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VORWÄRTS/1288: Antiziganismus bekämpfen!


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 17/18 vom 27. Mai 2017

Antiziganismus bekämpfen!

von Tarek Idri


Die nationalen Minderheiten der Jenischen, Sinti und Roma sind in der Schweiz noch immer struktureller Diskriminierung und Stigmatisierung ausgesetzt sind. Die Schweiz ist zum Handeln aufgefordert.


Im Jahr 1998 hat die Schweiz das Übereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten ratifiziert. Die unterzeichnenden Staaten verpflichteten sich damit, jede Diskriminierung aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit zu verhindern und die Gleichheit zwischen den Angehörigen einer Minderheit und den Angehörigen der Mehrheit zu fördern. In der Schweiz sind die sprachlichen Minderheiten, Jenische, Sinti und sowie Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft als nationale Minderheiten anerkannt.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat nun einen Bericht verfasst, in welchem die Situation der Jenischen, Sinti und Roma in der Schweiz evaluiert wird. Die Menschenrechtsorganisation stellte fest, dass in der Schweiz nach wie vor Handlungsbedarf besteht. Sowohl die Minderheit der Roma, die sich im Anerkennungsprozess befinden, als auch die bereits anerkannten Minderheiten der Jenischen und Sinti werden, obwohl seit Jahrhunderten Teil der Schweizer Realität, als Fremdkörper behandelt und sind struktureller Diskriminierung, Stigmatisierung und Rassismus ausgesetzt. Dies steht im direkten Widerspruch zu den Rechten der Minderheiten, die durch das Übereinkommen geschützt werden sollten.


Einseitige Berichterstattung

Der Bericht zeigt auf, dass die Jenischen, Sinti und Roma in der Polizeiarbeit überdurchschnittlich oft willkürlich kontrolliert und unnötigen Belästigungen ausgesetzt sind. In vielen Medien herrscht eine pauschalisierende und einseitige Berichterstattung, in denen die Angehörigen dieser Minderheiten kaum zu Wort kommen. Und gerade in den letzten Jahren haben diskriminierende und rassistische Äusserungen gegenüber Jenischen, Sinti und Roma zugenommen, auch von Seiten der Politik.

Die Schweiz wäre mit dem Übereinkommen aufgefordert, den Angehörigen nationaler Minderheiten zu ermöglichen, "ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln". Aber insbesondere der fahrend lebende Teil der Jenischen, Sinti und Roma werden durch den Mangel an Stand- und Durchgangsplätzen - der sich in den letzten 15 Jahren noch kontinuierlich verstärkt hat - daran gehindert. Nötig wären laut GfbV 40 Stand- und 80 Durchgangsplätze; die Schweiz stellt den sogenannten Fahrenden aber nur 15 beziehungsweise 35 zur Verfügung.

Die GfbV schlägt zum Schluss des Berichts verschiedene Massnahmen vor, um den Mängeln Abhilfe zu schaffen: Unter anderem müssen genügend Stand- und Durchgangsplätze zu Verfügung gestellt werden. Jenische, Sinti und Roma sollen angemessen in der Politik vertreten werden. Antiziganismus muss als spezifische Form des Rassismus anerkannt und bekämpft werden. Und es müssen Massnahmen gegen Racial Profiling von Jenischen, Sinti und Roma durch die Polizei ergriffen werden.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 17/18/2017 - 73. Jahrgang - 27. Mai 2017, S. 2
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2017

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