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SOZIALISTISCHE ZEITUNG/2448: Portugal - Wahlerfolg für die Linke


SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 11 · November 2019
Friede den Hütten - Krieg den Palästen!

Portugal
Wahlerfolg für die Linke

von Matthias Schindler


Bei den portugiesischen Parlamentswahlen vom 6. Oktober 2019 konnte die politische Linke einen deutlichen Erfolg erringen, während die Rechte eine historische Niederlage erlitt.


Die Parteien, die in der ausgelaufenen Regierungsperiode die Regierung trugen - die sozialdemokratische PS, der Linksblock (BE) und das Bündnis CDU aus PCP und Grünen - konnten ihren gesamten Stimmenanteil gegenüber 2015 von 50,8 auf 52,2 Prozent steigern. Währenddessen sanken die Ergebnisse der beiden Rechtsparteien - der liberal-konservativen PPD/PSD und der national-konservativen CDS-PP - zusammengenommen deutlich von vormals 38,4 auf 32 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die übrigen Wahlstimmen entfielen auf 16 weitere Parteien, wobei die Tierschutzpartei PAN (Menschen-Tiere-Natur) mit 3,3 Prozent den größten Erfolg für sich verbuchen konnte. Beachtenswert ist jedoch auch, dass die Wahlbeteiligung deutlich von 55,9 auf 48,6 Prozent zurückgegangen ist.

In den vergangenen vier Jahren hatte die PS unter dem Ministerpräsidenten António Costa eine Minderheitsregierung gestellt, die von Linksblock und PCP toleriert wurde.

Der Linksblock ist aus einem Zusammenschluss ehemaliger trotzkistischer und maoistischer Organisationen mit Dissidenten aus der PCP und anderen unabhängigen Linken hervorgegangen. Er ist mit einer Unterstützerbasis von rund 10 Prozent der Wählerstimmen die drittstärkste politische Kraft in Portugal.

Die PCP ist eine relativ stabile, traditionelle KP, die bei den aktuellen Wahlen deutliche Stimmenverluste hinnehmen musste, aber in der Gewerkschaftsbewegung und auch in einigen proletarisch geprägten Stadtteilen oder auch ländlichen Gegenden immer noch einen starken Einfluss hat.

Aus den Wahlen von 2015 war die Wahlkoalition der beiden Rechtsparteien PSD und CDS-PP mit über 38 Prozent der Stimmen als stärkste Fraktion hervorgegangen. Aber dieses Stimmenergebnis reichte nicht für eine erneute Regierungsbildung.

Die rechte PSD-CDS-PP-Regierung hatte Portugal zuerst durch ihre neoliberale Wirtschaftspolitik und dann durch ihre antisoziale Sparpolitik zur Sanierung der Staatsfinanzen in eine tiefe wirtschaftliche und gesellschaftliche Krise geführt. Sie hatte sich vorbehaltlos in den Dienst der Troika (EZB, IWF und Europäische Kommission) gestellt und dem Land eine brutale Rosskur von Lohn- und Rentenkürzungen, Privatisierungen, dem Abbau der Gesundheitsversorgung und Kürzungen aller Sozialausgaben verordnet. Hunderttausende sahen sich zur Emigration gezwungen, um in anderen Ländern Arbeit zu finden.

In dieser Situation stimmten im Jahr 2015 32 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die PS, der Linksblock konnte mit über 10 Prozent und die PCP mit über 8 Prozent der Stimmen sehr gute Ergebnisse erzielen, sodass diese drei Parteien zusammen eine parlamentarische Mehrheit erhielten.

Obwohl PS und PCP seit Jahrzehnten keine Zusammenarbeit auf Regierungsebene angestrebt hatten, waren sie angesichts der nun vorhandenen Parlamentsmehrheit bereit, ein Abkommen zur Regierungsbildung zu schließen. Der Linksblock, der als einzige Partei offen für ein linkes Bündnis geworben hatte, schloss ebenfalls eine Vereinbarung mit der PS, was die Bildung einer vom Linksblock und der PCP gestützten Minderheitsregierung der PS erlaubte.

Die Basis für diese Tolerierungspolitik waren weitgehende Rücknahmen der Sparpolitik der rechten Vorgängerregierung und eine Politik der Stärkung der Massenkaufkraft. So wurden unter anderem der Mindestlohn von 500 auf 600 Euro angehoben, verfassungswidrige Gehaltskürzungen im öffentlichen Sektor und Kürzungen der Renten zurückgenommen und gestrichene gesetzliche Feiertage wieder eingeführt. Als Ergebnis sank die Arbeitslosigkeit von 13 auf 6 Prozent, die Binnennachfrage stieg, die Wirtschaft erholte sich. Die Staatsverschuldung sank, und Portugal konnte den "Rettungsschirm" der EU verlassen.

Vor diesem Hintergrund war es zu erwarten, dass die Regierung in den jetzigen Wahlen bestätigt wurde. Der Linksblock hat der PS angeboten, wieder ein Abkommen für die kommende Legislaturperiode zuschließen, das weiterhin die Einkommen der Beschäftigten und der RentnerInnen stärkt, die Arbeitsgesetzgebung weiter verbessert, das Gesundheitswesen real im Interesse der Patienten reformiert, den öffentlichen Dienst stärkt, massive öffentliche Investitionen in günstigen Wohnraum und Personentransport vornimmt und den Klimaschutz ernst nimmt. Doch die PS hat dieses Angebot zurückgewiesen und eine Minderheitsregierung gebildet, die sich ihre parlamentarischen Mehrheiten von Fall zu Fall suchen will.

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Quelle:
SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 11, 34. Jg., November 2019, S. 16
Herausgeber: Verein für solidarische Perspektiven (VsP)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. November 2019

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