erbitterung geführt. Ich erwähne einen Zwischenfall im Bundestag: Am 28. Januar 1958 trat dort Baron von Manteufell-Szöge dafür ein, mit Atomwaffen das "Böse" auszurotten. Es kam zu heftigen Wortgefechten. Die Schärfe der Debatten im Bundestag fand auch in einigen Medien ihre Widerspiegelung. "Der Spiegel" wurde zum Vorreiter der Attacken auf die Pläne des Verteidigungsministers. Strauß ließ dessen Chefredakteur Rudolf Augstein in seinem Urlaubsort in Spanien wegen Hochverrats verhaften. Der Minister warf dem Kritiker auch 62 Beleidigungen vor, von denen das Gericht acht gelten ließ. Sozusagen mit richterlicher Genehmigung wiederholte Augstein: "In Franz Josef Strauß haben wir die Verkörperung jenes vielleicht für uns alle tödlichen Tatbestandes, daß die moralischen Kräfte der Menschheit mit ihren technischen nicht mitgehalten haben. Wer so redet, wer so denkt, wer so schreibt, der schießt auch."

Ende der 50er Jahre war eine Situation entstanden, wie es sie in der Weltgeschichte noch nie gegeben hat. Eine politische Fehlentscheidung, eine falsche Einschätzung, ein technisches Versagen konnte das Ende der Menschheit bedeuten, und die beiden deutschen Staaten waren die Vorposten beider Systeme. An der Wende zu den 60er Jahren schrieb Lord Bertrand Russell, erster Präsident der englischen "Kampagne für nukleare Abrüstung" (der Ausgangsbewegung auch der deutschen Ostermärsche), drei Bücher, in denen er die neue weltpolitische Lage erläuterte. In "Vernunft und Atomkrieg" formulierte er die Hauptaufgabe für die Menschheit: "Es gibt gegen den irrsinnigen Wettlauf in den Tod nur ein Mittel: auf dem Absatz umzukehren und, statt in die totale Selbstvernichtung, dem Leben und der Zukunft entgegenzugehen." Das ist und bleibt das wichtigste Vermächtnis der "Göttinger 18", Lord Russells und ihrer Mitstreiter.

Prof. Dr. Horst Schneider


Prof. Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker (1912-2007) gilt als Organisator der "Göttinger Erklärung" von 1957. Er hatte sich als Physiker und Philosoph vor allem auf seinen wichtigsten Arbeitsgebieten - der Physik des Atomkerns, Astrophysik und Naturphilosophie - einen internationalen Ruf erworben.

Prof. Max Born (1882-1970), Nobelpreisträger. Sein Lebenswerk umfaßt 300 Schriften und über 20 Bücher in einem Dutzend Sprachen. Wegen seiner jüdischen Abstammung wurde er 1933 gezwungen, die Göttinger Universität zu verlassen, emigrierte ins Ausland und kehrte erst 1954 zurück.

Prof. Werner Heisenberg (1901-1976), Nobelpreisträger für Physik 1932. Sein Hauptarbeitsgebiet war die Atomphysik. Nachdem ihn seine Forschungsarbeiten mit Albert Einstein u. a. nach 1933 aus Deutschland emigrierten Wissenschaftlern zusammengebracht hatten, wurde Heisenberg im faschistischen Deutschland als "Weißer Jude der Wissenschaft" und "Ossietzky der Physik" angegriffen.

Prof. Otto Hahn (1879-1968), Entdecker der Uranspaltung und Nobelpreisträger für Chemie 1944. Otto Hahn war vor allem auf dem Gebiet der radiochemischen Forschung tätig und entdeckte schon als 28jähriger im Jahre 1905 ein neues radioaktives Element (Radiothor) und vier weitere Elemente, die wegen ihrer besonderen Eigenschaften große Bedeutung für die Medizin erlangten.

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Heinz Düx - Antifaschist und Kämpfer für Demokratie

In den letzten Jahren ist viel über den Frankfurter Auschwitz-Prozeß gesprochen und geschrieben worden. Meist ging es dabei um die unmittelbaren Verfahrensbeteiligten, die an den 183 Verhandlungstagen teilgenommen haben. Zu ihnen gehörte nicht Heinz Düx, und trotzdem hat er entscheidend zur Vorbereitung dieses geschichtsträchtigen Verfahrens beigetragen.

Der am 24. April 1924 im hessischen Marburg Geborene studierte von 1942 bis 1948 auch an der dortigen Universität Rechtswissenschaft. 1948 wurde er promoviert und war ab 1954 als Richter in Hessen tätig. Bald wurde der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der spätere Initiator des Auschwitz-Prozesses, auf ihn aufmerksam, weil Düx sich dagegen wandte, daß alte Nazis als Richter in der jungen BRD eingesetzt werden.

Ab 1960 arbeitete er für drei Jahre als Untersuchungsrichter beim Landgericht Frankfurt am Main. In dieser Zeit war er entscheidend an der Vorbereitung des Verfahrens gegen ehemalige SS-Angehörige des KZ Auschwitz beteiligt. Ihm oblag dabei vor allem die Einvernahme von Zeugen, aufgrund deren Angaben die Staatsanwaltschaft später die Anklageschrift fertigte. In dieser Zeit reiste er privat nach Auschwitz, um sich einen eigenen Eindruck von den Örtlichkeiten des grausamen Geschehens zu machen.

Heinz Düx mußte miterleben, welcher Widerstand in der damaligen Zeit innerhalb der bundesdeutschen Justiz bestand, wenn es um Verfahren gegen nazistische Gewaltverbrecher ging. Davon hat er sich nicht beirren lassen und die Auffassungen Bauers nachhaltig unterstützt.

Düx war Zeit seines Lebens ein konsequenter Antifaschist. Bereits 1945 war er in die KPD eingetreten. Später gehörte er der SPD und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes sowie der Vereinigung demokratischer Juristen an. So überrascht es nicht, daß er bis zum Ende seines Lebens ein kritischer Kommentator der bundesdeutschen Justizgeschichte gewesen ist. Davon künden viele erhalten gebliebene Aufsätze und Referate, die 2013 in dem Band "Justiz und Demokratie - Anspruch und Realität in Westdeutschland nach 1945" als gesammelte Schriften erschienen sind. Als er 1970 zum Senatspräsidenten am Oberlandesgericht Frankfurt am Main ernannt wurde, war er auch dort mit Entschädigungsfragen der Opfer des Nazismus beschäftigt.

1973 nahm er am Weltkongreß der Friedenskräfte in Moskau teil - Grund genug für die hessische CDU, zweimal zu versuchen, im dortigen Landtag ein Disziplinarverfahren gegen ihn und die Amtsenthebung durchzusetzen, was beide Male mißlang. Ihn verband eine enge Freundschaft mit den Professoren Wolfgang Abendroth und Helmut Ridder. Als ich ihn endlich persönlich kennenlernte, hatte ich schon sehr viel über ihn gelesen. Auf einer Tagung zum 50. Jahrestag des Auschwitz-Prozesses in Kassel hielt er einen Vortrag über seine damalige Tätigkeit als Ermittlungsrichter.

Obgleich er da bereits 90 Jahre alt war, sprach er mit großer innerer Bewegung, und man konnte spüren, wie sehr ihm der Kampf gegen alte und neue Nazis am Herzen lag. Im Anschluß daran berichtete er mir von den Behinderungen, die er während seiner Zeit im Justizdienst der Bundesrepublik erleben mußte, die sogar so weit gingen, daß seinem Sohn zunächst die Zulassung als Rechtsanwalt verweigert wurde. Sippenhaft gab es eben nicht nur bei den Nazis. Er kommentierte das mit den Worten: "Man schlug den Sack und meinte den Esel!" Es bedurfte erst der Hinzuziehung prominenter Anwälte, darunter Friedrich Karl Kaul, um dem Sohn zu seiner beruflichen Existenz zu verhelfen.

Am 3. Februar 2017 starb Heinz Düx im Alter von 92 Jahren.

Ralph Dobrawa


Siehe auch Ernst Heinz: Würdigung eines Würdigen. Heinz Düx zum 90., in "RotFuchs" Nr. 195 (April 2014), und Wilhelm Rösing: Der Einzelkämpfer. Richter Heinz Düx. Dokumentarfilm, 79 Min., 2011. U. a. mit Dr. Lisa Abendroth, Prof. Dr. Norman Paech, Rupert von Plottnitz und Prof. Dr. Gerhard Stuby

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Retten wir Mumia Abu-Jamal!

Am 24. April begeht der politische Gefangene Mumia Abu-Jamal in einem Gefängnis im US-Bundesstaat Pennsylvania seinen 63. Geburtstag. Im Alter von 27 Jahren war er am 9. Dezember 1981 verhaftet und im Juli 1982 wegen der von Polizei und Staatsanwaltschaft behaupteten Ermordung des Streifenpolizisten Daniel Faulkner in Philadelphia zum Tode verurteilt worden. Der Kampf um Mumias Freiheit schloß deshalb auch immer die Forderung nach der allgemeinen Abschaffung der Todesstrafe ein.

Die Gefahr, als politischer Gefangener von der Hand der Henker des US-Justizministeriums zu sterben, besteht für Mumia nicht mehr, seit die internationale Solidaritätsbewegung in enger Zusammenarbeit mit seinen Verteidigungsteams erreicht hat, daß das gegen ihn ausgesprochene Todesurteil von einem US-Bundesgericht für verfassungswidrig erklärt und in lebenslange Haft umgewandelt wurde. Seit dem 17. Dezember 2011 befindet er sich aus diesem Grund nicht mehr im Todestrakt, sondern im Normalvollzug des Staatsgefängnisses Mahanoy in Frackville. Nach dem Willen seiner politischen Gegner soll sich daran auch nichts ändern, denn seine Freilassung zur Bewährung wurde ausgeschlossen.

Viele hatten gehofft, daß dem mutigen Journalisten, organisierten Gewerkschafter, Antifaschisten und Kämpfer gegen Krieg und Rassismus unter dem ersten schwarzen US-Präsidenten Barack Obama endlich Gerechtigkeit widerfahren würde. Doch dessen verheißungsvoller "Yes we can"-Slogan löste sich bald in Luft auf. Die Mehrheit der schwarzen US-Bevölkerung hatte darauf gebaut, daß "ihr" Präsident dem institutionellen Rassismus, der sich vor allem in brutaler Polizeigewalt, einer willfährigen rassistischen Justiz und Masseninhaftierungen von Schwarzen und Latinos zeigt, wenigstens den Kampf ansagen würde. Doch am Grundsatz dieser seit dem offiziellen Ende der Sklaverei bestehenden Unterdrückungsverhältnisse hat sich in den acht Jahren, in denen Obama vom Weißen Haus aus das Land regierte, nichts geändert. Und so ist es kein Wunder, daß auch das in der BRD seit 1989 von einer breiten gesellschaftlichen Bewegung unterstützte Ringen um ein neues faires Verfahren für Mumia und um seine unversehrte Freilassung noch keinen Erfolg zeitigen konnte.

Die Sorge um Mumias Leben ist in den letzten beiden Jahren wieder gewachsen, seit er infolge der fast 30 Jahre andauernden Isolierung im Todestrakt, einem unbehandelten Diabetes und einer von den Gefängnisbehörden ignorierten Hepatitis-C-Infektion in Lebensgefahr schwebte. Zwar haben seine Anwälte durch einen zähen Kampf gegen die Gefängnisbürokratie erreicht, daß ein US-Bundesrichter im Januar 2017 endlich Mumias umgehende Behandlung mit einem neuen Medikament anordnete, mit dem jeder, der es rechtzeitig erhält, eine 95prozentige Heilungschance hat. Aber die Gefängnisbehörde von Pennsylvania hintertreibt Mumias medizinische Behandlung mit immer neuen juristischen Winkelzügen. Ein Grund mehr also, die Anstrengungen um Mumias Freilassung zu verstärken, damit nicht durch die Hintertür doch noch ein Todesurteil durch unterlassene medizinische Versorgung an ihm vollstreckt wird.

Daß Mumia noch lebt und wenigstens nicht mehr legal hingerichtet werden kann, verdankt er nach eigenen Worten der seit über drei Jahrzehnten andauernden internationalen Solidaritätsbewegung. Das war sehr wichtig, denn Polizei und Justiz haben seit seiner Verhaftung und dem Terrorurteil von 1982 keine Gelegenheit ausgelassen, dem schwarzen Radiojournalisten einen jahrzehntelangen Leidensweg zu bereiten. Als Krücke mußte dafür dienen, daß Mumia von seinem fünfzehnten Lebensjahr an Mitglied der Black Panther Party (BPP) war. Allerdings nur für wenige Jahre, bis sich die 1966 gegründete Partei unter dem Druck staatlicher Repression, unter der auch gezielt innere Zerwürfnisse geschürt wurden, Anfang der 70er Jahre wieder auflöste. In dieser Zeit erschossen Polizei und gedungene Mörder über drei Dutzend militante Mitglieder der Partei, was den Staatsapparat nicht daran hinderte, die Dinge auf den Kopf zu stellen: Allein die Tatsache, daß die BPP die schwarze Bevölkerung ermutigt hatte, sich gegen rassistische Polizeigewalt zur Wehr zu setzen, reichte aus, alle Panthers als "Cop killer" zu diffamieren.

So kam auch Mumia in die Todeszelle, obwohl er nur seinem von einem weißen Polizisten mißhandelten Bruder Billy zu Hilfe eilte und dabei selbst von einer Polizeikugel getroffen wurde und beinahe gestorben wäre. Doch diese Methode, die Opfer staatlicher Gewalt zu Tätern zu erklären und zum Abschuß freizugeben, wie es unzählige Oppositionelle, Sozialisten und Kommunisten in der Geschichte der Arbeiterbewegung am eigenen Leib erfahren mußten, wirkte auch hier. Und so sitzt unser Genosse Mumia bis heute hinter Gittern und kämpft um sein Leben und seine Freiheit.

Wir sollten uns fragen, ob wir alles getan haben, daran etwas zu ändern. Vergessen wir nicht, daß wir nach Mumias Verlegung aus dem Todestrakt den erwarteten Abschwung der Kampagne nicht haben auffangen können. Der Druck der Todesstrafe war weg, und so zogen sich auch viele zurück, die vorher dafür einstanden, Mumias Leben zu retten. Vor allem in den Jahren 1995 bis zur Umwandlung der Todesstrafe war es uns gelungen, in Gewerkschaften, Parteien, Basis-, Antifa- und Menschenrechtsorganisationen, im P.E.N. und anderen Vereinigungen von Autoren und Journalisten, unter Medien- und Kulturschaffenden bis hin zu aufrechten Christen eine wirklich breite Kampagne auf die Beine zu stellen, die Tausende in Bewegung und auf die Straße brachte. Mumia wurde Ehrenbürger von Paris und vielen weiteren Städten, Gewerkschaften wie die dju Berlin-Brandenburg und die VVN/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten machten ihn zum Ehrenmitglied.

Heute müssen wir uns eingestehen, daß wir von der damaligen Stärke der Bewegung weit entfernt sind. Das muß nicht so bleiben, denn wir können von anderen Kampagnen lernen, die ihre Ziele am Ende erreicht haben. Vielen ist in diesem Zusammenhang die große Solidaritätsbewegung für die Freiheit der Bürgerrechtskämpferin Angela Davis zu Beginn der 70er Jahre in Erinnerung.

Unser Genosse Klaus Steiniger bedauerte in seiner Kolumne "Von Angela zu Mumia" am 11. Mai 2015 in der "jungen Welt": "Leider können wir heute nicht so schwere Geschütze auffahren wie zu DDR-Zeiten, als die Solidarität mit Angela Davis Sache der gesamten Bevölkerung und aller Medien war." Klaus erinnerte daran, wie "die FDJ Kinder und Jugendliche der DDR dazu aufrief, Angela eine Million selbstgemalter Rosen in das Gefängnis zu schicken". Und er schloß mit den Worten: "Den erfolgreichen Ausgang der weltweiten Schlacht für Angela Davis vor Augen wissen wir, welche Kraft bereits entwickelt werden konnte, um ein drohendes Fehlurteil abzuwenden und einen unschuldigen Menschen dem Kerker zu entreißen. Auch unter wesentlich ungünstigeren Bedingungen hat die internationale Solidarität bereits dazu beigetragen, Mumia vor dem Henker zu retten. Jetzt geht es darum, den Schwerkranken aus den Ketten seiner Peiniger zu erlösen und seine Freilassung zu erkämpfen. Als einer der Organisatoren der Angela-Davis-Kampagne und Autor eines Buches über den Davis-Prozeß unterstütze ich aus ganzem Herzen die Forderung: 'Retten wir Mumia Abu-Jamal!'"

Als jetzt der puertoricanische Unabhängigkeitskämpfer Oscar López Rivera, der wie Mumia im Jahr 1981 verhaftet worden war und wie er seit 36 Jahren in der Zelle eines US-Knasts saß, vom scheidenden Präsidenten Obama begnadigt wurde, war das nicht Obama zu verdanken, sondern der in den USA und in Puerto Rico unermüdlich für die Freiheit ihres Compañeros wirkenden und breite gesellschaftliche Schichten einbeziehenden Unabhängigkeitsbewegung. Mumia könnte zwar nicht von diesem oder einem anderen US-Präsidenten begnadigt werden, weil er nicht nach Bundesgesetz, sondern nach dem Strafrecht des Staates Pennsylvania verurteilt wurde, aber aus der Kampagne für Oscar López läßt sich lernen, daß man den politischen Preis für die weitere Inhaftierung eines Genossen öffentlich so hochtreiben kann, daß seine Kerkermeister in Politik und Justiz ihn lieber freilassen, als weiter Anlaß für Unruhe und internationale Kritik zu bieten. So sollten wir auch Klaus Steinigers Worte verstehen und überlegen, was zu tun ist!

Jürgen Heiser

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Teile und herrsche!

Das Prinzip "Teile und herrsche!" halte das westliche Imperium am Leben, habe ich kürzlich irgendwo gelesen. Betrachten wir dies einmal etwas näher. Das Prinzip "Teile und herrsche!" bedeutet, ein Volk oder eine Gruppierung in Untergruppen aufzuspalten, damit es leichter zu beherrschen sei. Und genau darum geht es.

In den Ausbeutersystemen der vergangenen Jahrhunderte findet das Prinzip seine Anwendung und ist heute aktueller denn je. In unserer Zeit ist es die Bourgeoisie, die es zur Aufrechterhaltung der Macht geradezu zur Perfektion bringt. Sie hat es gelernt, unter den Bedingungen des schnell voranschreitenden technischen Fortschritts und der rasanten Entwicklung im Kommunikations- und Medienbereich, des veränderten Bildungsniveaus des Volkes, dessen Spaltung mit differenzierteren Methoden voranzutreiben. Es geht um Polarisierung der Bevölkerung. Mit Hilfe der Medien werden neue Begriffe und Kategorien in Umlauf gebracht mit dem Ziel, daß sich jeder einer Gruppe oder Bewegungen zugehörig fühlt und so darin bestärkt wird, daß seine Meinung die einzig richtige, die der anderen in Frage zu stellen ist. Begriffe wie "Putin-Versteher" und andere stehen dafür. Die Spaltung der Gesellschaft in immer kleinere Gruppen ist das Ziel. Eine weitere Maßnahme der Bourgeoisie ist die gezielte Ausgrenzung von Teilen der Bevölkerung. Dem dienen zuvörderst die Hartz-IV-Gesetze, mit denen die Menschen noch tiefer in Armut geschickt und damit von der gesellschaftlichen Teilhabe abgekoppelt werden.

Oder nehmen wir die Teilung in Ost und West, die angeblich zur Ungleichbehandlung der Bevölkerung berechtigen würde. Seit Jahren werden die Forderungen nach Lohn- und Rentenangleichung für Bürger der DDR an das Westniveau bewußt verzögert. Das Ziel besteht offensichtlich darin, die bestehende Zersplitterung zwischen der sogenannten Mittelschicht, der Arbeiterklasse und weiteren Teilen der Bevölkerung zielgerichtet aufrechtzuerhalten oder zu vertiefen.

Kinder und Jugendliche, welche den sozialistischen Teil Deutschlands nie erlebt haben, werden mit Horrordarstellungen der DDR überschüttet. Die Totalitarismus-Doktrin (rot = braun) soll ihnen in Fleisch und Blut übergehen. Sie werden so in bewußten Widerspruch zu dem gebracht, was Eltern und Großeltern über ihr Leben in der DDR berichten. Eiligst geschaffene Verordnungen wie das "Stasi"-Unterlagengesetz nutzen die Herrschenden zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele.

Dort, wo Gesetze nicht fruchten, wird durch eine gezielte Medienkampagne und Diffamierung versucht, ein Eindringen linker und antikapitalistischer Kräfte in den Staatsapparat zu verhindern. Der Haß der Bourgeoisie auf alles, was irgendwie links erscheint, wird auch im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den berechtigten Rentenansprüchen ehemaliger Mitarbeiter des MfS deutlich und mit dem Deckmantel von "Demokratie" und "Rechtsstaatlichkeit" versehen.

Im Fokus steht gegenwärtig die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung sowie die geschickt in Szene gesetzte reale oder herbeigeredete Terrorgefahr für Deutschland, in deren Windschatten sich rechte Gruppierungen wie Pegida und eine Partei wie die AfD bilden konnten. Deren Anhängern und Mitläufern wird von ihren "Führern" suggeriert, daß sie wegen der ins Land kommenden Flüchtlinge von den Regierenden alleingelassen und benachteiligt werden. Es werden Ängste bezüglich wachsender Kriminalität, Krankheitsgefahren und einer "Islamisierung der Gesellschaft" geschürt. Alles zusammen bildet den Nährboden für Gewalt gegen Ausländer, Flüchtlinge und Linke. Recherchiert man zu den Hintermännern der genannten Bewegungen, wird deutlich, daß ein Teil von ihnen engen Kontakt zu politischen Führungskräften haben und Träger eines faschistischen Gedankenguts sind, welches sie unter ihren Anhängern verbreiten. Die in diesem Jahr stattfindenden Wahlen sollen offenbar die Teilhabe dieser Kräfte an Regierungsmacht sichern. Erinnern wir uns an geschichtliche Tatsachen! Auch Hitler liefen tatsächlich oder scheinbar benachteiligte Massen hinterher, die ihn im Rahmen von Wahlen an die Macht brachten. Hinter ihm stand das deutsche Großkapital mit seinen Weltmachtansprüchen, vor ihm der Krieg.

Dietmar Hänel, Flöha

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Terror als Folge von Krieg

Noch bis weit in das laufende Jahr hinein ist auf dem Berliner Breitscheidplatz ein Meer aus Kerzen und Blumen für die Opfer des Terroranschlages zu sehen gewesen. Auf unzähligen Plakaten konnten Einwohner und Touristen nur ein Wort lesen: "Warum?" Diese Frage kann beantwortet werden: In einer wegen Öl und Gas durch USA und westliche "Wertegemeinschaft" destabilisierte Region wachsen Not, Elend, Wut und Aggression. Einer übermächtigen Tsunamiwelle gleich erreichen deren Ausläufer nun auch Deutschland. Eine Antwort auf Kriege ist Terror.

Es gab vor Jahren einige wenige Abgeordnete des Bundestages - neben PDL-Stimmen waren auch SPD- und Grünen-Parlamentarier darunter -, die in Parlamentsdebatten genau vor einer derartigen Entwicklung gewarnt hatten. Doch sie waren in der Minderheit, und so wurden sie von der Mehrheit des Hohen Hauses niedergeschrieen und verhöhnt.

Und heute? Wie reagieren die politisch Verantwortlichen auf diese neue "Gefährdungslage"? Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner ließ verlauten: "In einer freiheitlichen Demokratie ist absolute Sicherheit nicht möglich." Eine Bankrotterklärung?

Einmal mehr muß die Frage aufgeworfen werden, wozu es in der BRD eigentlich drei Geheimdienste in Gestalt von Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischem Abschirmdienst gibt. Und was ist mit dem Bundeskriminalamt und diversen Landeskriminalämtern? Die Familien der zwölf Todesopfer wird der Gedanke wenig trösten, daß ihre Angehörigen "in Freiheit" umgekommen sind.

Doch die Bundesregierung kann sich diesbezüglich vornehm zurücklehnen. Die Behelfsverfassung der BRD - besser bekannt als Grundgesetz - sieht nämlich ein Recht auf Sicherheit ihrer Bürger nicht vor. Dennoch gibt es die Pflicht des Staates, für die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen. Stichworte sind die darin verankerten Rechte auf Leben und der körperlichen Unversehrtheit. Auch Artikel 13 Absatz 4 des Grundgesetzes beinhaltet das Thema Sicherheit: "Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen."

Im Fall des Berliner Attentäters Anis Amri wird die Anwendung dieser Gesetzesvorschrift wohl nicht in Betracht gezogen worden sein. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft hatte den 24jährigen Tunesier zwar seit März 2016 wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat auf dem Schirm. Angeblich hatte auch ein V-Mann über das Ziel Amris informiert, daß dieser Anschläge in der BRD begehen wolle. Amri lenkte derweil geschickt mit "Kleinkriminalität" wie Drogenhandel oder Körperverletzung ab, und die Sache verlief im Sande. Das schreckliche Ergebnis ist bekannt. So muß konstatiert werden, daß die Sicherheitsorgane der BRD nach ihrem Versagen bei der NSU-Mordserie den nächsten Skandal produziert haben.

Rico Jalowietzki

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Zwischenbilanz der EU-Osterweiterung

Am 1. Januar 2007 wurde mit der Aufnahme von Bulgarien und Rumänien in die EU der Prozeß der Einverleibung der ehemaligen sozialistischen Staaten in Europa in das imperialistische Bündnissystem NATO und EU im wesentlichen abgeschlossen. Damit haben die imperialistischen Mächte mittels NATO und EU die militärische, ökonomische und politische Kontrolle über eine ganze Region, von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer, übernommen. Aus dem Territorium der Warschauer Vertragsorganisation, die seit ihrer Gründung als entscheidender Faktor und Initiator des Friedens und der Sicherheit gewirkt hat, wurde ein geschlossener Bogen vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer an den Grenzen Rußlands.

Groß war damals der propagandistische Aufwand, mit dem der "Sieg der Freiheit über die kommunistische Diktatur" gefeiert wurde. Gepriesen wurden rosige Aussichten für die Entwicklung dieser Ländergruppe, "blühende Landschaften" wurden versprochen. Heute schreibt der ehemalige Ministerpräsident Rumäniens, Adrian Nastase: "Das erste Jahrzehnt hat sich doch irgendwie als enttäuschend erwiesen. ... Billig wurde die Kontrolle der rumänischen Gesellschaft und die Destrukturierung der politischen Klasse mit Hilfe einiger NGOs und einiger Losungen wie 'Rechtsstaat', 'Antikorruption', 'Integritätskriterien' durchgeführt. Aber auch das Fehlen von Vernunft und die Unterwürfigkeit von Institutionen des rumänischen Staates gehörten dazu."

So richtig diese Feststellungen auch sind, kann nicht übersehen werden, daß es derselbe Mann in seinen Funktionen als Außenminister und dann als Ministerpräsident war, der eine Außenpolitik des Landes einleitete und betrieb, die eindeutig auf den Westen orientierte. Als Ministerpräsident führte er bis 2004 die Verhandlungen mit der EU, paßte das politische System und die Rechtsordnung des Landes dem Verlangen der EU an und führte ebenso die geforderten "Reformen" in Wirtschaft und Gesellschaft durch, die eine Mitgliedschaft ab 1. Januar 2007 erst möglich machten. Das eigene Volk wurde damit eingeschläfert. Und das war in allen diesen Ländern so!

Bei der Suche nach den Ursachen wird von verschiedenen Autoren vor allem auf die Gleichzeitigkeit dreier Krisen verwiesen: die Staatsschuldenkrise in der Euro-Zone, die Ukraine-Krise und die Flüchtlingskrise. Und woher kommen diese Erscheinungen? Unerwähnt bleiben die Krise des kapitalistischen Gesellschaftssystems, die Verstärkung der inneren und äußeren Widersprüche des Imperialismus, die unmittelbare Gefahren für den Frieden heraufbeschwören. Keine Berücksichtigung finden die zunehmenden Risiken für die staatliche Existenz besonders der Staaten in Ost- und Südosteuropa sowie auf dem westlichen Balkan. Selbst ein Wirtschaftsexperte des Kapitals, Joseph Stiglitz, wies kürzlich in der Zeitschrift "Fortune" darauf hin, daß die Hoffnung, fiskale und monetäre Disziplin könne die Probleme lösen, trügerisch ist. Die reichen Länder seien noch reicher und die armen Länder noch ärmer geworden. Auch innerhalb der Staaten zeige sich das gleiche Bild. "Das führt zu Entzweiung statt zu mehr Solidarität", schlußfolgert Stiglitz.

Die Staaten Osteuropas distanzieren sich immer mehr von der EU - aber auch voneinander. Wenn man berücksichtigt, daß auch Italien, Spanien, Portugal und Griechenland mit sich zuspitzenden Widersprüchen in ihrem Verhältnis zur EU konfrontiert sind und Großbritannien austritt, so ergibt sich: die EU bröckelt von den Rändern her. Ungarns Verhalten gegenüber der Politik des Diktats der EU nahm rebellische Züge an. Die polnische Regierung sieht ihre Sicherheit mehr durch die US-Präsenz gewährleistet. Die Visegrad-Gruppe vertritt Positionen, die den von Deutschland diktierten Positionen der EU widersprechen.

Bulgariens neuer Präsident plädiert für eine Politik, die stärker auch die Beziehungen zu Rußland einkalkuliert. Rumäniens neu gewählte Regierung will auf stärkere Beachtung der nationalen Interessen des Landes innerhalb der kapitalistischen Bündnissysteme pochen. Der erst kürzlich gewählte Präsident Moldawiens erhielt die Mehrheit, weil er gegen den Ausverkauf des Landes an die imperialistischen Mächte aufgetreten ist.

Die Widersprüche, die sich aus den Entwicklungsunterschieden zwischen "Kerneuropa" und den Staaten der Regionen an der Peripherie ergeben, können offensichtlich unter den Bedingungen des Wirkens der Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus/Imperialismus nicht in der Angleichung des ökonomischen, politischen und kulturellen Entwicklungsniveaus in positivem Sinne gelöst werden.

Die gesamte Periode seit der Aufnahme dieser Länder in die EU hat gezeigt, daß deren Zugehörigkeit zu EU und NATO günstigere Bedingungen für die Ausbeutung durch die imperialistischen Mächte und für die Erhöhung des Profits der Konzerne, aber nicht für die Entwicklung der Länder geschaffen hat. Die Schere zwischen den armen und den reichen Ländern in der EU hat sich drastisch geöffnet. Statt einer Angleichung im Entwicklungsniveau haben sich durch die unterschiedliche Entwicklung die Unterschiede und damit die Widersprüche zwischen den Staaten und Regionen verstärkt!

Wir erleben aber nicht nur einen Prozeß der Differenzierung der Interessen zwischen den ost- und südosteuropäischen Staaten und den imperialistischen Mächten, sondern haben es zweitens mit einem intensiven Prozeß der Differenzierung der Interessen zwischen den ost- und südosteuropäischen Staaten selbst zu tun. Dies führt wiederum nicht nur zu Schwächung des Potentials zur Verwirklichung der nationalstaatlichen Interessen der einzelnen Länder, sondern auch zur Vermehrung der Möglichkeiten, diese Staaten im Interesse der sich auch widersprechenden Vorhaben der imperialistischen Mächte gegeneinander zu mißbrauchen.

Es verstärkt sich zugleich die Tendenz der Gruppenbildung von ost- und südosteuropäischen Staaten mit unterschiedlich ausgerichteten Zielen. Dabei bilden sich vor allem zwei Plattformen heraus:

- Die USA und ihre politischen und militärischen Aktivitäten zur Mobilisierung von Bündnispartnern, die sich an der Durchsetzung amerikanischer Ziele in Europa und in globalem Maßstab orientieren und

- die von Deutschland verfolgte Politik, mittels der EU und auch bilateral mit diesen Staaten (Östliche Partnerschaft) Bedingungen zu schaffen, um die in Europa aus deutscher Sicht noch bestehende strategische Schieflage in ein neues Gleichgewicht im Sinne Deutschlands zu verwandeln.

Das Territorium der ehemaligen Warschauer Vertragsstaaten ist zu einem Feld geworden, auf dem zwischen USA und EU, besonders Deutschland, offen ein Konkurrenzkampf um bestimmenden Einfluß auf die Politik der Regierungen dieser Länder, um Vorherrschaft in der Region ausgetragen wird. An der westlichen Grenze Rußlands wird vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer ein Gürtel instabiler Staaten geschaffen.

Es wächst damit die Instabilität in Europa insgesamt, aber auch die Unberechenbarkeit in den Beziehungen in der EU sowie im Verhältnis EU-NATO. Unter Berücksichtigung der Russophobie, die beiden eigen ist, kann das zu einem gefährlichen Substrat für die künftige Entwicklung der zwischenstaatlichen Beziehungen in Europa führen, die zunehmende politische Konflikte einschließt und die Gefahr des Einsatzes militärischer Mittel vergrößert.

Die gesamte Entwicklung schafft gegenwärtig für die USA günstige Bedingungen, um mit wechselnden Partnern ihre Konzeption der Isolierung bzw. Neutralisierung der EU in wichtigen Fragen der globalen Strategie und des Verhältnisses zu Rußland zu verfolgen.

Die gesamte Region ist zu einem Raum geworden, in dem sowohl die USA als auch die EU, deren Entwicklung durch systematischen Machtzugewinn für Deutschland charakterisiert wird, ihre Herrschaft verfestigen wollen, um eine strategisch wichtige Aufmarschbasis für die Verwirklichung ihrer Expansionsziele gegenüber Rußland und für den Zugang zum Nahen und Mittleren Osten zu schaffen.

Anton Latzo, Langerwisch

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Erklärung zum Nicht-Verbot der NPD

Das Internationale Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos hat mit außerordentlichem Befremden zu Kenntnis nehmen müssen, daß das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erneut und damit wahrscheinlich endgültig die Möglichkeit nicht wahrnahm, der eindeutig verfassungsfeindlichen, neofaschistischen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands die Legalität abzusprechen. Das Gericht stellte die Wesensverwandtschaft der NPD mit der NSDAP fest, ohne daraus Konsequenzen abzuleiten. Menschenverachtende Ideologie und rassistische Hetze zu verbreiten dürfte damit politisch und juristisch folgenlos bleiben. Das ist nicht hinnehmbar!

Die NPD sei zu schwach, zu unbedeutend, zu unwichtig, ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen, heißt es. Daß die Partei seit 1964 neofaschistische Ziele verfolgt und damit Indoktrination betreiben darf, ist eine Ungeheuerlichkeit. Wenn gefordert wird, sich politisch mit dieser Partei auseinanderzusetzen, drängt sich die Frage auf, warum das seit dreiundfünfzig Jahren nicht oder nur halbherzig geschah.

In diesem Urteil einen Ausdruck starker Demokratie zu sehen, ist angesichts aktueller politischer Entwicklungen infam. Das insbesondere deshalb, weil die weltanschaulichen Positionen der NPD in neueren rechtspopulistischen Bewegungen und in der "Alternative für Deutschland" ihre Fortsetzung erfahren und eine ernste Gefährdung der Demokratie darstellen. Ohne Einschränkung begrüßen wir die kompromißlose Haltung der Landesregierung des Freistaates Thüringen und der Leitung der Gedenkstätte Buchenwald zur Verhinderung rassistischer Provokationen am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2017.

Das Internationale Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos sieht sich auch künftig auf der Seite derer, die sich für Frieden, Völkerverständigung, Mitmenschlichkeit und Solidarität einsetzen, weil Faschismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen ist.

Internationales Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos, Januar 2017

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Günter Pappenheim, Kommandeur der Ehrenlegion

Bei einer Zusammenkunft, zu der der Präsident des Thüringer Landtages, Christian Carius, in Erfurt am 27. Januar 2017 eingeladen hatte, galt Günter Pappenheim, dem ehemaligen Häftling des Konzentrationslagers Buchenwald mit der Nummer 22514, sowie dem Botschafter der Französischen Republik in Deutschland, Philippe Etienne, besondere Aufmerksamkeit. Überlebende des KZs Buchenwald waren der Einladung gefolgt. Der Ehrenpräsident Betrand Herz und der Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos, Dominique Durand, der Ehrenvorsitzende der VVN-BdA, Heinrich Fink, Mitglieder Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora sowie Persönlichkeiten aus Politik und Öffentlichkeit Thüringens hatten die Einladung wahrgenommen. Nach der Begrüßungsrede von Christian Carius erklang, gespielt auf dem Akkordeon, die "Marseillaise", die französische Hymne. Günter Pappenheim hatte sie als Achtzehnjähriger am französischen Nationalfeiertag 1943 für französische kriegsgefangene Zwangsarbeiter auf seiner schlichten Ziehharmonika gespielt. Von Kollegen denunziert, verhaftete ihn die Gestapo, mißhandelte ihn im Gefängnis Suhl und wies ihn schließlich mit Schutzhaftbefehl in das KZ Buchenwald ein.

Jetzt war Günter Pappenheim durch Erlaß des Präsidenten der Französischen Republik zum Kommandeur der Ehrenlegion, der ranghöchsten staatlichen Auszeichnung Frankreichs, ernannt worden. Der Botschafter überreichte am denkwürdigen 27. Januar die Insignien, den Orden am Halsband, die Ernennungsurkunde.

In seiner emotional betonten Rede zeichnete er den Weg des Geehrten zum Antifaschisten und Internationalisten nach: Im sozialdemokratischen Elternhaus, der Vater war Landtagsabgeordneter und geachteter Kommunalpolitiker, herrschte ein antimilitaristischer und antifaschistischer Konsens. Den Vater verhafteten die Nazis 1933, folterten ihn grausam und ermordeten ihn im Januar 1934 bestialisch im KZ Neusustrum. Mittellos sah sich die Mutter mit vier Kindern den Drangsalierungen der Nazis ausgesetzt. Dennoch nahm sie entscheidenden Einfluß darauf, daß sich die Kinder den Nazibeeinflussungen widersetzten. Rassistischen Anfeindungen ausgeliefert, gehörte die Familie nicht zur sogenannten Volksgemeinschaft. In einer Werkzeugfabrik in Schmalkalden fand Günter Kontakt zu kriegsgefangenen französischen Zwangsarbeitern, die er mit Informationen zur politischen Lage und zum Kriegsverlauf versorgen konnte. Mitstreiter seines Vaters erkannten ihn. Der Vater sei ermordet worden, er müsse überleben, war das Motiv für die Solidarität, die er in der Folgezeit erfuhr und die nur möglich wurde durch den organisierten politischen Widerstand im Lager.

Günter sprach am 19. April 1945 mit seinen 21.000 Kameraden, die den Lagerterror überlebt hatten, den Schwur von Buchenwald mit seiner Kernaussage "... Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Eine neue Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel ..."

Dieser Schwur, führte Günter in seiner Dankrede aus, sei für sein weiteres Leben stets Kompaß gewesen und habe sein antifaschistisches, auf Völkerverständigung und Frieden gerichtetes politisches Wirken bestimmt. In einem Exkurs wies er die infame Beleidigung der 56.000 Toten und der Überlebenden des KZ Buchenwald und aller Opfer des deutschen faschistischen Terrors durch den hessischen Verfassungsschutz zurück, der in einem Konstrukt die Aussage des Schwurs von Buchenwald als die Prinzipien der freiheitlichdemokratischen Grundordnung in Frage stellend bezeichnet hatte. Zugleich erklärte er seine Solidarität mit der Friedensaktivistin und Antifaschistin Silvia Gingold und verlangte, ihre geheimdienstliche Überwachung sofort einzustellen.

Abschließend sagte Günter Pappenheim: "Da ich nun diese hohe französische Ehrung erfuhr, möchte ich versichern: Ich bin durch Erleben Internationalist geworden, und Internationalismus läßt sich von Antifaschismus nicht trennen, das beweist die Geschichte eindringlich. Dessen eingedenk ist es wichtig, in breiten Bündnissen gegen Terror, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus das Trennende zu überwinden, gesunde Kompromißbereitschaft zu entwickeln, denn Kompromisse besiegen Feindschaft.

Antifaschismus ist nichts Antiquiertes, Überlebtes, er muß ohne Einschränkung und Zeitgeist-Erwägungen an jüngere Generationen vermittelt werden - so, wie er gelebt, erlebt wurde.

In dieser Überzeugung lebe ich, und in dieser Überzeugung möchte ich Sie alle grüßen mit Versen von Johannes R. Becher: "Friede, Friede sei auf Erden! / Menschen, laßt uns Menschen werden!"

Der Minister der Thüringer Landesregierung und Chef der Staatskanzlei, Benjamin Immanuel Hoff, würdigte mit einer sehr persönlichen Ansprache den Antifaschisten Günter Pappenheim.

Die Mitglieder der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora dankten besonders jenen französischen Kameradinnen und Kameraden, die sich engagiert für diese hohe Auszeichnung eingesetzt hatten.

In Deutschland war der Antrag zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Günter Pappenheim "vertraulich" ohne Begründung zurückgewiesen worden, weil, wie es hieß, die geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

Gerhard Hoffmann, Frankfurt/Oder

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Brasilien: Arbeiten bis zum Tod?

Über eine "Brücke in die Zukunft" möchte Brasiliens Staatschef Michel Temer seine Landsleute führen. Diesen Namen gab der damalige Vizepräsident von der rechtsopportunistischen Partei der Demokratischen Bewegung (PMDB) dem Programm, das Ende 2015 den Bruch der Koalition mit der Arbeiterpartei (PT) ankündigte. Nur auf dessen Kurs eines "schlanken Staates" sei ein Ende der Jahrhundertrezession zu erreichen und die Wirtschaft des Landes wieder in Fahrt zu bringen, hieß es. Zur selben Zeit wurde Temers seit langem korruptionsumwitterter Parteifreund Eduardo Cunha als Präsident der Abgeordnetenkammer installiert. Um dessen Wahl zu sichern, soll damals nach Aussagen Beteiligter mit Wissen Temers viel Geld aus dunklen Geschäften zwischen Politik und Wirtschaft in die Taschen von gleich 140 Abgeordneten geflossen sein. Als Parlamentspräsident ließ Cunha wenig später ein Amtsenthebungsverfahren ohne sachliche Grundlage gegen die gewählte Präsidentin Dilma Rousseff zu, das von der rechten Mehrheit dort genutzt wurde, um ihren Sturz herbeizuführen, und das Temer an die Macht brachte. Der parlamentarische Putsch, bei dem auch das Oberste Gericht mitspielte, war perfekt.

Cunha mit seinen aufgeflogenen, Millionen Dollar schweren Schweizer Konten war allerdings nicht länger als dafür nötig zu halten. Er mußte das Amt aufgeben, flog in hohem Bogen aus dem Parlament und landete wegen Geldwäsche und Bestechung in Untersuchungshaft. Von seinen alten Kumpanen sieht er sich fallengelassen und droht damit, auszupacken und große Teile der Politikprominenz mit in den Abgrund zur reißen.

Daß die sich zum Staat im Staat aufschwingende "Lava Jato"-Ermittlungsgruppe im Korruptionsskandal aus Curitiba, die ihn am Wickel hat, unparteiisch agiert, glaubt auch er nicht. Daß Cunha statt Französisch nun aus dem Blechnapf essen muß, während so viele andere prominente Schmiergeldempfänger auf der Rechten unangetastet bleiben, findet dieser wenig fair. Er kritisiert nun, daß es mit dem brasilianischen Rechtsstaat nicht zum Besten steht. Ein besseres Beispiel dafür bietet allerdings die Treibjagd von Untersuchungsrichter Sérgio Moro und seinen Leuten gegen Expräsident Lula da Silva mit illegalen Methoden und konstruierten Anklagen. Der populäre Politiker von der Arbeiterpartei, der trotz der von den mächtigen Konzernmedien gegen ihn mitgetragenen Verleumdungskampagne in den Umfragen vorn liegt, soll mit allen Mitteln an einem Antritt zu den Präsidentschaftswahlen 2018 gehindert werden.

Auch nach fast einem Jahr trägt Temers Brücke nicht. Die vom niedrigen Ölpreis und von Exportrückgängen gebeutelte Wirtschaft schrumpft weiter, die offizielle Arbeitslosenrate hat sich seit 2015 mehr als verdoppelt und liegt nun bei über elf Prozent. Das Leben wird immer teurer. Sozialen und politischen Protesten wird mit massiver Repression begegnet, Polizeiexzesse sind an der Tagesordnung. Immer deutlicher wird, welche Zukunft die Brasilianer auf der anderen Seite der neoliberalen Konstruktion der neuen Machthaber erwartet.

Brasiliens "Tafelsilber" kommt auf den Markt: Staatliche Unternehmen sollen reihenweise privatisiert werden, US-Konzerne erhalten Zugriff auf die reichen Öl- und Gasvorkommen vor der Küste des Landes. Mit einer Verfassungsänderung wurden die Haushaltsausgaben für bis zu zwanzig Jahre gedeckelt, Ausgaben für Bildung, Soziales und Gesundheit in Milliardenhöhe gekürzt. Für die Krise sollen die kleinen Leute zahlen.

Nun steht der nächste Abschnitt dieses Masterplans im Interesse der reichen Oberschicht und ihrer ausländischen Freunde auf der Tagesordnung. Eine große Reform der Sozialversicherung soll die öffentliche Daseinsfürsorge deutlich herunterfahren. Für eine Reform gäbe es gute Gründe, da vor allem viele große Firmen lieber die regelmäßig günstiger ausfallenden Strafen zahlen als Sozialbeiträge zu entrichten.

Doch diese hat Temer nicht im Visier: Es geht vor allem um die zukünftigen Renten und Pensionen von Millionen. Nach den Plänen müssen künftig mindestens 49 Jahre lang Beiträge entrichtet werden, um Altersbezüge in voller Höhe zu erhalten. Für viele ist das utopisch, bedeutet es Arbeit bis zum Tod. Erwerbslose, Hausfrauen und über längere Zeit informell Tätige können sich den Luxus von Sozialversicherungsbeiträgen häufig nicht leisten.

Auch für viele Landarbeiter und Beschäftigte in Familienbetrieben käme damit jede Rente zu spät. Das früheste Renteneintrittsalter soll nach Temers Vorstellungen künftig für Frauen und Männer einheitlich 65 Jahr betragen und mit der durchschnittlichen Lebenserwartung weiter steigen. Das würde den Renteneintritt für Männer um fünf und für Frauen um volle 10 Jahre verschieben. Um im Alter überhaupt Geld zu sehen, sind 25 Jahre Beitragszahlung demnach in Zukunft das Minimum. Bisher waren dafür 15 Jahre nötig. Betroffen sind sowohl Beschäftigte in der privaten Wirtschaft als auch im öffentlichen Dienst, nicht allerdings Angehörige des Militärs. Eine Reform in diesem privilegierten Bereich soll angeblich später folgen, also nie. Unter die neuen Regelungen würden alle Männer unter 50 und Frauen unter 45 Jahre fallen. Für die Älteren sind Übergangsregeln geplant.

Mit der Reform soll der Haushalt in den kommenden Jahren um Hunderte Milliarden entlastet werden. Sie muß noch durch beide Kammern des Parlaments. Das Vorhaben ist äußerst unpopulär, um viele Details wird noch gestritten.

Für Brasiliens Linkskräfte ist der beabsichtige Rückbau der Sozialversicherung ein weiterer Putsch, ein Schleifen von in Jahrzehnten erstrittenen Fortschritten. Und vor allem ein Anschlag auf die Ärmsten, auf jene, die für ihr Alter nichts zurücklegen können. Mit einer demagogischen Kampagne in den Medien macht die Regierung diesem Teil der Bevölkerung klar, vor welcher Wahl er aus ihrer Sicht steht: Wenn die Reform nicht käme, hieße es "Tschüs, Bolsa Família", "Adieu, FIES" - dann müßten eben die von den PT-geführten Regierungen eingeführte Sozialhilfe und das Programm für einen Zugang Unterprivilegierter zu höherer Bildung dran glauben. Gegen diesen massiven Anschlag auf soziale Standards rufen linke Parteien und Gewerkschaften im ganzen Land die Menschen auf die Straße. Der größte Gewerkschaftsdachverband CUT führt diesen Kampf unter dem Motto "Wehre dich jetzt, oder stirb arbeitend!"

Die bestehende Altersversorgung sieht er als ein "historisches Recht der Arbeiterklasse". Die Gesamtheit der geplanten neuen Regeln und Restriktionen würde es einem großen Teil der Arbeitenden praktisch unmöglich machen, überhaupt jemals in den Ruhestand zu treten. Die klassenkämpferische CUT möchte dagegen die "illegitime Regierung von Michel Temer" in Rente schicken - und das lieber heute als morgen.

Peter Steiniger

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Bundeswehr: Imagepflege für ein Söldnerheer

Die härtere Gangart der NATO-Führungsmacht, eingeschlagen von der Trump-Regierung, manifestierte sich am 15. Februar in Forderungen nach wachsenden Militärausgaben, erhöhter Truppenstärke, deren besserer Aufrüstung und mehr Gefolgschaftstreue gemäß strategischer Bedürfnisse der USA. Die EU-Staaten planen, angeblich besorgt über künftig mangelnde US-Unterstützung ihrer speziellen militärischen Optionen, ebenfalls Aufrüstung und gemeinsame Eingreiftruppen. Großbritannien nimmt den "Brexit" zum Anlaß, neue Atom-U-Boote zu bauen. "Goldene Zeiten" für von der Leyens Begehrlichkeiten: Viel Steuergeld wird fließen - für "höhere Verantwortungsbereitschaft", mehr Kriegsgerät, Auslandsinterventionen und Grenzregime. Achillesferse bleibt dabei jedoch die Erhöhung der Truppen- und Personalstärke. Denn die Bundeswehr ist seit Aussetzung der Wehrpflicht eine Söldnerarmee, die in "Karrierebüros", Arbeitsagenturen, Schulen, Universitäten, auf "YouTube" und sogar bei Volksfesten ihr "Kanonenfutter" anwerben muß.

Als Mitbewerber auf dem Arbeitsmarkt tut sie sich besonders bei den benötigten Fachkräften für ihre Cyber-Armee, Waffen- und Gerätesysteme gegenüber privaten Anbietern gut bezahlter Jobs schwer. Von der Leyen erhöhte daher schon die "Auslandszulage" und möchte sogar europäische Söldner (!) anwerben. Im einfachen Truppendienst kann sie von der bestehenden Arbeits- und Perspektivlosigkeit einiger junger Arbeitssuchender profitieren. Vermeintliche Sicherheit im Staatsdienst und Aussicht auf ein sonst unbezahlbares Studium bewegen manchen, das Risiko einzugehen. Werbekampagnen wie "Mach, was wirklich zählt!" locken möglichst unpolitisch, mit faszinierender Technik und einer Berufskarriere als "Elite", die ihre "westlichen Werte" in individueller Persönlichkeitsbildung lebt und "verteidigt".

Besonders auch Frauen werden so geködert, "ihren Mann zu stehen". "Es wird getrickst, getäuscht und gelogen", Kriegsrisiken und Mißstände in der Armee werden "kaum oder nur oberflächlich angesprochen", stellte die Deutsche Friedensgesellschaft in einer Studie fest. Da ziert man sich noch. Anders in den USA, wo Werber in den Highschools bei Casting-Contests minderjährige Hacker für den Cyber-Krieg in Sold nehmen oder junge Arbeitslose mit Computer-Kriegsspielen als "Möchtegern-Rambos" animieren.

Obwohl Bundeswehr, Medien und Regierung versuchen, die öffentliche Meinung zu verändern, überwiegt in der Bevölkerung gegenüber der Truppe und ihren Kriegseinsätzen noch eine kritische Haltung. Dazu tragen auch die Enthüllungen über Mobbing, Verrohung, Gewalttätigkeiten, sexuellen Mißbrauch, Kameradschafts- und Neo-Nazi-Umtriebe bei sowie die geopolitischen Folgewirkungen kriegszerstörter Staaten. Zwar wurde das Verfassungsverbot von Angriffskriegen vom Bundestag und dem Bundesverfassungsgericht inzwischen zweckdienlich ausgehöhlt, was die Erkenntnis solcher Völkerrechtsbrüche aber nicht verhindert. Auch bleibt die Erinnerung an die 1956 erzwungene verfassungswidrige Wiederbewaffnung, die eine Kette militaristischer Verfassungsänderungen auslöste. Die in der Bundeswehr aufgedeckten faschistischen Seilschaften im Offizierskorps und eine entsprechende Traditionspflege rüttelten die Öffentlichkeit immer wieder auf. Der Widerstand gegen solche Tendenzen darf nicht nachlassen.

Der Arbeit der Friedensbewegung und den Aktionen von Linksjugend ['solid] und SDAJ gegen das Werber-Unwesen kommt eine besondere Bedeutung zu - auch aus Sorge um die beworbenen jungen Menschen. "Heimkehrer-Appelle", Waffenschauveranstaltungen und öffentliche "Heimatgrüße" gilt es als Kriegspropaganda zu bekämpfen!

Jobst Heinrich Müller

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Zum 100. Jahrestag von Lenins "Aprilthesen"

Zweieinhalb Jahre nach Beginn des bis dahin größten Gemetzels der Weltgeschichte, des Ersten Weltkrieges, hatte sich Anfang 1917 die internationale Arbeiterbewegung noch nicht von ihrer Niederlage erholt. Die Vertreter der Sozialdemokratie, die sich in ihren Ländern der "Vaterlandsverteidigung" angeschlossen hatten, triumphierten und traten zum Teil für Annexionen und "Sieg-Frieden" ein, Gegner von Annexionen und Diktat-Frieden waren in der Minderheit. Diejenigen Sozialisten, die dafür waren, die Gewehre umzudrehen und den bewaffneten Kampf für eine Revolution aufzunehmen, schienen bedeutungslos.

Sehr rasch zeigte sich aber in den ersten Monaten des Jahres 1917, daß Lenin und die Bolschewiki in einer scheinbar hoffnungslosen Lage den Krieg und die Möglichkeiten, ihn zu beenden, richtig analysiert hatten. Am 22. Januar hatte Lenin im überfüllten Züricher Volkshaus eine Rede über die russische Revolution von 1905 gehalten und dabei erklärt: "Wir dürfen uns nicht durch die jetzige Kirchhofsruhe in Europa täuschen lassen. Europa ist schwanger mit der Revolution." Die Fieberphantasie eines "Sektierers"?

Am 15. März erfuhr Lenin von der Februarrevolution, der insofern "anonymen" Revolution, als linke Parteien in ihr zumindest direkt nur eine geringe Rolle spielten. Er begann sofort um die Rückkehr nach Rußland zu kämpfen, was sich schwierig gestaltete. Das deutsche Kaiserreich zeigte sich im Rahmen seines "Revolutionierungs-" und Zerstückelungsprogramms für Rußland an Lenins Durchfahrt interessiert. Die russische Regierung verkündete aber, sie werde ihn und alle Mitreisenden als Hochverräter behandeln.

Am 9. April war es soweit. Eine Gesellschaft aus 32 Personen versammelte sich auf dem Züricher Hauptbahnhof, um einen Zug nach Saßnitz auf Rügen zu besteigen, von wo aus es per Fähre nach dem schwedischen Trelleborg weitergehen sollte. Auf dem Bahnhof hatten sich Freund und Feind eingefunden, und es kam zu stürmischen Kundgebungen. Die Reisenden und ihre Freunde sangen bei der Abfahrt die Internationale, die Gegner brüllten "Man wird euch alle aufhängen, ihr Judenhetzer", "Provokateure, Spitzel". Mit Provokationen ging es weiter. Der Schweizer Internationalist Fritz Platten, der auf Bitten Lenins die Reiseleitung übernommen hatte, berichtete, daß in Stuttgart ein Herr Jansson in den Zug kam, der erklärte, er wolle im Auftrag der Generalkommission der deutschen Gewerkschaften mit den russischen Genossen sprechen. Das löste bei denen große Heiterkeit aus, sie ließen die aufgetragenen Grüße nicht erwidern.

Auch andere Kontaktversuche z. B. durch deutsche Beamte wurden abgelehnt. Am 12. April war Lenin in Saßnitz zum letzten Mal auf deutschem Boden, am 13. trafen er und die Mitreisenden in Stockholm ein, von wo es per Zug noch am selben Abend und erneut mit einer Kundgebung im Bahnhof weiterging. Lenin erkundigte sich, ob sie alle bei der Ankunft in Petrograd verhaftet würden. Tatsächlich hatten die Bolschewiki der Stadt einen Empfang organisiert, der in die Geschichte einging: ein mit Menschen vollgestopfter Bahnhofsplatz, Panzerfahrzeuge, auf dem Bahnsteig Delegationen von Arbeitern, der Roten Garde, Matrosen aus Kronstadt und Musikkapellen. Als der Zug Nr. 12 am 16. April um 23.10 Uhr einrollte, erklang die Marseillaise.

Augenzeugen berichten, daß auch Menschewiki anwesend waren und sich zahm gaben. Ihre Vertreter in den Sowjets erschienen mit Nikolai Tschcheïdse (1864-1926) an der Spitze. Das Zusammentreffen mit Lenin im Finnischen Bahnhof wurde von dem Menschewik Nikolai Suchanow so geschildert: "In der Tür erschien der feierlich-eifrige (Alexander) Schljapnikow (1885-1937) in der Rolle eines Zeremonienmeisters (...). Hinter Schljapnikow trat oder vielmehr lief Lenin in das 'Zarenzimmer' mit rundem Hut, verfrorenem Gesicht und einem prachtvollen Blumenstrauß in den Händen. Als er die Mitte des Zimmers erreicht hatte, blieb er vor Tschcheïdse stehen, als sei er gegen ein unerwartetes Hindernis gestoßen, worauf Tschcheïdse, ohne sein mürrisches Aussehen aufzugeben, folgende 'Begrüßungsansprache' hielt, die nicht nur im Geist, nicht nur im Text, sondern auch im Ton einer Moralpauke gehalten war.

'Genosse Lenin (...), wir sind der Ansicht, daß es jetzt zur Hauptaufgabe der revolutionären Demokratie gehört, unsere Revolution gegen alle inneren und äußeren Anschläge zu verteidigen. Wir sind der Ansicht, daß für dieses Ziel nicht eine Spaltung, sondern eine Vereinigung aller demokratischen Kräfte notwendig ist. Wie hoffen, daß Sie zusammen mit uns dieses Ziel verfolgen werden.'

Tschcheïdse hielt inne (...) Lenin stand da, als gehe ihn alles, was da vor sich ging, nichts an, blickte nach allen Seiten, prüfte die ihn umgebenden Gesichter und sogar die Decke des 'Zarenzimmers', zupfte seinen Blumenstrauß zurecht, (...) drehte sich dann aber ganz von der Delegation des Exekutivkomitees weg und 'antwortete' folgendermaßen: 'Liebe Genossen, Soldaten, Matrosen und Arbeiter ... Ich bin glücklich, in euch die siegreiche russische Revolution, euch als Avantgarde der proletarischen Armee der ganzen Welt zu begrüßen ... Der imperialistische Raubkrieg ist der Beginn des Bürgerkrieges in ganz Europa ... In allernächster Zeit, jeden Tag, kann der europäische Imperialismus zusammenbrechen. Die von euch vollzogene russische Revolution hat diesen Zusammenbruch eingeleitet und eine neue Epoche eröffnet. Es lebe die sozialistische Weltrevolution!'

Im Grunde genommen war das nicht nur keine Antwort auf die 'Begrüßung' Tschcheïdses, sondern (...) vor unseren Augen erschien plötzlich ein strahlendes, blendendes, fremdartiges Licht."

Die Ansprache Lenins, wie sie von Suchanow wiedergegeben wurde, entsprach den auf der Reise von Lenin entworfenen "Aprilthesen".

Am folgenden Tag, dem 17. April 1917, trug Lenin sie auf der Gesamtrussischen Beratung der Arbeiter- und Soldatendeputierten im Taurischen Palais, dem früheren Sitz der Staatsduma, vor. Mit ihnen orientierte er auf den Kampf um die Überführung der bürgerlich-demokratischen Februarrevolution in die sozialistische. Selbst unter den Bolschewiki waren nicht wenige der Auffassung, daß es zu früh sei, von einer sozialistischen Revolution zu sprechen. Vor allem aber wandte sich der Revolutionär gegen eine Vereinigung mit den Menschewiki: "Lieber zu zweit bleiben, wie Liebknecht - und das heißt beim revolutionären Proletariat bleiben -, als auch nur einen Augenblick den Gedanken einer Vereinigung (...) zulassen mit den Tschcheïdse und (Irakli) Zereteli (1881-1959), (...) die zur 'Vaterlandsverteidigung' hinabgesunken sind. (...) Wer den Schwankenden helfen will, muß selbst aufhören zu schwanken."

Grundlage der Haltung Lenins waren der Weltkrieg und dessen Charakteristik als imperialistischer Raubkrieg. An dieser Einschätzung hatte sich nichts geändert, auch wenn in Rußland jetzt "Demokraten" regierten. Die "Aprilthesen" beginnen daher mit dem Satz: "In unserer Stellung zum Krieg, der von seiten Rußlands auch unter der neuen Regierung Lwow u. Co. - infolge des kapitalistischen Charakters dieser Regierung - unbedingt ein räuberischer, imperialistischer Krieg bleibt, sind auch die geringsten Zugeständnisse an die 'revolutionäre Vaterlandsverteidigung' unzulässig." (LW 24, 3) Am 18. April wiederholte Lenin seine Thesen auf einer gemeinsamen Versammlung von Menschewiki und Bolschewiki unter den Kongreßdelegierten. Hier schlug ihm die unverhohlene Wut der "Patrioten" entgegen. Suchanow zitierte Zurufe wie: "Das ist doch Unsinn, das ist doch der Unsinn eines Irren (...) Es ist doch eine Schande, diesem dummen Zeug zu applaudieren. Sie beschämen sich selbst! Marxisten!" Tatsächlich aber begeisterten, mobilisierten die Thesen sowohl Bolschewiki wie auch sympathisierende Arbeiter und Soldaten. Der Kampf um die sozialistische Revolution hatte begonnen.

Arnold Schölzel

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Das Museum deutscher Antifaschisten in Krasnogorsk von Kurt Laser

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Staat und Kirche im "Luther-Jahr"
Bündnis von Thron und Altar heute?

Ab April 2017 wird das Mammutprogramm abrollen, das Staat und Kirche für das 500. Jubiläum der Reformation vorbereitet haben. Bei diesem "wichtigsten Ereignis für Deutschland" wird es Gottesdienste und Kongresse, Ausstellungen und Pilgerwanderungen, Buchveröffentlichungen und neue Gedenkstätten geben. Wie weit wird die Vermarktung des Ereignisses gehen? Eine Ahnung davon verschafft uns die Wochenzeitung des Bundestages "Das Parlament" in einer Sonderausgabe (9. Januar 2017). Da ist manches erstaunlich.

Nach dem Grundgesetz sind in Deutschland Staat und Kirche getrennt. Dennoch feiern Kirche und Staat die Reformation gemeinsam. Schon im Februar 2011 hat die damalige CDU-FDP-Regierung einen entsprechenden Beschluß gefaßt. In ihm werden positive Wirkungen der Reformation gewürdigt: die "sprachschöpferischen Leistungen" Luthers und der "Bildungsschub" im Ergebnis seines Wirkens und die Rolle Luthers als "Wegbereiter der Demokratie", zu der die Kategorie des Reformators von der "Freiheit eines Christenmenschen" beigetragen habe. Die Regierung hat die Reformation als "Ereignis von Weltrang" gewertet, weil sie "revolutionär" und "neuzeitfähig" gewesen sei. Wir haben zu prüfen: Was ist revolutionär an der Reformation? Worin besteht ihre "Neuzeitfähigkeit"?

Die "Events" dieses Jahres werden von Staat und Kirche in einem Land organisiert, in dem 54 % der Deutschen im Westen, 84 % im Osten gar keine oder kaum Bindungen an christliche Werte haben.

Auf die finanziellen Aspekte kommen wir zurück.

Luther-Jubiläen und die Politik der Herrschenden

Vergleicht man Luther-Ehrungen, z. B. im Kaiserreich 1917, während des Faschismus und in der DDR, kann man erhebliche Unterschiede feststellen, obwohl sich die Fakten zur Reformation kaum geändert haben. Es würde schnell sichtbar, daß es weniger um Luther, mehr um die jeweilige Politik ging. Luther war 1917 deutscher Recke, der gegen das "böse Rom" und den "Erbfeind" Frankreich kämpfte. Die Hymne des Reformators "Ein feste Burg ist unser Gott" wurde zum Trost für die Soldaten des Kaisers, der an der Spitze der protestantischen Kirche stand.

Was macht Luther für den Staat so "neuzeitfähig"?

Sind es "wirklich faszinierende Parallelen zur heutigen Zeit", eine Welt im Umbruch, "den Menschen kommen wichtige Dinge abhanden wie der Glauben, aber auch Autoritäten, die einem die Richtung weisen könnten", wie im "Spiegel" (45/2016, S. 144) zu lesen war?

Ist es der Geist der Nächsten- und Feindesliebe, der das Handeln Christi prägte und als Vorbild in christlich-abendländischen Sonntagsreden dient?

Sind es die Gehorsamspflicht und der Untertanengeist, von dem das Luthertum (bei Strafe der ewigen Hölle) geprägt ist? Oder ist es immer noch die Religion als "Opium des Volkes", wie Karl Marx annahm?

Martin Luther über Kriege und den "Wehrstand"

Zuerst und vor allem ist zu fragen, wie der Reformator es mit der Friedensbotschaft Christi hielt, welche Tradition von seinem Verhalten ausging und bis heute die Militärpolitik beeinflußt. Luther hatte es vor allem mit zwei Kriegen zu tun, mit dem Vormarsch der Türken nach Wien 1529 und dem großen deutschen Bauernkrieg 1525.

Den Vormarsch der Türken betrachtete er als Bedrohung des christlichen Abendlandes, den Kampf der Habsburger als einen Krieg Gottes gegen den Teufel. Der Koran war für ihn ein "Buch voller Lügen". Die Losung "Gott mit uns!" und die Verteufelung des jeweiligen Feindes blieb eine Konstante für die Lutheraner bis zu Hitlers Aggressionskriegen. Militärbischöfe gehören noch heute zum militärischen Geschäft der Herrschenden. Diese Tradition wird in den Nebel des Vergessens verbannt statt mit ihr zu brechen. Sie wird auch heute gebraucht.

Der Bauernkrieg berührte Luther persönlich, denn sein Zentrum lag in Thüringen. Die Bauern wurden durch Luthers Amtsbruder Thomas Müntzer geführt. Luthers Aufruf vom 4. Mai 1525 "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" war blanke Mordhetze: "Aufruhr ist des Todes schuldig ... als eine Sünde der Obrigkeit". Mit der Einteilung in den "Nährstand" für die Bauern und den "Wehrstand" erwies sich Luther objektiv als "Fürstenknecht". Die Fürstenhörigkeit und der preußische Untertanengeist entstanden mit Luther.

Luthers Antijudaismus

Es gibt noch eine weitere Konstante im Denken und Handeln Luthers, die verhängnisvolle Folgen bis in die Gegenwart hat. Luther war Antisemit. Das ist nicht völlig vergessen zu machen. Deshalb werden "Erklärungen" angeboten wie im "Spiegel" (45/2016).

Auch wenn Luther antisemitisch und fremdenfeindlich wurde, ist dies nicht mit heutigem Antisemitismus zu vergleichen. Der Theologe Martin Stöhr kam zu dem Schluß, daß Luthers Angriffe auf die Juden "eine Jahrhunderte überdauernde Explosivkraft besaßen". Die Nazis konnten sich auf Luther berufen. Der religiös begründete Antisemitismus Luthers konnte ohne nennenswerte Schwierigkeiten in den rassistisch begründeten Antisemitismus Hitlers übergehen - auch in der Lutherkirche. Ich weiß, daß solche Fakten manchem Geistlichen Schwierigkeiten bereiten. Als ich 1983 auf deren Wunsch vor Dresdner Pfarrern zum marxistischen Luther-Bild gesprochen hatte, sagte mir der Landesbischof: "Für Sie ist es leicht, über Luthers Schwächen zu sprechen. Für Sie ist er Mensch, für uns ist er Reformator." Also ein Beinahe-Gott?

Inzwischen scheint sich bei der Luther-Ehrung 2017 stärker die Dialektik zwischen der Würdigung Luthers und scharfer Kritik durchzusetzen. Stefan Cesannes faßte die Dialektik so: "Martin Luther war ein kirchlicher Revolutionär, aber kein Heiliger." Mit diesem Urteil lassen sich Verfehlungen des Reformators "vermenschlichen".

Über Ablaßhandel und kirchliche Finanzen

Wir fragten: Worin bestand das Revolutionäre in der Reformation? Was war denn tatsächlich geschehen? Luthers Thesen richteten sich gegen den Ablaßhandel, den Papst Leo X. 1515 eingerichtet hatte.

Wer einen Ablaßbrief kaufte und damit Geld nach Rom schickte, konnte sich vom Fegefeuer freikaufen. Es erboste Luther, daß Himmel oder Hölle vom Geld abhingen: "Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet", wetterte er. Auch die Fürsten waren nicht erfreut, wie der Reichtum ihrer Länder nach Rom geschleppt wurde. Am Anfang der Reformation stand die Verfügung über Geld, nicht die Gründung einer weiteren christlichen Kirche. Bald standen auch andere Reichtümer der Papstkirche zur Disposition. Die Diskussion über die kirchlichen Finanzen wird auch im Luther-Jahr wieder aufflammen. Trotz der Trennung von Staat und Kirche, die im Grundgesetz verankert ist, werden die deutschen Kirchen aus Steuergeldern alimentiert. Die entsprechenden Festlegungen gehen auf Napoleon I. "Reichsdeputationshauptschluß" 1803 zurück. Als Grenzen neu gezogen wurden und Kircheneigentum betroffen war, wurden staatliche Zahlungen an die Kirche festgelegt. Deshalb fließt viel Steuergeld ohne Zweckbindung an die Kirchen. Seit der Gründung der BRD 1949 sind es 12 Mrd. Euro, 2015 waren es ca. 500 Millionen Euro. Der Staat zieht auch die Kirchensteuer ein. Er trägt die Kosten für kirchliche Schulen, Pflegeheime, Krankenhäuser, Kindergärten usw. Das Ansehen, das sich Kirchen mit Sozialleistungen erwerben, schaffen Steuerzahler, von denen mehr als die Hälfte nicht in der Kirche sind. Reinhard Bingener von der FAZ lobt: "Die Kirchen sind längst zu Angelpunkten zivilgesellschaftlichen Engagements geworden." Wem nutzt das? Muß das so bleiben?

Das Luther-Jahr und die DDR

Die bis jetzt kaum zu beantwortende Frage ist: Wird das Luther-Jahr mißbraucht werden, um auch die staatlich verordnete Verleumdung der DDR zu fordern? Im "Parlament", das diesem Bericht zugrunde liegt, gibt es nur einen kleinen Artikel. Christoph Irion überschrieb ihn: "Zwischen Anpassungsstrategien und Widerstandsaktivitäten". Sowohl für die Nazizeit als auch für die DDR wird verallgemeinert: "Die Kirchen konnten niemals voll in das Regime integriert werden." Der Autor legt also unausgesprochen den Maßstab der Totalitarismus-Doktrin zugrunde: Beide "totalitären Diktaturen" hätten abgelehnt werden müssen. Irion gerät mit den Fakten, die er selber nennt, in Konflikt. Die "deutschen Christen", die das Führerprinzip praktizierten und den Antisemitismus in die Kirche brachten, stellten ab Juli 1933 in 26 von 28 Landeskirchen den Bischof. Dibelius hatte Hitler am "Tag von Potsdam" gehuldigt. Die Bonhoeffer und Niemöller waren Ausnahmen und kirchlich geächtete Außenseiter. Der kirchliche Apparat trug die faschistische Kriegführung mit.

Für die DDR wird hervorgehoben, daß sie der Atheismus kennzeichnete, daß es in den 50er Jahren "Übergriffe", Haftstrafen und Schikanen gegeben habe. Immerhin: "Die Verfolgung Andersdenkender erfolgte in der DDR subtiler als im NS-Regime." Konkret wird der Artikel bei der Darstellung des Widerstands von Kirchenvertretern gegen die DDR-Obrigkeit.

Genannt werden Harald Bretschneider, Rainer Eppelmann, Friedrich Schorlemmer und Joachim Gauck. Sie hätten mit Massenprotesten die DDR im Herbst 1989 zum Einsturz gebracht. Luthers Forderung, der Obrigkeit zu gehorchen, der demagogische Mißbrauch von Bibelsätzen, die Heuchelei derjenigen, die in der DDR Waffen ächteten, ihren Einsatz aber heute weltweit fordern, wird im Beitrag Irions verschwiegen. Ob die Legendenbildung über die Kirche in der DDR dem Anliegen des Luther-Jahres entspricht, muß nicht ich beurteilen. Die noch lebenden DDR-Bürger hören den Namen Luther nicht zum ersten Mal, und sie wissen gut, wie die Beziehungen zwischen Staat und Kirche gestaltet waren.

Prof. Dr. Horst Schneider

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Mein Weg vom Christentum zum Kommunismus

Uns wird tagtäglich seit den 90er Jahren in den bürgerlichen Medien die angebliche Repression der Menschen in der DDR durch ihren Staat - auch gegenüber den dort lebenden Christen und der Kirche - vor Augen geführt. Von einer solchen Unterdrückung ist in bezug auf die alte Bundesrepublik so gut wie nie die Rede. Fälschlicherweise. Mein Bericht möge ein kleiner Beitrag zu der Frage sein, wie es wirklich mit der kirchlichen und staatlichen Repression im Westen stand.

Erste ordinierte Pastorin in Schleswig-Holstein

Geboren in dem kleinen Dorf Rederstall in Dithmarschen begann ich, Edda Groth, nach dem Abitur 1959 als überzeugte Christin mit dem Studium der Theologie. Als ich dasselbe und das Vikariat (die praktische Ausbildung) 1967 in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schleswig-Holstein abgeschlossen hatte, wurde dort gerade das Gesetz verabschiedet, das auch den Theologinnen das volle Pfarramt zugestand. Ich erhielt somit als erste Frau die volle Ordination zur Pastorin und trat im April desselben Jahres mein Amt in der Simeon-Kirchengemeinde in Hamburg-Bramfeld an (kirchlich zu Schleswig-Holstein gehörig). Mein zweiter Glücksfall war, daß ich in dieser Millionenstadt die damalige "68er-Bewegung" kennenlernen konnte. Sie war geprägt von neuen antiautoritären, sozialen und politischen Vorstellungen. An ihr beteiligten sich Schüler, Studenten, Gewerkschafter und Arbeiter, und es bildeten sich nach dem KPD-Verbot von 1956 neue kommunistische und sozialistische Gruppen und Parteien. Auf Demonstrationen und Versammlungen erhob man sich "gegen den Muff von 1000 Jahren unter den Talaren", die niedrigen Löhne der "Proleten" und den Hunger in der Welt, verursacht durch die reichen Industrieländer. Diese Anliegen machte ich mir schnell zu eigen.

So führte ich im Kindergottesdienst, im Konfirmandenunterricht und in den Jugendgruppen die "antiautoritäre Erziehung" ein und diskutierte schon mit den Sechsjährigen über biblische und aktuelle Fragen des Lebens. Auch die äußere Form wurde geändert: "Das ist ja zum Talar-Ausziehen", sagte ich in einem damals modernen "Dialog-Gottesdienst" und tat dies dann auch. Das war übrigens auch ein Beitrag zu der damaligen Kleiderfrage der feministischen Bewegungen, die gegen den Widerstand der Männerwelt auch als Frauen Hosen tragen wollten. 1969 fuhr ich mit einer Gruppe von Jugendlichen zum "Kirchentag" nach Stuttgart. Das Motto "Hunger nach Gerechtigkeit" und die Kernaussage "Keine Ausbeutung des Menschen durch den Menschen!" gaben mir neuen Auftrieb. Mit den Jugendlichen forderte ich deren Selbstverwaltung - z. B. in finanziellen Dingen -, und wir gründeten einen "Jugendrat". In Predigten, bei Vorträgen und auf Gemeindeversammlungen nahm ich Stellung zu politischen Themen (statt Luther erschien Angela Davis auf einem Wandbild im Altarraum) und forderte zusammen mit interessierten Gemeindegliedern "mehr Demokratie in der Kirche", gründete zu meiner Unterstützung eine Kommune und gab als unser Sprachrohr die Gemeindezeitung "IN" heraus.

Für oder gegen Pastorin Groth

In der Regel konnte ich mich mit meinen neuen Ideen auf große Teile der Gemeinde stützen. Vor allem die Eltern der Konfirmanden wollten eine aufgeschlossene, "modernere Kirche". Bald traten aber auch die Gegner der Pastorin auf den Plan. So startete der alteingesessene Bibelkreis eine Unterschriftensammlung gegen meine "unchristlichen" Erziehungsmethoden. Meine drei männlichen Kollegen und der wie üblich von Kleinbürgern besetzte Kirchenvorstand beschlossen in einem Antrag vom 26. Februar 1970, "daß Frau Pastorin Groth versetzt wird", eine Maßnahme, die nach § 71 des Pfarrergesetzes der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD) möglich ist, "wenn ein gedeihliches Wirken auf der bisherigen Pfarrstelle nicht mehr gewährleistet ist ..." Bei Propst Lehman in der Propstei Stormarn herrschte Empörung, als ich den anwesenden Pastoren nachwies, daß sie aufgrund des Pfarrergesetzes selbst politisch festgelegt und zur "Loyalität" gegenüber dem Staat verpflichtet seien.

Der für mich zuständige Bischof Hübner in der Kirchenleitung in Kiel hatte mich schon öfter zu einem offiziellen oder auch inoffiziellen Gespräch eingeladen. Dabei ging es ihm fast nie um den "wahren Glauben", sondern allein um die wichtige Frage, welche Politik in Staat und Kirche von mir betrieben wurde, bzw. betrieben werden durfte. Dennoch ließ er die von den Kirchenältesten beantragte Versetzung "stornieren", und ich konnte drei weitere Jahre an der Simeon-Gemeinde - sogar mit einem eigenen Haus mit Jugend-Etage - im Amt bleiben. Der Grund war wohl: Meine Unterstützer und ich hatten Ende 1970 eine beeindruckende Gemeindeversammlung durchgeführt, auf der nicht nur Presse und Fernsehen, sondern auch - für Kirchen äußerst ungewöhnlich - an die 300 Gemeindemitglieder, Interessierte, Theologiestudenten und andere ebenfalls von kirchlicher Repression Betroffene erschienen waren. 225 Anwesende stimmten für meinen Verbleib in der Kirche. Danach blieb ich im Gespräch und fand viel Sympathie bei der Presse: Der Norddeutsche Rundfunk brachte wiederholt Interviews, und das NDR-Fernsehen drehte einen Film "Eva auf der Kanzel" mit mir. Unsere Ziele fanden ein breites Echo.

Die "Mao-Predigt" - antikapitalistisch statt antiautoritär

Am 9. Februar 1974 erklärte ich in meiner Konfirmationspredigt, daß ich von der bisher praktizierten antiautoritären Erziehung "abgesprungen" sei und einen neuen Weg einzuschlagen gedächte. Weil "die ökonomischen Voraussetzungen in der kapitalistischen Gesellschaft eine Erziehung zum freien, selbständigen, gleichberechtigten Menschen nicht möglich machten, wenn nicht die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen insgesamt geändert würden". Deshalb wolle ich zukünftig in diesem Land "den Kapitalismus selbst bekämpfen" und Hinweise geben auf andere - sozialistische - Systeme und Länder in der Welt, wo politische Befreiung und soziale Verbesserungen stattgefunden hatten, wie z. B. in der Sowjetunion, in Kuba und in China. Provokativ schloß ich mit dem Satz: "In Gottes Augen sind letzten Endes nur die auf seiner Seite, die diese Welt zum Guten ändern, die sie wieder menschenwürdig machen und die für Gerechtigkeit auf Erden eintreten. In diesem Sinne - so wagte ich provokativ am Schluß zu behaupten - steht Mao mit allem, was er für das chinesische Volk getan hat, Gott näher als alle Bischöfe der letzten 1000 Jahre."

Die Kirchenleitung ließ meine Predigt durch eine extra dafür eingesetzte kirchliche Kommission ausgiebig prüfen - ein halbes Jahr lang ohne Ergebnis. Einerseits - andererseits. Bekannt war natürlich, daß es damals eine ganze Reihe sozialistisch denkender und handelnder Theologinnen und Theologen in der BRD gab, wie z. B. Frau Dr. Sölle.

Die Kapitalisten nahmen sofort in scharfer Form Stellung. So meinte der "Verein zur Förderung des Hamburgischen Wirtschaftslebens", die - kirchliche - Bewegung zum Sozialismus hin werde mehr und mehr von Moskauer Spezialisten und von ihnen abhängigen Funktionären aus anderen osteuropäischen Ländern und der DDR ausgenutzt.

Das forderte mich geradezu heraus, und ich begann nun gründlich den Marxismus zu studieren. Im Ergebnis verfaßte ich am 15. Juni 1974 einen "offenen Brief zur Frage der Zusammenarbeit mit Kommunisten in der Kirche". Der Staat diene "mit seinen Gesetzen, Verordnungen, seiner Polizei, dem Bundesgrenzschutz und dem Militär den Interessen dieser Kapitalistenklasse. In eben diesem Maße ist auch die Kirche nicht frei von der Parteinahme für die Klasse der Kapitalisten. Das gilt es zu ändern." Jetzt zeigte sich die Kirchenleitung nicht mehr kompromißbereit, und mir wurde im September 1974 ein "Amtszuchtverfahren" nach § 125 angedroht und ich mit sofortiger Wirkung suspendiert, denn "Pastorin Groth identifiziert sich mit den Zielen des Kommunismus auf der Basis der marxistisch-leninistischen Lehre ... und verunglimpft ihre Kirche als eine dem Volk feindlich gegenübertretende und den Interessen des Kapitals hörige Institution".

Christin - Kommunistin - Atheistin

Erstmalig erhob die Kirchenleitung auch den Vorwurf des Unglaubens: "Wesentlicher Bestandteil des Marxismus-Leninismus ist neben dem Ziel einer klassenlosen Gesellschaft auch die Überwindung der Religion."

Natürlich begannen auch die Medien und Teile der Gemeinde mich zu fragen, ob ich denn überhaupt noch an Gott glaubte. Nein, das tat ich nicht mehr. Ich hatte inzwischen die Religion theoretisch überwunden und fühlte mich verpflichtet, dies allen meinen Unterstützern und der Gemeinde mitzuteilen. Sie sollten in dieser wichtigen Sache nicht getäuscht werden. Zumal ich meinen Pastorenberuf stets als wahrhaft frommer Mensch ausgeübt hatte. Ein ungläubiger Pfarrer ist nicht einfach nur ein liberal interpretierender oder schlechter, sondern ein betrügerischer Amtsinhaber. Ich erklärte meinen neugewonnenen Standpunkt in der Broschüre "Warum ich aus der Kirche austreten werde" und trat im November 1974 auch tatsächlich aus. Ich hatte zuvor intensiv Feuerbach, Marx und Lenin zur Religionsfrage studiert und war zu der Erkenntnis gekommen: Nach Feuerbach nehmen die irdischen Mächte, die die Menschen erfahren, in ihren Köpfen die Formen außerirdischer (göttlich-mystischer) Gestalten an. "Mit dem hohen Stand an technisch-wissenschaftlichen Kenntnissen versteht und beherrscht der Mensch zwar weitgehend die Natur, aber die schreienden Widersprüche treiben das Volk in die Arme der Religiosität. Sie ersäufen ihre Ansprüche auf ein halbwegs menschenwürdiges Leben in der Religion." (Lenin "Über die Religion") In einer bald darauf von mir und Helmut Lechner verfaßten Broschüre "Religion - Opium des Volkes" erläuterten wir diesen Standpunkt auch über Hamburg hinaus einer breiteren Öffentlichkeit in der BRD.

Die Brücken waren abgebrochen, aber wie sich zeigte, nicht nur in bezug auf die Kirche, sondern auch auf den westdeutschen Staat und seine Institutionen. Ich verlor mit sofortiger Wirkung nicht nur mein gut bezahltes Amt - was ja in der Logik der Sache lag -, sondern mußte mich ab sofort arbeitslos melden. Dabei entdeckte ich, daß laut Beamtengesetz für ehemalige Kirchenbeamte kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestand. Ersatzweise erhielt ich eine nicht existenzsichernde Arbeitslosenhilfe. Außerdem war ich durch die rege Pressetätigkeit in der BRD überall so bekannt geworden, daß mir selbst in einfachen Betrieben mit Hinweis auf meine Vergangenheit nur selten eine Anstellung gegeben wurde. Am schlimmsten aber: ich fiel voll unter die damals von Willy Brandt und der SPD eingeführten Berufsverbotspraxis im öffentlichen Dienst, in dem ich sonst natürlich als "erfahrene" Lehrerin hätte arbeiten mögen. Die Gewerkschaft, die mir im beruflichen Kirchenkampf zunächst Unterstützung angeboten hatte, sprach sich nach meinem Austritt aus der Kirche mit dem Bischof ab und schloß mich aus der Gewerkschaft aus.

Kirche und Staat funktionierten in engster Verbindung miteinander und gaben mir kaum eine Chance zu einem "normalen" beruflichen Leben, geschweige denn zu einer akzeptablen Karriere. Keine Frage, daß ich gerade deshalb weiterhin intensiv politisch tätig geblieben bin.

Edda Lechner, Norderstedt

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Gehört der Islam zu Deutschland?

Selten hat das Wort eines Politikers zu einer so hitzigen Debatte geführt wie seinerzeit Christian Wulffs Ausspruch "Der Islam gehört zu Deutschland." Seitdem häufen sich die Demonstrationen, schaukeln Pro und Contra sich hoch, und es scheint, als hätte Wulffs Satz die Nation in zwei Lager gespalten. Im Lager der ihm Zustimmenden finden sich (neben den Muslimen) die liberal denkenden gast- und fremdenfreundlichen Demokraten, die die Religionsfreiheit achten und im Sinne des aufgeklärten Alten Fritz sagen würden: "In unserem Land soll jeder nach seiner Fasson selig werden."

Im Lager der Buhrufer siedeln dagegen jene an Xenophobie (Fremdenfeindlichkeit) leidenden Chauvinisten und jene womöglich sozial zu kurz Gekommenen, die um ihre Arbeitsplätze bangen oder gedankenlos jenen Neofaschisten nachlaufen, die Asylantenwohnheime anzünden oder dies bejubeln - mit bepißter Hose und den Arm zum Hitlergruß erhoben. Das sind jene, die dem Ausland das Bild vom "häßlichen Deutschen" vermitteln und auf deren Zugehörigkeit zu Deutschland, auch wenn sie deutsche Pässe haben, wir gerne verzichten würden.

Was die Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland im Sinne eines integralen Bestandteils betrifft, so wäre vorab zu klären, was Zugehörigkeit zu Deutschland ausmacht. Wer in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, deutsch spricht und vor allem die in Deutschland geltenden Gesetze, vornehmlich das Grundgesetz, achtet, der darf sich zu Recht als zu Deutschland gehörig oder als Deutscher fühlen, auch wenn er aus irgendwelchen Gründen noch keinen deutschen Paß hat - und dies völlig unabhängig davon, ob er Christ, Jude, Muslim, Angehöriger irgendeiner anderen Glaubensgemeinschaft, konfessionslos oder Freidenker ist.

Hat man dies im Sinn, so kann man sicherlich sagen: "Die, wie soeben beschriebenen, kulturell integrierten Muslime gehören zu Deutschland." Nur ist damit über eine mögliche Zugehörigkeit der Weltreligion Islam zu Deutschland noch nicht das Geringste ausgemacht. Schon die Bezeichnung "der Islam" ist eine schreckliche Vereinfachung und bedarf dringend einer Differenzierung, und zwar ist zu unterscheiden zwischen zwei divergierenden Erscheinungsformen des Islams. Es gibt einen friedliebenden, toleranten, sozialverträglichen, sozusagen aufgeklärten Islam, wie er anscheinend und hoffentlich vom Rat der Muslime in Deutschland repräsentiert wird und der, aufs Ganze gesehen, der kulturellen Integration nicht im Wege steht. Aber daneben, und das hat Christian Wulff wohl nicht bedacht, gibt es eben auch einen unaufgeklärten, fundamentalistischen Islamismus, der, befangen in theokratischem, antidemokratischem Denken, im Mittelalter steckengeblieben ist, der auf die Scharia mit ihren barbarischen Rechtsnormen und Rechtspraktiken (Geißelungen, Hinrichtungen, Steinigungen untreuer Ehefrauen etc.) schwört und zu dessen kulturell altüberlieferten Sitten und Bräuchen Schandtaten wie Genitalverstümmelungen, das Verprügeln von Frauen und Kindern, Zwangsverheiratungen und "Ehrenmorde" gehören, Straftaten und Verbrechen, die den Menschenrechten Hohn sprechen und die mit den in Deutschland geltenden Rechtsnormen unvereinbar sind. Dieser fundamentalistische Islam (oder Islamismus, wie ihn der sogenannte IS weltweit zu verbreiten sucht) gehört nicht zu Deutschland und wird hoffentlich auch niemals zu Deutschland gehören.

Als Glaubensgemeinschaft und als eine der drei großen monotheistischen Weltreligionen ist und bleibt der Islam für den vergleichenden Religionswissenschaftler im übrigen ein zwar fremdartiger und in manchen seiner Lehren befremdlicher, aber womöglich auch gerade deshalb faszinierender Gegenstand. Dem tolerant Denkenden dürfte es überdies nicht schwerfallen, die Ansichten Andersgläubiger, sofern sie nur sozialverträglich sind, zu achten, ohne sie zu teilen.

Dies ist alles andere als gläubige Übernahme oder Integration exotischen Kulturguts, die nur selten hilfreich, oft schädlich und mitunter sogar verderblich sein kann. Deutlich zu sehen ist dies am Beispiel christlicher Missionierung, die sich noch heute (so durch das Verbot empfängnisverhütender Mittel) in manchen Gegenden der Welt verheerend auswirkt.

Ich halte dafür, daß der Mensch autonom sei und weder einer christlichen noch einer jüdischen, noch einer islamischen Theokratie bedarf.

Bedenklich, bei aller gebotenen und erlaubten Toleranz und bei aller im Grundgesetz verankerten Religionsfreiheit, wäre es allerdings, wenn irgendeine Glaubensgemeinschaft hierzulande eine Art Parallelgesellschaft gründen und, statt nach deutschem Recht zu handeln, ein eigenes, in Deutschland nicht geltendes Recht, etwa gemäß dem Talmud oder der Scharia, praktizieren wollte. Gegen solche Versuche der Rechtsanmaßung dürfte und müßte der Staat sich mit allen legalen Mitteln zur Wehr setzen!

Natürlich werden kirchlich gebundene Geister, zumal Vertreter der gesellschaftlich repräsentativen Großkirchen, immer bestrebt sein, in öffentlich-rechtlichen Gremien (etwa in den Rundfunkräten) Einfluß auf die Politik und damit auf die Gestaltung des öffentlichen Lebens zu nehmen. Und natürlich dürfen sie sich zu diesem Zweck auch aller ihnen zur Verfügung stehenden Medien bedienen, da dies als Meinungs- und Pressefreiheit zu den demokratischen Grundrechten gehört.

Bedenklich wird die Sache aber auch, wenn in Deutschland lebende nichtchristliche, jüdische, muslimische oder andere Gläubige Sonderrechte fordern, die im Widerspruch zu den hierzulande geltenden Gesetzen stehen. Und nicht weniger bedenklich ist es, wenn eine sich für besonders fortschrittlich haltende Bildungsministerin dafür sorgt, daß - auf Kosten des Steuerzahlers - an unseren staatlichen Hochschulen Lehrstühle für Islamistik eingerichtet werden und an staatlichen Schulen neben katholischer und evangelischer Religion nun auch noch islamische Religion gelehrt wird. Hier geht mir das Gleichbehandlungsprinzip zu weit, richtiger: Hier wird es in der genau falschen Richtung angewandt! Gleichheit läßt sich in diesem Bereich viel sinnvoller auch dadurch herstellen, daß an staatlichen Hochschulen grundsätzlich keinerlei theologische Lehrstühle (Lehrstühle für katholische, evangelische, jüdische, islamische oder irgendeine andere Theologie) geduldet werden. Auf diese Weise könnten die kirchlichen Privilegien (nach endlicher Aufkündigung des zwischen dem Vatikan und Hitler geschlossenen Konkordats) wenigstens schon einmal in einem Teilbereich der Gesellschaft abgeschafft werden.

Und speziell zum Thema Religion als Unterrichtsfach noch dies: An Schulen in kirchlicher Trägerschaft mag Religion meinetwegen gelehrt werden, nicht aber an staatlichen Schulen, die sich weltanschaulicher Neutralität befleißigen sollten. Fort also mit solch wissenschaftsfeindlichem Plunder, und Schluß mit der Verfilzung staatlicher und kirchlicher Interessen im Gesundheits- und Bildungswesen! Und als Forderung an unsere Gesetzgeber: Erfüllt endlich, und zwar konkret und in allen sozialen Bereichen, den Verfassungsauftrag der Trennung von Kirche und Staat!

Natürlich weiß ich, was dem bei den Regierenden entgegensteht: Es ist die Angst vor dem Verlust von Wählerstimmen, die Angst vor politischem Machtverlust, denn die Kirchen predigen, wenn auch vielleicht nur noch verhalten, Anpassung und Gehorsam und sind eher an der Erhaltung des politischen Status quo als an dessen Veränderung interessiert. Angesichts dieser traurigen Tatsache empfiehlt sich als Handlungsmaxime für den einzelnen, aus der Kirche auszutreten und wo immer nötig gegen "Pegida" zu demonstrieren!

Theodor Weißenborn

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Wissenschaftliche Weltanschauung
Gerechtigkeit und Chancengleichheit
Sendung des "Deutschlandsenders" vom 6. Juni 1973

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Eugen Drewermann: "Geld, Gesellschaft und Gewalt" von Wolfgang Beutin

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Überlegungen für einen nächsten Anlauf
Lieber das Problem als diese Lösung?

Neulich vor einer Buchhandlung sah ich mir einen Ständer mit Postkarten an, auf denen mehr oder weniger geistvolle Sprüche standen, von der Preislage: "Fallen, wieder aufstehen, Krönchen geraderücken, weitergehen". Na ja! Aber ein Spruch ließ mich herzlich lachen: "Wenn das die Lösung ist, möchte ich lieber das Problem zurückhaben." Nach einigem Nachdenken wurde mir klar, daß damit die Haltung zweier Generationen auf den Punkt gebracht wurde: die der "Achtundsechziger" und ihrer Kinder. Ersteren war damals klar, daß die Probleme der Welt mit dem Kapitalismus zusammenhängen.

Spricht man heute mit ihnen, bestätigt einem jeder auch nur halbwegs interessierte und nachdenkliche Mensch, daß die Probleme nicht gelöst sind, sondern sich in dem seither vergangenen halben Jahrhundert verschärft haben: das Elend der dritten Welt, die soziale Spaltung zwischen Prekariat und "Mittelschicht" auf der einen und auf der anderen Seite der Millionäre und der Milliardäre, in deren Interesse die Politik gemacht wird, die Finanzkrisen, die Angst der "Mittelschicht" vor dem erzwungenen Abstieg ins Prekariat, die Kriege und der Terror überall und die Gefahr noch größerer Kriege, die Krise der Umwelt mit Klimawandel, Artensterben, Umweltverschmutzung und Verschleuderung der letzten Energie- und Rohstoffresourcen. Fast jeder wird einem zustimmen, daß bei all diesen Problemen eher weitere Verschlechterungen zu erwarten sind. Und daß das am Kapitalismus liegt, wird einem auch von vielen bestätigt.

Nun sollte man doch denken, diese Einsicht würde zu massenhaften Debatten führen, wie und wodurch die anerkannte Ursache dieser Krisen, der Kapitalismus, ersetzt werden könnte, wenn er sich schon nicht ändern läßt. Aber da kommt nicht viel: Viele meinen, es wäre individueller Beitrag genug, wenn sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten sozial engagieren, sich vegetarisch oder vegan ernähren, sich mit dem Fahrrad statt mit dem Auto bewegen und vielleicht sogar dann und wann auf eine Demo für die Umwelt oder für den Frieden gehen. Ich will solche Verhaltensweisen nicht kritisieren oder gar lächerlich machen. Aber ich meine, und viele sehen das auch ein, daß das für die Lösung der Krisen nicht ausreichen wird. Und selbst die Idee, durch Wahlen fortschrittlicher und ökologisch engagierter Parteien eine Wende herbeizuführen, hat viel von ihrer Überzeugungskraft verloren, seit 1973 die frei gewählte chilenische Regierung durch einen blutigen Militärputsch mit massiver Unterstützung der USA gestürzt wurde, und vor gut einem Jahr in Griechenland die Syriza nach ihrem triumphalen Wahlsieg vor den "Institutionen" zu Kreuze gekrochen ist.

Wenn einem nun nichts Wirksameres einfällt, läge es eigentlich nahe, sich in der Geschichte umzusehen, was es denn an ernsthaften Versuchen gegeben hat, die Krisen zusammen mit ihrer Ursache, dem Kapitalismus, zu überwinden. Ich denke, jedem ist klar, wovon ich spreche: Könnte vielleicht der Sozialismus, gar der Kommunismus die Lösung sein? Da kommen fast automatisch zwei Standardantworten:

1. Dann doch lieber beim Kapitalismus bleiben! (Lieber das Problem als diese Lösung!)

2. Die bisherigen Versuche sind alle gescheitert, wir brauchen also darüber nicht weiter zu diskutieren.

Zu 1) erst einmal eine moralische Wertung: Es ist verantwortungslos, an einem System festzuhalten, das offenbar unaufhaltsam auf die Katastrophe zusteuert. Wer von uns Kinder in die Welt gesetzt hat, hat eine Verantwortung übernommen. Er oder sie kann sich meiner Meinung nach nicht darauf zurückziehen, daß die finale Krise hoffentlich nicht mehr zu den eigenen Lebzeiten eintritt. Für einen selbst haben die eigenen Eltern diese Verantwortung übernommen und damit für uns ein Erbe begründet, das wir an die nächsten weiterzugeben haben. Es kommt nicht darauf an, ob die Herausforderungen schon immer ebensogroß waren wie heute für uns: Diese sind so, wie sie eben sind, und jede Generationen muß sich den ihren stellen. Ohne das zu tun, nutzen wir nicht die menschlichen Fähigkeiten, die uns zur Verfügung stehen. Das sollte Resignation ausschließen und die Aufgabe stellen, ernsthaft und mit aller Kraft einen Ausweg aus der Krise zu suchen.

Dabei finde ich es erschreckend, wie einfach sich die meisten bereitfinden, das zu glauben, was sie nach dem Willen ihrer Oberen über den Kommunismus glauben sollen, selbst Menschen mit geschultem kritischem Verstand. Wer keinen besseren Vorschlag für die Lösung hat, ist nach meiner Meinung verpflichtet, heute in Zeiten des "Postfaktischen" und der "Fake News" noch einmal zu überprüfen, wieviel derartige Manipulationen schon lange die hierzulande verbreiteten Meinungen über den Kommunismus mit geprägt haben.

Sehen wir uns die Vorstellungen an, die sich Marx und Engels vom Kommunismus machten: Das sollte eine Gesellschaft sein, wo jeder, der es kann, arbeitet, um die gesellschaftlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Das finde ich erst mal nicht schrecklich. Schon heute arbeiten alle, die kein Kapital besitzen - oder sie wünschen sich, man ließe sie arbeiten. Platz für Fragen nach dem Nutzen der eigenen Arbeit für die Gesellschaft bleibt da kaum.

Marx und Engels gingen davon aus, daß die Arbeit zum Wohl der Gesellschaft sich aus einer Last zum ersten Lebensbedürfnis wandeln würde. Darüber hinaus sollte sich jeder "nach seinen Bedürfnissen" aus dem gemeinsam produzierten Reichtum versorgen können. Es ist schwer, sich das so vorzustellen, und auch Marx und Engels war klar, daß das eine lange Übergangsperiode voraussetzt, die sie Sozialismus nannten. Aber als zu erstrebendes Ziel scheint der Kommunismus mir nicht so schrecklich, daß ich demgegenüber lieber den Kapitalismus mit seinen Krisen und Unmenschlichkeiten behalten wollte. Das Ziel des Kommunismus erinnert mich an Heinrich Heine: "Wir wollen uns auf Erden schon das Himmelreich errichten."

Aber wichen denn nun die Kommunisten vom Weg auf dieses Ziel hin ab? Und ab wann? Und wodurch? Jeder kennt die Schauergeschichten, die er hundertmal gehört hat. Aber wieviel von dem Goebbels zugeschriebenen Rat "Je größer eine Lüge ist, um so eher wird sie geglaubt. Sie muß nur oft genug wiederholt werden" steckt darin?

Ich will nicht abstreiten, daß es in der Geschichte des "real existierenden Sozialismus" auch schreckliche Ereignisse gegeben hat. Ich will nur die Frage aufwerfen, ob diese Schrecken dem Wesen des Sozialismus entstammten, oder bis zu welchem Grad sie als Akte der Notwehr zu begreifen und vielleicht zu verstehen sind. Und ich will auch die Frage stellen, warum Furchtbares in der Geschichte der "westlichen Demokratien" nicht eine ebensolche Ablehnung der jeweiligen Systeme hervorruft.

Zu 2) Der "Realsozialismus" in der Sowjetunion ist gescheitert. Aber mußte er das? Lag es an Geburtsfehlern oder an vermeidbaren Fehlern, die im Lauf seiner über siebzigjährigen Geschichte gemacht wurden? Gegen Geburtsfehler sprechen die Ergebnisse, die er erreicht hat:

  • Er hat den Angriffen der inneren Gegner und der Interventionstruppen aus 14 kapitalistischen Ländern widerstanden und sie besiegt.
  • Er hat das Land mit zwei Fünfjahrplänen industrialisiert, in einem Ausmaß, für das die westlichen Länder 50 bis 100 Jahre gebraucht haben.
  • Er hat die Arbeitslosigkeit abgeschafft, was bis heute kein kapitalistisches Land erreicht hat.
  • Er hat das Land des Analphabetismus in ein kulturell hochstehendes Land verwandelt.
  • Er hat dem Angriff Nazideutschlands und seiner Vasallen standgehalten.
  • Er hat, mit unvorstellbaren Opfern (und mit einiger Hilfe der Alliierten), den Faschismus besiegt und die Welt vor dem Alptraum einer faschistischen Vorherrschaft in der Welt gerettet.
  • Er hat den Drohungen des neuen Gegners standgehalten, obwohl dieser lange allein die Atombombe hatte.
  • Er hat, durch sein Beispiel und seine Solidarität, geholfen den Kolonialismus zu beseitigen.

Nach dieser Aufzählung leuchtet mir die Behauptung nicht ein, daß er trotzdem zusammenbrechen mußte.

Fritz Dittmar, Hamburg

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Was ist Kommunismus?

Einer der größten deutschen Dichter, Bertolt Brecht, schrieb, der Kommunismus sei das Einfache, das schwer zu machen ist. Recht hatte er. Was wäre denn einfacher, weil menschlicher, als eine solche Ordnung menschlichen Zusammenlebens, in der es keine Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen durch den Menschen, kein "oben" und "unten", keine Klassen und keinen Krieg mehr gäbe? Eine Ordnung, in der alle Menschen frei und gleichberechtigt sind, allseitig ausgebildet, in der alle Fähigkeiten entwickelt werden, geistig und körperlich zu arbeiten. Eine Ordnung, in der alle arbeiten, aber in der die Arbeit nicht mehr eine Qual ist, deren Früchte sich andere aneignen. Eine Ordnung, in der die Springquellen des gesellschaftlichen Reichtums so reichlich sprudeln, daß die Gesellschaft nach dem Grundsatz verteilen kann: Jeder nach seinen Bedürfnissen!

Hohngelächter von rechts? "Ihr Utopisten!", sagen die weniger bornierten Rechten und auch mancher Linke. "Wie denn, wenn einer das Bedürfnis hat, jeden Tag ein Auto kaputtzufahren - soll er das im Kommunismus dürfen?" "Natürlich nicht!" "Also stimmt das mit dem 'Jeder nach seinen Bedürfnisen' nicht! Ihr müßtet zuvor die Menschen umkrempeln, ganz anders machen. Euer Kommunismus ist bestenfalls ein schöner Traum, aber er scheitert an der menschlichen Natur."

Seufzen von Skeptikern: "Denn die Menschen, die sind nicht so!" Bedauerndes Schulterklopfen, so, als ob man am liebsten sagen würde: "Eigentlich seid ihr Narren, wenn ihr an die Möglichkeit des Kommunismus glaubt."

Oder der Einwand lautet: "Ihr müßtet doch die Menschen zu ihrem Glück zwingen! Außerdem: Die Energie, die Rohstoffe, ihr wißt schon, was gemeint ist, reichen nicht aus. Die Bedürfnisse müssen ihre Grenze haben, auch das Wachstum der Produktion. Ihr könntet bestenfalls den Mangel gleichmäßig verteilen. Dazu ist ein starker Staat nötig. Essig ist's mit eurem Kommunismus ohne Staat! Ein Kasernenhofkommunismus mag möglich sein, aber zu dem sage ich danke!"

Und wieder ein anderer meldet sich zu Wort: "Freiwillige Arbeit aller? Daß ich nicht lache: Wer die Arbeit kennt, und sich nicht drückt, der ist verrückt", worauf er uns mitleidig lächelnd stehen läßt.

Ich denke, ich war großzügig genug mit der Darstellung der Gegenmeinung. Also dürfen wir nun auch unsere Ansicht darlegen.

Klar ist: Mit dem heutigen Menschen - da stimmen wir unseren Kritikern sofort zu -, der in einer jahrtausendelangen "Schule" der Ausbeutung und Unterdrückung, der Kriege, der Moral des "Hast du was, dann bist du was, hast du nix, dann bist du nix!", "Klein, aber mein!", "Kumpanei ist Lumperei!" erzogen wurde, der auf Schritt und Tritt erfährt, daß der schlimmste Wolf des Menschen eben nicht der Wolf, sondern der Mensch ist, oder der immer wieder verspürt, daß die Radfahrereinstellung nötig ist - also mit diesem Menschen ist kein Kommunismus möglich.

Klar ist auch, daß "der Mensch" nicht davon besser wird, daß man ihm das alles vorhält. Denn "der Mensch" ist nicht unmenschlich, weil er es sein will, sondern weil es in der Welt, wie sie heute eingerichtet ist, gar nicht anders sein kann.

Halt! So stimmt's schon nicht mehr. Denn "der Mensch" ist auch anders. Ich will jetzt nicht reden von der Mutter und dem Vater, die für den Schutz ihrer Kinder Opfer, bis zum Opfer des Lebens, auf sich nehmen. Aber wie steht es um den gefangenen, antifaschistischen oder vietnamesischen Freiheitskämpfer, der - trotz furchtbarster Folter - Sache und Genossen nicht verrät? Wie steht es um die Solidarität der arbeitenden Menschen etwa im Streik?

Nein, der Mensch ist nicht einfach "so", er ist auch anders, Er kann, wenn eine große, zukunftsweisende Idee, wie der Sozialismus, ihn beseelt, die menschliche Verkrüppelung überwinden, welche die Klassengesellschaft ihm aufzwingt. Wie kann dieser Mensch erst sein, wenn es eben diese verkrüppelnde Klassengesellschaft nicht mehr gibt?

Also nicht um "den Menschen" geht es in der Hauptsache, sondern darum, die Bedingungen menschlich zu gestalten, unter denen wir leben.

Es ist keinesfalls so, daß der Marxismus sich mit solchen allgemeinen Überlegungen begnügt. Es gab eine sehr weit zurückliegende Zeit, da brachte die Arbeitskraft des Menschen bestenfalls das hervor, was zur täglichen Fristung des Lebens nötig war. Damals konnte keiner den anderen ausbeuten: der andere erzeugte keinen Überschuß. Die Menschen lernten aber, besser zu arbeiten, erzeugten schließlich mehr, als zur unmittelbaren Lebenserhaltung nötig war.

Alsbald begann der Kampf um die Aneignung dieses Überschusses, Das Ergebnis war die Herausbildung von besitzenden, ausbeutenden und nichtbesitzenden, ausgebeuteten Klassen. Die besitzenden Klassen setzten einen Teil des angeeigneten Überschusses ein, um damit bewaffnete Organe zur Niederhaltung der Ausgebeuteten zu schaffen. Dieser "Knüppel" war der Staat.

Es ist aber möglich geworden, diese barbarische Ordnung - in der die Besitzenden, wie es Marx einmal sagte, ihren Nektar aus den Schädeln Erschlagener saugen - zu beseitigen. Die Produktivität der menschlichen Arbeit kann, in Verbindung mit dem modernen Industriesystem, so entwickelt werden, daß genug gesellschaftlicher Reichtum für die Befriedigung der Bedürfnisse aller in greifbare Nähe rückt.

Was ist dazu nötig?

Nötig ist:
- daß sich die arbeitenden Menschen in Stadt und Land zusammentun;
- daß sie im gemeinsamen Handeln stärker werden als ihre Ausbeuter und Unterdrücker;
- daß sie denen die Macht nehmen, um mittels der eigenen Arbeitermacht die Brot- und Lebensquellen (Grund und Boden, Fabriken), kurz: die Produktionsmittel, von denen das Leben des Volkes abhängt, aus privatem in Volkseigentum überführen;
- daß sie die so entstehende sozialistische Wirtschaft zur immer besseren Befriedigung der wachsenden Bedürfnisse des Volkes einsetzen.

Das ist aber erst der Anfang. Ein unerhört wichtiger Anfang. Das Recht auf Arbeit, auf Ausbildung aller Talente wird gesichert, der Boden für eine Ordnung allseitiger zwischenmenschlicher Solidarität freigelegt. Die Voraussetzungen dafür werden so durch das Handeln der arbeitenden Menschen selbst geschaffen, um die überkommene moralische und geistige Verkrüppelung zu überwinden. So befreit sich das arbeitende Volk selbst. Es macht die Erfahrung, daß es für sich selbst arbeitet und bereitet damit einer anderen Einstellung zur Arbeit den Weg. Durch Schule und Berufsausbildung (praktischer und theoretischer Art) wird eine neue Arbeiterpersönlichkeit herausgebildet, die in sich die Fähigkeiten des Hand- und Kopfarbeiters entwickelt. Zugleich werden die gesellschaftlichen Gegenkräfte, die ehemaligen Ausbeuter und Unterdrücker aus dem gesellschaftlichen Leben verdrängt.

Natürlich dauert das alles viele Jahre. Aber die Vereinigung der hier skizzierten Vorgänge bewirkt:
- daß die verschiedenen Teile des arbeitenden Volkes: Arbeiter, Bauern, Handwerker, Intellektuelle, sozial gesehen einander immer ähnlicher werden;
- daß also mit dem Verschwinden der Ausbeuterordnung die immer größere "Vereinheitlichung" der ehemaligen unteren Millionen einhergeht: der Zeitpunkt rückt heran, da es keine Klassen mehr gibt.

Das geht Hand in Hand mit einer gewaltigen Steigerung der Produktivität der Arbeit. Die arbeitenden Menschen sind auch die gebildeten Menschen, die - ohne Ausbeuter - alles, was sie selbst - mit den gewaltigen neuen Produktivkräften - erzeugen, auch selbst aneignen. Je produktiver sie arbeiten, desto besser leben sie, desto mehr können sie in der arbeitsfreien Zeit anfangen, desto mehr auch können sie die Arbeitszeit verringern. Es lohnt sich sehr, darüber mehr nachzudenken, denn so verläuft der Prozeß der Annäherung der befreiten Menschheit an die Bedingungen des Kommunismus.

Dr. Robert Steigerwald

Aus "UZ", 12. August 1977

Robert Steigerwald (1925-2016)

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Erlebte Geschichte: Berufsverbot in der Alt-BRD

Am 28. Januar 1972, vor 45 Jahren, erließen die Ministerpräsidenten der Bundesländer in Abstimmung mit Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) den sogenannten Radikalenerlaß. Mit einer "Regelanfrage" wurden 3,5 Millionen Menschen vom "Verfassungsschutz" auf politische "Zuverlässigkeit" durchleuchtet. In der Folge kam es zu 11.000 offiziellen Berufsverbotsverfahren, 2200 Disziplinarverfahren, 1250 Ablehnungen von Bewerbungen und 265 Entlassungen. Der "Radikalenerlaß" führte zum faktischen Berufsverbot für Tausende von Menschen, die als Lehrerinnen und Lehrer, in der Sozialarbeit, in der Briefzustellung, als Lokführer oder in der Rechtspflege tätig waren oder sich auf solche Berufe vorbereiteten. In der Praxis traf es vor allem Mitglieder der DKP und anderer linker Organisationen. Mit dem Kampfbegriff der "Verfassungsfeindlichkeit" wurden mißliebige und systemkritische Organisationen und Personen an den Rand der Legalität gerückt, wurde die Ausübung von Grundrechten wie der Meinungs- und Organisationsfreiheit bedroht und bestraft.

Niemand von uns dachte im Traum daran, daß uns der Verfassungsschutz bereits bespitzelte und Akten über uns anlegte.

Willi Brandt war Bundeskanzler, und wir fieberten mit, daß er ein Mißtrauensvotum im Bundestag überstand. Und dann kam wie ein Paukenschlag der von Brandt initiierte Radikalenerlaß. Von diesem Moment an waren wir plötzlich Staatsfeinde. Nachdem bereits 1956 die KPD verboten worden war, wußten wir, was das für jeden von uns bedeuten konnte. Plötzlich war unsere Unbeschwertheit, unsere Leichtigkeit verschwunden. Jede(r) mußte für sich die Frage beantworten, wie reagiere ich?

Behält die Angst die Oberhand oder ist der Wille stärker, für die eigene Überzeugung zu kämpfen und dafür unter Umständen mit Berufsverbot bestraft zu werden. Es folgte in meinem Fall, wie in Tausenden anderen Fällen, ein Anhörungsverfahren, in dem mir die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes vorgelegt wurden - ein Artikel in der Zeitung der DKP über einen Hochschulstreik, Kandidatur für den Spartakus, eine Studienreise in die DDR und die zentrale Frage, ob ich Mitglied der DKP sei. Ich habe diese Frage nicht beantwortet, da die DKP eine zugelassene Partei war und ist. Zum Glück stand mir ein Rechtsbeistand der GEW zur Seite, der mich beraten und unterstützt hat ­... Nicht nur beruflich und politisch, auch privat hatte diese Anhörung Folgen. Menschen zeigten mir ihre Solidarität, von denen ich es nie erwartet hätte. So hat sich zum Beispiel mein damaliger Schulleiter, ein SPD-Mitglied, geweigert, einen Bericht über mich für den Verfassungsschutz anzufertigen. Andere, enge Freunde und Kollegen, haben sich nicht getraut, ihren Namen unter eine Solidaritätsliste zu setzen. Die Angst vor Repressalien und das Mißtrauen hatten sich ausgebreitet. Ich erhielt anonyme Briefe, mußte Niedrigkeiten menschlichen Verhaltens erleben. Aber viel größer und bedeutender war die Solidarität vieler Kollegen, der Gewerkschaft, meiner damaligen Schüler und deren Eltern, meiner Familie, vieler Menschen, die ich vorher nicht gekannt hatte. Berufsverbotskomitees gründeten sich an meinem Wohnort, überregional und sogar in Holland, die sich mutig und mit langem Atem für mich und andere Betroffene engagierten. Bis heute bin ich all diesen Menschen dankbar. ... Mich persönlich hat das Berufsverbot am Ende gestärkt. Die Solidarität hat mir geholfen, die harten Zeiten zu meistern. Angst vor vermeintlichen Autoritäten habe ich völlig verloren, ich habe mich nie als Opfer gefühlt, denn ich bin den Weg gegangen, den ich für richtig gehalten habe ... Politische Auswirkungen haben die Berufsverbote bis heute. Wenn Kollegen aus Angst vor einem Eintrag in die Personalakte nicht an einem Streik der GEW teilnehmen, wenn gesellschaftlich wichtige Prozesse im Unterricht nicht behandelt werden etc., dann beruht dies auch darauf, daß die Angst vor Repressalien immer gegenwärtig ist.

Das Freiheitsgefühl und die Unbeschwertheit der siebziger Jahre sind bis heute verflogen. Der Traum von freien und gleichen Menschen in einer freien Gesellschaft ohne Bespitzelung ist weiter entfernt als zu meiner Studienzeit, aber er ist noch lange nicht aufgegeben.

Gretel Bühler

Aus "Blickpunkt", 2/2017, Zeitung der DKP für Mörfelden-Walldorf

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Organisiert Euch!

Was macht ein Kommunist ohne kommunistische Partei? Diese Frage habe ich mir in den letzten Wochen und Monaten sehr häufig gestellt. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, daß der Kampf gegen das kapitalistische System - egal wo - ziemlich aussichtslos ist, wenn er keine Partei hat, in der er kollektiv diskutieren und arbeiten kann. Deshalb bin ich vor kurzem in die DKP eingetreten. Dort gibt es noch viele, viele Baustellen, was die konsequente, revolutionäre und einheitliche Theorie und Praxis anbelangt. Dennoch bin ich davon überzeugt, daß diese Partei die besten Voraussetzungen für eine kommunistische Arbeit bietet.

Leider war dem nicht immer so. Als ich vor über fünf Jahren in die linke Szene in Mannheim geraten bin, hatte ich noch gänzlich andere Vorstellungen. Damals war ich in einer autonomen Gruppe aktiv, die sich anschickte, aus einem sozialen Zentrum heraus, zusammen mit Gruppen aus anderen Städten in Baden-Württemberg, die kommunistische Bewegung in Deutschland neu aufzubauen. Dabei war die DKP für uns stets ein Teil davon. Doch sahen wir aufgrund ihres Alters und ihres Zustands die Zukunft revolutionär-kommunistischer Organisierung eher in der Bewegungslinken. Anders als die meisten autonomen Gruppen in Deutschland waren wir von der marxistisch-leninistischen Ideologie überzeugt. Die Organisierung der Arbeiterklasse im Kampf gegen Imperialismus und Faschismus war unser Ziel. Dafür waren wir den Anfeindungen verschiedener Post-Antideutscher, Anarchisten und Libertärer ausgesetzt. Die Beschuldigungen reichten vom "regressiven" Antikapitalismus (der angeblichen Einteilung in schaffendes und raffendes Kapital) bis hin zum Antisemitismus. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln sei nie das Problem im Kapitalismus gewesen. Wertkritik heiße das Stichwort. Klassen gäbe es nicht mehr, v. a. nicht mehr die Arbeiterklasse als objektiv revolutionäre Klasse. Damit hatten wir uns auseinanderzusetzen.

Unsere Haupttätigkeit bestand daher in der typischen Szene-Arbeit: Reisen zu Groß-Events, um dort im Wirrwarr der außerparlamentarischen linksradikalen Bewegung kommunistische Positionen zu vertreten, Szenestreitereien in diversen Internetforen und das Wirken im sozialen Zentrum. Leider beschränkte sich unser gesamtes Handeln darauf. Die tatsächliche Organisierung der Arbeiterklasse konnten wir so nicht schaffen. Die linke Szene ist trotz ihrer scheinbaren Gruppenvielfalt gesamtgesellschaftlich völlig marginalisiert. Die meisten Aktivisten sind Studenten aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, die teilweise völlig reaktionäre und dogmatische Ansichten vertreten. Noch viel wichtiger ist, daß das Leben der allermeisten Arbeiter dort nicht stattfindet. Will man diese erreichen und ihr Klassenbewußtsein wecken, muß man in den Stadtteilen, Betrieben und Gewerkschaften aktiv und mit ihnen zusammen für die eigenen Klasseninteressen eintreten. Es reicht bei weitem nicht, im Glauben, "die Sache der Arbeiter" richtig zu vertreten, auf dieser oder jener Demonstration die rote Fahne hochzuhalten.

Somit mußten wir erkennen, daß unsere politische Arbeit zum Scheitern verurteilt war. Nach langen Diskussionen fanden einige Genossen (darunter auch ich) den Weg in die DKP. Dort widmen wir uns der Stärkung und dem Aufbau der Partei und des Jugendverbands SDAJ. Es wäre sehr wünschenswert, wenn noch viele andere Genossen diesen Schritt aus der linken Szene heraus machen würden. Als Kommunist, der unsere Ideale verwirklichen will, muß man sich der Kommunistischen Partei anschließen. Daran führt kein Weg vorbei.

Florian Adler

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Werner Kropf - unermüdlich im Einsatz für Flüchtlinge

Zu dem in der März-Ausgabe veröffentlichten offenen Brief an Ministerpräsident Haseloff erhielten wir mehrere Anfragen nach Einzelheiten des Engagements von Werner Kropf. Im folgenden Auszüge aus der Begründung für den Integrationspreis, der ihm verliehen werden sollte:

Im August 2015 luden die Kreisverwaltung Halberstadt und Netzwerk "Integration" zu einer Veranstaltung ein. Dabei wurde um Unterstützung bei der Arbeit mit Asylsuchenden geworben. Mehrere Mitglieder des WIN (Wernigeröder interkulturelles Netzwerk), zwei davon mit Arabisch-Sprachkenntnissen, wie Werner Kropf, nahmen sofort Unterstützungsarbeit in der Zentralen Aufnahmestelle (ZAST) in der Kreisstadt Halberstadt auf.

Werner Kropf half wöchentlich an mehreren Tagen vor Ort mit Sozialarbeitern der Diakonie, Arzt, Polizei, Wachdienst, BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge), Jugendamt, Ausländeramt, Transferstelle, Psychologischen Diensten, usw. Gespräche zu führen und Regelungen im Interesse der Flüchtlinge und der Behörden zu finden und zwar sowohl in der ZAST wie auch bei den Halberstädter Behörden. Nur zwei oder drei arabisch sprechende Mitarbeiter standen stundenweise für manchmal über 3000 Flüchtlinge pro Tag zur Verfügung. Der Unterstützungsbedarf war gewaltig. Von unterschiedlichen Behörden wurde er oft telefonisch angefordert.

Werner Kropf fuhr mehrfach in der Woche auf eigene Kosten von Wernigerode nach Halberstadt und zu den verschiedenen Behörden, wobei er auf eigenes Risiko auch Flüchtlinge beförderte. Er bezahlte in dringenden Fällen privat für Flüchtlinge Kosten für Essen, Medikamente usw. Zwangsläufig erreichten ihn auch in seiner Freizeit viele Anrufe von Flüchtlingen, die nach dem Transfer in Unterkünfte im ganzen Land Probleme hatten.

Inzwischen wohnen etliche der betreuten Flüchtlinge in Wernigerode. Werner Kropf begleitet die Flüchtlinge in Wernigerode und Halberstadt zu den Behörden, wie Einwohnermeldeamt und Koba, Ausländeramt, zu Krankenkassen, Banken, privaten Vermietern, Wohnungsbaugesellschaften, Dolmetschern, Sportvereinen, Ärzten, Zahnarzt, Optiker, Kirchen, Schulbehörden, Gebrauchtmöbelhändler, Kreismusikschule, Bildungsinstituten für Integrationskurse, zum "Café International", zu Kirchenveranstaltungen, zum internationalen Frauen-Sprachcafé.

W. Kropf besorgt Umzugsfahrzeuge, organisiert Umzüge und fährt die Umzugsfahrzeuge. Er fuhr privat Flüchtlinge aus Wernigerode zum Landkreis nach Sangerhausen, um dort Behördenvorgänge zu klären. Im Zeichen der Familienzusammenführung holte Herr Kropf sogar die Eltern eines Musikers vom Flughafen Berlin ab.

Herr Kropf lud Flüchtlinge in sein Haus zum Essen ein, zeigte ihnen die Stadt Wernigerode und organisierte privat Fahrten zu Sehenswürdigkeiten im Landkreis.

W. Kropf hilft bei der Beschaffung von Urkunden, stellt mit Flüchtlingen zusammen bei der deutschen Botschaft Anträge auf Familienzusammenführung und verlieh auf Anfrage privat Geld für die Übersetzung von Dokumenten, dringende Anschaffungen, Familienzusammenführungskosten.

Die syrischen Musiker werden immer wieder gebeten, bei verschiedenen Veranstaltungen zu spielen. In Benneckenstein, bei den Neinstedter Anstalten, bei Kirchenveranstaltungen, einer kirchlichen Jugendfreizeit und bei einer Kundgebung gegen die Identitäre Bewegung sind sie aufgetreten. W. Kropf begleitet und unterstützt sprachlich bei den meisten Veranstaltungen.

Etlichen Flüchtlingen verschaffte er Arbeitsstellen, beispielsweise bei einem Autohaus, Frisören, bei einem Hotel.

Über Monate hat Herr Kropf täglich vier bis sieben Stunden für Flüchtlingsarbeit aufgebracht. Sein Einsatz war und ist enorm und nicht hoch genug einzuschätzen. Den Flüchtlingen hilft er, eine neue Heimat aufzubauen, und den Behörden und der Bevölkerung, die neuen Bürger zu integrieren.

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Nationalismus
von Wolf D. Hartmann

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Hätte der Sozialismus reformiert werden können?

Bei Daniela Dahn lese ich, daß bei einer Meinungsumfrage Ende November 1989 immer noch 86 Prozent für "den Weg eines besseren, reformierten Sozialismus" waren, nur fünf Prozent wollten einen "kapitalistischen Weg", neun Prozent einen "anderen Weg". (Aus: "Wir bleiben hier oder Wem gehört der Osten?", Reinbek 1994)

Sollte ein solcher "besserer, reformierter Sozialismus" absolut nicht möglich gewesen sein?

Die Zuversicht bei den genannten 86 Prozent auf einen solchen Sozialismus hatte doch eine sehr solide Grundlage. Das waren die tatsächlichen Lebenserfahrungen, die diese Menschen in unserem Land sammeln konnten: die relativ hohe soziale Sicherheit und Gerechtigkeit, die guten Bildungschancen für jedermann, die Frauen-, Familien- und Kinderfreundlichkeit, keine Arbeits- und Obdachlosigkeit usw. Das war den Menschen damals noch sehr nahe, und darauf wollten sie möglichst nicht verzichten.

Ich möchte noch andere Fakten hinzufügen, die den einzelnen nicht so unmittelbar berührt haben, aber doch zum Wesen unseres Lebens gehörten, nämlich daß keine Finanz-, Immobilien- oder Bankenkrisen unser Land erschütterten (zumindest keine selbstverursachten), daß keine auswärtigen Kriegseinsätze unserer Soldaten zu befürchten waren, daß auch abgelegenere Landstriche Entwicklungsperspektiven hatten, eine ausgesprochen hohe internationale Wertschätzung der DDR und anderes mehr. Das sind für mich die eigentlichen Merkmale einer sozialistischen Gesellschaft, eben des "Systems Sozialismus". Wir haben mit den bescheidenen materiellen Möglichkeiten, mit denen wir zurechtkommen mußten, den Bürgern trotz allem eine Lebensqualität geboten, die in vielen Bereichen in der so reichen Bundesrepublik heute und voraussichtlich auch künftig nicht erreicht werden kann.

Ist es wirklich nicht wert zu hinterfragen, wie wir das schaffen konnten? Die wesentlichsten Grundlagen waren: Bodenreform; Überführung der entscheidenden Produktionsmittel in Volkseigentum bzw. sozialistische Genossenschaften; Einführung einer umfassenden Planwirtschaft wie überhaupt eine bewußte, auf das Wohl der Menschen gerichtete Gestaltung aller Lebensbereiche. Das sind meiner Meinung nach - vereinfacht zusammengefaßt - die grundlegenden Elemente jeglichen sozialistischen Gesellschaftsmodells, das sich in unserem Leben bereits begonnen hatte, zu bewähren. Vor allem scheint mir wichtig, daß wir damit bewiesen haben, daß die kapitalistische Anarchie mit ihren verheerenden Auswirkungen einer Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich bis hin zu Krisen und Kriegen überwunden werden kann.

Allerdings, und das war unser Problem, muß man eine solche Grundstruktur täglich neu mit Leben füllen. Ein stabiles Fundament zu haben, reicht allein nicht aus; es kommt auf das Haus an, das darauf errichtet werden soll. Es hätte eine ständige Vervollkommnung und Weiterentwicklung des Umgangs mit diesen geschaffenen Grundstrukturen geben müssen, was aber weitgehend unterblieb. Die Möglichkeiten, die wir in den ersten 20 Jahren geschaffen hatten, haben wir vor allem in den darauffolgenden Jahren schlecht genutzt und damit letztlich zu unserem Untergang selbst beigetragen.

Die Frage ist für mich nur, ob die erheblichen Defizite, zu denen ich mich ja auch bekenne, unabwendbar waren, sozusagen aus dem Wesen des Sozialismus heraus zwangsläufig auftreten mußten (etwa so, wie im Kapitalismus Krisen und Arbeitslosigkeit unabwendbar sind), oder ob sie vermeidbar gewesen wären, wenn man rechtzeitig - und nicht erst, wenn "das Kind in den Brunnen gefallen ist" - entsprechende Reformen in Angriff genommen hätte. Meines Erachtens lag das Problem nicht an der "objektiven" Nichtreformierbarkeit des DDR-Sozialismus, sondern eindeutig an der Reformunfähigkeit und -unwilligkeit der damaligen Führungskräfte. Ich will das am Beispiel des "Neuen Ökonomischen Systems" (NÖS) darstellen.

Dieses Konzept einer wesentlichen Reformierung des zentralistischen, administrativen Planungssystem (was anfangs durchaus notwendig und erfolgreich war), wurde auf Beschluß der damaligen Parteiführung unter Walter Ulbricht von Wissenschaftlern, Wirtschaftsfunktionären und - praktikern ausgearbeitet und mit beginnenden Erfolgen umgesetzt. Dieser Reformwille und demokratische Denkansatz ging vor allem in Richtung Stärkung der Rechte und Verantwortung der dezentralen Wirtschaftseinheiten. Dazu sollten verstärkt die Wertkategorien genutzt, sozusagen die Marktwirtschaft unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden. Von besonderer Bedeutung war, daß die Dominanz der zentralen staatlichen Planung nicht in Frage gestellt wurde. Ihre Aufgaben sollten sich auf die bewußte Beherrschung der gesellschaftlichen Gesamtzusammenhänge konzentrieren. Dazu sollten verstärkt die Wertkategorien genutzt, sozusagen die Marktwirtschaft unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden.

Auch wenn dieses Konzept noch nicht perfekt war, wesentlich ist für mich vor allem, daß überhaupt die Bereitschaft zur Weiterentwicklung unseres Planungs- und Leitungssystems vorhanden und die Denkrichtung auf eine Demokratisierung der Wirtschaft gerichtet war. Aber bereits schon kurz nach Inkraftsetzung erster Elemente dieser Reform begann deren systematische Demontage. Konservative Kräfte in der Parteiführung haben diesen Ansatz letztlich zu Fall gebracht. Die Gründe dafür liegen in einer ideologischen Borniertheit, einem politischen Dogmatismus, einer Furcht vor Machtverlust - aber auch (nicht ganz unberechtigt) vor einer eventuellen Restaurierung marktwirtschaftlich-kapitalistischer Verhältnisse.

Der Sozialismus in der DDR ist nicht gescheitert an der Planwirtschaft und nicht am Volkseigentum an sich, auch nicht an der "führenden Rolle der Partei", sondern an der völlig unzureichenden Nutzung und Weiterentwicklung der auf dieser Grundlage geschaffenen Möglichkeiten. Wenn es also darum geht, das Wirtschaftsund Gesellschaftsmodell einer sozialistischen Zukunft zu konzipieren, muß man m. E. an den genannten Grundelementen anknüpfen, diese aber doch deutlich anders ausgestalten, als wir es damals getan haben.

Dr. Peter Elz

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Margot Honecker zum 90. Geburtstag

Ich begegnete Margot Honecker seit 1955 aus dienstlichen Gründen jährlich mindestens einmal.

1955 begann ich meine Arbeit am Pädagogischen Institut "Karl Friedrich Wilhelm Wander" mit dem Auftrag, gemeinsam mit anderen eine Pädagogische Hochschule aufzubauen. Margot Honecker war als Mitglied des ZK für die Grundorganisation der SED des Instituts zuständig.

Von 1963 bis 1989 war sie als Ministerin unsere Vorgesetzte, welche die Lehrerbildungseinrichtung - ab 1968 Pädagogische Hochschule - als ihr Lieblingskind betrachtete. Kongresse der UNESCO, internationale Tagungen, Besuche von Experten (auch aus den USA und Finnland) zeugten vom Ruf der Hochschule.

Margot Honecker (17.4.1927 - 6.5.2016) war eine kluge und charmante Frau. Die Mitarbeiter der Hochschule haben sie als kompetente, freundliche Kollegin kennengelernt, die in Sachsen keine Nachahmer fand. Zu ihren Leistungen zählt die Einrichtung und Förderung der polytechnischen Oberschule, die auch Joachim Gauck und Angela Merkel absolviert haben - anscheinend ohne geistigen Schaden zu nehmen.

In Dresden waren es schon 1976 rund 92 % aller Kinder, welche die Oberschule besuchten. 79 % der Schüler der Klassen 9 und 10 erhielten einen Ausbildungsplatz in der Produktion. Von 1971 bis 1975 entstanden hier 21 neue Schulen, drei wurden erweitert.

Der Schaffung von Kindergärten galt ihre besondere Aufmerksamkeit, damit alle Kinder, deren Eltern es wünschten, ein Platz zur Verfügung gestellt werden konnte. Keine Dresdner Tageszeitung hat je das Wirken Margot Honeckers für die Schulen, Kindergärten und Heime in der Elbe-Metropole gewürdigt. Obwohl die Bibel rät, alles zu prüfen und das Gute zu behalten, tat die christlich-abendländische Regierung Kurt Biedenkopfs mit dem Katholiken Professor Dr. Meyer als Minister das Gegenteil. Der moderne Komplex der Pädagogischen Hochschule wurde zerstört, ohne die planmäßige Lehrerausbildung weiterhin zu sichern. Das Chaos von heute, das u. a. dadurch verursacht wird, daß der Finanzminister das letzte Wort hat und der ermittelte Bedarf keine Rolle mehr spielt, war vor 1990 undenkbar.

Prof. Dr. Horst Schneider

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Gerhard Bondzin (1930 - 2014)

Gerhard Bondzin, geboren in Mohrungen. 1945 Flucht nach Berlin, dann nach Thüringen. 1946-1948 Besuch der Fachschule für angewandte Kunst in Sonneberg, Ausbildung als Kerammodelleur. 1948-1951 Studium an der Hochschule für Baukunst und bildende Kunst in Weimar. 1951-1953 Fortsetzung des Studiums an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden bei den Professoren Fritz Dähn und Rudolf Bergander. 1953-1954 Assistent, dann Aspirant und Oberassistent, 1962-1965 Dozent an der Dresdner Hochschule. 1965 Berufung zum Professor für Malerei und Wahl zum Rektor der Hochschule. Studienreisen 1957 und 1959 in die Sowjetunion, 1962 nach Vietnam, 1964 nach Bulgarien, 1967 nach Sibirien.

Ausstellungen: in Dresden, Berlin, Karl-Marx-Stadt, Erfurt, Rostock, Stockholm, Oslo, Helsinki, Moskau, in Indien und Algerien.

Die untenstehende Abbildung zeigt Bondzins Wandbild "Der Weg der roten Fahne" (1969) am Dresdner Kulturpalast, das kürzlich restauriert wurde.


Die nicht im Schattenblick veröffentlichten Abbildungen sind zu finden unter:

http://www.rotfuchs.net/rotfuchs-lesen/gerhard-bondzin-1930-2014.html

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Ich leb so gern - Ein Friedensbuch für Kinder
Ein Gespräch mit Peter Abraham von Silke Irrgang

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Große Freude!

Die sogenannte Wende war für mich als DDR-Bürgerin weder eine friedliche Revolution noch eine positive Neuerung. Sie war ein Reinfall, ein Rückfall in alte Verhältnisse. Viele Menschen stürzten in ein bodenloses Loch. Niemand weiß, wie viele sich nicht mehr daraus befreien konnten.

Bis heute hält die Hetzjagd gegen alles, was nach DDR riecht, in einem Ausmaß an, als würde der sozialistische deutsche Staat immer noch existieren.

1985 war ich nach Marzahn gegangen, um im späteren Stadtbezirk Hellersdorf eine neue Schule aufzubauen. Wenige Lehrer mit Berufserfahrung und viele junge Absolventen standen mir zur Seite. Bei der Eröffnung hatten wir etwa dreißig Schüler, verteilt auf zehn Klassen. Mit jedem anrückenden Möbelwagen wuchs die Zahl der Kinder, bald war die Schule bis zum Rand ausgelastet. Wir hatten Erfolg, kämpften um den Namen des Cottbuser Malers Carl Blechen, wurden Kollektiv der sozialistischen Arbeit. Das Ministerium für Volksbildung dankte mir mit einer Reise nach Zypern.

Und dann der Bruch! Mit weichen Knien trat ich nach dem "Mauerfall" vor meine Lehrer: "Wollt Ihr mit mir weiterarbeiten, oder soll ich gehen?" "Bitte bleib, ich kann und will mir keine andere Direktorin für uns vorstellen!", sagte ausgerechnet Angela, deren Ehemann ihr geraten hatte: "Jetzt mußt Du zugreifen, übernimm die Leitung, solch günstige Gelegenheit kommt nicht wieder!" So mancher, aus welcher Himmelsrichtung auch immer, nutzte die Gelegenheit zum Karrieresprung.

Wir aber, mein Mann Peter, der auch eine Hellersdorfer Schule leitete, und ich ließen Eltern und Lehrer entscheiden und blieben im Amt in einer Zeit, in der sich viele Kollegien von ihren Direktoren trennten.

Ein Jahr später fanden in Berlin Wahlen statt. Eine der ersten Handlungen des neuen CDU-geführten Senats war es, alle Direktoren aus DDR-Zeiten ohne Einzelfallprüfung aus der Funktion zu entlassen.

Der breit behäbige Stadtrat für Bildung und Kultur, in der DDR staatstreues LDPD-Mitglied - mitsamt seiner Partei flugs gewendet und zur FDP gewechselt -, bestellte uns ein und meinte bei dem Rausschmiß, wir könnten uns für das Amt neu bewerben. Er machte aber auch klar, selbst bei Zustimmung aller Wahlberechtigten der Schule würde sich der Senat ein Vetorecht vorbehalten. Was für eine Scheindemokratie! Damit war der Fall für meinen Mann und mich erledigt. Im Gegensatz zum Freistaat Sachsen, der schon ein Jahr zuvor alle Direktoren aus dem Schuldienst entlassen hatte, gestattete man uns, als Lehrkraft weiterzuarbeiten, nicht ohne demütigende Prüfung durch einen Westberliner Schulinspektor. Meine Schüler waren verwundert, reagierten empört.

Ich wurde dann aber doch für "würdig" befunden, als Lehrer arbeiten zu dürfen, selbstverständlich mit eingeschränktem Gehalt. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Und wieder gab es Wahlen in Berlin. Peter kandidierte für die PDS, die in Hellersdorf stärkste Kraft wurde. Sie stellte den Bezirksbürgermeister und mehrere Stadtbezirksräte. Ironie des Schicksals oder Treppenwitz der Geschichte: Unser breit behäbiger FDP-Rausschmeißer mußte seinen Stuhl für meinen Peter, den neuen PDS-Stadtrat für Bildung und Kultur, räumen. Große Freude!

Tage-, wochenlang ging ich innerlich lächelnd durch die Straßen. Daran konnte auch der Versuch des Senats, meinen Mann mit der "Stasi"-Keule wieder aus dem Amt zu entfernen, nichts ändern. Die Sache ging vor Gericht, erfolgreich für uns.

Neuerlicher Triumph! Dieser trug Früchte, nicht wenige Leute holten sich Rat bei uns, faßten Mut und begannen sich zu wehren.

Edda Winkel

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Als Bücher noch bezahlbar waren
von Christa Liro

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Elfriede Brüning - ein Leben für die Frauenrechte

Die Publizistin und Sozialwissenschaftlerin Sabine Kebir hat den Lebensweg einer Frau beschrieben, die über viele Jahrzehnte für die gerechte Teilhabe der Frauen in der Gesellschaft gestritten hat: Elfriede Brüning, Schriftstellerin und Journalistin, begann ihre Laufbahn als politisch engagierte Autorin 1930 und riskierte ihr Leben im antifaschistischen Widerstandskampf. In der DDR erlebte sie ihre fruchtbarsten Schaffensjahre, wurde zur kraftvollen Stimme der Frauen im großen geschichtlichen Aufbruch ab den 50er Jahren. Ihre Bücher und journalistischen Beiträge regten zu heißen Diskussionen an. Denn was die Elfriede Brüning schrieb, war aus eigener lebensweltlicher Erfahrung geschöpft - als Werktätige, als Reporterin in Betrieben, Dorfbibliotheken, Fürsorge-Einrichtungen oder Jugendheimen, als Ehefrau und Partnerin, als alleinerziehende Mutter und Großmutter. Ihre Arbeit war von revolutionärer Ungeduld geprägt. Das fakten- und zitatenreiche Sachbuch von Sabine Kebir würdigt das Werk von Elfriede Brüning auf eine spannend erzählende, gleichwohl anspruchsvolle Weise.

Sind Frauenquoten, Diskriminierungsverbot, Väter- und Mütter-Erziehungszeiten einer Bundesregierung mit zum Teil weiblichem Führungspersonal zugute zu halten? Und helfen diese zweifellos wichtigen emanzipatorischen Fortschritte den alleinerziehenden, auf "Leistungsbezug", in Mini- oder Teilzeitjobs an den Rand gedrängten Frauen? Beides nein, weil völlig ungenügend, wissen nicht nur Sozialisten und Kommunisten. Hunderttausende Frauen und Mütter erfahren es tagtäglich bei Bittgesuchen auf Ämtern und Behörden, in den etablierten Machtzentren von Wirtschaft und Verwaltung, in der kapitalistisch deformierten Alltagswelt schlechthin.

Und ein unbefangener Leser, eine vorurteilsfreie Leserin kann es aus dem Sachbuch der Sabine Kebir erfahren - auf die denkbar überzeugendste Weise! Der Untertitel "Selbstverwirklichung im Alltag" nennt das Thema, auf das es der Autorin ankommt.

In ihrer Brüning-Biographie befolgt Kebir nicht allein die strengen Regeln einer wissenschaftlichen Publikation, sondern sie gestaltet über alle 900 Seiten eine flüssig lesbare, spannend erzählte Geschichte. Ein langes und kämpferisch erfülltes Frauenleben entfaltet sich. Das erste Fünftel (vom Gesamtumfang des Buches) ist auf die junge Brüning bezogen, die sich im kapitalistischen Alltag zwischen 1910 und 1945 behauptete. "Eine junge Publizistin tritt hervor (1910-1931)", "Kunst als Waffe (1930-1933)", "Doppelleben unterm Hakenkreuz (1933-1935)" und "Überleben unterm Hakenkreuz" lauten die Kapitelüberschriften. 1932 hatte sie ihren ersten Roman geschrieben, der dann bei Ausbruch der Naziherrschaft nicht erscheinen konnte: "Handwerk hat goldenen Boden" (s. a. "RotFuchs" Nr. 187). Elfriede Brüning, Kurier im antifaschistischen Widerstand, kam mit Glück aus faschistischer Gefängnishaft frei, konnte dann in der inneren Emigration und im Schutz einer Vernunftehe der fortwährenden Lebensgefahr entrinnen. "Und außerdem ist Sommer" heißt ihr während der Haft entstandener Roman. Selbst in der 1934 erschienenen, scheinbar harmlos dahergeplauderten Liebesgeschichte handelt kein Weibchen, sondern eine selbstbewußt auftretende Heldin.

Sabine Kebir macht auch im übrigen Teil ihrer Arbeit, der die Jahre ab 1945 in der SBZ, der DDR und zuletzt im "Beitrittsgebiet" beinhaltet, markante Werke zu themensetzenden Schwerpunkten. Denn Elfriede Brüning hat ihre Lebensstationen literarisch und journalistisch-publizistisch verarbeitet: das abhängige Dasein als junge Mutter auf dem schwiegerelterlichen Landgut ebenso wie die Erfahrungen als Alleinerziehende im sowjetischen Sektor von Berlin vor 1961, als Journalistin in der SBZ, später Scheidung, Liebesbeziehungen, Reportage-Tätigkeit, Freundschaften, Sorge um die heranwachsende und erwachsene Tochter. Immer wieder betrat die Autorin bewußt auch Konfliktfelder. Sie widersprach leitenden Funktionären, die meinten, es sei nach der Durchsetzung sozialistischer Eigentumsverhältnisse und unter Gesetzesparagraphen bereits alles in Ordnung mit den Frauenrechten. Elfriede Brüning schrieb an gegen sexuelle Prüderie und gegen verbreitetes männliches Dominanzgebaren bei sozialistischen Verantwortungsträgern und Leitern, sie wies hin auf die dauerhaft schmerzhafte Spannung zwischen dem Recht der Mütter auf berufliche Selbstverwirklichung einerseits und dem Recht der Kinder auf elterliche Zuwendung andererseits, und sie griff unerschrocken nach heißen Eisen wie Heimerziehung oder jugendliche Asozialität. Sie wußte, daß sozialistische, familienfreundliche Gesetze eine notwendige Bedingung, aber noch kein Garant zur Selbstverwirklichung der Frauen im Alltag sind. Und sie hat als streitbare Sozialistin daraus ihre Konsequenz gezogen. Die unvollständige Aufzählung von Kapitel- und Abschnittsüberschriften gewährt Einblick: "Loyale Genossin - unbequeme Autorin (1955-1959)", "Brünings Bücher - Ärgernis und Mangelware", "Asozialität: Als Reporterin einer scheiternden Utopie auf der Spur (1965-1969)", "Frauenerwerbsarbeit und familiäre Risiken (1970-1978)", "Generationskonflikte: Die Selbstverwirklichung der Großmutter (1974-1986)".

Beispielhaft sei Kebirs Darstellung der Rezeptionsgeschichte von Brünings Roman "Regine Haberkorn" erwähnt. Die Heldin, Arbeiterin in einem sozialistischen Betrieb, will ihren Anspruch einlösen: Freude und Erfüllung in der Arbeit und in der Ehe, eine gute Mutter sein und Anerkennung im Kreis der Kolleginnen und Kollegen im Produktionsbetrieb bekommen. Regine Haberkorn stößt an Grenzen, aber weicht der Konfrontation mit Ehemann, Abteilungsleiter und Kolleginnen nicht aus.

Tausende Leserinnen der "Tribüne" (dort zuerst 1955 als Fortsetzungsroman veröffentlicht) erkannten sich in "Regine Haberkorn" wieder, äußerten sich in Leserbriefen und luden sie zu Diskussionsabenden ein. Anders die offizielle Kulturpolitik. Ein wiederkehrender Hauptvorwurf lautete, "der Bewußtseinsstand der (...) Werktätigen (sei) nicht richtig dargestellt (...)", und abgewertet als "kleinbürgerlich" nahm Elfriede Brüning jahrelange Benachteiligungen bei Veröffentlichungen, Neuauflagen oder auch Preisen und Ehrungen hin.

Als ab 1990 im "Beitrittsgebiet" viele der frauenrechtlichen Errungenschaften zusammen mit den volkseigenen Betrieben abgewickelt wurden und die Sieger bald darauf zu Diffamierung und Rufmord übergingen, trat die bereits über 80jährige Elfriede Brüning mutig dagegen auf. Sabine Kebir überschreibt ihre entsprechenden Textabschnitte: "Reportagen über 'Zwangsadoptionen': Kinder im Kreidekreis", "Die DDR verlassen zu wollen, rechtfertigt das alles?", "Zwangsadoptionen im Westen" oder "Doppelte Maßstäbe der Medien".

Im August 2014 starb Elfriede Brüning hochbetagt, und viele ihrer Zeitgenossinnen und Wegbegleiter mögen sich eindrucksvoller Begegnungen mit der Schriftstellerin gut erinnern. Denn: "Auch im letzten Jahr ihres Lebens absolvierte sie noch Interviews und Lesungen (...) Die Zuhörer - keineswegs ausschließlich weiblich - begriffen, daß sie ein Monument vor sich hatten, eine unbeugsame Frau, die fast ein Jahrhundert lang unbeirrt für Emanzipation eingetreten war." Dieser vorletzte Satz des Buches resümiert, was die Autorin Sabine Kebir über die 18 Kapitel hat lebendig werden lassen.

Marianne Walz

Sabine Kebir: Frauen ohne Männer? Selbstverwirklichung im Alltag. Elfriede Brüning (1910-2014). Leben und Werk. Aisthesis-Verlag, Bielefeld 2016, 954 S., 34,95 EUR

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Stimmen aus aller Welt über die DDR

Solange der sozialistische deutsche Staat, die DDR, existierte, haben sich immer wieder Persönlichkeiten aus der ganzen Welt bei oder nach Besuchen über die DDR geäußert. Zum 30. Jahrestag am 7. Oktober 1979 hat die Auslandspresseagentur Panorama DDR über hundert solcher Stellungnahmen in einem Buch vereint. Entstanden ist so ein Mosaik persönlicher Erfahrungen und Erkenntnisse, die jeweils ein Stück gesellschaftlicher Wirklichkeit widerspiegeln. Stellvertretend für die anderen veröffentlichen wir hier einige dieser Äußerungen; Älteren zur Erinnerung, Jüngeren zur Verdeutlichung dessen, was die DDR für die Welt - und für uns - war.


Prof. D. Christian G. Baeta

Mitglied der Afrikanischen Christlichen Kirchenkonferenz, Ehrenpräsident der Freundschaftsgesellschaft Ghana-DDR

Einer freundschaftlichen Einladung der Evangelischen Kirche der Union (Bereich DDR) folgend, machte ich im Februar 1978 wieder eine Reise durch die DDR. Als Mitglied des Kuratoriums des Prediger-Seminars zu Wittenberg seit dem Jahre 1973 war es immer mein Wunsch, einmal leibhaftig einer Sitzung dieses Gremiums beizuwohnen.

Nach den Kuratoriumssitzungen in Wittenberg reiste ich über Naumburg, Leipzig, Görlitz (mit Abstecher nach Herrnhut) und Magdeburg zurück nach Berlin. An jedem dieser Orte sprach ich mehrmals zu Pastoren und anderen kirchlichen Mitarbeitern, zu Hochschullehrern und Studenten sowie Mitgliedern katechetischer Seminare und vor allem auch zu Gemeindegliedern.

Am ersten Sonntag meiner Besuchszeit hielt ich die Predigt im Morgengottesdienst im Prediger-Seminar Wittenberg, zu dem auch viele Stadtbewohner kamen; am zweiten Sonntag predigte ich ebenfalls in einem musikalisch schön ausgestatteten Morgengottesdienst im Dom zu Magdeburg. Alle die Veranstaltungen waren auffallend gut besucht. Die Predigten ausgenommen, gab es nach meiner Ansprache jeweils eine Diskussion, welche fast immer die dafür vorgesehene Zeit weit überschritt.

Meine Zuhörer waren mir gegenüber so gütig und aufgeschlossen, daß es wenig brauchte, um mit ihnen in einen regen und ersprießlichen Kontakt und Austausch zu kommen.

Obwohl es draußen eisig kalt war - die Temperatur weit unter Null, und ich war doch bei 35 Grad Celsius von zu Hause abgereist! -, war ich in den Versammlungen und bei meinen Gastgebern durchweg recht wohlgemut, fühlte mich warm, gut aufgehoben und im Frieden. Nach meiner Ansicht ist das ökumenische Verantwortungsgefühl der Christen in der DDR erstaunlich hoch. In Magdeburg war es mir eine besondere Freude, von Geistlichen des Doms eine Maske des Heiligen Mauritius, abgenommen vom ältesten Steinabbild eines afrikanischen Gesichtes im europäischen Raum, als Geschenk zu erhalten.

Nach wie vor bin ich der festen Überzeugung, daß unser Land Ghana sehr viel von der DDR lernen kann und soll. Dieser gewaltige Versuch, durch die Zusammenarbeit von Menschen verschiedener Glaubensmeinungen ein gerechteres Gemeinwesen aufzurichten, ist ein Vorbild, das auch uns zu erfreulichem Nutzen verhelfen kann. Zum 30. Jahrestag der DDR möchte ich allen meinen Freunden und Bekannten meine aufrichtigen Glückwünsche entbieten.


Mia Couto

Direktor der Nationalen Nachrichtenagentur der Volksrepublik Moçambique

Zusammen mit weiteren vier Journalisten aus Moçambique besuchte ich auf Einladung der Nachrichtenagentur ADN für einen Monat die Deutsche Demokratische Republik. Für uns alle war es der erste Kontakt mit einem sozialistischen Land. Uns verband das gleiche Gefühl der Erwartung und Neugier, die Welt des Sozialismus kennenzulernen, dessen Errichtung in unserem Land zum Ziel erklärt wurde und bereits begonnen hat.

Die ersten Begegnungen mit der Realität der DDR waren für uns eine Überraschung. Wer in einem Land lebt, in dem der Kolonialismus den Alltag zu einem Bild des Elends gemacht hat, und eine Welt kennenlernt, in der es keine Überreste der Erniedrigung mehr gibt, glaubt einen Traum zu erleben.

Die durch den Kampf der Werktätigen unter der Führung der SED erreichten sozialen und materiellen Errungenschaften sind wirklich beachtlich. Die Errichtung des Sozialismus widerspiegelt sich im täglichen Leben der Menschen, in ihren Denk- und Verhaltensweisen. Man bemerkt rasch, daß der Fortschritt dem Wohle der Arbeiter und Bauern dient.

ADN ermöglichte uns einen inhaltsreichen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des Nachrichtenwesens. Es war für uns sehr nützlich zu erfahren, welche konkreten Verfahrensweisen angewendet werden, um das Prinzip der Planung auf dem Gebiet des Informationswesens einzuführen. Unsere Delegation besuchte Berlin und die Stadt Halle. Die gute Programmgestaltung unseres Aufenthaltes ermöglichte es uns, landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, Kindergärten, den Journalistenverband sowie Freizeit- und Kulturzentren zu besichtigen. Außerdem kamen wir mit Gewerkschaftsfunktionären und Funktionären der Schule der Solidarität für Journalisten zusammen.

Alle diese Begegnungen zeigten uns eine im Kampf gegen den Kapitalismus menschlich gewordene Gesellschaft, in der neue soziale Beziehungen entstanden sind. Man fühlt sich daher in diesem gastfreundlichen Land kaum als Fremder. Der unvergeßliche Eindruck, den wir von unserer Reise mitnahmen, bestätigte uns einmal mehr die Gewißheit, daß die sozialistische Gesellschaft eine Alternative darstellt.

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Gisela Steineckert: Hand aufs Herz

Ist der letzte Frühling tatsächlich schon ein Jahr her? Ich warne euch, liebe Mitleser. Je älter man wird, desto rascher und eiliger wird die Zeit. "Das Leben brandet, stößt mit Füßen, drängelt sich dazwischen und vor, mahnt zu Unzeiten und mit unfairen Mitteln und gewährt nur selten das Gefühl, man könne sich doch mal auf die Gartenbank setzen." ("RotFuchs", April 2016)

Wenn ich vor einem Jahr so empfunden und aufbegehrt habe, welchen Umfang müßten dann Unbehagen und Anmahnung jetzt haben? Was innerhalb eines Jahres an Veränderungen nicht aufzuhalten war, zeigt uns die Grenzen unserer Möglichkeiten zur Einmischung in scheinbare Freiheiten und trotz der Chancen für Wahl und Abwahl von Personen, Politikern mit jubeligem Anfang, oder abgewirtschaftet, am Ende.

Alle Hoffnung auf weltweite friedliche Verträge und Einhaltung von geäußerten Vorsätzen und, wenn auch mit geringem Erfolg, von mühseligen Absprachen, scheinen aufgekündigt. Wofür? Für mindestens konterrevolutionäre, wenn nicht kriminelle Energie hin zur ganzen Macht. Die Zeitungen sind jeden Tag voll davon. Der harte Schwenk nach rechts läßt alles auferstehn, was aus solchem Allmachtsstreben schon geworden ist.

Das Lebendige, für das doch alle Kräfte angeblich alles tun würden, um es besser zu schützen, nein, überhaupt zu schützen, scheint wieder einmal an den Rand gestellt. An welchen? An einen gefährlichen Rand. Felsrand, Rand der Erdkugel? Rand des Lebens, als wäre die Erde aus Porzellan, und jeder Idiot könnte sie zerbrechen. Ach, höre ich, das haben wir früher auch befürchtet. Darf nicht, und wird nicht sein, denn wieder, höre ich auch, regen sich allerorten die helfenden Hände, und Köpfe werden zermartert, alte Vorurteile geprüft, und was neu ist, hat bisher noch weniger Schaden anrichten können als das, was im Geschichtsbuch unter Verbrechen aufgezeichnet ist. Na ja, die neuen Mächtigen sind ja auch noch relativ neu im Amt und im Bestreben, sich auf einer schwarzen Seite im Geschichtsbuch einzutragen. Noch gedenken wir am auffälligsten der gewesenen Untaten. Es gibt ausreichend Gedenktage im Kalender. Sie werden von immer weniger Menschen beachtet - oder sind umstritten.

Das Alte ist vorbei, mit den Alten ins Gleichgewicht gebracht, abgeschafft, mit Einschränkungen oder strafender Markierung versehen. Oder wird als ruhmreich im Auge und im Hirn gehalten. Und wenn schon die Ergebnisse keinen Grund zum Feiern abgeben, so wollen wir doch den Plan, die Absicht, hoch anerkennen. Nicht bei jedem. Aber bei manchem, wo es irgendwie möglich ist, dann auch über Gebühr.

Jüngst war eine kluge Rede zu hören, die es wert ist, aufgehoben zu werden, damit man sich gelegentlich durch Nachlesen erinnern kann. Sie wurde in einer Bundesversammlung anläßlich der Verabschiedung des bisherigen Bundespräsidenten und der Wahl seines Nachfolgers gehalten, von Norbert Lammert. Das ist ein kluger und besonnener, ein gebildeter Mann, den ich zweimal bei seiner Arbeit beobachten durfte. Das war einmal sehr anregend, einmal unangenehm: als er einem Barden, der sich als neuer Ehrenbürger der Hauptstadt respektlos und unangemessen eitel im Forum der Abgeordneten laut machte, zum Dank die Hand schüttelte. Das tat auch die Bundeskanzlerin, aber sei's drum.

Als Wahlfrau für Sachsen sah ich Herrn Lammert einen Tag lang bei dem Versuch, Ordnung und Regeln gegenüber einer unordentlichen Menge im Raum durchzusetzen. Er war geduldig, taktvoll und nicht ohne hintergründigen Witz. Gegenüber sehr unterschiedlich geprägten Absichten. Von den Anwesenden wußte wahrscheinlich jeder genau, was er unbedingt wollte, und war ziemlich sicher, das mit Gleichgesinnten auch durchzusetzen. Grüne und SPD wollten Gauck als Bundespräsidenten. Wir Linken, und wohl auch andere, wollten das nicht. Mit unserer Hilfe ist er es im ersten Anlauf auch nicht geworden. Es hat erst beim zweiten Mal geklappt. Aber nun ist wieder ein neuer altbekannter Mann gewählt worden, der wird - bleibendes Unbehagen! - auch wieder ins Schloß einziehen. Und auch er wird eine eigenständige, kluge Frau mitbringen, die nicht recht weiß, was sie ab nun in einem alten Schloß soll.

Als der Neue gewählt wurde, saß Joachim Gauck im Saal, na ja, drüber, auf der Empore. Rentner nun, ein alter Mann, klapprig, mit einem vielleicht löchrigen Gedächtnis. Seine Meinung und sein Urteil über das Leben anderer sind außer Kraft gesetzt. Ich könnte mit ihm meinen Frieden machen. Als er von den Anwesenden geehrt wurde, peinlich lange, stand er da, vermutlich ehrlich gerührt und, mag sein, die Leute standen für ihn länger, als er an deren Stelle für einen wie ihn aufgestanden wäre. Er hat nicht gelebt, wie dieser Augenblick uns einreden möchte. Ich kriege das Bild eines alten, verdienstvollen Mannes nicht deutlich hin. Seine Umgänglichkeit, mit der - im nachhinein so bekämpften - Staatsmacht der DDR. Und dann der ganze Mut und die ganze Wut hinterher, gegen andere, nicht schlechter als er.

Es gelingt mir kein Einverständnis darüber, daß seine alten Privilegien weitergeführt werden. Er, der im Leben vieler anderer Menschen in untermauerter Funktion nach jedem dunklen Pünktchen geforscht hat, und dem es trotz seiner Frömmigkeit möglich war, Menschen an ehernen Urteilen zerbrechen zu sehen. Er scheint mit sich im reinen.

Was hat er gedacht, damals, als er auf dem Bahnsteig stand, um seine Söhne zu verabschieden, die er ab sofort besuchen durfte. Ein unglaubliches Privileg in der DDR. Eins, von dem ich nicht glauben kann, daß es anders als durch Leistung und Gegenleistung zur Absprache gedieh, zur Ausnahme. Es paßt nicht zu dem Mann, der eine Behörde geleitet hat, um mit Menschen, die in der DDR gelebt und gearbeitet haben, abzurechnen. Wie würde er begründen, daß er für diese Behörde einen Nachfolger durchsetzte, der als Linkenhasser bekannt ist. War er bei jenem Sturm auf die "Stasi"-Bastille Rostock lange genug mit seinen Akten allein? So erzählt man es sich.

Und da sollte ich als Wahlfrau im Bundestag einen Präsidenten wählen, dem ich niemals hätte Freund sein können. Nicht, weil er auch ein fehlbarer Mensch ist, der seine Vergangenheit vielleicht in manchem Moment anders ansieht, als er seine Zukunft sehen möchte. Ob er eins seiner Ämter jemals gesetzwidrig mißbraucht hat, weiß ich nicht. Es hat wohl auch keine strenge Suche nach solchen Anlässen gegeben. Ich habe einmal ein Foto von ihm gesehen, er spielte da wohl als junger Pfarrer mit seinem kleinen Sohn auf einer Wiese. Ein attraktiver Mann, ganz gelöst, lächelnd, liebevoll. Wäre er doch, normal alternd, so geblieben. Dann wüßte ich zwar nicht, daß meine Tochter von einem "Romeo" geheiratet wurde, der "unbedingt in die Familie wollte", aber dann hätte sie ihre "Akten" nicht gelesen, und für ihre Seelenruhe und meine Mutterliebe wäre es besser gewesen. Der hat sich beim Hahnenschrei sowieso verfatzt, und um das Leben mußten wir uns allemal selber kümmern.

Wir haben Gauck damals nicht gewählt. Deswegen geschah Unglaubliches: die Bereitschaft zu demokratischer Fairneß war vergessen, als "wir" nicht mitspielten. Einen solchen Ausbruch von Wut und nahezu kindlicher Bösartigkeit habe ich während eines offiziellen Aktes noch nie gesehen. Da streckten Politiker die Zunge raus, pfiffen auf den Fingern, und es war, wenn auch nur für Minuten, blanke Wut.

Im zweiten Anlauf hat es dann geklappt. Wer ihn beerbt, sollte sich ein ehrliches Bild seines Vorgängers vor Augen halten. Vielleicht nur, um es besser zu machen.

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LESERBRIEFE

Zum Artikel "Anmerkungen zum Lutherbild Joachim Gaucks", RF 229

Es ist gut, daß hier ein differenziertes Lutherbild angeboten wird, auch in der Auseinandersetzung mit Gauck, dessen Präsidentschaftszeit in den bürgerlichen Medien überwiegend positiv beurteilt wurde. Entweder hat der Theologe Gauck keine Ahnung, oder er verfälschte bewußt das Lutherbild, wenn er am 9. November 1999 im Bundestag behauptete, wir hier im Osten hätten vom Reformator gelernt, "ohne Gewalt mächtig zu sein". Unter dem Dach der Kirche hätte 1989 eine "friedliche Revolution" im Geiste Luthers stattgefunden. Eine Revolution war es nicht, aber friedlich sind die Ereignisse schon verlaufen. Das war aber in besonderem Maße der Politik führender Organe der DDR zu verdanken. Luther lehnte Gewalt keineswegs ab, wie seine Aufrufe zum Mord an Bauern und Juden beweisen. Seine Schrift "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" ist an Zynismus nicht zu überbieten. Interessant wird sein, wie Staat und Kirche mit Luthers Judenhaß umgehen werden, der jedes Maß überstieg, wenn er forderte, die Synagogen mit Pech und Schwefel zu verbrennen und die Juden zu töten, weil sie des Teufels seien. Mir steht Thomas Müntzer mit seiner Forderung "Die Gewalt muß gegeben werden dem gemeinen Mann" entschieden näher als Luther.
Selbstverständlich muß aber die Bedeutung des Wirkens von Martin Luther gewürdigt werden. Sie geht weit über Deutschland hinaus. Das Weltbild des katholischen Papsttums wurde erschüttert. Die Reformation gab den Anstoß für die frühbürgerliche Revolution in Deutschland, auch wenn das nicht im Sinne Luthers war.
Margot Käßmann ist zuzustimmen, wenn sie die Bibelübersetzung hervorhebt, die die größte aktuelle Bedeutung hat und eine wichtige Rolle bei der Herausbildung der deutschen Nation spielte. Wichtig war auch die von ihr genannte Glaubens- und Geistesfreiheit, wie sie Luther definierte, sein Eintreten für Schulen und sein Lebenssinn, der den Humor einschloß.
Richtig ist auch Horst Schneiders Einschätzung Gaucks, der als Leiter der nach ihm benannten Inquisitionsbehörde "das Wort Gottes aus seinem Wortschatz gestrichen" und viel Unheil angerichtet hat. Wir werden sehen, welches Lutherbild uns in der nächsten Zeit vermittelt wird.

Dr. Kurt Laser, Berlin


Vielen Dank für die vielen und soliden Beiträge in den zurückliegenden Heften. Es ist irgendwie tröstlich, Meinungen zu finden, die mit den eigenen in eine Richtung gehen und Denkanstöße geben. Zum Nachdenken hat mich auch Egon Krenz mit seiner Rede "Zu den Gründen unserer Niederlage" angeregt. Sicher hat er viele richtige und unbestreitbare Sachverhalte aufgeführt. Leider hat er nicht erklärt, wessen Niederlage er mit "unsere" meint: die SED, den Staat, den Marxismus-Leninismus oder die DDR als Gesellschaft.
In einem Punkt hat er mich gründlich enttäuscht: Es sind die anderen gewesen, die Fehler gemacht haben. Wo lagen denn die Fehler der SED-Führung bei der Führung und Organisation der Menschen in der DDR? Warum wurden die Gesellschaftswissenschaften nicht im marxistischen Sinne von der Partei- und Staatsführung genutzt? Warum durften kluge Wissenschaftler nur Siegesmeldungen und Illustrationen der Erfolge im ZK abliefern? Woraus erklärt sich das blamable Versagen fast aller Führungsebenen der SED im Jahr 1989 und in den Jahren zuvor? Es gäbe noch viele Fragen, die hier zu stellen wären, wollte man die Ursachen der Niederlage der SED und des Staates DDR analysieren.
Mir geht es nicht um Rechthaberei, aber wenn ich sehe, wie in der Partei Die Linke schon wieder Politik ohne wissenschaftliche Grundlagen gemacht und Geschichte verfälscht wird sowie personelle Fragen sich vor allem um Beschaffung von Posten drehen, fühle ich mich fatal an die Fehler SED-Politik erinnert. Die Fehler haben doch in ihrer Summe dazu geführt, daß die SED keine feste Verbindung zur Bevölkerung besaß - und heute führen sie dazu, daß Wählerstimmen fehlen.

Dr. Frank Tröger, Chemnitz


Durch die Zusammenarbeit mit Horst Jäkel wurde ich im Herbst vergangenen Jahres auf den "RotFuchs" aufmerksam. Seit November 2016 lese ich ihn regelmäßig.
Die Zeitschrift hat bei mir den "Anklang" gefunden, den ein Erzeugnis haben muß, das von mir im Abo gelesen werden will. Mit anderen Worten: Der "RotFuchs" entspricht insgesamt meinen Erwartungen. Er hebt sich wohltuend von den meisten Druckerzeugnissen ab, die in vorauseilendem Gehorsam den "Zeitgeist", nicht nur die Politik betreffend, bedienen. Es gibt viele Veröffentlichungen, die ich besonders wertschätze. Allerdings habe ich den Eindruck gewonnen, daß Artikel einzelner Autoren zu wenig oder gar keine kritischen "Töne" beinhalten, obwohl solche sicherlich angebracht wären.
So wird im Beitrag von Egon Krenz "Zu den Gründen unserer Niederlage" betont, daß der Niedergang der DDR "schon viel früher" einsetzte. Auch die Verantwortung führender Politiker der UdSSR vergißt man dabei nicht zu erwähnen. Klopft man die betreffenden Beiträge jedoch auf "früher" ab, landet man frühestens beim Jahr 1985 oder gar später. Da lag mein Heimatland doch schon "im Sterben".
Eine weitere Frage beschäftigt mich. Weshalb ließ die Sowjetunion es so weit kommen? Egon Krenz bezieht sich hier auf die Bedeutung der Arbeitsproduktivität für den Bestand der neuen Gesellschaft. Aber die Folgen einer zu geringen Arbeitsproduktivität waren doch bekannt. Hat man sie nicht ernst genug genommen? Und daß die USA sowie die anderen kapitalistischen Staaten "Kommunistenhasser" waren und alles unternahmen, um den Sozialismus vom Erdball zu vertreiben, das lernten wir schon in der Schule. Daraus mußte sich doch unsere Pflicht ableiten, dem entgegenzutreten. Taten wir das ausreichend, oder waren wir (damit meine ich die gesamte sozialistische Staatengemeinschaft) zu schwach "auf der Brust"?

Reinhardt Koblischke, Aschersleben


Anläßlich des 67. Jahrestages der Gründung des Ministeriums für Staatssicherheit am 8. Februar hat das ZDF einen ganz eigenen Beitrag zu dessen Würdigung unter das Fernsehpublikum gebracht. In der am 11. Februar ausgestrahlten Folge "Liebe und Tod" der Krimireihe "Ein starkes Team" trieften Wut und Haß auf den ersten deutschen Arbeiter-und-Bauern-Staat dermaßen stark, daß man geneigt war, eine Schüssel unter den Fernseher zu stellen. In der Fernsehzeitschrift "TV Movie" heißt es unter "Film Facts": "Angst und Schrecken. Die Stasi war das Unterdrückungs- und Überwachungsinstrument der DDR und schreckte nicht einmal vor Terror und Mord zurück."
Dieses Gegeifer der medialen Wadenbeißer ist lediglich ein Ausdruck dessen, daß wir vieles richtig gemacht haben. Und unsere Tschekisten haben oft genug durch ihren mutigen Einsatz die verbrecherischen Pläne des Klassenfeinds durchkreuzt.

Peter Krüger, Berlin


Liegt in der "wehrhaften Demokratie", die immer wieder beschworen wird, nicht ein ernsthafter Defekt, wenn zuviel geduldet, zugehört und verbreitet wird? Wird Demagogen und Autokraten in der Öffentlichkeit nicht zuviel Raum geboten? Sind öffentlich-rechtliche Multiplikatoren wie Fernsehen und Radio denn nicht in der Pflicht, erkannten und benannten rechtsradikalen Geistesrichtungen Bild und Ton zu verwehren? Diskussion und Streit ja. Leider hatte der Sozialismus davon oft zuwenig. Die Demokratie heutiger Prägung bietet dafür zwar großen Raum, es muß aber gefragt werden, wo die Grenzen zwischen politischem Disput und offenkundiger Duldung von Rechtsradikalität und mehr zu ziehen sind. Meine Erfahrungen sagen mir, genug ist genug! Sich zu erinnern und Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, ist nicht jedermanns Sache - müßte es aber zumindest für die heutigen Träger von Verantwortung sein.

Botschafter a. D. Peter Steglich, Berlin


Warum fallen mir bei dem ganzen Rummel um den neuen Kanzlerkandidaten Martin Schulz und dem Geschwafel, das er von sich gibt, solche Weisheiten ein wie: "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?" (Adenauer); "Es ist unfair, einen Politiker nach der Wahl an seine Wahlversprechen zu erinnern!" (Müntefering); "Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube." (Goethe); "Ist's Wahnsinn auch, so hat es doch Methode." (Shakespeare)
Danke für Eure Zeitschrift! Sie ist immer wieder interessant zu lesen und baut auf.

Volker Kretzschmar, Potsdam


Gesunder Menschenverstand und vernünftige Schlußfolgerungen sind Voraussetzungen einer funktionierenden Demokratie. Wählen gehen heißt nicht, voller Frust es denen da oben mal zu zeigen, wählen heißt mitentscheiden, welche Partei regieren soll. Deshalb empfehle ich allen noch Unentschlossenen, die 2017 zur Wahl gehen werden, sich auch mit dem Grundsatzprogramm der AfD zu beschäftigen und dort nach Vorschlägen für eine gerechte Gesellschaft zu suchen. Sie dürften darin keinen einzigen finden!

Stanislav Sedlacik, Weimar


Renato Lorenz kritisiert in seinem Beitrag im Dezember-RF die Linkspartei. Ohne Zweifel ist diese Kritik berechtigt. Auch mir gefällt es nicht, wie sich Die Linke manchmal verhält. Man weiß oft nicht, welche Marschrichtung diese Partei einschlägt.
In diesem Jahr sind bekanntlich Bundestagswahlen. Als Wahlkämpfer in vorderer Front hat Die Linke Dietmar Bartsch und Sarah Wagenknecht aufgestellt. Ich denke, Sarah Wagenknecht ist schon zuzutrauen, daß sie einiges bewegen kann. Leider wird sie durch ihre Partei ausgebremst. Dietmar Bartsch dagegen kommt mir so vor, als würde er Schlaftabletten nehmen. Gregor Gysi ist weitgehend aus der Schußlinie gegangen. Aber zur Bundestagswahl kann das Motto nicht heißen "Wer die Wahl hat, hat die Qual".
Es gibt keine Alternative dazu, die Linkspartei zu wählen. Der Wahl fernzubleiben, wäre das Schlechteste und würde nur den anderen Parteien helfen.

Johann Helbig, E-Mail


Mit dem Beitrag "Revierkämpfe rechtsaußen" in der "jungen Welt" vom 2. Februar kam mir spontan der Slogan "Die Rechten kommen aus dem Westen" in den Sinn. Dies ist sicher eine verkürzte Sichtweise, aber es ist auffallend, daß die Führungsriege der AfD mit westdeutschen Biographien, also einer von westlichen Werten geprägten Zeit ihrer Bildung und Sozialisation, aufwartet. Petry, Höcke, Gauland, Maier u. a. hat es, warum auch immer, in den Osten verschlagen, und hier rekrutieren sie das Personal sowie Wählerinnen und Wähler für ihre menschenverachtende Ideologie. Ein gleiches Muster finden wir beim Aufbau der NPD sowie anderer rechtsradikaler Gruppen. Letztendlich werden aber vorwiegend durch Politiker und leider auch bürgerliche Medien vor allem die Menschen und Verhältnisse im Osten für den offensichtlichen Rechtsruck von Sachsen bis Mecklenburg-Vorpommern verantwortlich gemacht. In den Betrachtungen bleibt auch völlig ausgeblendet, daß nach 1990 ein Heer von Beamten den Osten überschwemmte und die maßgeblichen Führungspositionen besetzten. Sie haben doch ihre Wertvorstellungen eingebracht, mit zum Teil drakonischen Maßnahmen (Evaluierungen, Entlassungen usw.) durchgesetzt und auch dafür gesorgt, daß personalpolitisch ein Kahlschlag in Bereichen wie Wissenschaft, Bildung, Kultur, Medien, Justiz, Polizei erfolgte. Dieser Prozeß vollzog sich auch bei den einverleibten und neu gegründeten Parteien sowie z. T. bei den Gewerkschaften.
Diese Umstände, und nicht nur die gebrochenen Biographien, waren in den vergangenen 26 Jahren für die Menschen im Osten prägend und haben wohl einige, neben den sozialpolitischen Verwerfungen, empfänglich für Petry und Konsorten gemacht. Der unerbittlich zu führende Kampf gegen rechts muß gesamtgesellschaftlich und ohne jegliche Ost-West-Ressentiments, vor allem aber ehrlich und ohne ein ideologisches Brett vor dem Kopf, ausgetragen werden. Den rechten Brandstiftern sollten die Grenzen ihres verwerflichen Handelns politisch und rechtlich deutlich und nachdrücklich aufgezeigt werden.

Raimon Brete, Chemnitz


In Ergänzung zu der von Horst Neumann im Februar-RF aufgeworfenen Frage "Ist Marx eigentlich noch aktuell?" eine kleine Episode von mir: Vor fünf Jahren haben meine Frau und ich eine "Europa-Rundreise" unternommen. Erstes Ziel war das von der Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD) betreute Karl-Marx-Haus in Trier. Während unseres Besuchs fiel uns auf, daß besonders viele chinesische Touristen da waren. Auf unsere Frage, warum gerade Chinesen, sagte die Museumsaufsicht, das sei nicht nur heute so, auch an den anderen Tagen kämen viele Gäste aus China. Anscheinend ist Karl Marx dort bekannter als hierzulande.
Wir haben viel Interessantes, aber auch mir bisher Unbekanntes über Karl Marx erfahren. Begrüßenswert wäre es, wenn es mehr Exkursionen nach Trier gäbe, was vielleicht ein Anliegen der Rosa-Luxemburg-Stiftung sein könnte. Oder zum Friedrich-Engels-Haus nach Wuppertal.
Am Ende des Rundgangs las ich: "Mit dem Zusammenbruch des Staatssozialismus in Mittel- und Osteuropa und der Transformation des asiatischen Kommunismus in halbkapitalistische Entwicklungsdiktaturen endet der Einfluß von Karl Marx nicht. Denn die Kehrseite der wirtschaftlichen Erfolge des Kapitalismus, der sich global durchgesetzt hat, sind weltweit zunehmende Arbeitslosigkeit und verschlechterte Arbeitsbedingungen, soziale Ungleichheit und fortschreitende Zerstörung der natürlichen Umwelt. Angesichts der sich auftürmenden Probleme wird eine Auseinandersetzung mit Fragestellungen und Methoden von Karl Marx weiterhin sinnvoll sein."

Peter Müller, Freital


Zum Artikel "Grenze und Grenzregime der DDR", RF 229
Ich habe das von Hans Bauer herausgegebene Buch "Halt! Stehenbleiben!" nicht gelesen, stimme aber den Bemerkungen von Hans Fischer zu. Zu einer im Falle eines von der NATO ausgehenden Krieges gegen die Staaten des Warschauer Vertrages geplanten, von gewisser Seite unterstellten Besetzung der Frontstadt Westberlin durch Truppen der DDR (insbesondere des Ministeriums für Staatssicherheit) erfuhr ich von der "Stasi"-Unterlagenbehörde auf Anfrage, daß von solchen Planungen nichts bekannt sei, darüber nicht "geforscht" werde und folglich bislang auch nichts publiziert wurde.

Dr. Wolfgang O. Schmitt, Berlin-Lichtenberg


Wenn Hans Fischer meint, in den vergangenen Jahren seien "zumeist" Veröffentlichungen entstanden, die die Sicherheitsorgane diskreditieren, dann bestreite ich das.
Allein in meinem Buch "Die Grenzen der DDR. Nach Anschluß ist die Staatsgrenze DDR/BRD zu innerdeutschen (Landes-)Grenzen geworden" (2016) habe ich auf den Seiten 166 bis 217 wesentlich jene Literatur verzeichnet und in 18 Anlagen belegt, die den Standpunkt der DDR-Seite wiedergibt.
Leider gibt es in dem besprochenen Buch "Halt! Stehenbleiben!" weder eine Literaturübersicht noch Angaben dazu, wer von den Autoren was schrieb, was der Rezensent auch bemängelt.
In der Anlage 1 meines Buches habe ich das Grenzgesetz vom 25. März 1982 ungekürzt wiedergegeben, weil ich meine, daß besonders der 1. Abschnitt (§§ 1 bis 8), der "völkerrechtliche Teil" und der § 39, die "Anwendungsregel" (Geltung des Grenzgesetzes für die Grenze um Westberlin), nicht länger das "Geheimnis" eines einschlägig damit befaßten Juristen bleiben sollte.

Klaus Emmerich, Potsdam


Zum Artikel "Sind Bücher noch zeitgemäß?", RF 228
Ich bin mit der Meinung der Autorin hinsichtlich des Charakters und der Besonderheit der Nutzung von Büchern weitgehend einverstanden. Auch wenn sie schreibt, Bücher sind Freunde. Gerade deshalb verstehe ich nicht, daß sie nicht mit Eselsohren etc. "verziert" werden sollten. Auch Freunden verursacht man mitunter Blessuren und Narben. Ein Buch ist zudem ein Gebrauchsgegenstand, der Leser kennzeichnet Textstellen, versieht es mit Randbemerkungen - weshalb nicht auch mit einem Eselsohr? Man muß ihnen ansehen, daß sie gelesen wurden.
Auch ich lehnte, als meine Tochter vor Jahren mit einem solchen Ding kam, diese E-Books ab. Entscheidend dafür war das sehr geringe quantitative Angebot, schwerer wog jedoch die qualitativ sehr wenig ansprechende Auswahl an Büchern. Seit zehn Monaten bin ich Eigentümerin eines solchen "Buches", das nicht nur Nachteile hat, und, so meine ich, nur eine bedingte (wenn überhaupt) Konkurrenz für das Buch darstellt. Kassetten, CDs konnten die Schallplatte auch nicht verdrängen - nie ganz vom Markt verschwunden, ist sie wieder im Kommen und erfreut sich großer Nachfrage.
Einige Vorteile: Ich bin stark sehbehindert und kann viele Bücher, wegen der kleinen Schrift, nicht mehr lesen. Das E-Book ermöglicht die Einstellung der Schriftgröße, es ist beleuchtet, ich konnte mir die gesammelten Werke Rosa Luxemburgs zu einem Preis von 0,99 Euro, aber auch Werke von Karl Marx und Lenin zu sehr niedrigen Preisen herunterladen, Werke, die mich in Buchform mehrere hundert Euro gekostet hätten. Ich lade mir beispielsweise auch "Bücher" von DDR-Autoren, die in meinem Schrank stehen, herunter, um sie noch einmal lesen zu können. Manchmal muß man, in Abwägung aller Vor- und Nachteile, auch letztere, wie Kontrolle, Manipulationen u. a. m. in Kauf nehmen. Veröffentlichungen im Internet - der "RotFuchs" selbst nutzt dieses Medium - sind dem E-Book gleichzusetzen und dennoch ein probates Mittel, um Menschen zu erreichen, zu interessieren, aufmerksam zu machen.
Manchmal heiligt der Zweck eben doch die Mittel. Die wenigsten technischen Neuerungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse sind an sich negativ, es sind die Menschen, die sie aus Gründen des Profits oder der Unvernunft ins Negative kehren.

Beate Wesenberg-Schlosser, Berlin


Wenn ich unsere Zeitung lese, überkommt mich ein Wohlbehagen. In bürgerlichen Medien findet der "RotFuchs", wenn überhaupt, nur als Organ der "Betonköpfe" und "Stalinisten" Erwähnung. Angeblich sind wir die "ewiggestrigen Nostalgiker". So hätten sie's gern. Doch wie kommt es, daß allein in der Post-Rubrik immer mehr Beiträge von Lesern aus der Alt-BRD auftauchen? Ist doch eine Frage wert, oder?

Wilfried Steinfath, Berlin


Dank und Bewunderung für Eure Arbeit! Als ich von Klaus Steinigers Erkrankung gehört habe, hatte ich große Sorgen, ob und wie es mit dem "RotFuchs" ohne Klaus weitergehen sollte: Mir war seine entscheidende Bedeutung klar. Aber seit er nicht mehr dabei ist, wird die Arbeit in seinem Sinn fortgesetzt. Macht weiter so!

Fritz Dittmar, Hamburg


Mit den 1990/91 einsetzenden Betriebsabwicklungen verloren die Beschäftigten auch ihre Arbeitsplätze, ohne, daß es zu nennenswerter Gegenwehr gekommen wäre. Das hatten wir nicht gelernt. Wir brauchten doch nicht um Arbeitsplätze oder deren Erhalt zu kämpfen.
Ich bin bis 1987 in Sachsen aufgewachsen, habe dort gelernt und gearbeitet. Anschließend bin ich nach Berlin gezogen. Arbeit habe ich im VEB Berliner Werkzeugfabrik Marzahn gefunden. In meiner Abteilung waren wir zwei oder drei Genossen, der einzige Sachse war ich.
Zur letzten DDR-Wahl hatte die CDU gewonnen. Am Montag darauf sah ich viele Kollegen mit einem erschreckten Gesichtsausdruck. Auf meine Frage, was ihnen am Sonntag über die Leber gelaufen sei, meinten sie, daß sie vom hohen Stimmenanteil für die CDU überrascht seien.
Ich sagte darauf: "Wer glaubt denn von Euch, daß wir alle unsere Arbeitsplätze behalten?"
Entweder sie verstanden die Frage nicht, oder es war viel Naivität im Spiel. Jedenfalls waren die meisten davon überzeugt, daß sie sich um ihren Arbeitsplatz nicht sorgen müßten. Nach der ersten Entlassungswelle (ich war noch nicht dabei) wurden zur Pause solche und ähnliche Gespräche immer seltener. Ich wurde im 2. Halbjahr 1991 rausgeschmissen, fand jedoch durch eine Umschulung eine neue Stelle als Busfahrer. Nach einigen Jahren traf ich einen ehemaligen Kollegen, der mich ansprach und mir sagte, daß ich damals doch recht hatte. Er war arbeitslos, mit einer kleinen Beschäftigung für 1,50 DM die Stunde. Was er heute macht, weiß ich nicht. Aber von blühenden Landschaften konnte er lange nach der "Wende" nicht sprechen.

Wolfgang Wendt, Berlin


Während des Wahlkampfes hat Donald Trump stets versichert: "Ich bin einer von euch!" und nach der Wahl: "Amerika zuerst!" Um ihn versammeln sich Gleichgesinnte, wie auch der jetzt berufene Verfassungsrichter Neil Gorsuch, der gleichermaßen wie Trump für die Todesstrafe ist und einflußreiche Freunde in der Wallstreet hat. Martin Schulz als SPD-Kanzlerkandidat will keine "amerikanische Wahl". Er fabuliert gern über "Gerechtigkeit". Es gehe "nicht gerecht zu, wenn in Schulen der Putz von den Wänden bröckelt, aber Milliarden Euro für die Rettung von Banken bereitgestellt werden". Würde man die Methode zur Erzielung von Maximalprofit, wie sie von der Leitstelle des Kapitals, der Wallstreet und ihren Trumps, weltweit praktiziert wird, ändern, wäre auch das Bankenproblem lösbar, und Martin Schulz käme der Gerechtigkeit ein Stück näher.

Karl-Heinz Mruck, Kassel


Während einer Veranstaltung der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde (GBM) und der "RotFuchs"-Gruppe Potsdam am 18. Januar in Potsdam verabschiedeten die Teilnehmer folgende Willensbekundung:
Wir protestieren
- gegen den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 17.1.2017, die Faschisten-Partei NPD nicht zu verbieten
- gegen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7.11.2016, die Verfassungsbeschwerde der Organisation ISOR gegen Rentenunrecht (begrenzte Überführung in der DDR erworbener Rentenansprüche) nicht anzunehmen
- gegen Militärtransporte der US Army durch die BRD in Richtung der Grenzen Rußlands sowie gegen die dafür geleistete Beihilfe der BRD
- gegen die Stationierung von Panzern und anderen Militärkontingenten der Bundeswehr in Litauen und weiteren Ländern an den Grenzen Rußlands. Wir sind für den Völkerfrieden und gegen Faschismus und Krieg.

Gerlind und Horst Jäkel, Potsdam
(und 46 weitere Unterschriften)


Die Münchener Sicherheitskonferenz 2017 war beherrscht von der Furcht, die angebliche Männerfreundschaft Trump - Putin könnte zu einer Annäherung von USA und Rußland führen. Die geltungssüchtige BRD-Verteidigungsministerin von der Leyen warnte die USA sogar vor einem Alleingang in der Rußland-Politik. Ganz schlimm wäre es, wenn Trump die Sanktionen gegen Rußland aufheben würde und eine Friedensachse Washington - Moskau entstünde. Ein friedensstiftender Deal zwischen beiden läge im Interesse der Erdbevölkerung und könnte ein Aufatmen einer kollektiven Weltsicherheit befördern. Sicher mag dieses Szenario gegenwärtig realitätsfern sein, es ist aber geeignet, den kalten Kriegern hierzulande sowie ihren medialen Helfern einen gehörigen Schrecken einzujagen.

Günter Röska, Leipzig


Die Sanktionen gegenüber Rußland und die angekündigten Schutzzölle der USA gegenüber deutschen Importen sind für die deutsche Wirtschaft schädlich. Das beklagen immer mehr Unternehmen der BRD.
Die Wirtschaftssanktionen, die Deutschland auf Geheiß der USA und der EU gegenüber Rußland verhängte, schlagen auf die eigene Wirtschaft zurück. Die Einbußen für BRD-Betriebe, besonders im Osten, betragen mittlerweile mehr als 30 Mrd. Euro. Schäden von insgesamt mehr als 80 Mrd. Euro beklagen Italien, Frankreich, Großbritannien und Spanien.
Als Grund für die Maßnahmen mußte das Krim-Referendum herhalten. Hatte Rußland gegenüber dem Westen mit Sanktionen gedroht, als es um Serbien und Kosovo ging, wo keine Referenden stattfanden, sondern der erste vom Westen inszenierte Krieg im südlichen Mitteleuropa seit dem 2. Weltkrieg stattfand?

Udo Hammelsbeck, Ilsenburg


Im Februar-RF bezieht sich Horst Neumann auf Linke, die meinen: "Marx, das war doch vor mehr als 150 Jahren, der ist doch längst überholt ­..." Dem ist entgegenzuhalten, daß dann das Christentum mausetot wäre, denn dessen Ursprung liegt mehr als 2000 Jahre zurück. Marx ist so lange aktuell, wie es den Kapitalismus gibt - und den gilt es zu bekämpfen.

Maria und Andreas Bauer, Holzminden


Die Fakten sind eindeutig. Tausende von Toten, fast täglich neue Sprengstoffanschläge, erschütternde Berichte örtlicher Beobachter beweisen: Afghanistan ist kein sicheres Land, in das man Flüchtlinge abschieben darf, ohne sie akuter Lebensbedrohung auszusetzen und sich damit des Mordes mitschuldig zu machen. Nicht nur Amnesty International und andere humanitäre Organisationen warnen; sogar die Kirchen empfehlen statt Gebet und Gottvertrauen endlich einmal etwas Vernünftiges: nämlich den Verzicht auf die Abschiebung von Flüchtlingen nach Afghanistan. Dennoch, entgegen allen Warnungen und trotz der eindeutigen Sachlage, beharrt die Bundesregierung auf ihrem Beschluß, afghanische Flüchtlinge in ihr Heimatland abzuschieben, auch dann, wenn es ihr Leben kostet. Dabei wäre es ein Leichtes, ihnen Asyl zu gewähren, denn zahlreiche Flüchtlingsunterkünfte stehen leer. Aber nein! Es geht ja nicht um die Rettung von Banken (für die wäre unserer Regierung nichts zu teuer), sondern nur um Menschenleben!
Ich weiß, daß Angela Merkel und Lothar de Maizière sich gegen Kritik inzwischen so sehr immunisiert haben, daß man bei ihnen bereits von Realitätsverlust sprechen kann, einem Indiz für Zurechnungsunfähigkeit. Womöglich irre ich selbst aber gerade in diesem Punkt, und womöglich sind sie intellektuell durchaus auf der Höhe, also voll verantwortlich und schuldfähig, so daß ich, wäre ich nicht Atheist, zu Gott beten und sagen würde: "Herr, vergib ihnen nicht, denn sie wissen, was sie tun!"

Theodor Weißenborn, Gerolstein-Gees


Wenn
• die NATO immer dichter und immer aggressiver gen Rußland und China vorrückt
• in der ARD-Sendung "Panorama" ungeniert nach der Notwendigkeit atomarer Bewaffnung gefragt wird
• die Antikriegsproteste gegen die NATO-Sicherheitskonferenz den öffentlich-rechtlichen Medien kein Bild mehr wert sind
• die Kriegsministerin ein Rüstungspaket nach dem anderen verabschiedet, während das Geld im Bildungs- und Gesundheitswesen fehlt,
dann braucht es eine Partei, die
• auf der Straße für den Frieden eintritt - zum Beispiel bei Blockaden in Büchel
• in ihren Medien für Gegenöffentlichkeit sorgt - in der "UZ" und auf news.dkp
• klare Position bezieht: Frieden mit Rußland!
• mit Druck von links hilft, daß Die Linke ihre friedenspolitischen Standpunkte nicht preisgibt
• als 100prozentige Antikriegspartei zur Bundestagswahl kandidiert.
Letzteres, liebe Leserinnen und Leser des "RotFuchs", geht nur mit Eurer Hilfe. Die DKP muß pro Bundesland i. d. R. 2000 Unterstützerunterschriften sammeln, damit sie überhaupt auf dem Stimmzettel erscheint. Wir kämpfen insbesonders in den ostdeutschen Bundesländern um diese Unterschriften. Helft uns dabei - unterschreibt und sammelt mit! Die Formulare gibt es unter www.news.dkp.de

Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP

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Quelle:
RotFuchs Nr. 231, 20. Jahrgang, April 2017
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2017

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